Titel:
Verpflichtungsklage Vorbescheid für Einfamilienhaus mit Garage, Bauvorlagen unvollständig mangels ordnungsgemäßen Auszugs aus dem Katasterwerk und ordnungsgemäßer Bezeichnung des Baugrundstücks, Abgrenzung Innen-/Außenbereich, Sonstiges Vorhaben im Außenbereich
Normenketten:
BayBO Art. 64 Abs. 2 S. 1
BauVorlV § 3 Nr. 1
BauVorlV § 7 Abs. 1 Satz 1
BauVorlV § 7 Abs. 1 Satz 2
BauGB § 34 Abs. 1 Satz 1
BauGB § 35 Abs. 2
BauGB § 35 Abs. 3 Satz 1
Schlagworte:
Verpflichtungsklage Vorbescheid für Einfamilienhaus mit Garage, Bauvorlagen unvollständig mangels ordnungsgemäßen Auszugs aus dem Katasterwerk und ordnungsgemäßer Bezeichnung des Baugrundstücks, Abgrenzung Innen-/Außenbereich, Sonstiges Vorhaben im Außenbereich
Fundstelle:
BeckRS 2024, 8610
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Kläger begehren die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung eines Vorbescheids für den Neubau eines Einfamilienhauses mit Garage unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids des Beklagten vom 14. Oktober 2021.
2
Mit Antrag vom 15. Mai 2021 beantragten die Kläger die Erteilung eines Vorbescheids für den Neubau eines Einfamilienhauses mit Garage auf dem Grundstück Fl.-Nr. … der Gemarkung … (i.F. Vorhabengrundstück). Dabei wurde folgende Vorbescheidsfrage gestellt, vgl. Behördenakte – BA – Bl. 22:
3
„Ist das Vorhaben auf dem Grundstück insbesondere nach § 34 BauGB (Innenbereich) bauplanungsrechtlich zulässig? Dabei soll die Frage der gesicherten Erschließung in diesem Verfahren unberücksichtigt und dem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten bleiben.“
4
Die Beigeladene verweigerte das gemeindliche Einvernehmen (Beschluss in der Sitzung des Gemeinderates vom 14.6.2021). Der Beklagte teilte den Klägern unter dem 21. Juli 2021 mit, dass von Außenbereich ausgegangen werde. Ein durch die Bevollmächtigte der Kläger angeregter Ortstermin wurde abgelehnt, weil ein solcher bereits im Vorbescheidsverfahren des Sohnes der Kläger durchgeführt worden sei und sich nichts geändert habe.
5
Der angesprochene Vorbescheidsantrag des Sohnes der Kläger aus dem Jahr 2020 betraf denselben Vorhabenstandort und wurde nach einem entsprechenden Hinweis des Landratsamtes zurückgenommen. Wiederum bereits vor diesem Antrag auf Vorbescheid gab es umfangreiche Verhandlungen insbesondere zwischen den Klägern und der Beigeladenen bezüglich eines Baurechts für die Familie. Diese mündeten im Jahre 2016 in eine Einbeziehungssatzung, mit der im nordwestlichen Teil des Grundstücks Fl.-Nr. …, Gemarkung …, zu dem damals auch die noch nicht herausgeteilte Fläche des heutigen Vorhabengrundstücks gehörte, die Möglichkeit der Bebauung mit einem Einfamilienhaus geschaffen werden sollte. In der Folge wurde das heute dort befindliche Einfamilienhaus genehmigt und auch errichtet. Die genannte Satzung erstreckt sich nicht auf den nunmehrigen Vorhabenstandort.
6
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 14. Oktober 2021 lehnte der Beklagte den Vorbescheidsantrag der Kläger vom 15. Mai 2021 ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Baugrundstück befinde sich im Außenbereich. Insbesondere liege auch keine Baulücke vor. Es könne kein Bebauungszusammenhang zu der bestehenden Bebauung festgestellt werden. Insbesondere sei auf der gesamten Ostseite bis zur Bundesstraße … keine Bebauung vorhanden. Dort seien vor allem die Grundstücke Fl.-Nrn. … (Teilfläche), … und …, Gemarkung …, nicht bebaut, sodass eine Ausdehnung von zwei bis drei benachbarten Baugrundstücken ohne Bebauung vorhanden sei und somit keine Baulücke gem. der „Faustformel“ des Bundesverwaltungsgerichts vorliege. Zudem sei die Westseite einseitig offen und rage frei in den Außenbereich. Es handele sich bei dem Baugrundstück um einen Außenbereich im Innenbereich. Eine Privilegierung des Vorhabens im Außenbereich sei nicht ersichtlich. Es liege ein Widerspruch zum Flächennutzungsplan vor, der für diesen Bereich teilweise Landwirtschaft vorsehe. Weiterhin stelle das Vorhaben einen möglichen Bezugsfall dar, sodass die Entstehung einer Splittersiedlung zu befürchten sei. Darüber hinaus sei das Grundstück nicht erschlossen. Die erforderliche Dienstbarkeit für das Grundstück Fl.-Nr. …, Gemarkung …, liege nicht vor. Bei der Frage der Bebaubarkeit könne diese Frage auch nicht ausgenommen werden, da sie Grundvoraussetzung für Bebaubarkeit sowohl im Innen- als auch im Außenbereich sei. Die Bauvoranfrage sei daher alleine wegen der fehlenden Erschließung bereits abzulehnen gewesen. Daneben habe die Beigeladene das gemeindliche Einvernehmen nicht erteilt. Weiterhin stelle sich das Vorhaben wegen der Nähe zur Bundestraße … immissionsschutzrechtlich als problematisch dar. Es sei ein schalltechnisches Gutachten erforderlich. Im Übrigen wird auf den Bescheid Bezug genommen.
