Inhalt

OLG München, Endurteil v. 29.04.2024 – 19 U 3278/23 e
Titel:

Wechselseitige Ansprüche aus einem abgeschlossenen Verbraucherdarlehensvertrag nach dessen Widerruf 

Normenketten:
ZPO § 138 Abs. 3
BGB § 312c Abs. 1 S. 1, § 355 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1, S. 4, Abs. 3 S. 1, S. 3 Alt. 2 (idF bis zum 10.06.2010)
Leitsätze:
§ 355 Abs. 3 S. 3 Alt. 2 BGB in der vom 08.12.2004 bis 10.06.2010 geltenden Fassung ist dahingehend auszulegen, dass die Beweislast dafür, dass der Unternehmer seine dort geregelten Mitteilungspflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt hat, beim Verbraucher liegt. Dies ergibt sich aus allgemeinen Beweislastgrundsätzen, der Gesetzessystematik und der Normhistorie. Den Unternehmer kann diesbezüglich aber eine sekundäre Darlegungslast treffen.     (Rn. 45 – 65)
Vorraussetzung für eine zulassungsrelevante Divergenz wäre, dass das Urteil des Senats von der Entscheidung eines höherrangigen Gerichts, von einer gleichrangigen Entscheidung eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts oder von der Entscheidung eines anderen gleichgeordneten Gerichts abweicht. (Rn. 73 – 77) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verbraucherdarlehensvertrag, Fernabsatzvertrag, Widerruf, Widerrufsrecht, Widerrufsbelehrung, Darlegungs- und Beweislastverteilung, sekundäre Darlegungslast, zulassungsrelevante Divergenz
Vorinstanz:
LG München II, Endurteil vom 18.07.2023 – 11 O 2347/22 Fin
Fundstellen:
ZBB 2024, 394
WM 2024, 2144
LSK 2024, 8891
BeckRS 2024, 8891

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München II vom 18.07.2023, Az. 11 O 2347/22 Fin, wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer I genannte Urteil des Landgerichts München II ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund dieser Urteile vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 115 % des von ihr jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Parteien streiten um das Bestehen von wechselseitigen Ansprüchen aus einem zwischen der G. GmbH und dem Kläger abgeschlossenen Verbraucherdarlehensvertrag nach dessen Widerruf durch den Kläger.
2
Die Beklagte ist ein Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH mit Sitz in Wiesbaden, dessen Unternehmensgegenstand ausweislich des Handelsregisters B des Amtsgerichts Wiesbaden (HRB …) die Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Finanzierungen, Forderungsmanagement und Immobilien, insbesondere der Einzug von Forderungen und abgetretenen Forderungen jeglicher Art im In- und Ausland und verwandte Tätigkeiten, sowie das Betreiben aller damit im Zusammenhang stehender Geschäfte ist.
3
Die beklagte A. GmbH ist die Rechtsnachfolgerin der G. GmbH (im Folgenden: Rechtsvorgängerin der Beklagten): Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, welche im Jahr 2008 freiwillig ihre Banklizenz zurückgab, benannte sich 2008 in G. S. GmbH und diese 2011 in P. GmbH um. Die P. GmbH wurde 2014 auf die A. Holding GmbH als übernehmender Rechtsträger verschmolzen und letztere änderte zeitgleich ihre Firma in P. GmbH. Im Jahr 2015 benannte sich die P. GmbH in A. GmbH um (s. hierzu Anlage K 3).
4
Am 11./13.04.2007 schlossen die Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Kläger einen als „Darlehensvertrag mit Zinsfestschreibung“ bezeichneten, grundpfandrechtlich besicherten Verbraucherdarlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag von 139.500 €, einem effektiven Jahreszins von 6,55 % und einer Zinsfestschreibung bis 30.04.2017 (Anlagen K 1, B 1; im Folgenden: Darlehensvertrag) zwecks Erwerbs einer Immobilie durch den Kläger.
5
Dabei erhielt der Kläger ein nur von der Rechtsvorgängerin der Beklagten am 11.04.2007 unterschriebenes „Exemplar Kunde“ (Anlage K 1). Die Rechtsvorgängerin der Beklagten erhielt ein auch vom Kläger am 13.04.2007 gegengezeichnetes „Exemplar G. GmbH“ (Anlage B 1).
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Der Darlehensvertrag enthielt auf S. 25 f. – getrennt vom übrigen Text – folgende Belehrung:
7
Die Darlehensvaluta wurde anschließend ausbezahlt und das Darlehen zunächst vereinbarungsgemäß bedient.
