Titel:
Isolierte Zwangsgeldandrohung - Baueinstellung
Normenketten:
BayBO Art. 57 Abs. 1 Nr. 9, Art. 75
VwZVG Art. 36 Abs. 6 S. 2, Art. 37 Abs. 1 S. 2, Art. 38 Abs. 1 S. 3
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
Leitsätze:
1. Liegen die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen vor, so überwiegt grundsätzlich das öffentliche Interesse an der Durchsetzung das Interesse des Vollstreckungsschuldners an der Verhinderung der Vollstreckung, weil nur so Anordnungen effektiv durchgesetzt werden können. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Verletzung des Bestimmtheitsgebots hat nur bei völliger Unbestimmtheit oder Unverständlichkeit eines Verwaltungsakts dessen Nichtigkeit zur Folge, also dann, wenn der Betroffene dem Bescheid schlechthin nicht mehr entnehmen kann, was von ihm gefordert wird. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die in Art. 36 Abs. 6 S. 2 VwZVG geforderte Erfolglosigkeit der ersten Zwangsgeldandrohung meint nicht, dass vor erneuter Androhung das zuvor angedrohte Zwangsgeld erfolgreich beigetrieben werden muss. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bei baugenehmigungspflichtigen Vorhaben sind aufgrund einer nach Art. 75 Abs. 1 BayBO verfügten Baueinstellungsverfügung alle (Bau-)Arbeiten unzulässig, die der Verwirklichung des Vorhabens dienen, auch solche, die für sich allein betrachtet nicht genehmigungspflichtig wären. Soweit die (Bau-)Arbeiten ohne Einschränkung eingestellt sind, dürfen auch verfahrensfreie Bauteile nicht mehr ausgeführt oder sonstige verfahrensfreie (Bau-)Arbeiten nicht verrichtet werden. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einstweiliger Rechtsschutz, Isolierte Zwangsgeldandrohung, Verstoß gegen Baueinstellung, Auffüllung eines Grundstücks, Bestimmtheit, Nichtigkeit
Fundstelle:
BeckRS 2024, 8943
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen Bescheid des Antragsgegners, mit welchem dem Antragsteller ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 6.000,00 EUR angedroht wurde.
2
Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung … Das Grundstück liegt im Außenbereich nordöstlich der Marktgemeinde … Mit bestandskräftigem Bescheid vom 14. Februar 2022 ordnete der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller Folgendes an:
I. Die Arbeiten zum Auffüllung (sic!) auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung … sind sofort einzustellen.
II. Die sofortige Vollziehung der Ziffer I. wird angeordnet.
III. Für den Fall, dass der in Ziffer I. des Tenors getroffenen Anordnung nicht nachgekommen wird, wird hiermit ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 EUR angedroht.
IV. … hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
V. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 250,00 EUR festgesetzt. Die Auslagen betragen 4,15 EUR.
3
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass am 9. Februar 2022 festgestellt worden sei, dass das Grundstück FINr. … auf einer Fläche von mehr als 500 qm teilweise mit einer Höhe von mehr als 2 m aufgefüllt worden sei, ohne dass die hierfür erforderliche Baugenehmigung vorliege. Die Auffüllung sei auch nicht nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO verfahrensfrei, da diese im vorliegenden Fall auf einer Fläche von mehr als 500 qm und teilweise mit einer Höhe von mehr als 2 m vorgenommen werde.
4
Mit Schreiben des Antragsgegners vom 23. Februar 2024 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass am 20. Februar 2024 bei einer Ortseinsicht festgestellt worden sei, dass trotz mit Bescheid vom 14. Februar 2022 verfügter Baueinstellung weiteres Erdreich abgelagert und ein Weg mit Schotter befestigt worden sei. Da also weitere Maßnahmen zur Geländeveränderung durchgeführt worden seien, sei das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 EUR fällig geworden. Der Antragsteller wurde zur Zahlung bis zum 27. März 2024 aufgefordert. Der Antragsgegner wies den Antragsteller in dem Schreiben außerdem darauf hin, dass aufgrund des Verstoßes gegen die Baueinstellung eine erneute Zwangsgeldandrohung sowie die Durchführung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens in Betracht gezogen würden. Es sei zudem bei der Ortseinsicht am 20. Februar 2024 festgestellt worden, dass (landwirtschaftliche) Gerätschaften sowie Anhänger auf dem Grundstück abgestellt worden seien. Bei einem Lagerplatz handele es sich um eine bauliche Anlage für die jedoch keine Baugenehmigung vorliege. Da es sich im vorliegenden Fall nicht um ein privilegiertes Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 1 BauGB handele, seien die baulichen Anlagen auch nachträglich nicht genehmigungsfähig, nachdem öffentliche Belange beeinträchtigt würden. Der Antragsteller wurde aufgefordert, sämtliche abgestellten Gerätschaften und Anhänger auf dem Grundstück FlNr. … bis spätestens 1. April 2024 vollständig zu entfernen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt.
