Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 11.01.2024 – 101 AR 222/23 e
Titel:

Stufenklage und Auskunft betreffend Prämienanpassungen - fehlende Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses

Normenketten:
VVG § 203 Abs. 2 S. 1, Abs. 5
ZPO § 3, § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 254, § 281
GVG § 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses gem. § 281 ZPO entfällt, wenn dieser auf einer evident einseitigen oder sonst offensichtlich falschen Erfassung des Sachverhalts oder auf einer evident falschen Erfassung des Zuständigkeitsstreitwerts beruht (Bestätigung von BayObLG BeckRS 2023, 10886 Rn. 23 mwN). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. In diesem Sinne willkürlich ist es, wenn das angerufene Gericht den Streitwert einer Stufenklage, mittels derer der Versicherungsnehmer einer privaten Krankenversicherung Auskunft und Rückzahlung von Beitragserhöhungen begehrt, auf 5.000 EUR festsetzt, ohne die klagende Partei zuvor aufzufordern, ihre abweichende - höhere - Schätzung zu präzisieren. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. In einem solchen Fall ist auch die Festsetzung eines Regelstreitwerts mit § 3 ZPO, der eine Ermessensausübung vorsieht, unvereinbar (vgl. BGH BeckRS 2015, 3109). (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Krankenversicherung, Beitragsanpassung, Prämienanpassung, Auskunftsanspruch, Stufenklage, sachliche Zuständigkeit, Verweisungsbeschluss, Regelstreitwert
Fundstelle:
BeckRS 2024, 724

Tenor

Sachlich zuständig ist das Landgericht München I.

Gründe

I.
1
Mit seiner zum Landgericht München I erhobenen Klage vom 9. März 2023 wendet sich der Kläger gegen Prämienerhöhungen seiner privaten Krankenversicherung und verlangt im Wege der Stufenklage Auskunft und Rückzahlung von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung.
2
Der Kläger hat in Klageschrift folgende Anträge angekündigt:
1. Die Beklagtenseite wird verurteilt, der Klägerseite für alle Beitragserhöhungen im versicherten Zeitraum vom 05.03.2014 bis 09.03.2023 außer für die Beitragserhöhungen aus den Jahren 2017, 2018 und 2022 gem. § 259 BGB Auskunft über die Höhe der Prämieneinnahmen in den jeweiligen Krankenversicherungstarifen zu dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag zur Versicherungsnummer … zu erteilen, mit Ausnahme der Prämieneinnahmen aus Pflegepflichtversicherungstarifen; dies durch – die Mitteilung der im jeweiligen Jahr aktiven Tarife und – der für diese Tarife im jeweiligen Jahr vorgenommenen Beitragserhöhungen unter Angabe des Datums der Beitragserhöhung.
2. Es wird festgestellt, dass die nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Klageantrag zu 1) noch genau zu benennenden, einseitigen Erhöhungen in den Krankenversicherungstarifen der Klägerseite im Zeitraum zwischen dem 05.03.2014 und dem 09.03.2023, die die Beklagtenseite gegenüber der Klägerseite im Rahmen des zwischen ihnen bestehenden Krankenversicherungsverhältnisses zur Versicherungsnummer … vorgenommen hat, unwirksam sind sowie dass der monatlich fällige Gesamtbetrag für die Zukunft auf einen nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Klageantrag zu 1) noch genau zu beziffernden Betrag zu reduzieren ist, wobei sämtliche Tarife der Pflegepflichtversicherung von dieser Feststellung ausgeschlossen sind.
3. Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Klageantrag zu 1) noch zu beziffernden Betrag, der sich aus den aufgrund der unter 2. festgestellten Unwirksamkeit ergebenden rechtsgrundlosen Zahlungen der Klagepartei an die Beklagte ergibt, zu zahlen, nebst der gezogenen Nutzungen hieraus seit ungerechtfertigter Zahlung bis zur Rechtshängigkeit sowie nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
4. …“
3
Zur Klagebegründung hat der Kläger insbesondere vorgetragen, die Beklagte habe die Prämien nach § 203 Abs. 2 VVG erhöht. Sämtliche Beitragsanpassungen in dem Zeitraum, für den er „Rückforderungen“ geltend mache, seien jedoch wegen formaler Fehler in den von der Beklagten verwendeten Anschreiben und Informationsschreiben an ihre Versicherungsnehmer (“Beiblätter”) oder materieller Fehler, die die treuhänderische Zustimmung rechtsfehlerhaft machten, unwirksam. Er, der Kläger, habe die anteiligen Erhöhungsbeiträge jeweils bezahlt und bezahle sie auch aktuell noch. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch diene „allein der Bezifferung des Leistungsanspruchs“. Die Nachträge, aus denen sich die genaue Höhe sowie der Zeitpunkt der einzelnen Erhöhungen ergäben, lägen ihm, dem Kläger, nicht mehr vollständig vor; er habe nur noch die Nachträge der Jahre 2017, 2018 und 2022. Vorerst würden nur die seit 1. Januar 2020 bezahlten Beträge zurückgefordert. Zur Höhe des Streitwerts, den der Kläger auf 16.000,00 € beziffert hat, hat er vorgetragen, er gehe von einem Wert des Feststellungsantrags zu 2) in Höhe von 8.000,00 EUR (Feststellung unwirksamer Beitragserhöhungen für zukünftige Zahlungen) sowie von einem Wert des Leistungsantrags zu 3) in Höhe von 8.000,00 € aus (Rückzahlung bereits gezahlter Erhöhungsbeträge). Hinsichtlich der mit dem Klageantrag zu 2) verfolgten negativen Feststellung, dass die Beitragserhöhungen unrechtmäßig erfolgt seien, sei der Streitwert gemäß § 9 ZPO und § 48 Abs. 1 GKG mit dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag des streitigen Unterschiedsbetrags zu bemessen, da es sich um eine Klage auf Erhöhung oder Herabsetzung wiederkehrender Leistungen handle (vgl. BGH, Beschluss vom16.02.2012 – V ZB 271/11; BeckOK ZPO/Wendtland, 31. Ed. 1.12.2018, ZPO § 9 Rn. 9, 10). Für die Berechnung des Streitwerts sei eine der realistischen Erwartung entsprechende Höhe des Rückzahlungsanspruchs im Zeitpunkt der Antragstellung (§ 40 GKG, § 4 Abs. 1 Hs. 1) nach § 3 Hs. 1 ZPO zu schätzen (vgl. Musielak/Voit/Heinrich, 18. Aufl.. 2021, ZPO § 3 Rn.34). Er gehe bei dem Leistungsantrag (Klageantrag zu 3) von einer Anspruchshöhe in Höhe von 8.000,00 € aus. Diese Schätzung werde auf den Mittelwert der Rückzahlungsansprüche gestützt, welche in Parallelverfahren gegen die Beklagte und deren Mitbewerber und Mitbewerberinnen präzise berechnet worden seien. Seine Rechtsschutzversicherung habe eine eigene Schätzung vorgenommen und halte diesen Streitwert für adäquat.
4
Mit Beschluss vom 15. März 2023 hat das Landgericht den Streitwert vorläufig auf 5.000,00 € festgesetzt. Der Streitwert der Auskunftsklage bemesse sich nach §§ 3 ff. ZPO, §§ 48, 63 GKG. Der Streitwert richte sich nach dem Interesse der Klagepartei an der Erteilung der Auskunft. Gemäß § 3 ZPO sei dieser nach einem zu schätzenden Teilwert des Anspruchs zu bemessen, dessen Durchsetzung die verlangte Information vorbereiten solle (BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 – III ZR 338/09, NJW 2011, 926 [juris Rn. 17] mwN). Für den Fall, dass die Klagepartei (wie vorliegend) nicht konkret vortrage, welche Prämienanpassungen vorgelegen haben könnten und welche Rückforderungsansprüche im konkreten Fall daraus zu erwarten sein könnten, sei der Streitwert für ein solches Auskunftsverfahren auf EUR 5.000,00 festzusetzen (OLG Dresden, Beschluss vom 9. August 2022 – 6 U 799/22 –, Rn. 33, juris [EUR 5.000,00]; OLG Nürnberg Endurteil v. 14.3.2022 – 8 U 2907/21, BeckRS 2022, 7415 Rn. 39 [EUR 4.000,00]; OLG Köln, Urteil vom 13. Mai 2022 – I-20 U 198/21 –, Rn. 94 [EUR 4.000,00]; LG Leipzig, 13. Januar 2022, 3 O 1432/21 [EUR 5.000,00]).
5
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 22. März 2023 entgegnet, er gehe weiterhin davon aus, dass der Streitwert bei insgesamt 16.000,00 € liege, und lediglich hilfsweise, für den Fall, dass das Gericht an seiner Auffassung festhalte, beantragt, den Rechtsstreit an das Amtsgericht München zu verweisen.
