Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 15.01.2024 – W 8 K 22.1861
Titel:

Rückforderung und Kürzung landwirtschaftlicher Subventionen

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
VO (EG) 1122/2009 Art. 80
VO (EG) 1975/2006 Art. 2
VO (EG) 796/2004 Art. 73
VO (EG) 65/2022 Art. 5
MOG § 10
BayVwVfG Art. 48, Art. 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Art. 49a
Leitsätze:
1. Das Unionsrecht enthält keine Rechtsvorschriften, die die Befugnis der Behörde regeln, Bewilligungsbescheide über landwirtschaftliche Subventionen, die in Durchführung des Unionsrechts gewährt worden sind, zurückzunehmen oder zu widerrufen. Auch soweit Zuwendungen auf der Grundlage von Unionsrecht gewährt und aus Unionsmitteln kofinanziert werden, richtet sich die Aufhebung der Zuwendungsbescheide wegen Fehlens einer umfassenden unionsrechtlichen Rücknahmeregelung grundsätzlich nach nationalem Recht, wobei jedoch die durch das Unionsrecht gezogenen Grenzen zu beachten sind. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Subventionsrichtlinien sind keine Rechtsnormen, sondern verwaltungsinterne Weisungen, die eine gleichmäßige Ermessensausübung der zur Verteilung von Fördermitteln berufenen Stelle regeln und entfalten Außenwirkung für den einzelnen Antragsteller nur mittelbar über dessen in Art. 3 Abs. 1 GG geschütztes Recht, gemäß der in der "antizipierten Verwaltungspraxis" zum Ausdruck kommenden Ermessensbindung der Verwaltung gleichmäßig behandelt zu werden, sodass sich die Rechtswidrigkeit eines Bewilligungsbescheids nur aus einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ergeben kann. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Frage der Abgrenzung einer förderfähigen Fläche ist zu berücksichtigen, dass landwirtschaftsfachliche Feststellungen der Fachbehörde von einem besonderen Sachverstand getragen sind und diesen im Rahmen der Beweiswürdigung insofern ein besonderes Gewicht zukommt, als solche fachbehördlichen Aussagen auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen, sodass landwirtschaftsfachliche Wertungen ohne weiteren Sachverständigenbeweis vom Gericht der Überzeugungsbildung zugrunde gelegt werden dürfen, sofern sie im Einzelfall (landwirtschafts-)fachlich vertretbar sind und auch nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
4. Voraussetzung für die Anerkennung einer (Teil-)Fläche als Dauergrünland ist eine entsprechende effektive Nutzung, wobei das Vegetationsbild einer mehrjährigen Sukzession verholzender Pflanzen der Annahme einer solchen Nutzung ebenso entgegensteht wie ein flächenhaft vorherrschender Aufwuchs von Nichtfutterpflanzen. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
5. Das Unionsrecht regelt den Vertrauensschutz bei der Rückforderung unionsrechtswidriger Beihilfen abschließend und verdrängt insoweit Art. 48 Abs. 2 bis 4 BayVwVfG. (Rn. 80) (redaktioneller Leitsatz)
6. Die Kürzung bzw. Ablehnung einer landwirtschaftlichen Förderung ist bei Nichtvorliegen der Fördervoraussetzungen nicht unverhältnismäßig, sondern verfolgt ein legitimes Ziel und ist geeignet, erforderlich und angemessen, um die finanziellen Interessen und Ziele der Europäischen Union auch wegen der abschreckenden Wirkung effizient zu wahren und wirksam zu schützen. (Rn. 88) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anfechtungsklage, Rückforderung und Kürzung landwirtschaftlicher Subventionen, DZP, AGZ;, AUM und KULAP;, landwirtschaftliche Nutzung;, Beweidung allein nicht ausreichend;, Mulchvorgang erforderlich;, Einhaltung der Fördervoraussetzungen;, Rückschlüsse auf Vorjahre;, landwirtschaftliche Subventionen, Direktzahlung, Kürzung, Rückforderung, Gleichheitsgrundsatz, förderfähige Fläche, Dauergrünland, Beweidung, Vertrauensschutz, Verhältnismäßigkeit
Fundstelle:
BeckRS 2024, 7919

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen.
II.    Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.    Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.
1
Der Kläger wendet sich gegen drei Bescheide des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten K. vom 9. November 2020, je in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 24. Oktober 2022, mit denen Fördermittel in den Bereichen Direktzahlungen (DZP), Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete (AGZ) und Zuwendungen für Agrarumweltmaßnahmen (AUM), Bayerisches Kulturlandschaftsprogramm (KULAP), zurückgefordert werden.
2
Der Kläger beantragte im Jahr 2007 im Rahmen des KULAPs die Maßnahmen A22 (Grünlandextensivierung durch Mineraldüngerverzicht – max. 1,76 GV/ ha HFF) für den Verpflichtungszeitraum 2007 – 2011. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 9. Oktober 2007 bewilligt. Mit Bescheiden vom 7. August 2012 und 25. Juli 2014 wurde die jeweils beantragte Verlängerung der Maßnahme A22 bewilligt. Im Jahr 2015 wurden die Maßnahmen B20 (Extensive Grünlandnutzung für Raufutterfresser) und B57 (Streuobst) für den Verpflichtungszeitraum 2015 – 2019 beantragt. Der zugehörige Bewilligungsbescheid erging am 19. November 2015. Mit mehreren Mehrfachanträgen wurden die Auszahlung der KULAP-Maßnahmen, die Direktzahlungen und die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete beantragt und mit verschiedenen Auszahlungsmitteilungen und Bescheiden bewilligt.
3
Am 21. November 2019 fand eine Vor-Ort-Kontrolle (VOK) des klägerischen Betriebs durch das Prüfteam des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Ki. statt. Dabei wurden Flächen- und Baumabweichungen gegenüber den im Antrag gemachten Angaben festgestellt, die zum Teil bis ins Jahr 2010 zurückreichten.
4
Mit Schreiben vom 16. Oktober 2020 hörte das AELF K. den Kläger zu den getroffenen Feststellungen und einer beabsichtigten Rückforderung an.
5
Mit Bescheid des AELF K. vom 9. November 2020 wurden die Bewilligungsbescheide zu den Direktzahlungen vom 19. November 2010, 21. November 2011, 10. Dezember 2015, 8. Dezember 2016, 13. Dezember 2017 und 10. Dezember 2018 teilweise zurückgenommen (Nr. 1). Die Direktzahlungen wurden für das Jahr 2010 um 309,62 EUR, für das Jahr 2011 um 327,74 EUR, für das Jahr 2015 um 1.476,53 EUR, für das Jahr 2016 um 726,11 EUR, für das Jahr 2017 um 714,92 EUR und für das Jahr 2018 um 710,07 EUR gekürzt (Nr. 2). Die zu Unrecht gewährten Beträge in der Gesamthöhe von 4.264,99 EUR wurden zuzüglich Kosten zurückgefordert. Die Rückforderung war bis zum 14. Dezember 2020 zu erstatten (Nr. 3). Bei verspätetem Zahlungseingang werde der Rückforderungsbetrag für den Zeitraum zwischen dem 14. Dezember 2020 und der tatsächlichen Rückzahlung mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich verzinst (Nr. 4). Die Kosten des Bescheids wurden dem Kläger auferlegt. Es wurde eine Gebühr in Höhe von 130,00 EUR erhoben (Nr. 5). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Rechtsgrundlage für den Bescheid sei § 10 Marktordnungsgesetz (MOG) i.V.m. Art. 80 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1122/2009 und Art. 7 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014. Nach § 10 Abs. 1 MOG müsse ein rechtswidriger Bescheid zurückgenommen werden. Ein Bewilligungsbescheid sei rechtswidrig, wenn die Fördervoraussetzungen bereits zum Zeitpunkt der Bewilligung nicht gegeben gewesen seien oder die Förderung durch unrichtige Angaben erwirkt worden sei. Ein Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes habe nicht entstehen können, weil der Kläger jährlich im Rahmen der Mehrfachantragsstellung erkläre, von den Verpflichtungen und Hinweisen Kenntnis genommen zu haben, die in den Merkblättern genannt seien. Insbesondere habe der Kläger auch bezüglich der einzelnen Feldstücke erklärt, dass Größe und Abgrenzung korrekt seien. Gemäß § 10 MOG i.V.m. Art. 80 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1122/2009 bzw. Art. 7 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 bestehe bei flächenbezogenen Beihilfen die Pflicht, zu Unrecht gezahlte Beträge zurückzufordern. Die Beihilfe werde für die Jahre 2010 bis 2011 gemäß Art. 56 – 58 VO (EG) Nr. 1122/2009 berechnet. Die Differenz zwischen beantragter und ermittelter Fläche liege jeweils unter 3% oder 2 ha, daher werde die Beihilfe auf Grundlage der ermittelten Fläche ohne weitere Kürzung berechnet. Die Beilhilfe werde für die Jahre 2015 – 2018 gemäß Art. 18 – 19 der Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014, eingefügt durch Delegierte VO (EU) 2016/1393 auch mit rückwirkender Anwendung, berechnet. Liege die Differenz zwischen beantragter und ermittelter Fläche unter 3% oder 2 ha, werde die Beihilfe auf Grundlage der ermittelten Fläche ohne weitere Kürzung berechnet, liege die Differenz darüber, werde die Beihilfe auf der Grundlage der ermittelten Fläche berechnet und um das 1,5-fache der festgestellten Differenz gekürzt.
6
Mit weiterem Bescheid des AELF K. vom 9. November 2020 wurden die Bewilligungsbescheide zur Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten vom 16. November 2012, 10. November 2016, 23. November 2017 und 27. November 2018 teilweise zurückgenommen (Nr. 1). Die Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten wurde für das Jahr 2015 um 289,10 EUR, für das Jahr 2016 um 368,34 EUR, für das Jahr 2017 um 634,43 EUR und für das Jahr 2018 um 618,15 EUR gekürzt (Nr. 2). Die zu Unrecht gewährten Beträge in der Gesamthöhe von 1.919,02 EUR wurden zuzüglich Kosten bis zum 14. Dezember 2020 zurückgefordert. Die Rückforderung war bis zum 14. Dezember 2020 zu erstatten (Nr. 3). Bei verspätetem Zahlungseingang werde der Rückforderungsbetrag für den Zeitraum zwischen dem 14. Dezember 2020 und der tatsächlichen Rückzahlung mit drei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich verzinst (Nr. 4). Die Kosten des Bescheids wurden dem Kläger auferlegt. Es wurde eine Gebühr in Höhe von 80,00 EUR erhoben (Nr. 5). Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Rechtsgrundlage für die Rücknahme und die Rückforderung sei Art. 48 BayVwVfG i.V. m. Art. 7 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 und den Richtlinien zur Ausgleichszulage in der jeweils geltenden Fassung. Die Bewilligungsbescheide vom 16. November 2012, 10. November 2016, 23. November 2017 und 27. November 2018 seien rechtswidrig gewesen, da die Fördervoraussetzungen bereits zum Zeitpunkt der Bewilligung auf den beanstandeten Flächen nicht gegeben gewesen seien. Gemäß Art. 7 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 i.V.m. Art. 49a Abs. 1 und 2 BayVwVfG bestehe bei flächenbezogenen Beihilfen die Pflicht, zu Unrecht gezahlte Beträge zurückzufordern. Grundlage für die Berechnung der Beihilfen, Kürzungen und Sanktionen seien Art. 18 – 19 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014 und Delegierte VO (EU) Nr. 2016/1393. Vorliegend betrage die Differenz zwischen angemeldeter und ermittelter Fläche bei der Kulturgruppe Grünfutter Agrarzone (anrechenbare Hauptfutterfläche) in allen Jahren mehr als 3% der ermittelten Fläche oder mehr als 2 ha. Bei Flächenabweichungen von mehr als 3% oder mehr als 2 ha werde die Beihilfe auf Grundlage der ermittelten Fläche, gekürzt um das 1,5-fache der festgestellten Differenz, jedoch nicht mehr als 100% der auf der Grundlage der gemeldeten Fläche berechneten Beträge berechnet.
