Titel:
Auslegung eines Vertrags über die Instandhaltung einer Wehranlage
Normenketten:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, § 124a Abs. 4 S. 4
WHG § 36 Abs. 2
Leitsatz:
Zur Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils iSv § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Berufungszulassungsantrag (abgelehnt), Auslegung eines im Jahr 1953 zwischen einem Mühlenbetreiber und einem Wasser- und Bodenverband geschlossenen Vertrags über die „Instandhaltung“ einer Wehranlage, Kostenerstattung, ernstliche Zweifel, Darlegungsgebot
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 14.11.2022 – M 31 K 20.6830
Fundstelle:
BeckRS 2024, 6788
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 272.089,93 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Klägerin verlangt vom Beklagten die hälftige Erstattung der Kosten für eine Baumaßnahme an einer von ihr betriebenen Wehranlage.
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Die Baumaßnahme an der Wehranlage und die Errichtung einer neuen Wasserkraftanlage mit einem Krafthaus sowie die Stilllegung der zuvor bestehenden Wasserkraftanlage sind Gegenstand einer der Klägerin und ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann erteilten wasserrechtlichen Bewilligung vom 19. Dezember 2014 (vgl. Gerichtsakte M 31 K 20.6830 Bl. 57).
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Für ihr Begehren stützt sich die Klägerin auf die folgende Regelung unter Ziffer I in einem zwischen dem Beklagten und Herr G. S., dem Vater des verstorbenen Ehemanns der Klägerin, am 21. September 1953 geschlossenen Vertrag (vgl. Gerichtsakte M 31 K 20.6830 Bl. 287, 350):
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1.) Der [Beklagte] übernimmt hiermit die Verpflichtung, an den jeweiligen Eigentümer der gegenwärtig im Eigentum von Herrn [G. S.] stehenden Stau- und Triebwerksanlage in [P.] die Hälfte der Kosten zu erstatten, die in Zukunft bei dieser Anlage für die Instandhaltung des festen Wehres, des Grundablasses beim Wehr und der Wehrklappen anfallen.
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Diese Verpflichtung gilt nicht nur für die Fälle, in denen die Instandhaltung im öffentlichen Interesse oder im Interesse einzelner benachbarter Grundstücke erforderlich ist, sondern auch für die Fälle, in denen die Instandhaltung lediglich im Interesse des geordneten Mühlenbetriebs oder des sonstigen mit der Stau- und Triebwerksanlage verbundenen Betriebs erforderlich ist.
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2.) Bei Streit darüber, ob eine Instandhaltungsmaßnahme erforderlich war und ob die dafür aufgewendeten Kosten angemessen sind, werden die Vertragsparteien auf der Grundlage eines beim zuständigen Wasserwirtschaftsamt einzuholenden Gutachtens eine gütliche Einigung anstreben. Für den Fall der gerichtlichen Austragung des Streits einigen sich die Vertragsparteien hiermit auf das zuständige Wasserwirtschaftsamt als einzigen Sachverständigen.
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3.) Soweit in dem gegenwärtigen Vertrag Verpflichtungen des [Beklagten] zugunsten der Rechtsnachfolger des Herrn [G. S.] begründet werden, handelt es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 328 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wobei hiermit vereinbart wird
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a.) daß die Rechtsnachfolger des Herrn [G. S.] aus gegenwärtigem Vertrag unmittelbar berechtigt sein sollen,
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b) daß Herrn [G. S.], sobald er nicht mehr Eigentümer der Stau- und Triebwerksanlage ist, nicht mehr das Recht zusteht, die seinen Rechtsnachfolgern durch gegenwärtigen Vertrag eingeräumten Rechte ohne deren Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.
