Titel:
Kein Anspruch auf Umwandlung eines Beamtenverhältnisses, wenn der Beamte kein schützenswertes Vertrauen hat (hier: gesundheitliche Eignung)
Normenketten:
BayLlbG Art. 12 Abs. 3 S. 4, Abs. 4 S. 1, Art. 15 Abs. 4 S. 1 Nr. 5
BayFachV-Pol/VS § 12 Abs. 3 S. 1
BeamtStG § 4 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Nr. 2, § 10 S. 1
BayBG Art. 25 S. 1
Leitsatz:
Ein schuldhaftes Zögern des Dienstherrn im Hinblick auf einen Rechtsanspruch eines Beamten auf Probe auf Umwandlung seines Beamtenverhältnisses in eines auf Lebenszeit gem. § 4 Abs. 1 BeamtStG ist nicht erkennbar, wenn der Dienstherr dem Beamten nach dem Ende seiner regelmäßigen Probezeit nicht unangemessen lange in Ungewissheit über sein beamtenrechtliches Schicksal gelassen hat (hier: Zweifel an der gesundheitlichen Eignung waren jedenfalls seit Beginn eines Widerspruchsverfahrens bekannt; dies zerstörte ein schützenswertes Vertrauen an die Übernahme ins Beamtenverhältnis auf Lebenszeit). (Rn. 9 – 10) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Umwandlung eines Probebeamtenverhältnisses in ein solches auf Lebenszeit, angemessene Bedenkzeit nach Ablauf der Probezeit, Beamtenrecht, Umwandlung, Beamter auf Probe, Beamter auf Lebenszeit, Bedenkzeit, Dauer, Angemessenheit, Ernennung, gesundheitliche Eignung, schützenswertes Vertrauen, schuldhaftes Zögern
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Urteil vom 21.11.2023 – B 5 K 22.464
Fundstelle:
BeckRS 2024, 7427
Tenor
I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 21. November 2023 für beide Rechtszüge auf die Wertstufe bis 40.000 Euro festgesetzt.
Gründe
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Der auf den Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen könnten, wären nur zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
3
2. Die mit Wirkung vom 1. März 2020 zur Polizeimeisterin (Besoldungsgruppe A 7) ernannte Klägerin, die sich während ihrer Probezeit im Krankenstand (14.5.2020 bis 7.6.2020, 15.6.2020 bis 4.8.2020, 4.1.2021 bis 5.1.2021, 23.2.2021 bis 28.2.2021, 1. bis 7.3.2021; ab 8.3.2021 individuelles Beschäftigungsverbot), in Mutterschutz (16.9.2021 bis 23.12.2021 und 30.5. bis 5.9.2023) bzw. Elternzeit (24.12.2021 bis 29.5.2023 und 6.9.2023 bis voraussichtlich 23.6.2026) befunden hat bzw. befindet, verfolgt ihr in erster Instanz erfolgloses Begehren weiter, zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt zu werden. Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, es bestehe kein entsprechender Anspruch, weil zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (21.11.2023) die angemessene Bedenkzeit des Dienstherrn nach dem Ende der regelmäßigen Probezeit (6.8.2023) noch nicht abgelaufen gewesen sei. Da die Zweifel an der Eignung der Klägerin seit geraumer Zeit Gegenstand der Diskussion zwischen ihr und ihrem Dienstherrn und nicht zuletzt eines Widerspruchsverfahrens und (des vorliegenden) gerichtlichen Verfahrens (gewesen) seien, habe die Beamtin nicht darauf vertrauen können, ins Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen zu werden. Die Ablehnung der Anrechnung der Elternzeit auf die Probezeit sei gemäß Art. 12 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. Art. 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 LlbG rechtmäßig gewesen, so dass die zweijährige Regelprobezeit (§ 12 Abs. 3 Satz 1 FachV-Pol/VS) nicht bereits früher geendet habe. Der Dienstherr habe in seinem Aktenvermerk vom 11. Januar 2022 (Behördenakte S. 14 f.) sein Ermessen über die Anrechnung unter Bezugnahme auf nur 135 Diensttage fehlerfrei ausgeübt.
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Mit (nicht bestandskräftigem) Bescheid vom 29. Januar 2024 verlängerte das Polizeipräsidium Oberfranken die Probezeit der Klägerin gemäß Art. 12 Abs. 4 Satz 1 LlbG um zwölf Monate (nach ihrer derzeitigen Elternzeit mithin bis 23.6.2027); der Probezeitverlängerung war die Probezeitbeurteilung datierend vom 24. November 2023 beigefügt.