7
Mit weiterem Bescheid des AELF K. vom 9. November 2020 wurden die Bewilligungsbescheide im Bereich AUM und KULAP vom 9. Oktober 2007, 7. August 2012, 25. Juli 2014, 19. November 2015 und 30. Juni 2017 i.V. m. den Auszahlungsmitteilungen vom 30. März 2011, 20. März 2012, 4. Oktober 2012, 21. Juli 2014, 19. März 2015, 10. August 2016, 30. März 2017, 28. März 2018, 27. März 2019 und 25. März 2020 für die Verpflichtungsjahre 2010 – 2014 (hinsichtlich der Maßnahme A22), 2015 – 2018 (hinsichtlich der Maßnahmen B20 und B57) und 2017 – 2019 (hinsichtlich der Maßnahme B28) teilweise aufgehoben (Nr. 1). Die Zuwendungen wurden für das Jahr 2010 um 479,70 EUR, für das Jahr 2011 um 442,80 EUR, für das Jahr 2012 um 442,80 EUR, für das Jahr 2013 um 146,13 EUR, für das Jahr 2014 um 810,00 EUR, für das Jahr 2015 um 4.146,58 EUR, für das Jahr 2016 um 4.519,02 EUR, für das Jahr 2017 um 5.799,01 EUR, für das Jahr 2018 um 6.021,62 EUR und für das Jahr 2019 um 37,00 EUR gekürzt (Nr. 2). Die zu viel ausbezahlten Beträge in der Gesamthöhe von 22.844,66 EUR wurden zuzüglich Kosten zurückgefordert. Die Rückforderung war bis zum 14. Dezember 2020 zu erstatten (Nr. 3). Bei verspätetem Zahlungseingang werde der Rückforderungsbetrag für den Zeitraum zwischen dem 14. Dezember 2020 und der tatsächlichen Rückzahlung mit drei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich verzinst (Nr. 4). Die Kosten des Bescheids wurden dem Kläger auferlegt. Es wurde eine Gebühr in Höhe von 375,00 EUR erhoben (Nr. 5). Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Rechtsgrundlage für die teilweise Rücknahme und die Rückforderung sei Art. 48 BayVwVfG für das Jahr 2010 i.V. m. Art. 2 VO (EG) Nr. 1975/2006 i.V. m. Art. 80 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1122/2009, für die Jahre 2011 – 2014 i.V. m. Art. 5 Abs. 1 VO (EU) Nr. 65/2011 und für die Jahre ab 2015 i.V. m. Art. 7 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 und den Richtlinien zum KULAP-A in der jeweils gültigen Fassung. Die genannten Bewilligungsbescheide sowie die genannten Auszahlungsmitteilungen seien im Hinblick auf die von den Flächenabweichungen und Auflagenverstößen betroffenen Feldstücke teilweise rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für die Förderung in der ausbezahlten Höhe bereits zum Zeitpunkt der Abrechnung jeweils nicht vorgelegen hätten. Voraussetzung für die Förderung der Maßnahmen A22, B20, B28 und B57 sei, dass es sich bei der beantragten Fläche um landwirtschaftliche Nutzfläche handle, die auch tatsächlich vom Kläger bewirtschaftet werde und die beantragten Bäume tatsächlich vorhanden seien und den Anforderungen genügen würden. Nach Art. 2 VO (EG) Nr. 1975/2006 i.V. m. Art. 80 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1122/2009 i.V. m. Art. 49a Abs. 1 BayVwVfG bzw. Art. 5 VO (EU) Nr. 65/2011 i.V.m. Art. 49a Abs. 1 und 2 BayVwVfG sowie nach Art. 7 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 bestehe bei flächenbezogenen Beihilfen die Pflicht, zu Unrecht gezahlte Beträge zurückzufordern. Grundlage für die Berechnung der Beihilfen, Kürzungen und Sanktionen seien Art. 16 VO (EG) Nr. 1975/2006 i.d.F. VO (EG) Nr. 484/2009 i.V. m. Art. 50 Abs. 1, 3, 7 VO (EG) Nr. 796/2004 bzw. Art. 16 VO (EU) Nr. 65/2011 bzw. Art. 18 – 19 und 35 der Delegierten VO (EU) Nr. 640/2014 jeweils i.V. m. den Förderrichtlinien. Bei Abweichungen bis zu 3% oder 2,0 ha oder bis zu zwei Bäumen werde die Beihilfe auf Grundlage der ermittelten Fläche berechnet, bei Abweichungen von mehr als 3% oder 2,0 ha oder zwei Bäumen zusätzlich gekürzt um das Zweifache der festgestellten Differenz.
8
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2020, beim AELF K. eingegangen am 8. Dezember 2020, erhob der Kläger gegen die Rückforderungsbescheide vom 9. November 2020 jeweils Widerspruch. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die beantragten Grünlandflächen seien überwiegend als Mähweide oder Weide beantragt worden, da diese hauptsächlich zur Beweidung durch Rinder und Schafe genutzt würden. Dass hierbei zusätzlich zur Futternutzung auch noch eine weitere produktionstechnische Nutzung erfolgen müsse, sei ihm bisher nicht bewusst gewesen und nicht nachvollziehbar. Hätte er gewusst, dass eine Nachmahd zwingend erforderlich sei, hätte er die entsprechenden Flächen als Hutung beantragt. Eine einjährige bzw. mehrjährige Nichtnutzung der Flächen, wie sie bei der VOK festgestellt worden sei, sei für ihn bei einigen Flächen nicht akzeptabel, da diese mindestens einmal beweidet worden seien: Eine Teilfläche des FS 9 werde mindestens einmal jährlich gemäht und die Gesamtfläche nach dem ersten Schnitt beweidet. Auf dem Feldstück (FS 18) sei nur in den Jahren 2019 und 2020 Stroh gelagert worden. Dies sei auf dem Weg erfolgt und nicht auf der Weide. Der durch die VOK eingezeichnete Lagerplatz sei zu groß dimensioniert und sei deshalb auf die tatsächlich in Anspruch genommene Fläche von max. 400 m² anzupassen. Die Fläche des FS 22 werde jährlich beweidet. Hierbei werde auch der mit Bäumen bepflanzte Bereich eingezäunt, um den Tieren Witterungsschutz zu bieten. Die Büsche in diesem Bereich seien nicht sehr hoch. Die Tiere würden auch diesen Teilbereich zur Beweidung nutzen. Eine mehrjährige Nichtnutzung könne deshalb nicht festgestellt werden. Die Verbuschung der Fläche des FS 132 betrage etwa 10%, die Fläche werde jährlich beweidet. Dies werde auch durch einen durch die Kühe getretenen Trampelpfad ersichtlich. Die Fläche des FS 133 werde jährlich gemäht, der Abzug der Teilfläche wegen Verbuschung sei zu groß bemessen. Das FS 146 werde jährlich beweidet. Eine Nichtnutzung könne deshalb nicht festgestellt werden. Das FS 148 werde jährlich beweidet. Die Fläche sei bei dem auf seinem Betrieb jährlich praktizierten Weideablauf direkt vor FS 146 an der Reihe und werde nicht ausgelassen. Die Fläche des FS 170 werde auch unter dem Baumüberhang gemäht, dies sei vor Ort deutlich sichtbar durch abgebrochene Äste. Die Fläche des FS 173 werde jährlich beweidet. Auf der Teilfläche, wo neben der Beweidung kein Mulchen möglich sei, werde in Zukunft die Nutzung als Hutung angegeben. Trotzdem sei die Teilfläche durch Beweidung genutzt worden. Die Fläche des FS 176 werde jährlich beweidet und sei nur etwas verbuscht. Anhand des Wuchses der Hecke, die nicht zu dem FS gehöre, und derer, die bewirtschaftet werde, sehe man die jährliche Beweidung deutlich. Die auf dem FS 178 erfolgte Grenzkorrektur sei nicht nachvollziehbar. Die Fläche des FS 211 werde jährlich beweidet. Bei der Überprüfung der Baumabweichungen sei er bei den folgenden Feldstücken auf ein anderes Ergebnis gekommen: Bei FS 8, bei dem 38 Bäume beanstandet worden seien, seien 32 Bäume frei, die Fläche werde beweidet und gemäht. Bei FS 123 seien 18 Bäume frei und befänden sich auf beweideter landwirtschaftlicher Fläche (LF). Bei FS 135 seien vier Bäume frei, die sich auf beweideter und gemähter LF befänden. Bei FS 146 seien zwei Bäume frei und auf LF. Auf FS 149 seien 60 Bäume auf LF vorhanden, mindestens 1,40 Meter hoch und mit drei Metern Kronendurchmesser.
9
Das AELF K. half den Widersprüchen nicht ab und legte sie der Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vor.
10
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2022, dem Klägerbevollmächtigten zugegangen am 2. November 2022, hob die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk) den Bescheid des AELF K. vom 9. November 2020 (KULAP) insoweit auf, als für die Berechnung der Rückforderung für die Maßnahme A22 „Ökologischer Landbau im Gesamtbetrieb“ für das Jahr 2014 eine Gesamtflächenabweichung in Höhe von 2,18 ha anstatt 2,25 ha zu berücksichtigen sei (Nr. 1). Der Bescheid des AELF K.vom 9. November 2020 (KULAP) wurde insoweit aufgehoben, als es in Bezug auf das Feldstück 187 bei der Maßnahme B57 zu einem ungerechtfertigten Abzug gekommen sei (Nr. 2). Über die Rückforderungsbescheide des AELF K.vom jeweils 9. November 2020 zu DZP und AGZ hinaus wurde im Wege der Verböserung im Widerspruchsverfahren jeweils für das Jahr 2015 die zweifache Flächenabweichung anstatt einer 1,5-fachen Abweichung als Sanktion festgesetzt (Nr. 3). Das AELF K. wurde hinsichtlich der Punkte unter I. Nr. 1, 2 und 3 dieses Bescheids dazu aufgefordert, nach Eintritt der Bestandskraft dieses Bescheides die Rückforderungsbeträge auf Basis der Rechtsauffassung der FüAk neu zu berechnen und dem Kläger gegenüber neu festzusetzen (Nr. 4). Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen (Nr. 5). Da trotz Teilabhilfe nach ersten Berechnungen eine Erhöhung der Gesamtrückforderung zustande komme, wurden dem Kläger die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu 100% auferlegt (Nr. 6). Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren wurde für notwendig erklärt (Nr. 7). Es wurde eine Gebühr von 877,50 EUR festgesetzt (Nr. 8). Verwaltungskosten wurden nicht erhoben (Nr. 9). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Widersprüche seien zulässig und begründet, soweit bei der Rückforderung für die Maßnahme A22 „Ökologischer Landbau im Gesamtbetrieb“ für das Jahr 2014 eine Gesamtflächenabweichung in Höhe von 2,25 anstatt 2,18 ha berücksichtigt worden sei und es in Bezug auf das Feldstück 187 bei der Maßnahme B57 zu einem ungerechtfertigten Abzug gekommen sei. Im Übrigen seien die Widersprüche unbegründet gewesen. Die strittigen Feldstücke seien als bewirtschaftetes bzw. genutztes Dauergrünland (DG) beantragt worden (Nutzungscodes (NC) 451 „Wiesen“, NC 452 „Mähweiden“ und 453 „Weiden“ hätten alle eine DG-Eigenschaft). Eine Beweidung bzw. Beweidbarkeit bzw. Nutzbarkeit setze einen gras- und grünlandbetonten Bestand voraus, welcher im vorliegenden Fall für Teilbereiche der strittigen Feldstücke nicht vorgelegen habe. Die aberkannten Teilbereiche seien entweder (z. T. mehrjährig) nicht bewirtschaftet bzw. genutzt worden, seien verbuscht gewesen oder nicht selbst, sondern von jemand anderem bewirtschaftet worden (Grenzkorrekturen). Die Flächen hätten für eine Nutzung als Grünland nicht sich selbst überlassen werden dürfen, sondern hätten aktiv bewirtschaftet werden müssen, um eine nutzbares Gras verdrängende Verunkrautung bzw. Verholzung und Verbuschung zu verhindern. Eine von den Unkräutern beherrschte Fläche könne nicht mehr als Dauergrünlandfläche angesehen werden. Fänden auf einer Fläche keine landwirtschaftlichen Nutzungen statt, seien diese Teilflächen von den übrigen landwirtschaftlich genutzten Flächen abzuziehen. Auch nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. März 2021 – 3 C 7.20 setze die Anerkennung einer Fläche als Dauergrünland eine entsprechende effektive Nutzung voraus. Das Vegetationsbild einer mehrjährigen Sukzession verholzender Pflanzen stehe der Annahme einer solchen Nutzung ebenso entgegen wie ein flächenhaft vorherrschender Aufwuchs von Nichtfutterpflanzen. Um förderberechtigt zu sein, müsse der Antragsteller das alleinige Nutzungsrecht haben und die Fläche tatsächlich bewirtschaften. Demnach sei die Zuordnung von beihilfefähigen Flächen zum Betrieb eines Landwirts dann zu bejahen, wenn er in der Lage sei, diese mit einer hinreichenden Selbständigkeit in eigenem Namen und auf eigene Rechnung für seine landwirtschaftliche Tätigkeit für einen von ihm festgelegten Zeitraum zu nutzen. Wobei erforderlich sei, dass der Landwirt zu dieser Nutzung auch rechtlich in der Lage sei. Er somit befugt sei, die fragliche Fläche zum Zwecke der Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit zu verwalten, d.h. sie mit einer hinreichenden Selbständigkeit für seine landwirtschaftlichen Tätigkeiten zu nutzen. Dass die vom Kläger beantragten Feldstücke landwirtschaftlich genutzt und selbst bewirtschaftet werden müssten, gehe bei den einzelnen Förderbereichen aus den im Folgenden näher benannten Vorschriften hervor, deren Kenntnis er mit Antragstellung bestätigt habe. Im Rahmen der fachlichen Überprüfung des Widerspruchsfalles sei zu allen Feldstücken eine Stellungnahme des nunmehr zuständigen Prüfdienstes des AELF S. eingeholt worden. Laut Prüfdienst habe die Bewirtschaftung des Klägers einer Teilfläche des FS 9 nicht stattgefunden, weshalb die Fläche von 0,42 ha auf 0,09 ha habe angepasst werden müssen. Die Luftbildaufnahmen zeigten klar den nicht bewirtschafteten Bereich im östlichen Teil des Feldstücks, welcher sich von dem bewirtschafteten westlichen Teil stark unterscheide. Hinsichtlich des FS 18 sei laut Prüfdienst die Strohballenlagerstätte mit GPS-Gerät bei hoher Messgenauigkeit am Tag der VOK gemessen worden. Der Abzug in die Vergangenheit sei laut Prüfdienst aufgrund des vom Kläger beantragten nicht förderfähigen Waldes und sonstiger nichtlandwirtschaftlicher Fläche auf dem FS 18 erfolgt. Beim westlichen Teil des FS 22 handle es sich um Weidefläche, bei dem aber Pappeln ohne Grasunterwuchs und nicht beweidbare Brombeeren mit eingezäunt worden seien. Der östliche Teil der Fläche sei Hochwald, durch den ein befahrener Schotterweg führe. Auch wenn die Flächen teilweise mit eingezäunt gewesen seien, seien die Voraussetzungen für eine effektive Nutzungsmöglichkeit nicht gegeben gewesen. Für die Förderfähigkeit müsse der eingezäunte Bereich in allen Bereichen einen gras- und grünlandbetonten Bestand aufweisen. Wald und Büsche, auch wenn die Büsche noch nicht hochgewachsen seien, würden diese Voraussetzung nicht erfüllen. Die Brombeer- und Pappelflächen und der Weg mit angrenzendem Wald seien vom Prüfdienst fototechnisch dokumentiert worden. Hinsichtlich des FS 47 weise bereits das Luftbild einen anderen Aufwuchs als auf den südlich davon liegenden genutzten Flächen aus. Die mehrjährige Nichtnutzung sei von zwei Prüfern bei der VOK vom 21. November 2019 bestätigt worden. Auch hinsichtlich des FS 106 weise das Luftbild 2019 den andersartigen Aufwuchs (unbewirtschaftet) gegenüber den anderen umliegenden bewirtschafteten Feldstücken aus. Die einjährige Nichtnutzung sei von zwei Prüfern bei der VOK bestätigt worden. Auch in Bezug auf das FS 117 weise das Luftbild 2019 den andersartigen Aufwuchs (unbewirtschaftet – FS 117 im Süden) gegenüber den anderen umliegenden bewirtschafteten Feldstücken im Westen und Norden aus. Der Zustand des FS 117 im Jahr 2021 weise einen noch schlechteren als im Jahr 2019 auf. Die einjährige Nichtnutzung sei von zwei Prüfern bei der VOK vom 21. November 2019 bestätigt worden. Dies gelte auch für die einjährige Nichtnutzung der Wiese auf dem FS 123 und der aberkannten Fläche im Westen und Süden des FS 132. Laut Stellungnahme des Prüfdienstes sei per GPS-Technik an der Bewirtschaftungsgrenze bzw. an der Mähgrenze des FS 133 gemessen worden. Es seien negative, aber auch positive Abweichungen berücksichtigt und von zwei Prüfern bestätigt worden. Dass die Fläche des FS 146 nicht genutzt worden sei, sei bei der VOK fototechnisch dokumentiert und von zwei Prüfern bestätigt worden. Auch das Luftbild 2019 bestätige, dass das Feldstück nicht genutzt worden sei. Die Mähweide des FS 148 sei laut Prüfdienst einjährig nicht genutzt worden, was von zwei Prüfern bestätigt worden sei. Es sei bei der Vor-Ort-Kontrolle in Bezug auf das FS 170 festgestellt worden, dass die komplette Geometrie der beantragten Fläche nicht mit der bewirtschafteten Fläche übereingestimmt habe. Die Fläche sei deshalb an den bewirtschafteten Teil angepasst worden. Hinsichtlich des FS 173 sei die aberkannte Fläche im Westen komplett verbuscht und müsse abgezogen werden. Laut Angaben des Prüfdienstes sei die westliche Fläche und das kleine Teilstück im Norden des FS 176 komplett verbuscht gewesen und habe abgezogen werden müssen. Die Fläche im Osten sei vom Nachbarn gemäht, also nicht vom Kläger genutzt worden. Die vom Kläger bewirtschaftete Fläche sei gemessen und von zwei Prüfern bestätigt worden. Die vom Kläger bewirtschaftete Fläche des FS 178 sei laut Prüfdienst gemessen und bestätigt worden. Das Luftbild zeige deutlich die Bewirtschaftungsgrenze. Hinsichtlich des FS 211 sei die Fläche laut Prüfdienst gemeinsam mit dem Kläger vor Ort so festgelegt worden. Im südlichen Teil, der als bewirtschaftete Fläche anerkannt worden sei, habe die Beweidung durch Hühner stattgefunden. Mit sehr viel Wohlwollen sei die Fläche vom Prüfdienst als Weide gewertet worden. Der nicht anerkannte Teil der Fläche sei laut Angaben vom Prüfdienst verbuscht gewesen, was auch der Luftaufnahme zu entnehmen sei.