8
Nachdem der Kläger die vereinbarten Finanzierungsraten aus dem Darlehen nicht mehr zu leisten imstande war, wurde im ersten Quartal 2012 die damit finanzierte Immobilie freihändig verkauft. Der Verwertungserlös wurde dem Darlehenskonto gutgeschrieben.
9
Von 2014 bis Anfang 2020 zahlte der Kläger Teilbeträge zwischen 50 € und 400 € im Monat auf das Darlehen.
10
Mit Schreiben vom 12.03.2020 (Anlage K 7) überließ die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers einen Forderungskontoverlauf bezüglich des Darlehens.
11
Mit Schreiben vom 02.07.2020 (Anlage K 4) widerrief der Kläger gegenüber der Beklagten seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.
12
Den Widerruf wies die Beklagte mit Schreiben vom 07.07.2020 (Anlage K 5) als verfristet zurück.
13
Mit Schreiben vom 06.09.2021 (Anlage K 2), dem nochmals eine Forderungskontoaufstellung beigefügt war, stellte die Beklagte dem Kläger noch eine Restschuld von 82.372,83 € in Rechnung.
14
Der Kläger ist der Auffassung, der Widerruf des Darlehensvertrags sei auch noch im Juli 2020 wirksam gewesen. Der Darlehensvertrag sei im Fernabsatz geschlossen worden. Die Widerrufsfrist habe nicht zu laufen begonnen, da die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihre fernabsatzrechtlichen Informationspflichten nicht erfüllt habe. Der Zeuge G. M. habe dem Kläger am 13.04.2007 als Vermittler/Berater im Auftrag der L. GmbH den Darlehensantrag ohne die vorvertraglichen Informationen vorgelegt. Merkblätter seien ihm vom Zeugen G. M. nicht ausgehändigt worden. Bei Saldierung der wechselseitigen Ansprüche aus dem entstandenen Rückabwicklungsschuldverhältnis ergebe sich, dass der Kläger der Beklagten nur noch eine Summe von 17.027,51 € und sonst nichts mehr schulde. Wegen der Einzelheiten der klägerischen Berechnung insoweit wird auf S. 6 ff. der Klage vom 06.07.2022 (Bl. 6 ff. d. LG-Akte) sowie die Anlagen K 6, K 8 und K 9 verwiesen. Er begehrt entsprechende gerichtliche Feststellungen.
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Die Beklagte vertritt den Standpunkt, das Widerrufsrecht des Klägers sei im Zeitpunkt seiner Widerrufserklärung bereits erloschen gewesen. Mit Schreiben vom 11.04.2007 (Anlage B 2) seien dem Kläger von der Rechtsvorgängerin der Beklagten neben zwei Ausfertigungen des Darlehensvertrags die Dokumente „EUROPÄISCHES STANDARDISIERTES MERKBLATT“ (Anlage B 3) und „Merkblatt zum Baufinanzierungsdarlehen für Verbraucher“ (Anlage B 4) übersandt worden. Darin seien sämtliche, gesetzlich vorgeschriebenen Informationen enthalten gewesen. Anschreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten, mit dem Ausfertigungen von Darlehensvertragsurkunden übersandt worden seien, seien stets diese beiden Dokumente beigefügt gewesen. Der Versand der Unterlagen sei nur an die Darlehensnehmer selbst erfolgt, nicht an Dritte, z.B. Vermittler.
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Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 18.07.2023 (Bl. 75 ff. d. LG-Akte), auf dessen tatsächliche Feststellungen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO) und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Soweit man unterstelle, es habe sich, wie vom Kläger vorgetragen, um ein Fernabsatzgeschäft gehandelt, so habe der Kläger – dem die Beweislast hierfür obliege – nicht beweisen können, dass er die erforderlichen Informationen nicht erhalten und damit die Widerrufsfrist nie zu laufen begonnen habe. Oder aber es habe sich nicht um ein Fernabsatzgeschäft gehandelt, dann sei ein etwaiges Widerrufsrecht jedenfalls gemäß Art. 229 § 38 Abs. 3 S. 1 EGBGB erloschen. Die Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts seien nicht ersichtlich und nicht vom Kläger vorgetragen.
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Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 02.08.2023 (Bl. 1 f. d. OLG-eAkte) eingelegte und mit Schriftsatz vom 06.10.2023 (Bl. 6 ff. d. OLG-eAkte) begründete Berufung des Klägers.