7
Hiergegen ließen die Kläger durch ihre Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 24. November 2021, bei Gericht eingegangen am selben Tag, Klage erheben und beantragen,
8
Der Beklagte wird verpflichtet, unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamtes E. vom 14.10.2021 zum Aktenzeichen … … den Klägern den beantragten Vorbescheid zu erteilen.
9
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Kläger hätten einen Anspruch auf Erteilung des Vorbescheids, da das Vorhaben im Innenbereich liege und vorbehaltlich Erschließung bauplanungsrechtlich zulässig sei. Bei dem Vorhabengrundstück handele es sich um eine Baulücke und nicht um eine Außenbereichsinsel. Der Bebauungszusammenhang sei vorliegend gerade nicht unterbrochen, sondern könne als Fortsetzung der vorhandenen Bebauung gesehen werden. Dies sei nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Bewertung des Einzelfalls zu entscheiden. Die Umgebungsbebauung entspreche einer aufgelockerten Bauweise und die Nord-Süd-Entfernung der bestehenden Bebauung betrage ca. 75 m (zwischen Anwesen … Weg 2a und …-Weg 3), in West-Ost-Richtung ca. 85 m (zwischen Anwesen … Weg 4 und Fl.-Nr. …, Gemarkung …). Die gegenständliche Bebauung schließe sich direkt an die Bebauung … Weg 2a an. Somit sei es bereits tatsächlich falsch, wenn der Bescheid ausführe, die Westseite sei einseitig offen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs werde als Faustregel eine Baulücke angemonnen, wenn die unbebaute Fläche etwa die Ausdehnung von zwei bis drei der benachbarten Bebauungsstruktur entsprechenden Baugrundstücke habe. Die unbebaute Fläche sei hier gerade nicht größer als zwei bis maximal drei entsprechende Baugrundstücke. Es bestehe eine räumliche Verklammerung, die eine künftige Bebauung nahelege. Im Übrigen weise die Stichstraße deutlich aus, dass eine Bebauung nicht ungewollt sei. Des Weiteren werde das gegenständliche Grundstück in südlicher Richtung optisch durch Bäume abgegrenzt. Auch an der Ostseite des unbebauten Bereichs sei die Fläche optisch durch einen nicht mehr nur lockeren Bewuchs sichtbar abgegrenzt. Im vorliegenden Gebiet erscheine das Gesamtbild der Bebauung harmonisch, was indiziell für eine Baulücke im Innenbereich spreche. Das zu bebauende Grundstück sei im Übrigen im Vergleich zu den umliegenden Grundstücken nur halb so breit und lasse die Bebauung des Ortsteils insgesamt nicht regellos wirken, sondern biete sich als verbindendes Grundstück zwischen der vorhandenen Bebauung an. Bei einem Abstand von 75 m könne rein denklogisch nicht von einer Unterbrechung des Zusammenhangs gesprochen werden. Bei einer aufgelockerten Bauweise sei bereits eine bebaubare Baulücke bei einem Abstand von 90 m angenommen worden (VGH Mannheim, U.v. 8.7.1986, 8 S 2815/85). Nicht mehr von einer Baulücke gesprochen werden könne bei einem Abstand von 120 m (VGH Mannheim a.a.O.) oder einer unbebauten Fläche von 20.000 m² (BVerwG, U.v. 1.12.72, IV C 6.71). Zwar könnten diese Angaben nur grobe Anhaltspunkte bilden. Jedoch seien die Anforderungen an eine Außenbereichsinsel hier bei Weitem nicht erfüllt. Das Vorhabengrundstück sei Teil des Flächennutzungsplangebiets. Die Ausführung im Bescheid, es sei teilweise landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen, sei irreführend. Die Frage der gesicherten Erschließung könne aus dem Vorbescheidsverfahren ausgenommen werden. Im Übrigen sei der Stellungnahme der Gemeinde zu entnehmen, dass die Erschließung gesichert sei. Auch Fragen hinsichtlich immissionsschutzrechtlicher Prüfungen seien im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen. Im Übrigen wird auf den Schriftsatz Bezug genommen.
10
Die Beigeladene nahm mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2021 Stellung, stellte jedoch keinen Antrag. Im Wesentlichen wurde die Historie der Bauvorhaben der Familie der Kläger in dem betroffenen Bereich ausgeführt und insbesondere betont, dass nur ein Baurecht für ein Einfamilienhaus mit genau festgesetztem Hausumriss eingeräumt werden sollte, da die Problematik Lärmschutz, Oberflächenwasser, hoher Grundwasserstand, etc. bestanden habe. Dies sei mit der Satzung erfolgt. Die Gemeinde gehe für das nun gegenständliche Vorhaben von einer Außenbereichsfläche aus. Im Übrigen wird auf den Schriftsatz Bezug genommen.
