Titel:
Ladungsfähige Anschrift des Klägers, c/o-Adresse (nicht ausreichend), Behauptete Bedrohungen aus der rechtsextremen Szene, Betreibensaufforderung, Fiktion der Klagerücknahme, Antrag auf Forstsetzung des Klageverfahrens
Normenketten:
VwGO § 82 Abs. 1
VwGO § 92 Abs. 2
Schlagworte:
Ladungsfähige Anschrift des Klägers, c/o-Adresse (nicht ausreichend), Behauptete Bedrohungen aus der rechtsextremen Szene, Betreibensaufforderung, Fiktion der Klagerücknahme, Antrag auf Forstsetzung des Klageverfahrens
Fundstelle:
BeckRS 2024, 7128
Tenor
I. Es wird festgestellt, dass das Klageverfahren mit dem Aktenzeichen M 32 K ... durch Fiktion der Klagerücknahme beendet wurde.
II. Der Kläger hat die Kosten des fortgesetzten Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt im vorliegende Verfahren die Fortsetzung seines einen Auskunftsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG) betreffenden Klageverfahrens mit dem Aktenzeichen M 32 K … (im Folgenden: Bezugsverfahren), welches vom Gericht unter Berufung auf den Eintritt der Fiktion der Klagerücknahme nach § 92 Abs. 2 VwGO mit Beschluss vom 18. November 2021 eingestellt worden war.
2
In der von der bevollmächtigten Rechtsanwältin des Klägers im Bezugsverfahren am 17. Mai 2021 eingereichten Klageschrift wird für den Kläger eine c/o-Adresse angegeben („c/o n* …org“ mit Straße und Ort).
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In der Erstzustellung vom 9. Juni 2021 bat das Gericht die Klageseite unter anderem um Mitteilung, ob der Kläger unter der angegebenen c/o-Adresse auch wohne (Unterstreichung im Original). Mit Schriftsatz vom 15. Juni 2021 erklärte die Bevollmächtigte des Klägers, dass es sich bei der Adresse um die des Arbeitgebers des Klägers handle. Der Kläger wolle seine Wohnanschrift mit Blick auf regelmäßige Drohungen aus der rechtsextremen Szene nicht offenlegen; aus diesem Grund bestehe auch eine Melderegisterauskunftssperre. Der Kläger sei jedoch unter der mitgeteilten Anschrift sowie über die Kanzleianschrift der Bevollmächtigten postalisch erreichbar.
4
Mit Betreibensaufforderung vom 17. August 2021, bei der Bevollmächtigten des Klägers eingegangen am 19. August 2021, forderte das Gericht den Kläger unter Hinweis auf § 92 Abs. 2 VwGO auf, innerhalb von zwei Monaten eine ladungsfähige Anschrift mitzuteilen. Das Gericht wies darauf hin, dass die Angabe einer bloßen c/o-Adresse auch bei anwaltlicher Vertretung nicht ausreiche, da zum Beispiel eine etwaige Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers oder Kostenrechnungen direkt an die Mandantschaft erfolgten. Förmliche Zustellungen des Gerichts würden von der Post nur an Adressen vorgenommen, unter denen der Adressat auch wohnhaft sei. Am 5. Oktober 2021 wiederholte die Bevollmächtigte des Klägers die Gründe für die Nichtmitteilung der Wohnschrift. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2021 betonte das Gericht, dass es auf die Mitteilung der Wohnanschrift bestehen müsse. Hierzu verwies es auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 13.4.1999 – 1 C 24.97 – juris). Die behauptete Furcht des Klägers vor Rechtsextremisten rechtfertige keine Ausnahme. Alle Prozessdaten, also auch die Wohnanschriften der Beteiligten, unterlägen strenger datenschutzrechtlicher Diskretion und würden selbstverständlich nicht an Dritte herausgegeben. Auf dieses Schreiben reagierte die Klageseite nicht.
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Mit Beschluss vom 18. November 2021 stellte das Gericht das Bezugsverfahren unter Berufung auf den Eintritt der Klagerücknahmefiktion ein.
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Mit Schreiben vom 23. November 2021 bat die Klageseite zunächst um Klarstellung, warum das Gericht von einem Nichtbetreiben des Verfahrens ausgegangen sei.
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Am 29. November 2021 beantragte die Klageseite,
das Bezugsverfahren fortzusetzen.
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Mangels Anhaltspunkten für einen Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses habe schon eine Betreibensaufforderung nicht ergehen dürfen. Jedenfalls habe die Klageseite mit ihren Angaben das Verfahren ausreichend betrieben.
