Titel:
Zur Gefahr politischer Verfolgung in Myanmar bei Heranziehung zum Wehrdienst
Normenketten:
AsylG § 3a Abs. 2 Nr. 5, § 29 Abs. 1 Nr. 5, § 71 Abs. 1 S. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
Asylverfahrens-RL
Leitsatz:
Die derzeit in ihren Einzelheiten noch nicht bekannte Rekrutierungspraxis in Myanmar seit Inkraftsetzen des seit 2010 geltenden Wehrpflichtgesetzes zum Februar 2024 kann im Zusammenhang mit – auch niedrigschwelligen exilpolitischen Aktivitäten - Gefahr einer Verfolgung bei einer Rückführung nach Myanmar mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit begründen. (Rn. 39 – 46) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Myanmarische Asylbewerber unklarer Volks- und muslimischer Religionszugehörigkeit, abgeschlossenes Asylerstverfahren ohne Schutzzuerkennung, Antrag auf Wiederaufgreifen zur Feststellung von Abschiebungsverboten wegen regimekritischen Veröffentlichungen im Internet und Teilnahmen an regierungskritischen Kundgebungen in Deutschland, Gefahr einer Zwangsrekrutierung in Myanmar und einer zwangsweisen Beteiligung an menschenrechtswidrigen Kriegsverbrechen, Asyl, Myanmar, Folgeantrag, Wehrpflichtgesetz, exilpolitische Aktivitäten
Fundstelle:
BeckRS 2024, 8087
Tenor
I. Unter Aufhebung ihres Bescheids vom 13. Dezember 2023, soweit er der nachfolgenden Verpflichtung entgegensteht, wird die Beklagte verpflichtet, für den Kläger zu 1 ein Asylfolgeverfahren durchzuführen.
Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1 und ein Viertel der Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen. Die Kläger zu 2, zu 3 und zu 4 tragen ihre außergerichtlichen Kosten ganz und je ein Viertel der Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Kläger begehren das Wiederaufgreifen des Verfahrens und die Feststellung von Abschiebungsverboten hinsichtlich Myanmars wegen exilpolitischer Betätigungen und drohender Zwangsrekrutierung des Klägers zu 1 zum Wehrdienst.
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Der seinem am 13. Juli 2017 ausgestellten Reisepass zu Folge am ... 1990 in ... ... ... in Myanmar geborene Kläger zu 1 bildet als Ehemann bzw. Vater mit den Klägern zu 2 bis 4 eine Familie myanmarischer Staats- und gemischter myanmarischer oder indischer Volks-, aber muslimischer Religionszugehörigkeit. Die Klägerin zu 2 ist am ... 1989, die Kläger zu 3 und zu 4 sind am ... 2012 und am ... 2016 jeweils in ... in Myanmar geboren. Sie reisten nach eigenen Angaben am 28. Dezember 2019 aus Myanmar aus und am gleichen Tag auf dem Luftweg mit einem von der deutschen Botschaft in Rangun am 21. November 2019 erteilten Touristenvisum erlaubt nach Deutschland ein, wo sie Asyl beantragten. Als Asylgründe gaben sie an, der Kläger zu 1 habe eine Rohingya-Familie zu ihnen nach Hause gebracht, die sie verköstigt und aufgenommen hätten. Als er sich tags darauf auf Geschäftsreise befunden habe, seien Leute in Militär-Uniform gekommen (Migrationsverwaltung der Stadt, Polizei und Blockwart), hätten die Rohingya-Familie gesucht und mit Gewalt aus dem Zimmer geholt und mitgenommen. Die Klägerin zu 2 sei mit ihrem Bruder verhaftet, verhört und nur gegen eine Grundstücksüberschreibung freigelassen worden und anschließend geflohen.
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Das Bundesamt lehnte mit Bescheiden vom 11. März 2021 den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) und auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (Nr. 3) sowie auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG ab (Nr. 4). Die Abschiebung nach Myanmar wurde angedroht (Nr. 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde angeordnet und auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Zur Begründung führte das Bundesamt aus, dass die Kläger eine Verfolgung im Herkunftsstaat nicht hätten glaubhaft machen können. Ihr Vorbringen sei widersprüchlich, ihre mitgebrachten Dokumente hätten sie teils schon vor dem angeblich fluchtauslösenden Ereignis notariell in Yangon ins Englische übersetzen lassen, obwohl die Klägerin zu 2 diesen eklatanten zeitlichen Widerspruch noch zuvor bestätigt habe, da sie erst nach ihrer Ankunft in Yangon den Nationalausweis dem Schleuser ausgehändigt habe. Dass die Kläger landesweit staatlich gesucht seien, sei schon durch die problemlose und unbehelligte Ausreise über den Flughafen Rangun widerlegt. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen ebenfalls nicht vor. Auch Abschiebungsverbote seien nicht ersichtlich. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Myanmar würden nicht zu der Annahme führen, dass bei einer Abschiebung der Kläger eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die Kläger zu 1 und zu 2 seien jung, gesund, gut ausgebildet und erwerbsfähig, hätten im Heimatland im Laden des Ehemannes gearbeitet und eine gute wirtschaftliche Situation gehabt. Daher werde ihnen bei einer Rückkehr nach Myanmar möglich sein, sich wieder eine zumindest existenzsichernde Grundlage zu erwirtschaften.
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Das Verwaltungsgericht wies die hiergegen erhobene Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab (VG Augsburg, U.v. 15.6.2022 – Au 6 K 21.30266, Au 6 K 21.30267), gegen eine asyl- und flüchtlingsrechtlich relevante Vorverfolgung spreche zunächst als Indiz die legale Ausreise auf dem Luftweg, dass wesentliche Teile der für das Visumverfahren benötigten Unterlagen bereits vor dem angeblich fluchtauslösenden Vorfall eingeholt, vorbereitet und übersetzt wurden, mithin zur Überzeugung des Verwaltungsgerichts (§ 108 VwGO) die Ausreise von langer Hand vorbereitet worden und keine überstürzte Flucht gewesen sei. In der Gesamtschau sprächen diese Indizien gegen eine spontane Flucht und für eine von langer Hand geplante Übersiedlung nach Europa. Es wäre widersinnig, nicht benötigte Schleuser bereits vor einem erst später stattfindenden fluchtauslösenden Vorfall zu beauftragen und eine noch gar nicht absehbare Flucht vorzubereiten. Neben der früheren unbehelligten Aus- und Wiedereinreise zu Urlaubszwecken spreche daher auch der frühe Beginn der Vorbereitung visarelevanter Dokumente gegen eine spontane Flucht und eine Schleusung. Hinzu kämen erhebliche Widersprüche in der Schilderung der fluchtauslösenden Ereignisse.
