Inhalt

VG München, Urteil v. 07.02.2024 – M 5 K 21.5011
Titel:

Amtsangemessene Beschäftigung, Clearingmitarbeiter, Jobcenter

Normenketten:
GG Art. 33 Abs. 5
BeamtStG § 45
Schlagworte:
Amtsangemessene Beschäftigung, Clearingmitarbeiter, Jobcenter
Fundstelle:
BeckRS 2024, 8608

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.  
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Zuweisung eines amtsangemessenen Aufgabenbereichs.
2
Der 1964 geborene Kläger steht als Verwaltungsinspektor (Besoldungsgruppe A 9) im Dienste der Beklagten und wird im Jobcenter als Clearingmitarbeiter im Bereich der Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts eingesetzt.
3
Der Kläger ist seit dem Jahr 2009 im Jobcenter der Beklagten tätig. Von 2009 bis einschließlich Juni 2016 war der Kläger in der Funktion eines Leistungssachbearbeiters eingesetzt. Von Juli 2016 bis März 2018 war der Kläger als sog. Teamassistent im Leistungsteam des Jobcenters tätig. Seit März 2018 bis heute ist dem Kläger die Aufgabe eines sog. Clearing-Mitarbeiters im Serviceteam des Leistungsteams 3 des Jobcenters übertragen. Das Leistungsteam besteht nach Angaben der Beklagten aus den Leistungssachbearbeitern der 3. Qualifikationsebene sowie im Servicebereich aus Mitarbeitern der 2. Qualifikationsebene, die die Sachbearbeitung der Eingangszone oder im Clearing übernähmen. Ein Sachbearbeiter der Eingangszone sei für die Entgegennahme und das Scannen von Anträgen sowie für Terminvereinbarungen zuständig. Bei Unklarheiten verweise der Sachbearbeiter der Eingangszone den Fall an den Sachbearbeiter im Clearing, der vorab leistungsrechtliche Fragen kläre und ggf. eine Überschlagsberechnung vornehme. Der Clearingsachbearbeiter übe eine gewisse Filterfunktion aus.
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Der seit Juli 2016 veränderte Aufgabenbereich beruht nach Angaben der Beklagten aus einer Umstrukturierung des Jobcenters im Jahr 2016. In diesem Zusammenhang seien acht Leistungssachbearbeiter-Stellen, die bisher der 2. Qualifikationsebene (Besoldungsgruppe A 9) zugeordnet waren, der 3. Qualifikationsebene (Ämter ab der Besoldungsgruppe A 10) zugewiesen worden. Hintergrund der Umstrukturierung sei gewesen, dass die Zuordnung von Fällen zwischen Leistungssachbearbeiter-Stellen der 2. Qualifikationsebene für einfacher gelagerte Leistungsfälle mit geringem Schwierigkeitsgrad und solchen der 3. Qualifikationsebene mit einer höheren Arbeitsintensität und Schwierigkeitsgrad in der Praxis Schwierigkeiten bereitet habe. Dem Kläger sei keine Planstelle für die 3. Qualifikationsebene angeboten worden, da er für die modulare Qualifizierung nicht ausgewählt worden sei.
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Bereits im Jahr 2017 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihn amtsangemessen zu beschäftigen. Seit der Umstrukturierung des Jobcenters werde er nicht mehr amtsangemessen beschäftigt. Denn er nehme keine eigene Fallbetreuung mehr wahr, sondern werde von zwei Kollegen mit Aufgaben beliefert, die jeweils schriftlich konkrete Arbeitsanweisungen erteilen würden. Dies entspreche den Aufgaben eines Beamtenanwärters.
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Mit Schreiben vom … Mai 2021 bat der Kläger erneut um amtsangemessene Beschäftigung.
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Mit Schreiben vom … Juni 2021 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass keine Anhaltspunkte für eine unterwertige Beschäftigung erkennbar seien. Die aktuell ausgeübten Tätigkeiten entsprächen zum Großteil den Aufgaben der Tätigkeitsbeschreibung aus dem Jahr 2017. Hierzu gehörten Tätigkeiten aus dem Bereich der Feststellung des Leistungsanspruchs in schwierigen Fällen sowie die Information von Leistungsberechtigten bei komplexen Fragestellungen. Hinzugekommen seien Digitalisierungsmaßnahmen wie das Scannen und Digitalisieren der von Kunden eingehenden Unterlagen. Es seien zudem Routineaufgaben weggefallen, die mit Tätigkeiten ersetzt worden seien, die regelmäßig das Treffen von Ermessensentscheidungen beinhalteten.
