Inhalt

OLG München, Endurteil v. 06.03.2024 – 7 U 1959/20
Titel:

Zur Haftung eines Fahrzeugherstellers auf (Differenz-)Schadenersatz beim Einbau eines Thermofensters (hier: Audi A5 Coupe 3,0l TDI)

Normenketten:
BGB § 31, § 823 Abs. 2, § 826
Fahrzeugemissionen-VO Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
ZPO § 287
Leitsätze:
1. Einen Differenzschaden bejahend: OLG Celle BeckRS 2023, 32827; OLG Dresden BeckRS 2023, 22299; OLG Hamburg BeckRS 2023, 26911; OLG Hamm BeckRS 2023, 25175; OLG München BeckRS 2024, 5142; BeckRS 2024, 5496; BeckRS 2024, 5589; BeckRS 2024, 6664; BeckRS 2024, 6950; OLG Oldenburg BeckRS 2024, 643; BeckRS 2024, 5526; OLG Schleswig BeckRS 2023, 35465; OLG Stuttgart BeckRS 2023, 35483; BeckRS 2024, 394; für Wohnmobil: OLG Naumburg BeckRS 2023, 27644. (redaktioneller Leitsatz)
2. Vgl. zu 3,0 Liter-Motoren von Audi mit unterschiedlichen Ergebnissen auch: BGH BeckRS 2021, 37683; BeckRS 2022, 21374; BeckRS 2023, 15119; KG BeckRS 2023, 33393; BeckRS 2024, 7118; OLG Celle BeckRS 2023, 34908; OLG Hamm BeckRS 2021, 37295; OLG München BeckRS 2023, 32991; BeckRS 2024, 3294; BeckRS 2024, 7529; BeckRS 2024, 7526; OLG Naumburg BeckRS 2023, 41799; OLG Saarbrücken BeckRS 2022, 34471; OLG Stuttgart BeckRS 2024, 738; OLG Bamberg BeckRS 2023, 31419 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1); OLG München BeckRS 2022, 36080 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1); OLG Bamberg BeckRS 2022, 28703 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1) sowie OLG Brandenburg BeckRS 2021, 52227 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1). (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei einem Thermofenster, das seine volle Wirksamkeit nur in einem Temperaturbereich zwischen 20° C und 30° C erreicht, handelt es sich um eine Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 der Verordnung 715/2007/EG. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine „etwaige Fehlvorstellung“ nicht näher benannter Verantwortlicher der Herstellerin reicht für die Darlegung eines Verbotsirrtums nicht aus. (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)
5. Schweigt sich die Herstellerin zum konkreten Umfang des Thermofensters aus, fehlt es an einer konkreten und vollständigen Darlegung der Funktionsweise der Abschalteinrichtung, die angeblich hypothetisch vom KBA genehmigt worden wäre. (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, Audi, EA 897, EA 896Gen2, unzulässige Abschalteinrichtung, Umschaltlogik, Manipulation des On-Board-Diagnosesystems, Aufheizstrategie, Lenkwinkelerkennung, Thermofenster, Differenzschaden, hypothetische Genehmigung
Vorinstanz:
LG Ingolstadt, Endurteil vom 27.03.2020 – 41 O 569/19
Fundstelle:
BeckRS 2024, 7525

Tenor

1. Auf die Berufung der Klagepartei wird das Endurteil des Landgerichts Ingolstadt vom 27.03.2020, Az. 41 O 569/19, in Ziffer 1 seines Tenors dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klagepartei 3.432,50 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.06.2019 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klagepartei 90%, die Beklagte 10%.
4. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 bezeichnete Urteil des Landgerichts Ingolstadt, soweit es noch Bestand hat, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

1
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus dem Kauf eines Pkws im Rahmen des sogenannten Dieselskandals.
A.
2
Die Klagepartei kaufte mit Bestellung vom 22.12.2015 von der B. A. GmbH in K. den gebrauchten Pkw Audi A5 Coupe 3,0l TDI, FIN: …285, Motorkennbuchstabe CLAB mit einem Kilometerstand von 52.300 km zum Preis von 34.325,00 € brutto (vgl. Anl. K 1). In dem Fahrzeug war ein 3-Liter-Dieselmotor EU 5 verbaut, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob es sich dabei um den Motortyp EA 897 (so die Klagepartei) oder EA 896Gen2 handelt. In der Motorsteuerungssoftware kommt ein Thermofenster zur Anwendung.
3
Die Klagepartei verkaufte das streitgegenständliche Fahrzeug am 10.09.2021 bei einem Kilometerstand von „ca. 130.000“ zu einem Preis von 16.500,00 €. Der Kaufvertrag enthielt den Passus „Ggf. noch bestehende Ansprüche gegenüber Dritten aus Sachmängelhaftung werden an den Käufer abgetreten“ (vgl. den Kaufvertrag laut Anl. BB 23).
4
Die Klagepartei trug vor, dass in der Motorsteuerungssoftware eine Software mit dem Codenamen „Akustikfunktion“ installiert sei, die erkenne, ob sich das Fahrzeug in der Prüfstandsanordnung befinde. Unter Prüfstandsbedingungen würde die Abgasaufbereitung so optimiert, dass möglichst wenig Stickoxide entstünden, während im normalen Fahrbetrieb Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb gesetzt würde. Zu diesem Zweck sei neben der Systemsteuerung ein zusätzliches Steuergerät, die „Auxiliary Emission Control Device“ (AECD) eingebaut worden. Darüber hinaus sei das OBD-System dahingehend manipuliert, dass dieses bei der Inspektion fälschlicherweise melde, dass die Abgassysteme ordnungsgemäß funktionierten.