11
Der Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2021
13
und führt zur Begründung im Wesentlichen ähnliches aus wie in der Begründung des Bescheids. Zudem wird betont, dass auch ein Außenbereichsfinger (an drei Seiten umschlossen) ein Außenbereich sein kann. Das Grundstück befinde sich lediglich teilweise im Flächennutzungsplan der Beigeladenen. Der östliche Teil liege außerhalb, sodass ein Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans bestehe. Im Übrigen wird auf den Schriftsatz Bezug genommen.
14
Das Gericht hat am 6. März 2024 Beweis erhoben über die örtlichen und baulichen Verhältnisse durch Einnahme eines Augenscheins. Wegen der bei dem Augenschein getroffenen Feststellungen wird auf das Protokoll Bezug genommen.
15
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 6. März 2024, die Gerichtsakte sowie auf die vorgelegten Behördenakten samt eingereichter Bauvorlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
16
Die Klage hat keinen Erfolg, da sie zwar zulässig, aber unbegründet ist. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Erteilung des Vorbescheides gemäß Antrag vom 15. Mai 2021, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 14. Oktober 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
17
Es besteht vorliegend schon deshalb kein Anspruch auf die Erteilung des begehrten Vorbescheids, da es mangels ordnungsgemäßer Bauvorlagen an einem hierfür erforderlichen ordnungsgemäßen Vorbescheidsantrag nach Art. 71 Satz 4 i.V.m. Art. 64 BayBO fehlt (I.). Unabhängig davon besteht auch deshalb kein Anspruch auf die Erteilung des begehrten Vorbescheids, da dem streitgegenständlichen Bauvorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen, die im Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 71 Satz 4 i.V.m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1, Art. 59 Satz 1 BayBO). Denn die vorliegend gestellte Vorbescheidsfrage ist schon deshalb negativ zu beantworten, da das Vorhaben an dem gewählten Standort bauplanungsrechtlich unzulässig ist, weil es als im Außenbereich befindliches Vorhaben (II.) nicht privilegiert ist und seine Ausführung öffentliche Belange beeinträchtigt, § 35 Abs. 2 BauGB (III.) Auf die Erschließungssituation und die Frage, ob diese hier – ausnahmsweise – nicht von der Vorbescheidsfrage ausgeschlossen werden kann, kommt es daher nicht mehr an.
18
I. Ein Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheids scheitert hier schon an einem ordnungsgemäßen Vorbescheidsantrag. Ein solcher ist nach Art. 71 Satz 4 i.V.m. Art. 64 BayBO Voraussetzung für die Erteilung eines Vorbescheids und damit erst recht für die gerichtliche Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des Vorbescheids. Entspricht ein Vorbescheidsantrag nicht den Anforderungen der Bayerischen Bauordnung – konkretisiert durch die Regelungen der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen (Bauvorlagenverordnung – BauVorlV) –, ist er aus gerichtlicher Perspektive nicht verpflichtungsfähig. Vorliegend fehlt es an einem ordnungsgemäßen Auszug aus dem Katasterwerk (Ausschnitt aus der Flurkarte) und Lageplan sowie an der ordnungsgemäßen Kennzeichnung des Baugrundstücks.
19
1. Nach Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO sind mit dem Bauantrag „alle für die Beurteilung des Bauvorhabens erforderlichen Unterlagen“ einzureichen. Entsprechendes gilt nach Art. 71 Satz 4 BayBO für den Vorbescheidsantrag. Die Einzelheiten, welche Bauvorlagen beizufügen sind, ergeben sich aus der Bauvorlagenverordnung. Mängel der Bauvorlagen gehen zu Lasten des Bauherrn (st. Rspr., vgl. nur BayVGH, U.v. 26.9.2002 – 26 ZB 99.1925 – juris Rn. 14). Nach § 3 Nr. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 BauVorlV ist ein Auszug aus dem Katasterwerk (Ausschnitt aus der Flurkarte) vorzulegen, auf dem das Baugrundstück und die benachbarten Grundstücke im Umkreis von mindestens 50 m dargestellt sind. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 BauVorlV ist zudem auf dem vorzulegenden Auszug aus dem Katasterwerk das Baugrundstück zu kennzeichnen. Beide Regelungen sind hier nach § 5 BauVorlV auch im Rahmen des Antrags auf Vorbescheid anzuwenden, da der Auszug aus dem Katasterwerk und die Bezeichnung des Baugrundstücks auch und gerade für die hier in Frage stehende Beurteilung der Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich von entscheidender Bedeutung sind. Denn hieraus ergeben sich die geographische Lage des beabsichtigten Vorhabenstandorts und der umliegenden Bebauung.
20
2. Vorliegend haben die Bauherren zwar einen Auszug aus dem Liegenschaftskataster vorgelegt (s. BA Bl. 25). Allerdings enthält dieser weder die Angabe der Flurnummer des Baugrundstücks noch des westlich angrenzenden Nachbargrundstücks. Damit liegt kein Auszug aus dem Katasterwerk vor, auf dem das Baugrundstück und die benachbarten Grundstücke im Umkreis von mindestens 50 m dargestellt sind. Ein Auszug aus dem Katasterwerk (Ausschnitt aus der Flurkarte) setzt die Angabe der Flurnummern der dargestellten Grundstücke voraus, da dies gerade einen Katasterauszug bzw. eine Flurkarte ausmacht. Die Notwendigkeit der Angabe der Flurnummern folgt auch aus dem Telos von § 3 Nr. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 BauVorlV. Sinn und Zweck des Erfordernisses eines Katasterauszuges als Teil der Bauvorlagen ist, dass das Baugrundstück und die umliegenden Grundstücke ohne Weiteres auf einen Blick zweifelsfrei identifiziert werden können (beispielsweise, um anschließend weitere Informationen – etwa aus dem Grundbuch z.B. für die Nachbarbeteiligung – einholen zu können). Dem ist nicht mehr Genüge getan, wenn die Grundstücke zwar graphisch dargestellt, aber nicht mehr katastermäßig, also unter Angabe der Flurnummern, bezeichnet sind.
