Titel:
Auferlegung eines Fahrtenbuchs bei angeordneter Übermittlungssperre für die Halterdaten
Normenketten:
StVZO § 31a Abs. 1 S. 1
StVG § 33 Abs. 4, § 41
FZV § 71
Leitsätze:
1. Der Ermittlungsbehörde ist aufgrund einer angeordneten Übermittlungssperre für die Halterdaten in den Fahrzeugregistern ein längerer Bearbeitungszeitraum zuzubilligen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine durch Verzögerungen eingetretene Unmöglichkeit der Fahrerfeststellung vor Ende der dreimonatigen Frist für die Verfolgungsverjährung, die durch die involvierten Stellen verursacht wurde, muss sich das Landratsamt als Ermittlungsbehörde zurechnen lassen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fahrtenbuch, Unmöglichkeit der Fahrerfeststellung vor Verjährungseintritt, Übermittlungssperre für die Halterdaten im Fahrzeugregister, Verzögerungen im Behördenbereich bis zur erstmaligen Anhörung des Fahrzeughalters im Bußgeldverfahren, Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten durch den Fahrzeughalter, Übermittlungssperre, Halterdaten, Fahrerfeststellung
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 15.02.2024 – M 23 S 23.5487
Fundstelle:
BeckRS 2024, 7455
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.200,- Euro festgesetzt.
Gründe
1
Gegenstand des Rechtsstreits ist der angeordnete Sofortvollzug hinsichtlich der Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuchs.
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Mit einem auf den Antragsteller zugelassenen Fahrzeug wurde am 25. Mai 2023 in H. (Schwarzwald-Baar-Kreis) die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften um 25 km/h überschritten. Auf dem dabei aufgenommenen Frontfoto ist eine weibliche Person als Fahrerin zu erkennen. Für die Halterdaten ist in den Fahrzeugregistern eine Übermittlungssperre eingetragen.
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Mit Schreiben vom 22. Juni 2023 ersuchte das Landratsamt ... (im Folgenden: Landratsamt) die Antragsgegnerin als Zulassungsbehörde um Mitteilung der Personalien des Fahrzeughalters für die Bearbeitung der Ordnungswidrigkeit. Mit Schreiben vom 29. Juni 2023, beim Landratsamt am 3. Juli 2023 eingegangen, bat das aufgrund der Übermittlungssperre einbezogene Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (im Folgenden: Ministerium) um Zusendung der schriftlichen Verwarnung bzw. des Anhörbogens für den Betroffenen. Mit Schreiben vom 5. Juli 2023 übermittelte das Landratsamt den Zeugenfragebogen mit Tatbeschreibung und Frontfoto an das Ministerium mit der Bitte um Angabe der Personalien bis spätestens 26. Juli 2023. Nach einer zu den Akten genommenen Gesprächsnotiz vom 10. August 2023 wurde der Zeugenfragebogen am 1. August 2023 „intern an die entsprechende Person weitergeleitet“.
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Mit Schreiben vom 28. August 2023 teilte das Landratsamt dem Ministerium mit, das Ordnungswidrigkeitsverfahren sei eingestellt worden, da es nicht möglich gewesen sei, den Fahrzeugführer festzustellen. Mit Schreiben gleichen Datums bat das Landratsamt die Antragsgegnerin um Prüfung einer Fahrtenbuchauflage.
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Mit Bescheid vom 18. Oktober 2023 verpflichtete die Antragsgegnerin den Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzugs, für das genannte Fahrzeug oder ein Ersatzfahrzeug bis zum 20. Mai 2024 ein Fahrtenbuch zu führen, dieses bis spätestens 20. Juni 2024 vorzulegen und bis zum 20. Dezember 2024 aufzubewahren. Die mit dem Fahrzeug begangene Ordnungswidrigkeit wiege schwer. Es sei nicht möglich gewesen, die verantwortliche Fahrzeugführerin zu ermitteln.
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Nach Erlass des Bescheids übersandte das Landratsamt der Antragsgegnerin den vom Antragsteller unter dem Datum ‚21.8.23‘ ausgefüllten Zeugenfragebogen mit vollständiger Angabe der Personalien der Fahrzeugführerin. Dieser sei am 25. September 2023 beim Landratsamt in Rücklauf gekommen.
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Gegen den Bescheid ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten am 20. November 2023 beim Verwaltungsgericht München Klage erheben und die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragen.
