Inhalt

VG München, Urteil v. 12.03.2024 – M 1 K 20.3252
Titel:

Vorbescheid, Landwirtschaftlicher Betrieb

Normenketten:
BayBO Art. 71
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1
Schlagworte:
Vorbescheid, Landwirtschaftlicher Betrieb
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 07.03.2025 – 1 ZB 24.735
Fundstelle:
BeckRS 2024, 8606

Tenor

 I.    Die Klage wird abgewiesen.
 II.    Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Kläger begehren die Erteilung eines Vorbescheids für eine land- und forstwirtschaftliche Hofstelle.
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Sie sind Miteigentümer des unbebauten Grundstücks FlNr. 1418 Gem. … (Vorhabengrundstück).
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Unter dem 15. Juli 2016 beantragten die Kläger die Erteilung eines Vorbescheids für das Bauvorhaben „Errichtung einer ökologischen Schafzucht mit Nebengebäuden und einem Hofladen“ (BV …*) auf dem Vorhabengrundstück. Mit Bescheid vom 11. September 2017 lehnte das Landratsamt den Antrag ab. Am … Oktober 2017 hat die Klagepartei Klage gegen den Bescheid vom 11. September 2017 erhoben (M 1 K 17.4866). Unter dem 1. September 2017 beantragten die Kläger erneut die Erteilung eines Vorbescheids für das Bauvorhaben „Errichtung einer ökologischen Schafzucht mit Nebengebäuden und einem Hofladen“ (BV …*) auf dem Vorhabengrundstück. Mit Bescheid vom 20. Juni 2018 lehnte das Landratsamt den Antrag ab. Am 10. Juli 2018 wurde im Verfahren M 1 K 17.4866 mündlich verhandelt. Die Kläger nahmen die Vorbescheidsanträge BV … und BV … zurück; das Verfahren wurde übereinstimmend für erledigt erklärt.
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Mit streitgegenständlichem Antrag vom 23. Oktober 2018 beantragten die Kläger die Erteilung eines Vorbescheids für das Bauvorhaben „Errichtung einer land- und forstwirtschaftlichen Hofstelle“ (...) und baten um fachliche Klärung folgender Fragen:
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1. Ist die Errichtung des Stallgebäudes mit Heu- und Strohlager (…) möglich?
2. Ist die Errichtung der Schleusen zwischen dem Stallgebäude und dem Betriebsleiterwohnhaus bzw. der Käse-, Milch- und Fleischwerkstatt möglich?
3. Ist die Errichtung des Betriebsleiterwohnhauses (…) möglich?
4. Ist die Errichtung der Käse-, Milch- und Fleischwerkstatt (…) möglich?
5. Ist die Errichtung des Hofladens (…) möglich?
6. Ist die Errichtung des Kühlhauses und des Lagers für den Hofladen (…) möglich?
7. Ist die Anhebung der Geländehöhe im Bereich der Hofstelle mit Festlegung der Geländeoberkante auf Höhe der Z. straße als Hochwasservorsorgemaßnahme möglich?
8. Ist die Aufteilung der Hofweide in acht Teilweiden (…) möglich?
9. Ist die Einzäunung der Weiden (…) möglich?
10. Ist die Aufstellung eines mobilen Hühnerstalls (…) möglich?
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Die Kläger legten ein Betriebskonzept zur „Errichtung einer land- und forstwirtschaftlichen Hofstelle“ mit den Betriebszweigen ökologische Schafzucht, Milch, Joghurt- und Käsespezialitäten, Zucht und Ausbildung von Herdenschutzhunden, Hühnerhaltung und Produktion von tagesfrischen Eiern sowie Forstwirtschaft vom 15. Juli 2016, aktualisiert am 1. September 2017 und am 27. Juli 2018, vor.
7
Unter dem 4. Dezember 2018 fertigte die Fa. … … GmbH im Auftrag des Klägers zu 1) ein Gutachten zur Abschätzung der Wirtschaftlichkeit einer Neuerrichtung einer landwirtschaftlichen Hofstelle auf dem Vorhabengrundstück.