6
Die Beklagte, der die Klage, der Beschluss vom 15. März 2023 und der klägerische Schriftsatz vom 22. März 2023 am 22. April 2023 zugestellt worden sind, hat mit Schriftsatz vom 26. Juni 2023 Klageabweisung beantragt und ausgeführt, die Berechnung der Klagepartei zum Streitwert sei nicht nachvollziehbar. Bei Stufenklagen sei der Wert der Auskunft anzusetzen. Dieser bemesse sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der Klagepartei hinsichtlich seines Leistungsbegehrens. Hierzu fänden sich in der Klageschrift keine relevanten Ausführungen. Vorliegend dürfte die sachliche Zuständigkeit des Gerichts aber gerade noch gegeben sein. In den letzten zehn Jahren sei der Beitrag innerhalb der privaten Krankenversicherung im Durchschnitt um 2,8% jährlich angestiegen. Es sei der Klagepartei zumutbar, den Streitwert jedenfalls überschlägig anhand der eigenen Kontoauszüge zu ermitteln oder aber den aktuellen Beitrag mit dem Steigerungssatz von 2,8% p.a. zurückzurechnen.
7
Mit an die Parteien hinausgegebenen Beschluss vom 30. August 2023 hat das Landgericht sich für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht München verwiesen. Die Entscheidung beruhe auf § 281 Abs. 1 ZPO. Auf Antrag des Klägers habe sich das angegangene Gericht für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das sachlich zuständige Gericht zu verweisen. Auf den Streitwertbeschluss vom 15. März 2023 werde Bezug genommen. Zur Berechnung des Streitwerts einer Stufenklage sei aufgrund der Tatsachenschilderungen in der Klagebegründung das wirtschaftliche Interesse des Klägers angemessen zu bewerten und der sich daraus ergebende Wert zu schätzen (Musielak/Voit/Heinrich, 20. Auflage, ZPO, § 3 Rn. 24). Offensichtlich übertriebene Einschätzungen der Klagepartei – wie sie hier vorlägen – hätten außer Betracht zu bleiben (BGH GRUR 2012, 959, 960). Von einem höheren wirtschaftlichen Interesse des Klägers als 5.000,00 € könne auch nicht in Hinblick darauf ausgegangen werden, dass nach dem Vortrag der Beklagten in den letzten zehn Jahren in der Privaten Krankenversicherung die Beiträge jährlich um 2,8% angestiegen seien. Denn auch aus dieser Angabe ergebe sich kein wirtschaftliches Interesse von über 5.000,00 €.
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Das Amtsgericht München hat sich mit an die Parteien hinausgegebenem Beschluss vom 14. September 2023 für sachlich unzuständig erklärt und mit Beschluss vom 9. Oktober 2023 das Verfahren dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt. Zur Begründung hat es im Beschluss vom 14. September 2023 insbesondere ausgeführt, der Verweisungsbeschluss des Landgerichts München I vom 30. August 2023 entfalte keine Bindungswirkung, weil ihm die rechtliche Grundlage fehle. Nach ganz herrschender Meinung seien bei der Stufenklage bei der Ermittlung des Zuständigkeitsstreitwerts die Vorbereitungs- und Leistungsansprüche zu addieren. Neben dem Auskunftsanspruch (Antrag zu 1) werde mit dem Klageantrag zu 2 die Feststellung der Unwirksamkeit der Erhöhungen sowie ferner der Verpflichtung, für die Zukunft lediglich den um sämtliche Erhöhungen der letzten 9 Jahre reduzierten Beitrag zu zahlen, und mit den Klageantrag zu 3 die Rückzahlung während der letzten 9 Jahre überzahlter Beiträge verlangt. Dazu verhalte sich der Verweisungsbeschluss nicht. Es werde lediglich auf Entscheidungen anderer Gerichte verwiesen, ohne deren Vergleichbarkeit mit dem streitgegenständlichen Fall im Einzelnen darzulegen. Die Klagepartei habe die realistische Erwartung eines Rückzahlungsanspruchs in Höhe von 8.000,00 € geäußert. Das Landgericht habe diese Erwartung ohne weitere Begründung oder eigene Schätzung als offensichtlich übertrieben und damit unbeachtlich eingestuft. Zu berücksichtigen sei, dass der Kläger sämtliche Erhöhungen über insgesamt neun Jahre angreife. Setze man für den Auskunftsanspruch 1/10 des angegebenen Leistungsinteresses von 8.000,00 € an, ergebe sich ein Streitwert für den Auskunftsantrag von 800,00 €. Streitwerterhöhend sei zudem der Klageantrag zu 2 zu berücksichtigen.
9
Der Zuständigkeitsstreitwert betrage somit deutlich mehr als 5.000,00 €.