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In dem Vertrag finden sich sodann unter Ziffer II Ausführungen zu dem Sachverhalt, auf den er sich „gründet“: Herr G. S. sei Eigentümer einer Stau- und Triebwerksanlage in P.. Das Stauwehr der Anlage sei gelegentlich der in den Jahren 1921/23 durchgeführten Regulierung der G. im Interesse des Hochwasserabflusses und damit im Interesse des Beklagten erheblich größer und stärker ausgeführt worden, als es für die Zwecke der Triebwerksanlage erforderlich gewesen wäre. Dies bedeute, dass für die Instandhaltung des Wehres erheblichere Beträge aufzuwenden seien, als dies der Fall wäre, wenn das Wehr nur das für die Bedürfnisse der Triebwerksanlage erforderliche Ausmaß hätte. Daher sei es erforderlich, dass der Beklagte einen Teil der Kosten für die Instandhaltung des Wehres trage.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil vom 14. November 2022 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Zwar sei der Vertrag vom 21. September 1953 wirksam geschlossen worden (vgl. Urteilsabdruck Rn. 25 ff.) und nicht nichtig (vgl. Urteilsabdruck Rn. 25 und 32 ff.). Außerdem stehe einem klägerischen Anspruch auch nicht der Wegfall der Geschäftsgrundlage entgegen (vgl. Urteilsabdruck Rn. 25 und 38 ff.). Jedoch überschritten die dem geltend gemachten Erstattungsanspruch zugrunde liegenden Arbeiten den vertraglichen Instandhaltungsbegriff (vgl. Urteilsabdruck Rn. 25 und 52 ff.). Wertungsmäßig sei von der Neuerrichtung einer Wehranlage auszugehen (Urteilsabdruck Rn. 52).
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Gegen das ihr am 30.11.2022 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23. Dezember 2022 einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Mit am 30. Januar 2023 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz von diesem Tag hat sie den Antrag begründet.
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1. Der zulässige, insbesondere fristgerecht gestellte (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) und begründete (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. November 2022 hat keinen Erfolg. Die fristgerecht dargelegten und damit maßgeblichen (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO) Gründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, dazu a)), wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, dazu b)) oder wegen deren grundsätzlichen Bedeutung (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, dazu c)).
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a) Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
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aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind gegeben, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt wird, dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (vgl. etwa BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546 = juris Rn. 19; B.v. 18.3.2022 – 2 BvR 1232/20 – NVwZ 2022, 789 = juris Rn. 23 m.w.N.; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4/03 – NVwZ-RR 2004, 542 = juris Rn. 8 f.). Es reicht nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen (vgl. BayVGH, B.v. 16.5.2023 – 8 ZB 22.2586 – juris Rn. 18 m.w.N.). Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente schlagen dann nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich offensichtlich aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 17; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 12.12.2019 – 8 ZB 18.547 – juris Rn. 20). Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert eine substantiierte Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung (vgl. BayVGH, B.v. 13.9.2023 – 8 ZB 23.54 – KommJur 2023, 434 = juris Rn. 6).
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bb) Hiervon ausgehend begegnet das Urteil des Verwaltungsgerichts auf der Grundlage des Vorbringens der Klägerin in der Begründung des Zulassungsantrags vom 30. Januar 2023 keinen ernstlichen Richtigkeitszweifeln. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die vorgenommenen Arbeiten an der Wehranlage, deren Kosten hälftig erstattet werden sollen, stellen keine Instandhaltung i.S. des Vertrags vom 21. September 1953 dar, trifft offensichtlich zu (vgl. das anschauliche und treffende Fazit des Verwaltungsgerichts „neue Anlage mit altem Kern“, Urteilsabdruck Rn. 61). Das Verwaltungsgericht ist allenfalls von einem zu weiten Verständnis des Begriffs der Instandhaltung ausgegangen, indem es annimmt, diesem sei eine „Fortschrittslatenz“ inhärent. Ein zu weites Verständnis würde an der Ergebnisrichtigkeit des Urteils aber nichts ändern.
