Inhalt

VG München, Beschluss v. 22.01.2024 – M 7 E 24.6
Titel:

Erfolgloser Eilantrag gegen konkurrierendes Ratsbegehren

Normenkette:
BayGO Art. 18a Abs. 2, Abs. 15
Leitsätze:
1. Nicht nur bei Stellungnahmen zu einem Bürgerbegehren hat die Gemeinde das Sachlichkeitsgebot zu beachten, dies gilt ebenso für das Ratsbegehren: amtliche Äußerungen der Gemeinde zum Bürgerbegehren bzw. zum Ratsbegehren sind unzulässig, wenn sie inhaltlich über bloße Informationen und fachliche Bewertungen hinausgehen und sich mit einer eindeutigen, unmittelbaren Abstimmungsempfehlung gezielt an die Abstimmenden wenden. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Mit einem Bürgerentscheid können auch Grundsatzentscheidungen getroffen werden, die erst noch durch nachfolgende Detailregelungen des Gemeinderats ausgefüllt werden müssen. In diesem Fall unterliegt das Bürgerbegehren strengeren Bestimmtheitsanforderungen als entsprechende Beschlussanträge im Gemeinderat. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Art. 18a Abs. 15 BayGO ist nicht anwendbar in Fällen, in denen ein Bürgerentscheid vom Gemeinderat gem. Art. 18a Abs. 2 GO selbst initiiert worden ist; es besteht deshalb keine Verpflichtung der Gemeinde, die in der Bevölkerung vertretenen unterschiedlichen Meinungen zum Bürgerentscheid in amtliche Informationsbroschüren oder ähnlichem aufzunehmen. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bürgerbergehren, Ratsbegehren, Sachlichkeitsgebot, fairer Verfahrensablauf, Konkurrenzvorlage, erfolgloser Eilantrag, konkurrierendes Ratsbegehren
Fundstelle:
BeckRS 2024, 686

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragsteller wenden sich als Vertreter der Unterzeichnenden eines Bürgerbegehrens gegen ein gegenläufiges Ratsbegehren.
2
Die Antragsteller reichten bei der Antragsgegnerin am 5. Oktober 2023 Unterschriftslisten zu dem Bürgerbegehren „Keine Windräder im M … Forst“ (Bürgerentscheid 2, im Folgenden: Bürgerbegehren) ein. Dieses enthielt folgende Fragestellung:
„Sind Sie dafür, dass die Gemeinde ihr gemeindliches Einvernehmen zur Baumaßnahme der Errichtung von Windkraftanlagen auf dem Gemeindegebiet M … Forst verweigert und alle rechtlich zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergreift, um die Errichtung von Windkraftanlagen im Gemeindegebiet zu verhindern?“
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Die Begründung lautete:
„Dem Bauvorhaben im Außenbereich stehen unserer Meinung nach öffentliche Belange entgegen. Windkraftanlagen im Wald stellen einen gravierenden Eingriff in die Natur dar und wirken sich negativ auf die Artenvielfalt aus. Es werden eine große Anzahl von Bäumen gefällt, Lebensräume beeinträchtigt und Waldböden versiegelt. Der erzeugte Strom beträgt nur wenige Prozent des Verbrauchs im Landkreis. Zudem ist er nur ab und zu zur Verfügung. An durchschnittlich 120 Tagen im Jahr stehen die Windkraftanlagen still! In den FFH- und Naturschutzgebieten um M … und in angrenzenden Gemeinden gibt es ein Dutzend verschiedener Fledermausarten sowie dutzende geschützter und sogar vom Aussterben bedrohter Vogelarten. Windkraftanlagen töten viele Vögel und Milliarden von Insekten, können die Austrocknung der Umgebung unterstützen, stellen eine potentielle Brandgefahr dar und verbrauchen pro Anlage rund 7 Millionen kg Ressourcen. Und sie beeinträchtigen unserer Meinung nach das Orts- und Landschaftsbild.“
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Das Bürgerbegehren wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 15. November 2023 zugelassen.
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Am 4. Dezember 2023 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin (vgl. TOP 7.2), den Bürgerentscheid am 28. Januar 2024 durchzuführen und allen Stimmberechtigten die Briefwahlunterlagen auch ohne Beantragung zuzusenden. Zudem solle dem Bürgerbegehren ein Ratsbegehren mit folgender Fragestellung – die nach dem Beschlussvorschlag noch juristisch geprüft werde – entgegengestellt werden (Bürgerentscheid 1, im Folgenden: Ratsbegehren):
„Sind sie dafür, dass die Gemeinde M … einen Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung leistet, um Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze in der Region zu sichern, indem sie Planung und Bau von Windkraftanlagen in unserem Staatsforst unterstützt, sofern dies sozialverträglich und rentabel für die Gemeindebürger ist.“
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Mit E-Mail vom 15. Dezember 2023 erhob der Antragsteller zu 2) gegenüber der Antragsgegnerin Einwände gegen die Fragestellung und wies auf Art. 18a Abs. 15 GO hin. Hierauf teilte ihm die Antragsgegnerin mit E-Mail vom gleichen Tage den Wortlaut des zwischenzeitlich juristisch geprüften Ratsbegehrens mit (der letzte Halbsatz „sofern dies sozialverträglich und rentabel für die Gemeindebürger ist“ war nicht mehr enthalten) und wies u.a. darauf hin, dass es sowohl dem Gemeinderat, als auch der Bürgerinitiative freistehe, für ihr Vorhaben zu werben. Auch die Bürgerinitiative könne die Gemeindebürger z.B. über Infostände informieren, wobei eine Aufstellung auf öffentlichen Verkehrsflächen der Genehmigung bedürfe.