Zwar stelle der nach seiner Ausreise am 28. Dezember 2019 erst über ein Jahr später stattgefundene Militärputsch am 1. Februar 2021 ein von Person und Verhalten der Kläger unabhängig ausgelöstes Ereignis im Heimatland dar. Allerdings sei nicht ersichtlich, dass die politisch zuvor nicht aktiven Kläger deswegen nun in den Blick des myanmarischen Staats geraten sollten. Sie seien zeitlich vor und sachlich unabhängig vom Putsch ausgereist. Auch niedrigschwellige exilpolitische Betätigungen in Deutschland stellten für die vor ihrer Ausreise politisch nicht aktiven Kläger keinen subjektiven Nachfluchttatbestand dar, der eine Verfolgung nun beachtlich wahrscheinlich machte und daher einer Rückkehr nach Myanmar entgegenstünde.
Nach den ausgewerteten Erkenntnisquellen und unter Heranziehung der Recherchemöglichkeiten beispielsweise des Auswärtigen Amts sei derzeit nicht weiter aufklärbar, ob und wie weit eine Asylantragstellung im Ausland in Verbindung mit exilpolitischen Aktivitäten (Teilnahme an regimekritischen Kundgebungen in Deutschland, regimekritische und personenbezogen nachverfolgbare regimekritische Äußerungen in sozialen Medien) für sich zu einer (unverhältnismäßigen) Strafverfolgung und politischen Verfolgung bei einer Rückkehr nach Myanmar führe. Zwar führe die Beantragung von Asyl in Deutschland als solche nicht zu Repressalien bei einer Rückkehr nach Myanmar, doch könne dies anders zu beurteilen sein, wenn weitere Umstände wie z.B. die Begehung einer Straftat nach myanmarischem Recht, insbesondere die illegale bzw. dokumentenlose Ausreise aus Myanmar und/oder (Wieder-)Einreise nach einem illegalen Auslandsaufenthalt, hinzuträten (vgl. VG München, U.v. 25.7.2017 – M 17 K 17.35494 – Rn. 23). Das myanmarische Strafgesetzbuch („Penal Code“) sei geändert und werde in dieser Fassung seit dem 14. Februar 2021 angewandt; das Auswärtige Amt habe aber keine Anhaltspunkte, dass eine Asylantragstellung im Ausland vor dem Putsch am 1. Februar 2021 einen pauschalen Straftatbestand nach diesen Normen darstelle (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 16.8.2021 an das BAMF, S. 2). Dass Rückkehrer, die nach dem Militärputsch vom 1. Februar 2021 ausgereist sind und sich hierauf in ihrem Asylantrag berufen hätten, deswegen dort verfolgt würden, sei hingegen nicht auszuschließen (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 17.8.2021 an das VG Gelsenkirchen, S. 2).
Unter Würdigung dieser lückenhaften und auch durch Beweiserhebungen wegen der eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Auswärtigen Amts in Myanmar nicht weiter vertiefbaren Erkenntnisse werde teilweise für Schutzsuchende aus Myanmar, selbst wenn sie sich dort nicht politisch betätigt haben und auch nicht illegal ausgereist seien, sich in Deutschland auch nur exilpolitisch geringfügig betätigt hätten (Teilnahme an Demonstrationen, Plakatehalten und Sich-Fotografieren ohne herausgehobene Stellung in Exilkreisen myanmarischer Asylbewerber), bei Zusammentreffen einer Veröffentlichung von Regimekritik im Internet mit der Asylantragstellung die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer bereits niedrigschwellig ansetzenden Sanktion durch myanmarische Behörden im Falle einer Rückführung angenommen (vgl. VG Leipzig, U.v. 8.3.2022 – 8 K 44/21.A – juris UA S. 9 ff.). Schon eine friedliche Meinungsäußerung könne zu Freiheitsstrafen führen und es gebe keine unabhängige Justiz; eine für die niederschwellige Betätigung eventuell drohende Gefängnisstrafe sei für eine zum Anlass einer etwaigen Strafverfolgung genommene abweichende politische Meinung und die in Myanmar daraus konstruierte Straftat unverhältnismäßig; insbesondere seien auch die Haftbedingungen in myanmarischen Gefängnissen unzureichend. Einer solchen Sanktion könne ein zurückgeführter Asylbewerber auch nicht ausweichen, weil er aufgrund der zentralen Erfassung und Inhaftierung bereits am Flughafen keine Ausweichmöglichkeit innerhalb Myanmars habe (vgl. VG Leipzig a.a.O.; dazu VG Minden, U.v. 11.3.2022 – 4 K 2492/19.A – juris Rn. 46 ff.; keine Verfolgung allein wegen einer Asylantragstellung zeitlich vor dem Militärputsch bei legaler Ausreise, ebenda Rn. 65 ff.). Dieser Auffassung schloss sich das Verwaltungsgericht nicht an, sondern erachtete eine entsprechende Gefahr für die Kläger bei einer Rückkehr als nicht hinreichend wahrscheinlich, da sie erstens keine ethnischen Minderheitenangehörigen seien und ohne generelle Beschränkungen der Reisefreiheit sogar eine Südostasienreise legal durchführen und – zur o.g. Überzeugung des Verwaltungsgerichts – auch Ende Dezember 2019 Myanmar legal und unbehelligt verlassen hätten können. Daher sei nicht davon auszugehen, dass sie allein wegen eines generellen Reiseverbots oder einer illegalen Ausreise behelligt würden oder in den Blick des myanmarischen Staats fielen. Zweitens hätten die Kläger in Deutschland zwar ein Asylverfahren angestrengt und dies mit Verfolgung durch den myanmarischen Staat wegen ihrer Hilfeleistung für eine Rohingya-Familie begründet. Allerdings seien die Kläger deutlich vor dem Militärputsch und nicht danach ausgereist und hätten ihren Asylantrag auch nicht maßgeblich auf den Militärputsch, sondern eine individuelle Verfolgung gestützt, so dass ihnen zum Militärputsch seitens Myanmars keine oppositionelle Haltung unterstellt würde (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 16.8.2021 an das BAMF, S. 2; auch Auswärtiges Amt, Auskunft vom 17.8.2021 an das VG Gelsenkirchen, S. 2). Drittens hätten sich die Kläger vor ihrer Ausreise nicht politisch in Myanmar betätigt, sondern seien erst in Deutschland einem Aufruf zur Teilnahme an einer Kundgebung vor einer russischen Auslandsvertretung gefolgt. Es dürften also für sie bei myanmarischen Stellen keine Vorerkenntnisse vorliegen, die sie als Oppositionelle erscheinen ließen. Viertens hätten sich die Kläger zu 1 und zu 2 in Deutschland nur exilpolitisch gering betätigt, indem sie an einer einzigen Kundgebung vor der Auslandsvertretung eines in den Putsch nicht näher verwickelten Staats demonstriert hätten. Auch sachlich habe sich die Kundgebung sowohl nach der auf den Fotos erkennbaren Personenzahl als auch den mitgeführten Kundgebungsmitteln eher am unteren Rand eines Engagements (einmalige Teilnahme an der Demonstration überhaupt, Plakatehalten und Sich-Fotografieren) bewegt. Hingegen hätten sie offenbar keinerlei Bindung an Exilkreise myanmarischer Asylbewerber, geschweige denn darin eine herausgehobene Stellung inne. Fünftens hätten die Kläger nicht selbst Regimekritik im Internet geäußert, sondern seien offenbar Bilder der Gruppe auf dem burmesischen Nachrichtenportal „Mizzima“ veröffentlicht worden. Dass die Kläger nach Namen oder biometrischen Merkmalen dort individuell identifizierbar wären, sei weder geltend gemacht, noch angesichts der zumeist getragenen FFP2-Masken überhaupt wahrscheinlich.
