Titel:
Sanierungskonzept für Instandsetzung einer Wehranlage
Normenketten:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
UmwRG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, Nr. 6, § 6
WHG § 36 Abs. 2, § 100 Abs. 1 S. 2
BayWG Art. 37 S. 1, Art. 58 Abs. 1 S. 2
BayWG 1907 Art. 77
Leitsätze:
1. Die Unternehmereigenschaft ist im Wasserrecht von der zivilrechtlichen Verfügungsbefugnis unabhängig. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Unterhaltungspflichtig bleibt der Betreiber der Gewässerregulierung und Unterhaltsverpflichtete für den „festen Wehrkörper“, auch wenn das Hochwasserwehr in funktionalem Zusammenhang mit der Wasserkraftanlage eines Dritten steht. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Berufungszulassung (abgelehnt), Unterhaltung einer wasserwirtschaftlichen Anlage, Anordnung zur Instandsetzung eines Hochwasserwehrs, Präklusion, Unternehmer bzw. Betreiber, wasserwirtschaftliche Anlage, Hochwasserwehr, Überwachungs- und Aufsichtsmaßnahme, Mitwirkungspflicht, geringer Aufwand, Unternehmereigenschaft, Bedingung
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 13.12.2023 – M 31 K 22.2422
Fundstelle:
BeckRS 2024, 7428
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 13. Dezember 2023 für beide Rechtszüge auf jeweils 50.000 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Kläger wendet sich gegen eine wasserrechtliche Anordnung, mit dem ihm die Erstellung eines Sanierungskonzepts und die anschließende Durchführung baulicher Maßnahmen für die Instandsetzung einer Wehranlage aufgegeben wurde.
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Die Rechtsvorgängerin des Klägers, ein Wasser- und Bodenverband, führte in den Jahren 1927 bis 1934 Maßnahmen zur streckenweisen Regulierung der Isen und zur Entwässerung anliegender Grundstücke durch. Im Zuge dessen errichtete sie u.a. ein Hochwasserwehr bei der Wöhrmühle; die Beigeladene betreibt dort auf ihrem Grundstück FlNr. 1424 Gemarkung W* … eine Wasserkraftanlage.
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Mit Beschluss vom 25. April 1939 erteilte der Landrat des Landkreises Mühldorf dem Kläger u.a. die Erlaubnis zur Errichtung des o.g. Hochwasserwehrs (unter A.I.f.) und gab ihm auf, dieses in vollem Umfang und dauernd zu unterhalten (vgl. B.I.13). Zugleich wurde geregelt, dass der Triebwerksbesitzer zu den Kosten für die Unterhaltung des Wehrs herangezogen werden kann (vgl. B.II.19). Demgemäß wurde der Rechtsvorgänger der Beigeladenen mit Beschluss des Landratsamts Erding vom 20. Juli 1962 verpflichtet, sich an den Kosten des festen Wehrkörpers mit 50% zu beteiligen (vgl. dort Nr.I.8.c). Zudem wurde der Rechtsvorgänger der Beigeladenen zur Unterhaltung der beweglichen Teile des Wehrs (insbesondere Schützen, Aufzugsvorrichtung, Alarmanlage) verpflichtet; diese Regelung wurde mit Bescheid vom 12. Juni 1996 gegenüber der Beigeladenen mit Wirkung bis zum 31. Dezember 2026 verlängert.
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Am 19. März 1978 beschloss der Gemeinderat der früheren Gemeinde Tegernbach, die Entlassung aller in ihrem Gemeindegebiet liegenden Grundstücksflächen aus dem Verbandsgebiet des Klägers zu beantragen und verpflichtete sich insoweit, die Unterhaltungslast für die Verbandsanlagen zu übernehmen. Der Stadtrat der Stadt Dorfen, beschloss am 18. April 1978, die in der früheren Gemeinde Tegernbach liegenden Verbandsanlagen des Klägers nach deren Eingliederung in die Stadt Dorfen am 1. Mai 1978 zu übernehmen und zu unterhalten. Die Beschlüsse wurden nicht vollzogen. Mit Notarvertrag vom 20. Dezember 1978 übereignete der Kläger u.a. das Gewässergrundstück FlNr. 489, auf dem das Hochwasserwehr liegt, an den Beklagten; die Übertragung erfolgte „wegen Übergang der Unterhaltungsaufgaben (Art. 43 BayWG)“. Die Eintragung im Grundbuch erfolgte am 4. Oktober 1979. Bei dem Gewässerabschnitt der Isen handelte es sich – wie heute – um ein Gewässer zweiter Ordnung.
