Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 26.03.2024 – Au 1 K 23.1891
Titel:

Erfolgreiche Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem Chancen-Aufenthaltsrecht

Normenkette:
AufenthG § 25a, § 25b, § 60a Abs. 2 S. 1, § 104c
Leitsatz:
Das Chancenaufenthaltsrecht soll Ausländern, die langjährig ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland gefunden haben, eine aufenthaltsrechtliche Perspektive eröffnen und betroffenen Ausländern gerade erst die Chance eröffnen, innerhalb von 18 Monaten die notwendigen Integrationsvoraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt zu erfüllen. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Aufenthaltserlaubnis nach dem Chancen-Aufenthaltsrecht, Ausnahme von „Soll“-Vorschrift, atypischer Fall bei Fehlverhalten unterhalb der Strafbarkeitsschwelle (verneint), atypischer Fall bei selbstschädigendem Verhalten in Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung (verneint), Klageverfahren, Ausländerrecht, Chancenaufenthaltsrecht, Soll-Regelung, Versagungsgründe, atypische Fallgestaltung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Urteil vom 31.03.2025 – 10 B 24.1124
Fundstelle:
BeckRS 2024, 9376

Tenor

I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 27.10.2023 zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG verpflichtet.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem Chancen-Aufenthaltsrecht gemäß § 104c AufenthG.
2
Der Kläger, ein am ... geborener iranischer Staatsangehöriger, reiste am 29. August 2017 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte erfolglos Asyl (Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, im Folgenden: Bundesamt, vom 21. Februar 2018; VG Augsburg, U.v. 14.01.2020 – Au 5 K 18.30480; VGH München, B.v. 26.3.2020 – 14 ZB 20.30590). Auch sein Asylfolgeantrag vom 13. Juli 2020 blieb ohne Erfolg (Bescheid des Bundesamts vom 14. Mai 2021; VG Augsburg, U.v. 18.11.2022- Au 5 K 21.30596). Seit 26. April 2020 ist der Kläger vollziehbar ausreisepflichtig. In der Folge wurden ihm Duldungen wegen Passlosigkeit erteilt.
3
Der Kläger befand sich insgesamt zwölfmal, teils über mehrere Monate, in stationärer Behandlung im Bezirkskrankenhaus ... – Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. Das erste Mal war der Kläger im Juni 2018 für zwei Tage aufgrund eines Suizidversuchs in stationärer Behandlung. Längere stationäre Aufenthalte waren vom 18. August 2021 bis 13. Januar 2022, vom 13. Januar 2022 bis 24. Mai 2022 und von 24. Mai 2022 bis 31. Dezember 2022, wobei der Kläger jeweils entlassen und noch am selben Tag erneut stationär aufgenommen wurde. Letztmalig befand der Kläger sich von 24. Mai 2023 bis 16. November 2023 in stationärer Behandlung im Bezirkskrankenhaus .... Übereinstimmend wird in Attesten des Bezirkskrankenhauses ... als Diagnose eine Anpassungsstörung (ICD-10: F43.2) aufgrund psychosozialer Belastungsfaktoren im Zusammenhang mit seiner Asylsituation aufgeführt (Attest vom 26. Juni 2018, Gerichtsakte Au 5 K 21.30596 Bl. 39, im Folgenden: Asylgerichtsakte; Attest vom 6. März 2020, Asylgerichtsakte Bl. 37; Attest vom 13. August 2021, Asylgerichtsakte Bl. 35; Attest vom 13. Januar 2022, Asylgerichtsakte Bl. 32; Attest vom 2. Februar 2022, Asylgerichtsakte Bl. 29; Attest vom 15. Februar 2022, Asylgerichtsakte Bl. 27; undatiertes Attest, vorgelegt am 10. Oktober 2022, Asylgerichtsakte Bl. 24; Attest vom 17. August 2023, Behördenakte Bl. 541; Attest vom 5. Februar 2024, Gerichtsakte Bl. 102; Attest vom 13. Februar 2024, Gerichtsakte Bl. 117). In einem Attest eines psychotherapeutischen Arztes vom 28. September 2019 werden zusätzlich eine Posttraumatische Belastungsstörung (Behördenakte Bl. 120), im Attest des Bezirkskrankenhauses ... vom 13. August 2021 eine paranoide Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.0) (Asylgerichtsakte Bl. 35) diagnostiziert. Im zuletzt vorgelegten Attest vom 13. Februar 2024 (Gerichtsakte Bl. 117) wird der Verdacht auf eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung, impulsiver Typ (ICD-10; F60.30) geäußert.