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Mit Beschluss vom 10. Dezember 2018 verweigerte die Beigeladene ihr Einvernehmen.
9
Unter dem 6. Mai 2019 nahm das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten E. (AELF) Stellung zu dem Vorhaben. Die Kläger bewirtschafteten insgesamt 2,16 ha LF (0,18 ha Acker und 1,98 ha Grünland) sowie 1,45 ha Wald. Das Kriterium, dass das Bauvorhaben nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehme, werde damit nicht eingehalten. Mit den angegebenen Flächen könnten die erforderlichen Futterflächen für den geplanten Tierbestand nicht nachgewiesen werden. Die Kläger hätten angegeben, zukünftig den Futteraufwuchs unter und zwischen einer Solaranlage nutzen zu können. Bei diesen Flächen handle es sich jedoch um Gewerbeflächen, für die keine landwirtschaftliche Förderung beantragt werden könne. Der Futteraufwuchs dieser Flächen werde deshalb als zugekauftes Futter gewertet. Die für die Investitionen angegebenen Aufwendungen seien zu gering, die wirtschaftlichen Erträgnisse zu hoch angesetzt worden. Die Baukosten ohne Wohnhaus seien nach Einschätzung des AELF um mindestens 100.000 EUR höher. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass auf dem Hof noch Lohnarbeitskräfte arbeiten sollen. Deshalb seien weitere Kosten für Sanitäranlagen und Hygienevorschriften einzuplanen. Die vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung enthalte keinen Vollkostenansatz. Die Berechnung der Verzinsung im Konzept ergebe mit 4,34% ein scheinbar gutes Ergebnis, das sich aber relativiere, wenn die tatsächlichen Kosten für das Inventar deutlich höher lägen und der Gewinn aufgrund der nicht erzielbaren Verkaufspreise und deutlich höherer Festkosten in einen Verlust umschlügen. Bei der Berechnung des AELF ergebe sich bereits bei Annahme der zu niedrig angegebenen Kosten ein Verlust, weil von den angegebenen 8.678 EUR mehr als 10.000 EUR für Zinsansätze abgezogen werden müssten. Die Kosten für den Bodenankauf seien im Vergleich zu dem Vorhaben von 2016 geringer angegeben worden, was ohne Nachweis ebenfalls nicht akzeptiert werden könne. Das Vorhaben werde daher als nicht wirtschaftlich angesehen, sodass es keinem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Zuletzt habe das Ehepaar bislang lediglich einen Fortbildungskurs (BILA) mit zwölf Stunden zur Schafhaltung besucht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 11. Juli 2018 sei festgestellt worden, dass die Kläger an allen grundlegenden BILA-Kursen teilnehmen sollten. Angesichts des Alters der Kläger sei auch nachzuweisen, dass ein Hofnachfolger über die gleichen BILA-Kenntnisse verfüge.
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Im Rahmen eines von den Klägern angestrengten Petitionsverfahrens nahm das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten am 28. September 2019 Stellung zu dem Vorhaben.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 25. Juni 2020 lehnte das Landratsamt den Antrag ab. Die Ablehnungen der Bauanträge vom 15. Juli 2016 und vom 1. September 2017 hätten sich darauf gestützt, dass kein nachhaltiger und auf Dauer angelegter Betrieb vorliege, die persönliche Qualifikation nicht nachgewiesen worden sei und das vorgelegte Betriebskonzept unvollständig und fehlerhaft sei. Der nunmehr gestellte Antrag unterscheide sich zwar im Betreff; tatsächlich handle es sich wiederum um die Errichtung einer ökologischen Schafzucht. Hinzu komme die Zucht und Ausbildung von Herdenschutzhunden, Hühnerhaltung und Forstwirtschaft. Das Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig. Es handle sich um kein privilegiertes Vorhaben. Auf die Stellungnahme des Ministeriums vom 28. September 2019 werde Bezug genommen. Als sonstiges Vorhaben widerspreche es den Darstellungen des Flächennutzungsplans und beeinträchtige Belange des Naturschutzes. Es liege im Landschaftsschutzgebiet.