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Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2022 bestellte sich der Bevollmächtigte der Beklagten für das gegenständliche Fortsetzungsverfahren und trat dem Einstellungsbeschluss des Gerichts im Bezugsverfahren mit umfangreicher Begründung bei. Unabhängig von der Frage, ob der Zulässigkeit des Fortsetzungsantrags des Klägers bereits entgegenstehe, dass der Kläger wiederum seine Wohnanschrift nicht angebe, sei der Fortsetzungsantrag jedenfalls unbegründet. Die Klage gelte nach der Fiktion des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO als zurückgenommen, was das Gericht im Einstellungsbeschluss rechtsfehlerfrei festgestellt habe Der Bevollmächtigte führt hierzu im Wesentlichen aus:
„Entgegen der Auffassung des Klägers bestanden erhebliche Zweifel an einem Fortbestand seines Rechtsschutzinteresses (1.). Daraufhin erließ das Gericht eine ordnungsgemäße Betreibensaufforderung (2.). Trotz der ausdrücklichen Aufforderung hat der Kläger das Verfahren innerhalb der gesetzten Frist nicht betrieben (3.). Die Klage gilt daher als zurückgenommen.
1. Zweifel am Rechtsschutzinteresse des Klägers
Der Erlass einer Betreibensaufforderung nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO erfordert konkrete Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers. Dafür ist sein vorheriges Prozessverhalten zu untersuchen (Eyermann/Rennert, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 92 Rn. 16).
Abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Erlasses der Betreibensaufforderung. Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses können sich nach ständiger Rechtsprechung insbesondere aus der Verletzung prozessualer Mitwirkungspflichten nach § 86 Abs. 1 VwGO ergeben (BVerfG, Beschluss vom 17.09.2012, 1 BvR 2254/11, juris-Rn. 29; BVerwG, Beschluss vom 05.07.2000, 8 B 119/00, juris-Rdnr. 3).
Zu diesen Mitwirkungspflichten zählt es, prozessleitende Verfügungen zu befolgen (OVG Bautzen, Urteil vom 08.06.2015, 1 A 73/15, juris-Rn. 15).
Vorliegend hat der Kläger – auch auf Nachfrage – die Beteiligten sowohl auf Kläger wie auch auf Beklagtenseite entgegen § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur unzureichend bezeichnet und dadurch Zweifel am Fortbestand seines Rechtsschutzinteresses geweckt.
So hat er in der Klageschrift seine Wohnanschrift nicht angegeben. Die spezifische Nachfrage des Gerichts vom 09.06.2021, ob er unter der angegebenen c/o-Adresse wohne, verneinte er lediglich, ohne weiterführende Angaben zu seiner eigenen ladungsfähigen Anschrift zu machen. Dabei war durch die Formulierung der gerichtlichen Frage und die Hervorhebung des Wortes „wohnt“ durch Unterstreichung erkennbar, dass das Gericht mit der Frage letztlich gerade darauf abzielte, die klägerische Anschrift zu ermitteln. Es ist bloßer Formalismus, wenn sich der Kläger nunmehr darauf beruft, das Gericht habe ihn zu diesem Zeitpunkt nicht ausdrücklich zur Preisgabe seiner Adresse aufgefordert. Angesichts der Umstände und vor dem Hintergrund der auch auf Klägerseite bekannten prozessualen Vorschriften (vgl. § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO) war offenkundig, dass das Gericht die Mitteilung einer Wohnanschrift des Klägers für erforderlich hielt und diese durch Nachfrage ermitteln wollte.
Die Weigerung des Klägers, den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestinhalt der Klageschrift durch die umgehende Mitteilung seiner Anschrift zu vervollständigen und so zum Fortgang des Verfahrens beizutragen, verletzte dessen prozessuale Mitwirkungspflichten. Da ein Kläger regelmäßig ein Interesse an der zügigen Erledigung eines angestrengten Rechtsstreits haben wird, war dieses verzögernde Verhalten auch geeignet, Zweifel am Fortbestand des Rechtsschutzinteresses auf Klägerseite zu begründen. Es war davon auszugehen, dass der Kläger das Klageverfahren nur führen möchte, wenn er in diesem Rahmen seine Wohnanschrift nicht angeben muss.
Der Kläger hat somit zumindest fahrlässig seine Mitwirkungspflicht verletzt und damit jedenfalls eine mangelnde Aufmerksamkeit für den Rechtsstreit dokumentiert. Aufgrund dessen lag die Vermutung nahe, sein Rechtsschutzinteresse habe zwischenzeitlich nachgelassen, der Kläger sei nicht bereit, das Verfahren unter Nennung seiner Wohnanschrift fortzusetzen, zumal der Kläger keine Bereitschaft gezeigt hatte, diese Anschrift zu nennen.