18
Die Informationen der Rechtsvorgängerin der Beklagten über das Widerrufsrecht seien im Darlehensvertrag nicht in einer hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form mitgeteilt worden. Das Landgericht habe zudem die Beweislastverteilung verkannt, wonach die Beklagte den Zugang der erforderlichen, fernabsatzrechtlichen Information habe nachweisen müssen, nicht der Kläger das Gegenteil. Selbst wenn eine Beweislastumkehr zulasten des Klägers gelten und selbst wenn die Beklagte ihren Anforderungen an eine substantiierte Darlegung genügt haben sollte, dann hätte das Landgericht für den dann beweisbelasteten Kläger den angebotenen Zeugen G. M. darüber hören müssen, dass dieser den Darlehensantrag dem Kläger ohne die vorvertraglichen Informationen vorgelegt habe.
19
Der Kläger beantragt, das Urteil des Landgerichts abzuändern und zu erkennen wie folgt:
„1. Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem im April 2007 geschlossenen Darlehensvertrag (Finanzprojekt-)Nummer 2018464 über nominal 139.500 € ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 02.07.2020 kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung, hilfsweise nach Gesamtfälligstellung kein Anspruch mehr auf die vertragsgemäße Vollrückzahlung des Restkapitals, die Kosten (inklusive Maklercourtage), Vorfälligkeitsentschädigung und Zinsen, gegen den Kläger zusteht.
2. Es wird festgestellt, dass der Kläger der Beklagten aus dem aufgrund des Zugangs der unter Ziff. 1 genannten Widerrufserklärung vom 02.07.2020 entstandenen Rückgewährschuldverhältnis nicht mehr als Zahlung eines Betrages in Höhe von 17.027,51 € schuldet.“
20
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
21
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 06.10.2023 (Bl. 6 ff. d. OLG-eAkte), die Berufungserwiderung vom 27.12.2023 (Bl. 25 ff. d. OLG-eAkte) sowie die weiteren Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
22
Mit Beschluss vom 14.03.2024 (Bl. 49 f. d. OLG-eAkte) ordnete der Senat mit Zustimmung der Parteien eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO an.
II.
23
Das verfahrensrechtlich bedenkenfreie und somit zulässige Rechtsmittel des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
24
Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts ist richtig. Dessen Urteil beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). Vielmehr rechtfertigen die Tatsachen, die der Senat im Rahmen des durch § 529 ZPO festgelegten Prüfungsumfangs der Beurteilung des Streitstoffes zugrunde zu legen hat, keine andere Entscheidung.
25
Die Ausführungen des Klägers in der Berufungsinstanz vermögen dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen, da sie das Ersturteil, auf das Bezug genommen wird, nicht erschüttern.
26
Ergänzend ist Folgendes anzumerken:
1. Falls man mit dem Landgericht davon ausgehen wollte, dass der Darlehensvertrag hier einen Fernabsatzvertrag i.S.v. § 312 b Abs. 1 S. 1 BGB in der – hier einschlägigen – vom 08.12.2004 bis 22.02.2011 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) darstellen sollte, so war das dem Kläger deshalb grundsätzlich zustehende Widerrufsrecht nach § 312 d Abs. 1 S. 1 BGB in der vom 08.12.2004 bis 03.08.2009 geltenden Fassung i.V.m. § 355 BGB in der vom 08.12.2004 bis 10.06.2010 geltenden Fassung (im Folgenden jeweils: a.F.) im Zeitpunkt der klägerischen Widerrufserklärung vom 02.07.2020 erloschen.
a) Die Beklagte war zwar als Rechtsnachfolgerin der G. GmbH gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG die richtige Erklärungsgegnerin, § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.
b) Jedenfalls die absolute Höchstfrist des § 355 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. für den Widerruf war zu dieser Zeit indessen seit langem abgelaufen.
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§ 355 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. lautet:
„Das Widerrufsrecht erlischt spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss.“
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Der Darlehensvertrag war hier durch Annahme des Angebots der Beklagten vom 11.04.2007 mittels Gegenzeichnung durch den Kläger am 13.04.2007 geschlossen. Damit erlosch das Widerrufsrecht des Klägers weit vor dem Juli 2020.
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Der Widerruf war somit verfristet.
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c) Dem stand auch § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. nicht entgegen.
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Dieser hatte folgenden Wortlaut:
„Abweichend von Satz 1 erlischt das Widerrufsrecht nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist, bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen ferner nicht, wenn der Unternehmer seine Mitteilungspflichten gemäß § 312 c Abs. 2 Nr. 1 nicht ordnungsgemäß erfüllt hat.“
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aa) Der Kläger wurde entgegen seiner Auffassung von der Rechtsvorgängerin der Beklagten ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt, § 355 Abs. 3 S. 3 Alt. 1 BGB.