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Im Bestimmungsverfahren hat sich der Kläger dahingehend geäußert, er gehe weiterhin davon aus, dass der Streitwert nach der Anspruchskonkretisierung bei insgesamt 4.335,74 € liege. Auf gerichtlichen Hinweis, dass dies nicht ohne weiteres nachvollziehbar sei, hat er mitgeteilt, seine Anspruchskonkretisierung sei aufgrund eines Fehlers erst am 21. Dezember 2023 versandt worden. In diesem Schriftsatz werden folgende Klageanträge angekündigt:
1. Es wird festgestellt, dass alle auf Grundlage von § 203 Abs. 5 VVG erfolgten einseitigen Erhöhungen in den Krankenversicherungstarifen der Klägerseite – mit Ausnahme sowohl der Erhöhungen in den Tarifen zur Pflegepflichtversicherung als auch der Erhöhungen zur Beitragsentlastung im Alter, wiederum mit Ausnahme des gesetzlichen Zuschlags – die die Beklagtenseite gegenüber der Klägerseite im Rahmen des zwischen ihnen bestehenden Krankenversicherungsverhältnisses zur Versicherungsnummer … im streitgegenständlichen Zeitraum vorgenommen hat, unwirksam sind sowie dass der monatlich fällige Gesamtbetrag auf 422,43 EUR zu reduzieren ist:
a) im Tarif … zum 01.01.2023 um 38,49 €
b) im Tarif … zum 01.01.2023 um -2,74 €
c) im Tarif … zum 01.01.2019 um 8,02 €
d) im Tarif … zum 01.01.2018 um 5,18 €
e) im Tarif … zum 01.01.2015 um 19,62 €
2. Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite 2.004,36 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit für Beitragszahlungen ab dem 01.01.2020 zu zahlen, zzgl. Nutzungen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, die die Beklagte aus den Zahlungen der Klagepartei auf die gem. Antrag Nr. 1 unwirksamen Prämienerhöhungen bis zur Rechtshängigkeit der Klage gezogen hat, zudem zur Zahlung von Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf diese Nutzungen seit Rechtshängigkeit.
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Fortan würden lediglich „die Leistungsstufe der erhobenen Stufenklage sowie die Nebenforderung“ weiterverfolgt. In Zukunft habe der Kläger statt 491,00 € monatlich nur 422,43 € zu zahlen. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 21. Dezember 2023 habe er 2.004,36 € zu viel gezahlt. Der Streitwert – nach der Anspruchskonkretisierung – betrage 4.884,30 €. Der Wert des Klageantrags zu 1) belaufe sich auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag des streitigen Unterschiedsbetrags, vorliegend also 2.879,94 € und der Streitwert des Klageantrags zu 2) betrage 2.004,36 €.
12
Die Beklagte hat sich den Ausführungen des Amtsgerichts angeschlossen; sie werde sich im Übrigen rügelos zur Sache bei dem Landgericht München I einlassen.
II.
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Auf die zulässige Vorlage ist die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts München I auszusprechen.
14
1. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung durch das Bayerische Oberste Landesgericht liegen vor.
15
a) Die mit der Sache befassten Gerichte haben sich im Sinne dieser Vorschrift „rechtskräftig“ für unzuständig erklärt, das Landgericht München I durch den nach Rechtshängigkeit der Streitsache ergangenen Verweisungsbeschluss vom 30. August 2023, das Amtsgericht München durch die zuständigkeitsverneinende Entscheidung vom 14. September 2023. Beide Beschlüsse sind den Parteien bekanntgegeben worden. Die in dieser Weise jeweils ausdrücklich ausgesprochene verbindliche Leugnung der eigenen sachlichen Zuständigkeit erfüllt mithin alle Anforderungen, die an das Tatbestandsmerkmal „rechtskräftig“ im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind. Dem steht nicht entgegen, dass das Amtsgericht den Parteien vor seiner Entscheidung kein rechtliches Gehör gewährt hat, denn es hat ihnen seine Entscheidung zumindest nachträglich bekannt gemacht (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 15. August 2017, X ARZ 204/17, NJW-RR 2017, 1213 Rn. 12 m. w. N.; BayObLG, Beschluss vom 12. September 2022, 101 AR 82/22, NJW-RR 2022, 1605 Rn. 20; Schultzky in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 36 Rn. 35).
16
b) Auch der negative Kompetenzkonflikt zwischen Amtsgericht und Landgericht über die sachliche Zuständigkeit als Eingangsinstanz ist im Verfahren nach oder analog § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu entscheiden (vgl. BayObLG, Beschluss vom 10. Juli 2023, 101 AR 148/23 e, juris Rn. 14 m. w. N.; Toussaint in BeckOK ZPO, 51. Ed. 1. Dezember 2023, § 36 Rn. 38.1).
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c) Zuständig für die Bestimmungsentscheidung ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO i.V. m. § 9 EGZPO das Bayerische Oberste Landesgericht, weil das im Instanzenzug nächsthöhere gemeinschaftliche Gericht über dem Amtsgericht München und dem Landgericht München I in der hier vorliegenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit der Bundesgerichtshof ist (vgl. BayObLG, a. a. O. Rn. 15; Toussaint in BeckOK, ZPO, § 36 Rn. 45.2).
