Titel:
Erneute Androhung von Zwangsgeldern wegen denkmalschutzrechtlicher Anordnung
Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
VwZVG Art. 19 Abs. 1 Nr. 1, Art. 36 Abs. 1 S. 3
Leitsätze:
1. Die Beitreibung des zunächst angedrohten Zwangsgeldes ist nicht Voraussetzung für die Androhung eines erneuten Zwangsgeldes, denn die Beugewirkung des Zwangsgeldes tritt bereits mit dessen Androhung ein. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Unabdingbare Grundlage einer rechtmäßigen Verwaltungsvollstreckung ist allein die Wirksamkeit, nicht aber die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
bestandskräftige denkmalschutzrechtliche Anordnung, Austausch von Kunststofffenstern und -tür in Holzfenster und -tür, erneute Androhung von Zwangsgeldern, Grundverfügung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 7924
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen eine erneute Zwangsgeldandrohung.
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1. Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung M., …straße … in M. (Baugrundstück), das – wie folgt – in die Denkmalliste eingetragen ist: „…“
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Mit Bescheid vom 22. September 2014 wurde dem Kläger die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis erteilt, die Fassade zu sanieren, genauer Gefache und Fachwerkbalken sowie Fensterläden im Obergeschoss zu streichen. Mit der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis vom 11. November 2014 wurde dem Kläger erlaubt, die Fassade zu sanieren, genauer die Fliesensockel im Erdgeschoss zu entfernen, verbunden mit der Auflage, dass für die Erneuerung des Sockels mit Putz ein Sanierputz zu verwenden ist, der zum einen wasserabweisend ist, sich aber auch diffusionsoffen verhalten soll; die Fliesen sind von den Außenwänden des Erdgeschosses insgesamt und durch den zuvor genannten Putz zu ersetzen. Mit Bescheid vom 12. November 2018 wurden die vg. Erlaubnisse um zwei Jahre verlängert. Mit Bescheid vom 6. September 2021 wurde die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zur Dachneueindeckung und Ergänzungen zur Fassadensanierung bezüglich des Farbtons auf der Giebelseite erteilt, verbunden mit der Auflage, dass sämtliche Spenglerarbeiten in Kupfer auszuführen sind.
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Bei einer bauaufsichtlichen Kontrolle am 20. Oktober 2021 stellten Mitarbeiter des Landratsamts M. fest, dass auf dem Baugrundstück die Bauarbeiten am Wohnhaus des Klägers nicht bescheidkonform ausgeführt worden waren.
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Mit Ziffer 1. des Bescheids vom 26. April 2022 traf das Landratsamt M. gegenüber dem Kläger folgende Anordnungen: Die Einscheibenkunststofffenster im EG und OG sind zurückzubauen und durch Holzfenster in historischer Teilung, zweiflügelig und mit mindestens einer Sprosse und Faschen sowie innen liegenden Rolladenkästen zu ersetzen (a). Die Kunststoff-Hauseingangstür ist zurückzubauen und durch eine Holz-Hauseingangstür in historischer Teilung zu ersetzen (c). Die in Blech ausgeführten Spenglerarbeiten sind im gleichen Farbton anzustreichen, wie die Blechverkleidung unterhalb der Dachrinne an der Straßenseite (braun) (d). Der geflieste Treppenaufgang ist wieder in den ursprünglichen Zustand, eine Natursteintreppe, zu versetzen (e). Sofern es sich bei dem aufgetragenen Putz um den Endgültigen handelt, ist dieser anzupassen und als glatter Außenputz, Kornstruktur von max. 2 mm und durch Fachfirmen auszuführen. Der Verlauf der Arbeiten ist mit der Unteren Denkmalschutzbehörde eine Woche (7 Tage) vor Ausführung abzustimmen. Die Angebote der ausführenden Firmen