Titel:
Dublin-Verfahren (Spanien)
Normenketten:
§ 29 Abs. 1, § 34a Abs. 1 S. 1
Dublin III-VO Art. 18 Abs. 1 lit. a, Art. 20 Abs. 3, 26 Abs. 1
Leitsatz:
Weder weisen das Asylverfahren noch die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Spanien systemische Mängel auf, die zu der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung iSv Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK führen könnten; dies gilt in der Regel selbst für vulnerable Personen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abschiebungsanordnung nach Spanien, Aufnahmeverfahren mit Spanien, Unzulässigkeit eines Asylantrags nach § 29 Abs. 1 AsylG, auch wenn für nachgeborenes Kind Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO greift, aber (noch) kein Bescheid für das Kind durch das Bundesamt erlassen worden ist, Kein Abschiebungsverbot für Mutter eines Säuglings nach Ablauf der Mutterschutzfrist, Abschiebungsanordnung, Spanien, systemische Mängel, Mutterschutzfrist
Fundstelle:
BeckRS 2024, 8427
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
1
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine asylrechtliche Abschiebungsanordnung nach Spanien.
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Die 1997 geborene Antragstellerin ist beninische Staatsangehörige. Sie stellte am 13. August 2023 ein Asylgesuch und am 6. September 2023 einen förmlichen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt).
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Eine am 13. August 2023 eingeholte Auskunft aus der EURODAC-Datenbank erbrachte einen Treffer der Kategorie 2 für Spanien für den 13. September 2022. Auf das Aufnahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 12. Oktober 2023 hin teilte das Königreich Spanien am 10. November 2023 mit, dass die Zuständigkeit Spaniens nach Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) anerkannt werde.
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Bei Befragungen durch das Bundesamt am 6. und 13. September 2023 gab die Antragstellerin an, ihr Heimatland 2022 verlassen und über Malawi, Niger und Algerien, Spanien, wo er sich anderthalb Monate aufgehalten habe, und Frankreich im Januar 2023 nach Deutschland eingereist zu sein. In Spanien habe sie einen Asylantrag gestellt und Fingerabdrücke abgegeben. Sie wolle ihr Asylverfahren in Deutschland durchführen, weil hier der Vater ihres ungeborenen Kindes lebe, der allerdings nicht wisse, dass sie schwanger sei. In der Zeit von Januar und August 2023 habe sie sich bei Freunden aufgehalten. Sie habe manchmal Fieber und eine Hautinfektion und sei in Benin in Behandlung gewesen.
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Mit Bescheid vom 20. November 2023, der Antragstellerin zugestellt am 24. November 2023, lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung nach Spanien (Ziffer 3) und ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG an und befristete dieses auf 21 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4).
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Hiergegen erhob die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigte am 1. Dezember 2023 Klage zum Verwaltungsgerichts Ansbach (AN 17 K 23.50865) und beantragte gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des Bundesamtsbescheids anzuordnen.
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Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2023,
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Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2023 teilte die Antragsgegnerin mit, dass der Sohn … der Antragstellerin am … 2023 geboren worden sei. Es liege eine Anzeige der Ausländerbehörde nach § 14a Abs. 2 AsylG vom 24. November 2023 vor. Der von der Antragstellerin angegebene Vater sei in den Datenbanken von MARIS und dem Ausländerzentralregister (AZR) nicht gefunden worden. Während der Mutterschutzfristen werde die Antragstellerin nicht abgeschoben. Mit Schriftsatz vom 15. Januar 2024 teilte die Antragsgegnerin mit, dass weiterhin auf die Vorlage der Geburtsurkunde für den Sohn gewartet werde und dessen Asylverfahren noch offen sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
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Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ziffer 3 des Bescheids des Bundesamtes vom 20. November 2023 ist zulässig, aber unbegründet und deshalb abzulehnen.
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1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung ist zulässig, insbesondere statthaft, weil die gleichzeitig erhobene Klage keine aufschiebende Wirkung hat, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG. Die Klage und der Eilantrag sind auch fristgerecht innerhalb der Frist von einer Woche nach Bescheidszustellung, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG, erhoben worden.