Vor diesem Hintergrund war es legitim und rechtmäßig, ihn mittels der Betreibensaufforderung nachdrücklich (erneut) zur Beantwortung der bereits gestellten Fragen aufzufordern. Hierfür musste das Gericht nicht zuvor sämtliche anderen Wege der Erkenntnisgewinnung – etwa durch eine erneute formlose Nachfrage – ausschöpfen. Eine solche war schon nicht erfolgsversprechend, nachdem der Kläger auf bloße Nachfragen zuvor nicht zuverlässig bzw. unter Verweigerung der Nennung seiner Wohnanschrift reagiert hatte.
Im Rückblick wird diese Annahme auch dadurch belegt, dass der Kläger selbst auf die sodann ergangene förmliche und mit Rechtsfolgenbelehrung versehene Betreibensaufforderung nicht die geforderten Angaben machte (dazu unten Ziff. II. 3.). Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung war es daher geboten, dem Kläger eine rechtsfolgenbewehrte Frist zu setzen.
2. Ordnungsgemäße Betreibensaufforderung
Mit Schreiben vom 17.08.2021 hat das Gericht den Kläger ordnungsgemäß aufgefordert, den Rechtsstreit zu betreiben. Die vom Kläger zu beantwortenden Fragen sind dem Schreiben unmissverständlich zu entnehmen. Die hierfür gesetzte Frist entspricht der gesetzlich vorgesehenen Dauer von zwei Monaten (§ 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO) und ist fett gedruckt deutlich hervorgehoben. Auf die Rechtsfolgen des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO und § 155 Abs. 2 VwGO ist hingewiesen worden.
3. Nichtbetreiben des Verfahrens durch den Kläger
Der Kläger hat das Verfahren trotz der Aufforderung nicht hinreichend betrieben.
a) Voraussetzungen eines Betreibens
Dazu hätte er sich auf die Betreibensaufforderung des Gerichts so substantiiert äußern müssen, dass Zweifel am Fortbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses beseitigt wurden und der äußere Anschein einer Vernachlässigung seiner prozessualen Mitwirkungspflichten entfiel. Wann diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nicht abstrakt umschreiben, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere den Gründen für die Betreibensaufforderung und den vom Kläger konkret erbetenen Verfahrenshandlungen ab (BVerwG, Urteil vom 13.01.1987, 9 C 259/86, juris-Rn. 12).
Angesichts der großzügig bemessenen Frist ist ein strenger Maßstab anzulegen (Schoch/Schneider/Clausing, VwGO, 41. EL 07/2021, § 92 Rn. 59; NK-VwGO/Peters/Axer, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 92 Rn. 63).
Resultiert die Betreibensaufforderung aus der Verletzung von Mitwirkungspflichten und ist dem Kläger deren Nachholung aufgegeben worden, ist das Verfahren grundsätzlich nur dann ordnungsgemäß betrieben, wenn der Kläger seiner Verpflichtung nunmehr nachkommt. Ist der Kläger ausdrücklich zu mehreren Verfahrenshandlungen aufgefordert worden, muss er sie sämtlich, zumindest aber die wesentlichen Handlungen vornehmen. Die bloße Mitteilung, das Verfahren fortsetzen zu wollen, genügt nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.01.1987, 9 C 259/86, NVwZ 1987, 605 (606); Beschluss vom 07.07.2005, 10 BN 1.05, BeckRS 2005, 28495, Rn. 7).
Gemessen hieran hat der Kläger das Verfahren nicht betrieben.
aa) Entgegen der ausdrücklichen und fristsetzenden Aufforderung des Gerichts teilte der Kläger seine Wohnanschrift weiterhin weder in dem Schreiben vom 05.10.2021 noch anderweitig mit. Die stattdessen abgegebene erneute Stellungnahme entsprach nicht der an den Kläger gerichteten Aufforderung. Denn aus den Erläuterungen des Gerichts ging unmissverständlich hervor, dass es eine Mitteilung der Wohnanschrift für die Fortsetzung des Prozesses für schlechthin erforderlich hielt. Dabei kann es sich auf die bundes- und obergerichtliche Rechtsprechung stützen (etwa BVerwG, Urteil vom 13.04.1999, 1 C 24/97, juris-Rn. 27; OVG Bautzen, Beschluss vom 25.02.2021, 3 B 22/21, juris-Rn. 6). Dass der Kläger eine abweichende Rechtsauffassung vertritt, befreit ihn nicht von der Verpflichtung, den Anordnungen des Gerichts Folge zu leisten. Er kann insoweit auch nicht mit Erfolg auf eine etwaige eingetragene Melderegistersperre verweisen, da das Verwaltungsgericht die Rechtfertigung einer unzureichenden Klägerbezeichnung selbständig prüft (OVG Bautzen, Beschluss vom 25.02.2021, 3 B 22/21, juris-Rn. 6). Auch das vorgelegte Protokoll einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht führt ohne nähere Informationen zum Hintergrund und Verlauf des dortigen Verfahrens zu keinem Erkenntnisgewinn.