sind der Unteren Denkmalschutzbehörde zur Abstimmung vor der Auftragsvergabe vorzulegen (f). Mit Ziffer 3. wurde folgende Anordnung getroffen: Der Zustand der zu ändernden Bauteile, der Verlauf der Rückbau- und Instandsetzungsarbeiten sowie der Zustand nach Abschluss der Arbeiten ist mit aussagekräftigen Fotos und einem schriftlichen Bericht zu dokumentieren. Diese Dokumentation ist eine Woche (7 Tage) nach Abschluss der Arbeiten der Unteren Denkmalschutzbehörde vorzulegen. Mit Ziffer 4. wurde Folgendes angeordnet: Aufnahme und Ende der Arbeiten sind der Unteren Denkmalschutzbehörde jeweils eine Woche (7 Tage) vorher schriftlich anzuzeigen. Unter Ziffer 5. wurde angeordnet: Die unter der Ziffer 1. angeordneten Maßnahmen sind unter Beachtung der Ziffern 2. bis 4. bis spätestens 30. April 2023 auszuführen und abzuschließen. Ziffer 6 sieht vor, dass für den Fall, dass „die in den Ziffern 1., 2., 3. und 4.“ angeordneten Maßnahmen nicht fristgemäß erfüllt werden, folgende Zwangsgelder zur Zahlung fällig werden: hinsichtlich der Ziffer 1.a) 7.500,00 EUR, hinsichtlich der Ziffer 1.c) 2.000,00 EUR, hinsichtlich der Ziffer 1.d) 1.000,00 EUR, hinsichtlich der Ziffer 1.e) 1.000,00 EUR, hinsichtlich der Ziffer 1.f) 2.000,00 EUR, hinsichtlich der Ziffer 2. 3.000,00 EUR, hinsichtlich der Ziffer 3. 250,00 EUR und hinsichtlich der Ziffer 4. ebenfalls 250,00 EUR.
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Der Bescheid vom 26. April 2022 wurde dem Kläger gegen Übergabe-Einschreiben am 11. Mai 2022 zugestellt.
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2. Bei einer bauaufsichtlichen Kontrolle am 6. Juni 2023 stellten Mitarbeiter des Landratsamts M. fest, dass die Kunststofffenster und die Eingangstüre nicht zurückgebaut, die Bleche im Bereich der Ortgänge nicht braun gestrichen, die Stufen am Eingang noch gefliest und am Außenputz keine Änderungen vorgenommen worden waren.
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Mit Schreiben vom 13. Juni 2023 teilte daraufhin das Landratsamt M. dem Kläger mit, dass festgestellt worden sei, dass die ihm auferlegten Verpflichtungen aus den Ziffern 1.a) bis 4. des Bescheids vom 26. April 2022 nicht erfüllt worden seien, so dass das in Ziffer 6. des vg. Bescheids angedrohte Zwangsgeld fällig geworden sei.
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Mit Bescheid vom 16. Juni 2023, dem Kläger mit einem Anschreiben vom 5. Juli 2023 nach einem ersten erfolglosen Zustellungsversuch gegen Postzustellungsurkunde zugestellt am 6. Juli 2023, drohte das Landratsamt M. gegenüber dem Kläger im Falle der erneuten Nichterfüllung der unter den Ziffern 1. bis 4. des Bescheids vom 26. April 2022 festgelegten Verpflichtung bis spätestens 30. September 2023 folgende Zwangsgelder an: hinsichtlich der Ziffer 1.a) 10.000,00 EUR, hinsichtlich der Ziffer 1.c) 3.000,00 EUR, hinsichtlich der Ziffer 1.d) 1.500,00 EUR, hinsichtlich der Ziffer 1.e) 1.500,00 EUR, hinsichtlich der Ziffer 1.f) 3.000,00 EUR, Hinsichtlich der Ziffer 2. 4.000,00 EUR, hinsichtlich der Ziffer 3. 500,00 EUR und hinsichtlich der Ziffer 4. ebenfalls 500,00 EUR.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass bei einer Baukontrolle am 6. Juni 2023 festgestellt worden sei, dass die geforderten Maßnahmen nicht fristgerecht ausgeführt worden seien. Die Androhung des weiteren Zwangsgeldes stütze sich auf Art. 18, 19, 29, 30, 31, 36 und 37 VwZVG. Die neue Androhung des Zwangsgeldes sei zulässig, weil die vorausgegangene Zwangsgeldandrohung erfolglos geblieben sei. Sie sei auch verhältnismäßig. Das Zwangsgeld sei auch hinsichtlich der Höhe angemessen; es gehe ersichtlich nicht über das wirtschaftliche Interesse des Klägers hinaus.