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2. Sachlich zuständig ist das Landgericht München I; dessen Verweisungsbeschluss vom 30. August 2023 entfaltet keine Bindungswirkung.
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Im Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ist der Kompetenzstreit in der Weise zu entscheiden, dass das für den Rechtsstreit tatsächlich zuständige Gericht bestimmt wird; eine Auswahlmöglichkeit oder ein Ermessen bestehen nicht (BGH, Beschluss vom 14. Februar 1995, X ARZ 35/95, juris Rn. 3; BayObLG, Beschluss vom 15. September 2020, 101 AR 101/20, juris Rn. 21 m. w. N.).
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a) Der Verweisungsbeschluss des Landgerichts München I vom 30. August 2023 entfaltet keine Bindungswirkung.
21
aa) Zwar hat der Gesetzgeber in § 281 Abs. 2 Sätze 2 und 4 ZPO die grundsätzliche Unanfechtbarkeit von Verweisungsbeschlüssen und deren Bindungswirkung angeordnet. Auch ein sachlich zu Unrecht oder verfahrensfehlerhaft ergangener Verweisungsbeschluss entzieht sich danach grundsätzlich der Nachprüfung. Dies ist im Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu beachten. Im Fall eines negativen Kompetenzkonflikts innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist daher grundsätzlich das Gericht als zuständig zu bestimmen, an das die Sache in dem zuerst ergangenen Verweisungsbeschluss verwiesen worden ist (st. Rspr., vgl. z. B. BayObLG, Beschluss vom 31. August 2023, 102 AR 167/23, juris Rn. 19). Die Bindungswirkung entfällt allerdings dann, wenn der Verweisungsbeschluss schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden kann, etwa weil er auf der Verletzung rechtlichen Gehörs beruht, nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen wurde oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muss (BayObLG, Beschluss vom 31. August 2023, 102 AR 167/23, juris Rn. 20. m. w. N.). Ein Verweisungsbeschluss kann u. a. als willkürlich anzusehen sein, wenn weder aus seiner Begründung noch sonst aus dem Akteninhalt nachvollziehbar ist, auf welcher Grundlage die Verweisung erfolgt ist. Die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses entfällt allerdings nicht schlechthin, wenn der Beschluss nicht mit einer Begründung versehen ist. Maßgeblich ist, ob sich aus dem Vortrag der Parteien oder dem sonstigen Akteninhalt hinreichende Anhaltspunkte für die Gründe, auf denen die Entscheidung beruht, ergeben Gleichfalls als objektiv willkürlich ist es anzusehen, wenn der Verweisungsbeschluss auf einer evident einseitigen oder sonst offensichtlich falschen Erfassung des Sachverhalts (BayObLG, Beschluss vom 20. Juli 2023, 101 AR 150/23 e, juris Rn. 17) oder auf einer evident falschen Erfassung des Zuständigkeitsstreitwerts beruht (BayObLG, Beschluss vom 20. April 2023, 101 AR 15/23, juris Rn. 23 m. w. N.)
22
bb) Der Verweisungsbeschluss des Landgerichts ist in diesem Sinn willkürlich.
23
Im vorliegenden Fall richtet sich die sachliche Zuständigkeit nach dem Wert des Streitgegenstands (§ 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG). Dieser wird vom Gericht nach § 3 Halbsatz 1 ZPO nach freiem Ermessen festgesetzt.
24
Das Landgericht hat im Verweisungsbeschluss vom 30. August 2023 auf seinen Streitwertbeschluss vom 15. März 2023 Bezug genommen, in dem es die Auffassung vertreten hatte, maßgeblich sei das Interesse der Klagepartei an der Erteilung der Auskunft; dieses sei nach einem zu schätzenden Teilwert des Anspruchs zu bemessen, dessen Durchsetzung die verlangte Information vorbereiten solle. Während sich der Beschluss vom 15. März 2023 auf die „vorliegend erhobene Auskunftsklage“ bezieht, werden im Verweisungsbeschluss allerdings Ausführungen zur Berechnung des Streitwerts „einer Stufenklage“ gemacht. Die zitierte Kommentierung „Musielak/Voit/Heinrich, 20. Auflage, ZPO, § 3 Rn. 24“ ist zwar auslegungsbedürftig, aus der Formulierung, es seien aufgrund der Tatsachenschilderungen in der Klagebegründung das wirtschaftliche Interesse des Klägers angemessen zu bewerten und der sich daraus ergebende Wert zu schätzen, ergibt sich jedoch, dass nicht die Kommentierung zu „Auskunft“ (Rn. 23), sondern die zu „Stufenklage“ (Rn. 34) gemeint ist. Es ist somit nicht auszuschließen, dass das Landgericht im Verweisungsbeschluss auf den mit der Stufenklage verfolgten höchsten Anspruch abstellt hat und zwar auf den Hauptanspruch, d. h. auf den noch unbezifferten Leistungsantrag. Dafür spricht zudem die weitere Begründung des Verweisungsbeschlusses, von einem höheren wirtschaftlichen Interesse des Klägers als 5.000,00 € könne auch nicht in Hinblick darauf ausgegangen werden, dass nach dem Vortrag der Beklagten in den letzten zehn Jahren in der PKV die Beiträge jährlich um 2,8% angestiegen seien, denn diese Ausführungen beziehen sich auf das wirtschaftliche Interesse der Klagepartei hinsichtlich ihres Leistungsbegehrens.