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aaa) Nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. ist dem Verbraucher „eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht“ mitzuteilen.
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Gemäß § 312 c Abs. 1 S. 1 BGB in der vom 08.12.2004 bis 10.06.2010 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) hat der Unternehmer dem Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung „klar und verständlich“ die Informationen zur Verfügung zu stellen, für die dies in der BGB-InfoV bestimmt ist.
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Nach § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-Info-V in der vom 08.12.2004 bis 10.06.2010 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) muss der Unternehmer dem Verbraucher gemäß § 312 c Abs. 1 BGB a.F. Informationen zur Verfügung stellen über
„das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung, insbesondere Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und die Rechtsfolgen des Widerrufs oder der Rückgabe, einschließlich Informationen über den Betrag, den der Verbraucher im Fall des Widerrufs oder der Rückgabe gemäß § 357 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die erbrachte Dienstleistung zu zahlen hat“.
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§ 1 Abs. 4 S. 2 BGB-InfoV a.F. bestimmt, dass der Unternehmer zur Erfüllung seiner Informationspflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV a.F. über das Bestehen des Widerrufsrechts das in § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der vom 02.09.2002 bis 10.06.2010 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) für die Belehrung über das Widerrufsrecht bestimmte Muster verwenden kann.
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Gemäß § 1 Abs. 4 S. 3, S. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 BGB-InfoV a.F. sind die Informationen nach § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV a.F. in „einer hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form“ mitzuteilen, soweit deren Mitteilung durch Übermittlung der Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgt.
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Dem Deutlichkeitsgebot nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. muss dadurch Rechnung getragen werden, dass die Widerrufsbelehrung sich durch Farbe, größere Lettern, Sperrschrift oder Fettdruck in nicht zu übersehender Weise aus dem übrigen Text heraushebt (BGH, Urteil v. 25.04.1996, Az. X ZR 139/94, juris Rz. 18; Urteil v. 20.12.1989, Az. VIII ZR 145/88, juris Rz. 21; Grüneberg in: Palandt, BGB, 66. Aufl., § 355 Rz. 16; s. auch BGH, Urteil v. 28.01.2004, Az. IV ZR 58/03, juris Rz. 18 zu § 5 Abs. 2 S. 1 VVG in der vom 08.12.2004 bis 31.12.2007 geltenden Fassung).
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bbb) Diesen Vorgaben genügt die Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag.
40
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten verwendete für die Widerrufsinformation ein Formular in Textform, das dem Muster der Anlage 2 zur BGB-InfoV in der vom 08.12.2004 bis 31.03.2008 geltenden Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht.
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Daher genügte die Widerrufsbelehrung nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. den gesetzlichen Anforderungen, insbesondere des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F., sog. Schutzwirkung (BGH, Urteil v. 01.03.2012, Az. III ZR 83/11, Rz. 17; Urteil v. 28.06.2011, Az. XI ZR 349/10, Rz. 37; Urteil v. 01.12.2010, Az. VIII ZR 82/10, Rz. 15; Urteil v. 12.04.2007, Az. VII ZR 122/06, Rz. 12).
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Dabei war nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. unschädlich, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten in Format und Schriftgröße von dem Muster abwich und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbrachte.
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Die Widerrufsinformation ist auch hervorgehoben und deutlich gestaltet. Sie ist insgesamt vom übrigen Text abgesetzt durch Abdruck auf zwei eigenen Seiten des Darlehensvertrags sowie mit der in größeren Lettern und in Fettdruck gehaltenen Überschrift „Widerrufsbelehrung“ und weiteren – ebenso fettgedruckten – Zwischenüberschriften „Widerrufsrecht“, „Widerrufsfolgen“ und „Finanzierte Geschäfte“ versehen. Die Informationen zum Widerrufsrecht sind übersichtlich in Absätze gegliedert.
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Vom Kläger wird auch nur völlig pauschal postuliert, die Widerrufsbelehrung sei ihm nicht in einer hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form mitgeteilt worden, ohne dies auch nur im Ansatz substantiiert aufzuzeigen.
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bb) Der Kläger konnte auch nicht nachweisen, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten gemäß § 355 Abs. 3 S. 3 Alt. 2 BGB a.F. ihre Mitteilungspflichten nach § 312 c Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. nicht ordnungsgemäß erfüllte.