11
Im Rahmen der Merkblätter AUM 2007 bzw. Merkblatt AUM 2015 sei zur Maßnahme B57 „Streuobst“ als „Verpflichtung“ ausgeführt, dass ausschließlich Hochstamm-Obstbäume auf landwirtschaftlich genutzter Fläche zu Streuobst zählten. Gefördert würden demnach Hochstamm-Baumarten, die mindestens drei Meter Kronendurchmesser erreichen würden und eine Stammhöhe von mindestens 1,4 Metern hätten sowie auf landwirtschaftlich genutzter Fläche stünden. Dies habe im Verpflichtungszeitraum ab 2015 bei B57 gegolten. Im Verpflichtungszeitraum 2007 bis 2014 habe im Rahmen der Maßnahme A45 eine Mindeststammhöhe von 1,6 Metern gegolten. Weiterhin würden laut Merkblatt maximal 100 Streuobstbäume pro ha LF bzw. 1 Baum pro 100 m² Fläche des Feldstücks gefördert. Im Rahmen der VOK vom 21. November 2019 seien von insgesamt 737 im Jahr 2019 beantragten Bäumen 255 nicht förderfähige Bäume ermittelt worden. Da 99 Bäume auch für die Vorjahre nicht mehr den fünfjährigen Verpflichtungszeitraum erfüllen könnten, seien diese auch für die Vorjahre bis 2015 gesperrt worden („B01-Erfassung“). Von den 255 hätten 188 Bäume auf nichtlandwirtschaftlicher Fläche (NLF) gestanden oder seien gar nicht vorhanden gewesen und 67 Bäume hätten eine Stammhöhe von unter 1,4 m gehabt. Der Kläger habe damit klar gegen oben genannte Verpflichtungen und Auflagen verstoßen, korrekte Baum und Flächenangaben zu machen. Betreffend die Datengrundlagen für Auflagenverstöße und Flächenverstöße sei zu beachten, dass die Zahlen der Bäume, die für die Feststellung von Auflagenverstößen festgestellt worden seien, mit den flächenbedingten Verstoßbäumen nichts gemein hätten und in sich nicht aufsummiert werden könnten, da zu einem gewissen Anteil die gleichen Bäume in der einen sowie in der anderen Kategorie hätten genannt und festgestellt werden müssen. Laut Auskunft des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 23. Februar 2022 seien von der ursprünglich beantragten Fläche zunächst die Maßnahmenüberschneidungen und die Flächen mit Sperrcodes (beim Kläger bestünden bereits aufgrund der B01-Sperre für nicht förderfähige Bäume und Flächen erhebliche Unterschiede zwischen ursprünglich beantragter Fläche und angemeldeter Fläche) abzuziehen und daraufhin die Deckelungen bei der „angemeldeten Fläche“ zu berücksichtigen und erst dann die „angemeldeten Flächen“ für eine Sanktionsberechnung zu berücksichtigen. Dies sei einheitlich mit dem Bund abgestimmt und im Abrechnungsprogramm entsprechend umgesetzt. Diese Vorgehensweise erweise sich für den Kläger betreffend die festgestellten Flächenabweichungen als vorteilhaft. Wenn von den ursprünglich beantragten Bäumen für die Berechnung der prozentualen Abweichung auszugehen gewesen wäre, lägen die prozentualen Abweichungen weitaus höher, was eine zusätzliche Sanktion erfordert hätte. Fototechnische Aufnahmen der VOK vom 21. November 2019 würden hinsichtlich des FS 8 belegen, dass sich die Streuobstbäume im Bereich der verbuschten Fläche, also auf Nicht-LF befunden hätten. Die Fläche sei laut Prüfdienst maschinell nicht mehr pflegbar, wodurch die Verbuschung weiter voranschreite und die Büsche zum Zeitpunkt der Kontrolle ca. 1,5 bis 2 Meter Höhe erreicht hätten. Laut der Stellungnahme des Prüfdienstes sei die Fläche des FS 123 nur zum Teil beweidet gewesen. Unter den Bäumen sei die Fläche verbuscht gewesen und die Bäume hätten nicht genutzt werden können. Die Teilfläche des FS 135, auf der sich die beantragten Bäume befunden hätten, sei nicht genutzt gewesen. Die Anforderung einer Mindesttätigkeit sei damit nicht erfüllt gewesen, weshalb die Bäume nicht hätten mitgezählt werden können. Die Fläche des FS 146, auf der der Kläger zwei Bäume vorgefunden habe, werde nicht genutzt, was auch das Luftbild 2019 bestätige. Beim FS 149 hätten nur 67 der ermittelten 74 Streuobstbäume eine Stammhöhe von mindestens 1,40 Metern. Da mehr als die vom Kläger festgestellten 60 Bäume anerkannt würden, werde davon ausgegangen, dass der Kläger mit den Ergebnissen des Prüfdienstes einverstanden sei.
12
Beim Feldstück 187 sei aufgrund der durch den Prüfdienst durchgeführten Feldstückszusammenlegung der VOK Sch. auf 0 ha verringert und durch das neue zusammengelegte Feldstück (hier FS 100) ersetzt worden. Hierdurch werde die Mindestfläche für die 17 beantragten Obstbäume unterschritten. Dies habe zu einer ungerechtfertigten Deckelung und Abzug beim FS 187 geführt. Für die Maßnahme A22 „Umweltorientierte Nutzung von Dauergrünlandflächen“ sei für das Jahr 2014 2,25 ha Flächenabweichung berücksichtigt worden, was nicht korrekt gewesen sei. Nach Addition der Abweichungen für die FS 22, 100, 132, 133, 142 und 145 habe sich eine Gesamtflächenabweichung in Höhe von 2,18 anstatt 2,25 ha ergeben.
13
Im Rahmen des Rückforderungsbescheids vom 09.11.2020 betreffend AGZ 2015 – 2018 sei bei der Berechnung der Sanktionierung für das Jahr 2015 die günstigere Regelung im Rahmen des Art. 19a der VO (EU) Nr. 640/2014 angewendet worden, welche erst ab dem Jahr 2016 angewendet werden dürfe. So sei rückwirkend für das Jahr 2015 eine günstigere Sanktionierung in Höhe von lediglich dem 1,5-fachen der festgestellten Flächenabweichung anstatt der 2-fachen Flächenabweichung als Sanktion berücksichtigt worden. Laut Urteil des BVerwG vom 21. April 2020 – 3 C 18.18 scheide eine rückwirkende Anwendung von Art. 19a VO (EU) Nr. 640/2014 vor dem Jahr 2016 aus. Gegenüber der Rückforderung im Rahmen des Rückforderungsbescheids zu AGZ vom 20. Juli 2020 werde sich wegen nachträglicher Berücksichtigung einer zweifachen anstatt 1,5-fachen Sanktion für das Jahr 2015 der Rückforderungsbetrag erhöhen. Für DZP sei betreffend die Sanktionierung ab dem 1. Januar 2016 – wie bei AGZ – ebenfalls Art. 19a der Delegierten VO (EU) 640/2014 einschlägig. Die Sanktionierung sei ausschließlich für die Betriebsprämie einschlägig. Wegen falscher Berücksichtigung einer 1,5-fachen Sanktionierung werde sich der Rückforderungsbetrag für das Jahr 2015 erhöhen.
14
Die Rückforderungen entsprächen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Ein Absehen von Sanktionierung sei nur möglich, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben gemacht habe oder belegen könne, dass ihn keine Schuld treffe oder der Betriebsinhaber vor Ankündigung einer Kontrolle oder Mitteilung einer Unregelmäßigkeit die Behörde schriftlich informiere, dass der Beihilfeantrag fehlerhaft sei oder geworden sei (Selbstanzeige). Ein Absehen von der Sanktion sei nicht möglich, da es sich – unter Berücksichtigung aller Gesamtumstände und wegen der sehr großen Abweichungen und hohen Anzahl an nicht förderfähigen Bäumen – um sehr schwerwiegende Verletzungen handele.
II.
15
1.Gegen die streitgegenständlichen Bescheide ließ der Kläger am 2. Dezember 2022 Klage erheben und mit Schriftsatz vom 28. April 2023 zur Klagebegründung im Wesentlichen ausführen: Der Kläger bewirtschafte auf seinem Betrieb eine Gesamtfläche von ca. 100 ha, die kleinteilig auf rund 350 Flurnummern verteilt sei. Bei diesen Grundstücken handele es sich überwiegend um Weideflächen, die er in der Mittelgebirgslage der Rhön kaum bzw. gar nicht mit Maschinen bearbeiten könne. Zur Beweidung dieser Flächen halte der Kläger insgesamt einen durchschnittlichen Viehbestand von ca. 100 – 120 Rindern. Die von ihm beantragten Grünlandflächen seien überwiegend als Mähweide oder Weide beantragt worden, da diese hauptsächlich zur Beweidung durch Rinder und Schafe genutzt würden. Dabei sei der Kläger stets davon ausgegangen, dass die Beweidung zur Futternutzung ausreichend sei. Eine weitere produktionstechnische Nutzung, z.B. in Form eines Abmulchens der vom Vieh stehen gelassenen Gehölze, habe er nicht zusätzlich zur Beweidung vorgenommen. Dies aus dem Grund, da sämtliche Flächen im dortigen FFH-Gebiet lägen und ein zusätzliches Abmulchen aus Sicht des Klägers – nach Rücksprache mit der unteren Naturschutzbehörde – aus naturschutzfachlichen Gründen (z.B. Vogelnester) nicht zulässig sei. Möglicherweise hätten diese umstrittenen Feldstücke nicht als „Weide“, sondern als „Hutung“ mit einem entsprechend anderen Nutzungscode beantragt werden sollen. Darauf sei der Kläger bei der jeweiligen Antragstellung jedoch nicht hingewiesen worden. Sämtliche Flächen seien jedes Jahr mindestens einmal mit seinem Vieh beweidet worden. Dabei seien die Kühe immer ab April/Mai auf diesen Flächen gewesen. Im weiteren Verlauf der Vegetationszeit sei auf ca. 90% dieser Flächen ein zweiter Schnitt erfolgt, da natürlich für das Vieh auch Heu benötigt worden sei. Hingegen sei die Vor-Ort-Kontrolle erst Ende November 2019 erfolgt, als fast Schnee in der Rhön gelegen habe. Zu diesem Zeitpunkt seien sogar noch Strukturschäden durch die Weidehaltung (z.B. durch Wasserfass, Schlepper etc.) auf den Flächen zu erkennen gewesen. Dennoch sei von Seiten der Kontrolleure behauptet worden, dass manche Flächen (seit Jahren) nicht bewirtschaftet worden sein sollen.