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Mit Schreiben vom … Juni 2021 beantragte der Kläger beim Personalamt der Beklagten eine aktuelle Arbeitsplatzbeschreibung.
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Mit Schreiben vom … Juli 2021 teilte die Beklagte mit, dass sie die Erstellung einer neuen Stellenbeschreibung durch die Organisations- und Personalentwicklung in Auftrag gegeben habe.
10
Der Kläger hat mit Klageschrift vom 26. August 2021, eingegangen bei Gericht am 30. August 2021, Klage erhoben.
11
Am … Oktober 2021 verfasste die Beklagte eine neue Arbeitsplatzbeschreibung für die Funktion einer/s Sachbearbeiter/-in Clearing. Ausweislich dieser Arbeitsplatzbeschreibung decke ein Clearing-Mitarbeiter vier Arbeitsbereiche ab, darunter: zu einem Zeitanteil von 40% die Feststellung des Leistungsanspruchs in schwierigen Fällen, zu 5% die Information von Leistungsberechtigten, zu 50% das Treffen leistungsrechtlicher Entscheidungen und zu 5% die Bearbeitung von Auskunftsersuchen.
12
Auf Grundlage der neuen Arbeitsplatzbeschreibung führte die Organisations- und Planungsentwicklung der Beklagten am … November 2021 in Anwendung des Gutachtens der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung von 1982 (KGSt) eine Stellenbewertung durch. Hierin wurde als Ergebnis – unter Berücksichtigung der Kriterien Schwierigkeitsgrad der Informationsverarbeitung, Schwierigkeitsgrad der dienstlichen Beziehungen, der Grad der Selbständigkeit und die Reichweite der Verantwortung – eine Stellenwertigkeit der Besoldungsgruppe A 9 festgestellt. Dabei sind 304 Gesamtpunkte vergeben worden, wobei der Punkterahmen für die Besoldungsgruppe A 9 bei 297 bis 346 Punkten liegt.
13
Zur Klagebegründung wird auch mit Blick auf diese neue Arbeitsplatzbeschreibung angeführt, dass der Dienstherr zwar den einem Beamten zugewiesenen Aufgabenbereich verändern könne, jedoch nur solange, wie diesem eine amtsangemessene Tätigkeit verbleibe. Der Kläger werde jedoch nicht amtsangemessen beschäftigt, da die ihm zugewiesenen Tätigkeiten – anders als die eines Leistungssachbearbeiters – nicht dem Aufgabenbereich eines Verwaltungsinspektors entsprächen. Als Leistungssachbearbeiter habe der Kläger im Gegensatz zur Tätigkeit als Clearing-Mitarbeiter einen eigenen Fallbestand sowie anspruchsvollere und umfangreichere Aufgaben gehabt. Ein Schwerpunkt der im Clearing ausgeübten Tätigkeiten stelle die Entscheidung über Mietkostenzusagen bei Zuzügen von außerhalb in die Stadt I. dar, wobei hierbei keinerlei Ermessensspielraum für den Clearing-Mitarbeiter bestehe, da die Prüfung nach den Vorgaben der Sachgebietsleitung erfolge. Der Kläger übe sonst einfache Tätigkeiten wie die Gewährung der Leistungen Wohnausstattung, Erstausstattung Geburt und Umstandskleidung aus, für deren Wahrnehmung die Familiengröße festgestellt und Pauschalbeträge zusammengezählt werden müssten, während Widersprüche vom Teamleiter bearbeitet würden. Weiter müsse der Kläger die Bedürftigkeit von Personen prüfen, die infolge der Energiekrise von hohen Nachzahlungen für Gas und Heizöl betroffen seien, was im Wege einer einfachen Überschlagsberechnung erfolge. Daneben habe er einfache, anspruchslose Auskünfte zu bearbeiten. Selbst als Teamassistent habe der Kläger anspruchsvollere Tätigkeiten ausgeübt, beispielsweise das Erstellen von Weiterbewilligungs- und Änderungsbescheiden.
14
Die Klagepartei hat beantragt,
15
Die Beklagte wird verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, dem Kläger eine anderweitige, gleichwertige und amtsangemessene Beschäftigungsmöglichkeit zu eröffnen.
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Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2021 beantragt,
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die Klage abzuweisen.