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aaa) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass dem Verbraucher – hier dem Kläger – dafür die Beweislast obliegt (im Ergebnis ebenso OLG Düsseldorf, Urteil v. 04.08.2022, Az. I-7 U 118/21 [Anlage B 5]; wohl auch OLG Hamm, Urteil v. 11.06.2018, Az. I-5 U 4/17, juris Rz. 115; a.A. LG München I, Urteil v. 12.09.2019, Az. 35 O 2764/19, BeckRS 2019, 54296, Rz. 63, allerdings begründungslos).
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Zunächst ist vom allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz auszugehen, dass derjenige, der aus einer ihm günstigen Norm Rechte herleitet, deren tatsächliche Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen hat (BGH, Urteil v. 10.03.2010, Az. IV ZR 264/08, Rz. 12; Urteil v. 28.09.2005, Az. VIII ZR 372/04, juris Rz. 10; Urteil v. 18.05.2005, Az. VIII ZR 368/03, juris Rz. 18; Urteil v. 11.12.1991, Az. VIII ZR 31/91, juris Rz. 39; Urteil v. 14.01.1991, Az. II ZR 190/89, juris Rz. 16). Vorliegend bedeutet dies, dass ein Verbraucher, der sich auf § 355 Abs. 3 S. 3 Alt. 2 BGB a.F. beruft, die Beweislast für die ihm günstigen Voraussetzungen dieser Vorschrift – mithin die nicht ordnungsgemäße Erfüllung der Mitteilungspflichten gemäß § 312 c Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. durch den Unternehmer und in der Folge das Nichterlöschen des Widerrufsrechts des Verbrauchers spätestens nach sechs Monaten – trägt.
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Dieses Ergebnis wird getragen von der Binnensystematik der Norm. § 355 Abs. 3 BGB a.F. ist ersichtlich nach dem Regel-Ausnahme-Verhältnis aufgebaut. Regelmäßig bestimmt § 355 Abs. 3 S. 1 BGB a.F., dass das Widerrufsrecht spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss erlischt. Abweichend von diesem Grundsatz und nur unter den dort bestimmten besonderen Voraussetzungen normiert § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. zwei Ausnahmefälle. Da das Gesetz das Erlöschen des Widerrufsrechts nach sechs Monaten als Normalfall und dessen Weiterbestehen als Ausnahmetatbestand ansieht, trifft die Beweislast denjenigen, der sich auf dessen Weiterbestehen beruft (vgl. dazu in anderem Zusammenhang bspw. auch EuGH, Urteil v. 19.06.2014, Az. C-217/13, Rz. 69 [ECLI:EU:C:2014:2012]; BGH, Urteil v. 20.11.2013, Az. XII ZR 19/11, Rz. 24; ArbG Stuttgart, Urteil v. 13.12.2012, Az. 24 Ca 5430/12, juris Rz. 48; VG Greifswald, Beschluss v. 23.10.2008, Az. 3 B 1161/08, juris Rz. 28; VG Aachen, Urteil v. 02.10.2007, Az. 2 K 316/06, juris Rz. 33).
49
Die steht im Einklang mit dem Telos von § 355 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. Grundsätzlich neu gefasst wurde diese Vorschrift durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138). Im Gesetzesentwurf aus der Mitte des Bundestages vom 14.05.2001 (BT-Drs. 14/6040, S. 198) ist ausgeführt, die Erlöschensfrist des § 355 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. sei für den Rechtsfrieden erforderlich, da ansonsten das Widerrufsrecht des Verbrauchers unbegrenzt bestehen bliebe, der Unternehmer müsse dann noch Jahre nach Vertragsschluss mit einem Widerruf des Verbrauchers rechnen, was nicht hinnehmbar sei. Die Frist schaffe einen angemessenen Ausgleich der Interessen des Verbrauchers und des Unternehmers und führe zu sachgerechten Ergebnissen. Dies zeigt deutlich den Willen jedenfalls der Entwurfsverfasser, den Anwendungsbereich der Erlöschensfrist des § 355 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. möglichst weitgehend zu verstehen, was sich nach Auffassung des Senats auch auf der Ebene der Beweislastverteilung niederzuschlagen hat.
50
Auch ein Blick in die in die Entstehungshistorie von § 355 Abs. 3 S. 3. Alt. 2 BGB a.F. untermauert das Vorstehende. Eingeführt wurde § 355 Abs. 3 S. 3. Alt. 2 BGB a.F. durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 02.12.2004 (BGBl. I S. 3102). Im Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 31.01.2004 (BR-Drs. 84/04, S. 44 f.) werden die damals schon existente Regelung gemäß § 355 Abs. 3 S. 3 Alt. 1 BGB a.F. als „Ausnahme“ und der in § 355 Abs. 3 S. 3. Alt. 2 BGB a.F. damals neu angefügte Halbsatz als „zusätzliche Ausnahme von der 6-Monats-Frist“ des § 355 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. bezeichnet.