Aufgrund der Ausführungen des Gerichts in der Betreibensaufforderung war eindeutig erkennbar, dass es dem Gericht nicht um einen weiteren argumentativen Austausch über die Erforderlichkeit der Angabe einer Wohnanschrift ging. Der Kläger hatte schon zuvor Gelegenheit bekommen, seine Rechtsauffassung zu äußern. Diese Gelegenheit hatte er mit Schreiben vom 15.06.2021 auch genutzt. Dass das Gericht sich mit der klägerischen Argumentation auch bereits auseinandergesetzt hatte, zeigt der Umstand, dass es in der Betreibensaufforderung etwa ausdrücklich auf den Einwand des Klägers einging, bei anwaltlicher Vertretung sei die Mitteilung einer Wohnanschrift nicht nötig. Seine gegenteilige Ansicht legte es in der Betreibensaufforderung im Einzelnen dar und forderte auf dieser Grundlage letztmalig unter Fristsetzung zur Mitteilung gerade der Wohnanschrift auf. Damit war der Prozess der Überzeugungsbildung auf Seiten des Gerichts erkennbar abgeschlossen.
bb) Der Kläger dringt danach auch nicht mit dem Einwand durch, in seinem Schreiben vom 05.10.2021 um eine erneute Mitteilung gebeten zu haben, sofern der ergänzte Vortrag weiterhin nicht ausreichen sollte, um eine Nennung der Wohnanschrift zu vermeiden. Nach dem vorangegangenen Schriftwechsel war offenkundig, dass die neuerlichen Ausführungen des Klägers – die im Wesentlichen lediglich die bereits vorgetragenen, vom Gericht gewürdigten und nicht geteilten Argumente wiederholten – nicht zu einer veränderten rechtlichen Auffassung des Gerichts führen würden.
Die Bitte um einen gerichtlichen Hinweis ging daher ins Leere und ändert nichts daran, dass der Kläger gerade nicht bereit war, das zu tun, was erforderlich war, um das Verfahren zu betreiben (und damit sein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis zu demonstrieren). Angesichts des eindeutigen Hinweises auf die Folgen einer Fristversäumnis konnte der Kläger nicht berechtigterweise darauf vertrauen, bei Verstreichenlassen der Frist ein weiteres, dann drittes Mal Gelegenheit zu erhalten, den Anforderungen des § 82 Abs. 1 VwGO entsprechend seine Wohnanschrift zu benennen. Der Kläger kann sich auch nicht glaubhaft darauf berufen, dass er bei einem weiteren Hinweis seine Adresse offenbart hätte (dies hat er bis heute nicht getan), hatte er zuvor doch bereits auf mehrere Aufforderungen auch unter Fristsetzung diese Auskunft nicht erteilt.
cc) Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich aus dem gerichtlichen Schreiben vom 29.10.2021 auch nicht, dass das Gericht die von ihm abgegebene neuerliche Stellungnahme – zunächst – als im Sinne eines Betreibens ausreichend erachtete. Dass das Gericht weiter auf der Mitteilung der Wohnanschrift des Klägers bestand, dürfte bereits darauf zurückzuführen sein, dass der Einstellungsbeschluss mit einem vollständigen Rubrum einschließlich einer zustellungsfähigen Anschrift des Klägers zu versehen gewesen wäre.
Nachdem auch mehrere Monate nach Erhebung der Klage nach wie vor der Kläger nicht hinreichend bezeichnet worden ist, dürfte außer Frage stehen, dass das prozessuale Verhalten der Klägerseite Zweifel am Fortbestand des Rechtsschutzinteresses weckt. Indem der Kläger auf die ausdrückliche, frist- und rechtsfolgenbewehrte Aufforderung des Gerichts zur Mitteilung seiner Wohnanschrift lediglich sein bisheriges Vorbringen wiederholte, hat er das Verfahren nur unzureichend und damit der Sache nach nicht betrieben. Der Einstellungsbeschluss ist zu Recht ergangen. Der Fortsetzungsantrag ist unbegründet.“
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Mit Schriftsatz vom 4. März 2022 und vom 8. August 2022 ergänzte die Bevollmächtigte des Klägers ihr Vorbringen. Nach mehreren Sachstandsanfragen erhob sie mit Schriftsatz vom 13. April 2023 Verzögerungsrüge nach § 198 Abs. 3 GVG. Den vom Gericht für den 19. September 2023 angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung bat die Bevollmächtigte mit Schreiben vom 21. August 2023 wegen eigenen Urlaubs zu verschieben. Sie bat mit weiterem Schreiben vom 25. August 2023 auch um Berücksichtigung, dass der Kläger im Oktober in Urlaub sei, also das Gericht nicht vor dem November 2023 terminieren möge. Das Gericht kam den Bitten nach. Auf Nachfrage des Gerichts teilte die Bevollmächtigte im Schriftsatz vom 24. November 2023 mit, dass die Verzögerungsrüge aufrecht erhalten bleibe, aber die wegen der erbetenen zeitlichen Gestaltung eingetretene Verzögerung nicht dem Gericht angelastet würde. Den vom Gericht auf den 12. Dezember 2023 angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung bat die Bevollmächtigte wegen witterungsbedingter Anreiseprobleme im Wege der Videokonferenz abzuhalten. Das Gericht schlug den Beteiligten vor, gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Die Beteiligten erklärten mit Schriftsätzen vom 7. Dezember 2023 hierzu ihr Einverständnis.