18
Der Kläger werde amtsangemessen beschäftigt, dies habe auch die Stellenwertüberprüfung ergeben. Hiernach seien die vom Kläger zu verarbeitenden Informationen sehr umfangreich, wobei der Kläger Zusammenhänge analysieren und viele Gesichtspunkte zu einer Gedankenkette kombinieren müsse. Bei der Prüfung von Leistungen seien neben Informationen zum Einkommen und Vermögen auch gesundheitliche Belange in die Abwägung einzustellen und anhand der vorhandenen Rechtsvorschriften und Rechtsprechung zu prüfen. Da es zu schwierigen dienstlichen Beziehungen mit Leistungsberechtigten kommen könne, müsse der Kläger mit diesen klar kommunizieren, um Verständnis für die Entscheidung zu vermitteln. Der Kläger benötige einen hohen Grad an Selbständigkeit, da er im Bereich der einmaligen Leistungen wie Kostenzusicherung bei Umzügen, Wohnungserstausstattung und Erstausstattung bei Geburt eigenständige Ermessensentscheidungen treffen müsse, bei denen die besonderen Umstände der Leistungsberechtigten zu berücksichtigen seien. Als Clearing-Mitarbeiter habe er eine hohe Verantwortung, da die Entscheidungen große Auswirkungen auf den Leistungsberechtigten und dessen Familie hätten. Der Kläger prüfe bei der Erteilung von Auskünften und der Beratung von Leistungsberechtigten Ansprüche nach dem SGB II selbständig. Da eine Ablehnung nicht mehr von Leistungssachbearbeitern überprüft werde, handele er auch mit hoher Verantwortung. Dieser Bewertung der Stelle stehe nicht entgegen, dass der Kläger auch einfache Tätigkeiten wie das Einscannen von Post oder die Bearbeitung von einfachen Auskünften übernehmen müsse – denn das Gesamtbild des Dienstpostens des Klägers entspreche dem eines Verwaltungsinspektors. Auch die Tatsache, dass sich das Aufgabenbild des Klägers im Laufe der Zeit verändert habe, rechtfertige keine andere Bewertung. Denn der Kläger müsse Änderungen seines dienstlichen Aufgabenbereichs hinnehmen. Dass der Kläger „degradiert“ worden sei, entspreche nicht den Tatsachen. Soweit der Kläger die nun ausgeübte Tätigkeit als geringwertig empfinde, liege dies womöglich daran, dass er früher als Leistungssachbearbeiter Tätigkeiten ausgeübt habe, die nach Überprüfung der Wertigkeit der Besoldungsgruppe A 10 entsprochen hätten. Der Beamte habe aber keinen Anspruch darauf, dass sein Aufgabenbereich unverändert bleibe.
19
Mit Beschluss vom 31. August 2021 hat das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht München verwiesen.
20
Am 7. Februar 2024 fand mündliche Verhandlung statt.
21
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2024 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22
Die auf amtsangemessene Beschäftigung gerichtete Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, in anderer Weise als derzeit erfolgt eingesetzt und beschäftigt zu werden. Denn er wird als Verwaltungsinspektor (Besoldungsgruppe A 9) amtsangemessen verwendet.