16
In seinen Widersprüchen zu den drei jeweiligen Rückforderungsbescheiden habe der Kläger zu den jeweiligen beanstandeten Feldstücken individuell Stellung bezogen. Es werde auf den Inhalt der Widersprüche hinsichtlich der einzelnen Feldstücke verwiesen. Hinsichtlich der einzelnen Abweichungen bei den Obstbäumen werde wie folgt vorgetragen: Beim FS 8 sollten z. B. 38 Obstbäume nicht anerkannt werden, da sie „außerhalb von gemähter Fläche und verbuscht“ seien. Nach Ansicht des Klägers hingegen seien zum damaligen Zeitpunkt 32 Bäume auf dieser beweideten und gemähten Fläche frei gewesen. Der Unterschied in der Sichtweise liege offensichtlich darin, dass die Beweidung bereits im April/Mai und ein weiterer Mähvorgang im Sommer erfolgt gewesen sei, hingegen die Kontrolle erst am 19. November 2019 erfolgt sei. Bis dahin habe ein neuer Bewuchs vorgelegen. Bei den FS 123, 135 und 146 liege eine ähnliche Konstellation vor. Beim FS 149 seien von den Kontrolleuren 67 Bäume „mit Stammhöhe kleiner 1,40 Meter“ beanstandet worden. Nach Überprüfung durch den Kläger seien von diesen 67 beanstandeten Bäumen 60 Bäume mit einer Stammhöhe von mind. 1,40 Metern und 3 Metern Kronendurchmesser auf dieser bewirtschafteten Fläche vorhanden gewesen. Dabei habe der Kläger den Stamm gemessen vom Bodenniveau bis zum Kronenbeginn, während nicht ersichtlich sei, wie die Kontrolleure die Stammhöhe gemessen hätten. Eine vom Kläger gewünschte gemeinsame Nachkontrolle habe nicht stattgefunden. Der Kläger räume ein, dass es sich um einen teilweise sehr alten Obstbaumbestand auf seinen Feldstücken handele und dass einige tatsächlich bereits umgefallen gewesen seien. Diese lasse er sich auch richtigerweise in Abzug bringen. Es handele sich dabei aber nur um sehr wenige und gerade nicht um die große Anzahl Obstbäume, die ihm abgezogen worden sei.
17
Entgegen den schriftlichen Kontrollergebnissen sei der Kläger bei der Vor-Ort-Kontrolle nicht anwesend gewesen, sondern erst am Ende zufällig hinzugekommen, als die beiden Kontrolleure sein Feld direkt neben der Hofstelle (Fl.Nr. 9) mit GPS gemessen hätten. Entgegen der Angabe sei die Kontrolle nicht am 18. November 2019 angekündigt worden. Soweit dem Kläger vorgeworfen werde, eine größere Anzahl von Rundballen sei in einer landwirtschaftlichen Fläche gelagert, die somit an dieser Stelle nicht bewirtschaftet worden sei, lasse er vortragen, dass diese Rundballen nicht in der Fläche, sondern auf einem Weg daneben gelagert gewesen seien, weil dort sich ein befestigter Schotteruntergrund befunden habe.
18
Der Kläger wolle sich gegen die bei der Vor-Ort-Kontrolle angeblich festgestellten „Flächenabweichungen“ bzw. „Kürzungen“ bei den Fördergeldern insbesondere auch aus dem Grund zur Wehr setzen, dass u. a. bei der Vor-Ort-Kontrolle möglicherweise ein GPS-Gerät verwendet worden sei, welches an den dortigen örtlichen Gegebenheiten (Mittelgebirge der Rhön) möglicherweise kaum oder keinen Empfang gehabt habe. Die festgestellten Flächenabweichungen könnten daher nicht gesichert rechtmäßig zustande gekommen sein und würden aus diesem Grunde moniert. Darüber hinaus seien im Nachgang der Vor-Ort-Kontrolle offensichtlich bei der Auswertung Luftbilder verwendet worden, die mehrere Jahre alt gewesen seien. Es sei dadurch in unzulässiger Weise Rückschluss gezogen worden auf angebliche Umstände in der Vergangenheit, die zum Zeitpunkt der Vor-Ort-Kontrolle höchstwahrscheinlich nicht mehr aktuell gewesen seien. So seien letztlich Rückschlüsse aus dem Jahr 2019 auf eine angebliche Nichtbewirtschaftung seit dem Jahr 2010 gezogen worden. Schließlich sei auch davon auszugehen, dass bei der Vor-Ort-Kontrolle fehlerhaft diejenigen Stellen des beantragten Weidelands nicht als beihilfefähige Fläche anerkannt worden seien, in den größere Verbuschungen, Verunkrautungen etc. vorgefunden worden seien und interpretiert worden sei, dass diese Flächenteile von den Rindern des Klägers nicht beweidet worden und deshalb nicht förderfähig sein sollen. Dieser Rechtsauffassung sei nicht zu folgen: Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. März 2021 – Az.: 3 C 7.20 – stehe der Bewilligungsbehörde ein Beurteilungsspielraum bei der Konkretisierung des unionsrechtlichen Dauergrünlandbegriffs nicht zu. Auch wenn ein Großteil eines Feldstückes aufgrund einer möglichen Verbuschung nicht vollständig von den Tieren beweidet worden wäre, so sei dennoch die vollständige Fläche als prämienfähiges Grünland anzusehen. Nach Auffassung des Klägers seien sämtliche Flächen mindestens einmal im Jahr vollständig vom Vieh beweidet worden. Sollten dennoch vereinzelt – durch selektives Fressen – partiell Gestrüpp und Verbuschungen stehen geblieben sein, lasse der Kläger darauf hinweisen, dass ihm durch die untere Naturschutzbehörde mitgeteilt geworden sei, dass aufgrund der dort geschützten Gebiete (z.B. FFH) Maschineneinsatz (insbesondere das Abmulchen) von Seiten der Naturschutzbehörde untersagt sei. Dass der Kläger Teilflächen rückwirkend bis 2010 angeblich nicht beweidet haben solle, sei auch aus dem Selbstverständnis eines Landwirts nicht nachvollziehbar: Der Landwirt müsse für jede einzelne Flurnummer Pacht und einen Beitrag an die Berufsgenossenschaft zahlen. Der Landwirt benötige für sein Vieh das Futter von jeder einzelnen Fläche. Dies gelte insbesondere in den letzten Trockenjahren in Unterfranken. Sollte ein Landwirt aus Sicht des Verpächters nicht sauber bewirtschaften, sei stets zu befürchten, dass er die Fläche zivilrechtlich verliere.
19
2. Die FüAk trat für den Beklagten der Klage mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2022 entgegen und führte zur Begründung der Klageerwiderung mit Schriftsatz vom 20. Juni 2023 im Wesentlichen aus: Erforderlich für die Beihilfefähigkeit einer Fläche sei die effektive landwirtschaftliche Nutzung als Dauergrünland, d.h. für Grünlandflächen sei ein Aufwuchs von überwiegend Gras und Grünfutterpflanzen notwendig, die auch von den Weidetieren oder durch Mahd verwertet (genutzt) werden könnten. Es werde hierzu auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Das vom Kläger zitierte Urteil des BVerwG Leipzig vom 30. März 2021 – 3 C 7.20 – sei von der Klägerseite missinterpretiert worden und stelle konkretisierend u.a. dar, dass im Falle der Weidenutzung ein Weidedruck erforderlich sei, der, soweit es um die Verhinderung von Sukzession gehe, in seiner Wirkung einer Mahd entspreche. Maßgeblich sei darauf abzustellen, ob die umstrittenen Teilflächen von dem Kläger tatsächlich effektiv als Dauergrünland genutzt worden seien, mithin dem Anbau von Grünfutterpflanzen gedient hätten. Ein Vegetationsbild, aufgrund dessen von einer mehrjährigen ungehinderten Sukzession verholzender Pflanzen auszugehen sei, sei damit nicht zu vereinbaren; es zeige, dass die Fläche nicht hinreichend genutzt worden sei. Die Landwirtschaftsverwaltung gehe damit zu Recht davon aus, dass ein zusätzliches maschinelles Abmulchen derjenigen Gewächse und Gehölze, die vom Vieh nicht gefressen würden, zusätzlich erforderlich sei, um eine Sukzession zu verhindern und weiterhin einen förderfähigen gras- und grünlandbetonten Bestand sicherzustellen. Die Einzäunung einer Fläche bzw. der mögliche Zugang des Weideviehs zu den beantragten Flächenteilen definiere noch nicht die Beihilfefähigkeit einer Fläche. Vielmehr sei mindestens erforderlich, dass die Weidetiere auch Gras- und Grünfutterpflanzen auf allen beantragten Flächen vorfänden. Insofern würden Flächenanteile, die der Sukzession unterlägen und deshalb eine landwirtschaftliche Nutzung nicht erfüllten, in Abzug gebracht. Aus dem genannten Urteil des BVerwG ergebe sich damit für verbuschte Flächen mit vorherrschenden Sträuchern und Bäumen, dass auf diesen Flächen die für Dauergrünland typische landwirtschaftliche Tätigkeit beeinträchtigt oder gänzlich ausgeschlossen sei. Das Urteil des BVerwG sei damit nicht geeignet, um die Beihilfefähigkeit der nicht abgemulchten Sukzessions- und Waldrandflächen zu begründen. Da im Rahmen der vom Kläger ab 2007 bis 2017 gestellten AUM-Anträge keine Maßnahme des Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramms (VNP) beantragt worden sei, erschließe sich der Beklagtenseite nicht, warum die Förderfähigkeit von Flächen und Flächenanteilen mit Mitarbeitern der unteren Naturschutzbehörde (UNB) besprochen würden. Die Zuständigkeit für die Förderung von Maßnahmen des Bayerischen Kulturlandschaftsprogramms und des Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramms liege nach § 2 Abs. 1 InVeKoSV i.V.m. § 2 Abs. 1 AELFV ausschließlich bei den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Für VNP-Maßnahmen würde die UNB lediglich am Antragverfahren beteiligt. Maßgeblich sei jedoch die vom Kläger beantragte Nutzung (NC) für das vollständige vom Kläger im Antrag eingegrenzte jeweilige Feldstück gewesen, für welches der Kläger eine fünfjährige Verpflichtung eingegangen sei und nicht eingehalten habe. Weiterhin seien die Feststellungen des Prüfteams des damaligen AELF Ki. mit der VOK vom 21.November 2019 maßgeblich gewesen, welche die aberkannten Flächen mit einem entsprechenden Nutzungscode nach Sichtung der tatsächlichen Verhältnisse vor Ort beurteilt hätten. Die als Dauergrünland beantragten und daraufhin aberkannten Flächen seien vom Prüfdienst mit dem NC 990 „sonstige nichtlandwirtschaftliche Fläche“ codiert worden. Sofern die Flächen als „Hutung“ zu beurteilen gewesen wären, wäre der NC 454 vom Prüfteam festgestellt worden, was aber nicht geschehen sei.
20
Bei den Prüfern handele es sich immer um ausgebildete Fachkräfte in Form eines Landwirtschaftstechnikers oder Landwirtschaftsmeisters. Auch wenn die Vor-Ort-Kontrolle erst Ende November 2019 gewesen sei, könne anhand bestimmter Kriterien eindeutig erkannt werden, ob es sich bei dem Aufwuchs um den ersten Aufwuchs des Jahres handele oder um Folgeaufwüchse. Weiterhin gäben z.B. Beweidungsspuren oder die sonstige Vegetation (z.B. angehender oder ausgereifter Aufwuchs von Büschen) wertvolle Hinweise für die Prüfer. Da Rinder selektiv fressen würden, könne bei den verbuschten- oder Waldflächen ohnehin von keiner Nutzung ausgegangen werden. Auch diese Flächen seien eindeutig von den Prüfern bestimmbar. Warum die Flächen aberkannt worden seien, sei zudem anhand der Luftbilder für das Prüfjahr und der davorliegenden Jahre erkennbar. Angaben zu den Feldstücken oder Teilen der Feldstücke, auf welchen nach den klägerischen Angaben zum Zeitpunkt der VOK noch Strukturschäden der Weidehaltung zu erkennen gewesen sein sollen, würden in der Darstellung der Klägerseite fehlen. Die Bäume, welche auf NLF gestanden hätten, könnten anhand der aberkannten Flächenanteile der jeweiligen Feldstücke eindeutig identifiziert werden. Als Nachweis für die fehlende Förderfähigkeit stünden Lichtbilder zur Verfügung. Die fehlende Förderfähigkeit der Bäume auf FS 123 sei durch die bei der VOK anwesenden Mitarbeiter des StMELF bestätigt worden. Laut Auskunft des Prüfdienstes werde die Stammhöhe vom Boden aus zur Astmitte des ersten Seitentriebs gemessen. Da nicht eindeutig feststellbar gewesen sei, welche Bäume vom Prüfdienst gemessen worden seien und welche vom Kläger, sei der Prüfdienst aufgefordert worden, die aberkannten Bäume nochmals entsprechend zu dokumentieren, um Unklarheiten auszuräumen. Deshalb sei aktuell am 6. Juni 2023 auf dem Feldstück 149 nochmals eine Vor-Ort-Kontrolle durch den Prüfdienstleiter und seinen Kollegen durchgeführt worden. Für jeden (zählbaren) Baum sei vom Prüfdienst ein GPS-Punkt gesetzt worden. Auf dem FS 149 hätten sich laut Prüfdienst 131 zählbare Bäume auf der Fläche befunden. Der Unterschied zu den vom Kläger beantragten 141 Bäumen liege darin, als vom Püfdienst vereinzelt kleine Baumgruppen, bei denen alle Einzelbäume die Fördervoraussetzungen nicht erfüllen würden, mit einem GPS-Punkt und einem Foto zusammengefasst worden seien. Zudem seien beim nördlich gelegenen Landschaftselement sehr viele Zwetschgen-Wasserschosser gewachsen, die nicht nummeriert worden seien. Für Eichen, Ahorn usw. sei kein GPS-Punkt gesetzt worden, da diese keine Nutzbäume seien. Bei allen Bäumen sei die Stammhöhe gemessen worden. Erreiche der Baum die geforderte Höhe von 1,4 Metern nicht, sei der Baum nummeriert und fotografiert worden. Es sei auf den Aufnahmen klar ersichtlich, dass es sich nicht um förderfähige Streuobstbäume handele, welche die erforderliche Stammhöhe von 1,4 Metern erreichen würden. Die Länge des gelben Zollstocks habe bei jeder Aufnahme 1,4 Meter betragen – der erste Seitentrieb habe meist weit darunter gelegen. Die Bäume seien zudem teilweise sehr eng beisammen gewachsen, so dass der Standraum für den geforderten Kronendurchmesser von drei Metern nie ausreichen würde. Schlussendlich hätten sich bei der VOK vom 6. Juni 2023 131 zählbare Bäume (statt beantragt 141) ergeben, wovon 65 die Fördervoraussetzungen für einen Streuobstbaum nicht erfüllen würden (statt ursprünglich festgestellt 67 nicht förderfähige Bäume). Das heiße, auf dem FS 149 des Betriebes könnten 66 Bäume als Streuobstbäume anerkannt werden (zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids 24. Oktober 2022 seien 74 Bäume förderfähig gewesen). Nach fachlicher Überprüfung habe sich ergeben, dass sich die leicht geänderten Daten finanziell nicht auf den Bescheid vom 24. Oktober 2022 auswirken, da nach wie vor der Auflagenverstoß verursacht durch „weniger Bäume/Bäume auf NLF“ mit einer Kürzung um 50% zu berücksichtigen sei, da dieser schwerer wiege, als der Auflagenverstoß, welcher durch Bäume verursacht worden sei, welche unter 1,40 Metern lägen.
