Titel:
unzulässiger Asylfolgeantrag
Normenketten:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 2, § 71
AufenthG § 25 Abs. 3 S. 1, § 60 Abs. 1 S. 2
Leitsatz:
Jedenfalls in den Fällen der bestandskräftigen Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG liegt eine unanfechtbare Ablehnung des früheren Asylantrags iSd § 71 Abs. 1 S. 1 AsylG vor. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Eritrea, Folgeantrag, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Griechenland, Abschiebungsschutz, Bindungswirkung der ausländischen Flüchtlingsanerkennung, kein Anspruch auf neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, unzulässiger Folgeantrag, internationaler Schutz in Griechenland
Fundstelle:
BeckRS 2024, 8089
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Aufhebung einer von der Beklagten getroffenen Unzulässigkeitsentscheidung in Bezug auf einen gestellten Asylfolgeantrag (§ 71 Asylgesetz – AsylG).
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Der am ... März 1987 in ... (Eritrea) geborene Kläger ist eritreischer Staatsangehöriger mit Volkszugehörigkeit der Tigrinya und christlich-orthodoxem Glauben.
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Dem Kläger wurde am 11. Februar 2016 unter einer anderen Identität jedoch mit identischen Fingerabdrücken in Griechenland internationaler Schutz zuerkannt.
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Seinen Angaben zufolge reiste der Kläger am 2. September 2016 erstmalig in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er unter dem 6. Oktober 2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen förmlichen Asylantrag stellte.
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Bei seiner persönlichen Anhörung beim Bundesamt am 4. November 2016 gab der Kläger an, Eritrea aus Angst vor der Todesstrafe verlassen zu haben. Er habe im Zeitraum von 2006 bis 2014 als Soldat beim eritreischen Militär gedient. Als er von einem Urlaub nicht rechtzeitig zurückgekehrt sei, sei er im Juni 2010 für die Dauer von eineinhalb Jahren inhaftiert worden. Im Jahr 2014 sei er als Wachmann in einem Gefängnis eingeteilt gewesen. Nachdem einige Gefangene während seines Wachdienstes entkommen konnten, habe er Eritrea verlassen, um einer drohenden Bestrafung zu entgehen.
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Mit Bescheid des Bundesamts vom 13. November 2018 (Gz. ...) lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Nr. 2 des Bescheids) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) zugunsten des Klägers nicht vorliegen (Nr. 3). In Nr. 4 des Bescheids wurde dem Kläger die Abschiebung nach Griechenland angedroht. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 5). Auf die Gründe dieser Entscheidung wird Bezug genommen.
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Die vom Kläger gegen die vorbezeichnete Entscheidung des Bundesamts zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhobene Klage (Az. Au 1 K 18.31844) wurde nach teilweiser Klagerücknahme im Übrigen mit Urteil vom 16. Februar 2021 rechtskräftig abgewiesen. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird verwiesen.
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Am 27. Dezember 2022 stellte der Kläger Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Folgeantrag). Zur Begründung wurde vorgetragen, dass aufgrund einer geänderten Sach- und Rechtslage für den Kläger ein neues Asylverfahren durchzuführen und er in der Bundesrepublik Deutschland als Flüchtling anzuerkennen sei. In Griechenland lägen katastrophale Verhältnisse vor und es gäbe keine Konzeption für Leben, Zukunft sowie Unterstützung auch für anerkannte Flüchtlinge. Es sei unzumutbar und unmenschlich, Flüchtlinge dorthin abzuschieben, wo sie nur Elend, Hunger, Obdachlosigkeit und ein Leben weit unter dem dortigen Existenzminimum erwarten würde.
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Mit Bescheid des Bundesamts vom 29. November 2023 (Gz. ...) wurde der Asylfolgeantrag des Klägers als unzulässig abgelehnt (Nr. 1 des Bescheids). Nr. 2 des Bescheids ändert den unanfechtbaren Bescheid des Bundesamts vom 13. November 2018 in Nr. 2 dahingehend ab, dass ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Griechenlands festgestellt wird. Nr. 3 des Bescheids hebt die unanfechtbare Abschiebungsandrohung aus dem Bescheid des Bundesamts vom 13. November 2018 auf.