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Am 8. Januar 2024 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin (vgl. TOP 8.2) den Text des Ratsbegehrens in seiner endgültigen Fassung:
„Sind sie dafür, dass die Gemeinde M … einen Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung leistet, um Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze in der Region zu sichern, indem sie Planung und Bau von Windkraftanlagen in unserem Staatsforst unterstützt.“
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Am 4. Januar 2024 wurde die Abstimmung bekanntgemacht. Die Fragestellungen nebst Begründungen beider Bürgerentscheide sind auf einer weiteren Seite abgedruckt. Die Begründung des Ratsbegehrens entspricht der in der Gemeinderatssitzung vom 4. Dezember 2023 niedergelegten Haltung des Gemeinderats (vgl. TOP 7.1):
„Der Klimawandel ist im Gange, ob wir wollen oder nicht. Der Windpark ist nicht die Lösung, aber ein erster Schritt in die richtige Richtung. Wir unterstützen das Projekt, bleiben aber kritisch (Schutz vor Lärm und Schattenwurf; der Windpark muss umweltverträglich sein und sich lohnen; unsere Bürger müssen vom Park profitieren“.
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Am 2. Januar 2024 stellten die Vertreter des Bürgerbegehrens einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Zur Begründung wurde ausgeführt, das anliegende Schreiben sei an die Antragsgegnerin gesandt worden und das Verwaltungsgericht werde um eingehende Prüfung und Umsetzung der daraus resultierenden rechtlichen Konsequenzen gebeten. In dem – im Folgenden abgedruckten – Schreiben vom 26. Dezember 2023 wird im Wesentlichen ausgeführt, die Öffentlichkeit sei mit einem Zeitungsbericht der  PNP vom 8. Dezember 2023 über ein parallel stattfindendes Ratsbegehren unterrichtet worden. Mit Stand 22. Dezember 2023 fehle hierzu eine öffentliche Bekanntmachung. Aus der in dem Bericht veröffentlichten Fragestellung (es handelte sich um die frühere Fassung vom 4. Dezember 2023) ergäben sich rechtliche Problematiken. Nach Art. 18a Abs. 15 Satz 1 GO dürften die im Gemeinderat und die von den vertretungsberechtigten Personen vertretenen Auffassungen zum Gegenstand des Bürgerentscheids in Veröffentlichungen und Veranstaltungen der Gemeinde nur in gleichem Umfang dargestellt werden. Am 20. Dezember 2023 habe in M … eine von der Antragsgegnerin organisierte Info-Veranstaltung zu dem geplanten Windpark stattgefunden, auf der auch Informationsmaterial der Antragsgegnerin verteilt worden sei. Die Vertreter der Bürgerinitiative seien weder über diese oder weitere Veranstaltungen informiert worden noch sei der Bürgerinitiative eingeräumt worden, in gleichem Maße bzw. überhaupt die Sicht ihrer Dinge darzulegen. Gleiches gelte für die Informationsmaterialien. Auf der Veranstaltung sowie in der vierseitigen Broschüre der Antragsgegnerin sei ausschließlich pro Windkraft informiert und Kritikpunkte konsequent ausgeschwiegen worden. Die Antragsgegnerin werde aufgefordert, dieses Verhalten umgehend abzustellen und entsprechende Veranstaltungen ab sofort in Abstimmung mit der Bürgerinitiative zu planen sowie von der Bürgerinitiative ausgewählte Referenten in gleichem Umfang sprechen zu lassen. Informationsmaterial, welches nicht in gleichem Umfang auch die Auffassungen der Bürgerinitiative darstelle, sei zurückzuziehen und durch dem Art. 18a Abs. 15 Satz 1 GO entsprechende Informationsmaterialien zu ersetzen. Die Rechtsaufsichtsbehörde sei zur Handlung aufgefordert worden. Die Fragestellung des konkurrierenden Ratsbegehrens suggeriere, dass die Umsetzung des geplanten Windparks in direktem Zusammenhang mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen in der Region stehe bzw. dass sowohl dessen Realisierung als auch dessen Verhinderung direkte Auswirkungen auf die Arbeitsmarktsituation in der Region habe. Da die Initiierung des Windparks ausschließlich aus dem Bundesgesetz „Wind-an-Land-Gesetz“ herrühre, welches die schrittweise Umsetzung der darin enthaltenen Forderungen unabhängig von wirtschaftlichen Voraussetzungen oder Konsequenzen vorschreibe, könne der Windpark nicht in Korrelation mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen betrachtet werden. Unter Umständen ergäben sich wirtschaftlich günstige Synergieeffekte insbesondere zwischen Windpark und …, im Falle der Nicht-Realisierung könne allerdings nicht von negativen wirtschaftlichen Folgen oder dem automatischen Abbau von Arbeitsplätzen ausgegangen werden. Die Fragestellung suggeriere jedoch, dass bei der Abstimmung gegen den Windpark ein Abbau von Arbeitsplätzen als direkte Folge zu erwarten wäre und der Bürger somit gleichzeitig die Gefährdung oder den Verlust von Arbeitsplätzen in der Region aktiv fördere oder wenigstens billigend in Kauf