4
Es kam seit August 2021 mehrfach zu Vorfällen, in denen der Kläger drohte, sich selbst anzuzünden:
5
- Am 6. August 2021 kündigte der Kläger in der Gemeinschaftsunterkunft gegenüber Mitarbeitern des Landratsamts ... an, sich mit Benzin zu übergießen und sich selbst anzuzünden (Behördenakte Bl. 381 ff.). Anlass war, dass in dem Zwei-Bett-Zimmer, das der Kläger bislang allein bewohnt hatte, ein syrischer Staatsangehöriger untergebracht werden sollte. Der Kläger nahm einen gefüllten Kanister und tat so, als ob er sich damit übergießen würde. Der Kanister war etwa zu 1/5 mit Benzin gefüllt. Der Kläger wurde daraufhin vom Rettungsdienst in das Bezirkskrankenhaus ... verbracht.
6
- Am 21. Oktober 2021 wurde der Kläger aus dem Bezirkskrankenhaus ... entlassen (Behördenakte Bl. 422 ff., 457). Er begab sich in die Gemeinschaftsunterkunft und sagte dort gegenüber einem Mitarbeiter unvermittelt: „Ich ficke euch alle!“. Er übergoss sich mit Benzin aus einer mitgeführten Glasflasche und drohte, sich selbst anzuzünden. Er holte ein Feuerzeug aus seiner Tasche und hielt dies ca. 20 cm vor seinen Oberkörper. Er konnte von der Polizei überwältigt werden und wurde nach Art. 5, 12 BayPsychV im Bezirkskrankenhaus ... untergebracht. Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren in der Sache wurde eingestellt (Behördenakte Bl. 431).
7
- Erneut drohte der Kläger am 13. Januar 2022 im Bezirkskrankenhaus, sich selbst anzuzünden (Behördenakte Bl. 432 ff.). An diesem Tag sollte der Kläger entlassen werden. Er verlangte, den Einrichtungsleiter zu sprechen, was ihm verweigert wurde. Der Kläger konnte zunächst durch einen anwesenden Arzt beruhigt werden. Beim Verlassen des Eingangsbereichs des Klinikums holte der Kläger einen Benzinkanister aus einer Tüte und wollte augenscheinlich den Verschluss öffnen. Der Kläger wurde daraufhin von dem Arzt und von Klinikpersonal festgehalten. Gegenüber der herbeigerufenen Polizei erklärte er, dass er weiterhin im Bezirkskrankenhaus bleiben wolle, und drohte mit Suizid. Er wurde daraufhin stationär ins Bezirkskrankenhaus ... aufgenommen.
8
- Am 11. Februar 2022 erschien der Kläger, nachdem er sich selbst aus dem Bezirkskrankenhaus ... entlassen hatte, in der Notaufnahme des Bezirkskrankenhauses ... (Behördenakte Bl. 434 ff., 457 f.). Er erklärte, er wolle wieder im Bezirkskrankenhaus ... wohnen, und verlangte, einen Arzt zu sprechen. Als ihm dies verweigert wurde, übergoss er sich mit Benzin, zündete ein Feuerzeug an und hielt es sich an die Jacke. Es erfolgte ein Notzugriff durch die Polizei. Der Kläger wurde nach Art. 5, 12 BayPsychV untergebracht.
9
- Am 24. Mai 2022 sprach der Kläger beim Verwaltungsgericht ... vor und verlangte, den für sein asylrechtliches Klageverfahren zuständigen Richter zu sprechen (Behördenakte Bl. 458). Als ihm dies verweigert wurde, drohte er, sich selbst anzuzünden. Bei Eintreffen der Polizei wurde der Kläger sitzend vor dem Verwaltungsgericht vorgefunden, in seinem Rucksack wurde ein gefüllter Benzinkanister gefunden. Er wurde daraufhin in das Bezirkskrankenhaus ... eingewiesen.