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Im Schriftsatz vom 24. November 2023 verwies die Bevollmächtigte des Klägers auf den Beschluss des BayVGH vom 10. August 2022 (7 CE 22.1099), wonach in presserechtlichen Auskunftsverfahren (angestellter) Journalisten die c/o-Anschrift der Zeitung oder des herausgebenden Verlags eine ausreichende ladungsfähige Anschrift nach § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO darstelle. Diese Rechtsprechung könne auf den vorliegenden Fall übertragen werden.
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Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2023 nahm der Bevollmächtigte der Beklagten hierzu im Wesentlichen wie folgt Stellung:
I. Ordnungsgemäße Betreibensaufforderung
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Die gerichtliche Betreibensaufforderung vom 17.08.2021 ist ordnungsgemäß ergangen. Der Kläger hatte zuvor seine prozessuale Mitwirkungspflicht verletzt, unter anderem indem er keine ladungsfähige Anschrift mitteilte. Hierdurch rief er Zweifel am Fortbestand seines Rechtsschutzinteresses hervor. Einer vorausgegangenen Ergänzungsaufforderung nach § 82 Abs. 2 VwGO bedurfte es nicht. In Ergänzung der Ausführungen im Schriftsatz der Beklagten vom 21.01.2022 ist auf Folgendes hinzuweisen:
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Seit der gerichtlichen Aufforderung vom 09.06.2021 war dem Kläger bekannt, dass das Gericht die c/o-Adresse als unzureichend erachtet. Mit dieser Aufforderung gab das Gericht eindeutig zu erkennen, dass es die Angabe der c/o-Adresse für nicht ausreichend und die Angabe einer Wohnanschrift für erforderlich hielt. Dass auch dem Kläger dies bewusst war, zeigt seine Reaktion auf diese Aufforderung des Gerichts. Mit Schriftsatz vom 15.06.2021 bat er um Verständnis, dass er seine Wohnanschrift nicht mitteilen möchte.
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Vor diesem Hintergrund bedurfte es vor der Betreibensaufforderung keiner förmlichen Ergänzungsaufforderung nach § 82 Abs. 2 VwGO . Dies gilt umso mehr, als dem Kläger mit der Betreibensaufforderung vom 17.08.2021 weitere zwei Monate eingeräumt wurden, um die Wohnanschrift nachzureichen.
II. Kein Betreiben durch Angabe der c/o-Adresse
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Der Kläger hat das Verfahren durch die Mitteilung einer bloßen c/o-Anschrift und sein Vorbringen dazu, warum er von dem Erfordernis der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift befreit werden solle, nicht betrieben.
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Die von dem Kläger angeführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Wiesbaden sowie des Bayerischen Verwaltungsgerichthofs führen zu keiner anderen Bewertung. Sie stellen jeweils darauf ab, dass es sich bei den dort in Rede stehenden c/o-Anschriften um den Arbeitsplatz an der Betriebsstätte des Arbeitgebers des jeweiligen Klägers bzw. Antragstellers handelte. So ließ das Verwaltungsgericht Wiesbaden die c/o-Anschrift unter anderem deshalb genügen, weil der Kläger glaubhaft gemacht habe, für n* …org öffentlich aufzutreten und dort seit zehn Jahren festangestellt zu sein (vgl. VG Wiesbaden, Urt. v. 06.05.2022 – 6 K 924/21.WI, S. 7). Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof stellte in seinem Beschluss darauf ab, dass der Arbeitgeber eine Bestätigung über die Festanstellung des Antragstellers vorlegte (BayVGH, Beschluss vom 10.08.2022 – 7 CE 22.1099, juris-Rdnr. 14)
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Entsprechende Angaben sind vorliegend nicht bzw. allenfalls bereits nach Ablauf der Betreibensfrist – und damit verspätet – erfolgt. Das unzureichende Betreiben des Verfahrens steht dem Nichtbetreiben gleich; nachträgliche Äußerungen können an der fiktiven Abgabe der Rücknahmeerklärung nichts ändern (vgl. Eyermann/Wöckel, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 92 Rdnr. 18).