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(1) Die Klägerin (vgl. Begründung des Zulassungsantrags S. 3) misst zu Recht neben dem Wortlaut des Vertrags dem Schreiben des Landratsamts Freising vom 10. April 1953 an Herrn G. S. (Gerichtsakte M 31 K 20.6830 Bl. 354) besondere Bedeutung bei der Auslegung des Vertragsinhalts bei. Denn mit diesem Schreiben wurde der Vertragsentwurf übersandt. In den in dem Schreiben enthaltenen Erläuterungen des Entwurfs wird u.a. darauf hingewiesen, dass Herr G. S. „für die Reparatur des Wehres“ größere Beträge aufzuwenden habe, als dies der Fall wäre, wenn das Wehr nur für die Bedürfnisse der Mühle erforderliche Ausmaße hätte; es erscheine daher gerechtfertigt, dass sich der Beklagte an der „Instandhaltung“ des Wehres beteilige (s. sodann auch die Begründung für die Beteiligung des Beklagten unter Ziffer II des Vertrags). Im Folgenden wird Bezug genommen auf den „demnächst“ ergehenden Genehmigungsbeschluss. Der Bezugspunkt der Instandhaltung ist demnach das, was Gegenstand des Beschlusses des Landratsamts Dachau vom 1. Februar 1954 (Behördenakte Bl. 46) wurde. Nur bei Maßnahmen, die sich im Rahmen des „Zustands“ bewegen, „der in den vorgelegten Plänen und Beschreibungen aufgezeigt ist und der genehmigt wurde“ (vgl. Ziffer I Nr. 11 des Beschlusses), kann demnach von einer Instandhaltung gesprochen werden. Da die „Pläne und Beschreibungen“ allesamt aus der Zeit vor dem Vertragsschluss stammen (vgl. Ziffer I des Beschlusses) und der „Zustand“ im Wesentlichen bereits vor der Genehmigung bestand (diese den „Zustand“ also lediglich nachträglich legalisierte; vgl. auch den Hinweis unter Ziffer II des Vertrags auf die Errichtung der Stauanlage in den Jahren 1921/23), liegt es auch auf der Hand, auf diesen Zustand abzustellen.
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Für den im Jahr 1953 bestehenden, genehmigten Bestand als Bezugspunkt der Instandhaltung sprechen im Übrigen auch der ebenfalls in dem Schreiben vom 10. April 1953 genannte Art. 59 des damals geltenden Bayerischen Wassergesetzes aus dem Jahr 1907 und § 148 der Vollzugsbekanntmachung (abgedruckt z.B. Riederer/Sieder, BayWG, 1957, unter Art. 59 Rn. 1). Nach Art. 59 BayWG 1907 ist die „Wasserbenützungsanlage“ – was auch das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil herausstellt (Urteilsabdruck Rn. 54) – „nach Maßgabe der erteilen Erlaubnis oder Genehmigung“ zu unterhalten. Der vom Verwaltungsgericht ebenfalls angesprochene § 148 VollzBek stellt sodann ausdrücklich auf den „Zustande“, ab, „in dem die Anlage nach der Erlaubnis oder Genehmigung“ sich befinden soll“.
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(2) Von einer Instandhaltung i.S. einer Reparatur des vorhandenen, im Jahr 1954 genehmigten Bestandes bzw. dessen Erhaltung in einem „ordnungsgemäßen“ Zustand (vgl. Ziffer I Nr. 11 des Beschlusses) kann nicht die Rede sein.
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(a) Vor Beginn der Baumaßnahme war, legalisiert durch den Beschluss vom 1. Februar 1954 (vgl. Ziffer I Nr. 1), ein „festes Wehr“ mit einer „festen Wehrkrone“ vorhanden, wie auch deutlich in dem folgenden Ausschnitt eines von der Klägerin mit Schriftsatz vom 30. Juni 2022 vorgelegten Lichtbildes (Gerichtsakte M 31 K 20.6830 Bl. 442) erkennbar ist (vgl. auch den von der Klägerin vorgelegten „Bestandsplan“ Stand 10.5.2013 mit „Schnitt durch das Wehr“ [a.a.O. Bl. 453] sowie den von ihr ebenfalls vorgelegten „Schnitt B-B durch das Wehr“ [a.a.O. Bl. 459]):
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(b) Im Zuge der Baumaßnahme wurde das „feste Wehr“ mit der „festen Wehrkrone“ teilweise abgetragen und auf dem verbliebenen Rest des Wehres eine Stauklappe errichtet (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 30.6.2022 S. 4 [Gerichtsakte M 31 K 20.6830 Bl. 430]), wie etwa in dem folgenden Ausschnitt eines von der Klägerin ebenfalls mit diesem Schriftsatz vorgelegten Lichtbildes (a.a.O. Bl. 450) sichtbar ist:
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Vgl. ferner den Blick auf das Wehr von der gegenüber-, flussabwärts liegenden Seite (vom Beklagten mit Schriftsatz vom 23.5.2022 vorgelegtes Lichtbild Gerichtsakte M 31 K 20.6830 Bl. 371):
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(c) Schon allein mit dieser Maßnahme wurde der Rahmen des Zustands, der Bezugspunkt der vom Beklagten vertraglich übernommenen Instandhaltungsverpflichtung wurde, deutlich überschritten. Entgegen der Behauptung der Klägerin (vgl. etwa Schriftsatz vom 30.6.2022 S. 6 [Gerichtsakte M 31 K 20.6830 Bl. 432) liegt nicht nur eine „Ertüchtigung der Substanz des alten Wehrbauwerks“ vor.