51
Die Auffassung des Senats ist vereinbar mit Gemeinschaftsrecht. Das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen diente der Umsetzung der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.09.2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. EG Nr. L 271 S. 16; im Folgenden: FernAbsFinDL-RL). Art. 15 Abs. 1 FernAbsFinDL-RL überließ den Mitgliedsstaaten die Entscheidung, ob sie die Beweislast für die Erfüllung der Verpflichtungen des Anbieters zur Unterrichtung des Verbrauchers dem Anbieter auferlegen wollten oder nicht.
52
Zudem gestützt wird die gefundene Beweislastverteilung durch eine vergleichende Betrachtung mit § 355 Abs. 2 BGB a.F., in welcher der Beginn des Laufes der Widerrufsfrist geregelt ist. Hier bestimmt § 355 Abs. 2 S. 4 BGB a.F., dass, sollte der Fristbeginn streitig sein, die Beweislast den Unternehmer trifft. Eine vergleichbare Regelung enthält § 355 Abs. 3 BGB a.F., der eine absolute sechsmonatige Erlöschensfrist ab Vertragsschluss normiert, gerade nicht. Dies zeigt nach Ansicht des Senats deutlich, dass der Gesetzgeber zwar für die Frage des Fristbeginns nach § 355 Abs. 2 BGB a.F. eine ausdrückliche Beweislastregelung treffen, es bei der Beurteilung des Erlöschens des Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 3 BGB a.F. indessen bei den oben dargestellten allgemeinen Beweislastgrundsätzen belassen wollte.
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Diesen Schluss bestätigt ebenfalls ein Blick in die Gesetzgebungsgeschichte. So erwähnt der Gesetzesentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 14.05.2001 (BT-Drs. 14/6040, S. 198), dass § 355 Abs. 1, 2 BGB a.F. dem vorherigen § 361 a Abs. 1 BGB in der vom 30.06.2000 bis 31.12.2001 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) entspreche; dessen S. 3 bis 6 bildeten nun den Abs. 2 von § 355 BGB a.F. Nun war aber bereits in § 361 a Abs. 1 S. 6 BGB a.F. bestimmt, dass im Falle eines strittigen Beginns der Widerrufsfrist den Unternehmer die Beweislast trifft. Dies wurde unverändert in § 355 Abs. 2 S. 4 BGB a.F. übernommen, ohne die Gelegenheit der Neufassung des Widerrufsrechts zu nutzen, in § 355 Abs. 3 BGB a.F. eine parallele Regelung für die dortige Höchstfrist und deren Ausnahmen zu schaffen. Damit ist eine § 355 Abs. 2 S. 4 BGB a.F. entsprechende Beweislastverteilung im Rahmen von § 355 Abs. 3 BGB a.F. erkennbar nicht vom Willen des Gesetzgebers umfasst.
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bbb) Allerdings ist hier nach Auffassung des Senats gemäß § 138 Abs. 2 BGB eine abgestufte Darlegungs- und Beweislastverteilung gegeben.
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a) Jedenfalls die vom Kläger behauptete – vollständige – Nichterfüllung der Mitteilungspflichten nach § 312 c Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. durch die Beklagte ist eine sog. negative Tatsache, dass sich etwas nicht ereignet habe.
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Zur Vermeidung einer unbilligen Belastung der beweispflichtigen Partei beim Vortrag von negativen Tatbestandsmerkmalen begegnet die Rechtsprechung damit, dass sie dem Prozessgegner der für eine negative Tatsache beweisbelasteten Partei eine sekundäre Darlegungslast auferlegt, deren Umfang sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet (BGH, Beschluss v. 20.06.2017, Az. VI ZR 505/16, Rz. 4) und im Rahmen derer es ihm auch obliegt, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen (BGH, Urteil v. 30.07.2020, Az. VI ZR 367/19, Rz. 16). Die sekundäre Darlegungslast führt jedoch weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1, 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Prozessgegners, der beweisbelasteten Partei alle für ihren Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (BGH, Urteil v. 08.01.2014, Az. I ZR 169/12, Rz. 18). Indes müssen die Darlegungen des Prozessgegners so konkret sein, dass der beweisbelasteten Partei eine Widerlegung möglich ist (BGH, Urteil v. 29.11.2016, Az. X ZR 122/14, Rz. 33; Urteil v. 24.03.2010, Az. XII ZR 175/08, Rz. 20).