nehme. Dies habe die Antragsgegnerin auf der Informationsveranstaltung am 20. Dezember 2023 bekräftigt, zu der auch der Werksleiter der … … … und Vorsitzender der Initiative … … als Referent geladen gewesen sei. Spätestens als sich dieser zur Notwendigkeit des Windparks mit den Worten „… geht es schlecht“ geäußert habe, habe dies den Eindruck eines direkten Zusammenhangs zwischen Windpark und Arbeitsplätzen erzeugt. Betont worden sei dies noch durch die scheinbar einzige Ursache der wirtschaftlich prekären Situation – die gestiegenen Energiekosten seit der Ukraine-Krise. Hiermit sei seitens der Antragsgegnerin eine grobe Verletzung des Sachlichkeitsverbots erfolgt. Die Antragsgegnerin werde zur umgehenden Richtigstellung aufgefordert. Die Rechtsaufsichtsbehörde sei zur entsprechenden Behandlung des Sachverhalts aufgefordert worden. Ein weiterer kritischer Punkt der Fragestellung sei die Formulierung „soweit dies sozialverträglich und rentabel für die Gemeindebürger ist“, was im Folgenden vertieft wurde. Mit Schriftsatz vom 11. Januar 2024 ergänzten die Antragsteller ihr Vorbringen. Die bisherigen Werbeveranstaltungen und Informationen hätten stets unter der Schirmherrschaft der Antragsgegnerin sowie in Anwesenheit des ersten Bürgermeisters stattgefunden. Trotz entsprechender Aufforderung sei nicht auf die Homepage der Bürgerinitiative verlinkt worden, obwohl die Homepage des Windparkprojekts der Firma … permanent auf der Startseite der Antragsgegnerin zu sehen sei. Zu dem Dialog im Rahmen eines „Bürgerrats Wind M …“ seien am 22. Dezember 2023 keine Bürger eingeladen worden, die sich in der Bürgerinitiative engagierten. Die Problematiken hinsichtlich der Fragestellung des Ratsbegehrens seien auch durch mehrmalige Änderung der Formulierung nicht beseitigt worden. Für den Bürger sei nicht erkennbar, zu welchem konkreten Verhalten die Gemeindeorgane verpflichtet werden sollen. Die Begründung vermittele dem Bürger den Eindruck, dass er mit einer Stimmabgabe für den Windpark nichts falsch machen könne, da die Gemeinde dafür Sorge tragen werde, dass die Belange wie Immissionsschutz und Rentabilität für die Entscheidung für oder gegen eine weitere Unterstützung ausschlaggebend seien. Es werde verschwiegen, dass der Handlungsspielraum der Gemeinde dahingehend de facto nicht vorhanden sei. Betrachte man zusätzlich die Behauptung, der Windpark sichere sowohl Arbeitsplätze als auch Wirtschaftskraft, sei davon auszugehen, dass durch die Darstellungen des Ratsbegehrens sich Bürger bei der Stimmabgabe für das Ratsbegehren entschieden, da dies eine vermeintliche Hintertür eröffne, während sich das Bürgerbegehren klar gegen das Windparkprojekt ausspreche. Tragende Begründungselemente enthielten falsche Tatsachenbehauptungen und könnten den Bürger in die Irre führen bzw. ihn zu einer Stimmabgabe für das Ratsbegehren bewegen, was bei korrekter Darstellung des Sachverhalts nicht erfolgen würde. Auf die im Folgenden zitierte Rechtsprechung werde verwiesen. Mit Schriftsatz vom 19. Januar 2024 führten die Antragsteller weiter aus, die Anträge aus der Klageschrift vom 26. Dezember 2023 würden zurückgenommen. Die zuletzt gestellten Anträge blieben aufrechterhalten, wobei nicht mehr mit der Anwendbarkeit des Art. 18a Abs. 15 GO bei einem konkurrierenden Ratsbegehren argumentiert werde. Gleichwohl handele es sich bei der Surrogation des Zusammenhangs zwischen Arbeitsplätzen, Wirtschaftskraft der Region und dem geplanten Windpark um eine Irreführung der Bürger und es sei davon auszugehen, dass daher deutlich weniger Personen für die Anliegen der Bürgerinitiative stimmen würden. Im Falle eines positiven Wahlausgangs zugunsten der Bürgerinitiative seien weit mehr konkrete Handlungen als die Verweigerung des Einvernehmens vonnöten. Der zweite Teil der Fragestellung des Bürgerbegehrens ziele nicht auf das gemeindliche Einvernehmen ab. Es sei nicht ausgeschlossen, dass innerhalb der Bindungsfrist Vorbescheide beantragt würden. Bei Berücksichtigung sämtlicher Faktoren seien die Stromgestehungskosten für Windkraft Onshore deutlich höher als behauptet, was im Folgenden vertieft wurde. Bezüglich der Abwendung ansiedlungswilliger Unternehmen sei die zeitliche Abfolge von Energieversorger und spanischem Unternehmen nicht in Einklang zu bringen. Das andere Unternehmen habe zu wenig Strom zum Speichern gefunden. Die vorgerechneten dauerhaften Arbeitsplätze seien unwesentlich, auch sei fraglich, ob in der Bauphase auf regionale Unternehmen zurückgegriffen werde. Zudem würden durch den Bau nicht explizit neue Arbeitsplätze geschaffen. Es entstehe der Eindruck, dass durch Übertreibungen ein unrealistisches Bild von den Vorteilen des Windparks gezeichnet werden solle, ohne nur im Ansatz auch auf negative Auswirkungen für die Bürger einzugehen.