21
Die Anwesenheit des Klägers bei der Vor-Ort-Kontrolle sei grundsätzlich nicht erforderlich (siehe Anlage „Merkblatt über die Rechte und Pflichten der Landwirte und Kontrolleure bei Vor-Ort-Kontrollen“ in der Broschüre Cross Compliance für das jeweilige Verpflichtungsjahr des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung Landwirtschaft und Forsten). Laut Prüfbericht vom 30. Januar 2020 sei dem Kläger unabhängig davon die VOK angekündigt worden. Die klägerseits angeführte Äußerung bezüglich der Rundballen, welche nicht in der Fläche gelagert gewesen sein sollen, betreffe das FS 18. Auf den Luftaufnahmen sei ersichtlich, dass die FS-Fläche nicht wegen der Rundballen auf LF gekürzt worden sei, sondern wegen des nicht förderfähigen Wegs/Schotterfläche (auf dem die Rundballen gelagert gewesen seien), welcher als LF beantragt worden sei. Die VOK sei nach einem standardisierten Verfahren durch eigens geschultes Personal durchgeführt worden. Zur Durchführung der betreffenden Messungen seien jeweils nur Geräte verwendet worden, die nachweislich eine Messgenauigkeit gewährleisten würden, die derjenigen, wie sie von festgelegten geltenden technischen Normen vorgeschrieben werde, gleichwertig sei. Die bei der Flächenkontrolle verwendeten GPS-Geräte würden jährlich im Rahmen einer Mess-Validierung auf ihre Genauigkeit überprüft und müssten im vorgegebenen Raster des Joint Research Centre (JRC), welche eine der Generaldirektionen der Europäischen Kommission sei, liegen. Das vom Prüfdienst verwendete Messgerät „Trimble GEOExplorer GEOXH 6000, GPS+GLONASS“ sei von der Europäischen Kommission anerkannt, wie aus einem Schreiben des zuständigen Projekt-Managers der EU-Kommission vom 21. Juli 2015 hervorgehe. Während in diesem Schreiben eine Toleranz von 0,50 m empfohlen werde, sei die in Bayern angewendete Toleranz sogar wesentlich günstiger. Der Korrekturdatendienst SAPOS Bayern der Bayerischen Vermessungsverwaltung erhöhe die Messgenauigkeit auf bis zu 10 cm Abweichung. Ausweislich des Datenblattes „Geoexplorer Geoxh Fieldcompunter Serie 6000“ der Marke „Trimble“ könnten Bäume Satellitenschatten bilden, das Gerät sei jedoch im Stande, sogar bei sehr schwachen Satellitensignalen Positionen zu berechnen. Die Ergebnisse der Kontrolle beruhten auf Messungen der Flächen vor Ort im Kontrolljahr 2019. Durch die Besichtigung der jeweiligen Flächenteile könnten die Prüfer die Intensität der Sukzession sowie die Pflanzenzusammensetzung beurteilen. Mit diesen Erkenntnissen und den historischen Luftbildern könne auch die Flächensituation in den Jahren vor der VOK bewertet werden. Insbesondere die rückwirkende Nutzungsabgrenzung von Wald zu landwirtschaftlicher Nutzung mit Hilfe von Luftbildern habe sich in der Vergangenheit als zuverlässig erwiesen und sei auch in zahlreichen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen bestätigt worden. Die Abzugsflächen seien längere Zeit nicht mehr genutzt worden (die Aufwuchsnutzung sei z.B. infolge selektiven Verbisses oder unterlassener Weidepflege unterblieben) und daher infolge von Verbuschung und Bewaldung auch nicht mehr als Dauergrünland nutzbar. Diese Feststellung könne anhand der datierten Luftbilder sicher nachvollzogen werden. Das EU-Recht ermögliche überdies, dass die VOK ganz oder teilweise mit Hilfe der Fernerkundung anhand von Luftbildern durchgeführt werden. Es könnten sich also keine Rückschlüsse für die Vergangenheit ergeben aus Situationen, die zum Zeitpunkt der VOK nicht mehr oder noch nicht aktuell gewesen seien. Die festgestellten Defizite bei der Flächenabgrenzung würden mit den verfügbaren Mitteln für die Vergangenheit bewertet. Die Feststellungen seien für die Prüfer eindeutig gewesen, so dass Erklärungen des Klägers keine weiteren Erkenntnisse hätten bringen können.
22
3. In der mündlichen Verhandlung am 15. Januar 2024 beantragte der Klägerbevollmächtigte,
die Bescheide des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 9. November 2020 (KULAP, DZP und AGZ) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 24. Oktober 2022 werden aufgehoben, soweit diese die teilweise Rücknahme von Bewilligungsbescheiden und die Rückforderung von zu viel gewährten Zuwendungen zum Gegenstand haben.
23
Die Beklagtenvertreterin beantragte,
die Klage abzuweisen.
24
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
26
Die Klage ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
27
Die Klage ist unbegründet.
28
Die streitgegenständlichen Bescheide des AELF K. vom 9. November 2020, mit denen die Bewilligungsbescheide zu den Direktzahlungen, zur Ausgleichszulage sowie zu den Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen in benachteiligten Gebieten teilweise zurückgenommen und die Direktzahlungen, die Ausgleichszulagen sowie die Zuwendungen für AUM entsprechend gekürzt wurden, jeweils in Gestalt des Widerspruchbescheids der FüAK vom 24. Oktober 2022, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
29
Dass die Voraussetzungen für die streitgegenständlichen Rückforderungen von Zuwendungen in den Bereichen DZP, AGZ und AUM vorliegen, hat der Beklagte in den Bescheiden vom 9. November 2020 und dem Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2022, auf deren Gründe, die sich das Gericht nach eingehender Sachprüfung zu eigen macht, zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO), zutreffend begründet.
30
Das Vorbringen des Klägers ist nicht geeignet, die ausführlichen und plausiblen Feststellungen im Widerspruchsbescheid durchgreifend in Zweifel zu ziehen.
31
Die teilweise Aufhebung der zugrundeliegenden Bewilligungsbescheide sowie die Rückforderungen der auf diesen basierenden Auszahlungen durch die Bescheide vom 9. November 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Oktober 2022 stützen sich bezüglich der Rückforderungen der Direktzahlungen auf § 10 MOG i.V.m. Art. 80 VO (EG) 1122/2009 bzw. Art. 7 Abs. 1 DurchführungsVO, im Bereich AUM und AGZ auf Art. 48 Abs. 1, Art. 49a BayVwVfG i.V.m. Art. 2 VO (EG) 1975/2006, Art. 73 VO (EG) 796/2004 bzw. Art. 5 VO (EU) 65/2022 bzw. Art. 7 DurchführungsVO (EU) 809/2014 i.V.m. den AUM-Richtlinien. In den Bescheiden wurden jeweils die einschlägigen Rechtsgrundlagen für die Rückforderung und für die Sanktionierung genannt und auf die Erkenntnisse der fachbehördlichen Kontrolle hingewiesen.
32
Obwohl Art. 35 Delegierte Verordnung (EU) 640/2014 aufgrund der Ermächtigung in Art. 63 Abs. 4 VO (EU) 1306/2013 zwangsweise die vollständige oder teilweise Ablehnung bzw. Rücknahme der Förderung anordnet, wenn mit der landwirtschaftlichen Förderung Verpflichtungen oder Auflagen nicht oder nicht vollständig eingehalten werden, enthält das Unionsrecht keine Rechtsvorschriften, die die Befugnis der Behörde regeln, Bewilligungsbescheide über landwirtschaftliche Subventionen, die in Durchführung des Unionsrechts gewährt worden sind, zurückzunehmen oder zu widerrufen. Auch soweit Zuwendungen auf der Grundlage von Unionsrecht gewährt und aus Unionsmitteln kofinanziert werden, richtet sich die Aufhebung der Zuwendungsbescheide wegen Fehlens einer umfassenden unionsrechtlichen Rücknahmeregelung grundsätzlich nach nationalem Recht, wobei jedoch die durch das Unionsrecht gezogenen Grenzen zu beachten sind (EuGH, U.v. 21.9.1983 – Rs. C-215/82 – Slg. 1983, 2633; U.v. 17.5.1993 – Rs. C-290/91 – NVwZ 1993, 973; BVerwG, U.v. 1.10.2014 – 3 C 31.13 – juris; VGH BW, U.v. 7.4.2014 – 10 S 870/13 – juris; OVG Lüneburg, U.v. 19.11.2013 – 10 LB 57/12 – juris).
33
Gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG sind rechtswidrige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen; § 48 Abs. 2 bis 4 und § 49a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sind anzuwenden. Gem. § 10 Abs. 3 MOG werden zu erstattende Beträge durch Bescheid festgesetzt. Ein Ermessen auf der Grundlage von Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG wird der bayerischen Behörde bei der Rücknahme der Förderbescheide nicht zugestanden (BayVGH, U.v. 16.2.2009 – 19 B 08.2522 – juris Rn. 23).
34
Für den Bereich AUM und AGZ gilt Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG, wonach ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 des Art. 48 BayVwVfG zurückgenommen werden.
35
Art. 73 VO (EG) 796/2004 bzw. Art. 5 VO (EU) 65/2022 und Art. 7 Abs. 1 DurchführungsVO (EU) 809/2014 regeln, dass bei zu Unrecht bezahlten Beträgen der Begünstigte zur Rückzahlung der betreffenden Beträge zuzüglich etwaiger Zinsen verpflichtet ist.
36
Art. 49a BayVwVfG regelt die Erstattung und Verzinsung von bereits erbrachten Leistungen.
37
Zwar macht allein der Verstoß gegen Subventionsrichtlinien einen Bewilligungsbescheid nicht rechtswidrig i. S. d. Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG. Subventionsrichtlinien sind keine Rechtsnormen, sondern verwaltungsinterne Weisungen, die eine gleichmäßige Ermessensausübung der zur Verteilung von Fördermitteln berufenen Stelle regeln. Sie entfalten Außenwirkung für den einzelnen Antragsteller nur mittelbar über dessen in Art. 3 Abs. 1 GG geschütztes Recht, gemäß der in der „antizipierten Verwaltungspraxis“ zum Ausdruck kommenden Ermessensbindung der Verwaltung gleichmäßig behandelt zu werden. Die Subventionsrichtlinien sind daher nicht wie eine Rechtsnorm aus sich heraus, sondern gemäß der von ihrem Urheber gebilligten oder geduldeten tatsächlichen Verwaltungspraxis auszulegen (vgl. hierzu etwa BVerwG, U.v. 24.3.1977 – II C 14/75 – BVerwGE 52, 193 – juris; U.v. 23.4.2003 – 3 C 25.02 – NVwZ 2003, 1384; VGH BW, U.v. 19.3.2009 – 10 S 1578/08 – juris; VG Würzburg, Ue.v. 15.1.2024 – W 8 K 23.50 und W 8 K 23.51 – je juris Rn. 36). Die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids kann sich daher nur aus einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ergeben. Dabei kann das Gleichbehandlungsgebot auch zu Lasten von Subventionsbewerbern Bedeutung gewinnen. Versagt eine Behörde in Anwendung der einschlägigen Richtlinien unter bestimmten Voraussetzungen regelmäßig die Gewährung einer Zuwendung, so verletzt sie das Gleichbehandlungsgebot in seiner objektiv-rechtlichen Funktion, wenn sie sich im Einzelfall ohne rechtfertigende Gründe über diese Praxis hinwegsetzt und trotz des Fehlens ansonsten geforderter Voraussetzungen die Leistung gewährt. Damit ist auch die verwaltungsinterne Nichtbeachtung einer Verwaltungsvorschrift ein unmittelbarer Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot und führt zur Rechtswidrigkeit des darauf beruhenden Verwaltungsakts. Dies setzt im Regelfall die Feststellung einer ansonsten abweichenden Praxis voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.4.2003 – 3 C 25.02 – NvwZ 2003, 1384; BayVGH, U.v. 5.11.2013 – 19 B 09.1559 – juris Rn. 26; vgl. analog auch VG Regensburg, Gb.v. 11.4.2018 – RN 5 K 18.525 – juris Rn. 43).
38
Bei Anwendung obiger Grundsätze verstoßen die ursprünglichen Bewilligungsbescheide in den Bereichen AGZ und AUM KULAP teilweise gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und im Bereich DZP gegen Art. 34 Abs. 1 der VO (EG) 73/2009 bzw. Art. 32 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 und sind demnach insoweit rechtswidrig i. S. d. Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG. Die Voraussetzungen für die streitgegenständlichen Subventionsrückforderungen liegen vor. Der Beklagte hat hinsichtlich der vom Kläger zur Förderung angemeldeten Flächen zutreffend Flächen- und Baumabweichungen festgestellt. Der Kläger hat damit rechtswidrig Förderung erhalten, da er von vorneherein gegen die jeweiligen Fördervoraussetzungen verstoßen hat.