21
Ebenfalls ist vorliegend mangels Angabe der Flurnummer des Baugrundstücks dieses nicht gekennzeichnet i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 2 BauVorlV, da eine Kennzeichnung eines Grundstücks notwendigerweise dessen Bezeichnung voraussetzt. Eine bloß räumliche Kennzeichnung reicht nicht. Wie dargestellt geht es bei dem Erfordernis des Auszugs aus dem Katasterwerk (Ausschnitt aus der Flurkarte) gerade darum, mit einem Blick sowohl das Erfassen der Lage der Grundstücke zueinander als auch deren eindeutige Identifizierung zu ermöglichen. Es kommt gerade nicht darauf an, dass sich die Behörde als erste Adressatin der Bauvorlagen diese Informationen auch anderweitig (etwa aus einem Geoinformationssystem) beschaffen könnte. Deshalb reicht auch die – hier ordnungsgemäß erfolgte – Bezeichnung des Baugrundstücks auf dem einheitlichen Antragsvordruck (dort unter Nr. 3.), der nach § 1 Abs. 3 BauVorlV infolge der entsprechenden amtlichen Bekanntmachung zu verwenden ist und damit ebenfalls den notwendigen Inhalt eines Bau- bzw. Vorbescheidsantrags näher konkretisiert (vgl. näher hierzu Gaßner/Reuber in Busse/Kraus, BayBO, 151. EL August 2023, Art. 64 Rn. 29 und 32), nicht aus, da es insoweit an der Möglichkeit des schnellen räumlichen Überblicks fehlt. Die Bauvorlagen dienen gerade in Form des Erfordernisses eines Katasterauszugs der umfassenden und ohne weitere Schritte zugänglichen Information des Betrachters über wesentliche Elemente des Bauvorhabens. Dies wird flankiert durch die Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 2 BauVorlV, der vorsieht, dass ein Lageplan auf Grundlage eines Katasterauszugs zu erstellen ist. Hintergrund ist hier, dass das Bauvorhaben in Bezug gesetzt werden soll zu den Informationen aus dem Katasterauszug bezüglich der bestehenden Bebauung und der Lage der Grundstücke. Der Verordnungsgeber zielt mit den Regelungen der Bauvorlagenverordnung insgesamt auf eine möglichst umfassende und konzentrierte Information des Adressaten der Bauvorlagen über das Bauvorhaben und zwar unabhängig davon, ob und ggf. mit welchem zusätzlichen Aufwand sich dieser die zusätzlichen Informationen auf anderem Wege beschaffen könnte. Weiterhin sind Adressaten der Bauvorlagen nicht nur die Behörde, sondern bezüglich mancher Teile der Bauvorlagen auch die Nachbarn. Dies betrifft insbesondere den Lageplan auf Grundlage des Katasterauszugs, Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BayBO. Nachbarn sind typischerweise nicht in der Lage, sich Informationen wie die hier fehlenden (Angabe der Flurnummern von Bau- und westlichem Nachbargrundstück) ohne Weiteres zu beschaffen. Hinzu kommt schließlich, dass insbesondere der Lageplan regelmäßig von den Bauaufsichtsbehörden gestempelt und in der Baugenehmigung in Bezug genommen wird. Er dient maßgeblich dazu, das Bauvorhaben und seine Lage in der Wirklichkeit hinreichend bestimmt zu umschreiben, was Voraussetzung für eine im Sinne des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG hinreichend bestimmte Baugenehmigung ist. Die Anforderungen der Bauvorlagenverordnung zielen daher auch darauf, eine Grundlage für einen im Rechtssinne hinreichend bestimmten Baugenehmigungsbescheid sicherzustellen. Dem ist nicht Genüge getan, wenn der Lageplan – wie hier – das Baugrundstück und/oder umliegende Grundstücke nicht auch mit entsprechender Flurnummer ausweist.
22
II. Unabhängig davon besteht vorliegend auch deshalb kein Anspruch auf die Erteilung des begehrten Vorbescheids und die positive Beantwortung der Vorbescheidsfrage, da das Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig ist. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich vorliegend nach § 35 BauGB, da es im planungsrechtlichen Außenbereich verwirklicht werden soll. Der Vorhabenstandort liegt nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
23
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängt die Beantwortung der Frage, ob ein Grundstück dem Innen- oder Außenbereich angehört, davon ab, wie weit eine aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche selbst diesem Zusammenhang angehört. Die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich lässt sich dabei nicht nach allgemein gültigen, etwa geographisch-mathematischen Maßstäben treffen, sondern nur aufgrund einer umfassenden Würdigung der örtlichen Gegebenheiten, insbesondere der optisch wahrnehmbaren topographischen Situation und der Umgebungsbebauung (vgl. BVerwG, B.v. 4.7.1990 – 4 B 103.90 – BayVBl 1991, 473).