Das Urteil wurde rechtskräftig.
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Die Kläger stellten am 5. Juni 2023 einen schriftlichen Asylfolgeantrag durch ihren Bevollmächtigten im Wesentlichen mit der Begründung, sie seien nun bei einer Rückkehr nach Myanmar in der Gefahr einer Verfolgung, denn sie hätten an einer Vielzahl an Demonstrationen in Deutschland teilgenommen und dies auf dem Facebook-Account des Klägers zu 1 unter seinem Klarnamen auch mit einem Profilbild, das ihn beim Halten eines Plakats zeige, dokumentiert: Der Kläger zu 1 habe am 8. August 2022 an einer Demonstration gegen das myanmarische Militär in F. teilgenommen und durch Plakate seine Abneigung zum Ausdruck gebracht sowie am 21. Mai 2023 an einer Wanderdemonstration gegen das myanmarische Militär in M. teilgenommen. Die Kläger hätten am 20. September 2022 an einer Demonstration gegen das myanmarische Militär vor dem Gebäude der Vereinten Nationen in B. teilgenommen. Darüber habe der Kläger zu 1 auch auf Facebook berichtet. Ihnen drohe nun erhebliche Strafe nach der Neufassung von Art. 121 und Art. 124 des StGB Myanmars vom 14. Februar 2021. Kritiker des Militärputsches würden nach Art. 505b des StGB Myanmars festgenommen und angeklagt. In Haft drohten menschenrechtswidrige Haftbedingungen und Folter.
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Das Bundesamt lehnte den Asylfolgeantrag mit Bescheid vom 13. Dezember 2023, ausweislich des Aktenvermerks am 21. Dezember 2023 zur Post gegeben, als unzulässig (Nr. 1 des Bescheids) und die Abänderung der Bescheide vom 11. März 2021 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG ab (Nr. 2). Die Asylfolgeanträge seien unzulässig, da die Voraussetzungen für ein weiteres Asylverfahren nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 51 Abs. 1 und Abs. 2 VwVfG nicht vorlägen, insbesondere keine Änderung der Sachlage, die eine für sie günstige Änderung der Entscheidung ermögliche:
Sofern sich die Kläger auf aus dem Erstverfahren fortbestehende Gründe – hier: Teilnahme an Demonstrationen – beriefen, sei dieses Vorbringen bereits im Asylerstverfahren einer ausführlichen Würdigung unterzogen worden. Die Kläger seien unverfolgt und zeitlich unabhängig vom Militärputsch aus Myanmar ausgereist und hätten sich zuvor im Heimatland nicht politisch engagiert. Erst während ihres Klageverfahrens gegen den ablehnenden Asylbescheid habe der Kläger zu 1 an einer Kundgebung gegen den Militärputsch teilgenommen. Demgegenüber sei ein qualitativer Sprung ihres politischen Engagements nicht zu erkennen. Die Teilnahme an Kundgebungen mit geringer Personenzahl, die sich im Plakatehalten und Sich-Fotografieren erschöpften, spreche weiterhin für den unteren Rand eines politischen Engagements. Eine Bindung an Exilkreise, eine für das eigene Handeln leitende Überzeugung oder eine herausgehobene Stellung seien nicht geltend gemacht, noch ersichtlich. Aus welchem Grund das myanmarische Militär von der Kritik des Klägers zu 1 am Militärregime Kenntnis genommen haben solle, sei nicht dargelegt. Zwar habe er vorliegend aus asyltaktischen Gründen seine Abneigung gegenüber dem myanmarischen Militär öffentlich auch unter seinem Klarnamen auf Facebook gepostet. Jedoch habe er es selbst in der Hand, dies nicht nur zu beenden, sondern auch aus dem Internet vor einer Rückführung zu löschen. Unter Bezugnahme auf die umfangreichen Ausführungen im angegebenen Urteil des Asylerstverfahrens sei es grundsätzlich nicht mehr möglich, durch einen neuen Antrag in eine neue Sacherörterung über das gleiche Anliegen einzutreten und die Angelegenheit materiell-inhaltlich ad calendas graecas immer wieder neu zu erörtern. Die erforderliche Änderung der Sachlage – auch der Rechtslage oder von Wiederaufnahmegründen – fehle daher vorliegend.
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Gegen diesen ihren Bevollmächtigten zugestellten Bescheid ließen die Kläger am 2. Januar 2024 Klage erheben und beantragen,
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1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. Dezember 2023 wird aufgehoben.
