Titel:
Hinausschieben des Ruhestands, Ermessensentscheidung des Dienstherrn
Normenketten:
VwGO § 123
BBG § 53 Abs. 1 S. 1
Leitsatz:
Ein Beamter hat keinen Anspruch auf ein Hinausschieben seines Eintritts in den Ruhestand - die Entscheidung steht im Ermessen des Dienstherrn, sodass er (nur) einen Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung hat. Eine Ermessensreduzierung auf null läge allenfalls dann vor, wenn sich – mit hoher Wahrscheinlichkeit – das Ermessen ausnahmsweise zugunsten der Beamtin oder des Beamten so verdichtet haben sollte, dass als einzig rechtmäßige Entscheidung der Ruhestand hinauszuschieben wäre. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bundesbeamtenrecht, Einstweilige Anordnung, Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand, Erledigung wegen Ruhestandseintritt, Ermessen, dienstliches Interesse, Eintritt in den Ruhestand, Ermessensentscheidung, kein Anspruch, Ermessensreduktion auf null
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 17.04.2025 – M 21b E 25.2207
Fundstelle:
BeckRS 2025, 10213
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 17. April 2025 – M 21b E 25.2207 – wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 47.077,92 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller, ein 1958 geborener Beamter auf Lebenszeit (Regierungsdirektor, Besoldungsgruppe A 15) im Dienst der Antragsgegnerin, begehrt das Hinausschieben seines Eintritts in den Ruhestand.
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Er erreichte die Regelaltersgrenze mit Vollendung seines 66. Lebensjahres im April 2024 (nach § 51 Abs. 2 Satz 2 BBG). Auf seinen Antrag hin schob die Antragsgegnerin den Eintritt in den Ruhestand bis zum 30. April 2025 hinaus. Seinen im September 2024 gestellten Antrag auf weiteres Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand (bis zum 30. April 2026) lehnte sie mit Bescheid vom 19. März 2025 ab. Am 3. April 2025 wurde dem Antragsteller seine Zurruhesetzungsurkunde (Ruhestand mit Ablauf des Monats April 2025) zugestellt.
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Gegen den Bescheid vom 19. März 2025 ließ der Antragsteller am 10. April 2025 Widerspruch einlegen, über den bisher nicht entschieden wurde.
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Den Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Ruhestand des Antragstellers bis zu einer endgültigen Entscheidung über den Widerspruch vorläufig hinauszuschieben, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 17. April 2025 abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Antragsgegnerin habe zu Recht ein dienstliches Interesse an der Fortführung der Dienstgeschäfte durch den Antragsteller verneint.
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Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 28. April 2025 hiergegen Beschwerde eingelegt, mit der er seinen erstinstanzlichen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz weiterverfolgt.
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1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig geworden, weil der Antragsteller mit Ablauf des April 2025 in den Ruhestand getreten ist. Dadurch hat sich sein Antrag auf einstweilige Anordnung, gerichtet auf vorläufige Verlängerung seiner Lebensarbeitszeit über den 30. April 2025 hinaus bis zur endgültigen Entscheidung über den Widerspruch, erledigt. Denn ein Hinausschieben des Ruhestandseintritts ist nur möglich, solange der Ruhestand noch nicht begonnen hat (BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 2 C 27.15 – juris Rn. 11; OVG NW, B.v. 25.9.2024 – 6 A 1575/22 – juris Rn. 3).
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2. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht in der Sache den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt, weil der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO i.V. mit § 920 Abs. 2 ZPO). Die mit der Beschwerde innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), hätten zu keiner anderen Beurteilung geführt.
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Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 BBG kann auf Antrag der Beamtin oder des Beamten der Eintritt in den Ruhestand bis zu drei Jahre hinausgeschoben werden, wenn dies im dienstlichen Interesse liegt (Nr. 1) und die Arbeitszeit mindestens die Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beträgt (Nr. 2). Selbst wenn die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen sollte, so stellt das Gesetz die Entscheidung über das Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand in das Ermessen des Dienstherrn („kann“). In Betracht käme mithin, wenn das Gesetz überhaupt den Beamtinnen und Beamten subjektive Rechte einräumen und nicht allein auf dienstliche Interessen abstellen sollte, in der Regel nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung. Ein solcher rechtfertigt aber nicht ohne weiteres, den Eintritt in den Ruhestand durch eine einstweilige Anordnung vorläufig hinauszuschieben und damit für diesen Zeitraum vollendete Tatsachen zu Lasten des Dienstherrn zu schaffen. Ein solcher Grund läge allenfalls dann vor, wenn sich – mit hoher Wahrscheinlichkeit – das Ermessen ausnahmsweise zugunsten der Beamtin oder des Beamten so verdichtet haben sollte, dass als einzig rechtmäßige Entscheidung der Ruhestand hinauszuschieben wäre (Ermessensreduktion auf null; s. hierzu BayVGH, B.v. 25.9.2024 – 6 CE 24.1619 – juris Rn. 9). Hierfür sind auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens und insbesondere des vorgebrachten Gleichheitssatzes keine Anhaltspunkte ersichtlich. Dass in einer „anderen Patentabteilung“ dem Antrag eines Patentprüfers auf Hinausschieben des Ruhestands um zwei Jahre stattgegeben worden sei, kann hier nicht zu einer Ermessensreduktion auf null führen. Es ist schon fraglich, inwieweit beide Fälle, also der des Antragstellers und der des Kollegen in der „anderen Patentabteilung“, im Einzelnen überhaupt vergleichbar sind.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG und entspricht der insoweit nicht in Frage gestellten erstinstanzlichen Entscheidung.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).