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2. Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil die Interessensabwägung des Gerichts ein Überwiegen des Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers ergibt. Im Rahmen der gerichtlichen Ermessensentscheidung spielen vor allem die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage eine maßgebliche Rolle. Die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage führt zu dem Ergebnis, dass die Hauptsacheklage aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird. Die in Ziffer 3 des Bescheids getroffene Abschiebungsanordnung erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) nämlich als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Rechtsgrundlage für die Anordnung der Abschiebung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht, § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG.
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a) Das Königreich Spanien ist der nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens der Antragstellerin zuständige Staat und nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) Dublin III-VO zur Aufnahme der Antragstellerin verpflichtet, weil die Antragstellerin über Spanien am 13. September 2022 illegal in den Dublin-Raum eingereist ist und die illegale Einreise im maßgeblichen Zeitpunkt der (Erst-) Asylantragstellung (vgl. Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO), d.h. bei ihrer Antragstellung in Deutschland am 13. August 2023 bzw. 6. September 2023, noch keine zwölf Monate her war. Der EURODAC-Treffer der Kategorie 2 vom 13. September 2022 belegt die illegale Einreise in den Dublin-Raum über Spanien, Art. 22 Abs. 3 Dublin III-VO, Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 (Dublin-Durchführungs-VO 2003), Art. 16a der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 (Dublin-Durchführungsverordnung 2014) i.V.m. Verzeichnis A I Nr. 7 erster Spiegelstrich zur Dublin-Durchführungs-VO 2014. Die Einreise über Spanien hat die Antragstellerin bei ihren Befragungen vor dem Bundesamt am 6. und 13. September 2023 auch selbst bestätigt. Auch Spanien betätigte mit der Nachricht vom 10. November 2023 seinerseits das Eingreifen von Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO. Den Nachweis für eine Asylantragstellung in Spanien erbringt der EURODAC-Treffer der Kategorie 2 hingegen nicht; hiervon kann nur bei einem EURODAC-Treffer der Kategorie 1 ausgegangen werden (Art. 22 Abs. 3 Dublin III-VO, Art. 2 Dublin Durchführungs-VO 2014 i.V.m. Verzeichnis A II Nr. 1 und Nr. 2 erster Spiegelstrich zur Dublin-Durchführungs-VO 2014). Hiervon ist somit nicht auszugehen.
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Eine dem Art. 13 Dublin III-VO vorrangige Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland oder eines anderen europäischen Staates ist nicht gegeben. Bei dem angegebenen Vater des Kindes der Antragstellerin handelt es sich nicht um einen Familienangehörigen der Antragstellerin. Dies ist nach Art. 2 Buchst. g) Dublin III-VO nur ein Ehegatte, nicht aber ein sonstiger Partner, mit dem die antragstellende Person nicht verheiratet ist. Somit greifen Art. 9 bis 11 Dublin III-VO für die Antragstellerin nicht ein.
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Auch im Hinblick auf den zwischenzeitlich am … 2023 in Deutschland geborenen Sohn der Antragstellerin ergibt sich für die Antragstellerin keine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, ihr Asylverfahren nunmehr hier durchzuführen. Nach Art. 20 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Dublin III-VO ist die Situation eines in Deutschland nachgeborenen Kindes vielmehr untrennbar mit der Situation des Familienangehörigen verbunden. Für den Sohn der Antragstellerin ergibt sich damit, abgeleitet von der Antragstellerin, ebenfalls die Zuständigkeit Spaniens und zwar ohne, dass insofern ein Zuständigkeitsverfahren mit Spanien durchgeführt werden müsste. Da eine Vaterschaft für den Sohn der Antragstellerin nicht belegt ist, Dokumente, die eine solche nachweisen (etwas Vaterschaftsanerkennung), nicht vorgelegt worden sind, der von der Antragstellerin namentlich benannte Vater im AZR und beim Bundesamt in MARIS nicht einmal erfasst bzw. nicht aufgefunden worden ist und damit auch nicht klar ist, ob diese Person überhaupt existiert und gegebenenfalls, ob sie sich in Deutschland aufhält, kommt auch für den Sohn keine andere Zuständigkeit als diejenige abgeleitet von der Mutter und somit keine andere als Spanien in Betracht. Damit kann sich für die Antragstellerin auch über ihren Sohn nach Art. 9 bis Art. 11 Dublin III-VO keine Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland ergeben. Dass das Verfahren für den Sohn der Antragstellerin (noch) nicht mit einem Bescheid des Bundesamtes, mit dem die Unzulässigkeit seines Asylantrags in der Bundesrepublik festgestellt wird, abgeschlossen ist, steht dem Eingreifen von Art. 20 Abs. 3 Satz 1 Dublin III-VO und der Rückführung des Sohnes zusammen mit der Antragstellerin nach Spanien nicht entgegen. Art. 26 Abs. 1 Dublin III-VO fordert nur das In-Kenntnis-Setzen des Asylbewerbers von der Zustimmung zur (Wieder-)Aufnahmebereitschaft des zuständigen Staates. Die Vorschrift greift für ein nach Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO mitgezogenes Kind – da ein entsprechendes Verfahren nicht notwendig ist (s. vorstehenden Ausführungen) –, nicht ein.