5
Hiergegen erhob der Antragsteller Klage (AN 3 K 24.545) und beantragte die Feststellung, dass das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 EUR nicht fällig wurde. Zur Begründung trägt der Antragsteller in diesem Verfahren vor, dass der Grundverwaltungsakt nicht bestimmt genug sei und daher ein Vollstreckungshindernis bestehe. Über die Klage wurde noch nicht entschieden.
6
Am 7. März 2024 erging durch den Antragsgegner folgender Bescheid:
I. Für den Fall, dass erneut auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, Geländeveränderungen vorgenommen oder der Baueinstellung vom 14. Februar 2022 in anderer Weise zuwidergehandelt wird, wird ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 6.000,00 EUR angedroht.
II. Die Kosten des Verfahrens hat … zu tragen.
III. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr von 150,00 EUR festgesetzt. Die Auslagen betragen 4,15 EUR.
7
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass am 20. Februar 2024 festgestellt worden sei, dass entgegen der Baueinstellung mit Bescheid vom 14. Februar 2022 auf dem Grundstück FINr. … Geländeveränderungen vorgenommen und Gerätschaften und Anhänger abgestellt worden seien.
8
Der Antragsteller hat am 12. März 2024 Klage (AN 3 K 24.544) gegen diesen Bescheid erhoben und einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Im Klageverfahren beantragt der Antragsteller die Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 7. März 2024. Über die Klage ist bislang noch nicht entschieden worden.
9
In tatsächlicher Hinsicht wird vorgetragen, dass der Antragsteller tatsächlich keine Auffüllung des Grundstückes vorgenommen habe. Das Wort „auffüllen“ bedeute nach dem Duden im Bereich von Grundstücken etwas tiefer Liegendes höher machen. So würden z.B. Teiche aufgefüllt bzw. verfüllt oder sonstige Senken aufgefüllt. Der Antragsteller habe nicht gewusst, was er aufgrund der Anordnung vom 14. Februar 2022 noch machen dürfe und was nach der Anordnung nicht mehr erlaubt sei. Faktisch habe der Antragsteller im Jahr 2022 den Bauschutt auf diesem Grundstück entsorgt und hierfür die entsprechenden Entsorgungsnachweise beim Landratsamt eingereicht. Dies sei freiwillig erfolgt, ohne dass eine entsprechende Anordnung erfolgt wäre. Der Antragsteller habe bereits im Jahr 2022, wie auch heute noch, diese Fläche lediglich planieren wollen, damit er über dieses Grundstück laufen könne, ohne sich dabei die Beine zu brechen. Es handele sich hierbei um ein eingezäuntes Grundstück mit einer Größe von 1,2 ha, welches von dem Antragsteller erworben worden sei, um dort die Natur zu genießen. Seit 2022 rätsele der Antragsteller, was er auf dem Grundstück nach der Anordnung unterlassen solle. Aus diesem Grund habe er auf dem Grundstück wenig Aktivitäten entfaltet, sondern lediglich die Fläche breitgeschoben. Dabei sei kein neues Erdmaterial aufgetragen, sondern das vorhandene Erdmaterial eingeebnet worden. Dieses vorhandene Erdmaterial sei nicht in Erdwällen vorhanden gewesen, sondern durch Traktorspuren durchwühlt worden. Der Antragsteller habe daher im Jahr 2023 einen bereits vorhandenen, unbefestigten Weg mit auf dem Grundstück vorhandenen Geröllmaterial verfestigt und unstreitig drei kleine Erdwälle zeitweilig abgelagert, um sie bei seinem Neubau, ca. 50 m von dem streitgegenständlichen Grundstück entfernt, wieder einsetzen zu können. Jeder Erdwall habe eine Größe von ca. 20 m³ und eine Höhe von lediglich 95 cm. Zum Beweis dieser Tatsachen verweist der Antragsteller auf eine …, …, …
10