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Ein den dargelegten Maßstäben genügender Vortrag erfolgte seitens des Klägers bis zum Einstellungsbeschluss vom 18.11.2021 nicht. Bis dahin legte er lediglich dar, dass es sich um seinen „Arbeitsplatz“ handele. Den Schwerpunkt seines Vortrags bildete bis zu die sem Zeitpunkt nicht der Nachweis einer ladungsfähigen Anschrift, sondern die Darlegung, dass und warum er von der Angabe einer solchen Anschrift zu befreien sei. Hinzu trat das allerdings nicht näher substantiierte oder belegte Vorbringen, er halte sich an der in der Klageschrift genannten Anschrift regelmäßig auf, die Postzustellung dorthin laufe reibungslos ab.
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Konkretere Angaben blieben – auch auf die Betreibensaufforderung hin – aus oder erfolgten äußerstenfalls mittelbar. Einen Nachweis des Arbeitgebers, wie ihn der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im dortigen Fall eines Pressevertreters für ausreichend erachtete, brachte der Kläger nicht bei. Ebenso fehlte es am Vortrag zu einer Festanstellung, aus dem sich eine gewisse Gewähr dafür hätte ergeben können, dass der Kläger an dem von ihm benannten Arbeitsplatz auch tatsächlich und etwa für Zustellungszwecke zu erreichen ist. Unabhängig von der Frage, ob die Angabe des Arbeitsplatzes zur ordnungsgemäßen Klageerhebung grundsätzlich ausreicht, ist der Kläger jedenfalls auch insoweit seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen.
III. Wertungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs auch im Übrigen nicht übertragbar
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Die Wertungen des Verwaltungsgerichtshofs sind auch im Übrigen nicht auf das vorliegende Verfahren übertragbar. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs beruht unter anderem auf der von ihm betonten besonderen Rolle von Journalisten in presserechtlichen Auskunftsverfahren (siehe juris-Rdnr. 17 des Beschlusses). Vorliegend steht demgegenüber – ungeachtet dessen, dass es sich bei dem Kläger um einen Journalisten handeln mag – das Jedermann-Recht auf Zugang zu amtlichen Informationen nach dem IFG in Rede, in dessen Kontext der Kläger aus der von ihm geltend gemachten Stellung als Medienvertreter keine weitergehenden Rechte ableiten kann“.
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Mit Schriftsatz vom 19. Januar 2024 nahm die Bevollmächtigte des Klägers abschließend im Wesentlichen wie folgt Stellung:
„Wie bereits mit Schreiben vom 29.11.2021 ausgeführt, kann die Klage nicht nach § 92 Abs. 2 VwGO als zurückgenommen gelten.
Für die Fiktion der Klagerücknahme, § 92 Abs. 2 VwGO, bedarf es (1.) begründeter Anhaltspunkte dafür, dass ein Rechtsschutzinteresse des Klägers nicht mehr gegeben ist und (2.) darf der Kläger auf eine ordnungsgemäße Betreibensaufforderung das Verfahren binnen einer Frist von zwei Monaten nicht weiter betrieben haben. Das Fehlen auch nur einer der Voraussetzungen führt dazu, dass die Rücknahmefiktion nicht eintritt (vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, § 92 Rn. 51).
1. Es lag kein Anhaltspunkt für die Annahme vor, dass das Rechtsschutzinteresse des Klägers nicht mehr gegeben ist. Insbesondere hat der Kläger keine Mitwirkungspflicht im Prozess verletzt. Die Angabe der c/oAdresse seines Arbeitgebers war im Sinne des § 82 Abs. 1 S. 1 VwGO ausreichend, um ihn als Kläger eindeutig zu identifizieren und wirksam an ihn zuzustellen, da der Kläger festangestellter Journalist ist und sich an der angegebenen Adresse werktäglich aufhält.
Ein Rechtsschutzinteresse eines Klägers kann erst dann nicht mehr angenommen werden, wenn der Gang des Verfahrens dem Gericht Anlass zu der Annahme gibt, dass der Kläger kein Interesse mehr an der Fortführung des Rechtsstreits hat. Anhaltspunkte für die Annahme fehlenden Interesses an der Verfahrensfortsetzung können sich beispielsweise aus der Verletzung prozessualer Mitwirkungspflichten ergeben (vgl. Schoch/Schneider/Clausing, 44. EL März 2023, VwGO § 92 Rn. 46).