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Mit Bescheid vom 30. März 2022 verpflichtete das Landratsamt Erding den Kläger, bis spätestens 1. November 2022 ein Sanierungskonzept samt Ausführungs- und Zeitplan für die Instandsetzung der Wehranlage Wöhrmühle zu erstellen, das der Sicherung von anlagen- und betriebsbedingten Anforderungen, insbesondere der Ertüchtigung der Betonsubstanz und Anlagenbauteile dient, und dieses dem Landratsamt sowie der Wehrbetreiberin zur Genehmigung vorzulegen (vgl. dort Nr. 1). Zudem wurde der Kläger verpflichtet, unverzüglich nach Erstellung und Genehmigung der vorgenannten Unterlagen die baulichen Maßnahmen durchzuführen, die erforderlich sind, um die Wehranlage wieder sicher und funktionstüchtig zu machen (vgl. dort Nr. 2). Die Beigeladene wurde zur Duldung dieser baulichen Maßnahmen verpflichtet (vgl. dort Nr. 3). Der Bescheid wurde den Bevollmächtigten des Klägers am 5. April 2022 zugestellt.
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Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger am 2. Mai 2022 Klage zum Verwaltungsgericht München erheben. Zur Klagebegründung hat sein Prozessbevollmächtigter am 6. Juli 2022 auf die bisher im Verfahren vorgebrachten Argumente verwiesen.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 13. Dezember 2023 abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung.
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A. Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die von dem Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt und liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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I. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 18.3.2022 – 2 BvR 1232/20 – NVwZ 2022, 789 = juris Rn. 23 m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 15). Bei der Beurteilung ist nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung abzustellen (vgl. BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426/17 – NVwZ 2021, 325 = juris Rn. 34; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9).
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1. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass der Kläger mit seinem Vortrag nach § 6 UmwRG präkludiert ist, weil er mit der bloßen Bezugnahme auf die im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente im Schriftsatz vom 6. Juli 2022 innerhalb der Frist des § 6 Satz 1 UmwRG keine den Anforderungen dieser Norm entsprechende Klagebegründung abgegeben hat.
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a) § 6 UmwRG findet gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG Anwendung.
13
Mit der Wertung des Verwaltungsgerichts, bei den Verfügungen in Nrn. 1 und 2 des angegriffenen Bescheids handle es sich um Verwaltungsakte über Überwachungs- bzw. Aufsichtsmaßnahmen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG), die mit einer Zulassungsentscheidung im Sinn des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG im Zusammenhang stünden, setzt sich der Zulassungsantrag nicht substanziiert auseinander.
14
Das Verwaltungsgericht hat einen Zusammenhang der angegriffenen Verwaltungsakte mit dem Beschluss des Landrats des Landkreises Mühldorf vom 25. April 1939 erkannt und diesen – gemessen am heutigen Rechtsverständnis – als Verwaltungsakt nach Art. 35 BayVwVfG in der Form einer wasserrechtlichen Gestattung qualifiziert. Der Zulassungsantrag sieht darin eine Missachtung des Wortlauts des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG, der von „Verwaltungsakten“ spricht. Damit kann er nicht durchdringen. Bei der dem Kläger erteilten Erlaubnis zur Errichtung des Hochwasserwehrs nach Art. 77 BayWG 1907 handelt es sich nach der heutigen verwaltungsverfahrensrechtlichen Dogmatik (vgl. BayVGH, B.v. 6.8.2014 – 8 ZB 13.866 – ZUR 2015, 299 = juris Rn. 6 zu Art. 42 BayWG 1907) um einen Verwaltungsakt im Sinn des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG (vgl. auch Riederer/Sieder, BayWG, 1. Aufl. 1957, Art. 169 Rn. 2). Maßgeblich ist die Verwaltungsaktsqualität der Entscheidung (vgl. BT-Drs. 18/9526 S. 36); ob sie als „Beschluss“ oder „Bescheid“ erlassen wird, ist rechtlich ohne Bedeutung (vgl. auch BVerwG, U.v. 29.4.2021 – 4 C 2.19 – BVerwGE 172, 271 = juris Rn. 23).