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3. Am 21. Juli 2023 erhob der Kläger Klage gegen den Bescheid des Landratsamts M. „vom 05.07.2023, welches am 08.07.2023 zugestellt wurde“, ohne einen Antrag zu stellen.
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Zur Begründung führte der Kläger mit Schreiben vom 17. August 2023 aus, dass die von ihm vorgenommenen Maßnahmen alle Richtlinien einhielten, welche in dem Gespräch mit Frau A. besprochen worden seien. Ein Beispiel dafür sei, dass laut deren Angaben das Untergeschoss keinem Denkmalschutz unterliege, sondern er nur dieses passend an die Umgebung gestalten müsse. Ein weiterer Punkt sei, dass das Fachwerk, welches einem denkmalgeschützten Bereich entspreche, nach wie vor im ursprünglichen Zustand belassen worden sei. Zudem sei für seine Änderungen nach Einreichung von Lichtbildern am 6. September 2021 eine Erlaubnis im Nachgang erteilt worden. Er bitte um Berücksichtigung der beiliegenden Bilder und des Bescheids und verweise darauf, dass die von ihm durchgeführten Maßnahmen lediglich der Erhaltung des Objekts gedient hätten. Daher bitte er um Einstellung des Verfahrens, da er sich keines schuldhaften Verhaltens bewusst sei und er stets um Erhaltung des Hauses bemüht gewesen sei.
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4. Das Landratsamt M. beantragte für den Beklagten,
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Zur Begründung wurde vorgebracht: Die vorliegende Klage sei zulässig, aber unbegründet. Der Kläger wende sich mit seiner Klage vom 21. Juli 2023 ausdrücklich gegen die erneute Androhung von Zwangsgeldern vom 16. Juni 2023 durch den Beklagten. Diese sei dem Kläger als Anlage zum behördlichen Schreiben vom 5. Juli 2023 per Postzustellungsurkunde am 6. Juli 2023 zugestellt worden. Gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG sei die Zwangsgeldandrohung, wenn sie – wie hier – nicht mit dem Grundverwaltungsakt verbunden und dieser – wie hier – unanfechtbar geworden sei, nur insoweit anfechtbar, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet werde. Im vorliegenden Fall wende sich der Kläger gegen die Anordnung vom 26. April 2022, wenn er vortrage, dass die von ihm vorgenommenen Maßnahmen alle Richtlinien einhielten, die im Gespräch mit der unteren Denkmalschutzbehörde besprochen worden seien. Unter Bezugnahme auf die vorherigen Ausführungen seien diese Einwendungen jedoch im vorliegenden Verfahren nicht maßgeblich. Die vom Kläger in der Klagebegründung weiter angeführte Erlaubnis vom 6. September 2021 beziehe sich auf keine von den in der Rückbauanordnung geforderten Maßnahmen und somit auch nicht auf das angedrohte Zwangsgeld, welches der Kläger beklage. Die Zwangsgeldandrohung wäre dann rechtswidrig, wenn entweder die besonderen Voraussetzungen des Art. 36 Abs. 1 und Abs. 7 VwZVG nicht vorlägen oder die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nicht gegeben seien, Art. 18 ff. VwZVG. Diesbezügliche Anhaltspunkte habe der Kläger nicht vorgetragen und seien auch nicht ersichtlich.
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5. In der mündlichen Verhandlung vom 29. Februar 2024 ist der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Mit der Beklagtenseite wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Der Vertreter des Beklagten erklärte, dass er Ziffer 1 des Bescheids vom 16. Juni 2023 aufhebe, soweit es um die Zwangsgeldandrohung hinsichtlich der Ziffer 2 des Bescheids vom 26. April 2022 in Höhe von 4.000,00 EUR geht. Daraufhin trennte die Kammer mit Beschluss vom Verfahren W 5 K 23.1005 den Rechtsstreit ab, soweit es um Ziffer 1 des Bescheids vom 16. Juni 2023 hinsichtlich der Androhung eines Zwangsgeldes bezüglich Ziffer 2 des Bescheids vom 26. April 2022 in Höhe von 4.000,00 EUR geht und führte diesen unter dem Aktenzeichen W 5 K 24.338 fort. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage, über die trotz des Ausbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 1 VwGO), ist zulässig, aber unbegründet.
