Titel:
Disziplinarrecht: Aberkennung des Ruhegehalts bei einem Polizeibeamten wegen außerdienstlichem Besitz von kinderpornographischen Bildern
Normenketten:
BayDG Art. 13, Art. 14
BeamtStG § 47 Abs. 1 S. 2
Leitsätze:
1. Der außerdienstliche Besitz kinderpornographischer Bilddateien weist einen hinreichenden Bezug zum Amt eines Polizeibeamten auf. Polizeibeamte haben Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen. Sie genießen in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei Polizeibeamten wiegt der außerdienstliche Besitz kinderpornographischen Materials besonders schwer, weil hier stets ein enger dienstlicher Bezug gegeben ist. Ein derartiges Verhalten gibt begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung für den Polizistenberuf. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Besitz kinderpornographischer Schriften, Übermäßige Nutzung des Dienstcomputers zu privaten Zwecken, Aberkennung des Ruhegehalts, Beamtenrecht, Disziplinarrecht, Dienstcomputer, private Nutzung, kinderpornographische Schriften, Aberkennung, Ruhegehalt, kinderpornographische Bilder, Kinderpornographie, Polizist, Polizeibeamter, außerdienstliche Pflichtverletzung, Straftat, dienstlicher Bezug
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 16.11.2021 – M 13L DK 18.2025
Fundstelle:
BeckRS 2024, 7473
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Tatbestand
1
Der Beklagte wendet sich im Berufungsverfahren gegen die vom Verwaltungsgericht verhängte Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts. Auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen, weil sich der Senat die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfang zu eigen macht (Art. 3 BayDG i.V.m. § 130b Satz 1 VwGO).
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In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils vom 16. November 2021 hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, formelle Mängel des Disziplinarverfahrens seien weder im Sinne von Art. 53 Abs. 1 BayDG innerhalb der gesetzlichen Frist geltend gemacht noch von Amts wegen ersichtlich. Insbesondere sei dem Beklagten jeweils Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt worden. Der dem Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt (S. 1 bis 10 der Disziplinarklage) stehe zur Überzeugung des Gerichts fest. Der Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 29. Dezember 2014 entfalte insoweit gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG eine entsprechende Indizwirkung. Zudem werde der dem Beamten zur Last gelegte Besitz von 247 kinderpornographischen Bildern durch die vorgelegte Strafakte inklusive Sonderband – in Kopie –, insbesondere dem Gutachten der FORENSIK.IT GmbH vom 20. August 2014, belegt. Im Übrigen habe der Beklagte im Strafverfahren mit Schreiben seines damaligen Strafverteidigers vom 1. Dezember 2014 den Besitz kinderpornographischer Bilder ausdrücklich eingeräumt. Soweit im Disziplinarverfahren abgestritten worden sei, dass der Beklagte einen entsprechenden Besitzwillen gehabt habe, sei dies durch die technischen Ausführungen des Klägers widerlegt. Die kinderpornographischen Bilder hätten sich in einer Datenbankdatei des Windows Explorers befunden, wodurch belegt sei, dass sie nicht im Rahmen des Surfens im Internet auf dem Bildschirm erschienen, sondern auf dem PC gespeichert gewesen seien. Zudem spreche gegen den Beklagten, dass sich der Suchbegriff „pedo station“ auf seinem PC im Google Suchverlauf befunden habe. Auch die Dateinamen der im Webverlauf hinterlegten Bilder ließen eindeutig auf kinderpornographisches Material schließen („10yo“, „12 year old“). Der Chatverlauf am 19. Januar 2011 mit dem Interesse an einem Album „Kids I babysit“ runde dies indiziell ab.
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Weiter sei erwiesen, dass der Beklagte über seinen PC „Noname“ allein über die Stichwortsuche mehr als 2.000 mal die Internet-Seite … besucht habe. Unter den dort aufgefundenen Dateien hätten sich auch Dateien befunden, die namentlich auf kinderpornographische Inhalte hingewiesen hätten. Die genannte Webseite sei unter anderem von dem anderweitig Verfolgten J.A. verwendet worden, um das Fotoalbum „Kids I babysit“ über das Internet zu verbreiten. Am 19. Januar 2011 um 19.00 Uhr habe der Beklagte mit diesem Kontakt aufgenommen und Zutritt zu dem genannten Album verlangt. Aus der im Einzelnen wiedergegebenen Unterhaltung werde deutlich, dass der Beklagte nicht nur Bilder Dritter konsumiert habe, sondern selbst Bilder versandt bzw. hochgeladen habe. In weiteren Unterhaltungen habe er von anderen Benutzern Passwörter verlangt oder diese übermittelt. Mit einer weiteren Unterhaltung habe er sich über die (eigene) Anfertigung von Bildern ausgetauscht. Am 21. April 2014 habe er diesen E-Mail-Verkehr von einer seiner privaten E-Mail-Adressen an seine dienstliche weitergeleitet. Am nächsten Tag habe er vom Dienst-PC eine Webseite aufgerufen, auf der Material für die Erstellung von Filmen zum Verkauf angeboten worden sei. Dabei handele es sich um Figuren in lasziven und sexuellen Posen.
