Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 25.03.2024 – AN 17 S 24.50193
Titel:

Erfolgloser Eilantrag gegen Abschiebungsandrohung nach Portugal

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 5
AsylG § 35, § 36 Abs. 3, § 38 Abs. 1, § 75 Abs. 1
Asylverfahrens-RL Art. 33 Abs. 2 lit. a
Leitsatz:
Bereits beim Erlass der Abschiebungsandrohung, die die Rückkehrentscheidung iSv Art. 5 lit. a und b der RL 2008/115/EG (Rückführungs-RL), darstellt, sind familiäre Bindungen und das Kindeswohl zu berücksichtigen mit der Folge, dass derartige Abschiebungshindernisse dem Erlass der Abschiebungsandrohung und nicht erst deren Vollzug entgegenstehen. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abschiebungsdrohung nach Portugal für in Portugal anerkannte Schutzberechtigte (Familie), Eilrechtsschutz, Abschiebungsandrohung, Familie, Relokations Programm, Schutzberechtigung, Abschiebezielstaat Portugal, Abschiebungshindernisse, Situation in Portugal
Fundstelle:
BeckRS 2024, 7658

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
1
Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine asylrechtliche Abschiebungsandrohung nach Portugal.
2
Der 1976 geborene Antragsteller zu1) und die 1978 geborene Antragstellerin, ein Ehepaar, und ihr 2016 geborener Sohn, der Antragsteller zu 3) sind syrische Staatsangehörige. Der Antragsteller zu 1) und die Antragstellerin lebten mit den weiteren, 2002, 2003 und 2005 geborenen Söhnen des Antragstellers zu 1) ab August 2015 als Flüchtlinge in der Türkei. Der Antragsteller zu 3) ist dort geboren. Die Familie wurde mit ihrem Einverständnis im Rahmen eines Relocation-Programms für Flüchtlinge am 23. Mai 2023 von den Vereinten Nationen (UN) nach Portugal verbracht. Von dort reisten sie weiter bis Deutschland, wo sie beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 23. Juni 2023 Asylanträge stellten.
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Eine EURODAC-Abfrage des Bundesamts ergab keinen Treffer für andere Mitgliedsstaaten.
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Auf das Aufnahmeersuchen des Bundesamts nach der Dublin III-VO teilten die portugiesischen Behörden am 7. September 2023 mit, dass der ganzen Familie am 23. Mai 2023 in Portugal der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden sei.
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Bei Anhörungen zur Klärung der Zulässigkeit der Asylanträge bzw. zur Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Juni 2023, 13. Juli 2023 und 5. Oktober 2023 teilten die Antragsteller mit, dass sie in der Türkei bei der UN Asylanträge gestellt hätten und sie die Nachricht erhalten hätten, dass diese positiv entschieden worden seien und sie nach Portugal könnten. Sie seien nach der Überführung ca. acht bis neun Tage in Portugal gewesen, dort erst in einem Hotel, dann in einer Wohnung und schließlich wieder im Hotel untergebracht gewesen. Die Wohnung sei in einem sehr schlechten Zustand mit Ungezieferbefall gewesen.
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Mit Bescheid vom 21. Februar 2024, den Antragstellern zugestellt am 24. Februar 2024, lehnte das Bundesamt die Anträge der Antragsteller als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 2), forderte die Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Frist von einer Woche zu verlassen und droht ihnen widrigenfalls die Abschiebung nach Portugal an; nach Syrien dürften sie jedoch nicht abgeschoben werden (Ziffer 3). Die Vollziehung der Abschiebungsandrohung wurde bis zum Ablauf der Klagefrist bzw. bis zur Bekanntgabe einer ablehnenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Eilverfahren ausgesetzt (ebenfalls Ziffer 3). Weiter ordnete das Bundesamt ein gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG an und befristete dieses auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4).
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Hiergegen erhoben die Antragsteller durch ihren Bevollmächtigten am 4. März 2024 Klage zum Verwaltungsgericht Ansbach und beantragten gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,
die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamtes vom 21. Februar 2024 anzuordnen.
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Eine Begründung wurde angekündigt, ging aber bei Gericht nicht ein.
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Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 7. März 2024, den Antrag abzulehnen.