10
- Am 5. Oktober 2022 sprach der Kläger erneut beim Verwaltungsgericht ... vor (Behördenakte Bl. 458 ff.). Ihm wurde erklärt, dass ein Gerichtsverfahren ihn betreffend anhängig sei. Der Kläger teilte daraufhin mit, dass ihm alles zu viel würde und er sich umbringen wolle. Im Rucksack führte er einen Benzinkanister mit. Diesen gab er gegenüber dem Sicherheitspersonal des Verwaltungsgerichts heraus und kehrte freiwillig in das Bezirkskrankenhaus ... zurück.
11
Des Weiteren kam es im Bezirkskrankenhaus zu folgenden Vorfällen:
12
- Am 31. Januar 2022 riss der Kläger das Kabel einer Überwachungskamera im Bezirkskrankenhaus ... heraus, es entstand ein Sachschaden von 250,00 EUR (Behördenakte Bl. 434).
13
- Am 29. Juni 2022 schlug der Kläger mit einem Stuhl eine Glasscheibe einer Balkontür im Bezirkskrankenhaus ... ein, es entstand ein Sachschaden von 500,00 EUR (Behördenakte Bl. 442 ff.). Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde eingestellt (Behördenakte Bl. 445).
14
In dem Attest des Bezirkskrankenhauses ... vom 17. August 2023 (Behördenakte Bl. 541) wird ausgeführt, dass der Kläger aktuell und grundsätzlich nicht als fremdgefährdend einzustufen sei. Im Fall einer Abschiebung drohe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein erneuter schwerer Erregungszustand mit zu erwartenden eigengefährdenden Verhaltensweisen. In der Vorgeschichte hätten sich Erregungszustände mit im Vordergrund stehenden eigengefährdenden Aspekten bei einmalig bestehender, allerdings nicht gezielter Fremdgefährdung gezeigt, als der Patient sich mit Benzin übergoss und drohte, sich anzuzünden.
15
In der vom Gericht angeforderten ärztlichen Stellungnahme vom 5. Februar 2024 (Gerichtsakte Bl. 102) heißt es, der Kläger sei am 16. November 2023 frei von Eigen- und Fremdgefährdung in die ambulante Behandlung entlassen worden. In der ärztlichen Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses ... vom 13. Februar 2024 (Gerichtsakte Bl. 117) wird ausgeführt, unter den aktuellen Rahmenbedingungen zeige sich der Patient freundlich zugewandt, schwingungsfähig, zuverlässig und kooperativ. Bei erneuten psychosozialen Belastungsfaktoren sei mit einer Zustandsverschlechterung mit impulsiven Ausbrüchen bis hin zu Suizidgedanken und -handlungen zu rechnen.
16
Am 24. März 2023 und am 29. März 2023 stellte der Kläger einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG.
17
Mit Bescheid vom 27. Oktober 2023 lehnte die Beklagte die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ab. Es läge ein atypischer Fall vor. Insbesondere die zahlreichen Vorfälle, in denen der Kläger angekündigt hatte, sich selbst anzuzünden, sprächen gegen eine gelungene Integration des Klägers. Die Intensität und Häufigkeit der Vorfälle hätten sich im Laufe der Zeit massiv gesteigert. Auslöser für die Vorfälle sei die Ablehnung der Wünsche des Klägers gewesen. Er sei von asyl- und aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen getriggert worden und habe teilweise überzogene Ansprüche, etwa auf ein Einzelzimmer, gestellt. Der Kläger habe sich mehrfach sozialschädlich und verstörend gegenüber Dritten verhalten und sich dadurch auch in Widerspruch zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung gestellt. Die Integrationsleistungen innerhalb der Kirchengemeinde könnten diese Integrationsdefizite nicht aufwiegen.
18
Hiergegen ließ der Kläger am 14. November 2023 Klage erheben. Er beantragt sinngemäß:
19
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 27.10.23 zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 104c AufenthG verpflichtet.
20
II. Hilfsweise: Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 27.10.23 zu einer neuen Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 104c AufenthG verpflichtet.