39
Gemäß der Gemeinsamen Richtlinie in der jeweiligen Fassung – nach der Verwaltungspraxis ist auf das jeweilige Förderjahr abzustellen (vgl. VG Würzburg, U.v. 15.1.2024 – W 8 K 23.51 – juris Rn. 39; U.v. 21.6.2021 – W 8 K 20.1302 – juris Rn. 39) – erhalten Betriebsinhaber für landwirtschaftlich genutzte, selbst bewirtschaftete Flächen von mindestens 3 ha Zahlungen im Rahmen des KULAP, welches Teil der Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUM) ist. Als landwirtschaftlich genutzte Fläche ist gemäß der AUM-Richtlinie i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Buchst. f) VO (EU) 1305/2013 jede Fläche zu verstehen, die als Ackerland, Dauergrünland und Dauerweideland oder mit Dauerkulturen gemäß der Begriffsbestimmung in Art. 4 VO (EU) 1307/2013 genutzt wird.
40
Nach Nr. 2.1 der AGZ-Richtlinie vom 17. Juni 2015 bzw. 3. April 2017 ist Gegenstand der Förderung die Gewährung einer Ausgleichszulage für landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF) in benachteiligten Gebieten.
41
Maßgeblich ist insoweit – wie oben schon ausgeführt – die richtliniengeleitete Förderpraxis (vgl. VG Würzburg, U.v. 15.1.2024 – W 8 K 23.51 – juris Rn. 40 m.w.N.).
42
Die Gewährung einer Stütze durch Direktzahlungen an die Betriebsinhaber setzt nach Art. 34 Abs. 1 der VO (EG) 73/2009 bzw. Art. 32 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 die Aktivierung von Zahlungsansprüchen je beihilfefähige Hektarfläche voraus. Eine beihilfefähige Fläche ist hierbei eine Fläche, die für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird oder, wenn die Fläche auch für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt wird, hauptsächlich für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird, Art. 34 Abs. 2 Buchst. A) der VO (EG) 73/2009 bzw. Art. 32 Abs. 4 VO (EU) 1307/2013. Die Fläche muss das ganze Jahr über beihilfefähig sein und bleiben; Verschulden spielt beim Vorliegen eines abweichenden Zustandes der Fläche keine Rolle (Busse in Schulze/Janssen/Kadelbach, Europarecht, 4. Auflage 2020, § 26 Agrarrecht, Rn. 201).
43
Die streitgegenständlichen Zuwendungen knüpfen damit als flächenbezogene Fördermaßnahmen an die landwirtschaftlich genutzte Fläche an. Landwirtschaftlich genutzte Flächen in diesem Sinn liegen bei den streitgegenständlichen aberkannten Flächen nicht vor.
44
Die Beweislast für das Vorliegen einer beihilfefähigen Fläche trägt der Kläger (vgl. VG Würzburg, U.v. 15.1.2024 – W 8 K 23.50 – juris Rn. 40 und U.v. 15.1.2024 – W 8 K 23.51 – juris Rn. 45 je m.w.N.).
45
Der Kläger versicherte bei Antragstellung, von den in den Broschüren „Umsetzung der EU-Agrarreform in Deutschland Ausgabe 2015“ und „Cross Compliance“, im Merkblatt zum Mehrfachantrag, in den Merkblättern zu den beantragten Einzelmaßnahmen sowie in der Anleitung zum Ausfüllen des Flächen – und Nutzungsnachweises (FNN) der jeweils betroffenen Jahre genannten Verpflichtungen und Hinweisen Kenntnis genommen zu haben, und versicherte weiter die Einhaltung dieser Verpflichtungen bzw. die Erfüllung der Fördervoraussetzungen.
46
Bei der Ermittlung der förderfähigen Flächen ist das Gericht weitgehend darauf beschränkt zu prüfen, ob diese durch die Behörde nachvollziehbar anhand der einschlägigen Richtlinien bzw. der allgemeinen Verwaltungspraxis erfolgt ist und ob gegebenenfalls Vorgaben des höherrangigen Rechts von der Verwaltung eingehalten worden sind.
47
Hierbei ist zur Frage der Abgrenzung einer förderfähigen Fläche zu berücksichtigen, dass landwirtschaftsfachliche Feststellungen der Fachbehörde von einem besonderen Sachverstand getragen sind und diesen im Rahmen der Beweiswürdigung insofern ein besonderes Gewicht zukommt, als solche fachbehördlichen Aussagen auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen. Landwirtschaftsfachliche Wertungen dürfen ohne weiteren Sachverständigenbeweis vom Gericht der Überzeugungsbildung zugrunde gelegt werden, sofern sie im Einzelfall (landwirtschafts-)fachlich vertretbar sind und auch nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (vgl. BVerwG, U. v. 9.11.2012 – 9 A 17/11 – juris Rn. 145; BayVGH, B.v. 22.7.2015 – 15 ZB 14.1285 – juris). Die Notwendigkeit einer Abweichung von fachbehördlichen Wertungen und Beweiserhebung durch das Gericht (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO) ist erst dann geboten, wenn sich dem Gericht der Eindruck aufdrängen muss, dass die fachliche Äußerung tatsächlich oder rechtlich unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen fehlerhaft ist. Will ein Beteiligter die sachverständigen Aussagen der Fachbehörde ernsthaft erschüttern, bedarf es zumindest eines qualifizierten Vortrags, der sich nicht nur in ausreichendem Maß mit den fachbehördlichen Aussagen bzw. Feststellungen auseinandersetzt, sondern auch schlüssig aufzeigt, warum das dort gefundene Ergebnis nicht als vertretbar angesehen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 19.10.2023 – 6 ZB 23.1430 – juris Rn. 29; VG Augsburg, U.v. 14.2.2023 – Au 8 K 20.2081 – juris Rn. 44; vgl. für das Wasserwirtschaftsamt BayVGH, B.v. 23.2.2016 – 8 CS 15.1096 – juris; vgl. zu naturschutzfachlichen Stellungnahmen BayVGH, B.v. 17.8.2017 – 19 ZB 16.164 – juris).
48
Ausgehend hiervon hat der Beklagte anlässlich der Vor-Ort-Kontrolle 2019 zur Überzeugung des Gerichts zutreffend festgestellt, dass es sich hinsichtlich der streitgegenständlichen Flächen- und Baumabweichungen nicht um förderfähige Flächen handelt, und die förderfähigen Flächen bzw. Bäume zutreffend abgegrenzt.
49
Die streitgegenständlichen Feldstücke, hinsichtlich denen Flächenabweichungen festgestellt wurden, wurden als bewirtschaftetes bzw. genutztes Dauergrünland (DG) beantragt (Nutzungscodes – NC – 451 „Wiesen“, NC 452 „Mähweiden“ und 453 „Weiden“). Die Teilflächen wurden mangels Bewirtschaftung bzw. Nutzung, mangels Selbstbewirtschaftung oder wegen Verbuschung zu Recht aberkannt.
50
Voraussetzung für die Anerkennung einer (Teil-)Fläche als Dauergrünland ist eine entsprechende effektive Nutzung, wobei das Vegetationsbild einer mehrjährigen Sukzession verholzender Pflanzen der Annahme einer solchen Nutzung ebenso entgegensteht wie ein flächenhaft vorherrschender Aufwuchs von Nichtfutterpflanzen. Bei einer Weidenutzung ist ein Weidedruck erforderlich, der, soweit es um die Verhinderung von Sukzession geht, in seiner Wirkung einer Mahd entspricht. Bei Dauergrünland müssen die geltend gemachten Flächen in dem jeweiligen Bewilligungszeitraum als solches genutzt werden. Maßgebliches Kriterium für die Definition von Dauergrünland ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U.v. 15.5.2019 – C-341/17 P – juris Rn. 49f., 54) zum Dauergrünlandbegriff der Verordnung (EG) Nr. 796/2004, der jenem der zeitlich nachfolgend geltenden Verordnung (EG) Nr. 1120/2009 entspricht, nicht die Art der Vegetation, sondern die tatsächliche Nutzung der Fläche für eine landwirtschaftliche Tätigkeit, die für Dauergrünland typisch ist. Ausgehend hiervon ist maßgeblich darauf abzustellen, ob die umstrittenen Teilflächen von dem Kläger tatsächlich effektiv als Dauergrünland genutzt wurden, also dem Anbau von Grünfutterpflanzen gedient hätten. In diesem Sinne genutzt wird eine Fläche vor allem dadurch, dass ihr Aufwuchs als Futter dient, sei es durch Weidehaltung von Tieren oder mittels Mahd, vgl. 2.03 Anhang II VO [EG] Nr. 1200/2009 (BVerwG, U.v. 30.3.2021 – 3 C 7.20 – juris Rn. 27 f.).
51
Eine effektive landwirtschaftliche Nutzung einer Fläche setzt einen Weidedruck voraus, mit dem eine Verbuschung vermieden und der Aufwuchs von Gehölzpflanzen verhindert wird. Anderenfalls handelt es sich um eine Unternutzung mit der Folge, dass eine hiervon betroffene Fläche nicht förderfähig ist. Dem entspricht auch die Äquivalenz von Weidehaltung und Mahd als Nutzungsformen von Dauergrünland. Bei einem flächenhaft vorherrschenden Aufwuchs von Nicht-Futterpflanzen ist dem durch geeignete Mittel zu begegnen. Anderenfalls kann eine davon betroffene Fläche nicht als effektiv genutzt und damit als Dauergrünland anerkannt werden (vgl. BVerwG, U.v. 30.3.2021 – 3 C 7.20 – juris Rn. 32).
52
Für das Vorliegen von Dauergrünland genügt nicht allein, dass die betreffende Fläche tatsächlich zur Beweidung durch Vieh genutzt wird. Der Verordnungsgeber hat die Beihilfefähigkeit von landwirtschaftlichen Flächen nicht allein daran geknüpft, dass diese als Weide- oder Futterflächen genutzt werden. Vielmehr werden insoweit allein die Flächen als beihilfefähig anerkannt, die „zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen“ genutzt werden (vgl. hierzu näher NdsOVG, B.v. 13.8.2012 – 10 LA 93/11 – AuR 2013, 138). Unter Gras oder andere Grünfutterpflanzen fallen gemäß 4 Abs. 1 Buchst. i) VO (EU) 1307/2013 alle Grünpflanzen, die „herkömmlicherweise in natürlichem Grünland anzutreffen oder normalerweise Teil von Saatgutmischungen für Weideland oder Wiesen in dem Mitgliedstaat sind“, unabhängig davon, ob die Flächen als Viehweiden genutzt werden. Grünland entsteht erst, wenn die Fläche überwiegend mit grünlandtypischen Pflanzen bewachsen ist. Als grünlandtypisch sind Gräser, Kräuter und Leguminosen anzusehen. Allein dadurch, dass Büsche und Sträucher möglicherweise von Rindern gefressen werden, werden sie nicht grünlandtypisch (VG Regensburg, Gerichtsbescheid v. 11.4.2018 – RN 5 K 18.525 – juris Rn. 38, 39) und die Fläche wird damit nicht effektiv landwirtschaftlich genutzt.
53
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Beklagte zur Überzeugung des Gerichts zutreffend festgestellt, dass es sich bei 0,33 ha des Feldstücks 9 im ausschlaggebenden Förderzeitraum nicht um bewirtschaftete Fläche im oben genannten Sinn handelt.
54
Nach den Feststellungen des Beklagten zeigen die Luftbildaufnahmen klar den nicht bewirtschafteten Bereich im östlichen Teil des Feldstücks, welcher sich von dem bewirtschafteten westlichen Teil stark unterscheide. Die Betrachtung der Luftbilder 2014 – 2019 lasse nicht den Rückschluss zu, dass außer der bei der Vor-Ort-Kontrolle festgelegten Fläche weitere Bereiche bewirtschaftet würden. Dieser Zustand ist auf dem Luftbild (Bl. 100 der Behördenakte 7298.4-4-1386) ersichtlich. Ein Vertreter des AELF führte in der mündlichen Verhandlung näher aus, dass die Fläche als Mähweide mit dem NC 452 beantragt worden sei, was einen gras- und grünlandbetonten Bestand (Gräser und Kräuter) voraussetze. Die auf dem Feldstück im Baumbereich vorgefundene gröbere Unterstruktur lasse auf die Nichtbewirtschaftung schließen.
55
Der beweisbelastete Kläger konnte die Feststellungen des Beklagten nicht erschüttern. Allein aus dem Vorbringen, dass die beantragten Flächen hauptsächlich zur Beweidung durch Rinder und Schafe genutzt würden, bzw. allgemein, dass die Flächen jährlich beweidet würden, folgt nicht, dass es sich um landwirtschaftlich genutzte Flächen handelt. Diese Einwendung ist zu pauschal und kann die ausführlich dokumentierten und nachvollziehbaren Darstellungen der Vor-Ort-Kontrolle nicht in Frage stellen. Der Kläger hat für kein einziges Feldstück substantiiert dargelegt, warum die ermittelte Abweichungsfläche fehlerhaft sein soll.
56
Vielmehr trägt der Kläger in der Klagebegründung selbst vor, er habe eine weitere produktionstechnische Nutzung, z. B. in Form eines Abmulchens der vom Vieh stehen gelassenen Gehölze, nicht zusätzlich zur Beweidung vorgenommen. Wie oben dargestellt genügt dies jedoch gerade nicht für eine effektive landwirtschaftliche Nutzung. Zudem ist entgegen der Ansicht des Klägers dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. März 2021 – 3 C 7.20 – (juris) nicht zu entnehmen, dass auch wenn ein Großteil eines Feldstückes aufgrund einer möglichen Verbuschung nicht vollständig von den Tieren beweidet worden wäre, dennoch die vollständige Fläche als prämienfähiges Grünland anzusehen sei.