Zur Begründung der Klage wird in rechtlicher Hinsicht vorgetragen, dass die Klage zulässig und begründet sei, da die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes in Höhe von 6.000,00 EUR rechtswidrig sei und der Antragsteller durch die Zahlung der 6.000,00 EUR in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werde. Zwar könne der Grundverwaltungsakt vom 14. Februar 2022 mit der hiesigen Klage nur im beschränkten Maße angefochten werden (wird weiter ausgeführt), jedoch sei die Mitteilung der Fälligkeit des Zwangsgeldes in Höhe von 4.000,00 EUR zumindest deshalb rechtswidrig, da der Grundverwaltungsakt zu unbestimmt und damit nicht vollstreckbar sei. Derartige Gründe seien auch im hiesigen Klageverfahren beachtlich. So habe der Antragsteller nach dem Wortlaut des Bescheides vom 14. Februar 2022 keinen Verstoß hiergegen vorgenommen. Nach dem Regelungsinhalt der Anordnung vom 14. Februar 2022 sei es dem Antragsteller untersagt worden, auf diesem Grundstück Auffüllarbeiten durchzuführen. Nach Zugang des Bescheides habe der Antragsteller jedoch keine Auffüllarbeiten auf diesem Grundstück begonnen oder durchgeführt. Darüber hinaus sei es dem Antragsteller nach der Anordnung von 14. Februar 2022 nicht untersagt, landwirtschaftliches Gerät auf dieser Fläche zu parken.
11
Der Antragsteller beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes … vom 7. März 2024 wird angeordnet.
12
Der Antragsgegner beantragt,
13
Zur Begründung wird vorgetragen, dass Einwendungen gegen die Baueinstellungsanordnung vom 14. Februar 2022 im hiesigen Verfahren nicht mehr geltend gemacht werden könnten, da dieser Bescheid bestandskräftig und in der Folge auch unanfechtbar geworden sei. Nach Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG könne die isolierte Androhung eines weiteren Zwangsgeldes nur noch beschränkt angegriffen werden. Hinsichtlich der materiellen Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids werde auf dessen Begründung verwiesen. Es sei darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller über seinen Bevollmächtigten selbst einräume, Geröllmaterial verfestigt und Erdwälle abgelagert zu haben. Diesbezüglich werde auch auf die den Akten beiliegenden Fotodokumentationen verwiesen. Auch eine darüber hinausgehende Unverhältnismäßigkeit der isolierten Zwangsgeldandrohung sei nicht ersichtlich und sei auch nicht geltend gemacht worden.
14
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte sowohl im hiesigen als auch im Verfahren AN 3 K 24.544 Bezug genommen.
15
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
16
Nach § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch in für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, etwa wenn – wie im vorliegenden Fall – der Klage des Antragstellers aufgrund der Regelung des Art. 21a VwZVG von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Allerdings kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen.
17
Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die allgemein oder im Einzelfall ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage anordnen oder wiederherstellen. Dabei hat das Gericht seiner Entscheidung eine Abwägung der betroffenen Interessen auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Im Rahmen dieser Abwägung sind – soweit bei summarischer Prüfung bereits überschaubar – maßgeblich die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen, da das öffentliche Vollzugsinteresse bei einem erkennbar rechtswidrigen Verwaltungsakt im Regelfall ebenso wenig schützenswert ist wie das Suspensivinteresse des Adressaten eines bereits absehbar rechtmäßigen Verwaltungsakts (stRspr, vgl. nur BVerwG, B.v. 9.6.2022 – 6 VR 2.21 – juris Rn. 11 m.w.N.).
18
Die gesetzliche Wertung des Art. 21a VwZVG muss bei der gerichtlichen Entscheidung Berücksichtigung finden. Liegen die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen vor, so überwiegt grundsätzlich das öffentliche Interesse an der Durchsetzung das Interesse des Vollstreckungsschuldners an der Verhinderung der Vollstreckung, weil nur so Anordnungen effektiv durchgesetzt werden können (BayVGH, B.v. 8.7.2021 – 15 CS 21.1642 – juris Rn. 16).