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Die Wertung des Verwaltungsgerichts, die angefochtenen Anordnungen unterfielen dem – weit auszulegenden – Begriff der Überwachungs- und Aufsichtsmaßnahmen im Sinn des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG, greift der Zulassungsantrag nicht an. Dies trifft auch zu. Bei den Anordnungen handelt es sich um gewässeraufsichtliche Maßnahmen, die auf eine Erhaltung bzw. Wiederherstellung der wasserwirtschaftlichen Anlage in dem erlaubten Zustand gerichtet sind (vgl. Art. 37 Satz 1 BayWG); es geht nicht um selbständige, von einer konkreten Vorhabenzulassung unabhängig Überwachungsmaßnahmen, die von der Vorschrift nicht erfasst wären (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.2021 – 4 C 2.19 – BVerwGE 172, 271 = juris Rn. 22; Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2023, § 1 UmwRG Rn. 121).
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b) Der Zulassungsantrag zeigt auch nicht schlüssig auf, dass es mit geringem Aufwand möglich gewesen wäre, den Sachverhalt ohne Mitwirkung des Klägers zu ermitteln (vgl. § 6 Satz 3 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO).
17
Die Vorschrift des § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO ist eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und betrifft den Fall, dass die gesetzlich normierte Mitwirkungspflicht des Klägers im Einzelfall ihre Bedeutung verliert, weil sich der Sachverhalt so einfach darstellt, dass er ohne nennenswerten Aufwand von Amts wegen ermittelt werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 5.7.2023 – 9 B 8.23 – juris Rn. 17). Das Verwaltungsgericht hat dies zutreffend erkannt; den Ausnahmetatbestand hat es rechtsfehlerfrei eng ausgelegt, um den mit der zwingenden Klagebegründungsfrist des § 6 UmwRG verfolgten gesetzgeberischen Zweck zu erreichen, den Prozessstoff durch frühzeitige Fixierung und Begrenzung handhabbar zu halten (vgl. BT-Drs. 18/12146 S. 16; BayVGH, U.v. 1.12.2022 – 8 A 21.40033 – juris Rn. 50; Steinkühler, UPR 2022, 241/248). Die Ermittlung des Sachverhalts „mit geringem Aufwand“ kommt deshalb nur in solchen Einzelfällen Betracht, in denen die klägerische Beschwer derart auf der Hand liegt, dass sich die Angabe von Klagegründen als bloße Förmlichkeit erwiese (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2021 – 8 ZB 20.1873 – BayVBl 2021, 556 = juris Rn. 17 f.; OVG NW, B.v. 3.11.2023 – 8 B 1049/23.AK – BauR 2024, 495 = juris Rn. 78 f.; VGH BW, U.v. 11.12.2023 – 10 S 1914/22 – juris Rn. 103, jeweils m.w.N.).
18
Dass diese Voraussetzungen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts (vgl. UA Rn. 26 f.) hier vorlägen, zeigt der Kläger nicht auf. Der Vorhalt, ein Herausfiltern und Durchsuchen der 1.405 Seiten umfassenden Behördenakte durch das Gericht sei nicht notwendig gewesen, weil abgeschätzt hätte werden können, dass mit der Bezugnahme auf die bisher im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente (Schriftsatz vom 6.7.2022, VG-Akte S. 38) der dortige, im angegriffenen Bescheid komplett dargestellte Vortrag in vollem Umfang aufrechterhalten bleiben sollte, geht fehl. Die vom Kläger nach § 6 Satz 1 UmwRG geforderte Klagebegründung darf sich nicht auf die pauschale Bezugnahme auf die im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwände beschränken, sondern muss sich mit dem Inhalt der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzen; hierüber Spekulationen anzustellen, ist nicht Aufgabe des Gerichts im Rahmen der Sachverhaltsermittlung (vgl. BVerwG, B.v. 5.7.2023 – 9 B 8.23 – juris Rn. 17; U.v. 6.4.2017 – 4 A 16.16 – DVBl 2017, 1039 = juris Rn. 37). Diese Rechtsprechung gilt entgegen der Auffassung des Klägers nicht nur für Rechtsmittel gegen Planfeststellungsbeschlüsse (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2021 – 8 ZB 20.1873 – BayVBl 2021, 556 = juris Rn. 17 f.; OVG NW, B.v. 8.3.2024 – 8 A 2211/22 – juris Rn. 6 und 24 ff.). Vorliegend hat das Verwaltungsgericht nicht nur auf den Aktenumfang von 1.405 Seiten abgestellt, sondern auch auf den Umstand, dass die Klägerseite ihren Vortrag zur Eigentümerstellung an dem Hochwasserwehr geändert hat (vgl. UA Rn. 27); während sie im Verwaltungsverfahren von ihrer Eigentümerstellung ausgegangen ist (vgl. Schriftsätze vom 21.4.2020, BA S. 823 und vom 28.9.2020, BA S. 940), hat sie diese im Klageverfahren bestritten (vgl. Schriftsatz vom 13.4.2023, VG-Akte S. 75/80). Damit setzt sich der Zulassungsantrag nicht auseinander. Im Übrigen teilt der Senat die Auffassung des Erstgerichts, dass der Prozessstoff einer Fixierung bedurfte, weil er weder aus den Verwaltungsakten noch aus dem angegriffenen Bescheid offen zutage tritt.