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Am … Juli 2020 hat die Klagepartei Klage erhoben.
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Sie beantragt,
1.
den Bescheid des Landratsamts … vom 25.06.2020, Az. …, aufzuheben,
2.
auf den Antrag auf Vorbescheid zur Errichtung einer land- und forstwirtschaftlichen Hofstelle auf dem Grundstück FlNr. 1418 Gemarkung … den Klägern den beantragten Vorbescheid zu erteilen,
3.
hilfsweise zu 2. die Beklagte zu verpflichten, den Antrag auf Vorbescheid zur Errichtung einer land- und forstwirtschaftlichen Hofstelle auf dem Grundstück FlNr. 1418 Gemarkung … unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.
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Das Vorhaben sei planungsrechtlich zulässig. Ausweislich des Gutachtens vom 4. Dezember 2018 sei sowohl das Betriebskonzept in sich schlüssig, die Flächenausstattung ausreichend, die notwendige Futtergrundlage gegeben und die Wirtschaftlichkeit des Betriebs gewährleistet. Dem Vorhaben stünden keine öffentlichen Belange entgegen.
15
Der Beklagte beantragt,
16
die Klage abzuweisen.
17
Der Beklagte habe sich im streitgegenständlichen Bescheid die im Rahmen der Petition abgegebene Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 28. September 2019 zu eigen gemacht. Darin sei eine umfassende Bewertung der Sach- und Rechtslage erfolgt, der nichts hinzuzufügen sei. Die Ausführungen der Klagepartei brächten keine Gesichtspunkte vor, die nicht schon Eingang in die bisherige Beurteilung des Vorhabens, dem mittlerweile dritten Versuch, gefunden hätten.
18
Die Beigeladene stellte keinen Antrag.
19
Am 12. März 2024 wurde mündlich verhandelt. Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift, wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

20
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
21
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Vorbescheids. Dem Vorhaben stehen hinsichtlich der im Vorbescheidsantrag gestellten Fragen öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen, die im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu prüfen sind, Art. 71 Satz 4 i.V.m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1, Art. 59 BayBO. Die Ablehnung ist daher rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
22
Nach Art. 71 Satz 1 BayBO ist auf Antrag des Bauherrn vor Einreichung des Bauantrags zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid zu erteilen. Für die Durchführung des Verfahrens zum Erlass eines Vorbescheids gelten grundsätzlich die selben Vorschriften und Grundsätze wie für das Baugenehmigungsverfahren, vgl. Art. 71 Satz 4 BayBO. Ein Vorbescheid ist nur dann zu versagen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsicht-lichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 71 Satz 4 i.V.m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO).
23
Die Voraussetzungen für eine positive Beantwortung der Fragen – betreffend die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens – sind nicht gegeben, weil das Vorhaben insoweit nicht genehmigungsfähig ist. Das im bauplanungsrechtlichen Außenbereich befindliche und daher nach § 35 BauGB zu beurteilende Vorhaben stimmt nicht mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB überein, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO. Es liegt kein Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB vor (1.). Als sonstiges Vorhaben beeinträchtigt es öffentliche Belange (2.).
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1. Das Vorhaben der Kläger ist nicht gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert, weil diese keinen landwirtschaftlichen Betrieb betreiben.
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Gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB liegt ein privilegiertes Vorhaben u.a. dann vor, wenn es einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt.