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Der Streitgegenstand des Verfahrens beschränkt sich infolge des Beschlusses der Kammer in der mündlichen Verhandlung, mit der der Rechtsstreit, soweit es um Ziffer 1 des Bescheids vom 16. Juni 2023 hinsichtlich der Androhung eines Zwangsgeldes bezüglich Ziffer 2 des Bescheids vom 26. April 2022 in Höhe von 4.000,00 EUR geht, abgetrennt wurde und unter dem Az. W 5 K 24.338 fortgeführt wird, nur noch auf die (erneute) Zwangsgeldandrohung des Landratsamts M. in Ziffer 1 des Bescheids vom 16. Juni 2023 bezüglich der Ziffern 1, 3 und 4 des Bescheids vom 26. April 2022 sowie auf die zugehörigen Nebenentscheidungen.
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Der Kläger wendet sich ausschließlich gegen die (erneute) Zwangsgeldandrohung, nicht aber (im Wege einer Feststellungsklage) gegen die Fälligkeitsmitteilung des Landratsamts M. vom 13. Juni 2023. Dies lässt sich dem eindeutigen Wortlaut der Klageschrift vom 15. Juli 2023 entnehmen: „Klage gegen den Bescheid des Landratsamts M. mit der Nr. … vom 05.07.2023, welches am 08.07.2023 zugestellt wurde“. Das Schreiben des Landratsamts M. vom 13. Juni 2023, mit dem dem Kläger mitgeteilt wurde, dass das in Ziffer 6 des Bescheids vom 26. April 2022 angedrohte Zwangsgeld fällig geworden ist, wird vom Kläger in keiner seiner an das Gericht gerichteten Schreiben auch nur erwähnt.
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Nach allem ist die zu entscheidende Klage in ihrem Klageantrag sachgerecht (§ 88 VwGO) dahingehend auszulegen, dass die Aufhebung des Bescheids des Landratsamts M. vom 16. Juni 2023 begehrt wird, soweit es um die Zwangsgeldandrohung bezüglich Ziffern 1.a), 1.c), 1.d), 1.e), 1.f), 3. und 4. des Bescheids vom 26. April 2022, in Höhe von insgesamt 20.000,00 EUR geht.
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1. Die Klage ist zulässig. Gegen die Androhung von Zwangsmitteln sind die förmlichen Rechtsbehelfe gegeben, die gegen den Verwaltungsakt zulässig sind, dessen Durchsetzung erzwungen werden soll (Art. 38 Abs. 1 Satz 1 VwZVG). Vorliegend soll mittels Androhung erneuter Zwangsgelder die Durchsetzung einer Anordnung (genauer: in Ziffern 1.a), 1.c), 1.d), 1.e), 1.f), 3. und 4. des Bescheids vom 26.4.2022) erzwungen werden, gegen die die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) zulässig ist. Die Anfechtungsklage ist mithin auch hier die statthafte Klageart.
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2. Die Klage erweist sich in der Sache als unbegründet. Denn der streitgegenständlich gebliebene Teil der Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 16. Juni 2023 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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2.1. Die erneute Zwangsgeldandrohung bzgl. der Ziffern 1.a), 1.c), 1.d), 1.e), 1.f), 3. und 4. des Bescheids vom 26. April 2022 stützt sich zutreffend auf Art. 31, 36 und 37 VwZVG.