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Genügt er seiner sekundären Darlegungslast nicht, gilt die Behauptung der beweispflichtigen Partei nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (BGH, Urteil v. 25.05.2020, Az. VI ZR 252/19, Rz. 37; Urteil v. 18.01.2018, Az. I ZR 150/15, Rz. 30).
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β) Dies bedeutet im Rahmen von § 355 Abs. 3 S. 3 Alt. 2 BGB a.F., dass zunächst die Behauptung des Verbrauchers ausreicht, dass Unternehmer seinen Mitteilungspflichten nach § 312 c Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. nicht nachgekommen sei. Der Unternehmer genügt dann seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er hinreichend bestimmt vorträgt, ob, wann, in welcher Form und mit welchem genauen Inhalt er dem Verbraucher informiert haben will. Der Verbraucher hat dann den Vollbeweis für die Unrichtigkeit dieses Vortrags zu erbringen, § 286 ZPO.
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ccc) Der Kläger hat den entsprechenden Beweis der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung der Mitteilungspflichten nach § 312 c Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. durch die Beklagte nicht geführt.
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α) Nach Darstellung des Klägers habe ihm der Zeuge G. M. ihn am 13.04.2007 als Vermittler/Berater im Auftrag der L. GmbH den Darlehensantrag ohne die vorvertraglichen Informationen vorgelegt. Merkblätter seien ihm vom Zeugen G. M. überhaupt nicht ausgehändigt worden.
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β) Die Beklagte ist insoweit ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen.
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Die Beklagte hat substantiiert vorgetragen, dass dem Kläger mit Schreiben vom 11.04.2007 (Anlage B 2) von ihrer Rechtsvorgängerin neben zwei Ausfertigungen des Darlehensvertrags die Dokumente „EUROPÄISCHES STANDARDISIERTES MERKBLATT“ und „Merkblatt zum Baufinanzierungsdarlehen für Verbraucher“ mit dem aus Anlage B 3 und B4 ersichtlichen Inhalt übersandt worden seien. Darin seien sämtliche, gesetzlich vorgeschriebenen Informationen enthalten gewesen. Anschreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten, mit dem Ausfertigungen von Darlehensvertragsurkunden übersandt worden seien, seien stets diese beiden Dokumente beigefügt gewesen. Der Versand der Unterlagen sei nur an die Darlehensnehmer selbst erfolgt, nicht an Dritte, z.B. Vermittler. Gegenbeweislich bietet sie hierfür den Zeugen T. W. an.
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γ) Den ihm obliegenden Beweis der Unrichtigkeit der Darstellung der Beklagten vermochte der Kläger nicht zur führen.
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Als einziges Beweismittel benannte er den Zeugen G. M.. Dieser konnte vom Senat unter der vom Kläger angegebenen Anschrift nicht geladen werden (s. zu Bl. 35 d. OLG-eAkte).
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Damit stand dann der Aufnahme des Beweises zunächst ein behebbares Hindernisses entgegen, so dass der Senat mittels Beschluss vom 04.03.2024 (Bl. 42 f. d. OLG-eAkte) nach § 356 ZPO dem Kläger eine Frist zur Beibringung der ladungsfähigen Anschrift bestimmte (vgl. BGH, Urteil v. 05.11.1973, Az. II ZR 165/72, juris Rz. 6). Mit Schriftsatz vom 13.03.2024 (Bl. 46 d. OLG-eAkte) teilte der Klägervertreter mit, dass eine ladungsfähige Anschrift des Zeugen G. M. nicht zu ermitteln gewesen sei. Damit war der Senat berechtigt, endgültig von einer Beweiserhebung abzusehen (s. BGH, Urteil v. 31.03.1993, Az. VIII ZR 91/92, juris Rz. 17). Infolgedessen blieb der Kläger beweisfällig.
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2. Falls man annehmen wollte, dass der Darlehensvertrag hier keinen Fernabsatzvertrag i.S.v. § 312 b Abs. 1 S. 1 BGB a.F. darstellt, so war das dem Kläger deshalb grundsätzlich zustehende Widerrufsrecht nach § 312 d Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 355 BGB a.F. im Zeitpunkt der klägerischen Widerrufserklärung vom 02.07.2020 ebenfalls erloschen.
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Der Rechtsvorgängerin der Beklagten hätten dann keine Mitteilungspflichten gemäß § 312 c Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. oblegen, so dass dann ausschließlich § 355 Abs. 3 S. 3 Alt. 1 BGB a.F. einschlägig wäre.