5
In dem streitgegenständlichen Fahrzeug komme auch eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form der „Aufheizstrategie“ zum Einsatz. Diese Funktion diene dazu, dass der Oxydationskatalysator möglichst schnell nach Motorstart seine Arbeitstemperatur erreiche. Dabei seien die Deaktivierungsbedingungen so ausgeprägt, dass die Funktion mit Sicherheit im NEFZ aktiv sei, während sie im realen Fahrbetrieb überwiegend deaktiviert sei. Schließlich sei in dem Fahrzeug auch noch eine Lenkwinkelerkennung implementiert, die die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unzulässig reduziere.
6
Wie sich aus Anl. K 12 ergebe, habe das Kraftfahrtbundesamt mittlerweile einen Rückruf für das streitgegenständliche Fahrzeug angeordnet.
7
Die Klagepartei beantragte,
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerpartei EUR 35.262,88 nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem 04.01.2016 bis zum 08.02.2019 und seither fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz abzüglich einer im Termin mit 5.470,23 EUR bezifferten Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer …285 zu zahlen.
2.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 09.02.2018 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet.
3.
Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten des [sic] außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.02.2018 zu zahlen.
8
Die Beklagte beantragte,
Klageabweisung.
9
Sie erwiderte, dass in dem Motor keine unzulässigen Abschalteinrichtungen verbaut seien.
10
Mit Endurteil vom 27.03.2020, Az. 41 O 569/19, wies das Landgericht Ingolstadt die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Landgericht u.a. aus, dass die Klagepartei im Hinblick auf die unstreitige Tatsache, dass streitgegenständliche Fahrzeugs von einem Rückruf durch das KBA nicht betroffen sei, nicht hinreichend dargetan habe, dass in dem Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen in Form einer „Aufheizstrategie“ und einer Lenkwinkelerkennung implementiert seien. Vielmehr vermittle der Vortrag der Klagepartei den Eindruck, dass sie auf Erkenntnisse aus anderen Verfahren Bezug nehme in der Annahme, dass zumindest einzelne Aspekte auch auf den streitgegenständlichen Fall zutreffen. Dies sei zivilprozessual unzulässig.
11
Ob in dem Fahrzeug ein Thermofenster verbaut sei, könne dahinstehen, da das Gericht schon nicht davon überzeugt sei, dass die Klagepartei das streitgegenständliche Fahrzeug nicht zu dem vereinbarten Kaufpreis erworben hätte, wenn sie von dem Thermofenster Kenntnis gehabt hätte. Nachdem das KBA Thermofenster nicht als unzulässig bewertet habe, sei die Gefahr einer Betriebsuntersagung verschwindend gering, sodass nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehe, dass die Kenntnis dieser Gefahr Einfluss auf die Kaufentscheidung der Klagepartei gehabt hätte (LGU S. 11). Hinzu komme, dass die Klagepartei schon nicht plausibel dargelegt habe, woraus er überhaupt schließe, dass in seinem Fahrzeug ein Thermofenster verbaut sei.
12
Ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV scheide aus, da diese Vorschriften nicht drittschützend seien.
13
Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
14
Mit ihrer Berufung verfolgte die Klagepartei ihr erstinstanzliches Klageziel zunächst weiter, verlangt nunmehr unter Rücknahme ihrer bisherigen Berufungsanträge zu 1) und 2) aber nur noch den Differenzschaden sowie die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren.
15
Sie trägt ergänzend vor, dass der Temperaturbereich, in dem die Abgasrückführung zu 100% funktioniere, zwischen 20° und 30° C beschränkt sei (Schriftsatz der Klägervertreter vom 21.03.2023, S. 11, Bl. 524 d.A.).
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Die Klagepartei beantragt daher:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Schadensersatz, mindestens jedoch EUR 3.432,50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.02.2019 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten des [sic] außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.02.2018 zu zahlen.
17
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
18
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil. Sie trägt vor, dass die Klagepartei schon nicht mehr aktivlegitimiert sei, da sie beim Verkauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs alle Ansprüche gegen Dritte aus Sachmängelhaftung an den Käufer abgetreten habe. Dazu zählten auch die hier streitgegenständlich geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte.
19
Zum Zeitpunkt der ursprünglichen Typgenehmigung habe das Fahrzeug ein Thermofenster aufgewiesen, das in Abhängigkeit von der Umgebungslufttemperatur eine Veränderung der AGR-Rate bereits bei einer Temperatur vorgenommen habe, die oberhalb von +12° C liege (Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 02.02.2024, S. 17, Rdnrn 63 – 65, Bl. 654 d.A.).
20
Der Senat hat am 06.03.2024 mündlich verhandelt. Er hat Hinweise erteilt und die Klagepartei informatorisch angehört. Auf die Hinweise vom 20.11.2023, Bl. 586/589 d.A., das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.03.2024, Bl. 742/746 d.A., die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze und den übrigen Akteninhalt wird Bezug genommen.
B.
21
Die Klagepartei beschränkte mit Schriftsatz der Klägervertreter vom 20.12.2023 (Bl. 590/637 d.A.) ihre Berufung auf den Ersatz des kleinen Schadensersatzes bzw. Differenzschadens. Insoweit ist die zulässige Berufung der Klagepartei begründet. Im Hinblick auf die auch nach der teilweisen Berufungsrücknahme weiter verlangten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat die Berufung keinen Erfolg.
I.
22
Die Klagepartei ist auch nach dem Verkauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs aktivlegitimiert, da sich die im Kaufvertrag vom 10.09.2021 erfolgte Abtretung von Ansprüchen an den Erwerber des Fahrzeugs ausweislich des unzweideutigen Wortlauts nur auf „Ansprüche (…) aus Sachmängelhaftung“ bezog. Vorliegend geht es aber nicht um Ansprüche aus Sachmängelhaftung gegen denjenigen, von dem die Klagepartei ihrerseits das Fahrzeug erworben hatte, sondern um deliktische Ansprüche gegen den Fahrzeughersteller.
23
Für eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung besteht auch unter dem Gesichtspunkt der Interessengerechtigkeit kein Bedürfnis, da der Erwerber seinerseits einen – wenn auch aufgrund des geringeren Kaufpreises grundsätzlich betragsmäßig geringeren – originären Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV gegen die Beklagte hat.