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Des Weiteren habe der Beklagte seine dienstliche E-Mail-Adresse wiederholt unbefugt für private Zwecke genutzt, indem er Nachrichten und Dateien von seinen privaten E-Mail-Adressen auf seine dienstliche E-Mail-Adresse weiterleitete sowie Nachrichten und Dateien, die zumeist im Zusammenhang mit seiner Nebentätigkeit als Hausverwalter gestanden hätten, von seiner dienstlichen an seine private E-Mail-Adresse geschickt habe. Neben den E-Mails mit Bezug zu seiner Nebentätigkeit habe es sich insbesondere um E-Mails zu Kontoinformationen (Online-Banking), Newslettern, Auftragsbestätigungen über DHL-Portoprodukte, Gebührenmitteilungen von Telekommunikationsdiensten sowie Mitteilungen von eBay über getätigte Transaktionen (von 2011 bis 2014 insgesamt 922 Transaktionen) gehandelt. Diesbezüglich habe der Beklagte sich auf seinem Dienst-PC im Dateiordner Favoriten entsprechende Links angelegt. Im Laufwerk „Home“ hätten sich Excel-Tabellen privaten Inhalts (u.a. Ermittlung des Gewinns und Verlusts der Hausverwaltertätigkeit für mehrere Jahre und Telefonrechnungen) befunden. Mindestens im Zeitraum vom August 2013 bis zum Verbot der Führung der Dienstgeschäfte am 6. August 2014 habe der Beklagte seinen dienstlichen PC genutzt, um in ganz erheblichem Umfang private Internetzugriffe durchzuführen. Der insgesamt protokollierte Umfang des privaten Surfverhaltens mit dem dienstlichen Internetzugang umfasse ausgedruckt einen kompletten Leitz-Ordner mit Excel-Tabellen.
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Das außerdienstliche Fehlverhalten in Bezug auf den Besitz kinderpornographischer Bilder habe nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG disziplinarrechtliche Bedeutung. Es überschreite ein Mindestmaß an Relevanz, das die Rechtsprechung bei einem Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren als gegeben ansehe. Vorliegend habe der Strafrahmen des § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB a.F. bei bis zu zwei Jahren gelegen. Außerdem sei bei dem Beklagten als Polizeibeamten ein Bezug zu seinem (Status) Amt gegeben. Polizeibeamte hätten Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen. Sie genössen daher in der Öffentlichkeit – insbesondere auch für schutzbedürftige Personen – eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung. Zudem trage derjenige, der kinderpornographische Schriften besitze, durch seine Nachfrage nach solchen Darstellungen zum sexuellen Missbrauch von Kindern und damit zum Verstoß gegen ihre Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit bei. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes sei in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Er greife in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährde die harmonische Bildung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seine Einordnung in die Gemeinschaft, weil ein Kind wegen seiner fehlenden oder noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten könne. Zudem degradiere der Täter die sexuell missbrauchten kindlichen Opfer zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung.
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Durch die massive Nutzung des dienstlichen Computers für private Zwecke, insbesondere auch während der Dienstzeit, habe der Beklagte seiner Pflicht, sich mit vollem Einsatz seinem Beruf zu widmen, zuwidergehandelt und gegen seine Pflicht verstoßen, dienstliche Anordnungen auszuführen und allgemeine Richtlinien zu befolgen. Schließlich sei dem Beklagten gemäß Ziffer 2.7.2 der EDV-Rahmenrichtlinie verboten gewesen, die dienstlichen EDV-Anlagen, Programme oder Daten für private Zwecke zu nutzen.
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Nach den Maßstäben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei der Besitz der Vielzahl von kinderpornographischen Bildern hier besonders verwerflich. Art und Inhalt der Bilder seien von erschwerender Bedeutung. Unter ihnen befänden sich solche, die Kinder im Alter von nur drei, sechs oder acht Jahren zeigten. Zudem seien Darstellungen vorhanden, bei denen kleine Kinder, wie z.B. ein ca. sechs Jahre altes Mädchen, schwer sexuell missbraucht würden, indem ein Mann mit erigiertem Penis vaginal einzudringen versuche. Erschwerend werte das Gericht die chatmäßige Beteiligung des Beklagten. Dabei könne dahinstehen, ob dies nicht sogar als eigenständige Dienstpflichtverletzung eingestuft werden könne. Der Beklagte sei jedenfalls nicht „nur“ beim Surfen im Internet auf kinderpornographische Bilder gestoßen, die er gleich „weggeklickt“ habe, sondern habe sich beispielsweise aktiv um das Passwort für ein Album „Kids I babysit“ in einem Chatraum bemüht oder mit dem Suchbegriff „pedo station“ gesucht. Gleichzeitig habe er selber das Hochladen von „Bildern in Windeln“ in Aussicht gestellt. Dass der Beklagte zu keinem Zeitpunkt gezielt nach Kinderpornographie gesucht haben wolle, könne das Gericht angesichts dessen nicht nachvollziehen. Darüber hinaus sei die massive private Nutzung des dienstlichen PC, auf dem am 29. Oktober 2013 auch Pornoseiten angesteuert worden seien, erschwerend zu berücksichtigen. Dabei könne durchaus unterstellt werden, dass sich einzelne Recherchen gemäß den Ausführungen des Beklagten noch dienstlich erklären lassen könnten. Die Erheblichkeit des Umfangs lasse dies jedenfalls nicht entfallen. Durchgreifende Milderungsgründe stünden der Schwere des Dienstvergehens nicht gegenüber. Auch unter Berücksichtigung des Geständnisses und der Reue des Beklagten, seines Persönlichkeitsbildes, der bisherigen Beurteilungen sowie der bislang fehlenden straf- und disziplinarrechtlichen Vorbelastung sei von einem vollständigen Vertrauensverlust auszugehen. Insofern sei auch die Dauer des Disziplinarverfahrens nicht geeignet, sich durchgreifend mildernd auszuwirken.