57
Auch hinsichtlich des Feldstücks 18 bestehen keine Anhaltspunkte, dass die vom Beklagten festgestellte Fläche zu Unrecht abgezogen wurde. Das Vorbringen des Klägers, die Lagerung von Stroh sei nur in den Jahren 2019 und 2020 erfolgt, dringt nicht durch. Wie in der Klageerwiderung dargelegt wurde die entsprechende Fläche nicht wegen der Rundballen auf landwirtschaftlicher Fläche, sondern wegen des nicht förderfähigen Wegs/Schotterfläche, auf dem die Rundballen gelagert gewesen seien, gekürzt. In der mündlichen Verhandlung wurde hierzu seitens der Beklagtenvertreter nachvollziehbar ergänzt, dass es sich bei der Fläche, auf der Strohballen gelagert wurden, um keinen grünlandbetonten Bestand handle, auch wenn es sich um keine Schotterfläche handle. Die betroffene Fläche ist auf dem vorliegenden Luftbild aus 2019 (Bl. 484 der Behördenakte 7298.4-4-1386) deutlich erkennbar. Der vorliegend streitgegenständliche Abzug in die Vergangenheit erfolgte jedoch aufgrund des beantragten nicht förderfähigen Waldes und sonstiger nichtlandwirtschaftlicher Fläche auf dem Feldstück 18. In der mündlichen Verhandlung wurde insoweit von der Beklagtenseite plausibel erläutert, dass die Fläche bei dem Gebäude oben rechts auf dem Luftbild 2019 aus der Förderung wegen der fehlenden landwirtschaftlichen Nutzung herausgenommen worden sei, welche anhand der braunen Farbe und der vorhandenen Bäume erkennbar sei. Die Luftbilder seien im März und April aufgenommen worden. Von Ende Juni bis November seien vor Ort Nachkontrollen erfolgt.
58
Hinsichtlich des Feldstücks 22 bringt der Kläger vor, der baumbestandene Bereich sei eingezäunt worden, um den Tieren Schutz zu bieten. Die Büsche seien nicht hoch, weshalb die Tiere auch diesen Teil zur Beweidung benutzten. Nach den Erläuterungen des Beklagten, unterlegt mit der vorgelegten Fotodokumentation, war jedoch im Bereich der Pappeln kein Grasbewuchs festzustellen und die Brombeeren waren sehr dicht und ca. 1,5 m hoch. Ein Gras- und grünlandbetonter Bestand war im maßgeblichen Verpflichtungszeitraum damit ebenso wie bezüglich des im Osten befindlichen Hochwalds – den der Kläger inzwischen nach Hinweis durch das AELF als Wald beantragt hat – unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen nicht gegeben.
59
Das Gericht hat weiterhin auch hinsichtlich der Feldstücke 47, 106, 117, 123, 132, 133, 146, 148, 170, 173, 176, 178 und 211 keine durchgreifenden Zweifel, dass der Abzug zurecht erfolgt ist, da es sich bei den aberkannten Flächen nicht um förderfähige landwirtschaftliche Flächen handelte. Das ergibt sich aus den Feststellungen im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle 2019 sowie den vorliegenden Luftbildern der Feldstücke. Die Vertreter des Beklagten erläuterten in der mündlichen Verhandlung anhand von vorgelegten (Luft-)Bildern vertiefend und nachvollziehbar, dass und weshalb bei den jeweiligen Flächen bezogen auf einen jeweils näher genannten Zeitraum eine Nichtnutzung durch den Kläger vorliege. So ist aus den Luftbildern aufgrund des andersartigen Aufwuchses und der Oberflächenstruktur der jeweiligen Flächen im Vergleich zu den umliegenden bewirtschafteten Feldstücken bzw. aus der fototechnischen Dokumentation (Verbuschung) die Nichtnutzung ersichtlich.
60
Soweit der Kläger hinsichtlich des Feldstücks 47 vorträgt, die Fläche sei in den Jahren 2017 und 2018 von ihm gemulcht worden, so ist dem entgegenzuhalten, dass auf dem in der mündlichen Verhandlung von der Beklagtenseite vorgelegten Bild vom 21. November 2019 ein zwei- bis dreijähriger Baum sowie auf der Fläche viele Pappel-Schosser, aber bei diesen keine Verletzungen durch Mulchen, erkennbar sind. Nach den plausiblen Ausführungen der Beklagtenvertreter kann demnach die Fläche nicht gemulcht sein. Von einer effektiven landwirtschaftlichen Nutzung ist folglich nicht auszugehen.
61
Weiter kann das vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Foto über eine Ziegenbeweidung des Feldstücks 146 aus dem Jahr 2017 die diesbezüglichen Feststellungen des Beklagten nicht erschüttern. So sind auf einem Foto vom betreffenden Feldstück aus 2019 Brombeeren zu sehen, die bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung dort jedoch nicht sein dürften. Eine effektive Nutzung als Dauergrünland liegt also nicht vor.
62
Soweit der Kläger vorträgt, die Beweidung sei immer ab April/Mai erfolgt, im weiteren Verlauf der Vegetationszeit sei auf ca. 90% der Fläche ein zweiter Schnitt vorgenommen worden (Heu für das Vieh), die Vor-Ort-Kontrolle sei aber erst Ende November 2019 gewesen, ist dem entgegenzuhalten, dass nach den Darlegungen des Beklagten anhand bestimmter Kriterien eindeutig erkannt werden kann, ob es sich bei dem Aufwuchs um den ersten Aufwuchs des Jahres handle oder um Folgeaufwüchse. Wie oben bereits ausgeführt, sind die landwirtschaftlichen Feststellungen der Fachbehörde von einem besonderen Sachverstand getragen. Die Gründe für die Aberkennung der Flächen wurden zudem anhand der vorgelegten Luftbilder plausibel dargelegt.
63
Darüber hinaus wurde dem Kläger rechtswidrig Förderung im Rahmen der Maßnahme B57 – Streuobst gemäß dem Abschnitt C Nr. 5 des Merkblatts AUM 2015 und im Rahmen der Maßnahme A45 – Streuobstbau gemäß dem Abschnitt C Nr. 4.2 des Merkblatts AUM 2007 gewährt. Für den Verpflichtungszeitraum ab 2015 ist hiernach Fördervoraussetzung, dass Hochstamm-Baumarten mit mindestens drei Metern Kronendurchmesser und einer Stammhöhe von mindestens 1,4 Metern auf landwirtschaftlich genutzter Fläche stehen. Im Verpflichtungszeitraum 2007 bis 2014 galt im Rahmen der Maßnahme A45 eine Mindeststammhöhe von 1,60 Metern. Pro Hektar LF werden maximal 100 Streuobstbäume bzw. 1 Baum pro 100 m² Fläche des Feldstücks gefördert. Bei der Vor-Ort-Kontrolle 2019 wurden von insgesamt 737 Bäumen 255 nicht förderfähige Bäume ermittelt, wovon 99 Bäume auch für die Vorjahre nicht mehr den fünfjährigen Verpflichtungszeitraum erfüllen konnten, so dass diese auch für die Vorjahre bis 2015 gesperrt wurden. 188 der ermittelten 255 Bäume standen auf nichtlandwirtschaftlicher Fläche oder fehlten ganz, 67 Bäume hatten eine Stammhöhe von unter 1,4 Metern.
64
Das Gericht hat keine durchgreifenden Zweifel an den Feststellungen des Beklagten, die im Rahmen der mündlichen Verhandlung nochmals nachvollziehbar anhand von Luftbildern der betroffenen Feldstücke und Lichtbildern hinsichtlich der Stammhöhe der einzelnen Bäume erläutert wurden.
65
Hinsichtlich der Feldstücke 8, 123, 135 und 146 wurden die beantragten Bäume nicht anerkannt, da sich diese nach den Feststellungen des Prüfdienstes auf nichtlandwirtschaftlicher Fläche befinden. Dies wird durch die in den Behördenakten befindlichen bzw. in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Luft- bzw. Lichtbilder belegt, die die vorgetragene Verbuschung und Nichtnutzung der betroffenen Flächen zeigen.
66
Der Kläger hält den Feststellungen des Beklagten nichts Stichhaltiges entgegen. Der Vortrag, die Bäume seien frei und befänden sich auf beweideter und gemähter landwirtschaftlicher Fläche, ohne dies näher zu konkretisieren, ist zu pauschal und nicht geeignet, die Feststellungen der Fachbehörde zu erschüttern. Dies gilt erst recht unter Berücksichtigung der vorliegenden entgegenstehenden Fotos.
67
Auf dem Feldstück 149 wurden vom Beklagten 67 Bäume (bzw. 65 Bäume nach der Vor-Ort-Kontrolle vom 6. Juni 2023, was sich jedoch laut der Klageerwiderung nicht auf den Bescheid vom 24.10.2022 auswirkt) mangels ausreichender Stammhöhe nicht anerkannt. Soweit der Kläger vorträgt, nach seiner Überprüfung seien von den 67 beanstandeten Bäumen 60 Bäume mit einer Stammhöhe von mindestens 1,40 Metern und 3 Metern Kronendurchmesser auf dieser bewirtschafteten Fläche vorhanden, wobei er den Stamm gemessen habe vom Bodenniveau bis zum Kronenbeginn, ist dem entgegenzuhalten, dass hinsichtlich der Bemessung der Stammhöhe die Verwaltungspraxis des Beklagten ausschlaggebend ist. Die Ansicht des Klägers, wie die erforderliche Stammhöhe von 1,40 Metern zu messen sei, ist insoweit unbeachtlich (vgl. BayVGH, B.v. 19.10.2023 – 6 ZB 23.1430 – juris Rn. 21).
68
Denn die Zuwendung erfolgt auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinie. Förderrichtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist (vgl. allgemein BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – BayVBl 2020, 365 – juris Rn. 26; vgl. auch ausführlich VG Würzburg, U.v. 13.2.2023 – W 8 K 22.1507; U.v. 14.11.2022 – W 8 K 22.1124 – BeckRS 2022, 34296 Rn. 21 m.w.N.). Im Landwirtschaftsrecht gelten für die Förderung aufgrund von nationalen Verwaltungsvorschriften die gleichen Grundsätze wie sonst im Subventionsrecht auf Basis von Richtlinien (vgl. etwa NdsOVG, U.v. 2.12.2022 – 10 LC 76/21 – juris Rn. 27 ff.; U.v. 6.12.2022 – 10 LB 112/21 – juris Rn. 21 ff.; U.v. 5.5.2021 – 10 LB 201/20 – juris; U.v. 24.3.2021 – 10 LC 251/20 – juris; U.v. 3.2.2021 – 10 LC 149/20 – AUR 2021, 98; VG Würzburg, U.v. 21.6.2021 – W 8 K 20.1302 – juris Rn. 26). Die in der AUM-Richtlinie genannten europarechtlichen Bestimmungen setzen lediglich den rechtlichen und strategischen Rahmen, dessen Ausfüllung den Mitgliedsstaaten, konkret in Deutschland dem jeweiligen Bundesland, überlassen bleibt. Damit gilt das vorstehend zu den landwirtschaftlichen Subventionen auf Basis von Richtlinien Gesagte auch in der streitgegenständlichen Konstellation für die Förderung im Rahmen des Bayerischen Kulturlandschaftsprogramms (KULAP) für die Agrarumweltmaßnahmen (AUM) (vgl. BayVGH, B.v. 17.3.2022 – 6 ZB 21.2057 – juris Rn. 11 und 13; VG Würzburg, U.v. 17.4.2023 – W 8 K 21.735 – juris; U.v. 16.1.2023 – W 8 K 21.1594 – juris Rn. 28 f. m.w.N.).
69
Nach der demnach ausschlaggebenden Verwaltungspraxis des Beklagten ist die Stammhöhe der Abstand zwischen dem Boden und der Astmitte des ersten Seitentriebs. Die mangelnde Stammhöhe der vom Prüfdienst auf dem Feldstück 149 aberkannten Bäume wurde anhand von Lichtbildern plausibel erläutert. Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit der Feststellungen des Beklagten bestehen nicht.
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Soweit der Kläger anführt, das bei der VOK verwendete GPS-Gerät habe an den örtlichen Gegebenheiten (Mittelgebirge der Rhön) möglicherweise kaum oder keinen Empfang gehabt, die festgestellten Flächenabweichungen könnten daher nicht gesichert rechtmäßig zustande gekommen sein, ist dieser Vortrag nicht geeignet, die Feststellungen der Fachbehörde zu erschüttern. Der Beklagte legte insofern in der Klageerwiderung schlüssig dar, die Vor-Ort-Kontrolle sei nach einem standardisierten Verfahren durch eigens geschultes Personal durchgeführt worden. Zur Durchführung der betreffenden Messungen seien jeweils nur Geräte verwendet worden, die nachweislich eine Messgenauigkeit gewährleisten, die derjenigen, wie sie von festgelegten geltenden technischen Normen vorgeschrieben wird, gleichwertig sei (vgl. Art. 38 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014). Die bei der Flächenkontrolle verwendeten GPS-Geräte würden jährlich im Rahmen einer Mess-Validierung auf ihre Genauigkeit überprüft und müssten im vorgegebenen Raster des Joint Research Centre (JRC), welche eine der Generaldirektionen der Europäischen Kommission sei, liegen. Das vom Prüfdienst verwendete Messgerät „Trimble GEOExplorer GEOXH 6000, GPS+GLONASS“ sei von der Europäischen Kommission anerkannt, wie aus einem Schreiben des zuständigen Projekt-Managers der EU-Kommission vom 21. Juli 2015 hervorgehe. Während in diesem Schreiben eine Toleranz von 0,50 m empfohlen werde, sei die in Bayern angewendete Toleranz sogar wesentlich günstiger. Der vom Kläger lediglich als möglicherweise eingeschränkt oder fehlend bezeichnete Empfang des GPS-Geräts wurde von diesem nicht substantiiert behauptet, so dass die obigen Ausführungen nicht widerlegt sind. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich nicht auf (vgl. VG Würzburg, U.v. 17.4.2023 – W 8 K 21.735 – juris Rn. 118).
