Titel:
Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Beschäftigte einer JVA – Einlegung im gerichtlichen Verfahren nicht statthaft
Normenketten:
GG Art. 17
StVollzG § 109
Leitsatz:
Die Einlegung einer gegen Beschäftigte einer Justizvollzugsanstalt gerichteten Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Strafvollstreckungskammer verbunden mit dem Antrag auf eine sachliche Entscheidung über die Dienstaufsichtsbeschwerde ist im gerichtlichen Verfahren nach § 109 StVollzG nicht statthaft, da dem Gericht die Dienstaufsicht nicht obliegt (vgl. § 108 Abs. 3 StVollzG). (Rn. 8)
Schlagworte:
Dienstaufsichtsbeschwerde, Beschäftigte einer Justizvollzugsanstalt, gerichtliches Verfahren, Unzulässigkeit
Vorinstanz:
LG Amberg, Beschluss vom 20.11.2023 – 2 StVK 553/22
Fundstelle:
BeckRS 2024, 7818
Tenor
I. Die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss der kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Amberg vom 20. November 2023 wird auf seine Kosten einstimmig als unzulässig verworfen, da die Nachprüfung der gerichtlichen Entscheidung weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist (§ 116 Abs. 1, § 119 Abs. 3 StVollzG i.V.m. Art. 208 BayStVollzG).
II. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 500.- Euro festgesetzt.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird mangels Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung zurückgewiesen (§ 120 Abs. 2 StVollzG, § 114 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. 208 BayStVollzG).
Gründe
1
Mit Schreiben vom 22. Januar 2022 hat der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg unter dem Betreff „Dienstaufsichtsbeschwerde gegen JVA A. RD`in Frau R.“ eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Regierungsdirektorin der JVA A. erhoben. Zur Begründung hat der zu diesem Zeitpunkt in der JVA A. Inhaftierte im wesentlichen vorgetragen, dass er bereits bei der Strafvollstreckungskammer mehrere Verfahren anhängig gemacht hätte, so am 21. Januar 2022, also einen Tag vor der hiesigen Klageschrift, einen Vornahmeantrag nach § 113 StVollzG, zudem eine Dienstaufsichtsbeschwerde „gegen das Referat 2A“ beim Referat 1A eingelegt und sich an das Bayerische Justizministerium gewandt hätte. Da sich jedoch die Beamtin seit Monaten darauf berufe, dass sein Lockerungsantrag vom 20. Oktober 2021 vor einer Verbescheidung geprüft werden müsse und mit ihrem Urlaub die Angelegenheit weiter verzögere, besorge er einen rassistischen Hintergrund, Befangenheit, Willkür und Machtmißbrauch. Im Laufe des Verfahrens hat der Antragsteller ergänzend vorgetragen, am 3. Februar 2022 einen Ablehnungsbescheid bezüglich der von ihm beantragten Vollzugslockerung erhalten zu haben.
2
Mit Beschluss vom 8. März 2022 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Amberg verwiesen. Eine dagegen gerichtete Beschwerde hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 23. August 2022 verworfen. Mit Beschluss vom 20. November 2023 hat die Strafvollstreckungskammer den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen, wogegen sich der Beschwerdeführer nunmehr mit der Rechtsbeschwerde wendet.
3
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG unzulässig, weil es nicht geboten ist, die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu überprüfen. Der Fall gibt keinen Anlass, Leitsätze für die Auslegung gesetzlicher Vorschriften des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken zu schließen (vgl. Arloth/Krä StVollzG, 5. Aufl., § 116 Rn. 3 m.w.N.; Laubenthal in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, Strafvollzugsgesetz, 7. Aufl. 2020, 12. Kapitel Rechtsbehelfe § 116 Rn. 4 m.w.N.). Von der angefochtenen Entscheidung geht auch keine Gefahr für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung aus (vgl. Arloth/Krä a.a.O. Rn. 3a; Laubenthal a.a.O. Rn. 5 m.w.N.).
4
Ergänzend bemerkt der Senat:
5
1. Die Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO i.V.m. § 120 Abs. 1 S. 2 StVollzG) ist entgegen § 118 Abs. 2 S. 2 StVollzG mangels Benennung einer bestimmten Tatsache, deren Aufklärung das Gericht unterlassen hat, sowie der Beweismittel, derer sich der Tatrichter hätte bedienen sollen, und mangels der Darlegung, welche Umstände das Gericht zu der vermissten Beweiserhebung hätten drängen müssen und welches Ergebnis von der unterbliebenen Beweiserhebung zu erwarten gewesen wäre, nicht hinreichend ausgeführt und damit nicht zulässig erhoben.
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2. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist mangels hinreichender Angabe, was der Beschwerdeführer in der ersten Instanz noch hätte vortragen wollen, nach § 118 Abs. 2 S. 2 StVollzG ebenfalls nicht zulässig erhoben.
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3. Der Senat versteht den Vortrag des gerichtserfahrenen Antragsstellers in seiner an das Verwaltungsgericht gerichteten Klageschrift dahingehend, dass der Strafgefangene, nachdem er am Vortag bereits einen Verpflichtungsantrag auf die Gewährung von Lockerungen bei der Strafvollstreckungskammer eingereicht hatte, mit seiner Eingabe beim Verwaltungsgericht erreichen wollte, dass das Verhalten der Bediensteten mit Blick auf die Vorwürfe von Rassismus, Befangenheit, Willkür und Machtmißbrauch dienstrechtlich gewürdigt würde.
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4. Die Einlegung einer gegen eine Beschäftigte einer Justizvollzugsanstalt gerichteten Dienstaufsichtsbeschwerde bei Gericht verbunden mit dem Antrag auf eine sachliche Entscheidung über die Dienstaufsichtsbeschwerde ist im gerichtlichen Verfahren jedoch nicht statthaft, da dem Gericht die Dienstaufsicht nicht obliegt (vgl. § 108 Abs. 3 StVollzG). Dass der Antragsteller lediglich eine Verbescheidung einer bei der Behörde bereits eingelegten und dort begründeten Dienstaufsichtsbeschwerde begehren würde, sich im gerichtlichen Verfahren also gegen die Untätigkeit des Dienstvorgesetzten wendet, lässt sich dem Vortrag des Antragstellers auch bei der gebotenen Auslegung nicht entnehmen. Vielmehr stützt er seinen Rechtsbehelf ausdrücklich auf die zögerliche Sachbearbeitung seines Lockerungsantrags durch die konkrete Beamtin und will deren Motive und die Art und Weise ihrer Sachbearbeitung – auch noch nach dem Erlass des Bescheides der JVA am 3. Februar 2022 – zur unbefangenen Überprüfung durch ein Verwaltungsgericht stellen. Daher kommt hier entgegen der Rechtsansicht der Strafvollstreckungskammer auch eine Umdeutung des ausdrücklich als Dienstaufsichtsbeschwerde bezeichneten Begehrens in einen gegen die JVA gerichteten Antrag auf eine gegenüber einem Verpflichtungsantrag zudem grundsätzlich subsidiäre Feststellung der Rechtswidrigkeit der verzögerten Bescheidung des Lockerungsantrags nach §§ 109 ff. StVollzG nicht in Betracht. Auf die Frage einer doppelten Rechtshängigkeit kommt es daher nicht mehr an.
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5. Die Rechtsbeschwerde ist daher unzulässig. Auf die Unzulässigkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde im gerichtlichen Verfahren wurde der Antragsteller bereits mit rechtlichem Hinweis des Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht vom 2. Februar 2022 hingewiesen.