26
a) Nach § 201 BauGB ist Landwirtschaft im Sinne des Baugesetzbuches u.a. die Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann. Der Begriff der Landwirtschaft ist demnach dadurch gekennzeichnet, dass es sich um unmittelbare Bodenertragsnutzung handeln muss. Voraussetzung dafür ist stets, dass die Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage betrieben wird, das Futter mithin überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann. Damit wird die erforderliche Beziehung zwischen Tierhaltung und Tierfutter hergestellt. Die Zugehörigkeit zum Betrieb kann auf der Basis eigentumsrechtlich wie auch auf schuldrechtlich (vor allem Pachtverträge) gesicherter Zuordnung begründet sein (vgl. hierzu kritisch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 151. EL 2023, § 201 Rn. 17). Die Anforderung der überwiegend eigenen Futtergrundlage als Voraussetzung einer landwirtschaftlichen Tierhaltung bezieht sich nur auf das Verhältnis von selbst erzeugtem zu zugekauftem Futter. Die Frage, in welchem Umfang die erforderlichen Betriebsflächen im Eigentum des Landwirts stehen müssen, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Diese Frage betrifft die Anforderungen an die Dauerhaftigkeit des landwirtschaftlichen Betriebs (BayVGH, B.v. 4.1.2005 – 1 CS 04.1598 – juris).
27
Die Kläger planen ausweislich der im Betriebskonzept gemachten Angaben einen regelmäßigen Tierbestand von 21 Schafen (20 Mutterschafe sowie ein Zuchtbock), 28 Lämmern, 200 Hühnern und acht Herdenschutzhunden. Es wird ein Flächenbestand von 1,3 ha Weidefläche auf dem Vorhabengrundstück, weiteren 0,8 ha Grünland und 8 ha Pflegefläche auf Basis eines Pflegevertrags für eine Freiflächensolaranlage zugrunde gelegt. Insgesamt stehen mithin knapp 10 ha zur Verfügung. Wenngleich die letztgenannten Flächen teilweise in deutlicher Entfernung zum Vorhabenstandort liegen (ca. 40 km bzw. über 100 km) und sich insoweit die Frage aufdrängt, ob und inwieweit entfernt liegende Flächen für die Frage der Futtergrundlage berücksichtigt werden können (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 151. EL 2023, § 201 Rn. 17c), geht das Gericht dennoch im Einklang mit dem Gutachten vom 4. Dezember 2018 (Seite 4 f.) und zu Gunsten der Kläger davon aus, dass die überwiegend eigene Futtergrundlage – mithin mindestens 50% – gesichert ist. Die Flächen sind dem Vorhaben dauerhaft zugeordnet, weil sie entweder im Eigentum der Kläger stehen oder auf Basis eines langfristigen Pachtvertrags (nach Angaben der Kläger bis 31. Dezember 2038) zugehörig sind. Trotz der Entfernung handelt es sich bei der Nutzung dieser Flächen im Vergleich zur jährlichen Gesamtarbeitszeit zudem um überschaubaren Aufwand, wenn die Flächen – wie von Klagepartei angegeben – nur selten zur Heuwerbung angefahren werden müssen.
28
b) Das von den Klägern geplante Unternehmen gemäß der Betriebsbeschreibung stellt keinen für die §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB erforderlichen landwirtschaftlichen Betrieb dar. Zu den Merkmalen eines Betriebs gehören u.a. die Dauerhaftigkeit und Gewinnerzielung (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 151. EL 2023, § 201 Rn. 10). Erforderlich ist dabei zunächst eine nachhaltige und dauerhafte Betätigung, weil nur dadurch die Privilegierung der Vorhaben, die einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, als gerechtfertigt anzusehen ist. Der landwirtschaftliche Betrieb muss daher ein auf Dauer ausgerichtetes, lebensfähiges Unternehmen zur planmäßigen und eigenverantwortlichen Bodennutzung sein (BVerwG, U.v. 11.10.2012 – 4 C 9/11 – juris Rn. 7).
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aa) Es fehlen bereits hinreichende Angaben zur Eignung der Kläger als Betriebsinhaber, die vermuten ließen, dass der Betrieb dauerhaft, ernsthaft und nachhaltig ausgeübt werden könnte.