24
An einem Ortsrand bzw. dort, wo ein Bebauungszusammenhang auf unbebaute Grundstücksflächen trifft, endet der Bebauungszusammenhang – unabhängig vom Verlauf der Grundstücksgrenzen (vgl. BVerwG, U.v. 12.6.1970 – IV C 77.68 – BVerwGE 35, 256) – grundsätzlich am letzten Baukörper, der mit der übrigen Bebauung im Zusammenhang steht (vgl. BVerwG, U.v. 12.10.1973 – IV C 3.72 – juris Rn. 11). Ausnahmsweise können besondere Umstände, etwa topographische Gegebenheiten, dazu führen, dass unbebaute, an die letzte Bebauung anschließende Flächen noch zum Innenbereich zu zählen sind. Bebauung i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist dabei nicht jede beliebige bauliche Anlage. Den Bebauungszusammenhang selbst herstellen oder zu seiner Entwicklung beitragen können nur Bauwerke, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen. Hieraus folgt, dass zur Bebauung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB grundsätzlich nur Bauwerke gehören, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt werden oder in einem weiteren Sinne „Nebenanlagen“ zu einer landwirtschaftlichen, (klein-)gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung sind, sind in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element darstellen (BVerwG, B.v. 5.4.2017 – 4 B 46.16 – juris Rn. 6).
25
Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist einzelfallbezogen zu entscheiden. Darüber, wo die Grenze des Bebauungszusammenhangs verläuft und ob eine sog. Baulücke vorliegt, ist ebenfalls nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts zu befinden (BVerwG, U.v. 19.4.2012 – 4 C 10.11 – juris Rn. 11 m.w.N.; BVerwG, U.v. 2.4.2007- 4 B 7.07 – juris Rn. 4 f.). Denn bei der Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich geht es darum, inwieweit ein Grundstück zur Bebauung ansteht und sich aus dem tatsächlich Vorhandenen ein hinreichend verlässlicher Maßstab für die Zulassung weiterer Bebauung gewinnen lässt. Die (be-)wertende Betrachtung der konkreten tatsächlichen Verhältnisse kann sich angesichts dieser vom Gesetzgeber vorgegebenen Kriterien nur nach optisch wahrnehmbaren Merkmalen richten. Damit ist eine unbebaute Fläche als sog. Baulücke dann Teil des Bebauungszusammenhangs, wenn sie von der angrenzenden zusammenhängenden Bebauung so stark geprägt ist, dass die Errichtung eines Gebäudes auf dieser Fläche als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung erscheint. Soweit eine Prägung durch die benachbarte Bebauung fehlt, handelt es sich um Außenbereich (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BayVGH, U.v. 16.6.2015 – 1 B 14.2772 – juris). Die Annahme eines Bebauungszusammenhangs im Einzelfall ist stets das Ergebnis einer Bewertung des konkreten Sachverhalts (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2023 – 15 ZB 22.2506 – juris; BVerwG, B.v. 08.10.2015 – 4 B 28.15 – juris Rn. 6).
26
2. Daran gemessen befindet sich der Vorhabenstandort, wie er sich aus den in den Akten befindlichen Luftbildern und Lageplänen darstellt und wie es noch eindrücklicher der durchgeführte Augenschein ergeben hat, nicht innerhalb des Bebauungszusammenhangs und insbesondere nicht in einer dem Innenbereich zuzuordnenden Baulücke, sondern im bauplanungsrechtlichen Außenbereich. Denn nach dem Eindruck, den das Gericht im Rahmen des Augenscheins von den örtlichen Gegebenheiten gewinnen konnte, stellt sich die geplante Bebauung nicht als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung dar. Vielmehr endet der Bebauungszusammenhang an den jeweiligen Außenwänden der Bestandsbebauung und ist der Vorhabenstandort maßgeblich von den sich anschließenden und dem Außenbereich zuzuordnenden Freiflächen geprägt.
27
Dies folgt aus einer umfassenden Würdigung der örtlichen Gegebenheiten. Das Gericht greift dabei auf die vorliegenden Unterlagen (etwa die Bauvorlagen), vor allem aber auch den Eindruck der tatsächlichen Situation vor Ort, den das Gericht im Rahmen des Augenscheins gewinnen konnte, zurück. Der Vorhabenstandort ist Teil einer größeren Freifläche, die sich von dem Vorhabenstandort in südlicher Richtung bis zu den nördlichen Gebäudekanten der Bebauung (nur Hauptnutzungen) auf den Grundstücken Fl.-Nr. … … und …, jeweils Gemarkung …, und in westlicher/südwestlicher Richtung bis zu der dortigen Bundesstraße bzw. der …straße erstreckt. Die Freiflächen auf den genannten Grundstücken sind deshalb mit zu berücksichtigen, da diese Grundstücke zwar auch mit Hauptnutzungen bebaut sind, der Bebauungszusammenhang jedoch wie beschrieben unabhängig von dem Verlauf der Grundstückgrenzen am letzten Baukörper, der mit der übrigen Bebauung im Zusammenhang steht, d.h. an dessen letzter Außenwand, endet. Diese Freifläche stellt in einer Gesamtwürdigung der örtlichen Verhältnisse eine sogenannte Außenbereichsinsel dar; der Vorhabenstandort ist durch diese Freifläche geprägt und befindet sich nicht in einer Baulücke im Innenbereich. Denn der Bebauungszusammenhang, der den – unbebauten – Vorhabenstandort teilweise umgibt, prägt nach dem Eindruck, den das Gericht während des Augenscheins vor Ort gewonnen hat, den Vorhabenstandort nicht mehr derart, dass dieser selbst als Teil des Bebauungszusammenhangs in Erscheinung tritt.