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Zur Begründung seiner hiergegen gerichteten Berufung führt der Beklagte aus, es habe sich bei den aufgefundenen Bildern ausschließlich um sog. „Thumbnails“ – stark verkleinerte Vorschaubilder – gehandelt, die häufig von sehr geringer Qualität seien. Zwar möge es sein, dass diese Bilder nicht automatisch auf dem Computer gespeichert würden. Seine Einlassung, er sei davon ausgegangen, er habe die Bilder jeweils „weggeklickt“, und sie daher nach Beendigung der Internet-Sitzung eben nicht auf seinem PC gespeichert wären, sei nicht zu widerlegen. Dies werde auch dadurch bestätigt, dass er nach Beendigung der Durchsuchungsmaßnahme freiwillig eine bis dahin nicht aufgefundene Festplatte, auf der dann ebenfalls inkriminiertes Material gefunden worden sei, ausgehändigt habe. Er sei sich der Speicherung der Bilder nicht bewusst gewesen, vielmehr habe er gemeint, sich des Besitzes an den Bildern entledigt zu haben. Die inkriminierten Bilder hätten neben den zirka 2000 Bild- und Videodateien mit regulär pornografischen Inhalten eine untergeordnete Rolle eingenommen. Zwar würden fünf der Bilder der besonders verwerflichen Art vom Verwaltungsgericht explizit bezeichnet, wie viele aber tatsächlich von dieser Art seien, sei nicht festgestellt worden. Die Ausführung im Strafbefehl, dass die anderen Bilder Szenen zeigten, die den Beschriebenen ähnelten, sei nicht hinreichend substantiiert und könne für das Disziplinarverfahren keine Indizwirkung begründen.
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Die Verhängung der Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis setze angesichts der Variationsbreite möglicher Verfehlungen beim Besitz kinderpornographischer Bilder voraus, dass das Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere der Anzahl, der Art und dem Inhalt der Darstellungen, als besonders verwerflich einzustufen sei. Im Hinblick auf die strafrechtlich ausgesprochene Sanktion (Geldstrafe von 70 Tagessätzen) sei das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit noch nicht endgültig zerstört. Denn die strafrechtliche Wertung des Verhaltens liege im unteren Bereich und diese könne auch in die disziplinarrechtliche Wertung einfließen. Der Bevollmächtigte des Beklagten meint, dass es dem von der Rechtsprechung aufgestellten Erfordernis einer besonderen Begründung für eine statusberührende Disziplinarmaßnahme nach von Strafgerichten ausgesprochener Sanktion in Form einer Geldstrafe nicht genüge, wenn zur Begründung auf Umstände abgestellt werde, die bei der Verhängung dieser Sanktion von den Strafgerichten gerade berücksichtigt worden sei.
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Die Chats des Beklagten und seine Internetaktivitäten seien disziplinarrechtlich nicht zu berücksichtigen, denn dazu sei, ebenso wie beim Vorwurf der privaten Nutzung des dienstlichen Computers, schon keine wirksame Einleitung [des Disziplinarverfahrens] festzustellen; diese Vorwürfe seien erst in der abschließenden Anhörung eingeführt worden. Bei der angeführten Internetunterhaltung zum Austausch von Bildern von Kleinkindern oder Babys sei zugunsten des Beklagten davon auszugehen, dass es sich nicht um strafrechtlich relevante kinderpornographische Bilder handele. Soweit man aus Kontext und Inhalt der Unterhaltung einen sexuellen Bezug an den dort geäußerten Wünschen an bestimmten Bildern sehen wolle, sei dies aus disziplinarrechtlicher Sicht ohne Relevanz. Durch das Betrachten oder Zugänglichmachen von Bildern von schlafenden Babys in Windeln oder Schlafanzügen werde die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern nicht verletzt. Entsprechendes gelte für die Kommentardiskussion vom 17. März 2011 und die Internetunterhaltung vom 19./20. Juli 2014, so dass die „chatmäßige Beteiligung“ des Beklagten nicht erschwerend berücksichtigt werden könne. Bei der Eingabe des Suchbegriffs „pedo station“ in die Suchmaschine Google sei nicht ersichtlich zu welchen Ergebnissen diese Sucheingabe geführt haben solle.
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Der Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Aberkennung des Ruhegehalts zu erkennen.