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Gemäß Art. 29 Abs. 1 VwZVG können Verwaltungsakte, mit denen die Vornahme einer Handlung, Duldung oder Unterlassung gefordert wird, mit Zwangsmitteln vollstreckt werden. Als Zwangsmittel nennt das Gesetz in Absatz 2 Nr. 1 das Zwangsgeld und bestimmt in Absatz 3 Satz 1, dass das Zwangsmittel in angemessenem Verhältnis zu seinem Zweck stehen muss. Die Vollstreckung setzt voraus, dass der zu einer sonstigen Handlung, einer Duldung oder einer Unterlassung Verpflichtete seine Verpflichtung nicht rechtzeitig erfüllt (Art. 19 Abs. 2 VwZVG). Einzelheiten zum Zwangsgeld sind in Art. 31 VwZVG geregelt. Nach Art. 31 Abs. 1 VwZVG kann die Vollstreckungsbehörde, wenn die Pflicht zu einer Handlung nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit erfüllt wird, den Pflichtigen durch ein Zwangsgeld zur Erfüllung anhalten. Das Zwangsgeld beträgt bis zu 50.000,00 EUR und soll das nach Ermessen zu schätzende wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen (Art. 31 Abs. 2 VwZVG). Nach Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG ist eine erneute Androhung eines Zwangsmittels erst dann zulässig, wenn die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben ist. Die Beitreibung des zunächst angedrohten Zwangsgeldes ist demgegenüber nicht Voraussetzung für die Androhung eines erneuten Zwangsgeldes, denn die Beugewirkung des Zwangsgeldes tritt bereits mit dessen Androhung ein (BayVGH, B.v. 12.1.2012 – 10 ZB 10.2439 – juris). Zwangsmittel können nur in der Form einer erneuten selbstständigen Androhung wiederholt und gegebenenfalls gesteigert werden. Nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG können sie so oft und so lange angewendet werden, bis die zu Grunde liegende Verpflichtung erfüllt ist.
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2.2. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen (Art. 18 bis 22 VwZVG) liegen vor.
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Mit der bestandskräftigen Anordnung vom 26. April 2022 liegt bzgl. der Ziffern 1.a), 1.c), 1.d), 1.e), 1.f), 3. und 4. ein vollstreckungsfähiger Grundverwaltungsakt vor (Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG). Unabdingbare Grundlage einer rechtmäßigen Verwaltungsvollstreckung ist allein die Wirksamkeit, nicht aber die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung (BVerwG, B.v. 25.9.2008 – 7 C 5/08 – juris). Ist – wie vorliegend – die Androhung nicht mit dem zugrundeliegenden Verwaltungsakt verbunden und ist dieser – wie vorliegend – unanfechtbar geworden, so kann die Androhung nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird (Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG). Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG schränkt die Anfechtung isolierter Zwangsgeldandrohungen wesentlich ein. Einwendungen gegen den unanfechtbaren Grundverwaltungsakt sind ausdrücklich ausgeschlossen (BayVerfGH, E.v. 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05 – Fundstelle Bayern 2007, Nr. 133, m.w.N.).
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Damit kann der Kläger mit seinem Vorbringen, dass die von ihm vorgenommenen Maßnahmen alle Richtlinien einhielten, welche in dem Gespräch mit der Sachbearbeiterin des Landratsamts M. besprochen worden seien, dass das Untergeschoss keinem Denkmalschutz unterliege, sondern er nur dieses passend an die Umgebung gestalten müsse und dass das Fachwerk, welches einem denkmalgeschützten Bereich entspreche, nach wie vor im ursprünglichen Zustand belassen worden sei, im hiesigen Verfahren nicht gehört werden. Denn insoweit handelt es sich ausschließlich um Einwendungen gegen den unanfechtbaren Grundverwaltungsakt.
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2.3. Auch die besonderen Voraussetzungen für die Androhung eines erneuten Zwangsgeldes im Sinne der Art. 31, 36 und 37 VwZVG sind bzgl. der Ziffern 1.a), 1.c), 1.d), 1.e), 1.f), 3. und 4. des Bescheids vom 26. April 2022 erfüllt. Insbesondere verstößt die getroffene Regelung nicht gegen Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG. Nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG können Zwangsmittel solange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung aus dem Grundbescheid erfüllt ist. Eine erneute Zwangsgeldandrohung ist zulässig, wenn die vorausgegangene Androhung eines Zwangsgeldes erfolglos geblieben ist (Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG).