II.
24
Der Differenzschadensersatzanspruch ergibt sich jedoch nicht – wie das Landgericht richtig festgestellt hat – aus § 826 Abs. 1 BGB wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung der Klagepartei aufgrund der Verwendung einer unzulässigen Umschaltlogik, der Manipulation des On-Board-Diagnosesystems, der Aufheizstrategie, der Lenkwinkelerkennung oder der Implementierung eines Thermofensters (vertragliche Ansprüche scheiden schon in Ermangelung einer vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien aus).
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1. Nach der Rechtsprechung des BGH ist sittenwidrig ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Schon zur Feststellung der objektiven Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben. Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (vgl. BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 2/21, Rdnr. 10).
26
Im Falle einer von der Mutter der Beklagten in Fahrzeugmotoren des Typs EA 189 implementierten Motorsteuerungssoftware, die erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird und in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxid (NOx)-optimierten Modus schaltet, in dem eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß stattfindet, während im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands der Motor in den Abgasrückführungsmodus 0 schaltet, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxidausstoß höher ist, hat der BGH ein solches sittenwidriges Verhalten angenommen und dem jeweiligen Fahrzeugkäufer dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB zugebilligt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19).
27
2. Zu Recht ist das Landgericht insoweit davon ausgegangen, dass der Vortrag der Klagepartei keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Existenz einer in die streitgegenständlichen Motorsteuerung implementierten Manipulationssoftware in Form einer Umschaltlogik darlegt.
28
a. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten.
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Diese Grundsätze gelten insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den ihrer Behauptung zugrunde liegenden Vorgängen hat. Eine Partei darf auch von ihr nur vermutete Tatsachen als Behauptung in einen Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen hat. Gemäß § 403 ZPO hat die Partei, die die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragen will, die zu begutachtenden Punkte zu bezeichnen. Dagegen verlangt das Gesetz nicht, dass der Beweisführer sich auch dazu äußert, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in die Sachkenntnis des Sachverständigen gestellten Behauptung habe.
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Unbeachtlich ist der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei erst dann, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber auf Geratewohl gemacht, gleichsam „ins Blaue“ aufgestellt, mit anderen Worten, aus der Luft gegriffen sind und sich deshalb als Rechtsmissbrauch darstellen. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten; in der Regel wird nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte sie rechtfertigen können (BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 2/21, Rdnrn 26 – 28).
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b. Nach diesen Grundsätzen verfehlt der Vortrag der Klagepartei die Substantiierungsanforderungen zum Vorliegen einer Umschaltlogik im streitgegenständlichen Fahrzeug. Die von der Klagepartei angeführten Umstände für die angebliche Existenz einer solchen Software erweisen sich nicht als valide Anhaltspunkte.
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aa. Die von der Klagepartei in Bezug genommenen unstreitigen Messungen in Vorbereitung des „Untersuchungsberichts Volkswagen“ sowie die klägerseits vorgetragenen Messergebnisse der Deutschen Umwelthilfe (vgl. Klageschrift S. 23 ff.) sind keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer Umschaltlogik. Denn nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Abweichung der Messwerte im Realbetrieb von den Messwerten nach NEFZ als Indiz für eine Abschalteinrichtung, und noch dazu für eine Manipulationssoftware, die die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllen könnte, angesichts der unstreitigen gravierenden Unterschiede der Bedingungen, unter denen die Messung erfolgt, ungeeignet (BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 2/21, Rdnr. 30).
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bb. Auch die von der Klagepartei behaupteten Rückrufe lassen keinen Rückschluss auf eine Umschaltlogik zu, da sie – wie bereits das Landgericht im unstreitigen Teil seines Tatbestands feststellte und woran der Senat nach § 529 ZPO grundsätzlich gebunden ist – nicht das streitgegenständliche Fahrzeug betrafen. Der Rückruf 23X6 bzw. 7130 laut Anl. K 12 bezieht sich nur auf Audi A 7 und A 8, während es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug um einen Audi A 5 handelt. Die Aktion 23Z2 erfolgt nach dem eigenen Vortrag der Klagepartei (vgl. Schriftsatz der Klägervertreter vom 21.03.2023, S. 65 erster Absatz, Bl. 578 d.A.) im Rahmen einer freiwilligen Servicemaßnahme und ist deshalb kein Anhaltspunkt für vorsätzlich sittenwidriges Verhalten der Beklagten.
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Nach alledem gibt es nach dem Vortrag der Klagepartei keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte für die Implementierung einer Umschaltlogik im streitgegenständlichen Fahrzeug und war deshalb eine Beweiserhebung diesbezüglich nicht veranlasst
35
3. Der Vorwurf der Klagepartei, die Beklagte habe ferner mittels eines manipulierten On-Board-Diagnosesystems getäuscht, rechtfertigt gleichfalls nicht die Annahme eines Anspruchs aus § 826 BGB. Nach dem Klägervortrag müsste ein ordnungsgemäß funktionierendes On-Board-Diagnosesystem einen nicht ordnungsgemäßen Betrieb der Abgassysteme melden. Dies entspricht Absatz 3.3.2 des Anhangs 11 der UN/ECE-Regelung Nr. 83, wonach das OBD-System die Fehlfunktion eines emissionsrelevanten Bauteils oder Systems anzeigen muss, wenn diese Fehlfunktion dazu führt, dass die Abgasemissionen bestimmte Schwellenwerte übersteigen. Danach ist es plausibel und deutet nicht auf eine Manipulation hin, wenn eine Fehlermeldung nicht erscheint, wenn und weil die Fahrzeugkomponenten programmgemäß – und also aus der Perspektive der Fahrzeugtechnik ordnungsgemäß und nicht fehlerhaft – arbeiten (OLG Karlsruhe, Urteil vom 26.01.2022, 6 U 128/20, Tz. 65). Hinzu kommt, dass nicht ersichtlich ist, inwieweit ein manipuliertes Diagnosesystem eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellen sollte, da es nicht auf das Abgasreinigungssystem einwirkt, sondern lediglich Fehlfunktionen anzeigen soll. Im Ergebnis kann sogar offenbleiben, ob das OBD-System tatsächlich falsch programmiert ist. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, würde es sich um einen „schlichten“ Mangel des Fahrzeuges handeln, den ggf. der Verkäufer zu beseitigen hätte. Indes liegt weder eine unzulässige Abschalteinrichtung vor, noch sind die Voraussetzungen eines deliktischen Anspruchs gegen die Beklagte gegeben (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 11.01.2022 – 7 U 84/21, Rdnr. 55).