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Mit Beschluss vom 15. Februar 2024 gab das Verwaltungsgericht dem Eilantrag statt. Die Klage werde voraussichtlich erfolgreich sein. Es sei nicht per se davon auszugehen, dass die Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers innerhalb der Verjährungsfrist unmöglich gewesen sei. Hierzu seien jedenfalls nicht zeitnah alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden. Der Verkehrsverstoß sei am 25. Mai 2023 begangen worden. Das Landratsamt habe die Halterdaten erst am 22. Juni 2023 bei der Antragsgegnerin abgefragt und das Ministerium den ihm am 5. Juli 2023 übersandten Anhörungsbogen erst am 1. August 2023 an den Antragsteller weitergeleitet. Diese Verzögerungen bei der Anhörung müsse sich die Antragsgegnerin zurechnen lassen, da sie nicht in die Sphäre des Antragstellers fielen. Zwar dürfe diesem die Übermittlungssperre nicht zum Vorteil gereichen. Außerdem habe er den Fragebogen nicht unmittelbar nach Erhalt, sondern erst gegen Ende der Verjährungsfrist zurückgesandt. Eine Obliegenheit, den Anhörungsbogen direkt an das Landratsamt als Ermittlungsbehörde zurückzusenden, habe jedoch nicht bestanden. Ein entsprechender Hinweis sei dem Fragebogen nicht zu entnehmen gewesen.
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Zur Begründung der hiergegen eingereichten Beschwerde, der der Antragsteller entgegentritt, trägt die Antragsgegnerin vor, das Landratsamt habe den Täter innerhalb der Verjährungsfrist nicht ermitteln können, obwohl es angemessene und zumutbare Maßnahmen ergriffen habe. Vor dem Hintergrund der Übermittlungssperre sei der Behörde eine längere Ermittlungs- und Hintergrundarbeit zuzugestehen. Der Antragsteller sei seinen Mitwirkungsobliegenheiten als Halter nicht hinreichend nachgekommen. Zwar habe er die Fahrzeugführerin letztendlich benannt, allerdings so lange zugewartet, bis der Verjährungseintritt kurz bevorgestanden habe. Gerade vor dem Hintergrund der Übermittlungssperre habe ihm bewusst sein müssen, dass es dadurch zu einer Verzögerung bei der Halterabfrage komme. Er wäre deshalb dazu angehalten gewesen, die für ihn leicht identifizierbare Fahrzeugführerin umgehend und nicht erst nach mehr als zwei Wochen zu benennen. Es wäre ihm auch möglich gewesen, den Anhörungsbogen zur Beschleunigung direkt an das Landratsamt als Ermittlungsbehörde zurückzusenden und hierdurch vor Ablauf der Verjährungsfrist zur Aufklärung beizutragen. Die Verantwortlichkeit für die nicht mehr rechtzeitig eingegangenen Angaben liege daher nicht bei der ermittelnden Behörde, sondern beim Antragsteller. Hilfsweise würden bei offenen Erfolgsaussichten der Hauptsache die für den Vollzug der Fahrtenbuchauflage sprechenden Interessen die damit für den Antragsteller verbundenen Nachteile überwiegen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.
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Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben wäre. Vielmehr ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist und der Klage des Antragstellers voraussichtlich stattzugeben sein wird, weshalb auch die Interessenabwägung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu seinen Gunsten ausfällt.
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1. Gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) vom 26. April 2012 (BGBl I S. 679), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. Juli 2023 (BGBl I Nr. 199), kann die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Fahrtenbuchauflage soll als Maßnahme zur vorbeugenden Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs gewährleisten, dass zumindest für die Dauer der Verpflichtung mit dem Fahrzeug begangene Verstöße geahndet und der Fahrer bzw. die Fahrerin ohne Schwierigkeiten festgestellt werden können. Außerdem soll Fahrern des Fahrzeugs, das einer Fahrtenbuchauflage unterliegt, vor Augen geführt werden, dass sie im Falle der Begehung eines Verkehrsverstoßes damit rechnen müssen, aufgrund ihrer Eintragung im Fahrtenbuch als Täter ermittelt und mit Sanktionen belegt zu werden (BVerwG, U.v. 28.5.2015 – 3 C 13.14 – BVerwGE 152, 180 Rn. 19).