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3. Die gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände begründen keine Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des Urteils. Den zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Urteil setzt die Klägerin mit dem Zulassungsantrag nichts Stichhaltiges entgegen, das weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedürfte.
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a) Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Umwandlung ihres Beamtenverhältnisses auf Probe in ein solches auf Lebenszeit nicht zu.
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Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Umwandlung des Probebeamtenverhältnisses in ein solches auf Lebenszeit gemäß § 10 Satz 1 BeamtStG i.V.m. Art. 25 Satz 1 BayBG, Art. 12 Abs. 1 Satz 1 bis 3 LlbG liegen nicht vor. Die Klägerin hat sich in der laufbahnrechtlichen Probezeit noch nicht bewährt. Die Entscheidung darüber, ob der Beamte sich in der Probezeit nach Eignung – wozu auch die gesundheitliche Eignung gehört –, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis eines für die Beurteilung zuständigen Organs. Dabei genügen bereits berechtigte Zweifel des Dienstherrn, ob der Beamte die Eignung und Befähigung besitzt und die fachlichen Leistungen erbringt, die für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit notwendig sind, um eine Bewährung zu verneinen. Diese Entscheidung ist gerichtlich nur darauf überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind. Hat sich der Beamte in der Probezeit noch nicht bewährt oder ist er oder sie noch nicht geeignet, kann – wie hier – eine Verlängerung der Probezeit nach Art. 12 Abs. 4 Satz 1 LlbG angeordnet werden.
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Maßgebend für die Entscheidung des Dienstherrn ist die Bewährung bzw. Nichtbewährung des Beamten während der laufbahnrechtlichen Probezeit. Während dieser Zeit muss der Beamte seine allseitige Eignung, wozu auch die gesundheitliche Eignung zählt, für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nachweisen. Der Dienstherr ist dabei – wie die Klägerin zu Recht vorträgt – aus Gründen der Fürsorgepflicht gehalten, alsbald, d.h. unverzüglich, mithin „ohne schuldhafte Verzögerung“ nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit eine Entscheidung über die Frage der Bewährung des Beamten und daraus zu ziehenden Folgerungen herbeizuführen (rechtsgrundsätzlich hierzu: BVerwG, U.v. 25.2.1993 – 2 C 27.90 – juris Rn. 12 ff.). Trifft der Dienstherr in der gebotenen Zeit nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit keine Feststellung über die Nichtbewährung des Beamten und damit keine Entscheidung über dessen Entlassung und ordnet er auch nicht, um eine Entscheidung zu verschieben, die Verlängerung der laufbahnrechtlichen Probezeit an, so steht das der positiven Feststellung der Bewährung gleich. Bei unangemessen langer Verzögerung der Entscheidung über die Bewährung darf der Beamte von seiner Bewährung ausgehen und kann darauf vertrauen, in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen zu werden. In diesem Fall besitzt der Beamte auf Probe einen Rechtsanspruch auf Umwandlung seines Beamtenverhältnisses in ein solches auf Lebenszeit (§ 4 Abs. 1 BeamtStG). Welche Frist als angemessen anzusehen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, also danach, welche Zeitspanne im jeweiligen Einzelfall für die Feststellung des für diese Entscheidung erheblichen Sachverhalts und für den Entschluss über die Rechtsfolge, mithin für eine sorgfältige Abwägung aller Umstände, erforderlich ist (BVerwG, B.v. 4.2.1992 – 2 B 161.91 – juris Rn. 5 f.; U.v. 31.5.1990 – 2 C 35.88 – juris Rn. 22; OVG Hamburg, B.v. 22.7.2022 – 5 Bs 87/22 – juris Rn. 16). Dabei ist auf den Zeitraum abzustellen, bis dem Beamten von Seiten des Dienstherrn die Absicht der Entlassung, hier der Probezeitverlängerung, mitgeteilt wird (vgl. Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, Stand November 2023, § 23 BeamtStG Rn. 158 m.w.N., wonach im Regelfall ein Zeitraum von etwa sechs Monaten nicht zu beanstanden sei). Die von der Rechtsprechung gebilligte zeitliche Toleranzspanne kann der Dienstherr jedenfalls dann nicht in Anspruch nehmen, wenn er gegen Ende der laufbahnrechtlichen Probezeit und in unmittelbarem Zusammenhang damit nach außen erkennbar nichts unternimmt, um zu einem Urteil über die Bewährung des Beamten zu kommen und diesem alsbald eine Entscheidung folgen zu lassen (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1993 a.a.O. Rn. 14; VGH BW, U.v. 21.2.1995 – 4 S 66/94 – juris Rn. 30 f.; Zängl in Fürst, Gesamtkommentar öffentliches Dienstrecht – GKÖD – Band I, Stand 11/2023, § 34 BBG Rn. 49 ff.).