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Die Antragsteller beantragen zuletzt,
Die Aussetzung des Ratsbegehrens;
Die Aussetzung aller Veranstaltungen in Bezug auf Windkraft der Gemeinde M …, der Gemeinderäte der Gemeinde M …, des Bürgermeisters der Gemeinde M …, sonstiger Angestellten der Gemeinde M … sowie Veranstaltungen zum Thema Windkraft, welche von Seiten sonstiger betroffener Gemeinden und/oder unter Beteiligung von öffentlichen Stellen und/oder von oder mit Politikern auf dem Gemeindegebiet der Verwaltungsgemeinschaft …;
Die Aussetzung von Veröffentlichung, Bereitstellung, Verteilung etc. von Informationen oder Dokumenten zur Information bzgl. Windkraft durch die Gemeinde M …, die Gemeinderäte der Gemeinde M …, des Bürgermeisters der Gemeinde M …, sonstiger Angestellten der Gemeinde M … sowie von Informationen und Informationsmaterialien zum Thema Windkraft, welche von Seiten sonstiger betroffener Gemeinden und/oder unter Beteiligung von öffentlichen Stellen und/oder von oder mit Politikern für die Verwaltungsgemeinschaft … zur Verfügung gestellt und/oder veröffentlicht werden;
Die Neuerstellung der Wahlzettel, welche ausschließlich das Bürgerbegehren und nicht mehr das Ratsbegehren zum Inhalt haben.
11
Die Antragsgegnerin beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
12
Zur Begründung wird mit Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 12. Januar 2024 im Wesentlichen ausgeführt, die Antragsgegnerin habe am 9. Januar 2023 einstimmig den Beschluss gefasst, das Vorhaben der Bayerischen Staatsforsten Rückenwind … zu unterstützen und sich damit einverstanden erklärt, dass Windenergieanlagen im Staatsforst im Bereich des A … und B … Forst auf ihrem Stadt- bzw. Gemeindegebiet errichtet und betrieben werden. Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Den Antragstellern entstünden keine wesentlichen Nachteile, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Die Antragsgegnerin werde innerhalb des Jahres, in welchem die Bindungswirkung des Bürgerentscheids bestehe, nach dem derzeitigen Projektplan nicht beteiligt und könne sich in dieser Zeit weder für noch gegen den Windpark positionieren. Es sei davon auszugehen, dass das Genehmigungsverfahren frühestens Mitte 2025 durchgeführt werde. Die Antragsteller hätten auch nicht vorgetragen, ob, wann und wie weitere Informationsveranstaltungen stattfänden und weiteres Informationsmaterial veröffentlicht werde. Es sei auch kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht worden. Es bestehe keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, Veranstaltungen in Abstimmung mit der Bürgerinitiative zu planen und deren Referenten in gleichem Umfang sprechen zu lassen. Art. 18a Abs. 15 Satz 1 GO sei vorliegend nicht einschlägig, wozu weiter ausgeführt wurde. Die Antragsgegnerin trete in unmittelbare Konkurrenz zu dem Bürgerbegehren und dürfe für ihr Ratsbegehren daher ebenso wie die privaten Initiatoren für ihr Bürgerbegehren werben und Informationsveranstaltungen planen. Gleiches gelte für Informationsschriften. Die Fragestellung des Ratsbegehrens sei weder unzutreffend noch irreführend. Der Windpark trage zu Standortsicherung der im Landkreis ansässigen Industrie und der Sicherung von Arbeitsplätzen bei. Strom aus Windenergie trage im Energiemix zu einer Begrenzung der Stromkosten bei, auch für die chemische Industrie vor Ort. Ohne den standortnahen Ausbau erneuerbarer Energien sei die Region langfristig stärker als bisher von überregionalen Stromlieferungen abhängig, was die Investition in Prozesse, die Strom benötigten, aus strategischen Überlegungen immer schwieriger/riskanter mache. Der Rückgang der Investitionen werde mittel- und langfristig zu einem Rückgang der Arbeitsplätze führen. Der Strommangel habe in B … bereits die Schaffung von 250 neuen Arbeitsplätzen verhindert. Auf einen Vortrag der Abteilungsleiterin Erneuerbare Energien, Staatsforsten, Jagd im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie werde verwiesen. Im Übrigen sei der Bau von Windenergieanlagen und generell von erneuerbaren Energien in der Region ein ganz wesentlicher Baustein, damit sich neue Unternehmen ansiedeln und bestehende Unternehmen notwendige Erweiterungen vornehmen könnten. Es handele sich um wichtige Grundlagen, um Arbeitsplätze zu sichern bzw. sogar neue zu schaffen. Auch unmittelbar in Zusammenhang mit dem Projekt würden neue Arbeitsplätze geschaffen, wozu weiter ausgeführt wurde. Mit Schriftsatz vom 18. Januar 2024 führen die Bevollmächtigten der Antragsgegnerin ihren Vortrag fort.
13
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
14
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
15
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 Abs. 1 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d.h. der materielle Grund, für den der Antragsteller vorläufig Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit der Regelung begründet wird, bzw. die für diese maßgeblichen Tatsachen glaubhaft zu machen. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BayVGH, B.v. 29.6.2007 – 21 CE 07.1224 – juris Rn. 3).
16
Ist der Antrag – wie hier – auf eine Vorwegnahme der – noch zu erhebenden – Hauptsache gerichtet, sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt dann nur in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Antragsteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2013 – 6 VR 3.13 – juris Rn. 5 m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, § 123 Rn. 14 mw.N.).