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Für einen Selbsteintritt durch die Bundesrepublik Deutschland nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergibt sich in dieser Situation ebenfalls nichts.
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b) Das, weil es zu einer Asylantragstellung in Spanien nicht gekommen ist, nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) Dublin III-VO einschlägige Aufnahmeverfahren ist vom Bundesamt am 12. Oktober 2023 ordnungsgemäß und rechtzeitig innerhalb der Frist von zwei Monaten nach der EURO-DAC-Treffermeldung (13.8.2023), Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 Dublin III-VO, eingeleitet worden. Zu einem Zuständigkeitsübergang nach Art. 21 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO auf die Bundesrepublik Deutschland ist es somit nicht gekommen. Spanien hat der Übernahme am 10. November 2023 innerhalb der Zwei-Monats-Frist nach Art. 22 Abs. 1 Dublin III-VO auch zugestimmt.
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c) Es liegen auch keine Umstände nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO vor, die eine Rückkehr der Antragstellerin (zusammen mit ihrem Sohn) nach Spanien unzumutbar erscheinen ließen.
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Nach dem System der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996, 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 31.12.2011, C-411/10 und C-433/10 – NVwZ 2012, 417) gilt die Vermutung, dass die Behandlung von Asylbewerbern in jedem Mitgliedsland der Europäischen Union (EU) den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der EU (GRCh) entspricht. Diese Vermutung ist jedoch dann widerlegt, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem Mitgliedsland systemische Mängel aufweisen, die zu der Gefahr für den Asylbewerber führen, bei Rückführung in den Mitgliedsstaat einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.
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Derartige systemische Mängel sind für Spanien nicht erkennbar und wurden von der Antragstellerin auch nicht vorgetragen. Das Gericht schließt sich nach Auswertung der zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln, der – soweit ersichtlich – nahezu einhelligen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung an, die derartige systemische Mängel im spanischen Asylsystem – in der Regel selbst für vulnerable Personen – verneint (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 20.1.2023 – 22 L 2724/22.A – juris Rn. 35 ff; VG Chemnitz, B.v. 12.4.2022 – 5 L 122/22.A – juris Rn. 17 ff.; VG Gera, B.v. 22.2.2022 – 6 K 963/21Ge – juris Rn. 26 ff.; VG Würzburg, B.v. 9.12.2021 – W 2 S 21.50343 – juris Rn. 19 ff. und B.v. 11.1.2019 – W 2 S 19.500022; ständ. Rechtspr. der Kammer, vgl. VG Ansbach, B.v. 31.5.2022 – AN 17 S 20.50132, B.v. 6.10.2022 – AN 17 S 20.50150 – juris).