30
Die Kläger kommen aus landwirtschaftsfremden Berufen. Der Kläger zu 1) ist …, die Klägerin zu 2) … Insgesamt beabsichtigen die Kläger einen Arbeitszeitanteil von 0,3 (Kläger zu 1)) und 0,4 (Klägerin zu 2)) einzubringen. Nach ihren Angaben soll es sich demnach nicht um einen Vollerwerbsbetrieb handeln; geplant ist die Neugründung eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebs. In diesen Fällen ist eine besonders sorgfältige Prüfung der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit geboten, besonders ist zu prüfen, ob der Wunsch, im Außenbereich zu wohnen, im Vordergrund steht (vgl. BayVGH, U.v. 28.4.2015 – 15 B 13.2262 – juris Rn. 27). Die fachliche Sachkunde der Kläger beschränkt sich auf ein von ihnen beim AELF absolviertes zwölfstündiges Modul im Bildungsprogramm Landwirt mit Schwerpunkt Schafhaltung im März 2017. Hinzu kommt beim Kläger zu 1) ein Kurs zur Klauenpflege bei Schafen, zur Schafschur, ein Motorsägeschein sowie ein Praktikumsnachweis im Bereich Schafzucht und Herdenschutzhunde. Entsprechende Belege wurden vorgelegt. In der Gesamtschau genügt dies jedoch nicht für den Nachweis der Eignung der Kläger als Betriebsinhaber. An die Einschätzung des Landesverbands Bayerischer Schafhalter e.V. vom 26. April 2018, wonach die Kläger besondere Sachkunde aufwiesen und sich um weitere Kenntnisse bemühten, sind weder das AELF noch das Gericht gebunden – zumal das Schreiben erkennbar auch von sachfremden Erwägungen geleitet ist und keine objektive Einschätzung darstellt. Das AELF weist in seiner Stellungnahme vom 6. Mai 2019 zurecht darauf hin, dass weitere (Grundlagen) Kenntnisse – insbesondere in Anbetracht der Betriebsneugründung durch landwirtschaftsfremde Personen – zwingend erforderlich wären. Im vorliegenden Fall wäre der Nachweis der Teilnahme an weiteren Modulen des Bildungsprogramms Landwirt nicht nur sinnvoll, sondern auch deshalb notwendig, weil das Betriebskonzept aus mehreren Bestandteilen besteht. So soll ein wesentliches Betätigungsfeld nach dem vorgelegten Betriebskonzept die Lebensmittelerzeugung sein. Die Einnahmen sollen zu fast 50% durch Verkäufe von Milch, Joghurt-Spezialitäten, Käse-Spezialitäten sowie Wolle erzielt werden. Sachkunde im Hinblick auf die Lebensmittelproduktion ist überhaupt nicht nachgewiesen.
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Insgesamt bestehen daher gewichtige Zweifel an der persönlichen Geeignetheit der Kläger, die der Annahme eines ernsthaft und nachhaltigen Betriebs entgegenstehen.
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bb) Überdies kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Hof- und Betriebsnachfolge gewährleistet wäre, was für die Annahme der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit des Betriebs erforderlich wäre.
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Die Kläger sind im Entscheidungszeitpunkt bereits mindestens 64 bzw. mindestens 63 Jahre alt und stehen demnach kurz vor dem (gesetzlichen) Renteneintritt. Angesichts des fortgeschrittenen Alters ist der Klärung der Hofnachfolge umso größere Bedeutung beizumessen. Glaubhafte und plausible Aussagen über die Hofnachfolge fehlen jedoch. Ausweislich der beigezogenen Behördenakten zum ersten Vorbescheidsverfahren sollen offenbar die beiden Kinder der Kläger die Hofnachfolge antreten (Bl. 30 f. d. BA zum Bauvorhaben BV …*). Der Sohn sei selbständiger Kfz-Meister und habe die handwerklichen Fähigkeiten, den Hof weiter zu führen. Die Tochter habe eine Ausbildung als Bürokauffrau absolviert und könne die Buchhaltung des Betriebs übernehmen. Die zur Hofführung notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten würden die Kinder von den Klägern vor Ort erlernen, bei Bedarf würden Fortbildungsangebote genutzt. Beide seien gemeinsam oder einzeln in der Lage, den Hof weiterzuführen; die Hofnachfolge werde zu gegebener Zeit präzisiert, weil die Kläger noch weitere 10 bis 20 Jahre hätten, um sich zu verwirklichen. Diese Aussagen sind erkennbar vage gehalten. Offensichtlich haben sich die Kläger über die Hofnachfolge noch keine tiefergehenden Gedanken gemacht, obgleich dies erforderlich wäre. Es bleibt völlig unklar, ob die Kinder überhaupt Interesse an einer Fortführung des Betriebs hätten. Eine einschlägige Ausbildung im land- und forstwirtschaftlichen Bereich können sie nicht vorweisen geschweige denn Sachkunde im Bereich der Schafzucht und in den übrigen Betriebszweigen des Vorhabens. Aktuellere und aussagekräftigere Angaben dazu gibt es nicht.