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Gemessen daran ist vorliegend ein schuldhaftes Zögern des Dienstherrn nicht erkennbar. Das Polizeipräsidium Oberfranken hat die Klägerin nach dem Ende ihrer regelmäßigen Probezeit (6.8.2023) nicht unangemessen lange in Ungewissheit über ihr beamtenrechtliches Schicksal gelassen.
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Das Verwaltungsgericht verweist zu Recht darauf, dass die im Raum stehenden Zweifel an der Eignung der Klägerin jedenfalls seit Beginn des Widerspruchsverfahrens (14.2.2022) Gegenstand der Diskussion zwischen ihr und dem Dienstherrn waren. Entsprechend ordnete das Polizeipräsidium Oberfranken mit Schreiben vom 11. Januar 2022 an, dass sich die Probezeit um die in Anspruch genommene Elternzeit verlängern werde, da die Feststellung der notwendigen gesundheitlichen Eignung bisher „noch nicht“ abschließend habe getroffen werden können. Seit dem 16. September 2021 hat die Klägerin ihre tatsächliche Beschäftigung nicht wiederaufgenommen, um sich weiter zu bewähren. Schon dies hebt den Sachverhalt vom Regelfall ab und steht einem schützenswerten Vertrauen der Klägerin dahingehend entgegen, sie werde ins Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen.
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Spätestens in der mündlichen Verhandlung am 21. November 2023 setzte der Dienstherr die Klägerin sodann über die anstehende Probezeitverlängerung in Kenntnis (Protokoll S. 2). Der seit dem Ende der Probezeit bis dahin verstrichene Zeitraum von drei Monaten erweist sich angesichts der vorliegenden Umstände des Einzelfalls nicht als unangemessen lange. Der Klägerin wurde zunächst Elternzeit bis zum 23. Oktober 2023 bewilligt, so dass der Dienstherr berechtigt davon ausgehen durfte, die Probezeit werde sich bis zum 30. Dezember 2023 verlängern. Erst durch die Geburt des zweiten Kindes am 24. Juni 2023 und den damit einhergehenden, als Probezeit zu wertenden Mutterschutzzeiten, auf die die Klägerbevollmächtigte den Dienstherrn im Rahmen des Klageverfahrens mit Schreiben vom 24. Oktober 2023 hinwies, endete die laufbahnrechtliche Probezeit am 6. August 2023, so dass sich für den Dienstherrn nunmehr das Erfordernis ergab, eine Probezeitbeurteilung zu erstellen.
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Der Einwand, dem Dienstherrn hätten (mit Schr. v. 12.8.2022) die privatärztlichen Atteste über die Diensttauglichkeit der Klägerin sowie die Kenntnis (Schr. v. 1.3.2023) über ihre erneute Schwangerschaft und den voraussichtlichen Geburtstermin bereits früher vorgelegen, führt nicht zu einer unangemessen langen Bedenkzeit des Dienstherrn. Weder die ärztlichen Atteste noch die Kenntnis von der Schwangerschaft und des „voraussichtlichen Geburtstermins“ waren für sich gesehen für die Dauer der Probezeit von Belang. Selbst wenn die Beamtin „den Beklagten“ – wie in der Zulassungsbegründung (S. 9) behauptet – bereits am 28. Juni 2023 über die Geburt ihres zweiten Kindes in Kenntnis gesetzt haben sollte, führt dies nicht zu einer schuldhaften Verzögerung einer Entscheidung nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit. Denn der Dienstherr kann grundsätzlich die volle Probezeit abwarten, bevor er eine abschließende Entscheidung über die Bewährung trifft (BVerwG, U.v. 12.6.1964 – VI C 167.61 – BeckRS 1964, 31312964; Baßlsperger a.a.O. Rn. 156a; Zängl a.a.O. Rn. 48).