19
Gemessen an diesen Grundsätzen kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der von dem Antragsteller erhobenen Klage vorliegend nicht in Betracht. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung begegnet die nach Art. 21a Satz 1 VwZVG sofort vollziehbare erneute Zwangsgeldandrohung in dem streitgegenständlichen Bescheid keinen rechtlichen Bedenken, sodass die in der Hauptsache hiergegen erhobene Anfechtungsklage mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ohne Erfolg bleiben wird.
20
1. Das mit Bescheid vom 7. März 2024 angedrohte, weitere Zwangsgeld erweist sich als voraussichtlich rechtmäßig. Es liegen sowohl die allgemeinen als auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen vor. Der Grundverwaltungsakt ist insbesondere weder nichtig noch besteht ein Vollstreckungshindernis.
21
a) Die erneute Zwangsgeldandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 und Art. 36 VwZVG. Es liegen sowohl die allgemeinen (Art. 18 ff. VwZVG) als auch die besonderen (Art. 29 ff. VwZVG) Vollstreckungsvoraussetzungen vor. Der der Vollstreckung zugrundeliegende Grundverwaltungsakt, die Baueinstellung vom 14. Februar 2022, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung aufgrund Unanfechtbarkeit vollstreckbar (vgl. Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG). Die Pflicht zur Befolgung der Baueinstellung stellt sich als eine Pflicht zu einem Unterlassen im Sinne des Art. 29 Abs. 1 VwZVG dar, zu deren Erfüllung das Zwangsgeld gemäß Art. 31 Abs. 1 VwZVG das richtige und auch das mildeste Zwangsmittel darstellt. Auch die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes in Höhe von 6.000,00 EUR ist im Hinblick auf Art. 31 Abs. 2 Satz 2 und Satz 4 VwZVG nicht zu beanstanden. Im Falle einer Unterlassungspflicht ist eine Fristsetzung zur Erfüllung (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG) der Natur der Sache nach nicht erforderlich (vgl. BayVGH, B.v. 24.4.2013 – 22 CS 13.590 – juris Rn. 14 m.w.N.).
22
b) Soweit der Antragsteller einwendet, der Grundverwaltungsakt sei unbestimmt und könne daher nicht vollstreckt werden, kann er hiermit nicht durchdringen.
23
Eine isolierte Zwangsgeldandrohung im angefochtenen Bescheid kann nach Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird (BayVerfGH, E.v. 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05 – juris Rn. 53). Die Vollstreckung aus einem Verwaltungsakt setzt dessen Wirksamkeit, nicht aber dessen Rechtmäßigkeit voraus (BVerwG, U.v. 25.9.2008 – 7 C 5.08 – NVwZ 2009, 122 = juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 7.11.2017 – 20 ZB 16.991 – juris Rn. 17). Die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 14. Februar 2022, womit der Antragsteller verpflichtet wurde, die Arbeiten zum Auffüllen des Grundstücks sofort einzustellen, ist deshalb im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage gegen die isolierte Zwangsgeldandrohung nicht mehr zu prüfen (BayVGH, B.v. 11.3.2021 – 20 ZB 20.2152 – juris Rn. 5).
24
Der erhobene Einwand bezieht sich auf den Grundverwaltungsakt, der bestandskräftig ist und – auch soweit die hinreichende Bestimmtheit der getroffenen Anordnung (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) in Frage gestellt wird (BayVGH, B.v. 15.6.2004 – 25 CS 04.1193 – juris Rn. 3) – jedenfalls nicht an einem zur Nichtigkeit führenden Fehler leidet (Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG). Auch besteht aufgrund einer etwaigen Unbestimmtheit des Grundverwaltungsakts kein Vollstreckungshindernis (vgl. VG München, U.v. 14.7.2020 – M 1 K 20.164 – juris Rn. 28 m.w.N.).