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil. Die Bildgröße der „Thumbnails“ sei vollkommen ausreichend, um den hierauf abgebildeten Missbrauch jeweils deutlich zu erkennen. Für die Verwerflichkeit des Missbrauchs und die Opferschädigung komme es nicht entscheidend darauf an, ob der Missbrauch gefilmt oder „nur“ fotografiert worden sei. Den Ausführungen des Beklagten zum subjektiven Tatbestand („weggeklickt“) könne nicht gefolgt werden, weil die Bilder nicht in einem dem Internet-Cache zugehörigen Speicherort aufgefunden worden seien. Der Speicherort widerlege auch den Vortrag des Beklagten, es habe sich lediglich um Vorschaubilder gehandelt. Die Bilder seien in Systemdateien gespeichert worden, die nur beim gezielten Betrachten von Bildern auf dem PC – mindestens als Bildvorschau – erstellt würden. Dazu sei der „Windows-Explorer“, nicht etwa der „Internet-Explorer“ genutzt worden. Die Vorschaubilder in den Datenbankdateien bewiesen, dass die gegenständlichen inkriminierten Bilder als solche auf der Festplatte vorgelegen hätten und der Ordner, in dem die Bilder gespeichert gewesen seien, mindestens in der Ansicht „Miniaturansicht“ (erzeugt <thumbs.db>) bzw. „große Symbole“ (erzeugt Einträge in <thumbcache_256.db>) und „extra große Symbole“ (erzeugt Einträge in <thumbcache_256-db>) betrachtet worden seien. Dass der Beklagte die entsprechenden Originalbilder später gegebenenfalls gelöscht habe, ändere am vorherigen Besitz nebst Besitzwillen nichts. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei selbst bei einer Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO ausnahmsweise eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis möglich. Die übrigen 242 Bilder zeigten Szenen, die den fünf beschriebenen Bildern ähnelten und mithin in Art und Inhalt besonders verwerflich seien. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Beklagten liege auch kein formeller Mangel des Disziplinarverfahrens vor. Es handele sich um eine aktenkundige und faktische Ausdehnung des Disziplinarverfahrens im Sinn von Art. 21 Abs. 1 BayDG. Dem Beklagten sei auch keine Anhörungsinstanz verloren gegangen, weil die Disziplinarbehörde je nach Sachvortrag gehalten gewesen wäre, wieder Ermittlungen aufzunehmen. Die Internetaktivitäten seien erschwerend zu berücksichtigen, weil Kontext und Inhalt der Unterhaltung den sexuellen Bezug des Verlangens belegten. Damit bestätigten die Konversationen sowie der anvisierte Tauschhandel von Bildern trotz Straflosigkeit zum Tatzeitpunkt die Neigung des Beklagten, die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern zu missachten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die vorgelegte Kopie der Strafakte, die Disziplinar- und die Personalakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts erkannt.
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Der Beklagte hat durch sein disziplinarrechtlich relevantes außerdienstliches Verhalten und durch sein innerdienstliches Verhalten ein einheitlich zu ahndendes Dienstvergehen begangen (1.), das die Aberkennung des Ruhegehalts rechtfertigt (2.). Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
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1. Der Senat legt seiner Entscheidung die Vorwürfe aus der Disziplinarklage vom 19. April 2018 zugrunde.
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a) Das Verwaltungsgericht hat sich zunächst zu Recht die Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 29. Dezember 2014 zu eigen gemacht (Art. 25 Abs. 2 BayDG). Danach waren auf einem PC und einer externen Festplatte des Beklagten 247 kinderpornographische Bilddateien abgespeichert, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben. Die auch im Berufungsverfahren zugrunde zu legende Indizwirkung des Strafbefehls (Art. 55 BayDG) wurde durch den im zweiten Rechtszug wiederholten Sachvortrag des Beklagten, er habe die Bilder nicht gespeichert, sondern bei Erscheinen während des Surfens sogleich „weggeklickt“, nicht erschüttert. Der Senat pflichtet der Auffassung des Verwaltungsgerichts bei, dass dieser Vortrag durch die technischen Ausführungen des Klägers, die im ersten Rechtszug nicht nur schriftlich, sondern auch die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erläutert worden sind, widerlegt ist, weil durch das Auffinden der kinderpornographischen Bilder in einer Datenbankdatei des Windows Explorers belegt ist, dass die Bilder nicht nur im Rahmen des Surfens im Internet auf dem Bildschirm erschienen sind, sondern auf dem PC gespeichert gewesen sein müssen.
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b) Die im IT-Gutachten vom 20. August 2014 festgestellte Suche nach dem Begriff „pedo station“ und die im Webverlauf hinterlegten Bildernamen lassen ebenfalls auf kinderpornographisches Material schließen. Die des Weiteren in Punkt 2. der Disziplinarklage dem Beklagten zur Last gelegte Beteiligung an Chats, die Bemühungen von anderen Nutzern, Kennwörter für Fotoalben auf der Internet-Seite … zu erhalten, und das angekündigte eigene Hochladen von Bildern von Babys in Windeln ergeben sich ebenfalls aus der vorgelegten Strafakte – in Kopie –, insbesondere den vom Bundeskriminalamt übermittelten Erkenntnissen und den Ausführungen im IT-Gutachten.