21
Zur Begründung verweist er auf den vorherigen Schriftwechsel mit der Beklagten. Die Vorfälle seien auf seine psychische Erkrankung zurückzuführen und stünden im Zusammenhang mit seiner Angst vor einer Abschiebung. Bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis seien derartige Vorfälle nicht mehr zu erwarten. Der Kläger sei bislang nicht strafrechtlich verurteilt worden. Das Ausländerrecht sei kein Sanktionsinstrument für zurückliegendes Fehlverhalten von Ausländern. Die Drohung mit Suizid dürfe ohnehin nicht straf- oder ausländerrechtlich verfolgt werden. Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG solle nach der gesetzgeberischen Intention einen Weg für die Integration schaffen, nicht aber eine Belohnung für eine bereits erfolgte Integration sein. In der Kirchengemeinde werde der Kläger als gut integriert dargestellt.
22
Die Beklagte beantragt mit Schreiben vom 17. November 2023,
23
die Klage abzuweisen.
24
Zur Begründung verweist sie auf den streitgegenständlichen Bescheid.
25
Am 6. Dezember 2023 beantragte der Kläger die Erteilung zur Ausübung einer unselbstständigen Beschäftigung.
26
Am 17. Oktober 2023 hatte der Kläger in der Sache eine Untätigkeitsklage erhoben (Au 1 K 23.1739); das Verfahren wurde mit Beschluss vom 14. November 2023 eingestellt. Mit Beschluss vom 26. Januar 2024 wurde der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das vorliegende Verfahren bewilligt.
27
Am 26. März 2024 fand mündliche Verhandlung in der Sache statt. Auf das dabei gefertigte Protokoll wird ebenso Bezug genommen wie auf die Gerichtsakte, dabei auch auf die beigezogene Akte betreffend die Klage gegen den ablehnenden Asylbescheid (Asylgerichtsakte – Au 5 K 21.30596), und auf die vorgelegte Behördenakte.

Entscheidungsgründe

28
Die Klage ist in ihrem Hauptantrag zulässig und begründet. Die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG mit Bescheid vom 27. Oktober 2023 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
29
Abzustellen ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
I.
30
Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG.
31
1. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 104c AufenthG sind erfüllt. Der Kläger ist derzeit geduldet nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aufgrund Fehlen eines Reisepapiers, auch erfüllt er die vorgesehene Voraufenthaltszeit von fünf Jahren, in denen er gestattet bzw. geduldet war. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung die Bereitschaft erklärt, schriftlich ein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des § 104c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG abzugeben. Sein Gesamtverhalten lässt nicht auf eine nachhaltige Ablehnung der Staatsordnung der Bundesrepublik Deutschland schließen. Auch tatbestandliche Versagensgründe liegen nicht vor. Der Kläger ist nicht im Sinne des § 104c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG strafrechtlich verurteilt worden, auch hat der Kläger seine Abschiebung nicht durch wiederholt vorsätzliche Falschangaben oder Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit verhindert (§ 104c Abs. 1 Satz 2 AufenthG).
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2. Der Kläger erfüllt auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen, soweit sie im Rahmen des § 104c AufenthG gelten. Insbesondere liegt in Bezug auf den Kläger kein Ausweisungsinteresse nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, § 54 AufenthG vor. Der Umstand allein, dass der Kläger sich nicht um die Ausstellung eines Nationalpasses bemüht hat, begründet noch kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 10 AufenthG.
33
3. Beim Kläger liegt kein atypischer Fall vor, der eine Ausnahme von der in § 104c AufenthG normierten Regelerteilung rechtfertigt.
34
a) Bei der Anspruchsgrundlage des § 104c AufenthG handelt es sich um eine Soll-Vorschrift. Bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen ist in der Regel der Aufenthaltstitel zu erteilen. Nur im Einzelfall bei Vorliegen einer Ausnahmekonstellation kann eine Abweichung von dieser Regelfolge gerechtfertigt sein (s. auch BT-Drs. 20/3717, S. 44).
35
aa) In der Norm sind ausdrücklich keine derartigen Ausnahmekonstellationen genannt. Auch aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich nicht, wann ein solcher Ausnahmefall vorliegt. In der Gesetzesbegründung heißt es lediglich, Ausnahmen von der Regelfolge seien nur „bei Vorliegen atypischer Umstände denkbar“; konkrete Beispiele werden nicht genannt (s. BT-Drs. 20/3717, S. 44 ff.).