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Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Bundesamt aus, dass der Folgeantrag unzulässig sei, da die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nicht vorlägen. Der Wiederaufgreifensgrund der Sachlagenänderung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Es liege im Übrigen auch keine Änderung der Rechtslage vor.
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Auf die weiteren Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom 29. November 2023 wird ergänzend verwiesen.
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Der Kläger hat gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2023 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt,
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1. Der Bescheid der Beklagten, des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge Außenstelle Augsburg, vom 29. November 2023, Az., wird betreffend Ziffer 1 des Bescheids aufgehoben.
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2. Die Beklagte wird verpflichtet, ein Asylverfahren für den Kläger durchzuführen mit dem Ziel, dem Kläger den internationalen Schutz gemäß § 13 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen, hilfsweise dem Kläger den „subsidiären Schutz“ zu gewähren.
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Zur Begründung der Klage ist ausgeführt, dass aufgrund der von der Rechtsprechung untersagten Abschiebung von Flüchtlingen nach Griechenland für den Kläger ein neuer Asylfolgeantrag gestellt worden sei. Mit der Klage werde das Ziel verfolgt, für den Kläger in der Bundesrepublik Deutschland einen entsprechenden Schutzstatus festzustellen.
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Auf die weiteren Ausführungen im Klageschriftsatz vom 15. Dezember 2023 wird verwiesen.
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Das Bundesamt ist für die Beklagte der Klage mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2023 entgegengetreten und beantragt,
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Zur Begründung wurde auf die mit der Klage angegriffene Entscheidung Bezug genommen.
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Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 28. Februar 2024 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung bewilligt. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird Bezug genommen.
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Am 4. April 2024 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf das hierüber gefertigte Protokoll verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und auf die von der Beklagten vorgelegten Verfahrensakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage des Klägers verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 4. April 2024 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Die Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung form- und fristgerecht geladen worden.
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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG keinen Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Ziel, nochmals über die Voraussetzungen der §§ 3, 4 AsylG – Gewährung internationalen Schutzes – in der Bundesrepublik Deutschland zu entscheiden. Der streitgegenständliche Bescheid ist, soweit er mit der Klage angegriffen worden ist, im Ergebnis rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Einzelrichter hält an seiner im Prozesskostenhilfebeschluss vom 28. Februar 2024 zunächst vertretenen Rechtsauffassung nicht fest.
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1. Die Klage ist zulässig.
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Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) ist die allein statthafte Klageart gegen die erneute Unzulässigkeit der Entscheidung (Ziffer 1 des streitgegenständlichen gegenständlichen Bescheids). Jedenfalls seit der Zusammenfassung der verschiedenen Unzulässigkeitsgründe in § 29 Abs. 1 AsylG sind Bescheide, die wie hier klagegegenständlich einen Asylantrag ohne weitere inhaltliche Sachprüfung als unzulässig ablehnend, mit der Anfechtungsklage anzugreifen (BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 1 C 9/17 – juris Rn. 15; BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – juris Rn. 17 ff.) Bei einem Erfolg der Anfechtungsklage wird der die Unzulässigkeit des Asylantrags feststellende Bescheid aufgehoben und das Asylverfahren fortgeführt.
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Die Klage wurde auch fristgerecht erhoben und ist auch im Übrigen zulässig.
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2. Die Anfechtungsklage ist jedoch nicht begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist in Ziffer 1 rechtmäßig, da der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) keinen Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland besitzt. Die einen solchen Anspruch verneinende Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids vom 29. November 2023 ist daher rechtmäßig und nicht geeignet, den Kläger in seinen Rechten zu verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Beim Kläger sind die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens mit dem Ziel, in der Bundesrepublik Deutschland erneut über das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 3,4 AsylG zu entscheiden, nicht gegeben.
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Beim Antrag des Klägers vom 27. Dezember 2022 handelt es sich zunächst um einen Asylfolgeantrag i.S.d. Vorschrift des § 71 AsylG.
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Ein Folgeantrag ist ein erneuter Asylantrag, den der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbaren Ablehnung eines früheren Asylantrags stellt (vgl. Legaldefinition in § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG).