23
1. Der Inhaber eines statusrechtlichen Amtes kann gemäß Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland – Grundgesetz/GG beanspruchen, dass ihm ein abstrakt-funktionelles Amt sowie ein amtsangemessenes konkret-funktionelles Amt, d.h. ein entsprechender Dienstposten, übertragen werden (BVerfG, B.v. 3.7.1985 – 2 BvL 16/82 – BVerfGE 70, 251 – juris Rn. 44 f.). Die im Zuge der Eingliederung des Beamten in die Behördenorganisation und seiner tatsächlichen Verwendung erforderliche Übertragung eines abstrakt-funktionellen Amtes folgt dem statusrechtlichen Amt. Gemeint ist der einem statusrechtlichen Amt entsprechende Aufgabenkreis, der einem Inhaber dieses Statusamtes bei einer bestimmten Behörde auf Dauer zugewiesen ist (BVerfG, B.v. 3.7.1985 – 2 BvL 16/82 – BVerfGE 70, 251 – juris Rn. 35; BVerwG, U.v. 4.5.1972 – 2 C 13.71 – BVerwGE 40, 104 – juris Rn. 22). Das abstrakt-funktionelle Amt wird dem Beamten durch gesonderte Verfügung des Dienstherrn übertragen (BVerwG, U.v. 23.9.2004 – 2 C 27.03 – BVerwGE 122, 53 – juris Rn. 13). Der Beamte hat deshalb grundsätzlich Anspruch auf Übertragung eines seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden funktionellen Amtes, eines „amtsgemäßen“ Aufgabenbereichs (BVerwG, U.v. 24.1.1991 – 2 C 16/88 – BVerwGE 87, 310 – juris Rn. 27 m.w.N.; dazu auch VG München, U.v. 28.1.2014 – M 5 K 13.80 – juris Rn. 15 m.w.N.). Deshalb ist der Dienstherr gehalten, dem Beamten solche Funktionsämter zu übertragen, die in ihrer Wertigkeit dem Amt im statusrechtlichen Sinne entsprechen (BVerwG, U.v. 11.7.1975 – 6 C 44.72 – BVerwGE 49, 64 – juris Rn. 32; U.v. 28.11.1991 – 2 C 41.89 – BVerwGE 89, 199 – juris Rn. 18; U.v. 22.6.2006 – 2 C 26/05 – BVerwGE 126, 182 – juris Rn. 12 m.w.N. – stRspr). Das konkret-funktionelle Amt, der Dienstposten, bezeichnet die dem Beamten tatsächlich übertragene Funktion, seinen Aufgabenbereich. Der Dienstherr hat im Rahmen seiner Fürsorgepflicht (§ 45 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern/Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) für eine amtsangemessene Verwendung eines Beamten Sorge zu tragen (Conrad in: Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: November 2023, § 45 BeamtStG Rn. 132 ff.). Im Rahmen dieser Vorgaben liegt es im Ermessen des Dienstherrn, den Inhalt des abstrakt- und des konkret-funktionellen Amtes festzulegen (BVerwG, U.v. 23.9.2004 – 2 C 27.03 – BVerwGE 122, 53 – juris Rn. 16).
24
Jedoch hat der Beamte kein Recht auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm einmal übertragenen Dienstpostens, sondern muss vielmehr Änderungen seines dienstlichen Aufgabenbereichs durch Umsetzung oder andere organisatorische Maßnahmen nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinne hinnehmen, selbst wenn das mit einer Einbuße an gesellschaftlichem Ansehen und an Aufstiegsmöglichkeiten, einer Verringerung der Mitarbeiterzahl wie auch dem Verlust der Vorgesetzteneigenschaft verbunden ist (BVerwG, U.v. 23.9.2004 – 2 C 27/03 – BVerwGE 122, 53 – juris Rn. 16 m.w.N.; U.v. 22.5.1980 – 2 C 30/78 – BVerwGE 60, 144, juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 8.3.2016 – 3 ZB 15.1559 – juris Rn. 13; VG München, U.v. 25.11.2014 – M 5 K 13.3334 – juris Rn. 18). Bei jeder sachlich begründbaren Änderung der dem Beamten übertragenen Funktionsämter muss ihm jedoch ein amtsangemessener Tätigkeitsbereich verbleiben (BVerwG, U.v. 22.5.1980 – 2 C 30.78 – BVerwGE 60, 144 – juris Rn. 23; U.v. 28.11.1991 – 2 C 41.89 – BVerwGE 89, 199 – juris Rn. 19; U.v. 1.6.1995 – 2 C 20.94 – BVerwGE 98,334 – juris Rn. 20). Ohne sein Einverständnis darf dem Beamten keine Tätigkeit zugewiesen werden, die – gemessen an seinem statusrechtlichen Amt, seiner Laufbahn und seinem Ausbildungsstand, d.h. dem abstrakten Aufgabenbereich seines statusrechtlichen Amtes – „unterwertig“ ist (BVerwG, U.v. 24.1.1991 – 2 C 16/88 – BVerwGE 87, 310 – juris Rn. 27). Insbesondere darf er nicht aus dem Dienst gedrängt und nicht dadurch, dass ihm Pseudobeschäftigungen zugewiesen werden, zur Untätigkeit in perspektivlosem Zuwarten genötigt werden (BVerwG, U.v. 7.9.2004 – 1 D 20/03 – ZBR 2005, 209 – juris Rn. 37).