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4. Für das Vorliegen der von der Klagepartei behaupteten „Abschalteinrichtung in Form einer Aufheizstrategie“ im streitgegenständlichen Fahrzeug gibt es keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte, sodass auch insoweit ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB nicht in Betracht kommt. Denn den von der Klagepartei behaupteten Rückruf des KBA vom 14.10.2019 (vgl. Schriftsatz der Klägervertreter vom 03.02.2020, S. 11 erster Absatz, Bl. 166 d.a.) gibt es hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps A 5 ausweislich der im Internet abrufbaren Rückrufdatenbank des KBA nicht. Wie schon oben zur Umschaltlogik ausgeführt sind die Messwerte der Deutschen Umwelthilfe unter realen Fahrbedingungen kein tatsächlicher Anhaltspunkt für eine Umschaltlogik, zumal sich diese nach dem eigenen Vortrag der Klagepartei nicht auf den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp Audi A5, sondern auf einen Audi SQ 5 bezogen (vgl. Schriftsatz der Klägervertreter vom 03.02.2020, S. 11 letzter Absatz, Bl. 166 d.A.).
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5. Ebensowenig gibt es tatsächliche Anhaltspunkte für die behauptete unzulässige Abschalteinrichtung in Form einer Lenkwinkelerkennung. Denn auch insoweit gibt es schon nach dem eigenen Vortrag der Klagepartei keine Rückrufe durch das KBA. Die vorgetragenen Rückrufe betrafen nämlich die Audi-Modelle A 6, 7 und 8 (vgl. Schriftsatz der Klägervertreter vom 03.02.2020, S. 12 zweiter Absatz, Bl. 167 d.A.). Die angeführten Messwerte der Deutschen Umwelthilfe sind auch insoweit aus dem oben angeführten Gründen ohne Relevanz, zumal sie auch nicht den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp A 5, sondern einen Audi A 6 zum Gegenstand hatten (vgl. Schriftsatz der Klägervertreter vom 03.02.2020, S. 12 letzter Absatz und S. 13 erster Absatz, Bl. 167/168 d.A.).
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6. Das im streitgegenständlichen Fahrzeug unstreitig (vgl. Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 18.09.2020, S. 14, Bl. 235 d.A.) vorhandene Thermofenster erfüllt den Tatbestand des § 826 BGB vorliegend ebenfalls nicht.
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Denn der Einsatz einer derart temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems rechtfertigt die Bewertung als sittenwidriges Verhalten für sich genommen auch bei unterstellter Gesetzwidrigkeit der Applikation nicht (BGH, Beschluss vom 19.01.2021 – VI ZR 433/19, Rdnr. 26 f.; BGH, Urteil vom 16.09.2021 – VII ZR 190/20, Rdnr. 16). Anders als eine Umschaltlogik differenziert das Thermofenster nicht danach, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet (BGH, Beschluss vom 19.01.2021 – VI ZR 433/19, Rdnr. 18). Bei dieser Sachlage wäre der Vorwurf der Sittenwidrigkeit gegenüber der Beklagten nur dann gerechtfertigt, wenn zu dem – unterstellten – Gesetzesverstoß weitere Umstände hinzuträten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen (BGH, Beschluss vom 19.01.2021 – VI ZR 433/19, Rdnr. 19). Dies setzt jedenfalls voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen (BGH, Urteil vom 19.01.2021 – VI ZR 433/19, Rdnr. 19; Beschluss vom 09.03.2021 – VI ZR 889/20, Rdnr. 28).
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Davon ist hier nicht auszugehen.
41
Denn die Rechtsfrage, ob das Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt oder nicht, war noch weit nach der Erstzulassung des streitgegenständlichen Fahrzeugs am 02.11.2012 hoch umstritten. Noch der Bericht der Untersuchungskommission Volkswagen vom April 2016 ging von der grundsätzlichen Zulässigkeit des Thermofensters aus. Daher liegt es keineswegs auf der Hand und kann nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass die Beklagte von der Unzulässigkeit des Thermofensters ausging oder die Augen hiervor bewusst verschlossen hätte, mithin sittenwidrig gehandelt hätte (BGH, Urteil vom 16.09.2021 – VII ZR 190/20, Rdnr. 30).
42
Ebenso fehlt es an dem für § 826 BGB erforderlichen Schädigungsvorsatz. Allein aus einer etwaigen objektiven Unzulässigkeit des Thermofensters folgt kein Vorsatz hinsichtlich der Schädigung der Fahrzeugkäufer; im Hinblick auf die unsichere Rechtslage ist nicht dargetan, dass sich den für die Beklagte tätigen Personen die Gefahr einer Schädigung der Klagepartei hätte aufdrängen müssen (BGH, Urteil vom 16.09.2021 – VII ZR 190/20, Rdnr. 32, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 2/21, Rdnr. 23).
43
Nach alledem scheitert ein Schadensersatzanspruch der Klagepartei aus § 826 BGB.
III.
44
Die Klagepartei hat jedoch gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung des Differenzschadens nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV.