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Bezüglich dieses Disziplinarklagepunkts wurde ein formeller Mangel nicht innerhalb der Frist des Art. 53 Abs. 1 BayDG geltend gemacht. Zudem ist nicht ersichtlich, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts, es habe eine faktische Ausdehnung des Disziplinarverfahrens durch die Anhörung des Beklagten zur vorläufigen Dienstenthebung vom 26. August 2015 stattgefunden, fehlerhaft wäre. Die Anhörung ist aktenkundig und verschaffte dem Beamten Klarheit über die ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe. Damit kann festgestellt werden, ob die Ausdehnung vor der Abschlussentscheidung (Teil 3 Abschnitt 3 BayDG) erfolgt ist. Gleiches gilt für die Prüfung, ob Maßnahmeverbote eingreifen (Art. 16 Abs. 5 BayDG; vgl. zum entsprechenden Bundesrecht Köhler/Baunack, BDG, § 19 Rn. 5). Eine Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens, dem die formelle Regelung des Art. 21 BayDG u.a. dient, ist nicht erkennbar.
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c) Dass der Beklagte seinen dienstlichen PC sowie seine dienstliche E-Mail-Adresse in erheblichem Umfang unbefugt für private Zwecke nutzte, obwohl er wusste, dass er hierzu nicht befugt war, hat er dem Grunde nach eingeräumt. Dies steht aufgrund der umfangreichen Ermittlungen der Disziplinarbehörde, die insoweit umfangreiche Unterlagen vorgelegt hat, fest. Diese Feststellung lässt sich nicht dadurch durchgreifend relativieren, dass der Beklagte angeführt hat, einzelne Internetrecherchetätigkeiten für seine dienstliche Tätigkeit vorgenommen zu haben.
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Auch insoweit wurde ein formeller Mangel nicht innerhalb der Frist des Art. 53 Abs. 1 BayDG geltend gemacht. Er liegt auch nicht vor, weil das Disziplinarverfahren insoweit ausdrücklich mit Schreiben vom 18. März 2015 (DA Bl. 62) ausgedehnt worden ist. Auch auf die unerlaubte Verquickung der genehmigten Nebentätigkeit mit der Dienstausübung wurde hingewiesen.
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d) Durch sein strafrechtlich geahndetes Verhalten hat der Beklagte vorsätzlich und subjektiv vorwerfbar (schuldhaft) gegen seine Pflicht verstoßen, die Gesetze zu beachten (§ 184b Abs. 4 Satz 2 StGB in der bis zum 26.1.2015 geltenden Fassung – a.F.) und sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG a.F.). Letztgenannte Pflicht ist bezüglich des nicht strafbaren Verhaltens nach Punkt 2 der Disziplinarklage verletzt. Diese Teile des Dienstvergehens sind außerdienstlich begangen, weil sie weder formell in das Amt des Beklagten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden waren. Die kinderpornographischen Dateien waren ausschließlich auf dem privaten Computer (und einer privaten Festplatte) abgespeichert (BVerwG, U.v. 19.8.2010 – 2 C 5.10 – juris Rn. 9; U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 10), die angelasteten Chats und Suchvorgänge fanden von diesem aus statt. Durch die unerlaubte Nutzung des Dienstcomputers und der dienstlichen E-Mail-Adresse verstieß der Beklagte innerdienstlich gegen die Pflicht, sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen (§ 34 Satz 1 BeamtStG a.F.) und die Pflicht, dienstliche Anordnungen auszuführen und allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG a.F.). Denn ihm war es gemäß Ziffer 2.7.2 EDV-Rahmenrichtlinie verboten, die dienstlichen EDV-Anlagen, Programme oder Daten für private Zwecke zu nutzen. Zudem verstieß dieses Verhalten, soweit es um seine genehmigte Nebentätigkeit als Hausverwalter ging, gegen Art. 81 Abs. 4 Satz 1 BayBG.
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Die außerdienstliche Pflichtverletzung ist disziplinarrechtlich zu ahnden, da der Besitz des Beklagten von kinderpornographischen Schriften „nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen“ (§ 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt im statusrechtlichen Sinne (BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 16) erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab (vgl. BVerfG, B.v. 19.2.2003 – 2 BvR 1413/01 – NVwZ 2003, 1504 – juris Rn. 30). Dabei kommt vorsätzlichen Straftaten eine besondere Bedeutung zu (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG). Bei der Frage der Disziplinarwürdigkeit außerdienstlichen Fehlverhaltens nach Maßgabe des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG ist jedoch auch dem Dienstposten, d.h. dem konkreten Aufgabenbereich des Beamten, Bedeutung zuzumessen. Aus dem sachlichen Bezug des Dienstvergehens zum konkreten Aufgabenbereich des Beamten kann sich eine Indizwirkung ergeben, weil der Beamte mit dem ihm übertragenen konkreten Amt identifiziert wird. Je näher der Bezug des außerdienstlichen Fehlverhaltens des Beamten zu dem ihm übertragenen Aufgabenbereich ist, umso eher kann davon ausgegangen werden, dass sein Verhalten geeignet ist, das Vertrauen zu beeinträchtigen, das sein Beruf erfordert (BVerwG, B.v. 27.12.2017 – 2 B 18.17 – juris Rn. 22; U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 20; BayVGH, U.v. 9.5.2018 – 16a D 16.1597 – juris Rn. 26).