28
Mit Blick auf die beschriebene Freifläche und den zur Bebauung vorgesehenen Vorhabenstandort handelt es sich schon deshalb nicht um eine Baulücke, da diese nach dem Ergebnis des gerichtlichen Augenscheins von der angrenzenden zusammenhängenden Bebauung nicht so stark geprägt ist, als dass die Errichtung eines Gebäudes auf dieser Fläche als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung erscheinen würde. Zwar betragen die Abstände zwischen der vorhandenen Bebauung im Bereich des Vorhabenstandorts ausweislich der durch das Gericht angefertigten Auszüge aus dem BayernAtlas nur größenordnungsmäßig 75 m in Nord-Süd- und etwas über 80 m in West-Ost-Richtung (Letzteres unter Berücksichtigung der Bebauung auf dem Grundstück Fl.-Nr. …, Gemarkung …). Allerdings sind – unabhängig davon, ob diese Zahlen abstrakt betrachtet für die Annahme einer Baulücke „genügen“ – für die Frage des Vorliegens einer Baulücke keine geographisch-mathematischen Maßstäbe anzulegen. Vielmehr ist auf Grundlage einer umfassenden Bewertung der konkreten Gegebenheiten zu entscheiden (vgl. BVerwG, U.v. 2.4.2007- 4 B 7.07 – juris Rn. 4 f.). Dies betont auch die seitens der Kläger zitierte Entscheidung des VGH Mannheim (U.v. 8.7.1986 – 8 S 2815/85 – BeckRS 1986, 1619). Dort wird zwar – wie von den Klägern zutreffend vorgetragen – ausgeführt, dass ein Zwischenraum zwischen der vorhandenen Bebauung „bei einer Größe von etwa 90 m noch als Baulücke bezeichnet werden kann“ (Hervorhebung hier). Zugleich betont der Senat jedoch, dass es auf eine Einzelfallwertung ankomme und „der Größe der offenen Fläche zwischen den vorhandenen Bauten keine abschließende Bedeutung beigemessen werden“ kann. „Wo die Grenze im Einzelfall verläuft, lässt sich nur aufgrund einer echten Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts beurteilen; bei dieser Wertung kann nur eine komplexe, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigende Betrachtungsweise im Einzelfall zu einer sachgerechten Entscheidung führen (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.12.1967, BVerwGE, 28, 268/272, vom 6.11.1968, BVerwGE 31, 20 und vom 1.12.1972, BVerwGE 41, 227/234)“.
29
Maßgebliche Kriterien für diese wertende Gesamtbetrachtung sind u.a. der Grundstückszuschnitt und die Struktur der Umgebungsbebauung. Mit zunehmender Größe der Freifläche wird das Vorliegen einer Baulücke weniger wahrscheinlich (vgl. dazu auch BVerwG, B.v. 30.8.2019 – 4 B 8.19 – juris Rn. 9 und der dazu in der obergerichtlichen Rechtsprechung z.T. angenommenen „Faustformel“, dass eine unbebaute Fläche von zwei bis drei Bauplätzen noch als Baulücke angesehen werden kann, die den Bebauungszusammenhang nicht unterbricht m.w.N.). Vorliegend ist gemessen an diesem Maßstab insbesondere der Umstand zu berücksichtigen, dass sich vor allem im Süden und Osten an den Vorhabenstandort die oben genannte umfängliche Freifläche anschließt. Der Vorhabenstandort erscheint nach den Feststellungen des gerichtlichen Augenscheins als Teil dieser Freifläche, welche aufgrund Größe, Strukturierung und Ausdehnung dem Außenbereich zuzuordnen ist. Wollte man auf die genannte „Faustformel“ zurückgreifen, stützt dies die Zuordnung zum Außenbereich. Denn selbst wenn man die im Bereich des Vorhabengrundstücks durchaus vorhandenen großzügigen Grundstückszuschnitte der Baugrundstücke (vgl. etwa die Grundstücke Fl.-Nrn. … und … Gemarkung …) zugrunde legt, bietet die beschriebene Freifläche Platz für mindestens drei Bauplätze. Erst recht ergibt sich dieses Ergebnis, wenn man – zutreffend – auch die weniger großzügig geschnittenen Baugrundstücke im Umfeld des Vorhabenstandorts (etwa die Grundstücke Fl.-Nrn. … und …, Gemarkung …) mit in die Betrachtung einbezieht. Nach dieser zutreffenden Perspektive sind deutlich mehr als drei Bauplätze möglich. Im Ergebnis bietet die Freifläche Platz für eine nicht unerhebliche Anzahl von Bauplätzen, was (auch unabhängig von den übrigen Umständen des Einzelfalls) durchgreifend gegen die Einordnung als bloße Baulücke spricht.