71
Soweit der Kläger weiter vorträgt, dass im Nachgang der Vor-Ort-Kontrolle offensichtlich bei der Auswertung mehrere Jahre alte Luftbilder verwendet und dadurch in unzulässiger Weise Rückschluss auf angebliche Umstände in der Vergangenheit gezogen worden seien, die zum Zeitpunkt der Vor-Ort-Kontrolle höchstwahrscheinlich nicht mehr aktuell gewesen seien, ist dem entgegenzuhalten, dass die von der Fachbehörde getroffenen Feststellungen anlässlich der Vor-Ort-Kontrolle 2019 in ihren zeitlichen Wirkungen nicht beschränkt sind. Anhand von Indizien, wie z.B. der begutachteten Größe von Bäumen und Hecken respektive allgemein von Bewuchs und durch den Ver- bzw. Abgleich mit historischen Orthophotos, kann – wie vorliegend – in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auch auf eine fehlende landwirtschaftliche Nutzung in den Vorjahren geschlossen werden (vgl. VG Augsburg, U.v. 14.2.2023 – Au 8 K 20.2081 – juris Rn. 46; VG Ansbach, U.v. 2.12.2019 – AN 14 K 16.01851 – juris Rn. 31; Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Aufl. 2022, VO (EU) Nr. 640/2014, Art. 18 Rn. 25). Entsprechend weist der Beklagte in der Klageerwiderung darauf hin, dass anhand bestimmter Kriterien eindeutig erkannt werden könne, ob es sich bei dem Aufwuchs um den ersten Aufwuchs des Jahres oder um Folgeaufwüchse handle. Weiterhin gäbe sonstige Vegetation (z.B. angehender Aufwuchs oder ausgereifter Aufwuchs von Büschen) wertvolle Hinweise für die Prüfer. Durch die Besichtigung der jeweiligen Flächenteile könnten die Prüfer die Intensität der Sukzession sowie die Pflanzenzusammensetzung beurteilen. Mit diesen Erkenntnissen und den historischen Luftbildern könne auch die Flächensituation in den Jahren vor der Vor-Ort-Kontrolle bewertet werden. In der mündlichen Verhandlung haben die Beklagtenvertreter das Vorgehen bei den Feststellungen der Baum- und Flächenabweichungen nochmals schlüssig vertieft und erklärt, dass es Luftbilder bis 2005 gebe. Die Möglichkeit von Kontrollen durch Fernerkundung in Form der Auswertung von Orthofotos ergibt sich zudem aus Art. 40 Buchst a) VO (EU) 809/2014.
72
Nach alldem hat das Gericht keine begründeten Zweifel an den Feststellungen des Beklagten zu den Flächen- und den Baumabweichungen.
73
Diese Feststellungen gelten nach Überzeugung des Gerichts für die gesamten in den streitgegenständlichen Bescheiden genannten Zeiträume.
74
Auch der weitere klägerische Vortrag führt zu keinem anderen Ergebnis.
75
Soweit der Kläger moniert, er sei nicht auf die Möglichkeit hingewiesen worden, das Feldstück als „Hutung“ anstatt als „Weide“ zu beantragen, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. So besteht schon seitens der Behörde keine Beratungspflicht in Form einer umfassenden Rechtsberatung (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 24. Auflage 2023, § 25 Rn. 15a). Im Übrigen wäre nach dem Vortrag des Vertreters des AELF K.in der mündlichen Verhandlung die Sinnhaftigkeit der Beantragung einer Hutung fraglich, da auch eine Hutung einen gras- und grünlandbetonten Bestand verlange. Laut der Klageerwiderung wurden die Flächen vom Prüfdienst mit NC 990 „sonstige nichtlandwirtschaftliche Fläche“ als korrektem Nutzungscode codiert, so dass eine Codierung mit dem NC 454 Hutung im FNN keinen Einfluss auf das Prüfergebnis bei der VOK gehabt hätte (vgl. Stellungnahme des fachlichen Prüfdienstes vom 3.12.2021, Bl. 78 f. der Behördenakte 7298.4-4-1386).
76
Im Übrigen würde eine unzureichende Information durch den Beklagten nicht dazu führen, dass der Kläger seine Ansprüche quasi als Folgenbeseitigung trotz Fehlens der Fördervoraussetzungen gleichwohl durchsetzen könnte. Denn eine etwaige Verletzung der behördlichen Beratungspflicht kann sich als solche nicht anspruchsbegründend auswirken (BayVGH, B.v. 4.12.2023 – 22 ZB.2621 – juris Rn 19; OVG NRW, B.v. 22.11.2023 – 4 A 109/20 – juris Rn. 18). Vielmehr wäre der Kläger insoweit auf einen Amtshaftungsanspruch zu verweisen, den er vor der ordentlichen Gerichtsbarkeit geltend machen müsste. Allerdings könnte eine Schadensersatzklage nicht eine nachträgliche Gewährung der Förderung bewirken (vgl. VG Würzburg, U.v. 21.3.2022 – W 8 K 21.1488 – juris Rn. 78 m.w.N.).
77
Auch das Vorbringen, einige streitgegenständliche Feldstücke lägen im FFH-Gebiet, in welchem laut klägerischem Vorbringen von Seiten der unteren Naturschutzbehörde Maschineneinsatz (insbesondere das Abmulchen) untersagt sei, greift nicht durch. Denn zum einen ist für die Gewährung der landwirtschaftlichen Subventionen die vom Kläger angegebene Nutzung maßgeblich, so dass dieser das Risiko trägt, diese einhalten zu können. Zum anderen können auch im FFH-Gebiet landwirtschaftliche Flächen als Weideflächen genutzt werden, solange diese nicht verbuscht sind.
78
Die Einwendung des Klägers, er sei bei der Vor-Ort-Kontrolle nicht anwesend gewesen bzw. nur an deren Ende, ist unerheblich. Der Ablauf von Vor-Ort-Kontrollen ist nicht im Einzelnen geregelt. In den Art. 24 ff. der VO (EU) 809/2014 sind nur Regelungen zur Ankündigung und zum Zeitpunkt der Vor-Ort-Kontrollen enthalten. Das vom Beklagten in Bezug genommene „Merkblatt über die Rechte und Pflichten der Landwirte und Kontrolleure bei Vor-Ort-Kontrollen“ in der Broschüre Cross Compliance für das jeweilige Verpflichtungsjahr des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung Landwirtschaft und Forsten, wonach die Anwesenheit des Klägers bei der Vor-Ort-Kontrolle grundsätzlich nicht erforderlich sei, ist allenfalls als interne Verwaltungsvorschrift heranzuziehen. Grundsätzlich ist daher davon auszugehen, dass die Kontrollen auch in Abwesenheit des Betriebsinhabers (VG München, U.v. 16.01.2014 – M 12 K 13.2865 – juris Rn. 51) oder unangekündigt im Sinne von Art. 25 VO (EU) Nr. 809/2014 stattfinden können (VG Ansbach, U.v. 25.4.2023 – AN 14 K 19.02291 – juris Rn. 51). Damit kann hier auch dahinstehen, ob dem Kläger die Vor-Ort-Kontrolle vorab angekündigt worden war, wie sich aus dem Bericht zur Vor-Ort-Kontrolle vom 21. November 2019 ergibt (vgl. Bl. 551 der Behördenakte 7275-3-736-1), was aber vom Kläger bestritten wird.
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Der Kläger kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.
80
Nach der gefestigten Rechtsprechung regelt das Unionsrecht den Vertrauensschutz bei der Rückforderung unionsrechtswidriger Beihilfen abschließend und verdrängt insoweit Art. 48 Abs. 2 bis 4 BayVwVfG. Durch die Verankerung einer Vertrauensschutzregelung im EU-Recht sollte eine einheitliche Handhabung bei der Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beihilfen in der Gemeinschaft sichergestellt werden. Die Anwendung der jeweiligen nationalen Regelungen ließe sich mit dieser Intention nicht vereinbaren (vgl. BVerwG, B.v. 29.03.2005 – 3 B 117.04 – juris; BayVGH, B.v. 21.4.2020 – 6 ZB 18.2153 – juris Rn. 17).
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Des Weiteren erfolgten die vom Beklagten nach den festgestellten Flächen- und Baumabweichungen und Auflagenverstößen vorgenommenen Kürzungen und Sanktionierungen rechtsfehlerfrei. Die Berechnungen der entsprechenden Beträge wurden nicht bestritten. Hinsichtlich der Berechnungen wird auf die detaillierte Darstellung des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2022 Bezug genommen.
82
Für den Bereich AUM wird in den Ausführungen des Beklagten im Verwaltungsverfahren, insbesondere im Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2022, hinreichend deutlich, dass er sich hinsichtlich der Kürzung und der Höhe der Verwaltungssanktion um eine Entscheidung handelt, die durch eine Sanktionsmatrix für den Regelfall gesteuert wird, und dass hier kein Fall vorliegt, der eine Abweichung von der Regelbewertung rechtfertigen würde. Ein Ermessensfehler ist nicht ersichtlich (vgl. VG Würzburg U. v. 12.10.2020 – W 8 K 20.563 – juris Rn. 32), ebenso wenig ein sonstiger Rechtsverstoß.
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Insbesondere ist auch die in Nr. 3 des Widerspruchsbescheids vom 24. Oktober 2022 erfolgte Verböserung hinsichtlich DZP und AGZ für das Jahr 2015 möglich. Die Widerspruchsbehörde kann die vom Widerspruchsführer angegriffene Belastung verschärfen. Auch wenn die reformatio in peius in der VwGO nicht geregelt ist, sind derartige Verschlechterungen im Widerspruchsverfahren nach den Regeln der VwGO bundesrechtlich erlaubt, sofern nach dem materiellen Bundes- oder Landesrecht Verschlechterungen zulässig sind. Voraussetzung ist, dass – wie hier – die Widerspruchsbehörde dieselbe Entscheidungsbefugnis wie die Ausgangsbehörde hat (Hüttenbrink in Posser/Wolff/Decker, BeckOK, VwGO, 63. Edition, Stand: 1.4.2023, § 68 Rn. 11; § 73 Rn. 13)
84
Die streitgegenständlichen Kürzungen sind auch nicht unverhältnismäßig.
85
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gehört zu den allgemeinen in der Europäischen Union zu beachtenden Grundsätzen. Er verlangt, dass die aufgrund einer nationalen Bestimmung angewandten Mittel geeignet sind, das angestrebte Ziel zu verwirklichen, und nicht über das zu dessen Erreichung Erforderliche hinausgehen (EuGH, U.v. 23.11.2023 – C-213/22 – juris Rn. 43 m.w.N.). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, die den vollständigen Verlust des Anspruchs auf die landwirtschaftliche Subvention vorsieht, wenn eine der Voraussetzungen für die Gewährung dieser Subvention nicht erfüllt ist, weil Umstände eingetreten sind, die nicht die Merkmale eines Falles höherer Gewalt aufweisen (EuGH, U.v. 23.11.2023 – C-213/22 – juris Rn. 47).
86
Der Europäische Gerichtshof hat wiederholt betont, wie wichtig es ist, die mehrjährigen Verpflichtungen bis zu ihrem Ablauf zu erfüllen, indem er darauf hingewiesen hat, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe während des gesamten Verpflichtungszeitraums einzuhalten sind. Insbesondere kann die Beihilfe, wenn eine dieser Voraussetzungen auch nur ein einziges Mal nicht erfüllt wird, nicht gewährt werden, ohne dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dem entgegenstünde (EuGH, U.v. 7.9.2023 – C-169/22 – juris Rn. 63 m.w.N.).
87
Der Europäische Gerichtshof hat ebenfalls wiederholt festgestellt, dass es sich bei der im Falle der Nichteinhaltung der eingegangenen Verpflichtungen anzuwendenden Sanktion im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik, wie die Kürzung oder der Ausschluss von Beihilfen, um ein spezielles Instrument der Verwaltung handelt, das integraler Bestandteil des Systems der Landwirtschaftsbeihilfen ist und die Einhaltung dieser Verpflichtungen fördern soll (vgl. VG Würzburg, U.v. 6.3.2023 – W 8 K 22.1257 – juris Rn. 127 m.w.N.).
88
Die Kürzung bzw. Ablehnung der Förderung ist bei Nichtvorliegen der Fördervoraussetzungen somit nicht unverhältnismäßig, sondern verfolgt ein legitimes Ziel und ist geeignet, erforderlich und angemessen, um die finanziellen Interessen und Ziele der Europäischen Union auch wegen der abschreckenden Wirkung effizient zu wahren und wirksam zu schützen (vgl. EuGH, U.v. 16.11.2023 – C-196/22 – juris Rn. 52 ff.; U.v. 7.9.2023 – C-169/22 – juris Rn. 64 f.). Sie entspricht zudem dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Vergleich zu anderen Landwirten, die ihre Verpflichtungen und die Fördervorgaben einhalten.
89
Art. 4 Delegierte VO (EU) 640/2014 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 VO (EU) 1306/2013 enthält mit der Bestimmung, bei „höherer Gewalt“ von nachteiligen Konsequenzen von Pflichtverletzungen zu befreien, außerdem schon eine mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz übereinstimmende Regelung (Schulze/Schulte im Busch in Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Aufl. 2022, VO (EU) Nr. 640/2014 Art. 4 Rn. 2), sodass umgekehrt bei Nichtvorliegen dieser Ausnahmetatbestände – wie hier – grundsätzlich auch kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vorliegt.
90
Außerdem trägt schon das europarechtlich vorgeprägte System der gestuften Sanktionen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung.
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Die in den streitgegenständlichen Bescheiden festgesetzte Zinszahlungspflicht nach Art. 5 Abs. 2 VO (EU) Nr. 65/2011 bzw. Art. 7 Abs. 2 VO (EG) Nr. 809/2004 i.V.m. Art. 49 a Abs. 3 S. 1 BayVwVfG bzw. § 14 MOG ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die Kostenfestsetzung in den angegriffenen Bescheiden des Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheids. Gesonderte Bedenken sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Nach alledem war die Klage abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
94
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.