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2. Hilfsweise wird beantragt, die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass die Voraussetzungen für nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen,
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Zur Begründung vertieften sie ihr Vorbringen im Asylfolgeverfahren. Sie hätten ihre schon während des Asylerstverfahrens aufgenommenen exilpolitischen Tätigkeiten intensiviert, an mehreren Demonstrationen und Veranstaltungen gegen das myanmarische Militär teilgenommen und dies nach außen sichtbar auf dem Facebook Account des Klägers zu 1 dokumentiert. Die Kläger seien Muslime, weshalb sie einer religiösen Minderheit in Myanmar angehörten, die vom myanmarischen Militär schlecht behandelt werde; sie demonstrierten, da sie gegen das myanmarische Militär und die Militärdiktatur in Myanmar und für Demokratie und Minderheitenrechte seien. Den Klägern drohe aufgrund ihrer Demonstrationsteilnahmen und ihrer Kritik am myanmarischen Militär auf Facebook bei einer Rückkehr nach Myanmar eine rechtserhebliche Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG, da sie sich in Deutschland exilpolitisch gegen das myanmarische Militär engagiert und dies nach außen sichtbar auf dem Facebook-Account des Klägers zu 1 gepostet hätten. Über die o.g. Demonstrationen hinaus habe der Kläger zu 1 am 1. Februar 2024 am Jahrestag des Putsches des myanmarischen Militärs an einer Kundgebung vor dem myanmarischen Konsulat in Berlin teilgenommen und habe eine rote Fahne der ehemaligen demokratischen Regierungspartei NLD hochgehalten, wie Fotos zeigten. Hierüber habe er auf seinem Facebook-Account auch einen Beitrag mit Bildern mit der Fahne der NLD verfasst. Am 19. Februar 2024 hätten die Kläger in M. eine Infoveranstaltung der Außenministerin des National Unity Government (NUG) zu deren Unterstützung besucht, die als eine oppositionelle Gruppe in Myanmar gegen das myanmarische Militär kämpfe. Weiter habe der Kläger zu 1 unter seinem richtigen Namen für den Peoples Revolution Found (PRF) in Myanmar Geld gespendet, die als eine oppositionelle Gruppe in Myanmar gegen das myanmarische Militär kämpfe. Es sei erheblich wahrscheinlich, dass die Zahlungseingänge bei PRF dem myanmarischen Militär bekannt würden, da das myanmarische Militär ein großes Interesse daran habe zu erfahren, wer sich an oppositionellen Tätigkeiten beteilige bzw. diese unterstütze. Durch die Teilnahmen an den Demonstrationen und die Facebook-Postings des Klägers zu 1 lägen neue Beweismittel im Sinne des § 51 VwVfG vor und die Sachlage habe sich nachträglich zu Gunsten der Kläger verändert.
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Weiter lassen sie vorbringen, in Myanmar habe die Militärregierung ein Gesetz zur Wehrpflicht in Kraft gesetzt, wonach ab sofort alle Männer zwischen 18 und 35 Jahren (bei besonderer Expertise bis 45 Jahren) und alle Frauen zwischen 18 und 27 Jahren (bei besonderer Expertise bis 35 Jahren) in Myanmar zum Dienst an der Waffe für einen mindestens zweijährigen Wehrdienst eingezogen werden könnten. Verweigerer müssten mit bis zu fünf Jahren Haft rechnen. Diese neue Tatsache und Rechtslage betreffe den noch 34 Jahre alten Kläger zu 1. Er müsse befürchten, zum Wehrdienst eingezogen und zur Beteiligung an Kriegsverbrechen u.a. gegen die Zivilbevölkerung gezwungen zu werden, was eine flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung darstelle.
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Die Beklagte hat ihre Verfahrensakte vorgelegt und
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die Klageabweisung beantragt.
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Sie hält an ihrer Entscheidung fest. Die exilpolitische Betätigung der Kläger sei nach wie vor nicht flüchtlingsschutzrelevant. Die Gefahr einer Zwangsrekrutierung der Kläger bestehe nicht. Die Militärjunta habe ein 1959 erlassenes, aber seit 2010 inaktives Wehrpflichtgesetz per Dekret vom 10. Februar 2024 in Kraft gesetzt. Ziel des Dekretes sei die Rekrutierung von 5.000 Personen monatlich und deren Verpflichtung für mindestens zwei bis fünf Jahre; Mediziner und Ingenieure müssten mit einer Wehrdienstzeit von mindestens drei Jahren rechnen. Betroffen vom Wehrpflichtgesetz seien ca. 7,7 Mio. Frauen und 6,3 Mio. Männer im Alter von 18 bis 45 Jahren, insgesamt ca. 14 Mio. Personen. Die Militärjunta strebe die Rekrutierung von 70.000 Personen jährlich an, so dass zwar nicht auszuschließen sei, dass der Kläger zu 1 zum Militärdienst einberufen werde. Angesichts der von der Militärjunta vorgesehenen Zielzahlen für die jährliche Rekrutierung und der hypothetisch zu verpflichtenden Bevölkerung im Wehrdienstalter erscheine die Wahrscheinlichkeit der Einberufung des Klägers sehr gering.
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Die Regierung von ... als Vertreterin des öffentlichen Interesses hat auf jegliche Zustellungen mit Ausnahme der Endentscheidung verzichtet.
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Mit Beschluss vom 13. Februar 2024 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Mit der Ladung wurde eine Erkenntnismittelliste übersandt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakte auch zu den Asylerstverfahren sowie auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisgrundlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässigen Klagen haben nur teilweise Erfolg. Die Kläger haben bis auf den Kläger zu 1 keinen Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und auch keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich der Feststellungen zu § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG und auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 hinsichtlich Myanmars (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid des Bundesamts wird für die Kläger zu 2 bis 4 zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 77 Abs. 3 AsylG) und ergänzend ausgeführt:
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1. Die Klagen sind zulässig, denn die statthafte Klageart gegen eine Feststellung der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist die Anfechtungsklage (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – juris Rn. 16 ff.). Im Falle eines Asylfolgeantrags bzw. Zweitantrags, welcher als unzulässig abgelehnt wurde, ist damit der Streitgegenstand im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf die vom Bundesamt bis dahin nur geprüfte Zulässigkeit des Asylantrags beschränkt und die bisher versagte sachliche Prüfung im Falle eines stattgebenden Urteils vom Bundesamt nachzuholen (BVerwG a.a.O. Rn. 17 ff.). Dagegen kann das Vorliegen der Voraussetzungen von § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG, weiterhin (hilfsweise) mit der Verpflichtungsklage geltend gemacht werden, da das Bundesamt gemäß § 31 Abs. 3 AsylG diesbezüglich bereits eine Feststellung zu treffen hatte und sich somit bereits sachlich mit diesem Schutzbegehren befasst hat (vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 20).
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2. Der Kläger zu 1 hat einen Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens, so dass sich die Ablehnung seines entsprechenden Antrags als unzulässig als rechtswidrig erweist. Die Kläger zu 2, zu 3 und zu 4 haben keinen Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens.