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Die volljährigen Söhne des Antragstellers zu 1) erhielten ebenfalls Bescheide nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG mit Abschiebungsandrohungen nach Portugal.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Behördenakten und die Gerichtsakten, auch auf die Akten für die weiteren Söhne des Antragstellers zu 1) Bezug genommen.
II.
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Die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen gegen Ziffer 3 des Bescheides des Bundesamtes vom 21. Februar 2024 sind zulässig, aber unbegründet und deshalb abzulehnen.
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1. Die Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO sind zulässig. Sie sind statthaft, da den Klagen gegen die Abschiebungsandrohung nach § 35 AsylG gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1, § 38 Abs. 1 Halbs. 2, § 36 Abs. 3 Asyl keine aufschiebende Wirkung zukommt und die Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO damit die zur Verhinderung der Abschiebung notwendige Rechtsbehelfe sind. Sie sind auch sonst zulässig, insbesondere sind sie fristgerecht innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids gestellt worden.
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2. Die Anträge sind jedoch unbegründet, weil ernstliche Zweifel i.S.v. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG an der Rechtmäßigkeit der verfügten Abschiebungsandrohung nicht bestehen. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen vor, wenn zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung nicht standhält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris).
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a) Nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG – der Art. 33 Abs. 2 lit. a der RL 2013/32/EU (Verfahrens-RL) in nationales Recht umsetzt – ist ein Asylantrag dann unzulässig, wenn ein Asylantragsteller in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union bereits als international Schutzberechtigter anerkannt worden ist. In der Folge ist eine Abschiebungsandrohung nach § 35 AsylG dorthin veranlasst. Dies ist hier in Bezug auf Portugal der Fall.
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Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof, dem die nationale Rechtsprechung folgt, ist hiervon zwar dann eine Ausnahme zu machen, wenn die Lebensverhältnisse, die den Schutzberechtigten in diesem Land erwarten, ihn der ernsthaften Gefahr aussetzen, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh zu erfahren (EuGH, B.v. 13.11.2019 – Hamed, Omar, C-540/17, C-541/17 – juris; s.a. schon EuGH, U.v. 19.3.2019 – Ibrahim, C-297/17 u.a. – juris, BayVGH, U.v. 4.3.2023 – 24 B 22.30376 – juris Rn. 18 ff.; VGH BW, B.v. 27.5.2019 – A 4 S 1329/19 – juris Rn. 5). Ist dies der Fall, steht der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens innerhalb des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, der auch und gerade bei der Anwendung von Art. 33 Abs. 2 lit. a Verfahrens-RL gilt, nicht entgegen (EuGH, U.v. 19.3.2019 – Jawo, C-163/17 – juris Rn. 80 ff.; EuGH, U.v. 19.3.2019 – Ibrahim, C-297/17 u.a. – juris Rn. 83 ff.; s.a. Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 14. Aufl. 2022, Art. 4 GRCh Rn. 3). Allerdings liegt die Schwelle der in einem Mitgliedsstaat gegebenenfalls existierenden Funktionsstörungen nach der Rechtsprechung sehr hoch. Diese ist erst erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaates zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befindet, die es ihr nicht erlaubt, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden (keine Gewährleistung von „Bett, Brot und Seife“, vgl. VGH BW, B.v. 27.5.2019 – A 4 S 1329/19 – juris Rn. 5) und dadurch ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigt ist oder sie einem Zustand der Verelendung ausgesetzt wird; dies wäre mit der Menschenwürde unvereinbar (EuGH, B.v. 13.11.2019 – Hamed, Omar, C-540/17, C-541/17 – juris Rn. 39; EuGH, U.v. 19.3.2019 – Ibrahim, C-297/17 u.a. – juris Rn. 90). Eine – auch starke – Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person, etwa durch einen reduzierten Umfang von existenzsichernden Leistungen, genügt hierfür hingegen nicht (EuGH, B.v. 13.11.2019 – Hamed, Omar, C-540/17, C-541/17 – juris Rn. 39; EuGH, U.v. 19.3.2019 – Ibrahim, C-297/17 u.a. – juris Rn. 91; BVerwG, B.v. 27.1.2022 – 1 B 93.21 – juris; B.v. 17.1.2022 – 1 B 66.21 – juris, BayVGH, B.v. 27.9.2023 – 24 B 22.30953 – juris). Ebenso wenig sind Mängel bei der Durchführung von Integrationsprogrammen (EuGH, U.v. 19.3.2019 – Jawo, C-163/17 – juris Rn. 94, 96) ausreichend.