25
Bei der Beurteilung, ob ein Beamter amtsangemessen beschäftigt wird, ist nicht auf einzelne Arbeitsaufgaben, sondern auf das Gesamtbild des konkret wahrgenommenen Arbeitspostens abzustellen (BayVGH, B.v. 20.6.2011 – 6 CS 11.925 – juris Rn. 18; VG München, U.v. 2.7.2014 – M 5 K 13.2729 – juris Rn. 22). Bedeutung haben dabei mitunter das traditionelle Leitbild des Dienstpostens und die geforderte Aus- und Vorbildung (BVerwG, U.v. 2.9.1999 – 2 C 36/98 – BVerwGE 109, 292 – juris Rn. 17; VG Würzburg, B.v. 25.11.2008 – W 1 V 08.2055 – juris Rn. 18; VG München, U.v. 28.1.2014 – M 5 K 13.80 – juris Rn. 16).
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Die gerichtliche Überprüfung ist grundsätzlich darauf beschränkt, ob die Gründe des Dienstherrn für die Änderung des übertragenen Funktionsamtes seiner tatsächlichen Einschätzung entsprechen und nicht nur vorgeschoben sind, um eine in Wahrheit allein oder maßgeblich auf anderen Beweggründen beruhende Entscheidung zu rechtfertigen, oder ob sie aus sonstigen Gründen willkürlich sind (vgl. zum Ganzen: VG München, B.v. 26.1.2022 – M 5 E 21.6337 – juris Rn. 26 f.; BayVGH, B.v. 27.8.2014 – 3 ZB 14.454 – juris Rn. 22; B.v. 26.2.2015 – 3 ZB 14.499 – juris Rn. 6).
27
2. Gemessen an diesen Vorgaben erweist sich die Beschäftigung des Klägers unter Würdigung der Gesamtheit der einem Clearing-Mitarbeiter zugewiesenen Aufgaben als rechtlich nicht zu beanstanden. Das Tätigkeitsspektrum des Clearing-Mitarbeiters ist nach dem Gesamtbild in qualitativer und quantitativer Hinsicht dem Statusamt eines Verwaltungsinspektors angemessen.
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a) Der Aufgabenkreis entspricht seiner Wertigkeit nach – unter Berücksichtigung der für die Wertigkeit maßgeblichen Faktoren in Form von Inhalt, Bedeutung, Umfang und Verantwortung (vgl. VG Würzburg, B.v. 2.7.2010 – W 1 E 10.545 – juris Rn. 24) – dem statusrechtlichen Amt. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte missbräuchlich Erwägungen vorgeschoben hat, um den Kläger auf einem Dienstposten zu verwenden, dem sie in Wahrheit selbst nicht eine dem statusrechtlichen Amt entsprechende Bedeutung beimisst (vgl. BVerwG, U.v. 28.11.1991 – 2 C 7/89 – DÖV 1992, 495), sind nicht greifbar. Der Dienstherr hat vielmehr in der mündlichen Verhandlung plausibel und nachvollziehbar dargelegt, dass der Kläger als Clearing-Mitarbeiter in qualitativer sowie quantitativer Hinsicht Aufgaben übernimmt, die dem statusrechtlichen Amt eines Verwaltungsinspektors entsprechen.
29
In quantitativer Hinsicht ist maßgeblicher Schwerpunkt der dem Kläger zugewiesenen Tätigkeiten – ausweislich der Stellenbeschreibung für Clearing-Mitarbeiter vom … Oktober 2021 – zu einem Zeitanteil von 50% das Treffen leistungsrechtlicher Entscheidungen sowie die – mit einem Zeitanteil von 40% bemessene – Feststellung von Leistungsansprüchen in schwierigen Fällen (Clearingstelle).
30
Ausweislich der Angaben der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger bei allen leistungsrechtlichen Entscheidungen jeweils eine vollständige Bedürftigkeitsprüfung durchzuführen. Zur Überzeugung des Gerichts handelt es sich bei dieser Bedürftigkeitsprüfung im Zusammenhang mit leistungsrechtlichen Entscheidungen um eine in qualitativer Hinsicht dem Statusamt des Verwaltungsinspektors angemessene Tätigkeit. Denn wie der Dienstherr in der mündlichen Verhandlung in überzeugender Weise dargelegt hat, ist bei dieser Aufgabe nicht nur das verfügbare Einkommen zu ermitteln und in die Berechnung einzustellen, sondern daneben auch zu prüfen, ob die Vermögensfreigrenzen eingehalten sind und inwieweit ein potentiell einzusetzendes Einkommen realisierbar wäre. Der Kläger erstellt für leistungsrechtliche Entscheidungen eigenständig Ablehnungsbescheide und ist daneben im Widerspruchsverfahren für die Abhilfeprüfung bzw. für die Abgabe einer Stellungnahme zuständig. Daneben sind leistungsrechtliche Entscheidungen auf Grundlage vielseitiger Fachkenntnisse zu treffen. Denn der Dienstherr hat dargelegt, dass der Kläger vor jeder Leistungsgewährung zu prüfen hat, inwieweit nicht vorrangig Ansprüche aus anderen Rechtsgebieten einschlägig sind, beispielsweise Ansprüche auf Arbeitslosengeld oder Wohngeld. Diese Angaben sind für das Gericht sachgerecht, plausibel und nachvollziehbar.