36
bb) Der gesetzgeberischen Intention und der systematischen Stellung des § 104c AufenthG im Aufenthaltsrecht lassen sich jedoch Wertungen entnehmen, welcher Art diese Ausnahmekonstellationen sein müssen.
37
§ 104c AufenthG soll Ausländern, die langjährig ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland gefunden haben, eine aufenthaltsrechtliche Perspektive eröffnen. Die Vorschrift setzt keine gelungene Integration des Ausländers voraus, sondern soll betroffenen Ausländern gerade erst die Chance eröffnen, innerhalb von 18 Monaten (so die Geltungszeit nach § 104c Abs. 3 Satz 2 AufenthG) die notwendigen Integrationsvoraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt zu erfüllen (s. BT-Drs. 20/3717 S. 1 f., 44 f.). Die Vorschrift ist als Vorstufe für die Aufenthaltstitel nach § 25a AufenthG und § 25b AufenthG konzipiert (BT-Drs. 20/3717 S. 44 f.).
38
Aus den geringen Anforderungen des § 104c AufenthG und dem Fehlen von Integrationsvoraussetzungen, aber auch aus dem erklärten gesetzgeberischen Ziel, die Chance des § 104c AufenthG möglichst vielen langjährig geduldeten Personen zu eröffnen (vgl. BT-Drs. 20/3717 S. 1), folgt, dass die Hürden für die Annahme eines atypischen Falles hoch liegen.
39
Aus der legislativen Intention lässt sich ableiten, dass ein atypischer Fall gegeben sein kann, wenn bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Erteilung des § 104c AufenthG feststeht, dass die Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels im Anschluss nicht in Betracht kommt. Aus dem Zusammenspiel mit § 25a und § 25b AufenthG ergibt sich, dass die Chance des § 104c AufenthG versagt werden kann, wenn bereits aktuell mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass der Ausländer nach Ablauf von 18 Monaten die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel nach § 25a und § 25b AufenthG nicht erfüllen wird (vgl. Kluth in: BeckOK AuslR/, 40. Ed. 1.10.2023, AufenthG § 104c Rn. 26; aA Röder in: BeckOK MigR, 18. Ed. 15.1.2024, AufenthG § 104c Rn. 99). Zumindest wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass der Ausländer innerhalb von 18 Monaten einen Versagungsgrund nach § 25a Abs. 3 AufenthG oder § 25b Abs. 2 AufenthG verwirklichen wird, der von Gesetzes wegen zu einer zwingenden Versagung der Erteilung dieser Aufenthaltstitel führt, kann eine Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG in Betracht kommen.
40
cc) Schließlich lässt die intraregulative Systematik des § 104c AufenthG gewisse Schlüsse zu, wann die Erteilung des Chancen-Aufenthaltsrechts nicht in Betracht kommt. Mit den in § 104c AufenthG normierten Versagungsgründen hat der Gesetzgeber gewisse Schwellen bestimmt, bei deren Überschreiten nach seiner Wertung die Chance des § 104c AufenthG versagt werden soll. Daraus lässt sich ableiten, dass ein Fehlverhalten, das einem Ausländer die Chance des § 104c AufenthG versperrt, diesen tatbestandlichen Versagungsgründen vergleichbar sein muss. Es muss sich damit um ein Fehlverhalten handeln, das an den Unwert einer strafrechtlichen Verurteilung nach § 104c Abs. 1 Nr. 2 AufenthG oder einer erheblichen Verletzung von Mitwirkungspflichten nach § 104c Abs. 1 Satz 2 AufenthG heranreicht. So kann etwa, wenn vom Ausländer eine besondere Gefährlichkeit für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, die strafrechtlich, etwa wegen § 20 StGB, nicht oder nur mit einer geringen Strafe sanktioniert wurde, ein atypischer Fall vorliegen (vgl. auch Dietz in: Hailbronner, Ausländerrecht, Januar 2024, § 104c Rn. 29, wenngleich im Rahmen des § 104c Abs. 1 Satz 2 AufenthG). In der Rechtsprechung ist darüber hinaus anerkannt, dass eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG versagt werden kann bei zurückliegenden Verstößen gegen Mitwirkungshandlungen, die sich zwar nicht aktuell kausal auf den Duldungsstatus des Ausländers auswirken, aber in der Vergangenheit die Abschiebung eines Ausländers verhindert haben (s. etwa BVerwG, U.v. 18.12.2019 – 1 C 34.18 – juris, Rn. 56; OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 24. Oktober 2022 – 2 M 53/22 – juris, Rn. 39; VG Köln, B.v. 22. Februar 2024 – 5 L 280/24 – juris Rn. 64).