17
Nach diesen Maßstäben ist der Antrag zwar zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
18
In der Rechtsprechung ist mittlerweile geklärt, dass die Vertreter eines Bürgerbegehrens sich nicht nur gemäß Art. 18a Abs. 9 GO gegen beeinträchtigende Maßnahmen der Gemeinde im Vorfeld einer Abstimmung zur Wehr setzen können, sondern zur Sicherung eines fairen Verfahrensablaufs auch das Recht haben müssen, ein konkurrierendes Ratsbegehren abzuwehren, wenn dieses so formuliert ist, dass damit die Entscheidungsfreiheit der Bürger bei der Abstimmung beeinträchtigt wird und damit auch die Erfolgsaussichten des Bürgerbegehrens geschmälert werden. Dies folgt aus der allgemeinen Verpflichtung der Gemeindeorgane zur Gewährung eines fairen Verfahrensablaufs (vgl. BayVGH, B.v. 1.3.2018 – 4 CE 18.495 – juris Rn. 7; B.v. 17.3.2023 – 4 CE 23.503 – juris Rn. 17; VG München, B.v. 13.7.2022 – M 7 E 22.3076 – juris Rn. 19; B.v. 9.3.2023 – M 7 E 23.636 – juris Rn. 24; VG Ansbach, B.v. 14.5.2020 – AN 4 E 20.00882 – juris Rn. 41, 45; VG Bayreuth, B.v. 19.1.2023 – B 9 E 23.10 – juris Rn. 15; vgl. auch bereits VG Augsburg, B.v. 26.10.2010 – Au 7 E 10.1680 – juris Rn. 5 ff.; VG München, B.v. 15.5.2007 – M 7 K 07.1852; vgl. auch VG Würzburg, B.v. 22.11.2018 – W 2 E 18.1430 – juris Rn. 25 ff.; B.v. 22.7.2019 – W 2 E 19.849 – juris Rn. 7; Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand: 9/2023, Art. 18a Abs. 2 GO, 4 b) bb).
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Der Antrag ist jedoch unbegründet, da die Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht haben. Nach der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtlage dürfte weder ein Anspruch der Antragsteller auf Aussetzung des Ratsbegehrens und entsprechende Neuerstellung der Stimmzettel bestehen noch auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Durchführung von Veranstaltungen sowie die Verteilung von Informationen zum Thema Windkraft zu unterlassen.
20
Die Fragestellung des Ratsbegehrens dürfte entgegen dem Vorbringen der Antragsteller nicht zu beanstanden sein, da die konkrete Formulierung weder zu unbestimmt noch irreführend sein dürfte und durch sie auch nicht in einer dem Gebot der Sachlichkeit und Ausgewogenheit bzw. den Anforderungen an einen fairen Verfahrensablauf widersprechenden Weise auf die Abstimmungsfreiheit der Bürger eingewirkt werden dürfte.
21
Hierbei ist vorliegend insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich nicht um ein isoliertes Ratsbegehren handelt, sondern vielmehr um eine sogenannte Konkurrenzvorlage, bei der dem mit dem Bürgerbegehren beantragten Bürgerentscheid ein weiterer ratsinitiierter Bürgerentscheid gegenübergestellt wird (vgl. Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand: 9/2023, Art. 18a Abs. 2 GO, 4 b). Dabei verfolgen beide Bürgerentscheide sich widersprechende Ziele, sodass zusätzlich eine Stichfrage zur Abstimmung zu stellen ist (Stichentscheid, vgl. Art. 18a Abs. 12 Satz 3 GO). In dieser Konstellation ist primär zu prüfen, ob die konkrete Formulierung des Ratsbegehrens (in Überschrift und Fragestellung) geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit der Abstimmenden zu Lasten des Bürgerbegehrens zu beeinträchtigen. Es muss bei einer Konkurrenzvorlage darauf geachtet werden, dass der der Gemeinderat, der das Anliegen des Bürgerbegehrens erkennbar ablehnt (vgl. Art. 18a Abs. 4 GO), nicht durch unzutreffende Aussagen oder durch eine irreführende Wortwahl auf das Abstimmungsverhalten einwirkt und sich damit einen illegitimen Vorteil verschafft. Dabei ist ein umso strengerer Maßstab anzulegen, je mehr sich das als Reaktion auf ein zulässiges Bürgerbegehren initiierte Ratsbegehren in seiner Fragestellung der Sache nach als ein bloßes Spiegelbild der Fragestellung des Bürgerbegehrens darstellt. Hat der vom Gemeinderat beschlossene weitere Bürgerentscheid keine echte inhaltliche Alternative zum Gegenstand, sondern wird damit im Wesentlichen nur die aufgrund des Bürgerbegehrens ohnehin zur Abstimmung stehende Frage in gegenläufiger Form neu gestellt, so liegt die Vermutung nahe, dass gerade mit dieser Umformulierung eine spezielle Vorstellung bei den Abstimmenden erweckt werden soll; anderenfalls hätte kein Grund für einen zweiten Bürgerentscheid zum selben Thema bestanden. In solchen Fällen besteht eine besondere Gefahr, dass die Abstimmungsberechtigten durch den gegenüber dem Bürgerbegehren geänderten Wortlaut des Ratsbegehrens irregeführt werden. Denn wer auf einem Stimmzettel zwei unterschiedlich formulierte Fragen samt Stichfrage vorfindet, erwartet in der Regel, dass es sich auch der Sache nach um eine wirkliche Entscheidungsalternative und nicht bloß um zwei verschiedene sprachliche Fassungen ein und derselben Fragestellung handelt. Er wird daher im Zweifel die in der Konkurrenzvorlage enthaltenen Begriffe und Begründungselemente dahingehend (miss-)verstehen, dass darin ein gegenüber dem Bürgerbegehren abweichender bzw. zusätzlicher Entscheidungsinhalt zum Ausdruck kommt (vgl. BayVGH, B.v. 17.3.2023 – 4 CE 23.503 – juris Rn. 17 f.).