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Bei der Bewertung der Lebensverhältnisse, die den Betroffenen im Falle seiner Rückkehr in dem Mitgliedstaat erwarten, sind zunächst seine Möglichkeiten, den Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit zu sichern, zu berücksichtigen. Dabei ist es dem Betroffenen auch zumutbar, eine wenig attraktive und seiner Vorbildung nicht entsprechende Arbeit auszuüben, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entspricht und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs, beispielsweise während der Touristensaison, ausgeübt werden kann, selbst wenn es sich um Tätigkeiten in der sog. Schatten- oder Nischenwirtschaft handelt (BVerwG, B.v. 27.1.2022 – 1 B 93/21 – juris Rn. 25; U.v. 23.9.2020 – 1 C 27/19 – juris Rn 32; EuGH, U.v. 2.10.2019 – C-93/18 – juris Rn. 48; BayVGH, B.v. 27.9.2023 – 24 B 22.30953 – juris Rn. 38 mit Verweis auf BVerwG, B.v. 17.1.2022 – 1 B 66.21 – juris Rn. 29). Bei der Bewertung sind ferner die staatlichen Unterstützungsleistungen und auch die – alleinigen oder ergänzenden – dauerhaften Unterstützungsoder Hilfeleistungen von vor Ort tätigen nichtstaatlichen Institutionen und Organisationen zu berücksichtigen (BVerwG, U.v. 7.9.2021 – 1 C 3.21 – juris Rn. 23 ff.). Deshalb kann etwa der Umstand, dass der betreffenden Person ein Schlafplatz in einer von Kirchen, Nichtregierungsorganisationen oder Privatpersonen gestellten Notunterkunft oder in einer staatlich geduldeten „informellen Siedlung“ zur Verfügung steht, genügen, sofern die Räumlichkeit Schutz vor den Unbilden des Wetters bietet und Raum für die notwendigsten Lebensbedürfnisse lässt (BVerwG, B.v. 27.1.2022 – 1 B 93/21 – juris Rn. 14 mit Verweis auf VGH BW, B.v. 8.11.2021 – A 4 S 2850/21 – juris Rn. 10; vgl. ferner BVerwG, U.v. 7.9.2021 – 1 C 3.21 – juris Rn. 22).
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b) Von einer derartigen Lage ist für anerkannt Schutzberechtigte in Portugal nicht auszugehen. Nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln stellt sich die Lage für anerkannt Schutzberechtigte in Portugal wie folgt dar:
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Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben in Portugal grundsätzlich den gleichen Zugang zu Arbeit, Bildung, Unterkunft, öffentliche Gesundheitsfürsorge und Sozialleistungen wie eigene Staatsangehörige. Es existieren auch innovative Integrationsprojekte (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Österreich [BFA], Länderinformationsblatt der Staatendokumentationen Portugal, Stand: 18.7.2019, S. 11).
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Als Flüchtling Anerkannte erhalten zunächst eine auf fünf Jahre, subsidiär Schutzberechtigten eine auf drei Jahre befristete und verlängerbare Aufenthaltserlaubnis. Nach einem legalen Aufenthalt von fünf Jahren besteht außerdem die Möglichkeit, eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis zu beantragen, wenn auch die weiteren Voraussetzungen wie ein reguläres Einkommen, Beherrschung der portugiesischen Sprache, eine Unterkunft und Krankenversicherung nachgewiesen werden können (BFA, S. 10). Es besteht das Recht auf Familiennachzug für minderjährige Kinder, die Eltern eines Minderjährigen, Ehegatten sowie Lebenspartner, sofern die Partner zwei Jahre in einer eheähnlichen Gemeinschaft gelebt haben, ohne dass insoweit zwischen anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten unterschieden wird.