41
Umgekehrt lässt sich den typisierten Versagungsgründen in § 104c AufenthG entnehmen, dass Fehlverhalten unterhalb der Schwelle einer strafrechtlichen Verurteilung im Sinne des § 104c Abs. 1 Nr. 2 AufenthG in der Regel eine Versagung der Erteilung des Aufenthaltstitels nicht zu rechtfertigen vermag (s. Marx, Aufenthalts-, Asyl- und Flüchtlingsrecht, 8. Aufl. 2023, § 5 Humanitäre Migration und Flüchtlingsrecht Rn. 177d). Auch unkooperatives Verhalten, das nicht einem erheblichen Verstoß gegen Mitwirkungspflichten nach § 104c Abs. 1 Satz 2 AufenthG vergleichbar ist, stellt typischerweise keinen Ausnahmefall dar (so auch Röder in: BeckOK MigR, 18. Ed. 15.1.2024, AufenthG § 104c Rn. 101, 103 f.).
42
b) Nach diesen Maßstäben liegt beim Kläger kein atypischer Fall vor, der ein Abweichen von der regelhaft vorgesehenen Erteilung des Aufenthaltstitels nach § 104c AufenthG rechtfertigte.
43
aa) Der Umstand, dass der Kläger mehrfach Beleidigungen oder Sachbeschädigungen tatbestandlich verwirklicht hat, die nicht strafrechtlich belangt wurden, rechtfertigt keine Abweichung von der Regelerteilung. Denn eine strafrechtliche Verurteilung ist nicht erfolgt, sodass nach der in § 104c Abs. 1 Nr. 2 AufenthG getroffenen gesetzgeberischen Wertung, wie oben ausgeführt, eine Ausnahme von der Regelerteilung nicht vorliegt. Es handelt sich auch nicht um Handlungen unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit, die aufgrund ihrer Schwere, Anzahl oder sonstiger Umstände einen atypischen Fall begründeten. Die Vorfälle liegen sämtlich im Bagatellbereich, zudem erfolgten sie nicht in einer solchen Häufigkeit, dass sie auf eine nachhaltige Integrationsunfähigkeit oder -unwilligkeit des Klägers hindeuteten. Es ist daher auch nicht ohne Weiteres zu erwarten, dass der Kläger innerhalb von 18 Monaten Delikte anhäufen wird, die einen Versagungsgrund nach § 25b Abs. 2 AufenthG begründen.
44
bb) Auch die mehrfachen Vorfälle, in denen der Kläger androhte, sich selbst anzuzünden, dies auch innerhalb geschlossener Räume und in Anwesenheit Dritter, steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG nicht entgegen. Diesen Handlungen wohnte zwar eine erhebliche Gemeingefährlichkeit inne, im Ergebnis rechtfertigen sie jedoch nicht die Annahme eines atypischen Falles.