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Gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn neue Elemente oder Erkenntnisse zutage getreten oder vom Ausländer vorgebracht worden sind, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einer für den Ausländer günstigeren Entscheidung beitragen, oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind und der Ausländer ohne eigenes Verschulden außerstande war, die Gründe für den Folgeantrag im früheren Asylverfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Dies ist vorliegend nur für den Kläger zu 1 der Fall.
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Das Verfahren zur Prüfung von Asylfolgeanträgen sieht nach Art. 40 RL 2013/32/EU eine Prüfung in zwei Etappen vor (ausführlich EuGH, U.v. 8.2.2024 – C-216/22 – juris Rn. 29 ff.). In einem ersten Schritt wird geprüft, ob neue Elemente oder Erkenntnisse zur Frage, ob ein Asylfolgeantragsteller als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist, zutage getreten oder von ihm vorgebracht worden sind. Bejahendenfalls ist im zweiten Schritt zu prüfen, ob diese neuen Elemente oder Erkenntnisse erheblich zur Wahrscheinlichkeit beitragen, dass ein Asylfolgeantragsteller als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist. Zudem können die Mitgliedstaaten – wie in § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG – vorsehen, dass der Asylfolgeantrag nur dann weiter geprüft wird, wenn der Asylfolgeantragsteller ohne eigenes Verschulden nicht in der Lage war, die neuen Elemente oder Erkenntnisse im früheren Verfahren vorzubringen.
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Die Begriffe „neue Umstände oder Erkenntnisse“ umfassen nicht nur eine Änderung der Sachlage hinsichtlich der persönlichen Situation des Asylfolgeantragstellers oder seines Herkunftslands, sondern auch neue rechtliche Umstände und darunter auch jedes Urteil des Europäischen Gerichtshofs, insbesondere Vorabentscheidungsersuchen und nicht nur Entscheidungen unter Feststellung der Unionsrechtswidrigkeit einer Vorschrift des nationalen Rechts (vgl. EuGH, U.v. 8.2.2024 – C-216/22 – juris Rn. 36 f., 44).
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a) Eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zu Gunsten der Kläger im Sinne neuer Umstände oder Erkenntnisse ist bezogen auf ihre exilpolitische Betätigung nicht glaubhaft gemacht.
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Wie die Beklagte in ihrem Bescheid zutreffend ausführt, waren die mit ihrem Asylfolgeantrag vom 5. Juni 2023 geltend gemachten Gründe bereits Gegenstand des Asylerstverfahrens und sind quantitativ und qualitativ keine neue Tatsache von solchem Gewicht, dass eine für die Kläger günstigere Entscheidung möglich wäre:
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aa) Dass die Kläger zu 1 bis 4 Myanmar unverfolgt verlassen haben, wie das Verwaltungsgericht bereits festgestellt hat (VG Augsburg, U.v. 15.6.2022 – Au 6 K 21.30266, Au 6 K 21.30267 – Rn. 48-69), haben die Kläger in ihrem Asylfolgeantrag nicht in Zweifel gezogen.
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bb) Dass die Kläger zu 1 bis 4 sich exilpolitisch in relevanter Weise so betätigt hätten, dass sie deswegen bei einer Rückkehr nach Myanmar verfolgt würden oder sonst in die Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung, insbesondere von extralegaler Haft, Misshandlungen und unverhältnismäßiger Bestrafung gerieten, was zum Stand des Asylerstverfahrens ebenfalls verneint wurde (VG Augsburg, U.v. 15.6.2022 – Au 6 K 21.30266, Au 6 K 21.30267 – Rn. 70 ff.), haben die Kläger in ihrem Asylfolgeantrag ebenso wenig substantiiert geltend gemacht. Bereits im Asylerstverfahren hatten die Kläger zu 1 und zu 2 geltend gemacht, sie hätten an einer Demonstration in Deutschland am 18. Februar 2021 vor der russischen Botschaft gegen den Militärputsch in Myanmar teilgenommen, seien auf Fotos und in Facebook identifizierbar und hätten sich damit exilpolitisch engagiert. Nach § 121 und § 124 sowie § 124a des myanmarischen Strafgesetzbuchs drohe ihnen daher eine Haftstrafe von bis zu 20 Jahren wegen Verunglimpfung des Militärs, ein unfaires Strafverfahren und Folter (VG Augsburg, U.v. 15.6.2022 – Au 6 K 21.30266, Au 6 K 21.30267 – Rn. 36).
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Nun machen Sie – teilweise wiederholend – geltend, sie hätten an einer Vielzahl an Demonstrationen in Deutschland teilgenommen und dies auf dem FacebookAccount des Klägers zu 1 unter seinem Klarnamen auch mit einem Profilbild, das ihn beim Halten eines Plakats zeige, dokumentiert: Der Kläger zu 1 habe am 8. August 2022 an einer Demonstration gegen das myanmarische Militär in Frankfurt teilgenommen und durch Plakate seine Abneigung zum Ausdruck gebracht sowie am 21. Mai 2023 an einer Wanderdemonstration gegen das myanmarische Militär in M. teilgenommen. Die Kläger hätten am 20. September 2022 an einer Demonstration gegen das myanmarische Militär vor dem Gebäude der Vereinten Nationen in B. teilgenommen. Darüber habe der Kläger zu 1 auch auf Facebook berichtet. Ihnen drohe nun erhebliche Strafe nach der Neufassung von Art. 121 und Art. 124 des StGB Myanmars vom 14. Februar 2021. Kritiker des Militärputsches würden nach Art. 505b des StGB Myanmars festgenommen und angeklagt. In Haft drohten menschenrechtswidrige Haftbedingungen und Folter.
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Letztlich handelt es sich aber um drei weitere Kundgebungsteilnahmen des Klägers zu 1 in eineinhalb Jahren und eine behauptete Veröffentlichung auf Facebook sowie um eine Kundgebungsteilnahme der Klägerin zu 2. Wie die Beklagte zutreffend ausführt, handelt es sich um niedrigschwellige Aktivitäten, möglicherweise lediglich asyltaktisch, sowie um eigen produzierte, selbstbelastende und vor einer Rückkehr nach Myanmar beseitigbare Veröffentlichungen durch den Kläger zu 1 selbst. Solche Aktivitäten waren bereits Gegenstand des Asylerstverfahrens und sind quantitativ (drei weitere neben einer früheren Kundgebungsteilnahme) und qualitativ (Kundgebungsteilnahme ohne Bindung oder gar herausgehobenes Engagement in myanmarischen Exilkreisen, vgl. bereits VG Augsburg, U.v. 15.6.2022 – Au 6 K 21.30266, Au 6 K 21.30267 – Rn. 93) keine neue Tatsache von solchem Gewicht, dass eine für die Kläger günstigere Entscheidung hinreichend wahrscheinlich ist.