22
Nach diesen Maßstäben dürfte die Fragestellung des Ratsbegehrens weder irreführend noch unzutreffend sein. Soweit die Antragsteller einwenden, der zweite Halbsatz „um Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze zu sichern“ suggeriere dem abstimmenden Bürger einen direkten Zusammenhang zwischen der Errichtung des Windparks und dem Erhalt von Arbeitsplätzen in der Region, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. So kann schon dem Wortlaut des zweiten Halbsatzes aufgrund seiner Allgemeinheit nicht entnommen werden, dass bei einer Abstimmung gegen den Windpark ein Abbau von Arbeitsplätzen als direkte Folge zu erwarten wäre. Es erschließt sich der Kammer daher nicht, weshalb bei dem Bürger der subjektive Eindruck entstehen könnte, er stimme bei einer Befürwortung des Bürgerbegehrens „direkt für eine wirtschaftliche Verschlechterung seinerseits und der Bevölkerung der betroffenen Gemeinde(n)“, wie von den Antragstellern geltend gemacht. Die angegriffene Aussage dürfte in ihrer Allgemeinheit auch nicht unzutreffend sein. Dass es, wie die Antragsgegnerin überzeugend ausführt, vor dem Hintergrund der Energiewende und möglichen Strommangellagen durchaus Synergieeffekte zwischen der Wirtschaftskraft der Region, dem Erhalt von Arbeitsplätzen und der Errichtung von Windkraftanlagen geben kann, räumen die Antragsteller teilweise selbst ein („u.U. ergeben sich wirtschaftlich günstige Synergieeffekte insbesondere zwischen dem Windpark und …“). Zudem ergibt sich durch den vorangestellten ersten Halbsatz der Fragestellung „Sind sie dafür, dass die Gemeinde M … einen Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung leistet“, dass die grundsätzliche Unterstützung der Errichtung von Windkraftanlagen im Staatsforst in erster Linie den Beitrag der Antragstellerin zur nachhaltigen Energieversorgung darstellen soll. Die allgemeine Aussage, die Unterstützung der Errichtung von Windkraftanlagen solle der Sicherung von Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze dienen, dürfte daher lediglich die kommunalpolitische Absicht bzw. das Motiv der Ratsmehrheit bezeichnen und somit nicht zu einer Irreführung des abstimmenden Bürgers über eine etwaige unmittelbare Korrelation zwischen Windkraft und Arbeitsplätzen führen (vgl. auch BayVGH, B.v. 1.3.2018 – 4 CE 18.95 – juris Rn. 13; U.v. 16.3.2001 – 4 B 99.318 – juris Rn. 33; VG Bayreuth, B.v. 19.1.2023 – B 9 E 23.10 – juris Rn. 23). Das Ratsbegehren dürfte sich vorliegend auch nicht als bloßes „Spiegelbild“ des Bürgerbegehrens darstellen, da der Formulierung ohne weiteres entnommen werden kann, dass das Ratsbegehren nicht lediglich die Nichterteilung des Einvernehmens sowie das Unterlassen von Verhinderungsmaßnahmen in Bezug auf jedwede Windkraftanlagen im Gemeindegebiet zum Inhalt hat, sondern (positiv) auf die Unterstützung der Errichtung von Windkraftanlagen (konkret) im Staatsforst abzielt.
23
Mit der Formulierung des Ratsbegehrens dürfte auch im Übrigen nicht in einer dem Sachlichkeitsgebot bzw. der Verpflichtung zur Gewährung eines fairen Verfahrensablaufs widersprechenden Weise auf die Abstimmungsfreiheit der Bürger eingewirkt werden und deren Entscheidungsfreiheit verletzen.
24
Die Fallgestaltung, dass der Gemeinderat – wie hier – aus Anlass eines mit dem Bürgerbegehren beantragten Bürgerentscheids gem. Art. 18a Abs. 2 GO beschließt, diesem Bürgerentscheid als Entscheidungsalternative einen von ihm beschlossenen Bürgerentscheid gegenüber zu stellen (Konkurrenzvorlage), ist dabei nicht anhand von Art. 18a Abs. 15 GO zu beurteilen (vgl. BayVGH, B.v. 17.3.2023 – 4 CE 23.503 – juris Rn. 17). Die in Bürgerentscheiden zur Abstimmung gestellten Fragen dürfen grundsätzlich auch erläuternde oder wertende Zusätze enthalten, die in der Praxis zumindest eine bestimmte Tendenz erkennen lassen. Vom Gemeinderat beschlossene Konkurrenzvorlagen müssen danach ebenfalls nicht wertungsfrei formuliert sein, sondern können schon durch die Art der Fragestellung für ein zustimmendes Votum werben. Ähnlich wie bei der Unterschriftsleistung für ein Bürgerbegehren wird von den Abstimmungsberechtigten also auch bei der Stimmabgabe erwartet, dass sie sich ungeachtet einer einseitig gefärbten Umschreibung des Abstimmungsgegenstands ein eigenständiges Urteil bilden. Die Grenze des rechtlich Zulässigen ist erst überschritten, wenn die Darstellung nicht bloß tendenziös, sondern objektiv irreführend ist (vgl. BayVGH, B.v. 17.3.2023 – 4 CE 23.503 – juris Rn. 22 m.w.N.). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.