31
Das Gericht ist davon überzeugt, dass insbesondere die schwerpunktmäßig vom Kläger durchzuführende leistungsrechtliche Entscheidung über die Kostenzusicherung bei Umzügen potentieller Leistungsberechtigter einem Verwaltungsinspektor amtsangemessen ist. Zum einen kommt dieser Prüfung in der täglichen Praxis ein hoher zeitlicher Anteil zu, da, wie der Dienstherr dargelegt hat, diese bei circa fünfzig monatlichen Umzügen in der Clearing-Stelle häufig anfällt. Auch der Kläger hat angegeben, dass es sich bei dieser Tätigkeit um einen Schwerpunkt handelt. Zum anderen hat der Dienstherr in plausibler und nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass im Rahmen dieser Prüfung ein nicht unerheblicher Entscheidungsspielraum des Klägers besteht, wobei er unterschiedliche Faktoren in die Prüfung einzustellen hat. Bei der Entscheidung über die Bewilligung bzw. Ablehnung von Kostenzusicherungen bei Umzügen hat der Kläger unter anderem die Angemessenheit von angemietetem Wohnraum zu prüfen und zu entscheiden, wobei die Beantwortung der Frage, inwieweit der angemietete Wohnraum angemessen ist, einen unbestimmten Rechtsbegriff darstellt, der einen Beurteilungsspielraum eröffnet. Dem Vortrag des Klägers, er habe in diesem Zusammenhang keinen Ermessensspielraum, da die Prüfung nach den Vorgaben der Sachgebietsleitung erfolge, ist die Beklagte entgegengetreten. Inwieweit der angemietete Wohnraum tatsächlich angemessen ist, stelle der Kläger abschließend fest. So gehöre es auch zur Entscheidungsbefugnis des Klägers, eine Ermittlungsperson einzusetzen, um weitere Tatsachen zu ermitteln und auch zu prüfen, ob tatsächlich eine Bedarfsgemeinschaft oder lediglich eine Wohngemeinschaft vorliegt. Diese Ausführungen lassen für das Gericht nicht erkennen, dass die Beklagte missbräuchlich Erwägungen vorgeschoben hat, um den Kläger auf einem Dienstposten zu verwenden, dem sie in Wahrheit selbst nicht eine dem statusrechtlichen Amt entsprechende Bedeutung beimisst (vgl. BVerwG, U.v. 28.11.1991 – 2 C 7/89 – DÖV 1992, 495).
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Vom Gesamtbild des Dienstpostens (BayVGH, B.v. 20.12.2011 – 6 ZB 11.394 – juris Rn. 8) erweist sich der dem Kläger zugewiesene Aufgabenbereich als amtsangemessene Beschäftigung. Da das Gesamtbild des Dienstpostens maßgeblich ist, ist es dementsprechend auch nicht hinderlich, wenn der Kläger daneben auch zu einem geringeren Zeitanteil einfachere Aufgaben wahrnimmt.
33
Auch die Einbettung eines Clearing-Mitarbeiters in das Gesamtgefüge der Servicestelle des Jobcenters spricht für eine amtsangemessene Aufgabenwahrnehmung. So hat die Beklagte dargelegt, dass Mitarbeiter im Statusamt A 7 als erste Ansprechpartner für die Aushändigung von Formularen an Antragsberechtigte zuständig seien und für den Fall, dass es sich nicht um eine routinemäßige Überprüfung handele, sondern die Bedürftigkeit oder andere Umstände näher geprüft werden müssten, diesen Antrag an die Clearing-Mitarbeiter weiterleiteten, die anschließend eine „gehobene Vorprüfung“ durchführten.