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An die Annahme des Ausnahmefalls des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO sind dabei strenge Anforderungen zu stellen. Es müsste die ernsthafte Gefahr grundlegender Verfahrensmängel oder erheblich defizitärer Aufnahmebedingungen für den Asylbewerber in dem Mitgliedsland erkennbar und für den Rechtschutzsuchenden im zu entscheidenden Einzelfall zu befürchten sein (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014, 10 B 6/14 – juris), was weder allgemein für Spanien der Fall ist, noch im Hinblick auf eine besonders schutzwürdige Personengruppe, der der Antragsteller angehört, erkannt werden kann. Auf die Ausführungen des Bundesamts im angegriffenen Bescheid wird insoweit Bezug genommen, § 77 Abs. 3 AsylG. In Spanien existiert insbesondere ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit administrativen und gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich [BFA], Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Spanien, 8.11.2022, S. 5 ff.). (Bedürftige) Asylbewerber haben in Spanien Anspruch auf Unterkunft und Grundversorgung (vgl. BFA, a.a.O., S. 13). Der Wohnort und die Art der Unterbringung von Dublin-Rückkehrern werden von den spanischen Behörden auf der Grundlage der Bedürfnisse der Asylbewerber zugewiesen (vgl. BFA, a.a.O, S. 7). Ebenso sind Asylbewerber berechtigt, sechs Monate nach Einbringung ihres Asylantrages eine Arbeit aufzunehmen (vgl. BFA, a.a.O., S. 16). Das spanische Recht sieht für alle Asylbewerber ebenso wie für spanische Bürger den vollen Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem vor. Der universelle Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem gilt auch für irreguläre Migranten (vgl. BFA, a.a.O., S. 17 f.). Demnach ergibt sich für die Antragstellerin bei einer Rückkehr nach Spanien prognostisch keine erniedrigende oder menschenunwürdige Behandlung.
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Ihr droht nach Überzeugung des Gerichts auch nach einer etwaigen Anerkennung als international Schutzberechtigter in Spanien keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, was nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bereits im Dublin-Verfahren in den Blick zu nehmen ist (EuGH, U.v. 19.3.2019 – Jawo, C-163/17 – juris Rn. 87 ff.). Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten in Spanien eine Aufenthaltserlaubnis für fünf Jahre, die verlängert werden kann. Die Ausstellung eines langfristigen Aufenthaltstitels ist nach fünf Jahren möglich. Anerkannte Flüchtlinge können die spanische Staatsbürgerschaft frühestens nach fünf Jahren und subsidiär Schutzberechtigte nach zehn Jahren erhalten. International Schutzberechtigte genießen in ganz Spanien Freizügigkeit und haben denselben Zugang zum Arbeitsmarkt wie spanische Bürger. Probleme kann es aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse oder Qualifikationen bzw. aufgrund von Diskriminierung geben. Spanien bietet für Anerkannte weiter Unterstützung mittels eines Unterbringungs- und Integrationsprogrammes. International Schutzberechtigte haben rechtlich Zugang zu Sozialhilfe wie spanische Bürger. Auch praktisch besteht dieser Zugang ohne besondere Hindernisse. Zugang zu medizinischer Versorgung besteht unter denselben Bedingungen wie für Asylbewerber. NGOs bieten Hilfe, etwa bei dem Finden einer eigenen Wohnung (vgl. BFA, a.a.O., S. 18 f.). Der Antragstellerin droht hiernach keine Verelendung. Sie hat jedenfalls Anspruch auf Sozialleistungen.
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d) Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für ein zielstaatsbezogenes oder inlandsbezogenes Abschiebungsverbot in Hinblick auf Spanien, das der Abschiebungsanordnung entgegenstünde. Eine Reiseunfähigkeit der Antragstellerin aufgrund der Entbindung am … 2023 besteht nicht mehr. Reiseunfähigkeit wird für die Zeit der Mutterschutzfrist nach § 3 Mutterschutzgesetz (MuSchG) vor und nach der Entbindung zwar angenommen, die Schutzfrist nach der Entbindung beträgt aber regelmäßig acht Wochen, § 3 Abs. 2 MuSchG, und ist damit zwischenzeitlich abgelaufen. Gegebenenfalls notwendige medizinische (Nach-)Untersuchungen oder Behandlungen für Mutter und Kind sind ebenso in Spanien möglich und auch erreichbar (vgl. allgemein Raphaelswerk, Spanien: Information für Geflüchtete, die nach Spanien rücküberstellt werden, Nov. 2019, S. 8; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Spanien vom 3.2.2021, S. 15), so dass sich auch insoweit kein Abschiebungsverbot ergibt. Da eine Rückführung der Antragstellerin ohne ihren Sohn und damit eine Trennung nicht in Betracht kommt (vgl. Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO), ergibt sich auch aus der Wirkung von Art. 6 GG, Art. 8 EMRK kein Abschiebungsverbot.
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3. Die Kostenentscheidung des damit erfolglosen Antrags beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG
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4. Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.