Eine prozessuale Mitwirkungspflicht kann verletzt sein, soweit ein Kläger keine ladungsfähige Anschrift angibt. Eine ladungsfähige Anschrift braucht es zur zweifelsfreien Identifizierung des Klägers, wie auch zur ordnungsgemäßen Durchführung des Verfahrens. Grundsätzlich ist dafür die Wohnanschrift anzugeben, da an diese Anschrift zugestellt werden muss. Ausnahmen gelten soweit die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift nicht zumutbar ist (z. B. schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse bei Unterbringung in einem Frauenhaus) (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. November 1999 – 1 BvR 1203/99; Schoch/Schneider/Riese, 44. EL März 2023, VwGO § 82 Rn. 12). Dies folgt auch aus dem Gedanken, dass die Anforderungen an eine genaue Bezeichnung des Klägers nicht das verfassungsrechtliche Gebot des effektiven Rechtsschutzes verletzen dürfen, Art. 19 IV GG. Wie bereits mehrfach vorgetragen, liegt beim Kläger eine solche Ausnahme vor.
Für Auskunftsverfahren von Journalisten entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 10.08.2022 – 7 CE 22.1099, dass die c/o-Anschrift der Zeitung oder des herausgebenden Verlags ausreichend iSv § 82 Abs. 1 S. 1 VwGO ist. So führte das Gericht aus: … Der Kläger hat in der Klage die Adresse seines Arbeitgebers, n* …org e. V., als c/oAdresse angegeben. Durch das Schreiben vom 09.06.2021 erkundigte sich das Gericht, ob der Kläger an der angegebenen Adresse wohne. Dies wurde verneint und darauf verwiesen, dass es sich bei der angegebenen Adresse um den Arbeitsplatz des Klägers handelt. Zudem wurde ausgeführt, dass er sich werktäglich regelmäßig an der c/o-Adresse aufhält und sein Vor- und Zuname am Briefkasten steht, sodass er auch ohne die Angabe „c/o n* …org“ an ihn adressierte Post erhält. Zudem ist der Kläger durch seine Berichterstattung und Recherchen zu netzpolitischen Themen als öffentliche Person bekannt. Mithin ist der Kläger durch die c/oAnschrift eindeutig identifizierbar. Auch wurde hinreichend dargelegt, dass er als Journalist für n* …org arbeitet. Auf der Website von n* …org ist der Kläger als Autor bezeichnet, welcher seit 2008 für n* …org arbeitet und seit 2012 fest angestellt ist. Soweit die Beklagte meint, hierzu hätte der Kläger selbst mehr vortragen müssen, ist darauf hinzuweisen, dass die Mitteilung, der Kläger arbeite dort, ausreichend ist. Wenn das Gericht Zweifel an einer Festanstellung gehabt hätte, hätte es hierauf hinweisen müssen bzw. die Zweifel mit einer simplen Googlerecherche ausräumen können.
Soweit die Beklagte vorträgt, die Wertungen des VGH seien auf den hiesigen Fall nicht übertragbar, geht dies erkennbar fehl. Es kann keine Rolle spielen, auf welche Anspruchsgrundlage Journalisten ihre Anfragen, die sie im Rahmen ihrer journalistischen Tätigkeit stellen, stützen. Dies ergibt sich auch aus der zitierten Entscheidung des VGH. Der VGH verweist dort in Randnummer 17 auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.8.2018 – 6 C 21.18. Dort ging es um den Anspruch eines Journalisten nach dem Bundesarchivgesetz und das Bundesverwaltungsgericht ließ auch in diesem Fall eine c/oAdresse zu.
2. Die Voraussetzungen für eine Betreibensaufforderung nach § 92 Abs. 2 VwGO lagen somit nicht vor. Die ergangene Betreibensaufforderung kann die Verfahrensbeendigung nicht herbeiführen (Schoch/Schneider/Clausing, 44. EL März 2023, VwGO § 92 Rn. 46).
Im Übrigen hat der Kläger das Verfahren auch binnen zwei Monaten nach Ergehen der Betreibensaufforderung betrieben, so dass der Einstellungsbeschluss auch deshalb nicht hätte ergehen dürfen. Die Betreibensaufforderung vom 17.08.2021 war auf die Mitteilung einer ladungsfähigen Anschrift gerichtet. Hierauf wurde mit am 05.10.2021 an das Gericht übersandten Schriftsatz reagiert und der Kläger hat – zum wiederholten Mal – eine ladungsfähige Anschrift übermittelt. Das Gericht hat die nach Ergehen der Betreibensaufforderung vom Kläger übersandten Schriftsätze auch zur Kenntnis genommen und hierauf reagiert“.