25
(1) Dass das Landgericht im Rahmen einer Stufenklage keine Addition der Werte der verschiedenen Stufen vorgenommen hat, ist allerdings nicht unvertretbar. Ob für den Zuständigkeitsstreitwert einer Stufenklage Vorbereitungs- (Auskunfts-) und nachfolgende Ansprüche zu addieren sind, wird in der Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beurteilt (vgl. BayObLG, Beschluss vom 15. Dezember 2022, 102 AR 84/22, juris Rn. 39). Jedenfalls entspricht es einer verbreiteten, wenn auch nicht unbestrittenen, Auffassung, dass für den Zuständigkeitsstreitwert einer Stufenklage allein der höchste Anspruch maßgeblich ist, also in der Regel der mit der Hauptsache verfolgte Zahlungsanspruch (so auch und zu den unterschiedlichen Auffassungen z. B. KG, Beschluss vom 25. April 2019, 2 AR 12/19, juris Rn. 9; vgl. auch Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 5 Rn. 9; Wöstmann in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 5 Rn. 21; Bendtsen in Saenger, ZPO, 10. Aufl. 2023, § 5 Rn. 3; a. A. z. B. OLG Hamm, Beschluss vom 6. September 2016, I-32 SA 49/16, juris Rn. 21; OLG Brandenburg, Beschluss vom 15. November 2001, 1 AR 44/01, MDR 2002, 536 537.; Herget in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 3 Rn. 16.160; Dörndorfer in Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 5. Aufl. 2021, GKG § 44 Rn. 1).
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(2) Willkürlich ist allerdings die Annahme des Landgerichts, dass der Streitwert auf dieser Grundlage insgesamt 5.000,00 € betrage.
27
Es kann hier offenbleiben, ob sich die Streitwertfestsetzung auf den Auskunftsantrag oder die weiteren, dem Auskunftsbegehren nachfolgenden Anträge bezog. Selbst wenn man davon ausgeht, dass das Landgericht diese weiteren Anträge mit insgesamt 5.000,00 € bewertete, entbehrt die dem Verweisungsbeschluss zugrundeliegende Bewertung jeglicher sachlichen Grundlage.
28
Das angerufene Gericht hat die Frage seiner Zuständigkeit stets von Amts wegen zu prüfen und dabei den vorgetragenen Sachverhalt unter allen in Frage kommenden Gesichtspunkten zu würdigen sowie gegebenenfalls nicht vorgetragene, für die Zuständigkeit relevante Umstände aufzuklären (vgl. BGH, NJW-RR 2015, 1016 Rn. 12; BayObLG, Beschluss vom 20. April 2023, 101 AR 15/23, juris Rn. 27). Erst wenn sich danach seine Unzuständigkeit ergibt, kann es den Rechtsstreit gemäß § 281 Abs. 1 ZPO an das für die Streitsache zuständige Gericht verweisen. Denn Sinn und Zweck einer Verweisung ist es, den Rechtsstreit dem zuständigen und gesetzlichen Richter zuzuführen. Erfolgt die Verweisung ohne eine solche Prüfung, so entbehrt die Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage und muss deshalb als willkürlich betrachtet werden. Zwar begründet allein das Unterlassen der gebotenen weiteren Aufklärung nicht den Vorwurf der Willkür. Sie kann aber zu bejahen sein, wenn zusätzliche, schwerwiegende Umstände hinzutreten (vgl. BayObLG, a. a. O.).
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Dies ist hier der Fall. Das Landgericht, das den Kläger nicht aufgefordert hatte, seine Schätzung z. B. durch Angabe der aktuell gezahlten Prämien und der ihm unstreitig vorliegenden Nachträge der Jahre 2017, 2018 und 2022 zu präzisieren, hat im Verweisungsbeschluss ohne Tatsachengrundlage ausgeführt, aus dem von der Beklagten vorgetragenen Umstand, dass in den letzten zehn Jahren die Beiträge in der Privaten Krankenversicherung jährlich um 2,8% gestiegen seien, ergebe sich kein wirtschaftliches Interesse von über 5.000,00 €.