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Anerkannte Schutzberechtigte haben ungehinderten Zugang zum Arbeits- und Wohnungsmarkt inklusive Sozialwohnungen. Allerdings berichtet das Portuguese Refugee Council (CPR) von Schwierigkeiten für Flüchtlinge beim Zugang zu angemessenen Wohnungen, insbesondere aufgrund von hohen Mietkosten. Dennoch ist dem CPR keine systembedingte Obdachlosigkeit unter anerkannten Schutzberechtigten bekannt (AIDA S. 158). Auch der Zugang zu Sozialleistungen besteht zu denselben Bedingungen wie für portugiesische Staatsangehörige (AIDA, S. 144 ff, S. 162). Sie erhalten wie portugiesische Bürger kostenfreien Zugang zu medizinischer Grund- und Notversorgung. In der Praxis werden die Bestimmungen auch umgesetzt, es kann aber zu Einschränkungen wegen der Sprachbarriere und wegen bürokratischer Erschwernisse insbesondere bei der Notwendigkeit von Spezialbehandlungen kommen (BFA, S. 9 f.).
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Der Zugang zum Arbeitsmarkt besteht bereits ab der Asylantragstellung. Bis auf bestimmte Tätigkeiten des öffentlichen Dienstes bestehen keine rechtlichen Zugangshindernisse (BFA, S. 9). Tatsächliche Hürden stellen u.a. mangelnde Sprachkenntnisse, Probleme bei der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen, Schwierigkeiten bei der Ausstellung von Sozialversicherungsnummer oder Steuernummer dar (AIDA, S. 112 f.), wobei Antragsteller insoweit Unterstützung durch das CPR bekommen. Flüchtlinge sind in der Praxis eher im Niedriglohnsektor (z.B. Reinigung und Landwirtschaft) tätig.
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Ausgehend von dieser Lage und vom Vortrag der Antragsteller ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen, dass diese bei einer Rückführung nach Portugal mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr laufen, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.v. Art. 4 GRCh zu erfahren. Der Antragsteller zu 1) und die Antragstellerin sind grundsätzlich arbeitsfähig und nicht vulnerabel, so dass erwartet werden kann, dass sie ihren Lebensunterhalt durch Arbeitsaufnahme mittelfristig selbst bestreiten werden. Bis dahin greift das portugiesische Sozialsystem und können sie auf staatliche und nichtstaatliche Unterstützung zurückgreifen. Nach dem Vortrag der Antragsteller wurde ihnen in Portugal eine Unterkunft tatsächlich zugewiesen und wurde auch auf die vorgetragenen unhygienischen Verhältnisse reagiert und sie in ein Hotel verbracht. Anhaltspunkte für eine unmenschliche Behandlung bestehen nicht.
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c) Für die Antragsteller können auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG festgestellt werden. Hinsichtlich eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK, Art. 4 GRCh stellen sich keine anderen oder zusätzlichen rechtlichen Fragen im Vergleich zu den oben erfolgten Ausführungen. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG – eine mit hoher Wahrscheinlichkeit drohende Extremgefahr für Leib, Leben oder Freiheit – sind im Hinblick auf die allgemeine humanitäre Lage in Portugal nach den vorstehenden Ausführungen unter b) erst recht nicht erfüllt.
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d) Nach der neueren Rechtsprechung sind bereits beim Erlass der Abschiebungsandrohung, die die Rückkehrentscheidung i.S.v. Art. 5 lit. a und b der RL 2008/115/EG (Rückführungs-RL), darstellt, familiäre Bindungen und das Kindeswohl zu berücksichtigen. Derartige Abschiebungshindernisse stehen bereits dem Erlass der Abschiebungsandrohung und nicht erst deren Vollzug entgegen (EuGH, U.v. 15.2.2023 – C-484/22 – juris; BayVGH, B.v. 5.6.2023 – 11 ZB 23.30200 – juris Rn. 6 f., U.v. 4.3.2024 – 24 B 22.30376 – juris Rn. 57 ff.; OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 22.6.2023 – 4 LB 6/22 – juris Rn. 97). Solche inlandsbezogenen Abschiebungshindernise aus familiären Gründen sind für die Antragsteller, für die keine Trennung im Raum steht, aber nicht ersichtlich. Auch im Übrigen, insbesondere im Hinblick auf die gesetzte Frist von einer Woche, § 36 Abs. 1 AsylG, erweist sich die Abschiebungsandrohung als rechtmäßig.
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3. Die Kostenentscheidung des erfolglosen Antrags beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG.
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4. Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.