45
Der Kläger wurde aufgrund dieser Vorfälle nie strafrechtlich verurteilt. Nach Einschätzung der zuständigen Strafbehörden konnte dem Verhalten des Klägers nicht nachweisbar ein hinreichender sozialethischer Unwert zugesprochen werden. An diese Einschätzung ist das Verwaltungsgericht letztlich gebunden. Nach der gesetzgeberischen Wertung, wonach die Schwelle für die Versagung des Chancen-Aufenthaltsrechts erst bei einer strafrechtlich mit einer gewissen Mindeststrafe belangten Handlung überschritten ist, liegt damit kein Fehlverhalten vor, das eine Ausnahme von der Regelerteilung begründet (vgl. § 104c Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
46
Darüber hinaus ist das Verhalten des Klägers nach Einschätzung des Gerichts auch nicht einer strafrechtlichen Verurteilung nach § 104c Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vergleichbar. Denn trotz des hohen Fremdgefährdungspotentials ist es nie zu tatsächlichen Schädigungen Dritter gekommen. Es blieb bei bloßen Androhungen und Vorbereitungshandlungen, der Kläger hat sich zu keinem Zeitpunkt tatsächlich angezündet oder andere durch die Vorbereitungshandlungen geschädigt. Wie den Akten zu entnehmen ist, ließ der Kläger sich in diesen einzelnen Situationen stets durch eingreifende Dritten von seinem Vorhaben abhalten. Hinweise dafür, dass die Handlungen des Klägers, so der Vortrag der Beklagten, bei Dritten zu nachhaltigen psychischen Schäden geführt hätten, bestehen nicht. Zu berücksichtigen ist überdies, dass der Kläger ausweislich der vorgelegten ärztlichen Atteste, insbesondere des Attests vom 17. August 2023, bei den Vorfällen nicht mit Fremdschädigungsabsicht handelte.
47
Soweit das Verhalten als selbstgefährdend zu werten ist – so etwa die ärztliche Einschätzung im vorgelegten Attest vom 17. August 2023 – begründet dies keinen atypischen Fall. Ein selbstschädigendes Verhalten vermag die Versagung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG nicht zu rechtfertigen, solange Dritte nicht gefährdet sind.
48
Dass die Handlungen des Klägers womöglich in appellativer Absicht erfolgten, rechtfertigt ebenso wenig eine Abweichung von der Regelerteilung der Aufenthaltserlaubnis in § 104c AufenthG. Die Ausländerbehörde ist auf polizeiliche bzw. ärztliche Unterstützung zu verweisen, wenn der Ausländer im Zusammenhang mit für ihn nachteiligen asyl- oder ausländerrechtlichen Entscheidung mit Suizid droht oder sich auf sonstige Weise provokativ oder verstörend verhält. Aktiven Widerstand oder aggressives Verhalten gegenüber der Ausländerbehörde, das einem unkooperativen Verhalten nach § 104c Abs. 1 Satz 2 AufenthG vergleichbar wäre, hat der Kläger nach Aktenlage bislang nicht gezeigt.
49
Bei der Bewertung der Vorfälle für die Erteilung des § 104c AufenthG ist schließlich zu berücksichtigen, dass nicht auszuschließen ist, dass die Handlungen des Klägers im Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung stehen. Das Bestehen einer psychischen Erkrankung allein rechtfertigt nicht die Versagung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
50
cc) Schließlich geht vom Kläger keine besondere Gefährlichkeit für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus, die der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG entgegenstünde. Es fehlt überdies an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass der Kläger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit innerhalb von 18 Monaten einen Versagungsgrund nach § 25b Abs. 2 AufenthG verwirklichen wird. Weder ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass er eine Straftat begehen, noch, dass er Dritte an Leib und Leben gefährden wird.
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Schon aufgrund des Umstands, dass der Kläger durch sein Verhalten bislang nicht strafrechtlich verurteilt wurde und auch keine gesetzlich normierten Versagensgründe nach § 104c Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, auch nicht nach § 25b Abs. 2 AufenthG erfüllt hat, liegen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger prognostisch einen Versagungsgrund für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Anschluss erfüllen wird.
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Die verschiedenen Situationen, in denen der Kläger sich rechtswidrig, provokativ oder fremdgefährdend verhielt, insbesondere die Vorfälle, in denen er drohte, sich selbst anzuzünden, deuten nicht auf eine allgemeine Gefährlichkeit des Klägers hin, die der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG entgegenstünde. Da es bei diesen Vorfällen bislang nicht zu einer nachhaltigen Fremdschädigung kam, ist nicht mit hinreichender Sicherheit zu erwarten, dass der Kläger in Zukunft Dritte konkret und erheblich schädigen wird.