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Ob ein derart niedrigschwelliges asyltaktisches Engagement ohne politische Betätigung vor der Ausreise mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit den Umständen einer Rückkehr nach Myanmar und der Asylantragstellung zu einer Verhaftung, unverhältnismäßigen Strafverfolgung oder Bestrafung oder menschenrechtswidrigen Behandlung wegen einer ihm zugeschriebenen politischen Überzeugung und somit zu einer Verfolgung oder Gefährdung bei einer Rückkehr führt, ist weiterhin umstritten.
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Teils wird angeführt, es sei zwar nicht bekannt, ob staatliche Stellen aus Myanmar in Deutschland stattfindende Demonstrationen gegen die Militärregierung beobachteten. Es sei jedoch davon auszugehen, dass staatliche Stellen an der Identifizierung solcher Teilnehmer jedenfalls ein Interesse hätten und bei einer Rückführung den myanmarischen Behörden die Identität der rückgeführten Person vorab bekannt gegeben werde, sodass bereits vorab eine Überprüfung durch myanmarische Sicherheitsbehörden möglich und bei einer Veröffentlichung von exilpolitischen Betätigungen in sozialen Medien im Internet auch unschwer festzustellen sei. Da Rückkehrer in der Regel direkt am Flughafen von myanmarischen Sicherheitskräften empfangen und verhört würden, sei auch davon auszugehen, dass myanmarische Behörden von einer Asylantragstellung in Deutschland Kenntnis erlangten. Das Fehlen aktueller Erkenntnisse zu dieser Frage stehe der Annahme einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit nicht entgegen, weil nicht davon auszugehen sei, dass die Militärregierung in Myanmar die frühere und durch Auskünfte belegte repressive Haltung abgemildert hätte. Im Gegenteil zeige die Entwicklung der letzten Jahre ein brutales und hartes Vorgehen gegen regimekritische Äußerungen seit dem Militärputsch. Schon eine friedliche Meinungsäußerung könne zu Freiheitsstrafen führen und es gebe keine unabhängige Justiz; eine für die niederschwellige Betätigung des Klägers eventuell drohende Gefängnisstrafe sei für seine zum Anlass einer etwaigen Strafverfolgung genommene abweichende politische Meinung und die in Myanmar daraus konstruierte Straftat unverhältnismäßig; insbesondere seien auch die Haftbedingungen in myanmarischen Gefängnissen unzureichend (dazu unten). Einer solchen Sanktion könne ein zurückgeführter Asylbewerber auch nicht ausweichen, weil er aufgrund der zentralen Erfassung und Inhaftierung bereits am Flughafen keine Ausweichmöglichkeit innerhalb Myanmars habe (vgl. VG Leipzig, U.v. 8.3.2022 -8 K 44/21.A – juris UA S. 9 ff.; auch VG Minden, U.v. 11.3.2022 – 4 K 2492/19.A – juris Rn. 46 ff.; VG Düsseldorf, U.v. 10.11.2022 – 8 K 7060/20.A – UA S. 9). Teils wird eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit angenommen bei einer exilpolitischen Aktivität in Fortsetzung einer früheren politischen Tätigkeit vor der Ausreise z.B. als Wahlhelfer, so VG Ansbach, U.v. 18.10.2022 – AN 17 K 20.30763 – juris Rn. 21 f., 28), teils bei einer aktiven Mitarbeit in und Teilnahme an Veranstaltungen der myanmarischen Exilregierungsorganisation (National Unity Government of the Republic of the Union of Myanmar – NUG) durch Spendenunterstützung und Verkauf von Wertbons (vgl. VG Aachen, U.v. 20.1.2023 – 5 K 1321/20.A – juris Rn. 37 ff.). Teils wird sie zwar angenommen, aber bei einer niedrigschwelligen und asyltaktischen Tätigkeit auch im Einzelfall für zumutbar erachtet, selbst erstellte Veröffentlichungen in sozialen Medien auch wieder zu löschen und so die Verfolgungsgefahr zu verringern, insbesondere, wenn diese nicht in größeren Kreisen geteilt und verbreitet worden sind (vgl. VG Regensburg, U.v. 6.4.2023 – RN 11 K 20.31903 – juris Rn. 40).
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Hier hat der Kläger zu 1 über die o.g. Teilnahmen an Kundgebungen und einer Informationsveranstaltung der NUG zum Dank für und zur Gewinnung weiterer Spenden keine qualitativ anderen Aktivitäten entfaltet. Er ist nach wie vor offenbar nicht in exilpolitische Kreise eingebunden, geschweige denn übt er irgendeine herausgehobene Funktion darin aus. Dass er sich – zumal als Angehöriger der muslimischen Minderheit in Myanmar – gegen deren Diskriminierung und insgesamt gegen das Militärregime stellt, ist nach seinen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung zwar glaubhaft, aber kein neues Element gegenüber seinen Aktivitäten zum Stand des Asylerstverfahrens. Gleiches gilt für Geldspenden an Exilkreise und für Veröffentlichungen auf seinem Facebook-Profil unter Klarnamen.
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Für die Kläger zu 2 bis 4 ist eine nennenswerte exilpolitische Betätigung weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich, so dass eine erhebliche Änderung der Tatsachenlage gegenüber dem Asylerstverfahren nicht vorliegt. Sie posierten lediglich auf einer Bühne einer Veranstaltung zusammen mit dem Kläger zu 1 und ließen sich dazu auch fotografieren.
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Ob es erheblich wahrscheinlich ist, dass das Militär in Myanmar von diesen Teilnahmen und Spenden im Einzelnen durch myanmarische Spione in Deutschland erfährt, wie der Kläger zu 1 befürchtet, muss mangels näherer Anhaltspunkte hierfür letztlich offenbleiben. Zumindest sein Facebook-Profil mag er aus der in Deutschland heraus gewährleisteten Meinungsfreiheit betreiben, ggf. müsste er es aber vor einer Rückkehr auch löschen (vgl. VG Regensburg, U.v. 6.4.2023 – RN 11 K 20.31903 – juris Rn. 40).