25
Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Für den Adressaten muss daher der Inhalt der getroffenen Regelung eindeutig erkennbar sein, sodass er sein Verhalten danach ausrichten kann (BVerwG, U.v. 26.10.2017 – 8 C 14.16 – juris Rn. 12 m.w.N.). Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist im Zweifel durch Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 46.12 – BVerwGE 147, 81). Hinreichende Bestimmtheit liegt dann vor, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. BVerwG, U.v. 3.12.2003 – 6 C 20.02 – BVerwGE 119, 282). Erst wenn auch unter Anwendung der anerkannten Auslegungsgrundsätze keine Klarheit über den Behördenwillen geschaffen werden kann bzw. Widersprüchlichkeiten nicht beseitigt werden können, ist Unbestimmtheit anzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 22.4.2020 – 15 CS 20.184 – juris Rn. 8).
26
Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG hat regelmäßig die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts zur Folge. Die Nichtigkeit des Verwaltungsakts bewirkt ein Mangel nur dann, wenn er besonders schwerwiegend ist und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist (Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG). Allerdings ist die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts stets als besondere Ausnahme von dem Grundsatz anzusehen, dass ein Akt der staatlichen Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trägt und vom Bürger nur auf dem Rechtsweg beseitigt werden kann. Selbst ein Verwaltungsakt, der einer gesetzlichen Grundlage entbehrt oder gegen eine wichtige Rechtsbestimmung verstößt, ist nicht allein schon aus diesem Grund nichtig. Eine Verletzung des Bestimmtheitsgebots hat nur bei völliger Unbestimmtheit oder Unverständlichkeit eines Verwaltungsakts dessen Nichtigkeit zur Folge, also dann, wenn der Betroffene dem Bescheid schlechthin nicht mehr entnehmen kann, was von ihm gefordert wird (BayVGH, U.v. 27.3.2012 – 8 B 12.112 – juris Rn. 34).
27
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Anordnung in Ziffer I. des Bescheids vom 14. Februar 2022 als bestimmt anzusehen. Der Antragsteller kann eindeutig erkennen, was von ihm verlangt ist. So ist das sofortige Einstellen der Auffüllungsarbeiten auf dem Grundstück FlNr. … angeordnet worden. In der Begründung des Bescheids ist zudem ausgeführt, dass das Grundstück FlNr. … auf einer Fläche von mehr als 500 qm teilweise mit einer Höhe von mehr als 2 m aufgefüllt worden sei, ohne dass hierzu eine erforderliche Baugenehmigung vorliege. Der Bescheid bezeichnet daher sowohl das betroffene Grundstück als auch die konkrete Maßnahme („Auffüllung“), die einzustellen ist. Inwiefern an eine Baueinstellungsanordnung darüber hinaus gehende Forderungen hinsichtlich der Konkretisierung gestellt werden können sollen, ist weder von der Antragstellerseite vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Insbesondere ist auch die Bezeichnung „Auffüllung“ als konkret genug anzusehen, nachdem der Antragsgegner diese im Sinne einer „Aufschüttung“ gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 und Art. 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BayBO verwendet, was sich schon daraus ablesen lässt, dass der Antragsgegner in der Begründung des Bescheids auf Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO Bezug nimmt und von einer „Auffüllung“ mit einer Höhe von über 2 m auf einer Fläche von über 500 qm spricht. Dieses Verständnis der Begrifflichkeit „Auffüllung“ widerspricht auch nicht der vom Bevollmächtigten des Antragstellers bemühten Definition des Dudens für das Verb „auffüllen“. Die vollständige Definition des Dudens für das Verb „auffüllen“ lautet nämlich „(tiefer Liegendes durch Aufschütten) höher machen“. Gemäß Duden erfolgt das „Auffüllen“ demnach in Form des „Aufschüttens“ und kann folglich auch nach dieser Definition unproblematisch unter Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 bzw. Art. 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BayBO subsumiert werden.
28
Ob der Antragsteller im Vorfeld des Erlasses des Bescheids vom 14. Februar 2022 tatsächlich „Auffüllungen“ i.S.d. des oben dargestellten Verständnisses auf dem Grundstück vorgenommen hat, ist im hiesigen Verfahren irrelevant und nicht mehr zu prüfen, nachdem der Antragsteller den Ausgangsbescheid bestandskräftig werden ließ.
29
c) Aufgrund des Verstoßes gegen die Anordnung mittels Bescheids vom 14. Februar 2022 durfte der Antragsgegner ein erneutes Zwangsgeld androhen.