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Wie nach der Entscheidung des EuGH vom 21.03.2023 (C-100/21) nunmehr geklärt ist, sind die §§ 6 Abs. 1 und 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB und hat deshalb ein Fahrzeugkäufer dem Grunde nach gegen den Hersteller einen Anspruch auf Erstattung des Differenzschadens, wenn das Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung iSd. Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 versehen ist, da der Hersteller in diesem Fall eine unzutreffende Übereinstimmungsbestimmung ausgestellt hat und dem Käufer dadurch ein dementsprechender Vermögensschaden entstanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 26.06.2023 – VIa ZR 335/21, Rdnrn 28 ff.).
46
Das streitgegenständliche Fahrzeug verfügt über eine unzulässige Abschalteinrichtung in der Form eines unzulässigen Thermofensters.
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1. Nach Art. 3 Nr. 10 der VO Nr. 715/2007/EG ist Abschalteinrichtung „ein Konstruktionsteil, das die Temperatur … ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind“, reduziert wird. Bei der Bestimmung, welche Bedingungen bei im Sinne dieser Vorschrift normalen Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, ist auf die Verwendung des Fahrzeugs unter Fahrbedingungen abzustellen, wie sie im gesamten Unionsgebiet üblich sind (EuGH, Urteil vom 14.07.2022 – C-128/20, Rdnr. 40; BGH Urteil vom 26.06.2023 – VIa ZR 335/21, Rdnr. 50).
48
Die Klagepartei trug mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21.03.2023 (dort S. 11, Bl. 524 d.A.) vor, dass der Temperaturbereich, in dem die Abgasrückführung in dem streitgegenständlichen Fahrzeug zu 100% funktioniere, auf den Bereich zwischen +20° C und +30° C beschränkt sei. Dagegen hat die Beklagte nur eingewandt, dass dieser Vortrag in seiner Pauschalität nicht zutreffe. Vielmehr habe das Thermofenster eine Veränderung der AGR-Rate bereits bei einer Temperatur über + 12° C vorgenommen. Selbst wenn aber – wie die Beklagte behauptet – eine Auframpung bereits bei + 12° C erfolgen sollte, ist damit noch keine uneingeschränkte Funktion der Abgasrückführung ab +12° C behauptet und deshalb der klägerische Vortrag, dass eine uneingeschränkte Funktion der Abgasrückführung nur im Bereich von +20° C bis +30° C stattfinde, nicht bestritten.
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Bei dem streitgegenständlichen Thermofenster handelt es sich somit um eine Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 der Verordnung 715/2007/EG. Denn angesichts einer vollen Wirksamkeit nur in einem Temperaturbereich zwischen 20° C und 30° C kann das Thermofenster dazu führen, dass die Abgasrückführung in Abhängigkeit (auch) von der gemessenen Umgebungstemperatur im gewöhnlichen Fahrbetrieb reduziert und dadurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems verringert wird.
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2. Es handelt sich bei dem hier streitgegenständlichen Thermofenster auch um eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der genannten Verordnung. Die Funktion kann zu einer Verringerung der Wirkung der Abgasrückführung führen und ist damit grundsätzlich unzulässig.
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Eine Ausnahme nach lit. a) – c) der Vorschrift greift vorliegend nicht. Ernsthaft in Betracht käme nur, dass die Funktion erforderlich wäre, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten (Art. 5 Abs. 2 lit. a) VO 715/2007/EG). Diese beiden Voraussetzungen müssten kumulativ vorliegen (EuGH, Urteil vom 21.03.2023 – C-100/21, Rdnr. 62). Die tatsächlichen Voraussetzungen einer Zulässigkeit der Abschalteinrichtung nach Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG hat die hierzu darlegungs- und beweisbelastete Beklagte indes schon nicht hinreichend vorgetragen. Insoweit ist beachtlich, dass die von der Beklagten als möglich dargelegten Motorschäden durch eine allmähliche Verrußung oder sonstige Ablagerungen auf entsprechenden Motorbauteilen nicht ausreichen, um die Zulässigkeit des Thermofensters darzulegen. Nach dem Beklagtenvortrag bleibt offen, inwieweit diese Ablagerungen ein plötzliches Ereignis darstellen und weswegen den nachteiligen Folgen entsprechender Ablagerungen nur durch ein Thermofenster und nicht etwa auch durch Wartungs- und Reinigungsintervalle begegnet werden kann.
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Rechtlich kommt hinzu, dass der Gerichtshof der Europäischen Union mit Blick auf das Ziel der Verordnung 715/2007/EG für Ausnahmen nach Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG den ungeschriebenen Ausschlussgrund einer motorschützenden Aktivierung der Abschalteinrichtung während des überwiegenden Teils eines Jahres konstatiert. Hiernach kann eine Abschalteinrichtung, die unter normalen Betriebsbedingungen den überwiegenden Teil eines Jahres aktiv sein müsste, damit der Motor vor Beschädigungen oder Unfall geschützt ist, nicht unter die Ausnahme nach Art. 5 Abs. 2 lit a) VO 715/2007/EG fallen (EuGH Urteil vom 14.07.2022 – C-128/20, Rdnrn 63 ff., 70 und EuGH Urteil vom 21.03.2023 – C-100/21, Rdnrn 65 f.). Eine Rechtfertigung der Abschalteinrichtung mit Gründen des Motorschutzes ist danach ausgeschlossen, wenn die Abschalteinrichtung unter Bedingungen aktiviert ist, die innerhalb eines Jahres üblicherweise während in ihrer Summe längerer Zeitintervalle herrschen, als dies nicht der Fall ist (OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.12.2023 – 6 U 198/20, Rdnr. 137 und OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.02.2024 – 6 U 45/21, Rdnr. 96). Die Voraussetzungen des Ausschlusskriteriums sind vorliegend erfüllt. Nach dem insoweit zugrundezulegenden Klagevortrag erfolgt durch das ursprüngliche Thermofenster eine Verringerung der Abgasrückführung und damit eine Verminderung der Wirkung des Emissionskontrollsystems bereits bei Temperaturen, die niedriger als 20° C sind und bei Temperaturen, die höher als 30° C sind. Betrachtet man das von der Verordnung 715/2007/EG erfasste Unionsgebiet insgesamt, dann enthält dieses Gebiet viele besiedelte Gegenden (nicht zuletzt die Bundesrepublik Deutschland), in denen die Durchschnittstemperaturen während mehr als der Hälfte eines Jahres unter 20° C liegen. In diesen Gebieten wird nach den Parametern des Thermofensters bei gewöhnlichem Betrieb des Fahrzeugs während mehr als der Hälfte eines Jahres die Abgasrückführung und damit die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems verringert. Damit ist das streitgegenständliche Thermofenster auf der Basis der Rechtsprechung des EuGH selbst dann nicht als notwendig im Rechtssinne einzustufen, wenn es aus technischer Sicht zum Motorschutz erforderlich wäre.