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Im Übrigen kündigte der Beklagte nicht nur unverzüglich nach Zugang des Hinweises über die zu wertenden Mutterschutzzeiten vom 24. Oktober 2023 (mit Schr. v. 6.11.2023) die Erstellung einer Probezeitbeurteilung an, sondern machte zugleich deutlich, dass die Beamtin bisher (nur) 135 Tage Dienst geleistet habe und sich nach wie vor auf dem Stand einer Beamtin im ersten Jahr der Probezeit befinde. Mangels Dienstleistung habe die in der Einschätzung während der Probezeit prognostizierte Weiterentwicklung bis dato nicht erfolgen können. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 21. November 2023 (Protokoll S. 2) teilte die Beklagtenseite mit, dass der Beurteiler signalisiert habe, dass für die anstehende Probezeitbeurteilung vermutlich das Gesamturteil „voraussichtlich noch nicht geeignet“ vergeben werde. Zum Ende einer dann voraussichtlich zu verlängernden Probezeit wäre spätestens die polizeiärztliche Vorstellung der Klägerin beklagtenseits angedacht. Entgegen der Zulassungsbegründung (2.5) hat der Dienstherr damit ohne schuldhaftes Zögern nach seiner Kenntnis von den auf die Probezeit anzurechnenden Mutterschutzzeiten die notwendigen Schritte zur Erstellung der Probezeitbeurteilung veranlasst.
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Verzögerungen, die nach Eröffnung des Verfahrens zur Probezeitverlängerung bis zum Erlass des Bescheides vom 29. Januar 2024 aufgetreten sind, führen nicht zu einer unangemessen langen Bedenkzeit. Denn die Verzögerungen sind zum einen darauf zurückzuführen, dass der Beklagte das Verfahrensrecht beachtet hat, indem er die Klägerin zur geplanten Verlängerung der laufbahnrechtlichen Probezeit anhörte. Zum anderen beruhten sie auf einem Verhalten, das der Klägerin zugerechnet werden muss, nämlich dem Antrag ihrer Bevollmächtigten auf Fristverlängerung und der – trotz wiederholter Aufforderung – erst am 26. Januar 2024 erfolgten Vorlage ihrer Vollmacht (vgl. BVerwG, U.v. 25.4.1974 – II C 17.73 – BeckRS 1974, 31305624; Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, Stand November 2023, § 23 BeamtStG Rn. 158).
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b) Die Zulassungsbegründung (unter 2.1 bis 2.4) geht zudem fehl in der Ansicht, die Nichtanrechnung der Elternzeit auf die Probezeit der Klägerin sei ermessensfehlerhaft gewesen.
16
Die Anrechnung der Elternzeiten (Art. 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 LlbG) der Klägerin auf ihre Probezeit steht gemäß Art. 12 Abs. 3 Satz 4 LlbG („können“) im Ermessen des Polizeipräsidiums Oberfranken (Art. 12 Abs. 4 Satz 2 LlbG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 4 ZustV-IM). Dieses hat dabei eine einzelfallbezogene Entscheidung zu treffen, für die vorliegend insbesondere von Bedeutung ist, ob hinreichende Erkenntnisse über die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beamten vorliegen, damit eine zuverlässige Entscheidung über seine Bewährung getroffen werden kann. Denn eine Anrechnung von Zeiten einer Beurlaubung unter Fortfall der Leistungen des Dienstherrn darf dem Zweck der Probezeit, festzustellen, ob der Beamte allen Anforderungen des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit dauerhaft genügen wird (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 LlbG), nicht zuwiderlaufen. Während der Probezeit soll sich der Beamte oder die Beamtin nach Erwerb der Qualifikation für seine oder ihre Fachlaufbahn für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit in dieser Fachlaufbahn bewähren. Die Probezeit soll insbesondere unter Berücksichtigung der Arbeitsergebnisse zeigen, ob der Beamte oder die Beamtin nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in der Lage ist, die Aufgabe der Fachlaufbahn in jeder Hinsicht dauerhaft zu erfüllen (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 und 3 LlbG). Wenn die von dem Beamten in der tatsächlich abgeleisteten Probezeit gezeigten Leistungen oder sein Verhalten Zweifel an seiner Bewährung begründen, erscheint es nicht ermessenswidrig, von einer Anrechnung abzusehen, um noch eine ausreichende Zeit für die Feststellung der Bewährung zu gewinnen (Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, Stand November 2023, Art. 12 LlbG Rn. 24).