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cc) Die geltend gemachte Strafverschärfung vom 14. Februar 2021 in Myanmar war ebenfalls Gegenstand des Asylerstverfahrens (VG Augsburg, U.v. 15.6.2022 – Au 6 K 21.30266, Au 6 K 21.30267 – Rn. 36, 80, 84) und stellt daher keine neue Tatsache dar.
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b) Eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zu Gunsten der Kläger im Sinne neuer Umstände oder Erkenntnisse liegt aber zu Gunsten des Klägers zu 1 jedenfalls hinsichtlich der geltend gemachten Inkraftsetzung eines Gesetzes zur Wehrpflicht und unter Berücksichtigung weiterer Umstände vor, nicht aber für die schon altersmäßig außerhalb der Wehrdienstpflicht befindlichen Kläger zu 2 bis 4.
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aa) Die nun am 10. Februar 2024 angekündigte Anwendung und Durchsetzung des Gesetzes zur Wehrpflicht ist objektiv eine nachträgliche Änderung der Sachlage im Sinne neuer Umstände bezogen auf den Herkunftsstaat, da diese Tatsache sachlich und zeitlich noch nicht Gegenstand des Asylerstverfahren gewesen ist.
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Zur Ermittlung der Sachlage wird vorläufig auf aus allgemeinen Quellen zugängliche Informationen Bezug genommen, da hierzu noch keine amtlichen Auskünfte vorliegen:
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Veröffentlichten Nachrichten ist zu entnehmen (Maria Stöhr, Jeder junge Mensch in Myanmar ist jetzt in Gefahr“, Spiegel online v. 25.2.2024, Myanmar nach dem Putsch: Was die Wehrpflicht für die jungen Menschen im Land bedeutet – Der Spiegel, Abruf vom 5.3.2024), das Militärregime habe ein Gesetz in Kraft gesetzt, mit dem jeder Mann zwischen 18 und 35 Jahren und jede junge Frau zwischen 18 und 27 zum Dienst an der Waffe gezwungen werden könne. Die meisten Bürger seien gegen das Regime, gegen die Macht des Militärs. Doch künftig könnten sie verpflichtet werden, ein Teil davon zu werden – und gegen die eigene Bevölkerung zu kämpfen. Das Gesetz zur Wehrpflicht sei nicht neu, sondern existiere bereits seit 2010 und sei von der damaligen Militärregierung eingeführt, bisher allerdings nicht in Kraft gesetzt worden. Wer sich nun verweigert, müsse mit fünf Jahren Haft rechnen. Ein Regimesprecher habe der BBC gesagt, man werde nun die ersten 5.000 Menschen rekrutieren, das Militär brauche neben Kämpfern auch Fachleute wie Computerprogrammierer und Wirtschaftsfachleute. Es drohe die Begehung von Kriegsverbrechen.
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Weiter wird berichtet, in Zukunft sollten alle Männer im Alter von 18 bis 35 Jahren und Frauen im Alter von 18 bis 27 Jahren zwei Jahre Militärdienst leisten; bestimmte Fachleute wie Ärzte sollten sogar bis zu einem Alter von 45 Jahren und für bis zu drei Jahre eingezogen werden können. Der Bürgerkrieg werde angetrieben durch zahlreiche Guerillagruppen, die junge Myanmaren nach der Niederschlagung der Demokratieproteste in der Folge des Militärcoups gegründet hätten. Das Regime gehe auch jetzt weiter mit äußerster Brutalität gegen Zivilisten vor (vgl. Till Fähnders, Myanmar führt Wehrpflicht ein, FAZ online v. 11.2.2024, Myanmar: Militärregime führt Wehrpflicht ein (faz.net)).
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Wie sich die Rekrutierungspraxis derzeit darstellt, ist im Einzelnen offen (vgl. die Beweiserhebung durch ein Auskunftsersuchen an das Auswärtige Amt durch VG Augsburg, B.v. 26.3.2024 – Au 6 K 24.30289).
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bb) Auch trägt dieser Umstand wenn nicht allein, so doch in der Gesamtschau mit seinem persönlichen Hintergrund erheblich zu der Wahrscheinlichkeit bei, dass Kläger zu 1 als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen sein könnte.
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Nach § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG ist eine Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt dann als Verfolgungshandlung zu qualifizieren, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklausel des § 3 Abs. 2 AsylG fallen, sich also als Verbrechen gegen den Frieden, als ein Kriegsverbrechen oder als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen würden (vgl. EuGH, U.v. 19.11.2020 – C-238/19 – NVwZ 2021, 319 ff. Rn. 23 ff.). Einem Schutzsuchenden ist zwar nicht zumutbar, seine Wehrdienstverweigerung der Militärbehörde seines Herkunftsstaats in einem formalen Verfahren zu offenbaren, wenn sein Herkunftsstaat ein solches Verweigerungsverfahren nicht vorsieht. Allerdings sind dann die Tatsache seiner Verweigerung als solche, der individuellen Motive hierfür und der Verknüpfung zwischen einer drohenden Bestrafung und den Verfolgungsgründen im Verfahren der Schutzgewährung unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich des Vortrags des Ausländers und vorgelegter Unterlagen zu prüfen (vgl. EuGH, U.v. 19.11.2020 – C-238/19 – NVwZ 2021, 319 ff. Rn. 28 ff., 47 ff., 58 ff.).
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Ausgehend von der o.g. Sachlage will das Militär in Myanmar etwa 5.000 Personen im Monat, also 60.000 Personen im Jahr, zur Wehrpflicht heranziehen bei einer betroffenen Bevölkerung von rund 14 Mio. Einwohnern. Die rein rechnerische Wahrscheinlichkeit einer Heranziehung beträgt damit 60.000 / 14 Mio. = 0,43%. Dies ist eine quantitativ sehr niedrige Wahrscheinlichkeit. Allerdings ist die sachliche Wahrscheinlichkeit einer Heranziehung des Klägers vor Vollendung des 35. Lebensjahrs durch mehrere individuelle Umstände beeinflusst, letztlich aber noch nicht so bewertbar, dass eine erhebliche Wahrscheinlichkeit eindeutig bejaht oder ausgeschlossen werden könnte: Gegen eine Heranziehung sprechen das vorgerückte Alter des Klägers zu 1 von 34 Jahren, sein Familienstand als verheiratet und seine Vaterschaft für mittlerweile drei Kinder, so dass er sich von in Myanmar möglicherweise bevorzugt rekrutierten jüngeren ledigen Menschen unterscheidet. Andererseits ist er als Muslim Angehöriger einer religiösen Minderheit, wobei das Interesse des myanmarischen Militärs, solche Minderheitenangehörigen zu rekrutieren, nicht näher bekannt ist. Für eine Rekrutierung spräche etwa eine allgemeine Abneigung radikal-buddhistischer Strömungen gegenüber Muslimen in Myanmar; gegen eine Heranziehung die schon religiös und ethnisch erkennbare geringere Loyalität solcher Rekruten gegenüber dem Regime. Ob eine Rekrutierungspraxis auf solche Merkmale oder Zuschreibungen achtet oder nicht, ist ebenfalls Gegenstand der o.g. Beweiserhebung in einem anderen Klageverfahren. Dasselbe gilt für den Umstand eines mehr als vierjährigen Auslandsaufenthalts in Deutschland unter Stellung eines Asylerst- und eines Asylfolgeantrags. Ob auch dies die Rekrutierungspraxis beeinflusst, ist ebenso offen.