34
Der Dienstherr hat auch dargelegt, wieso es sich bei den Leistungssachbearbeitern um Mitarbeiter handelt, die im Statusamt A 10 – mithin der 3. Qualifikationsebene – zuzuordnen seien. Aus Sicht des Gerichts ist nicht zwingend ein laufender Fallbestand erforderlich, mit dem auch die Erstellung von Weiterbewilligungs- und Änderungsbescheiden einhergeht, um von einem für einen Verwaltungsinspektor amtsangemessenen Aufgabenbereich ausgehen zu können. Denn auch wenn der Kläger die Fälle nicht laufend begleitet, so hat er, wie vom Dienstherrn plausibel dargelegt, auch bei Neuanträgen eine vollständige Bedürftigkeitsprüfung durchzuführen. Häufig würden auch nur bestimmte einmalige Hilfen beantragt, die keine laufende Bearbeitung erforderten. Dies ist sachlich gerechtfertigt, überzeugend und nachvollziehbar.
35
Soweit der Kläger darauf verweist, dass die Beklagte ihn „degradiert“ habe, da seine frühere Tätigkeit als Leistungssachbearbeiter ein größeres Tätigkeitsspektrum mit anspruchsvolleren Aufgaben beinhaltet habe, so führt dies nicht zu einer anderen Betrachtung. Denn die Beklagte hat unter Ausübung ihres Organisationsermessens die Leistungssachbearbeiter der dritten Qualifikationsebene zugeordnet und damit deren Tätigkeiten dem Gesamtbild nach als höherwertig – verglichen mit den Aufgaben eines Verwaltungsinspektors – angesehen. Nachvollziehbar ist vor diesem Hintergrund, dass der Kläger, der Tätigkeiten wahrgenommen hat, die nach Überprüfung der Wertigkeit der Besoldungsgruppe A 10 entsprochen hätten, sich subjektiv unterwertig beschäftigt fühlt. Rechtlich zu beanstanden ist diese Neuverteilung von Aufgaben jedoch nicht, da dem Kläger – wie bereits festgestellt – ein amtsangemessener Aufgabenbereich verbleibt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass ein Beamter aus sachlichen Gründen eine Änderung seiner Aufgaben hinzunehmen hat, selbst wenn dies unter anderem mit einem Verlust des eigenen Fallbestandes einhergeht (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.2004 – 2 C 27/03 – BVerwGE 122, 53 – juris Rn. 16 m.w.N.; U.v. 22.5.1980 – 2 C 30/78 – BVerwGE 60, 144, juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 8.3.2016 – 3 ZB 15.1559 – juris Rn. 13).
36
b) Die Beklagte hat den Inhalt und den Stellenwert des Dienstpostens des Klägers auch ermessensfehlerfrei festgelegt.
37
Unter welchen Voraussetzungen, mit welchen inhaltlichen Vorgaben und in welcher Form Dienstposten der öffentlichen Verwaltung zu bewerten sind, ist normativ in aller Regel nicht bestimmt. Dies gilt auch für die Änderung einer früher getroffenen Bewertung. Die Bewertung von Dienstposten nach den Anforderungen der durch das Besoldungsrecht vorgegebenen Ämterordnung ist ebenso wie die Einrichtung und Gestaltung des Dienstpostens zunächst der Organisationsbefugnis des Dienstherrn zugeordnet (BVerwG, B.v. 3.3.2004 – 2 B 49/03 – juris; BVerwG, U.v. 31.5.1990 – 2 C 16/89 – juris).
38
Die Stelle wurde im Rahmen einer Stellenwertüberprüfung vom … November 2021 rechtlich beanstandungsfrei mit A 9 bewertet und orientiert sich am Gutachten der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung von 1982. Die hierin enthaltenen Darlegungen, die auch in der mündlichen Verhandlung erläutert wurden, sind für das Gericht plausibel und nachvollziehbar. Beispielsweise hat der Dienstherr in überzeugender Weise dargelegt, dass die Prüfung vorrangiger Sozialleistungen sowie die Bedürftigkeitsprüfung bei leistungsrechtlichen Entscheidungen die Stufe 5 von 10 Punkten in der Kategorie Schwierigkeit der Informationsverarbeitung rechtfertige. Auch das Kriterium Schwierigkeitsgrad dienstlicher Beziehungen sei mit 3 von 6 Punkten bewertet worden, was eher gering gegriffen sei, da der Kläger mit schwierigem Klientel mit ausgeprägtem Anspruchsdenken zu tun habe, von denen die deutsche Sprache nicht immer hinreichend verstanden werde. Diese Bewertung ist plausibel und nachvollziehbar, sodass nicht erkennbar ist, dass die Beklagte mit der Bewertung der Stelle das ihr zukommende Organisationsermessen überschritten hätte.
