Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 28.03.2024 – AN 9 K 24.448
Titel:

Beidseitige Erledigungserklärung: Kosten zu Lasten des Klägers; begehrte Baugenehmigung war erteilt worden, allerdings für verändertes Vorhaben und mit anderen Unterlagen

Normenketten:
VwGO § 161 Abs. 2
BayBO Art. 64 Abs. 2 S. 1
Leitsatz:
Erlässt die Baubehörde eine beantragte Baugenehmigung und kommt es deswegen zu einer beidseitigen Erledigtenerklärung bezüglich einer Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung in anderer, ursprünglicher Form, sind die Kosten jedenfalls dann dem Kläger aufzuerlegen, wenn die Ablehnung des ursprünglichen Baugenehmigungsantrags wegen unzureichender Bauunterlagen erfolgt war, welche dann im Rahmen des veränderten, neuen Antrages nachgebessert worden waren. (Rn. 5 – 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einstellung nach übereinstimmender Erledigungserklärung, Kostenentscheidung nach summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten, Kein Anspruch auf Baugenehmigung bei fehlenden/fehlerhaften Bauvorlagen, „Erforderliche, Unterlagen“ im Sinne des Art. 64 Abs. 2 BayBO und der BauVorlV, „Erforderliche Unterlagen“ im Sinne des Art. 64 Abs. 2 BayBO und der BauVorlV, Unterlagen, erforderliche Unterlagen, Bauvorlagen, Bauantrag, übereinstimmende Erledigtenerklärung, Kostenentscheidung, Erfolgsaussichten, Baugenehmigung, Änderung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 7661

Tenor

1. Das Verfahren wird eingestellt.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 340.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1
Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit mit Schriftsätzen vom 11. sowie 25. März 2024 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren (deklaratorisch) durch Beschluss entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
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Gemäß § 161 Abs. 2 VwGO ist nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.
3
Die Kostenentscheidung erfolgt gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. Der hierin zum Ausdruck kommende Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit befreit das Gericht nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache davon, abschließend über den Streitstoff zu entscheiden; es erfolgt vielmehr eine lediglich summarische Prüfung (BVerwG, B.v. 2.2.2006 – 1 C 4/05 – beck-online Rn. 3; BeckOK VwGO/Zimmermann-Kreher, 68. Ed. 1.1.2024, VwGO § 161 Rn. 13). Billigem Ermessen entspricht es in der Regel, demjenigen Beteiligten die Verfahrenskosten aufzuerlegen, der ohne die Erledigung voraussichtlich unterlegen gewesen wäre oder der die Erledigung des Rechtsstreits aus eigenem Willensentschluss herbeigeführt hat (BVerwG, B.v. 7.4.2008 – 9 VR 6.07 – beck-online Rn. 1; VGH München, B.v. 5.12.2007 – 23 N 07.3168 – beck-online Rn. 2). Ein Herbeiführen der Erledigung, das nach der Rechtsprechung zur Kostentragung führt, liegt insbesondere dann vor, wenn der Beklagte ohne Änderung der Sach- und Rechtslage den Verwaltungsakt aufhebt, weil er nicht mehr an seiner Rechtsauffassung festhält (BeckOK VwGO/Zimmermann-Kreher, 68. Ed. 1.1.2024, VwGO § 161 Rn. 15).
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Unter Anwendung dieser Grundsätze entsprach es vorliegend billigem Ermessen die Kosten des Verfahrens der Klägerin aufzuerlegen.
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Denn zwar wurde der Klägerin letztlich mit Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2024 eine Baugenehmigung zur Errichtung der Wohnanlage auf dem Baugrundstück erteilt. Allerdings erging diese Genehmigung zu dem neuen Bauantrag vom 6. Oktober 2023 und nicht zu dem Verpflichtungsbegehren, welches der hiesigen Klage zugrunde lag (Bauantrag vom 4. August 2022). Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass mit dem ursprünglichen Bauantrag die Errichtung von 34 Wohneinheiten begehrt wurde, aber mit Bescheid vom 22. Februar 2024 die Errichtung von 37 Wohneinheiten genehmigt worden ist.
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Dass die Klägerin hinsichtlich ihres ursprünglichen Verpflichtungsbegehrens unterlegen gewesen wäre, zeigt sich bereits darin, dass der Bauantrag vom 4. August 2022 mit Bescheid der Beklagten vom 14. November 2022 auch deshalb abgelehnt worden ist, weil die klägerseitig eingereichten Bauvorlagen unzureichend gewesen sind. So hätten nach Auffassung der Beklagten ein qualifizierter Freiflächengestaltungsplan und zutreffende Bauvorlagen zum Nachweis der Stellplatz- und Spielplatzpflicht gefehlt. Die Fehlerhaftigkeit der Bauvorlagen wurde klägerseitig auch nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Stattdessen führte der Klägervertreter mit Schreiben vom 31. März 2023 gerade an, dass die Klägerin ein Architekturbüro damit beauftragt habe, die Bauvorlagen zum Antrag vom 4. August 2022 nachzubessern.
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Ein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung kann aber nur dann gegeben sein, wenn das Vorhaben auf der Grundlage des Bauantrags und der Bauvorlagen anhand der heranzuziehenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften geprüft werden kann, Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO. Sofern die für die Beurteilung des Vorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen nicht vollständig eingereicht worden sind und somit kein prüffähiger Bauantrag gegeben ist, darf die Behörde auch nicht im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens zur Erteilung der Baugenehmigung verpflichtet werden (VGH München, B.v. 26.9.2002 – 26 ZB 99.1925 – beck-online; VG München, U.v. 21.9.2020 – M 8 K 18.3139 – beck-online Rn. 24).
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Dass es sich bei dem qualifizierten Freiflächengestaltungsplan sowie den Nachweisen zur Stellplatz- und Spielplatzpflicht um „erforderliche Unterlagen“ im Sinne der Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO, § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 BauVorlV gehandelt hat, ergibt sich nicht zuletzt aus der nunmehr erteilten Baugenehmigung vom 22. Februar 2024. Nach deren Auflagen in den Ziffern 5, 6 und 16 ist das Bauvorhaben im Hinblick auf die Freiflächen, den Spielplatz und die Stellplätze zwingend nach den eingereichten Plänen (unter anderem dem Freiflächengestaltungsplan vom 26. Oktober 2023) auszuführen.
9
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 9.1.1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Dem ursprünglichen Verpflichtungsbegehren lag die Errichtung von 34 Wohneinheiten zugrunde (10.000 EUR je Wohneinheit x 34 Wohneinheiten = 340.000 EUR).