30
Der Zuordnung des Vorhabenstandorts zum planungsrechtlichen Außenbereich steht auch nicht entgegen, dass der Standort jedenfalls teilweise von Bebauung umgeben ist. Die bloße Tatsache, dass ein Vorhabenstandort an mehreren Seiten von Bebauung umgeben ist, genügt nämlich nicht, um diesen dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen. Es bleibt dabei, dass erforderlich ist, dass das Grundstück selbst einen Bestandteil des Zusammenhanges bildet, selbst also an dem Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit teilnimmt (vgl. BVerwG, U.v. 1.12.1972 – IV C 6.71 – juris = BVerwGE 41, 227 Rn. 21). Dies deckt sich mit dem in der Rechtsprechung zu findenden Ergebnis, wonach auch eine an zwei oder drei Seiten von Bebauung umschlossene Fläche mit der Breite nur eines Bauplatzes sich nach Lage der Dinge als Teil des Außenbereichs darstellen kann. Man spricht hier von einem „Außenbereichsfinger“ (vgl. etwa NdsOVG, B.v. 8.7.2021 – 1 LA 8/19 – juris Ls. 1 und Rn. 7). Auch wenn die gesamte Freifläche von Bebauung umgeben ist, kann eine verbleibende Freifläche als Außenbereich zu qualifizieren sein als sog. „Außenbereich im Innenbereich“ oder sog. „Außenbereichsinsel“ (vgl. etwa BVerwG, B.v. 15.9.2005 – 4 BN 37.05 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 27.7.2022 – 9 ZB 22.431 – juris Rn. 6). Es kommt nicht allein und entscheidend darauf an, ob, an welchen Seiten und in welcher genauen Entfernung sich die vorhandene Bebauung an den beabsichtigten Vorhabenstandort anschließt. Es bleibt vielmehr bei einer wertenden Gesamtbetrachtung, die die Frage zum Gegenstand hat, ob der Vorhabenstandort an dem vorhandenen Bebauungszusammenhang, mithin an dessen Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit, teilnimmt oder von den angrenzenden Freiflächen und damit dem Außenbereich geprägt ist. Faktoren wie die Abstände zu der Bestandsbebauung, deren Situierung an und/oder um den Vorhabenstandort können dabei herangezogen werden; es lässt sich jedoch nicht anhand einzelner Faktoren von einem – in der Rechtsprechung möglicherweise bereits entschiedenen – Fall auf einen anderen schließen.
31
Vorliegend hat der gerichtliche Augenschein – wie dargestellt – gezeigt, dass der Vorhabenstandort maßgeblich von der ausreichend großen Freifläche vor allem im Süden und Osten des Vorhabenstandorts geprägt ist. Eine Bebauung an dem angestrebten Standort würde sich nicht zwanglos in die Bestandsbebauung einfügen und gleichsam an deren Zusammenhang teilnehmen. Ein Vorhaben an diesem Standort füllt gerade nicht eine vorhandene Lücke in der Bestandsbebauung. Eine Bebauung würde sich an dieser Stelle nicht als zwangslose Fortsetzung der Bestandsbebauung darstellen. Dabei sind neben den offensichtlichen Freiflächen z.B. auf den Grundstücken Fl.-Nrn. … (West- und Südteil), … … … und …, Gemarkung …, auch die nicht mit einer Anlage zur Hauptnutzung bebauten Flächen auf den Grundstücken Fl.-Nrn. … und …, Gemarkung …, zu berücksichtigen. Die sich ergebende Freifläche ist insgesamt zu groß und nach dem optischen Gesamteindruck, den das Gericht im Rahmen des Augenscheins gewinnen konnte, zu prägend, als dass sie selbst als – umfängliche – Lücke innerhalb eines bestehenden Bebauungszusammenhangs qualifiziert werden könnte. Heranzuziehen ist dabei auch immer der Gedanke, ob die Umgebungsbebauung den Vorhabenstandort in einer Weise prägt, dass eine Bauleitplanung nicht erforderlich ist, weil die bereits vorhandene Bebauung die unerlässlichen Grenzen selbst setzt (vgl. BayVGH, B.v. 27.7.2022 – 9 ZB 22.431 – juris Rn. 7). Davon kann hier nach dem Eindruck des Gerichts aus dem Augenschein nicht ausgegangen werden.