30
Eine möglichweise erfolgte Annahme eines Regelstreitwerts (z. B. in Anlehnung an § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 RVG) wäre mit § 3 ZPO und der darin geforderten Ermessensausübung unvereinbar (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2015, I ZR 95/14, juris Rn. 2). Der Zivilprozessordnung liegt die Vorstellung zugrunde, dass für jeden vermögensrechtlichen Streitgegenstand eine Wertberechnung möglich ist (BayObLG, Beschluss vom 10. Juli 2023, 101 AR 148/23 e, juris Rn. 40; Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, § 3 Rn. 7 unter Bezugnahme auf RG, Urt. v. 7. Juni 1882, I 260/82, RGZ 10, 321 322.). § 52 Abs. 2 GKG oder § 36 Abs. 3 GNotKG sind insoweit nicht anwendbar (OLG München, Beschluss vom 28. Februar 2023, 38 U 5632/22, juris Rn. 12). Allenfalls in einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit wäre eine Orientierung an dem Auffangwert für Anwaltsgebühren denkbar (BGH, Beschluss vom 7. Juli 2022, V ZB 75/21, NZM 2022, 754 Rn. 7; großzügiger: Elzer in Toussaint, Kostenrecht, 53. Aufl. 2023, ZPO § 3 Rn. 14). Selbst dann wäre aber Voraussetzung, dass es an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Schätzung des Interesses fehlt (BayObLG, Beschluss vom 10. Juli 2023, 101 AR 148/23 e, juris Rn. 40). Mit solchen möglichen Anhaltspunkten hat sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt.
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Die im vorläufigen Streitwertbeschluss des Landgerichts vom 13. März 2023 angeführten Entscheidungen zu dem Streitwert „für ein solches Auskunftsverlangen“ können eine eigenständige Begründung nicht ersetzen. Das Landgericht legt in keiner Weise dar, dass und inwieweit die angeführten Entscheidungen mit dem vorliegenden Verfahren vergleichbare Konstellationen betreffen. Das ergibt sich auch nicht von selbst. Überwiegend betreffen die Wertfestsetzungen in den Entscheidungen nicht den Zuständigkeitsstreitwert erster Instanz, sondern den Gegenstandswert für das Berufungsverfahren. Diese Werte können für sich genommen schon deshalb nicht unbesehen als Vergleichswerte dienen, weil sich der Zuständigkeitsstreitwert erster Instanz und der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren maßgeblich unterscheiden können (vgl. z. B. BGH, Beschluss vom 26. November 2020, V ZR 87/20, juris Rn. 9, der insbesondere darauf hinweist, dass bei einer Stufenklage, bei der in erster Instanz nur der Auskunftsanspruch abgelehnt wird, die Beschwer nur mit einem Bruchteil des Hauptantrages festzusetzen sei). Das vom Landgericht zitierte Oberlandesgericht Dresden (Beschluss vom 9. August 2022, 6 U 799/22, juris Rn. 33) hat den Gegenstandswert für das Berufungsverfahren „entsprechend den Ausführungen aus dem Hinweisbeschluss des Senats festgesetzt. Angesichts des völlig unbestimmten Auskunftsbegehrens hielt der Senat den Auffangstreitwert von 5.000 € für sachgerecht und angemessen. Angesichts des weitergehenden Streitgegenstandes in erster Instanz hatte es bei der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung zu verbleiben.“ Hieraus ist weder ersichtlich, ob dem Berufungsgericht für seine Festsetzung der Beschwer überhaupt – und ggf. welche – Anhaltspunkte (wie etwa die aktuelle Prämie und die Laufzeit des Vertrags) für eine zumindest grobe Schätzung vorlagen, noch wie das Gericht erster Instanz den (vom Berufungsgericht gebilligten) Zuständigkeitsstreitwert gebildet hatte (immerhin handelte es sich um eine Ausgangsentscheidung des Landgerichts, was auf einen Zuständigkeitsstreitwert von mehr als 5.000,00 € hindeuten kann). Das vom Landgericht angeführte Oberlandesgericht Nürnberg (Urt. v. 14. März 2022, 8 U 2907/21, juris Rn. 56) hat für den „Streitwert für das Berufungsverfahren […] den Wert des auf Auskunft gerichteten Klageantrags mangels anderer Anhaltspunkte auf 4.000 € geschätzt (§ 3 ZPO)“. Auch hier lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen, ob und gegebenenfalls welche Anhaltspunkte dem Gericht für eine Schätzung vorlagen. Im Übrigen hat das Gericht den Streitwert für das Berufungsverfahren insgesamt auf 5.392,84 € festgesetzt. Das vom Landgericht zitierte Oberlandesgericht Köln (Urt. v. 13. Mai 2022, I-20 U 198/21, juris Rn. 94) hat den „Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 4.000,00 EUR“ festgesetzt, ohne dies in irgendeiner Weise näher zu begründen. Die vom Landgericht München I zitierte Entscheidung des Landgerichts Leipzig vom 13. Januar 2022 (Az. 3 O 1432/21) ist, soweit ersichtlich, nicht veröffentlicht. Das im Verfahren nachfolgende Oberlandesgericht Dresden hat in einem Hinweisbeschluss (vom 18. Juli 2022, 4 U 337/22, juris Rn. 2) allerdings darauf hingewiesen, dass es „an die Wertfestsetzung des Landgerichts, das ausgehend von § 52 Abs. 2 GKG analog einen Regelstreitwert von 5.000,- EUR für den Auskunftsantrag angenommen hat“, nicht gebunden sei. Das deutet darauf hin, dass das Landgericht Leipzig allein den Auskunftsantrag mit 5.000,00 € bewertet hat, sagt aber nichts über dessen Bewertung etwaiger Leistungsanträge aus.