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Dies würde im Übrigen auch dann gelten, wenn eine uneingeschränkte Abgasrückführung im Temperaturbereich von + 12° C bis + 30° C erfolgen würde, da im Unionsgebiet auch Temperaturen unter + 12° C zumindest im Winter, Frühling und Herbst und im Sommer über + 30° C normal sind.
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3. Die Beklagte hat hinsichtlich des Einsatzes dieser unzulässigen Abschalteinrichtung auch schuldhaft gehandelt. Gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV genügt ein fahrlässiger Verstoß für die Haftung.
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Grundsätzlich ist die Klagepartei diesbezüglich darlegungs- und beweisbelastet. Jedoch muss derjenige, der objektiv ein Schutzgesetz verletzt hat, Umstände darlegen und erforderlichenfalls beweisen, die geeignet sind, die daraus folgende Annahme seines Verschuldens in Form einer Fahrlässigkeit auszuräumen. Insofern besteht eine von der objektiven Schutzgesetzverletzung ausgehende Verschuldensvermutung. Weil auch das gesetzliche Schuldverhältnis gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV erst mit dem Abschluss des Kaufvertrags über das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehene Fahrzeug entsteht, muss der Vorwurf einer zumindest fahrlässigen Inverkehrgabe einer unzutreffenden Übereinstimmungsbescheinigung für diesen Zeitpunkt widerlegt werden (vgl. BGH, Urteil vom 26.06.2023 – VIa ZR 335/21, Rdnrn 59 ff.). Dies ist der Beklagten nicht gelungen.
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Ein unvermeidbarer Verbotsirrtum der Beklagten liegt nicht vor.
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Der Fahrzeughersteller, der sich unter Berufung auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum entlasten will, muss sowohl den Verbotsirrtum als solchen als auch die Unvermeidbarkeit des Verbotsirrtums konkret darlegen und beweisen. Nur ein auch bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt unvermeidbarer Verbotsirrtum kann entlastend wirken. Ein entlastend wirkender Verbotsirrtum kann vorliegen, wenn der Schädiger die Rechtslage unter Einbeziehung der höchstrichterlichen Rechtsprechung sorgfältig geprüft hat und er bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte.
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Den Beweis kann der Fahrzeughersteller zum einen mittels einer tatsächlich erteilten EG-Typgenehmigung führen, wenn diese die verwendete unzulässige Abschalteinrichtung in allen ihren Einzelheiten umfasst. Zum anderen kann der Fahrzeughersteller zu seiner Entlastung darlegen und erforderlichenfalls nachweisen, seine Rechtsauffassung von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 wäre bei entsprechender Nachfrage von der für die EG-Typgenehmigung zuständigen Behörde bestätigt worden (hypothetische Genehmigung). Steht fest, dass eine ausreichende Erkundigung des einem Verbotsirrtum unterliegenden Schädigers dessen Fehlvorstellung bestätigt hätte, scheidet eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB infolge eines unvermeidbaren Verbotsirrtums auch dann aus, wenn der Schädiger eine entsprechende Erkundigung nicht eingeholt hat. Eine Entlastung auf dieser Grundlage setzt allerdings voraus, dass der Fahrzeughersteller nicht nur allgemein darlegt, dass die Behörde Abschalteinrichtungen der verwendeten Art genehmigt hätte, sondern dass ihm dies auch unter Berücksichtigung der konkret verwendeten Abschalteinrichtung in allen für die Beurteilung nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 maßgebenden Einzelheiten gelingt (BGH, Urteil vom 26.06.2023 – VIa ZR 335/21 Rdnrn 64 ff.).
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Vorliegend meint die Beklagte, es sei davon auszugehen, dass das KBA eine entsprechende Anfrage der Beklagten im Zeitpunkt der Typgenehmigung dahin beantwortet hätte, dass es die Verwendung des im streitgegenständlichen Fahrzeug zum Auslieferungszeitpunkt applizierten Thermofensters aus Gründen des Motorschutzes und sicheren Betriebs des Fahrzeugs als zulässig erachtet. Für das streitgegenständliche Fahrzeug hätte demnach eine Erkundigung beim KBA eine etwaige Fehlvorstellung der Beklagten bestätigt.
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Dies genügt den oben genannten Anforderungen, die der Bundesgerichtshof für eine Entlastung des Fahrzeugherstellers aufgestellt hat, nicht.
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Die Beklagte hat schon keinen Verbotsirrtum dargelegt und unter Beweis gestellt. Eine „etwaige Fehlvorstellung“ nicht näher benannter Verantwortlicher der Beklagten reicht nicht aus. Letztendlich kommt es darauf aber entscheidungsherheblich gar nicht an, da es an einer konkreten und vollständigen Darlegung der Funktionsweise der streitgegenständlichen Abschalteinrichtung fehlt, die angeblich hypothetisch vom KBA genehmigt worden wäre. Auch in diesem Gerichtsverfahren schweigt sich die Beklagte zum konkreten Umfang des Thermofensters aus. Zum Temperaturbereich, in dem die Abgasrückführung uneingeschränkt funktionieren soll, hat sie überhaupt keine Angaben gemacht, sondern nur den klägerischen Vortrag (+20° C bis +30° C) als zu pauschal bezeichnet. Wie die Auframpung, die ab +12° C einsetzen soll, erfolgt, wird ebenso wenig dargelegt wie die Frage, ob und gegebenenfalls welche Abrampung vorgesehen ist.