30
Gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG können Zwangsmittel so lange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Gemäß Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG ist eine erneute Androhung eines Zwangsmittels erst dann zulässig, wenn die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben ist. Die in Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG geforderte Erfolglosigkeit der ersten Zwangsgeldandrohung meint nicht, dass vor erneuter Androhung das zuvor angedrohte Zwangsgeld erfolgreich beigetrieben werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2012 – 10 ZB 10.2439 – juris Rn. 12).
31
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Androhung des Zwangsmittels in Ziffer II des Bescheids vom 14. Februar 2022 blieb erfolglos, nachdem sich der Antragsteller hierdurch nicht davon abhalten ließ, gegen die in Ziffer I angeordnete Baueinstellung zu verstoßen.
32
Der behördliche Befehl, die Arbeiten einzustellen, bedeutet, dass jegliche Änderung oder Erweiterung des geschaffenen Bauzustandes – im Umfang der Baueinstellung – zu unterbleiben hat. Der Inhalt einer Baueinstellung erschöpft sich somit in dem behördlichen Befehl, die begonnenen Bauarbeiten nicht fortzusetzen. Ausgeschlossen sind Maßnahmen, die zu einer Verfestigung des (formell) unrechtmäßigen Zustandes führen oder vollendeten Tatsachen schaffen oder die letztlich nicht ein weiteres Gebrauchmachen von der Baugenehmigung darstellen, denn es ist das Ziel der Baueinstellung nach Art. 75 Abs. 1 BayBO, die Schaffung unrechtmäßiger Zustände oder deren Verfestigung durch weitere Baumaßnahmen zu verhindern. Bei baugenehmigungspflichtigen Vorhaben sind folglich aufgrund einer nach Art. 75 Abs. 1 BayBO verfügten Baueinstellungsverfügung alle (Bau-)Arbeiten unzulässig, die der Verwirklichung des Vorhabens dienen, auch solche, die für sich allein betrachtet nicht genehmigungspflichtig wären. Soweit die (Bau-)Arbeiten ohne Einschränkung eingestellt sind, dürfen auch verfahrensfreie Bauteile nicht mehr ausgeführt oder sonstige verfahrensfreie (Bau-)Arbeiten nicht verrichtet werden (Decker in Busse/Kraus, 152. EL Oktober 2023, BayBO Art. 75 Rn. 102 u. 104 unter Verweis auf BayVGH, B.v. 5.10.2006 – 14 ZB 06.1133 – juris Rn. 2; siehe auch VG München, B.v. 30.3.2015 – M 8 S 15.261 – juris 28 m.w.N.).
33
Ausweislich der in der Behördenakte befindlichen Fotodokumentation vom 20. Februar 2024 (vgl. Bl. 47 bis 51 d. Akte) wurde durch den Antragsteller weiteres Erdreich in Form dreier Erdwälle auf dem Grundstück abgelagert. Dies wird von der Antragstellerseite in der Antragsbegründung eingeräumt und bestätigt. Hierin ist nach obigen Maßstäben ein Verstoß gegen die Baueinstellung vom 14. Februar 2022 zu erblicken, welche die sofortige Einstellung der Auffüllungsarbeiten anordnete.
34
Soweit der Bevollmächtigte des Antragstellers einwendet, dass es sich lediglich um Erdwälle von niedriger Höhe und geringem Volumen gehandelt habe und diese nur zeitweilig abgelagert worden seien, so kann er hiermit nicht durchdringen. Die Kammer interpretiert diesen Vortrag dahingehend, dass die Antragstellerseite der Meinung ist, dass die drei Erdwälle der Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO unterlägen und damit der Baueinstellung nicht zuwiderlaufen könnten. Ob der Verfahrensfreiheitstatbestand des Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO im hiesigen Fall eingreift, ist nach den oben dargestellten Grundsätzen jedoch gerade irrelevant, nachdem allein maßgeblich ist, ob Bauarbeiten im Umfang der Baueinstellung fortgeführt wurden. Ist dies der Fall, so dürfen auch für sich betrachtet verfahrensfreie Vorhaben nicht aus- bzw. fortgeführt werden, da dies dem Sinn und Zweck der Baueinstellung zuwiderliefe, wonach gerade die Entstehung oder Verfestigung formell oder materiell rechtswidriger Zustände sowie die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindert werden sollen. Dies gilt vorliegend auch, obwohl der Antragsgegner die Baueinstellung beschränkt auf die Auffüllung des Grundstücks aussprach, da sich die Baueinstellung mangels Vorliegens des Verfahrensfreiheitstatbestands des Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO auf ein genehmigungspflichtiges Vorhaben bezog und jede weitere Auffüllung bzw. Aufschüttung eine Fortsetzung dieses Vorhabens auf dem streitgegenständlichen Grundstück darstellt, unabhängig davon, ob sie für sich Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO unterfiele.