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Als unanfechtbare Ablehnung eines Asylantrags i.S.d. § 71 AsylG ist auch die hier im Bescheid des Bundesamtes vom 13. November 2018 (Gz. ...) erfolgte Ablehnung eines Asylantrags als unbeachtlich gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG anzusehen, obwohl in diesen Fällen eine Sachprüfung nicht stattfindet (vgl. Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 14. Aufl. 2022, § 71 AsylG Rn. 7).
33
Es ist umstritten, ob zur Fallgruppe der unanfechtbaren Ablehnung eines früheren Asylantrags nur Fälle zählen, in denen eine bestands- oder rechtskräftige Ablehnung aufgrund einer uneingeschränkten sachlichen Erstprüfung erfolgt ist, oder auch solche, in denen eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 AsylG getroffen wurde. Das Gericht schließt sich der Auffassung an, dass jedenfalls in den Fällen der bestandskräftigen Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG eine unanfechtbare Ablehnung des früheren Asylantrags i.S.d. § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG vorliegt und keine teleologische Reduktion der Vorschrift vorzunehmen ist. Das nationale Asylverfahren i.S.d. § 13 AsylG wurde mit einer für den Antragsteller negativen Entscheidung endgültig abgeschlossen und kann nur unter den besonderen Regelungen des § 71 wiederaufgenommen werden (i.E. wie: Dickten, in: BeckOK Ausländerrecht, Stand: 01.10.2022, AsylG § 71 Rn. 5 m.w.N., zu § 29 Abs. 1; Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 14. Auflage 2022, § 71 AsylG Rn. 7 zu § 29 Abs. 1 AsylG a.F.; wohl auch: VG Sigmaringen, U. v. 16.2.2021 – A 13 K 3481/18 –, juris Rn. 32; Funke-Kaiser, GK-AsylG, Stand: Dezember 2022, § 71 AsylG Rn. 48-51; a.A.: VG Ansbach, B. v. 28.9.2022 – AN 17 E 22.50308 –, juris Rn. 23 ff.). Wenn ein bestandskräftiger Drittstaatenbescheid nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG vorliegt, hatte der Antragsteller die Möglichkeit, seine Asylgründe in einem Mitgliedstaat im Rahmen einer uneingeschränkten sachlichen Erstprüfung vorzutragen, sein Schutzgesuch wurde in einem Mitgliedstaat inhaltlich geprüft und er konnte den zustehenden Schutz in Anspruch nehmen. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht (vgl. VG Sigmaringen, a.a.O., m.w.N.; Funke-Kaiser, a.a.O.).
34
Der Kläger besitzt jedoch keinen Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens auf der Grundlage des § 71 AsylG. Da nach § 71 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG in Streitigkeiten nach dem AsylG das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen hat, gilt für den vom Kläger gestellten Asylfolgeantrag die Vorschrift des § 71 AsylG in der Fassung des Gesetzes vom 21. Februar 2024 (I Nr. 54) mit Wirkung vom 27. Februar 2024. § 87 Abs. 2 AsylG sieht hiervon keine Abweichung bzw. Modifikation vor.
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Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG ist in Fällen, in denen der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrages erneut einen Asylantrag (Folgeantrag) stellt, ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn neue Elemente oder Erkenntnisse zu Tage getreten oder vom Ausländer vorgebracht worden sind, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einer für den Ausländer günstigeren Entscheidung beitragen, oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind und der Ausländer ohne eigenes Verschulden außerstande war, die Gründe für den Folgeantrag im früheren Asylverfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
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Dies zugrunde gelegt, ist für den Kläger ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen, da der Kläger gerade keinen Anspruch auf eine neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf Feststellung subsidiären Schutzes im Bundesgebiet besitzt. Das nationale Recht ordnet in § 60 Abs. 1 Satz 2 u. Satz 3 AufenthG nur eine auf den Abschiebungsschutz begrenzte Bindungswirkung der ausländischen Flüchtlingsanerkennung an und sieht gerade keinen Anspruch auf neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vor (vgl. VG Regensburg, U.v. 5.2.2024 – RO 13 K 22.30883 – juris Rn. 32; VG Osnabrück, U.v. 14.2.2022 – 5 A 512/20 – juris Rn. 32, 33; VG Aachen, U.v. 3.6.2022 – 10 K 2844/20.A – juris).