27
Der außerdienstliche Besitz kinderpornographischer Bilddateien weist einen hinreichenden Bezug zum Amt eines Polizeibeamten auf. Polizeibeamte haben Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen. Sie genießen in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung. Das zur Ausübung ihres Amtes erforderliche Vertrauen wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Straftaten begehen (BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 21 f.; U.v. 10.12.2015 – 2 C 50.13 – juris Rn. 35).
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Das unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit liegende Verhalten, das Gegenstand des Disziplinarklagepunkts 2 ist, ist (mit Ausnahme der Unterhaltung über das Herstellen von animierten Bildern von erwachsenen Frauenkörpern) ebenfalls eigenständig geeignet, das Vertrauen in die Diensterfüllung des Beamten zu beeinträchtigen. Das achtungs- und vertrauensschädigende Verhalten ist disziplinarrechtlich relevant, weil vom Beklagten in seiner Eigenschaft als Polizist zu erwarten ist, dass er sein außerdienstliches Verhalten an den Anforderungen orientiert, die sein Amt allgemein von ihm verlangt (vgl. BayVGH, U.v. 9.12.2020 – 16a D 19.904 – juris Rn. 20 ff.). Damit erfüllt auch nicht kriminelles Verhalten die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, das trotz der eingetretenen Liberalisierung der Anschauungen auf sittlichem Gebiet in weiten Teilen der Bevölkerung nach wie vor als anstößig und nicht ehrenhaft angesehen wird. Dies ist hier deshalb der Fall, weil es den Eindruck der Suche nach weiterem kinderpornographischem Material erweckt (vgl. OVG NW, U.v. 28.2.2018 – 3d A 704/14.O – juris Rn. 161; Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand 12/2023, MatR/II Rn. 448b) und deshalb die Befürchtung gerechtfertigt ist, dass der Beamte wegen der gegen ihn bestehenden Vorbehalte nicht mehr die Autorität genießt, auf die er für die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben zwingend angewiesen ist.
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2. Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – ZBR 2016, 254 – juris Rn. 12 m.w.N.; BayVGH, U.v. 24.5.2017 – 16a D 15.2267 – juris Rn. 170).
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Setzt sich das Dienstvergehen aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (BVerwG, U.v. 8.9.2004 – 1 D 18.03 – NVwZ-RR 2006, 45/46; U.v. 23.2.2005 – 1 D 1.04 – NVwZ-RR 2006, 47/52), hier also dem Besitz kinderpornographischer Schriften.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 30) kann der hier strafrechtlich relevante außerdienstliche Besitz von kinderpornographischen Schriften, für den gemäß § 184b Abs. 4 StGB a.F. im Tatzeitpunkt eine Strafandrohung von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe galt, nicht bereits deliktstypisch als derart gravierend erachtet werden, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Regeleinstufung gerechtfertigt erscheint, da die Variationsbreite möglicher Verfehlungen zu groß ist, um generell von einer hinreichenden Schwere der außerdienstlichen Pflichtverletzung ausgehen zu können. Das Ausmaß des durch die außerdienstlich begangene Straftat hervorgerufenen Vertrauensschadens muss daher im konkreten Einzelfall bestimmt werden.
32
Bei Polizeibeamten wiegt der außerdienstliche Besitz kinderpornographischen Materials allerdings besonders schwer, weil hier stets ein enger dienstlicher Bezug gegeben ist. Ein derartiges Verhalten gibt begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung für den Polizistenberuf. Daraus hat die Rechtsprechung den Schluss gezogen, dass der Orientierungsrahmen für den außerdienstlichen Besitz kinderpornographischen Materials bei Polizisten bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis reicht (BVerwG, a.a.O., juris Rn. 33 m.w.N.), bei Ruhestandsbeamten dementsprechend bis zur Aberkennung des Ruhegehalts. Insofern ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand die Ausübung der Disziplinarbefugnis nicht beeinträchtigt. Denn auch Disziplinarmaßnahmen gegen Ruhestandsbeamte verfolgen den Zweck, die Integrität des Berufsbeamtentums zu wahren und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sicherzustellen. Es wären Rückwirkungen auf das Vertrauen in die Integrität der Beamtenschaft zu erwarten, wenn ein Ruhestandsbeamter trotz eines erheblichen, während seiner aktiven Dienstzeit begangenen Dienstvergehens, durch das er das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit zerstört hat, weiterhin sein Ruhegehalt beziehen könnte und berechtigt bliebe, die Amtsbezeichnung und die im Zusammenhang mit dem früheren Amt verliehenen Titel zu führen. Auch gebietet der Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, dass ein Beamter, der nach Begehung einer schwerwiegenden Verfehlung in den Ruhestand tritt, nicht besser gestellt werden darf als ein Beamter, der bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens im aktiven Dienst verbleibt. Auf diese Weise wird die Disziplinarmaßnahme nicht von dem mehr oder weniger zufälligen oder gar gesteuerten Ausscheiden aus dem aktiven Dienst abhängig gemacht (BVerwG, B.v. 1.3.2012 – 2 B 140.11 – juris Rn. 6 m.w.N.)