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Die Feststellung des Kraftfahrzeugführers ist im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich, wenn die Behörde alle nach den Umständen des Einzelfalls angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um ihn zu ermitteln. Der Fahrzeughalter ist für sein Fahrzeug verantwortlich und daher für die Ermittlungsbehörden der erste Ansprechpartner. Dieser ist deshalb baldmöglichst zu benachrichtigen und zur Mitwirkung an der Aufklärung aufzufordern. Die Benachrichtigung begründet für den Fahrzeughalter die Obliegenheit, an der Aufklärung so weit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar ist. Dazu gehört – ungeachtet etwaiger Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrechte – insbesondere, dass er den ihm bekannten oder auf einem vorgelegten Foto der Verkehrsüberwachungsanlage erkannten Fahrer, ggf. auch sich selbst, benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert. Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO setzt nicht voraus, dass der Halter seine Mitwirkungsobliegenheiten schuldhaft nicht erfüllt oder die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers sonst zu vertreten hat (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 6.12.2022 – 11 ZB 22.1662 – juris Rn. 21 ff. m.w.N.). Macht der Fahrzeughalter keine Angaben oder lehnt er eine Mitwirkung erkennbar ab, ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen nach dem Fahrzeugführer zu betreiben (BayVGH, B.v. 3.5.2019 – 11 ZB 19.213 – juris Rn. 14 m.w.N.; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Auflage 2023, § 31a StVZO Rn. 33).
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2. Vorliegend ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass das für die Ahndung der Ordnungswidrigkeit zuständige Landratsamt und die von diesem konsultierten Stellen die möglichen Maßnahmen zur Aufklärung vor Ablauf der Verjährungsfrist nicht rechtzeitig eingeleitet und veranlasst haben.
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Zwar weist die Antragsgegnerin grundsätzlich zutreffend darauf hin, dass der Ermittlungsbehörde aufgrund der Übermittlungssperre für die Halterdaten in den Fahrzeugregistern (§ 41 i.V.m. § 33 Abs. 4 des Straßenverkehrsgesetzes – StVG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 5.3.2003 [BGBl I S. 310, 919], zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.11.2023 [BGBl I Nr. 315], § 71 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung – FZV – vom 20.7.2023 [BGBl I Nr. 199], geändert durch Gesetz vom 4.12.2023 [BGBl I Nr. 344]), ein längerer Bearbeitungszeitraum zuzubilligen ist. Nach Feststellung der angeordneten Übermittlungssperre muss sie zunächst gemäß § 41 Abs. 3, Abs. 5 StVG i.V.m. § 71 Abs. 3 FZV die sperrende Behörde, hier das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, über die Zulassungsbehörde oder das Kraftfahrt-Bundesamt um Übermittlung der Daten ersuchen. Hierdurch verzögert sich zwangsläufig die Möglichkeit, den Halter erstmals zur Mitteilung der Personalien des verantwortlichen Fahrzeugführers auffordern zu können. Die hierdurch eingetretene Verzögerung kann dem Fahrzeughalter, worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat, jedenfalls dann nicht zu Gute kommen, wenn die Ermittlungsbehörde und die von ihr eingeschalteten Stellen das Verfahren mit der gebotenen Beschleunigung betrieben haben.
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Hier ist es jedoch bis zur ersten Anhörung des Antragstellers im Bußgeldverfahren zu erheblichen Verzögerungen gekommen. In die Bearbeitung waren neben dem Landratsamt ... als Ermittlungsbehörde eine Reihe weiterer Stellen eingebunden, insbesondere der Verkehrsdienst des Polizeipräsidiums K., die Antragsgegnerin als Zulassungsbehörde, das Kraftfahrt-Bundesamt und das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr aufgrund der Übermittlungssperre für die Halterdaten. Die einzelnen Verfahrensschritte lassen sich anhand der nur teilweise vorliegenden Akten der involvierten Behörden nicht vollständig nachvollziehen. Unklar ist bereits, zu welchem Zeitpunkt die Polizei das Landratsamt über die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung vom 25. Mai 2023 informiert hat. Das Landratsamt hat die Zulassungsbehörde der Antragsgegnerin jedenfalls offenbar erstmals mit Schreiben vom 22. Juni 2023 und damit vier Wochen nach dem Verstoß um Mitteilung der Halterdaten gebeten. Aus dem in den Akten enthaltenen Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamts vom gleichen Tag an das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr mit Angabe des Landratsamts als anfragende Behörde ergibt sich zwar, dass das Landratsamt zuvor offenbar versucht hat, die Halterdaten über das Kraftfahrt-Bundesamt in Erfahrung zu bringen. Zu welchem Zeitpunkt dies geschehen ist, lässt sich den Akten allerdings nicht entnehmen.