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In der Bundesrepublik Deutschland genießen im Ausland anerkannte Flüchtlinge damit lediglich den gleichen Abschiebungsschutz wie die im Inland anerkannten, ohne, dass ein erneutes Anerkennungsverfahren durchgeführt wird. Durch § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ordnet das nationale Recht eine auf den Abschiebungsschutz begrenzte Bindungswirkung der ausländischen Flüchtlingsanerkennung an. Es besteht damit aber gerade nicht der vom Kläger begehrte Anspruch auf eine neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf Feststellung subsidiären Schutzes (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG) (vgl. BVerwG, U. v. 17.6. 2014 – 10 C 7.13 –, juris Rn. 29 m.w.N.; BVerwG, U. v. 30.3. 2021 – 1 C 41.20 –, juris Rn. 32; das deutsche Recht insoweit nicht beanstandend EuGH, B. v. 13.11. 2019 – C-540/17 und 541/17 –, juris Rn. 42; ferner VG Düsseldorf, U.v. 4.8. 2021 – 16 K 1148/21.A –, juris Rn. 39; ausführlich VG Minden, U. v. 2.3. 2022 – 1 K 194/21.A -juris Rn. 29; VG Ansbach, U. v. 17.3 2020 – AN 17 K 18.50394 –, juris Rn. 22; VG Göttingen, U. v. 18.8. 2021 – 2 A 74/21 –, juris Rn. 30; VG Cottbus, U. v. 18.8. 2021 – 5 K 243/21.A –, juris Rn. 29; VG Aachen, U. v. 3.6. 2022 – 10 K 2844/20.A –, juris Rn. 36, VG Aachen, U. v. 9.6. 2021 – 1 K 1646/20.A –, juris Rn. 24).
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Aufgrund dieser auf den Abschiebungsschutz begrenzten Bindungswirkung der im griechischen Asylverfahren ergangenen Entscheidung liegen gerade keine Umstände i.S.d. § 71 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG vor, die zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung führen könnten. Der Kläger muss es sich im erneuten Asylfolgeverfahren vorhalten lassen, dass bereits rechtskräftig mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 16. Februar 2021 (Az. Au 1 K 18.31844) entschieden worden ist, dass dem erneuten Anspruch des Klägers auf Gewährung internationalen Schutzes (§§ 3,4 AsylG) in der Bundesrepublik Deutschland die Vorschrift des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG entgegensteht, wonach ein Asylantrag unzulässig ist, wenn ein anderer Mitgliedsstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. Im vorbezeichneten Urteil wurde rechtskräftig zu Lasten des Klägers festgestellt, dass die Beklagte berechtigt ist, einen vom Kläger im Bundesgebiet erneut gestellten Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abzulehnen. Diese Feststellungen gelten unverändert fort, sodass in einem erneuten Asylfolgeverfahren keine für den Kläger günstigere Entscheidung möglich ist, was jedoch § 71 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG Voraussetzung für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens wäre. Die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG liegen weiterhin vor, sodass ein (erneuter) Asylantrag des Klägers erneut als unzulässig abzulehnen wäre und der Kläger nach nationalem Recht auf den begrenzten Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG zu verweisen ist.
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Die in der Sache gebotene erneute Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG würde im vorliegenden Fall im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auch nicht dem Verbot einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. 3 EMRK bzw. von Art. 4 der Europäischen Grundrechtecharta (GRCh) widersprechen. Dies aufgrund der Tatsache, dass im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamts vom 29. November 2023 in den Nrn. 2 u. 3 ein Abschiebungsverbot für den Kläger hinsichtlich Griechenlands festgestellt wurde und die mit Bescheid vom 13. November 2018 (Gz. ...) getroffene bestandskräftige Abschiebungsandrohung nach Griechenland aufgehoben wurde. In einem derartigen Fall ist es geboten, den Kläger auf den gesetzlichen Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG zu beschränken. Ein Anspruch auf weitergehende Schutzgewährung in einem erneuten Asylverfahren besitzt der Kläger damit nicht.
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In Bezug auf den ihm gewährten Abschiebungsschutz aus dem streitgegenständlichen Bescheid ist der Kläger vielmehr darauf zu verweisen, aufenthaltsrechtliche Ansprüche beispielsweise aus § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG geltend zu machen, wonach einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt. Ein Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (§ 71 AsylG) besitzt der Kläger hingegen nicht, sodass dessen Klage abzuweisen war.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.