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So liegt der Fall hier. Das dem Kläger mit dem Grundverwaltungsakt vom 26. April 2022 angedrohte Zwangsgeld ist bzgl. der Ziffern 1.a), 1.c), 1.d), 1.e), 1.f), 3. und 4. des Bescheids fällig geworden. Die erste Zwangsgeldandrohung hat ihren Zweck nicht erreicht. Mit dem Bescheid vom 26. April 2022 wurde der Kläger verpflichtet, bestimmte, genau festgelegte, Maßnahmen am Anwesen …straße … in M. bis spätestens 30. April 2023 vorzunehmen, zu dokumentieren, die Dokumentation vorzulegen und die Arbeiten anzuzeigen. Im Einzelnen wurde angeordnet: Die Einscheibenkunststofffenster im EG und OG sind zurückzubauen und durch Holzfenster in historischer Teilung, zweiflügelig und mit mindestens einer Sprosse und Faschen sowie innen liegenden Rolladenkästen zu ersetzen (a). Die Kunststoff-Hauseingangstür ist zurückzubauen und durch eine Holz-Hauseingangstür in historischer Teilung zu ersetzen (c). Die in Blech ausgeführten Spenglerarbeiten sind im gleichen Farbton anzustreichen, wie die Blechverkleidung unterhalb der Dachrinne an der Straßenseite (braun) (d). Der geflieste Treppenaufgang ist wieder in den ursprünglichen Zustand, eine Natursteintreppe, zu versetzen (e). Sofern es sich bei dem aufgetragenen Putz um den Endgültigen handelt, ist dieser anzupassen und als glatter Außenputz, Kornstruktur von max. 2 mm, durch Fachfirmen auszuführen. Der Verlauf der Arbeiten ist mit der Unteren Denkmalschutzbehörde eine Woche (7 Tage) vor Ausführung abzustimmen. Die Angebote der ausführenden Firmen sind der Unteren Denkmalschutzbehörde zur Abstimmung vor der Auftragsvergabe vorzulegen (f). Mit Ziffer 3. wurde folgende Anordnung getroffen: Der Zustand der zu ändernden Bauteile, der Verlauf der Rückbau- und Instandsetzungsarbeiten sowie der Zustand nach Abschluss der Arbeiten ist mit aussagekräftigen Fotos und einem schriftlichen Bericht zu dokumentieren. Diese Dokumentation ist eine Woche (7 Tage) nach Abschluss der Arbeiten der Unteren Denkmalschutzbehörde vorzulegen. Mit Ziffer 4. wurde Folgendes angeordnet: Aufnahme und Ende der Arbeiten sind der Unteren Denkmalschutzbehörde jeweils eine Woche (7 Tage) vorher schriftlich anzuzeigen.
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Bei der nach Fristablauf für die Anordnung durchgeführten bauaufsichtlichen Kontrolle vom 6. Juni 2023 wurde festgestellt, dass diese angeordneten Maßnahmen sämtlich nicht vorgenommen worden waren.
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2.4. Die angedrohten Zwangsgelder sind auch in ihrer Höhe nicht zu beanstanden. Nach Art. 31 Absatz 2 Satz 1 VwZVG beträgt das Zwangsgeld mindestens 15,00 EUR und höchstens 50.000,00 EUR. Nach Satz 2 soll das Zwangsgeld das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen. Die Behörde hat demnach Ermessen bei der Festsetzung der Höhe des Zwangsgelds unter Beachtung des rechtsstaatlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (siehe auch Satz 4 und Art. 29 Abs. 3 VwZVG). Insbesondere muss das festgelegte Zwangsgeld auch geeignet sein, den Pflichtigen so zu beeindrucken, dass er der behördlichen Festlegung im Grundverwaltungsakt nachkommt (Weber in Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz, Art. 31 Rn. 4.1 und 4.2). Diese Maßgaben sind vorliegend im Hinblick auf die im Bescheid vom 26. April 2022 in den Ziffern 1.a), 1.c), 1.d), 1.e), 1.f), 3. und 4 erfolglos angedrohten Zwangsgelder erfüllt.
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2.5. Die dem Kläger eingeräumte Frist zur Erfüllung der Anordnung von 3 ½ Monaten ist angemessen i.S.d. Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.