35
Bei der Beurteilung, ob ein Verstoß gegen die Baueinstellung vorliegt, kommt es auch nicht darauf an, ob die Erdwälle nur „zeitweilig“ oder dauerhaft auf dem Grundstück des Antragstellers abgelagert wurden, da durch eine Baueinstellung jegliche Erweiterung oder Fortführung der eingestellten Bauarbeiten untersagt wird und hierbei nicht zwischen dauerhaften oder einstweiligen Maßnahmen unterschieden wird, da dies erneut dem Zweck der Baueinstellung zuwiderliefe, da auch bereits durch „zeitweilige“, „vorübergehende“ oder „einstweilige“ Maßnahmen eine Verfestigung des rechtswidrigen Zustands hervorgerufen werden kann. Im Übrigen ist bereits fraglich, was die Antragstellerseite mit einer nur „zeitweiligen“ Ablagerung meint, nachdem dies ein breites Spektrum an Zeiträumen umfassen kann und einer subjektiven Auslegung zugänglich ist.
36
Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass die Androhung des weiteren Zwangsgelds durch den Antragsgegner nicht auf das Abstellen landwirtschaftlicher Gerätschaften gestützt werden kann, nachdem die Baueinstellung beschränkt auf die Auffüllung des Grundstücks ausgesprochen wurde. Ob auch die Befestigung des Weges mit Schotter für sich die Androhung des weiteren Zwangsgelds rechtfertigen würde, kann dahinstehen, da jedenfalls bereits durch die Ablagerung der drei Erdwälle gegen die Baueinstellungsanordnung verstoßen wurde.
37
d) Hinsichtlich der inhaltlichen Bestimmtheit des streitgegenständlichen Bescheids bestehen ebenfalls keine rechtlichen Bedenken. Im Kern wird das Zwangsgeld für den Fall weiterer Zuwiderhandlungen gegen die mit Bescheid vom 14. Februar 2022 verfügte Baueinstellung angedroht, was nicht zu beanstanden ist und auch dem Zweck einer weiteren Zwangsgeldandrohung entspricht. Die explizite Nennung von „Geländeveränderungen“ ist in diesem Kontext lediglich als beispielhafte Aufzählung zu verstehen und soll keine neue, über die zugrundeliegende Baueinstellung hinausgehende Anordnung begründen, was im Rahmen einer isolierten Zwangsgeldandrohung ohnehin rechtlich nicht möglich wäre.
38
e) Einwendungen gegen die Vollstreckung i.S. von Art. 21 VwZVG, die erst nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheids entstanden sind, sowie Gründe gem. Art. 22 VwZVG sind nicht ersichtlich und wurden von der Antragstellerseite nicht geltend gemacht. Ohnehin wäre über diese Einwendungen durch die Anordnungsbehörde in einem gesonderten Verwaltungsverfahren zu entscheiden. Gegen diese Entscheidung ist sodann der Rechtsweg gegeben. Dieses letztere Verfahren ist der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO nachgebildet (vgl. BayVerfGH, E.v. 24.1.2007 – Vf 50-VI-05 – juris Rn. 46; BayVGH, B.v. 27.11.2018 – 1 ZB 17.1070 – juris Rn. 4).
39
f) Unabhängig davon, dass dies eines gesonderten Verfahrens bedarf (vgl. BayVGH, B.v. 4.8.1999 – 27 ZS 99.962 – juris Rn. 24), hat die Antragstellerseite auch einen Anspruch im Hinblick auf die in Art. 48, Art. 49 BayVwVfG eröffnete Möglichkeit, einen Zwangsgeldbescheid bei Änderung der Sach- und Rechtslage aufzuheben bzw. die Verpflichtung zur Aufhebung bei Reduzierung des Ermessens auf Null, nicht ansatzweise dargelegt.
40
Nach alldem ist der Antrag mangels Erfolgsaussichten der Klage abzulehnen.
41
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 sowie 1.7.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.