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2. Der Zulassungsantrag zieht auch die weitere tragende Begründung des Verwaltungsgerichts, die Anordnung sei rechtsfehlerfrei auf § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG i.V.m. Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG gestützt worden, weil der Kläger für die Unterhaltung des Hochwasserwehrs verantwortlich sei (vgl. UA Rn. 29 ff.), nicht ernstlich in Zweifel.
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a) Dem Kläger wurde – wie das Ausgangsgericht zutreffend erkannt hat (vgl. UA Rn. 34 f.) – die Unterhaltungspflicht für das streitbefangene Hochwasserwehr mit der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 25. April 1939 „in vollem Umfang und dauernd“ auferlegt (vgl. dort Nr. B.I.13). Bei dieser „Bedingung“ handelt es sich – nach der heutigen verwaltungsverfahrensrechtlichen Dogmatik (vgl. oben Rn. 14) – um eine Auflage nach Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG, die akzessorisch mit dem Hauptverwaltungsakt verknüpft ist (vgl. dazu BVerwG, U.v. 22.11.2018 – 7 C 9.17 – juris Rn. 23; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 36 Rn. 83). Dies gilt auch, wenn sich die Unterhaltungspflicht bereits kraft Gesetzes ergibt (vgl. BayVGH, U.v. 22.11.1977 – Nr. 143 VIII 74 – BayVBl. 1978, 468/469; Riederer/Sieder, BayWG, a.a.O., Art. 59 Rn. 19). Die Verpflichtung, die wasserwirtschaftliche Anlage im erlaubten Zustand zu erhalten, gilt während der gesamten Erlaubnisdauer des nach § 15 WHG 1960 und Art. 96 BayWG 1962 übergeleiteten Altrechts (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.1978 – Nr. 5 VIII 78 – nicht veröffentlicht; Sieder/Zeitler, BayWG, Stand September 2023, Art. 37 Rn. 8). Damit kommt es auf die Frage, ob der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Bescheids „Unternehmer“ im Sinn des Art. 37 Satz 1 BayWG war, nicht mehr an.
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b) Im Übrigen hat der Eigentumsübergang an dem Gewässergrundstück FlNr. 489 im Jahr 1979 nicht zu einem Wechsel des unterhaltspflichtigen Betreibers bzw. Unternehmers geführt (vgl. § 36 Abs. 2 Satz 2 WHG; Art. 37 Satz 1 BayWG).
22
Es besteht kein Zweifel, dass der Kläger bis zur Eigentumsübertragung an dem Gewässergrundstück (Auflassung vom 20.12.1978, im Grundbuch eingetragen am 4.10.1979) als Betreiber bzw. Unternehmer für die Erhaltung des Hochwasserwehrs in dem erlaubten Zustand verantwortlich war (vgl. Art. 59 BayWG 1907; Art. 46 Abs. 1 BayWG 1962). Das neu errichtete Hochwasserwehr war Teil des „Regulierungsunternehmens“ und wurde zudem in das Eigentum des Klägers überführt (vgl. Beschluss vom 25.4.1939 S. 14). Die Übertragung des Flussgrundstücks FlNr. 489, auf dem sich das Hochwasserwehr befindet, führt entgegen seiner Auffassung nicht zu einem Betreiberwechsel. Dahinstehen kann, ob die Übertragung des Grundstückseigentums, die „wegen Übergang[s] der Unterhaltungsaufgaben (Art. 43 BayWG)“ erfolgt ist (vgl. Notarvertrag, BA S. 1211), zu einer Änderung der Eigentumsverhältnisse an dem Hochwasserwehr geführt hat. Das Verwaltungsgericht hat dies verneint, weil es die Anlage als sonderrechtsfähigen Scheinbestandteil (§ 95 Abs. 1 Satz 2 BGB) einordnet (vgl. UA Rn. 37 ff.); aus der Sicht des Klägers wurde das um das Jahr 1930 errichtete Wehr (vgl. BA S. 66, 206, 928) hingegen als wesentlicher Bestandteil (§ 94 BGB) gemeinsam mit dem Grundstück FlNr. 489 im Jahr 1979 an den Beklagten übertragen.