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Dies entspricht schon mangels Konkretheit nicht den Angaben, die die Beklagte der Behörde hätte machen müssen und die im Verfahren darzulegen sind; schon deswegen scheidet ein Entlastungsbeweis der Beklagten aus.
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4. Der Senat hat sich durch die informatorische Anhörung der Klagepartei (auf die von ihr gegenbeweislich beantragte Parteivernehmung hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 06.03.2024 ausdrücklich verzichtet) die Überzeugung verschafft, dass diese das streitgegenständliche Fahrzeug nicht gekauft hätte, wenn sie vom Minderwert des Fahrzeugs infolge des Vorhandenseins der unzulässigen Abschalteinrichtung gewusst hätte. Die Einlassung erscheint dem Senat glaubhaft und die Klagepartei glaubwürdig, zumal es ohne weiteres nachvollziehbar ist, dass ein Käufer eine bemakelte Sache nicht gekauft hätte, wenn er vom Makel gewusst hätte.
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5. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Differenzschaden vorbehaltlich der im Einzelfall vorzunehmenden Vorteilsausgleichung auf eine Bandbreite zwischen 5 und 15% des gezahlten Kaufpreises rechtlich begrenzt (BGH, Urteile vom 26.06.2023 – VIa ZR 335/21, Rdnr. 73 und vom 20.07.2023 – III ZR 267/20, Rdnr. 34). Für die gemäß § 287 ZPO vorzunehmende Festlegung des Schadens innerhalb dieser Bandbreite sind die Umstände des Einzelfalls im Rahmen einer auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses bezogenen Betrachtung zu gewichten. Dabei ist insbesondere in den Blick zu nehmen, welches Ausmaß an behördlichen Anordnungen auf Grund der festgestellten unzulässigen Abschalteinrichtung drohte und wie groß die Eintrittswahrscheinlichkeit solcher Anordnungen war, welches Gewicht dem festgestellten Verstoß des Herstellers bezogen auf das unionsrechtliche Ziel der Einhaltung gewisser Emissionsgrenzwerte zukommt und schließlich mit welchem Verschuldensgrad der Hersteller den Verstoß verwirklicht hat.
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Hiervon ausgehend erscheint dem Senat die Bemessung des Schadens im vorliegenden Fall mit 10% des Kaufpreises als sachgerecht, da es sich um einen mit Blick auf die genannten Kriterien durchschnittlichen Fall handelt. Besondere Umstände, welche diesen Fall in die eine oder andere Richtung gegenüber anderen Fällen hervorheben würden, sind nicht ersichtlich (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 09.11.2023 – 24 U 14/21, Rdnrn 125 f.). Daraus folgt, dass der Differenzschaden im Streitfall bei einem unstreitigen Bruttokaufpreis von 34.325,00 € im Ausgangspunkt mit 3.432,50 € zu bemessen ist (§ 287 ZPO) und der Wert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Kaufs (= Kaufpreis abzüglich Differenzschaden) damit 30.892,50 € betrug.
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6. Im Wege des Vorteilsausgleichs muss sich der Geschädigte auf seinen Schadenersatzanspruch diejenigen Vorteile anrechnen lassen, die ihm in adäquatem Zusammenhang mit dem Schadensereignis zugeflossen sind. Er darf einerseits im Hinblick auf das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot nicht bessergestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Andererseits sind nur diejenigen durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, also dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet (st. Rspr; vgl. etwa BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, Rdnr. 65). Diese Grundsätze können dazu führen, dass der Klagepartei zum Schluss der mündlichen Verhandlung – dem grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt für die Bewertung der anzurechnenden Vorteile (etwa: BGH, Urteil vom 24.01.2022 – VIa ZR 100/21, Rdnr. 23 mwN) – ein Schaden nicht verbleibt.
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a. Beim Differenzschadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV (ebenso wie beim kleinen Schadensersatz nach § 826 BGB) sind die Nutzungsvorteile und der Restwert des Fahrzeuges bzw. vorliegend der beim Verkauf erzielte Erlös nur insoweit und erst dann schadensmindernd anzurechnen, wenn sie den Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrages (gezahlter Kaufpreis abzüglich Differenzschaden) übersteigen (vgl. zu § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV BGH, Urteil vom 26.06.2023 – VIa ZR 335/21, Rdnrn. 44 und 80; zu § 826 BGB BGH, Urteil vom 24.01.2022 – VIa ZR 100/21, Rdnr. 22).
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Demnach ist nach der vom BGH vorgegebenen Rechnung zunächst die Summe von Verkaufserlös und Nutzungsvorteilen zu bilden. Übersteigt diese Summe den Wert des Fahrzeugs bei Vertragsschluss, der nach der Formel Kaufpreis abzüglich Differenzschaden zu ermitteln ist, so erfolgt eine Anrechnung des überschießenden Betrages auf den Differenzschaden. Erreicht der überschießende Betrag die Höhe des Differenzschadens, besteht kein auszugleichender Schaden mehr (vgl. Urteil vom 26.06.2023 – VIa ZR 335/21, Rdnr. 80; vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 09.11.2023 – 24 U 14/21, Rdnr 128).