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Demnach kommt die Höchstmaßnahme nach einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände (BVerwG, B.v. 21.6.2017 – 2 B 83.16 – juris Rn. 7) in Betracht, wenn das strafbare Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere der Anzahl und des Inhalts des Materials, als besonders verwerflich einzustufen ist und dem Beamten keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht zugutekommen (stRspr vgl. BVerwG, B.v. 16.3.2017 – 2 B 42.16 – juris Rn. 12; B.v. 19.3.2013 – 2 B 17.12 – juris Rn. 5; B.v. 25.5.2012 – 2 B 133.11 – juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 18.3.2015 – 16a D 14.121 – juris Rn. 49; vgl. ferner betreffend Polizeibeamte: BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 36).
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Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung führt zur Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BayDG).
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Unter Berücksichtigung der Anzahl und des Inhalts des Besitzes der sichergestellten kinderpornographischen Schriften kommt dem Fehlverhalten des Beklagten unter sorgsamer Würdigung der Einzelfallumstände eine besondere Verwerflichkeit im Sinne der Rechtsprechung zu. Der Beklagte befand sich auf dem PC „Noname“ sowie der Festplatte „Verbatim“ im Besitz von 247 Bildern mit kinderpornographischem Inhalt. Es handelt sich mithin um eine große Zahl entsprechender Bilder. Wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend herausgestellt hat, und wovon sich auch der Senat anhand des Gutachtens der FORENSIK.IT GmbH überzeugt hat, zeigen mehrere Bilder schweren sexuellen Missbrauch von Kindern. Innerhalb des Spektrums der durch § 184b StGB sanktionierten Sachverhalte erweist sich die Darstellung des vaginalen und oralen Geschlechtsverkehrs Erwachsener mit Kindern als Gesichtspunkt, der die Tat als besonders verwerflich erscheinen lässt (BayVGH, U.v. 21.7.2021 – 16b D 19.1136 – juris Rn. 24; OVG NW, U.v. 11.12.2019 – 3d A 3607/18.BDG – juris Rn. 104).
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Der Strafbefehl hebt hervor, dass auf einem der abgespeicherten Bilder ein etwa sechs Jahre altes Mädchen zu sehen ist, das mit einer blau gefärbten Zunge über den erigierten Penis eines nicht näher sichtbaren Mannes leckt (Bl. 105 des Beweismittelbands). Ein weiteres Bild zeigt ein etwa fünf Jahre altes Mädchen, das mit entblößtem Unterkörper und gespreizten Beinen auf einem Sofa sitzt und sich mit einer Hand an seine Scheide fasst (Bl. 107 des Beweismittelbands). Ein drittes Bild zeigt ein etwa acht Jahre altes Mädchen, das den erigierten Penis eines nicht näher sichtbaren Mannes in den Mund nehmen muss (Bl. 109 des Beweismittelbands). Wieder ein anderes Bild zeigt ein etwa drei Jahre altes Mädchen, das nackt auf dem Rücken liegt und dessen Arme und Beine gefesselt sind. Die Beine werden durch die Fesseln abgespreizt. Auf dem Bauch stehen die Worte „Lick me please“ (Leck‘ mich bitte!), darunter befindet sich ein Pfeil, der auf die Vagina des Kindes zeigt (Bl. 121 des Beweismittelbands). Ein letztes Bild zeigt schließlich ein etwa sechs Jahre altes Mädchen, das nackt auf dem Rücken liegt, während ein nicht näher sichtbarer Mann mit seinem erigierten Penis vaginal in es eindringt. Das Kind hält sich vor Schmerzen die Arme vor das Gesicht (Bl. 122 des Beweismittelbands).
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Soweit sich der Bevollmächtigte gegen die Feststellung des Strafbefehls wendet, die anderen Bilder zeigten Szenen, die den soeben Beschriebenen ähneln, und moniert, diese Aussage sei nicht hinreichend substantiiert und könne keine Indizwirkung für das Disziplinarverfahren begründen, und damit die Feststellung des Verwaltungsgerichts in Zweifel ziehen will, kann ihm nicht gefolgt werden. Zunächst ist festzustellen, dass die zirka 150 aufgefundenen Posing-Bilddateien zu den 247 kinderpornographischen Schriften hinzukommen (Forensik-Gutachten S. 22). Die 50 im Beweismittelband ausgedruckten Bilder sind alle mit den fünf beschriebenen vergleichbar:
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Mit Bl. 122 des Beweismittelbands (Vaginalverkehr mit Mädchen bis 10 Jahre) sind die Bilder auf Bl. 110, 115, 119, 128, 129, 134, 136, 137, 138, 140, 141, 143 des Beweismittelbands vergleichbar.