17
Vor diesem Hintergrund hat das Polizeipräsidium Oberfranken seine Ermessensausübung rechtsfehlerfrei darauf gestützt, dass es insbesondere „wegen diverser Fehlzeiten“ dem Dienststellenleiter nicht möglich gewesen sei, eine abschließende Prognose über die gesundheitliche Eignung der Beamtin abzugeben. Denn es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Dienstherr bei der Beurteilung der Frage, ob bei einer Anrechnung in der verbleibenden Probezeit voraussichtlich ein ausreichender Beobachtungszeitraum verbleiben würde, auf die tatsächlich geleisteten Diensttage abstellt. Auf welchen Ursachen die Fehlzeiten des Beamten beruhen, kommt es dabei nicht entscheidungserheblich an. Der Dienstherr hat zu prüfen, ob der Beamte allen Anforderungen des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit dauerhaft genügen wird. Nur während des Zeitraums der tatsächlichen Beschäftigung des Beamten kann dieser erprobt werden. Für die Ermessensabwägung waren daher entgegen der Zulassungsbegründung weder privatärztliche Stellungnahmen noch der Umstand von Belang, dass die Fehlzeiten durch die Schwanger- bzw. Mutterschaft der Klägerin und durch ein mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot (14.5. bis 7.6.2020, 15.6. bis 4.8.2020, 4./5.1.2021, 23.2. bis 25.2.2021 und 1. bis 7.3.2021) verursacht waren. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts und damit ein Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 i. V. m. § 24 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG, § 18 BGleiG, Art. 14 Abs. 1 lit. a), Art. 15 RL 2006/54/EG und Art. 10 Richtlinie (EU) 2019/1158 geregelte Benachteiligungsverbot ist damit nicht verbunden. Entfällt die Entscheidungsgrundlage für die Feststellung der Bewährung durch übermäßige Fehlzeiten, bleibt es dem Dienstherrn im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Leistungsgrundsatz unbenommen, Zeiten einer Elternzeit nur bedingt auf die Probezeit anzurechnen (Hoffmann in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht – Kommentar, Stand November 2014, § 10 BeamtStG Rn. 32 zur Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung). Darin liegt die Konkretisierung eines zwingenden sachlichen Grundes i.S.d. § 18 Abs. 2 BGleiG, da der Dienstherr auf eine gewisse Mindesterfahrung zurückgreifen können muss, bevor er eine Lebenszeiternennung vornimmt. Wegen der unterschiedlichen Rechtslage ist das Urteil des VG Köln (U.v. 26.8.2021 – 19 K 5799/18 – juris Rn. 32) auf das hiesige Verfahren nicht übertragbar. Nach § 5 Abs. 5 LVO Pol NRW (im Wesentlichen gleichlautend § 5 Abs. 6 Satz 1 LVO NRW) gelten Beurlaubungszeiten ohne Dienstbezüge und Krankheitszeiten von mehr als drei Monaten (die im entschiedenen Fall durch die Einbeziehung von Mutterschutzzeiten überschritten wurden) nicht als Probezeit. Im hier anzuwendenden Art. 12 Abs. 3 LlbG findet sich keine entsprechende Regelung, nach der pauschalisiert Krankheitszeiten von mehr als drei Monaten nicht als Probezeit anzurechnen wären. In Bayern sind vielmehr auf den Einzelfall bezogene Entscheidungen zu treffen, wann Krankheitszeiten, die eine fundierte Entscheidung über die Bewährung erschweren oder unmöglich machen, zu einer Verlängerung der laufbahnrechtlichen Probezeit führen. Die Dauer des Beschäftigungsverbotes und Mutterschutzzeiten wurden vorliegend im Übrigen als Probezeit berücksichtigt.
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Schließlich unterscheidet sich der Sachverhalt des vorliegenden Falles auch von demjenigen, der der von der Klagepartei ins Feld geführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 30.10.2013 – 2 C 16.12 – juris) zugrunde lag. Gegenstand dieses Urteils war nicht die Frage der Anrechnung der Elternzeit auf die Probezeit, sondern die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung einer Beamtin auf Probe im Rahmen einer Entlassungsverfügung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F.
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Der Bescheid vom 29. Januar 2024, mit dem der Dienstherr die laufbahnrechtliche Probezeit der Klägerin um zwölf Monate verlängerte, ist nicht Streitgegenstand. Die hiergegen erhobenen Einwände gehen daher ins Leere.
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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 40, § 47, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 GKG. Danach ist maßgeblich die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge zum Zeitpunkt der Klageerhebung bzw. Beantragung der Zulassung der Berufung (Grundgehalt A 7 Stufe 1 gemäß Anlage 3 BayBesG zzgl. ruhegehaltsfähige Polizeizulage gemäß Art. 34 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayBesG i.V.m. Anlage 4 zum BayBesG) mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wobei auch die jährliche Sonderzahlung (Art. 82 ff. BayBesG) Berücksichtigung findet (BayVGH, B.v. 3.7.2019 – 3 CE 19.1118 – juris). Die Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung erfolgt von Amts wegen gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.
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5. Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).