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Abgesehen davon mindert die Dokumentenlosigkeit seines jüngsten Kindes, der Klägerin im Parallelverfahren (Au 6 K 23.31223), auch die Wahrscheinlichkeit seiner Rückführung nach Myanmar: Solange die Geburt des Kindes nicht in Myanmar registriert und für das Kleinkind kein myanmarisches Identitätsdokument ausgestellt ist (Reisepass), wird es nicht abgeschoben werden können. Eine isolierte Abschiebung des Klägers zu 1 unter Trennung von seiner Familie dürfte daher mit Blick auf das auch von Art. 6 GG geschützte Kindeswohl eher unwahrscheinlich sein.
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Da zur Rekrutierungspraxis in Myanmar noch keine belastbaren Erkenntnisse vorliegen (vgl. VG Augsburg, B.v. 26.3.2024 – Au 6 K 24.30289), auch die Beklagte ihre Entscheidung eher auf abstrakte Plausibilitäten denn auf konkrete Erkenntnisse stützt, liegt in der nach Abschluss des Asylerstverfahrens aufgekommenen myanmarischen Rekrutierungspraxis ein neues Element vor, das nach gegenwärtigem Erkenntnisstand wohl die Gefahr einer Verfolgung bei einer Rückführung des Klägers zu 1 nach Myanmar erhöhen kann. Wie sehr diese Erhöhung letztlich erheblich ist, möge die Beklagte ggf. unter Heranziehung weiterer Erkenntnisse und Würdigung der niedrigschwelligen exilpolitischen Aktivitäten und bekannten familiären Belange des Klägers zu 1 insgesamt neu bewerten.
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c) Daneben liegt kein neues Element im Sinne eines Beweismittels vor, das eine für die Kläger günstigere Entscheidung über ihr Asylbegehren herbeigeführt haben würde.
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Ein Beweismittel ist neu (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG), wenn es während des vorangegangenen Verfahrens entweder noch nicht existierte oder dem Asylbewerber nicht bekannt oder von ihm ohne Verschulden nicht beizubringen war (vgl. BVerwG, U.v. 21.4.1982 – 8 C 75/80 – NJW 1982, 2204). Erforderlich ist aber stets, dass sich das Beweismittel auf den im ersten Verfahren entschiedenen Sachverhalt bezieht, weil es anderenfalls keine günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde.
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Ein solches haben die Kläger zu 1 bis 4 aber nicht vorgelegt. Vielmehr sollen ihre Kopien von Facebook-Posts und Fotos von Kundgebungsteilnahmen sowie Spendenbescheinigungen jene o.g. exilpolitischen Aktivitäten belegen, welche die Beklagte sachlich gar nicht bestreitet, sondern als nicht erhebliche Tatsachenänderung bewertet. Diese rechtliche Bewertung aber ist weder eines Beweises bedürftig, noch zugänglich.
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d) Für Wiederaufnahmegründe fehlt es an jeglichem Vortrag.
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3. Auch die Ablehnung des Wiederaufgreifens hinsichtlich der Feststellung, dass nationale Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, ist für die Kläger zu 2 bis 4 nicht rechtswidrig.
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a) Für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich der Feststellungen zu § 60 Abs. 5 und Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) kommt im Folgeantragsverfahren die allgemeine Regelung des § 51 VwVfG unmittelbar zur Anwendung (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.2006 – 1 C 18/05 – BVerwGE 127, 33; BayVGH, U.v. 8.3.2012 – 13a B 10.30172 – juris Rn. 21. Demnach kommt ein Wiederaufgreifen des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis Abs. 2 VwVfG oder aber des § 51 Abs. 5 VwVfG in Verbindung mit §§ 48, 49 VwVfG in Betracht (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2006 – 2 BvR 2063/06 – NVwZ 2007, 1046). Nach § 51 VwVfG ist u.a. erforderlich, dass neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Ausländer günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG). Der Antrag ist nach § 51 Abs. 2 VwVfG nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren geltend zu machen.
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Diese Voraussetzungen ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis Abs. 2 VwVfG liegen aus den soeben dargelegten Gründen für die Kläger zu 2 bis 4 nicht vor.
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b) Auch die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens im Ermessensweg nach § 51 Abs. 5 VwVfG durch Widerruf des im Asylerstverfahren erlassenen Bescheides bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG liegen nicht vor. Eine Reduzierung des behördlichen Ermessensspielraums der Antragsgegnerin auf Null mit der Folge ihrer Verpflichtung zu einem solchen Wiederaufgreifen ist auch mit Blick auf die zu schützenden Grundrechte der Kläger zu 2 bis 4 nicht ersichtlich.
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Wie bereits im Asylerstverfahren von der Beklagten und vom Verwaltungsgericht ausgeführt (VG Augsburg, U.v. 15.6.2022 – Au 6 K 21.30266, Au 6 K 21.30267 – Rn. 83, 128) sowie von der aktuellen Erkenntnisquellenlage auch nicht widerlegt, liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, dass abgeschobene Asylbewerber aus Myanmar allein nach einer erlaubten Ausreise aus Myanmar und wegen einer Asylantragstellung in Deutschland bereits Misshandlungen befürchten müssen (vgl. VG Aachen, U.v. 20.1.2023 – 5 K 1321/20.A – juris Rn. 32; VG Regensburg, U.v. 6.4.2023 – RN 11 K 20.31903 – juris Rn. 41, 59).
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4. Daher war den Klagen nur für den Kläger zu 1 mit der Kostenfolge des § 155 Abs. 1 VwGO stattzugeben, sie im Übrigen aber abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.