32
Schließlich liegt auch kein topographisches Hindernis im oben ausgeführten Sinne, das den Vorhabenstandort ausnahmsweise dem Innenbereich zuschlagen könnte, vor. Ein solches konnte das Gericht im Rahmen des Augenscheins nicht erkennen. Insbesondere genügt der klägerseits vorgetragene Bewuchs und Baumbestand hierfür schon wegen seiner fehlenden Dauerhaftigkeit und Ausprägung nicht. Notwendig wäre vielmehr beispielsweise ein Geländehindernis wie etwa ein Verkehrsweg, Gewässer oder auch eine Anhebung, das eine natürliche Grenze der im Zusammenhang bestehenden Bebauung bildet und dadurch den Eindruck ihres Abschlusses vermittelt. Nur in einem solchen Fall kann das Geländehindernis dazu führen, dass unbebaute, hinter dem letzten Baukörper des Bebauungszusammenhangs liegende, gleichwohl jedoch durch das Geländehindernis begrenzte und daher „miteinbezogene“ Flächen noch zum Innenbereich gezählt werden können (vgl. etwa BVerwG. U. v. 8.10.2015 – 4 B 28.15 – juris Rn. 6; B.v. 2.8.2001 – 4 B 26.01 – juris Rn. 7; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 147. EL August 2022, § 34 Rn. 26 m.w.N.). Daran fehlt es hier aber. Ebensowenig folgt eine Zuordnung des Vorhabenstandorts zum Innenbereich aus Faktoren wie der Vergabe einer Hausnummer für das Vorhabengrundstück oder der Länge eines potentiell zur Erschließung geeigneten Wegs (hier die Stichstraße auf dem Grundstück Fl.-Nr. …, Gemarkung …). Denn diese Faktoren sind nicht geeignet, den Bebauungszusammenhang im oben dargestellten Sinne zu bestimmen oder gar zu erweitern; sie sind schon keine städtebaulich relevanten Faktoren. Der Bebauungszusammenhang und seine Grenzen sind – wie oben ausgeführt – anhand des Eindrucks der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit sowie anhand der nach außen wahrnehmbaren Merkmale zu bestimmen, nicht anhand anderer Faktoren wie der Hausnummern oder der Möglichkeit der Erschließung. Umgekehrt kommt es für die Frage nach der Zuordnung zu einem bestehenden Bebauungszusammenhang auch nicht auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung, sondern allein auf deren (faktisches) Bestehen an (vgl. VG München, U.v. 15.3.2023 – M 9 K 19.5497 – UA Rn. 18). Somit ist es vorliegend irrelevant, welche Absprachen insbesondere seitens der Beigeladenen in der Vergangenheit bezüglich eines Baurechts der Kläger und ihrer Familie mit diesen getroffen wurden oder ob sich die Kläger absprachewidrig nicht mit dem Vereinbarten zufriedengeben. Es kommt allein auf die tatsächliche vorhandene Bebauung an. Auf Grundlage der vorhandenen Bebauung ist der Vorhabenstandort jedoch – wie oben ausgeführt – dem bauplanungsrechtlichen Außenbereich zuzuordnen.
33
Die Zulässigkeit des Vorhabens bestimmt sich nach alledem allein nach § 35 BauGB.
34
III. Eine Privilegierung des geplanten Einfamilienhauses gemäß § 35 Abs. 1 BauGB liegt offensichtlich nicht vor. Auch eine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 35 Abs. 2 BauGB scheidet aus, da es öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beeinträchtigt. Es liegt wegen der – nicht durch verbindliche Bauleitplanung geordneten – Ausweitung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils in den Außenbereich hinein und damit des Hineintragens der dem Außenbereich wesensfremden Wohnnutzung in den Außenbereich jedenfalls ein Vorgang der städtebaulich unerwünschten unorganischen Siedlungsweise vor, die zu vermeiden ein öffentlicher Belang i.S.d. § 35 Abs. 2 und Abs. 3 BauGB ist. Dabei kommt es im Ergebnis nicht entscheidend darauf an, ob insofern direkt auf § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB bzw. auf eine entsprechende Anwendung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB abgestellt oder ob auf den dahinterstehenden Rechtsgedanken der Zersiedelungsverhinderung als ungeschriebener öffentlicher Belang zurückgegriffen wird (zum Ganzen vgl. BVerwG, B.v. 26.10.1998 – 14 B 96.2034 – juris Rn. 27; U.v. 19.4.2012 – 4 C 10.11 – NVwZ 2012, 1631 = juris Rn. 21 ff.; BayVGH, U.v. 13.4.2015 – 1 B 14.2319 – juris Rn. 28; B.v. 12.5.2017 – 15 ZB 16.1567 – juris Rn. 39; B.v. 18.2.2019 – 15 ZB 18.2509 – juris Rn. 14; B.v. 20.8.2019 – 15 ZB 18.2106 – AUR 2020, 226 = juris Rn. 39; U.v. 15.6.2021 – 1 B 19.221 – juris Rn. 18; NdsOVG, B.v. 10.1.2005 – 9 LA 310/04 – juris Rn. 8; SächsOVG, B.v. 27.1.2014 – 1 A 802/12 – juris Rn. 5). Der Gedanke einer siedlungsstrukturell unerwünschten Zersiedlung kommt als beeinträchtigter Belang i.S. von § 35 Abs. 2 BauGB bereits dann zum Tragen, wenn eine Anschlussbebauung von der bebauten Ortslage aus in den Außenbereich hinein als potenzieller Bezugsfall geeignet ist, Nachfolgebebauungen nach sich zu ziehen (BayVGH, B.v. 8.2.2022 – 15 ZB 21.2602 – juris Rn. 18 m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall. Die Umsetzung des streitgegenständlichen Vorhabens könnte ein weiteres Baubegehren mit Blick auf den übrigen Bereich der oben beschriebenen Freifläche, die sich als Außenbereich darstellt, nach sich ziehen. Insbesondere droht die stückweise Ausweitung der Bebauung in diese unbebaute Fläche hinein mit der Folge, dass sich diese potentiell nach einer dann neu vorzunehmenden Gesamtbetrachtung tatsächlich nur mehr als bloße Baulücke im Innenbereich darstellen und damit eine (ggf. sogar vollumfängliche) Bebauung erlauben könnte. Die Gefahr einer insgesamt ungeordneten Siedlungsentwicklung in den Außenbereich hinein wäre die Folge. Eine derartige Ausweitung bzw. Verschiebung der Grenze des Außenbereichs muss aufgrund ihrer Bezugsfallwirkung der Bauleitplanung der Beigeladenen vorbehalten bleiben.
35
Die Klage wird daher abgewiesen.
36
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich damit nicht in ein Kostenrisiko begeben. Es entspricht daher der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, § 162 Abs. 3 VwGO.
37
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.