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Die Fragestellung des Ratsbegehrens ist weder übertrieben, reißerisch oder unsachlich formuliert noch, wie bereits dargestellt, irreführend. Soweit die Fragestellung des Ratsbegehrens im Gegensatz zu der Fragestellung des konkurrierenden Bürgerbegehrens durch die Formulierung „nachhaltige Energieversorgung“ sowie die Bezugnahme auf die Sicherung von Wirtschaftskraft und Arbeitsplätzen in der Region auch werbende Elemente enthält, wird das Bürgerbegehren hierdurch nicht diskreditiert. Zudem spiegelt sich in der allgemein gehaltenen Formulierung der nachhaltigen Energieversorgung zur Sicherung von Wirtschaftskraft und Arbeitsplätzen in der Region, wie bereits ausgeführt, lediglich die kommunalpolitische Absicht der Ratsmitglieder wider, was keine unzulässige Einwirkung auf die Abstimmungsfreiheit der Bürger darstellt (vgl. VG Bayreuth, B.v. 19.1.2023 – B 9 E 23.10 – juris Rn. 29).
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Schließlich vermögen die Antragsteller auch mit ihrem Einwand, die Begründung des Ratsbegehrens vermittele dem Bürger einen falschen Eindruck über die der Antragsgegnerin zustehenden Handlungsoptionen, nicht durchzudringen. Im Gegensatz zu einem Bürgerbegehren muss ein Ratsbegehren nicht zwingend eine Begründung enthalten, da sich Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO ausdrücklich nur auf das Bürgerbegehren bezieht (vgl. Suerbaum/Retzmann, BeckOKKommunalrecht Bayern, 20. Edition, Stand: 1.11.2023, Art. 18a Rn. 64). Jedenfalls aber dürften keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Begründung irreführende oder unzutreffende Aussagen enthält, die das Abstimmungsverhalten der Bürger beeinflussen könnten. Denn der von den Antragstellern beanstandete Passus besagt schon nach seinem allgemein gehaltenen Wortlaut lediglich, dass die Antragsgegnerin trotz der grundsätzlichen Befürwortung des Windparkprojekts im Hinblick auf immissions- und naturschutzrechtliche Belange kritisch bleibt. Daran ist nicht zu erinnern. Die Begründung ist auch nicht auf dem Stimmzettel abgedruckt.
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Die Fragestellung des Ratsbegehrens dürfte schließlich auch hinreichend bestimmt sein.
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Die Zulassung eines Bürgerbegehrens setzt voraus, dass die mit ihm unterbreitete Fragestellung ausreichend bestimmt ist. Das bedeutet zwar nicht zwingend, dass es zum Vollzug des Bürgerentscheids nur noch der Ausführung durch den Bürgermeister im Rahmen der laufenden Angelegenheiten nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO bedarf. Mit einem Bürgerentscheid können vielmehr auch Grundsatzentscheidungen getroffen werden, die erst noch durch nachfolgende Detailregelungen des Gemeinderats ausgefüllt werden müssen. Die Fragestellung muss aber in jedem Fall so bestimmt sein, dass die Bürger zumindest in wesentlichen Grundzügen erkennen können, wofür oder wogegen sie ihre Stimme abgeben und wie weit die gesetzliche Bindungswirkung des Bürgerentscheids (Art. 18a Abs. 13 GO) im Fall eines Erfolgs reicht. Die auf eine Grundsatzentscheidung abzielenden Bürgerbegehren unterliegen damit strengeren Bestimmtheitsanforderungen als entsprechende Beschlussanträge im Gemeinderat, der an seine früheren Entscheidungen in keiner Weise gebunden ist und nicht vollzugsfähige Beschlüsse jederzeit präzisieren kann (vgl. BayVGH, U.v. 13.3.2019 – 4 18.1851 – juris Rn. 36 m.w.N.).
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Nach diesen Maßstäben dürften die einfassenden Halbsätze der Fragestellung des Ratsbegehrens „Sind sie dafür, dass die Gemeinde M … einen Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung leistet […], indem sie Planung und Bau von Windkraftanlagen in unserem Staatsforst unterstützt?“ hinreichend konkret sein. Anhand der Formulierung ist klar ersichtlich, dass mit dem Ratsbegehren eine die Errichtung von Windkraftanlagen in dem auf Gemeindegebiet liegenden Staatsforst als Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung grundsätzlich befürwortende Grundentscheidung getroffen werden soll. Für die abstimmenden Bürger ist daher ohne weiteres erkennbar, welchen Inhalt die durch das Ratsbegehren herbeigeführte Entscheidung haben wird. Da es sich vorliegend um eine Grundsatzentscheidung handelt, wird die Bestimmtheit der Fragestellung entgegen der Auffassung der Antragsteller auch nicht dadurch beseitigt, dass in der Fragestellung keine konkreten Handlungen aufgeführt sind, zu denen die Antragsgegnerin verpflichtet werden soll. Denn in diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Gemeinderat der Antragsgegnerin bereits am 9. Januar 2023 einstimmig beschlossen hat, das Vorhaben der Bayerischen Staatsforsten Rückenwind … zu unterstützen und das Einverständnis mit der Errichtung und dem Betrieb von Windenergieanlagen im Staatsforst im Bereich des A … und B … Forsts dem Gemeindegebiet erklärt und damit das grundsätzliche Interesse an dem Projekt bekundet hat. Aus diesem Grund handelt es sich, wie bereits ausgeführt, um eine kommunalpolitische Absicht der Ratsmehrheit, der Errichtung von Windkraftanlagen im Staatsforst grundsätzlich positiv gegenüberzustehen (vgl. BayVGH, B.v. 1.3.2018 – 4 CE 18.95 – juris Rn. 13; VG Bayreuth, B.v. 19.1.2023 B 9 E 23.10 – juris Rn. 23). Der Entscheidungsgegenstand stellt sich damit auch als konkret orts- und projektbezogen dar. Im Übrigen wird auch die Fragestellung des Bürgerbegehrens nur bei entsprechender Auslegung den Anforderungen an die ausreichende Bestimmtheit der Fragestellung gerecht (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 16.3.2001 – 4 B 99.318 – juris Rn. 33; U.v. 13.3.2019 – 4 B 18.1851 – juris Rn. 37 ff.).