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Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten des Bezugverfahrens und des vorliegenden Fortsetzungsverfahrens verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Der Antrag des Klägers auf Fortsetzung des Bezugsverfahrens bleibt ohne Erfolg.
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Entsteht über das Vorliegen der Voraussetzungen der gesetzlichen Rücknahmefiktion nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO Streit, so hat das Gericht das Verfahren fortzusetzen und über die Frage der Beendigung des Verfahrens durch Urteil zu entscheiden, wenn ein Beteiligter – wie hier der Kläger – dies beantragt (vgl. BayVGH, B.v. 19.1.1999 – 1 C 97.1542 – juris Rn. 16; Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 92 Rn. 26). Erweist sich, dass die Voraussetzungen für die Rücknahmefiktion vorliegen, so ergeht Urteil, dass das Verfahren beendet bzw. die Klage als zurückgenommen gilt und dass der Antragsteller gemäß § 154 Abs. 2 VwGO analog die Kosten des fortgesetzten Verfahrens zu tragen hat (Wöckel a.a.O.).
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Das Bezugsverfahren ist beendet. Der Einstellungsbeschluss des Gerichts vom 18. November 2021 ist zu Recht ergangen, da die Klage vom 17. Mai 2021 gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO als zurückgenommen gilt (§ 92 Abs. 3 VwGO). Zur Begründung verweist das Gericht entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO auf die oben zitierten, zutreffenden Ausführungen des Bevollmächtigten der Beklagten, denen die Bevollmächtigte des Klägers letztlich nichts entgegenzusetzen vermochte. Das Vorgehen des Gerichts im Bezugsverfahren beruhte auf der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift eines Beteiligten zu den notwendigen Angaben nach § 82 Abs. 1 VwGO gehört und dass diese Anschrift bei natürlichen Personen in der Regel die Wohnanschrift zu sein hat, auch bei anwaltlicher Vertretung (siehe BVerwG, U.v. 13.4.1999 – BVerwG 1 C 24.97 – juris; BVerwG, B.v. 1.9.205 – 1 B 79.05 – juris; BVerwG, B.v. 28.5.2020 – 1 VR 2.19 – juris; BVerwG, U.v.3.8.2020 – 1 A 8.19 –; BVerwG, U.v. 24.3 2021 – 6 C 4.20 – juris). Hintergrund für das Erfordernis der Angabe einer Wohnanschrift ist neben der Identifizierbarkeit des Beteiligten u.a. auch die postalische Zustellbarkeit von direkt an den Beteiligten und nicht (nur) an dessen Bevollmächtigten zu richtende gerichtliche Anordnungen wie etwa die Anordnung des persönlichen Erscheinens oder gerichtliche Kostenrechnungen. Nach den gesetzlichen Vorschriften wird durch die Post förmlich, z.B mittels Postzustellungsurkunde, nur unter der Wohnanschrift zugestellt (vgl. § 56 VwGO i.V.m. §§ 176 bis 181 ZPO). Die Pflicht zur Angabe einer Wohnadresse entfällt nur, wenn unüberwindliche oder nur schwer zu beseitigende Schwierigkeiten oder ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse entgegenstehen. Zum Vorliegen einer solchen besonderen Ausnahmesituation, die das Gericht anhand objektiver Gegebenheiten konkret feststellen können muss (vgl. BVerwG, U.v. 13.4.1999 a.a.O. und BayVGH, B.v. 10.8.2022 – 7 CE 22.1099 – juris Rn. 9), hat die Klageseite nichts Substantiiertes vorgetragen. Die bloße, durch konkrete Fakten nicht gestützte allgemeine Behauptung, rechtsextremistisch bedroht zu sein sowie der Hinweis auf das Bestehen einer Melderegisterauskunftssperre genügen hierfür bei Weitem nicht. Das Gericht hat keine Kenntnis von den Umständen, welche der Auskunftssperre zu Grunde liegen, ebenso hat das Gericht dem Kläger versichert, dass Prozessdaten selbstverständlich strenger datenschutzrechtlicher Diskretion unterliegen und an Dritte nicht weitergegeben werden (zu diesen Gesichtspunkten siehe VG München, B.v. 6.4.2022 – M 10 E 21.3206 – juris Rn. 19 ff.). Es lässt sich schließlich nicht, wie der Bevollmächtigte der Beklagten zutreffend festhält, die presserechtliche Sondersituation, wie sie dem Beschluss des BayVGH vom 10.8.2022 (7 CE 22.1099 – juris) zu Grunde lag, auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen.
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Dem Fortsetzungsantrag des Klägers war daher nicht stattzugeben. Die Kosten des fortgesetzten Verfahrens trägt gemäß § 154 Abs. 2 VwGO analog der Kläger. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.