23
Die Unternehmereigenschaft ist indessen von der zivilrechtlichen Verfügungsbefugnis unabhängig. Unternehmer ist der Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft. Das öffentliche Wasserrecht kann seine ordnende Funktion nur erfüllen, wenn es klare Anknüpfungspunkte hat und sich nicht in unter Umständen schwierigen zivilrechtlichen Überprüfungen der Eigentümerstellung verlieren muss (vgl. BayVGH, U.v. 22.11.1977 – Nr. 143 VIII 74 – BayVBl. 1978, 468/469; U.v. 7.7.1997 – 22 B 95.3493 – BayVBl. 1998, 694 = juris Rn. 19; Salzwedel, ZfW 1981, 15 f.). Der Kläger zeigt nicht auf, dass seine tatsächliche Möglichkeit, das streitbefangene Hochwasserwehr zu unterhalten, seitdem eingeschränkt worden wäre. Im Übrigen ist keinerlei Interesse des Beklagten zu erkennen, die dem Kläger behördlich auferlegte Unterhaltungspflicht im Wege der Ausübung seiner Eigentümerbefugnisse zu erschweren oder unmöglich zu machen.
24
Die Tatsache, dass das Hochwasserwehr in funktionalem Zusammenhang mit der Wasserkraftanlage der Beigeladenen steht (vgl. Wasserwirtschaftsamt, Stellungnahme vom 8.5.2020, BA S. 838) und dem Triebwerksbesitzer die Bedienung (vgl. Beschluss vom 25.4.1939 Nr. B.II.18) und später die Instandhaltung der beweglichen Teile des Wehrs (Schützen, Aufzugsvorrichtung, Alarmanlage u.ä.) übertragen wurde (vgl. Beschluss vom 20.7.1962 Nr. I.8.c), führt entgegen der Auffassung des Klägers nicht dazu, dass die Beigeladene alleine für den Unterhalt der Wehranlage verantwortlich wäre. Prioritär unterhaltungspflichtig bleibt der Kläger als Betreiber der Gewässerregulierung und Unterhaltsverpflichteter für den „festen Wehrkörper“ (vgl. Beschluss vom 20.7.1962 Nr. I.8.c); er ist damit richtiger Adressat des angegriffenen Bescheids. Die Reichweite der mit dem Bescheid angeordneten Sanierungs- (vgl. dort Nr. 1) und Bauverpflichtung (vgl. dort Nr. 2), die nicht zwischen dem festen Wehrkörper und beweglichen Teilen des Wehrs unterscheidet, greift der Zulassungsantrag nicht an.
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II. Der Zulassungsantrag zeigt auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die Zulassungsbegründung erschöpft sich insoweit auf eine vollumfängliche Verweisung auf die Ausführungen zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, ist der rechtlich relevante Sachverhalt geklärt; die von dem Zulassungsantrag angeführten Gesichtspunkte lassen sich anhand der einschlägigen Rechtsvorschriften und Rechtsprechung ohne Weiteres und mit zweifelsfreiem Ergebnis im Zulassungsverfahren klären.
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B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO (zur Nichterstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen im Zulassungsverfahren vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2017 – 8 ZB 15.2664 – ZfB 2018, 33 = juris Rn. 24).
27
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG. Das wirtschaftliche Interesse, von der Unterhaltungslast an einem oberirdischen Gewässer verschont zu bleiben, wird regelmäßig geprägt von dem damit verbundenen Unterhaltungsaufwand (vgl. BayVGH, B.v. 16.12.2021 – 8 C 21.2337 – juris Rn. 11; OVG NW, B.v. 3.11.2015 – 20 A 1389/13 – W+B 2016, 43 = juris Rn. 28). Die Kosten für die Instandsetzung des Hochwasserwehrs sind ausweislich der gutachterlich festgestellten Schäden erkennbar beträchtlich, ohne dass sie exakt beziffert werden könnten (vgl. Prüfbericht vom 25.3.2021, BA S. 1146 ff.; vgl. auch Angebot der Baufirma F. vom 17.3.2020, BA S. 780 ff.). Unter Berücksichtigung der Kostenbeteiligung der Beigeladenen von 50% für die Instandsetzung des festen Wehrkörpers und ihre Unterhaltungslast für die beweglichen Teile des Wehrs schätzt der Senat das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der angestrebten gerichtlichen Entscheidung (vgl. BVerwG, B.v. 7.9.2016 – 5 KSt 6.16 – juris Rn. 4) auf 50.000 EUR. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ist entsprechend abzuändern (vgl. § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).
28
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).