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Schließlich dürfte auch kein Anspruch der Antragsteller auf die Unterlassung der Durchführung (weiterer) Veranstaltungen oder der Verteilung von Informationen zum Thema Windkraft bestehen.
31
In der Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs ist geklärt, dass das bei Wahlen für den Staat und die Gemeinden geltende Neutralitätsgebot in Verfahren der Volksgesetzgebung nicht gilt und dass an seine Stelle ein Sachlichkeitsgebot (Objektivitätsgebot) tritt. Dieses für die Gemeinden geltende verfassungsrechtliche Sachlichkeitsgebot wird bei Bürgerentscheiden durch Art. 18a Abs. 15 GO dahingehend ergänzt, dass die vom Gemeinderat und die von Vertretern des Bürgerbegehrens vertretenen Auffassungen zum Gegenstand des Bürgerentscheids in Veranstaltungen, Informationsschriften o.ä. nur in gleichem Umfang dargestellt werden dürfen (vgl. BayVGH, B.v. 25.9.2009 – 4 CE 09.2403 – juris Rn. 9 m.w.N.). Art. 18a Abs. 15 GO ist jedoch in Fällen nicht anwendbar, in denen ein Bürgerentscheid nicht durch Bürgerbegehren initiiert, sondern vom Gemeinderat gemäß Art. 18a Abs. 2 GO selbst herbeigeführt worden ist. Die Regelungen in Art. 18a Abs. 15 Satz 1 GO gehen erkennbar davon aus, dass ein förmliches Bürgerbegehren die Durchführung eines Bürgerentscheids erzwungen hat. Nur in diesem Fall können die von den vertretungsberechtigten Personen eines Bürgerbegehrens vertretenen Auffassungen dargestellt werden. Liegt hingegen kein Bürgerbegehren vor, greift Art. 18a Abs. 15 Satz 1 GO nicht ein. Hier wäre der Kreis der nur in gleichem Umfang darzustellenden Meinungen nicht abgrenzbar. Der Gemeinde bleibt es aber unbenommen, die in der Bevölkerung vertretenen unterschiedlichen Meinungen zum Bürgerentscheid in amtliche Informationsbroschüren o.Ä. aufzunehmen, ein Rechtsanspruch hierauf besteht allerdings nicht (vgl. Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand: 9/2023, Art. 18a Abs. 15 GO, 3 m.w.N.).
32
Mit der Entscheidung nach Art. 18a Abs. 2 GO für ein Ratsbegehren tritt der Gemeinderat in unmittelbare Konkurrenz zu dem Bürgerbegehren und ist selbst Partei. Diese besondere Konkurrenzsituation führt dazu, dass die Gemeinde für ihr Ratsbegehren ebenso wie die privaten Initiatoren für ihr Bürgerbegehren werben und ausschließlich selbst amtlich informieren darf, ohne dass sie die Auffassung der Initiatoren eines konkurrierenden Bürgerbegehrens im Rahmen des Paritätsgebot berücksichtigen müsste (vgl. BayVGH, B.v. 25.9.2009 – 4 CE 09.2403 – juris Rn. 10 m.w.N.; vgl. Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand: 9/2023, Art. 18a Abs. 15 GO, 7 c) m.w.N.). Die gemeindliche Darstellung darf informierend, wertend und meinungsbildend sein und kann auch herausstellen, welche Sachentscheidung bevorzugt wird. Unzulässig wären aber unmittelbare Abstimmungsempfehlungen oder willkürliche, ungerechtfertigt herabsetzende und polemische Äußerungen (vgl. Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand: 9/2023, Art. 18a Abs. 15 GO, 8 a) aa).
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Vorliegend haben die Antragsteller bereits nicht glaubhaft gemacht, welche konkreten geplanten Veranstaltungen oder Informationen vorliegend gemeint sein sollen. Ungeachtet dessen dürfte es aufgrund der grundsätzlichen Zulässigkeit der einseitigen Bewerbung der Konkurrenzvorlage durch die Antragsgegnerin aber auch nicht zu beanstanden sein, wenn bei Informationsveranstaltungen der Antragsgegnerin keine dem Windparkprojekt kritisch gegenüberstehenden Referenten eingeladen werden. Ebenso wenig dürfte aus diesen Gründen eine Verpflichtung der Antragsgegnerin bestehen, Vertreter der Bürgerinitiative vorab über geplante Veranstaltungen zu informieren, sie hierzu einzuladen, entsprechende Informationsbroschüren auszulegen oder im Internet auf ihrer Startseite auf die Homepage der Bürgerinitiative zu verlinken – wobei letzteres nach Recherche der Kammer zwischenzeitlich erfolgt ist (vgl. https://www.gemeinde-mehring.de/, abgerufen am 16.12.2024). Im Übrigen steht es der Bürgerinitiative frei, Veranstaltungen zur Bewerbung ihres Bürgerbegehrens durchzuführen oder dieses anderweitig, z.B. durch die Verteilung von Informationszetteln, Broschüren o.Ä., zu bewerben.
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Da demnach keine rechtlichen Bedenken gegen das anberaumte Ratsbegehren bestehen dürften, dürfte auch kein Anspruch der Antragsteller auf Neugestaltung des Stimmzettels bestehen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 i.V.m. § 159 Satz 2 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 22.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.