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Angesichts dessen ist in diesem Zusammenhang auch die in der Wirtschaftlichkeitsberechnung des Betriebskonzepts zugrunde gelegte Nutzungsdauer des Betriebsleiterwohnhauses von 50 Jahren mitsamt entsprechender jährlicher Zinsansätze von 2% (Seite 10, Ziff. 3.3 des Konzepts) als unrealistisch anzusehen. Eine derart lange Lebensdauer des Betriebs ist aufgrund der tatsächlichen Angaben der Kläger nicht zu erwarten und offensichtlich auch nicht beabsichtigt.
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Demnach kann im Ergebnis nicht von einer auf besonderer Sachkunde beruhender und auf Generationen ausgelegten Landwirtschaft ausgegangen werden.
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cc) Bereits die dargestellten Erwägungen genügen für die Annahme, dass die Kläger keinen landwirtschaftlichen Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB führen. Nach kritischer Würdigung des vorgelegten Betriebskonzepts erscheint es darüber hinaus zweifelhaft, ob das Vorhaben auf einen auf Wirtschaftlichkeit und Gewinnerzielung angelegten Betrieb abzielt.
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Geht es – wie hier – um die Neugründung eines Betriebs, ist die Absicht der Gewinnerzielung ein für die Ernsthaftigkeit des Vorhabens und die Sicherung der Beständigkeit gewichtiges Indiz, das besonders sorgfältig zu prüfen ist (BVerwG, U.v. 16.12.2004 – 4 C 7.04 – juris Rn. 12; BVerwG U.v. 11.10.2012 – 4 C 9.11 – juris Rn. 8 m.w.N.; BayVGH, B.v. 7.11.2018 – 9 ZB 15.941 – juris Rn. 8).
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Soweit das Gutachten vom 4. Dezember 2018 die Kosten für das beabsichtigte Wohnhaus auf dem Vorhabengrundstück bei der Ermittlung der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens außer Betracht lässt, ist dies für das Gericht – im Einklang mit dem Beklagten – nicht nachvollziehbar. Nach der Einschätzung des Sachverständigen sei davon auszugehen, dass der Bau des Wohnhauses vollständig mit den verfügbaren Eigenmitteln abgedeckt werde (Seite 6). In der Folge bleiben diese Kosten unberücksichtigt und werden nicht in die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einbezogen. Zur Begründung ist ausgeführt (Seite 2 f.), dass das Wohnhaus nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb, sondern dem Privatbereich der Familie zuzuordnen sei. Nur wenn neben den landwirtschaftlichen Einkünften nicht andere Einkunftsarten zur Verfügung stehen, sei das Wohnhaus aus dem Gewinn zu finanzieren. Dies leuchtet nicht ein. Zum einen liegt dieser Bewertung die pauschale Annahme zugrunde, dass das Wohnhaus tatsächlich vom vorhandenen Eigenkapital abgedeckt werden soll. Dies ist indes eine unternehmerische Entscheidung, ob, und wenn ja, wofür, Eigenkapital verwendet werden soll. Eine eindeutige Aussage der Kläger dazu ist den Akten jedenfalls nicht zu entnehmen. Zum anderen ist die Stellungnahme auch deshalb kritisch zu sehen, weil es sich mitnichten um ein klassisches Wohnhaus, sondern gerade um ein Betriebsleiterwohnhaus handelt.