39
c) Soweit der Kläger auf seine frühere Tätigkeit als Leistungssachbearbeiter verweist, in dessen Funktion er einen eigenen Fallbestand sowie einen vielfältigeren Aufgabenbereich gehabt haben soll, so ist darauf hinzuweisen, dass ein Beamter aus sachlichen Gründen eine Änderung seiner Aufgaben hinzunehmen hat (BVerwG, U.v. 23.9.2004 – 2 C 27/03 – BVerwGE 122, 53 – juris Rn. 16 m.w.N.; U.v. 22.5.1980 – 2 C 30/78 – BVerwGE 60, 144, juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 8.3.2016 – 3 ZB 15.1559 – juris Rn. 13).
40
Für die Änderung des Aufgabenbereichs des Klägers hat der Beklage ein dienstliches Bedürfnis belegt (BayVGH, B.v. 14.3.2022 – 3 CE 22.413 – juris Rn. 8; B.v. 8.3.2016 – 3 ZB 15.1559 – juris Rn. 9). Dem Dienstherrn kommt für die tatsächliche Einschätzung eines vorliegenden dienstlichen Bedürfnisses kraft seiner Organisationsgewalt ein Beurteilungsermessen zu, ebenso ein weites Rechtsfolgeermessen (vgl. BayVGH, B.v. 8.3.2016 a.a.O. Rn. 9). Hierbei sind dem Dienstherrn sehr weite Grenzen gesetzt. Für ein entsprechendes dienstliches Bedürfnis genügt bereits jeder sachliche Grund, sofern dem Beamten ein angemessener Aufgabenbereich verbleibt (BVerwG, U.v. 28.11.1991 – 2 C 41.89 – juris Rn. 19) und kein Ermessensmissbrauch im oben beschriebenen Sinn vorliegt (BVerwG, U.v. 22.5.1980 – 2 C 30.78 – juris Rn. 23).
41
Es liegt demensprechend im rechtlich zulässigen Rahmen des Organisationsermessens des Dienstherrn, dass der Kläger zunächst nicht mehr die Aufgaben eines Leistungssachbearbeiters, sondern die eines Teamassistenten und anschließend die eines Clearing-Mitarbeiters wahrgenommen hat. Denn die Zuweisung der Tätigkeiten eines Teamassistenten lag die Umorganisation in der Form zugrunde, dass Leistungssachbearbeiter aufgrund der Komplexität ihrer Aufgaben der 3. Qualifikationsebene zugeordnet worden sind. In der Praxis habe es Schwierigkeiten bereitet, über die Zuordnung von Fällen zwischen Leistungssachbearbeiter-Stellen der 2. Qualifikationsebene für einfacher gelagerte Leistungsfälle mit geringem Schwierigkeitsgrad und solchen der 3. Qualifikationsebene mit einer höheren Arbeitsintensität und Schwierigkeitsgrad abzugrenzen und sich Leistungsfälle mit der Zeit in ihrer Schwierigkeit veränderten. Wenn als Folge dieser Neubewertung der Stellen eine Umstrukturierung des Tätigkeitsbereichs des Klägers erfolgt ist, ist hiergegen nichts einzuwenden. Es hält sich im zulässigen Rahmen der Organisationsgewalt des Dienstherrn und ist sachlich nachvollziehbar, wenn die Aufgaben des Leistungssachbearbeiters nicht mehr von einem Beamten der 2. Qualifikationsebene ausgeübt werden sollen und sich dementsprechend der Aufgabenbereich des Klägers ändert.
42
Auch der weitere Einsatz des Klägers als Clearing-Mitarbeiter beruht auf einem sachlichen Grund und ist rechtlich nicht zu beanstanden. So hat der Dienstherr vorgetragen, dass die Tatsache, dass nicht jedes der drei Leistungsteams einen Teamassistenten hatte, in der Praxis zu Unstimmigkeiten geführt habe, sodass die Clearing-Stelle geschaffen worden sei, um eine Vorprüfung für die Leistungsteams durchzuführen. Wenn der Kläger infolgedessen einen anderen Aufgabenbereich zugewiesen bekommt, ist dies nicht zu beanstanden. Denn es ist ihm ein amtsangemessener Aufgabenbereich verblieben (siehe hierzu bereits unter b).
43
3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
44
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).