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b. aa. Die Bewertung der gezogenen Nutzungen schätzt der Senat auf Basis der vom Bundesgerichtshof für zulässig erachteten Methode der linearen Wertminderung (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 30.07.2020 – VI ZR 354/19, Rdnrn 12 f. und Beschluss vom 12.10.2021 – VIII ZR 255/20, Rdnrn 22 f.) gemäß § 287 ZPO unter Zugrundelegung einer Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 300.000 km. Dies ergibt bei einer Restlaufleistung von 247.700 km (= 300.000 km – 52.300 km Stand bei Kauf), 77.700 von der Klagepartei gefahrenen Kilometern (Kilometerstand bei Verkauf des Fahrzeugs durch die Klagepartei 130.000 km abzüglich 52.300 km Stand bei Kauf des Fahrzeugs durch die Klagepartei) und dem Bruttokaufpreis von 34.325,00 € einen Nutzungsvorteil von 10.767,27 €.
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bb. Der von der Klagepartei erzielte Erlös durch den Verkauf des Fahrzeugs lag bei 16.500,00 €.
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cc. Die Summe aus Verkaufserlös und Nutzungsvorteilen beträgt damit 27.267,27 €.
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Da demnach die Summe von Verkaufserlös und Nutzungsvorteilen den Wert des Fahrzeugs bei Kauf nicht übersteigt, war eine Anrechnung von Nutzungsvorteilen nicht vorzunehmen, sodass es bei einem Differenzschaden von 3.432,50 € verbleibt.
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7. Unabhängig davon, ob beim streitgegenständlichen Fahrzeug ein Software-Update erfolgt ist, ist dadurch entgegen der Ansicht der Beklagten der der Klagepartei entstandene Differenzschaden nicht entfallen, da das in dem Software-Update nach dem eigenen Vortrag der Beklagten (vgl. Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 27.02.2024, Bl. 737 d.A.) enthaltene Thermofenster, das im Temperaturbereich zwischen + 3° C und + 37° C keine aktive Veränderung der AGR-Rate bewirke, ebenfalls eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt.
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Denn wie oben unter 1. und 2. ausgeführt entnimmt der Gerichtshof der Europäischen Union der Verordnung 715/2007/EG mit Blick auf deren Ziel für Ausnahmen nach Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG den ungeschriebenen Ausschlussgrund einer motorschützenden Aktivierung der Abschalteinrichtung während des überwiegenden Teils eines Jahres. Um diesen Ausschlussgrund zu widerlegen und die Zulässigkeit der Abschalteinrichtung darzulegen, müsste die Beklagte substanziiert vortragen, dass das Thermofenster unter normalen Betriebsbedingungen nicht den überwiegenden Teil eines Jahres aktiv sein müsste, damit der Motor vor Beschädigungen oder Unfall geschützt ist. Denn eine Rechtfertigung der Abschalteinrichtung mit Gründen des Motorschutzes ist ausgeschlossen, wenn die Abschalteinrichtung unter Bedingungen aktiviert ist, die innerhalb eines Jahres üblicherweise während in ihrer Summe längerer Zeitintervalle herrschen, als dies nicht der Fall ist (OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.12.2023 – 6 U 198/20, Rdnr. 137 und OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.02.2024 – 6 U 45/21, Rdnr. 96).
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Aus Sicht des Senats reicht hierfür bereits der von der Beklagten für einen repräsentativen Betriebspunkt vorgetragene Temperaturbereich nicht aus, denn bezogen auf das gesamte Unionsgebiet und damit unter Einbeziehung etwa der nördlichen Teile von Schweden und Finnland sind in Herbst, Winter und Frühling und damit im überwiegenden Teil eines Jahres Temperaturen unter + 3° C üblich. Ein Thermofenster mit – bei einem Betriebspunkt – voller Wirksamkeit der Abgasrückführung zwischen + 3° C und + 37° C reicht daher schon hinsichtlich des Temperaturbereichs nicht aus, um im gesamten Unionsgebiet im überwiegenden Teil des Jahres eine temperaturabhängige Verminderung der Abgasrückführung auszuschließen. Zudem müsste die Beklagte einen solcher Ausschluss der temperaturabhängigen Verminderung der Abgasrückführung für alle normalen Betriebsbedingungen des Fahrzeugs und seines Motors darlegen und nicht lediglich, wie von der Beklagten vorgetragen, für einen – wenn auch behauptetermaßen repräsentativen – Betriebspunkt, denn bei dem Betrieb eines PKW-Dieselmotors wechseln die Betriebspunkte schnell und ständig (vgl. Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 23.05.2023 – 3 A 3/20, Rdnr. 38). Da die Beklagte sich auf den Wegfall des bei der Klagepartei eingetretenen Schadens durch das Software-Update beruft, geht diese Mangel des Vortrags zu ihren Lasten (zur Unklarheit eines solchen einschränkenden Vortrags vgl. auch OLG Karlsruhe, Urteile vom 28.11.2023 – 8 U 291/21, Rdnr. 28 und vom 11.11.2023 – 8 U 66/21, Rdnr. 67).
76
8. Die Verzinsung ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 BGB.
IV.
77
Ein Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten besteht nicht. Denn nach der Rechtsprechung des BGH kommt ein solcher Anspruch neben dem Ersatz des Differenzschadens nur in Betracht, wenn er sich aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB oder § 826 BGB ergäbe (vgl. BGH, Urteile vom 16.10.2023 – VIa ZR 14/22, Rdnr. 13, und vom 18.12.2023 – VIa ZR 1083/22, Rdnr. 16). Zum Zeitpunkt der Beauftragung der Klägervertreter war die Beklagte mit der Schadensersatzleistung jedoch noch nicht in Schuldnerverzug, vielmehr erfolgte die Inverzugsetzung erst mit dem Schreiben der Klägervertreter vom 28.05.2018 laut Anl. K 1. Einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB hat die Klagepartei – wie oben unter I dargelegt – schon nicht hinreichend dargelegt.
C.
I.
78
Der Ausspruch zu den Kosten folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO und berücksichtigt das jeweilige Obsiegen und Unterliegen der Parteien sowie die teilweise Berufungsrücknahme durch die Klagepartei.
II.
79
Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 BGB.
III .
80
Die Revision war nicht zuzulassen, da ein Revisionsgrund nicht vorliegt.