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Das Ministerium hat daraufhin das Landratsamt am 29. Juni 2023 und damit noch zeitnah nach Eingang der Anfrage um Zusendung der schriftlichen Verwarnung bzw. des Anhörbogens für den Betroffenen gebeten. Dem ist das Landratsamt alsbald mit Schreiben vom 5. Juli 2023 durch Übersendung des Zeugenfragebogens nachgekommen. Dieser war an das Ministerium adressiert und enthielt die Aufforderung, die Personalien und Anschrift der verantwortlichen Person (Fahrzeugführerin/Fahrzeugführer) bis spätestens 26. Juli 2023 mitzuteilen. Eine mutmaßlich telefonische Nachfrage der Sachbearbeiterin des Landratsamts beim Ministerium ergab nach der in den Akten enthaltenen, wohl von der Bearbeiterin im Ministerium gefertigten Gesprächsnotiz vom 10. August 2023, dass der Zeugenfragebogen „am 01.08.2023 intern an die entsprechende Person weitergeleitet“ wurde. Zwischen dem Eingang des Fragebogens beim Ministerium und der Weiterleitung, mutmaßlich an den Antragsteller, wobei der Zeitpunkt des Versands nicht dokumentiert ist, sind demnach ca. vier weitere Wochen vergangen, ohne dass für diese Zeit weitere Verfahrensschritte festgehalten oder sonstige Gründe für die Verzögerung ersichtlich sind.
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Ebenfalls unklar ist, wann der Antragsteller den Fragebogen erhalten und an welche Stelle er ihn zurückgesandt hat. Unterzeichnet hat er ihn mit Angabe der Personalien der Fahrzeugführerin am 21. August 2023. Der Fragebogen wurde zwar vom Landratsamt erstellt, ist aber im Briefkopf an das Ministerium adressiert und enthält keine klare Angabe, wohin der Halter ihn zurücksenden soll. Der im Fragebogen genannte Zeitpunkt ‚26.07.2023‘ für die späteste Rücksendung war bei (unterstelltem) Versand an den Antragsteller am 1. August 2023 bereits verstrichen. Anhand des Datums der Erstellung des Fragebogens (5.7.2023) lässt sich jedoch ersehen, dass das Landratsamt dem Fahrzeughalter hierfür drei Wochen zugesteht. Falls der Antragsteller den Fragebogen tatsächlich am 21. August 2023 ausgefüllt und alsbald zurückgesandt hat, hat er diesen Zeitraum – bei Erhalt Anfang August 2023 – zwar weitgehend ausgeschöpft, aber nicht überschritten. Außerdem hat er nachprüfbare Angaben zur Fahrzeugführerin gemacht und ist damit seinen Mitwirkungsobliegenheiten ausreichend nachgekommen. Dass er den Fragebogen nicht noch früher und ihn ohne ausdrückliche Aufforderung nicht direkt an das Landratsamt, sondern offenbar an das Ministerium zurückgeschickt hat, von wo er beim Landratsamt über die Antragsgegnerin erst am 25. September 2023 eingegangen ist, muss er sich nicht vorhalten lassen.
19
Die durch Verzögerungen eingetretene Unmöglichkeit der Fahrerfeststellung vor Ende der dreimonatigen Frist für die Verfolgungsverjährung mit Ablauf des 25. August 2023 (vgl. § 26 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 24 Abs. 1 StVG, § 3 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. c, § 49 Abs. 1 Nr. 3 der Straßenverkehrs-Ordnung – StVO – vom 6.3.2013 [BGBl I S. 367], zuletzt geändert durch Verordnung vom 28.8.2023 [BGBl I Nr. 236], § 31 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten – OWiG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.2.1987 [BGBl I S. 602], zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.3.2023 [BGBl I Nr. 73]) wurde damit nach Aktenlage in erster Linie durch die Bearbeitung der involvierten Stellen verursacht, insbesondere durch die Weiterleitung des Zeugenfragebogens durch das Ministerium an den Antragsteller ohne erkennbaren Grund erst ca. drei Wochen vor Verjährungseintritt. Dies muss sich das Landratsamt als Ermittlungsbehörde zurechnen lassen. Der Antragsteller hatte vor Erhalt des Fragebogens von den Ermittlungen keine Kenntnis. Die rechtzeitige Feststellung der (von ihm benannten) Fahrzeugführerin ist nicht an seiner fehlenden oder unzureichenden Mitwirkung gescheitert, sondern in erster Linie an der verzögerten Behandlung und Weiterleitung der mit der Aufklärung befassten Stellen. Hierdurch war es dem Landratsamt nicht mehr möglich, vor Eintritt der Verfolgungsverjährung noch auf die Angaben des Antragstellers als Halter zu reagieren, weitere Ermittlungen durchzuführen und gegebenenfalls eine Verjährungsunterbrechung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 55 OWiG herbeizuführen.
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Bei dieser Sachlage kann der Antragsteller nicht gemäß § 31a StVZO zur Führung eines Fahrtenbuchs verpflichtet werden.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung bei einer sechsmonatigen Fahrtenbuchauflage für ein Fahrzeug im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
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4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).