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Mit Bl. 109 (Oralverkehr) sind die Bilder auf Bl. 108, 118, 123, 135, 145, 147, 150 des Beweismittelbands vergleichbar. Bl. 114 zeigt ein Kind nach dem Oralverkehr, dessen Oberkörper mit Samenflüssigkeit in Berührung gekommen ist (ebenso Bl. 125), Bl. 112 ein Mädchen unmittelbar vor dem Oralverkehr, Bl. 117, 124 und 127 Kinder, die jeweils einem Mann an den erigierten Penis fassen.
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Hinzu tritt, dass auf dem einem beschriebenen Bild ein gefesseltes Kind abgebildet ist (Bl. 109), womit eine über den kinderpornographischen Aspekt hinausgehende, zusätzliche Erniedrigung des Kindes einhergeht. Darüber hinaus wird auf einem kinderpornographischen Bild ein Kleinstkind dargestellt (Bl. 101 des Beweismittelbands). Insoweit begründet das Alter der Kinder einen zusätzlichen Erschwerungsgrund.
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Die übrigen Bilder zeigen Mädchen in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung, die ihren unbekleideten Unterleib zur Schau stellen müssen (ähnlich zu Bl. 107).
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Nach alldem kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Bilder einen Schweregehalt im deutlich oberen Bereich der möglichen Begehungsformen des Besitzes kinderpornographischer Schriften aufweisen. Die besondere Verwerflichkeit der Tat folgt bereits daraus, dass die Nachfrage nach derartigen Bilddateien zum schweren sexuellen Missbrauch von Kinder i.S.d. § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB und damit zum Verstoß gegen ihre körperliche Unversehrtheit und Menschenwürde beiträgt. Es ist offenkundig, dass der sexuelle Missbrauch eines Kindes in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich ist. Er greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Bildung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seine Einordnung in die Gemeinschaft, weil ein Kind wegen seiner fehlenden oder noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann. Zudem degradiert der Täter die sexuell missbrauchten kindlichen Opfer zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung (BVerwG, U.v. 19.8.2010 – 2 C 5.10 – juris Rn.16). Gerade die Form des abgebildeten Missbrauchs, der überwiegend in der vollendeten bzw. beginnenden Penetration der Vagina und des Mundes der missbrauchten Kinder besteht, stellt einen besonders schweren Eingriff in die körperliche Integrität der Opfer dar (vgl. zur besonderen Verwerflichkeit eines entsprechenden Bildmaterials: OVG NW, U.v. 30.4.2019 – 3d A 1816/17.O – juris Rn. 115 ff.).
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Die besondere Verwerflichkeit der Tat kann nicht mit dem Hinweis darauf relativiert werden, dass das Amtsgericht nur eine Geldstrafe verhängt hat. Aus der konkreten strafgerichtlichen Ahndung einer Straftat mit einer Geldstrafe kann nicht indiziell auf eine geringe disziplinare Schwere des Dienstvergehens geschlossen werden. Auch die Geldstrafe ist eine Hauptstrafe von Gewicht (vgl. ausführlich BVerwG, U.v. 24.10.2019 – 2 C 4.18 – juris Rn. 35 ff.).
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Des Weiteren kommen die unter 1. b) und c) beschriebenen Dienstpflichtverletzungen hinzu, die beide von erheblichem Gewicht sind und für sich genommen zwar nicht die Höchstmaßnahme nach sich gezogen hätten, diese Maßnahme hier aber in Verbindung mit dem strafrechtlich geahndeten Pflichtenverstoß als zwingend geboten erscheinen lassen.
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Denn durchgreifende Milderungsgründe liegen hier nicht vor, auch wenn das geständige und reuige Verhalten des Beklagten, dessen fehlende straf- und disziplinarrechtliche Vorbelastung, seine beanstandungsfreien dienstlichen Leistungen und guten Beurteilungen sowie sein sonstiges Persönlichkeitsbild zu berücksichtigen waren.
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Ergibt die für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderliche Gesamtwürdigung aller erschwerenden und mildernden Umstände des Dienstvergehens, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, kann davon nicht abgesehen werden, weil das Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat. Ein Verbleib im Beamtenverhältnis ausschließlich aufgrund einer überlangen Verfahrensdauer lässt sich nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis, nämlich dem Schutz der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Integrität des Berufsbeamtentums, vereinbaren. Diese Schutzgüter und der Grundsatz der Gleichbehandlung schließen aus, dass ein Beamter weiterhin Dienst leisten und als Repräsentant des Dienstherrn auftreten kann, obwohl er durch ein gravierendes Fehlverhalten untragbar geworden ist. Die Dauer des Disziplinarverfahrens ist nicht geeignet, das von dem Beamten zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen (BVerwG, B.v. 10.10.2014 – 2 B 66.14 – juris Rn. 7). Für die Fälle der Aberkennung des Ruhegehalts gilt nichts anderes (BVerwG, B.v. 11.5.2010 – 2 B 5.10 – juris Rn. 4; B.v. 23.2.2022 – 2 B 38/21 – juris Rn. 9; BVerfG, B.v. 28.1.2013 – 2 BvR 1912/12 – juris).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.
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Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).