53
Auch die psychische Erkrankung des Klägers lässt nicht auf eine allgemeine Gefährlichkeit des Klägers für die öffentliche Sicherheit und Ordnung schließen. In den vorgelegten Attesten wird beim Kläger übereinstimmend eine Anpassungsstörung diagnostiziert, zuletzt wurde zusätzlich der Verdacht einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung, impulsiver Typ geäußert (Attest vom 13. Februar 2024). Diesen beim Kläger diagnostizierten psychischen Erkrankungen wohnt nach Kenntnis des Gerichts nicht schon per se ein hohes Fremdgefährdungspotential inne. Auch in den ärztlichen Attesten findet sich hierzu keine Aussage. Individuelle Umstände, aufgrund derer die psychischen Erkrankungen beim Kläger zu einer besonderen Gefährlichkeit führen, sind nicht ersichtlich. Den vorgelegten Attesten, insbesondere den zuletzt eingereichten ärztlichen Stellungnahmen vom 5. Februar 2024 und vom 13. Februar 2024, ist nicht zu entnehmen, dass vom Kläger aufgrund seiner psychischen Erkrankung eine konkrete Gefahr für Dritte ausginge. Eine Fremdgefährdung wird im Attest vom 5. Februar 2024 sowie im Attest vom 17. August 2023 sogar ausdrücklich ausgeschlossen. Zwar wird in den Attesten vom 13. Februar 2024 ausgeführt, es sei bei Eintreten psychosozialer Belastungsfaktoren mit einer Zustandsverschlechterung des Klägers zu rechnen; im Attest vom 17. August 2023 heißt es, im Fall einer Abschiebung drohe ein erneuter schwerer Erregungszustand mit zu erwartenden eigengefährdenden Verhaltensweisen. Dass der Kläger dann mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Handlungen vornehmen wird, die Dritte schädigen, wird ärztlich allerdings nicht bescheinigt. Auch das bisherige Verhalten lässt nicht den Schluss zu, dass der Kläger zukünftig andere gefährden wird. In Krisensituationen drohte er mehrfach damit, sich selbst anzuzünden. Zu konkreten Fremdschädigungen kam es jedoch nicht.
54
Den Attesten ist auch nicht zu entnehmen, dass alsbald eine Verschlechterung des psychischen Zustands des Klägers solcher Art eintreten wird, dass fremdgefährdende Handlungen des Klägers alsbald konkret zu erwarten sind. Das Gericht berücksichtigt dabei auch, dass der Kläger aufgrund seiner Erkrankung bereits mehrfach stationär behandelt wurde und aktuell eine ambulante Therapie fortführt. Seit seiner Entlassung aus der stationären Behandlung im November 2023 ist es zu keinen weiteren Krisen oder Vorfällen, bei denen Dritte gefährdet oder geschädigt wurden, gekommen. Ausweislich des Attests vom 13. Februar 2024 zeigt sich der Kläger derzeit freundlich, kooperativ und stabil.
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Letztlich bleibt offen, ob der Kläger in Zukunft erneut versuchen wird, sich anzuzünden, und es dann zu konkreten Schädigungen Dritter kommen wird. Dies reicht für die Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG aber nicht aus. Eine Ausnahme von der Regelerteilung nach § 104c AufenthG erscheint, wie ausgeführt, nur dann gerechtfertigt, wenn von dem Ausländer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Gefährdung ausgeht, die den in § 104c AufenthG normierten Versagungsgründen vergleichbar ist oder die bereits aktuell darauf schließen lässt, dass im Anschluss eine Aufenthaltserlaubnis nicht wird erteilt werden können. Beides ist, wie dargelegt, nicht der Fall.
56
dd) Es kann dahinstehen, ob dem Kläger zum Zeitpunkt der Entscheidung eine gelungene Integration oder jedenfalls eine Integrationsbereitschaft attestiert werden kann, da diese, anders als in § 25a AufenthG und § 25b AufenthG, gerade keine Erteilungsvoraussetzung des § 104c AufenthG ist.
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4. Da eine Ausnahme von der Soll-Vorschrift in § 104c AufenthG nicht vorliegt, ist die Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Die Beklagte war daher zu verpflichten, dem Kläger die beantragte Aufenthaltserlaubnis zu erteilen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 AufenthG).
II.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterliegender Teil hat die Beklagte die Verfahrenskosten zu tragen.
III.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Sätze 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.