32
(3) Bei Einreichung der Klage lag der Zuständigkeitsstreitwert über 5.000,00 €, sodass das Landgericht sachlich zuständig ist.
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(a) Die sachliche Zuständigkeit des Landgericht München I wird durch die im Schriftsatz vom 21. Dezember 2023 angekündigte „Anspruchskonkretisierung“ des Klägers nicht berührt (§ 261 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).
34
(b) Der Streitwert für die begehrte Feststellung der Nichtleistungspflicht und der Streitwert für die Rückzahlungsansprüche sind zu addieren, soweit sich die Klageanträge nicht auf denselben Zeitraum beziehen (vgl. BGH, Urt. v. 10. März 2021, IV ZR 353/19, juris Rn. 37) .
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Aus dem Schriftsatz vom 21. Dezember 2023 ergibt sich, welche Prämienanpassungen der Kläger für unwirksam hält. Er ist der Ansicht, vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2017 monatlich 19,62 €, vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 monatlich 24,80 € (19,62 € + 5,18 €) und vom 1. Januar 2019 bis 31. Dezember 2019 monatlich 32,82 € (19,62 € + 5,18 € + 8,02 €) zu viel gezahlt zu haben.
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Daraus ergeben sich zusätzlich zu den mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2023 bezifferten Rückzahlungsansprüchen in Höhe von € 2.004,36 €, die den Zeitraum 1. Januar 2020 bis 21. Dezember 2023 betreffen, weitere Überzahlungen im Zeitraum vom 5. März 2014 bis zum 31. Dezember 2019 in Höhe von 1.397,76 €, die Gegenstand des ursprünglichen Klageantrags zu 2. sind. Ein Feststellungsabschlag ist bei einer negativen Feststellungsklage nicht vorzunehmen (BGH, Urt. v. 15. März 2023, IV ZR 322/20, juris Rn. 36; OLG Dresden, Urt. v. 26. Oktober 2023, 4 U 1070/23, juris Rn. 28). Für den Zeitraum 5. März 2014 bis 21. Dezember 2023 beträgt der Streitwert somit 3.402,12 €.
37
Hinsichtlich der mit dem ursprünglichen Klageantrag zu 2. darüber hinaus begehrten Feststellung, die Prämienzahlung sei in Zukunft zu reduzieren, ist der Streitwert in analoger Anwendung des § 9 ZPO zu bestimmen (vgl. BGH, Urt. v. 10. März 2021, Az.: IV ZR 353/19, juris Rn. 37). Danach ist grundsätzlich ein Zeitraum von 3,5 Jahren ab Anhängigkeit des Feststellungsantrags zugrunde zu legen. Der Zeitraum März 2023 bis Dezember 2023 wurde allerdings bereits bei dem nunmehr bezifferten Zahlungsantrag berücksichtigt und wirkt sich hier nicht streitwerterhöhend aus. Hinsichtlich des Differenzbetrags ist von der im Schriftsatz vom 21. Dezember 2023 näher begründeten Annahme des Klägers auszugehen, die geschuldete Prämienzahlung betrage statt 491,00 € nur 422,43 €. Daraus ergibt sich eine Erhöhung des Streitwerts um 2.194,24 € (68,57 € x 32 Monate).
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Daraus ergibt sich ein Streitwert von mindestens 5.596,36 €.