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Abgesehen davon, dass – wie oben aufgezeigt – der Kläger über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt wurde, wäre ein klägerisches Widerrufsrecht nach Art. 229 § 38 Abs. 3 S. 1 EGBGB spätestens mit Ablauf des 21.06.2016 (OLG Dresden, Urteil v. 30.06.2017, Az. 5 U 1681/16, BeckRS 2017, 141556, Rz. 14 f.) erloschen (zur Grund- und Unionsrechtskonformität dieser Norm s. ausführl. OLG Frankfurt a.M., Beschluss v. 10.01.2019, Az. 17 U 262/18, juris Rz. 59 ff.). Nach dieser Vorschrift erlischt bei Immobiliardarlehensverträgen gemäß § 492 Abs. 1a S. 2 BGB in der vom 01.08.2002 bis 10.06.2010 geltenden Fassung, die zwischen dem 01.09.2002 und dem 10.06.2010 geschlossen wurden, was vorliegend zutrifft, ein fortbestehendes Widerrufsrecht spätestens drei Monate nach dem 21.03.2016, wenn das Fortbestehen des Widerrufsrechts darauf beruht, dass die dem Verbraucher erteilte Widerrufsbelehrung den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Anforderungen des BGB nicht entsprochen hat. Die Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts sind nicht ersichtlich und nicht von Klägerseite vorgetragen, Art. 229 § 38 Abs. 3 S. 2 EGBGB.
III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 S. 1, 2, § 711 S. 1, 2 i.V.m. § 709 S. 2 ZPO.
IV.
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1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO).
71
Es handelt sich bei dem hier anwendbaren § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. um auslaufendes Recht. § 355 Abs. 3 BGB wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20.09.2013 (BGBl. I S. 3642) mit Wirkung zum 13.06.2014 grundlegend umgestaltet. Seitdem sieht § 355 Abs. 3 BGB keine absolute Höchstfrist für das Widerrufsrecht mehr vor, sondern regelt stattdessen Einzelheiten der Rückgewähr der Leistungen. Rechtsfragen zur Höchstfrist, den Ausnahmen hierzu und der diesbezüglichen Darlegungs- und Beweislastverteilung stellen sich unter der ab dann geltenden Rechtslage nicht mehr.
72
Mithin hätte der Kläger zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit oder der über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieses „Altfalles“ hinreichend aufzeigen müssen, dass eine höchstrichterliche Entscheidung gleichwohl für die Zukunft richtungsweisend sein kann, weil entweder noch über eine erhebliche Anzahl von Fällen nach altem Recht zu entscheiden oder die Frage für das neue Recht weiterhin von Bedeutung ist (BGH, Beschluss v. 25.09.2019, Az. VIII ZR 167/18, juris Rz. 10; Beschluss v. 27.03.2003, Az. V ZR 291/02, juris Rz. 7; BVerwG, Beschluss v. 20.12.1995, Az. 6 B 35/95, juris Rz. 7; BFH, Beschluss v. 04.10.1996, Az. VIII B 12/96, juris Rz. 5 f.). Dies ist in keiner Weise erfolgt.
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2. Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO).
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Es liegt hier keine zulassungsrelevante Divergenz vor.
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Voraussetzung dafür wäre, dass das Urteil des Senats von der Entscheidung eines höherrangigen Gerichts, von einer gleichrangigen Entscheidung eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts oder von der Entscheidung eines anderen gleichgeordneten Gerichts abweicht (BGH, Beschluss v. 30.10.2023, Az. VIa ZR 278/22; Beschluss v. 27.03.2003, Az. V ZR 291/02, juris Rz. 11; Beschluss v. 29.05.2002, Az. V ZB 11/02, juris Rz. 8).
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Jedenfalls im Ergebnis beurteilt der Senat die hier im Kern in Streit stehende Rechtsfrage der Darlegungs- und Beweislastverteilung i.R.v. § 355 Abs. 3 S. 3 Alt. 2 BGB a.F. in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf und wohl auch des OLG Hamm. Anderslautende obergerichtliche Rechtsprechung ist nicht veröffentlicht oder sonst ermittelbar. Die abweichende Entscheidung des LG München I ändert daran nichts, auch weil sie völlig begründunglos eine andere Beweislastverteilung postuliert, was keinen zulassungsrelevanten Meinungsstreit zu begründen geeignet ist.
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Im Übrigen liegen den Ausführungen es Senats die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Leitlinien zugrunde.