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Als solches steht es freilich im Zusammenhang mit dem Betrieb und seine Finanzierung „steht und fällt“ mit der Wirtschaftlichkeit des Betriebs. Sowohl räumlich als auch funktional soll es nach den Eingabeplänen den Mittelpunkt des Vorhabens bilden. Eine vollständige Herausnahme der Baukosten des Betriebsleiterwohnhauses aus der Wirtschaftlichkeitsberechnung erscheint nicht sachgerecht. Auf die weitere Frage, ob für das Vorhaben ein Betriebsleiterwohnhaus überhaupt erforderlich ist oder es unter Berücksichtigung der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs nicht geboten wäre, die Bebauung des Vorhabengrundstücks auf das zwingend Notwendige (etwa Stall, Werkstatt und Hofladen) zu beschränken, kommt es nicht mehr entscheidungserheblich an. Bei landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieben besteht insoweit Anlass zu besonderer Prüfung, ob ein Wohnhaus in diesem Sinne dem Betrieb dient, oder ob der Betrieb nur Vorwand für ein Wohnen im Außenbereich ist (BVerwG, U.v. 16.5.1991 – 4 C 2/89 – juris). Nach den Ausführungen des Gutachters im Gutachten vom 4. Dezember 2018 sei die Errichtung eines Wohnhauses an der Hofstelle deshalb geplant, um den Anforderungen bezüglich Tierbeobachtung und -betreuung gerecht zu werden. Inwieweit diese Feststellung auf Äußerungen der Kläger beruht und ob das Wohnhaus für diese Zwecke zwingend notwendig ist, ist weder aus dem Gutachten noch aus dem Betriebskonzept der Kläger ersichtlich. Der Bedarf eines Betriebsleiterwohnhauses erscheint umso zweifelhafter, als sich die von den Klägern eingebrachte Arbeitskraft auf einen geplanten Arbeitskraftanteil von 0,3 bzw. 0,4 beschränkt. Es ist davon auszugehen und von den Klägern auch so vorgetragen, dass sie bei unterstellter Realisierung des Vorhabens vorerst weiter ihren bisher ausgeübten Berufen als Architekt und Bürokauffrau nachgehen würden. Weit überwiegend werden die Kläger demnach andernorts und anderweitig beruflich tätig sein und können in dieser Zeit keine Arbeitsleistung für das Vorhaben erbringen. Angesichts dessen ist nicht ersichtlich, dass für ein Vorhaben mit diesem untergeordneten Arbeitszeitaufwand ein Betriebsleiterwohnhaus benötigt wird, um den Anforderungen bezüglich Tierbeobachtung und -betreuung gerecht zu werden. Unter Zugrundelegung der zu erwartenden Arbeitszeitaufteilung liegt vielmehr die Annahme nahe, dass unter dem Deckmantel der Privilegierung ein Wohnhaus im Außenbereich entstehen soll, das lediglich dem arbeitszeitlich untergeordneten Betrieb zugehörig wäre.
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e) Auf die übrigen insoweit aufgeworfenen und zwischen den Beteiligten diskutierten Fragen, etwa ob die für Investitionen angesetzten Aufwendungen zu gering und die wirtschaftlichen Erträgnisse zu hoch angesetzt sind, kommt es nach alledem nicht entscheidungserheblich an. Im Ergebnis handelt es sich bei dem Vorhaben nicht um ein im Außenbereich privilegiertes, sondern allenfalls um reine Hobbynutzung, der die konkrete Gefahr innewohnt, dass das Konzept schon nach kurzer Zeit aufgegeben werden könnte und (zunächst verdeckte) private Wohnbauwünsche im Außenbereich in den Vordergrund treten könnten.
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2. Als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB beeinträchtigt das Vorhaben der Kläger öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB, weil es bereits den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB. Daneben beeinträchtigt es die natürliche Eigenart der Landschaft und lässt die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten, § 35 Abs. 3 Nr. 5, 7 BauGB.
II.
42
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Dabei entsprach es der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, weil diese keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat.
III.
43
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.