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(d) Hinzu kommt, dass die Wehranlage, worauf das Verwaltungsgericht auch abgestellt hat (Urteilsabdruck Rn. 60), insbesondere im nördlichen Bereich im Hinblick auf die Errichtung der Wasserkraftanlage am Wehr erheblich geändert wurde. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus einem Vergleich von bisherigem Bestand (s. den nachfolgend abgedruckten Auszug aus dem „Bestandsplan“ Stand 10.5.2013) und dem Bestand nach Durchführung der Maßnahme (s. den im Anschluss abgedruckten Auszug aus dem „Lageplan“ Stand 29.1.2014 [Gerichtsakte M 31 K 20.6830 Bl. 454]).
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(e) Angesichts des Umfangs der Baumaßnahmen sprechen der Bescheid vom 19. Dezember 2014, was die Klägerin in der Begründung des Zulassungsantrags auch erwähnt (S. 7), nicht nur von einer „Sanierung“, sondern von einer teilweisen Neuerrichtung der Wehranlage (Bescheid S. 3) und das Gutachten des Wasserwirtschaftsamts München vom 29. April 2014 (Gerichtsakte M 31 K 20.6830 Bl. 4) nicht nur von einer „Generalsanierung“ (S. 3), sondern von „Umbaumaßnahmen“ (S. 5).
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(f) Im Ergebnis wurde ein marodes altes Wehr durch ein modernes neues Wehr ersetzt und dabei in einem gewissen Umfang die alte Substanz verwendet.
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(g) Mit dieser Baumaßnahme einher gegangen ist im Übrigen auch eine Veränderung der Funktion der Wehranlage: Sie soll nicht mehr in erster Linie dazu dienen, der am Mühlbach gelegenen Triebwerksanlage ausreichend Wasser zuzuführen. Vielmehr besteht ihre Funktion nunmehr vor allem darin, den Betrieb einer Wasserkraftanlage direkt an ihr zu ermöglichen. Es drängt sich deshalb die Frage auf, ob die vertragliche Instandhaltungspflicht der Wehranlage, wenn die Triebwerksanlage nicht mehr betrieben wird, überhaupt greifen soll. Mangels Entscheidungserheblichkeit braucht die Frage allerdings im Rahmen des vorliegenden Zulassungsverfahrens nicht beantwortet zu werden.
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(3) Zu dem Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags ist in der gebotenen Kürze (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 3 VwGO) ergänzend Folgendes auszuführen:
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(a) Selbst wenn, was die Klägerin aber letztlich gar nicht behauptet, die „Gewässeraufsicht“ konkret die an der Wehranlage durchgeführte Baumaßnahme gefordert hätte (vgl. den Hinweis in der Begründung des Zulassungsantrags S. 4 unten), könnte nicht von einer „Instandhaltung“ i.S. des Vertrags gesprochen werden. Insbesondere enthält der Vertrag vom 21. September 1953 keine Regelung dahingehend, dass sich der Beklagte an staatlicherseits geforderten Maßnahmen an der Wehranlage unabhängig von deren Einordnung als Instandhaltungsmaßnahme beteiligen muss. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang von dem „Austausch einzelner Teile“ spricht (a.a.O. S. 5), misst sie den durchgeführten Baumaßnahmen nicht das ihnen zukommende Gewicht bei.
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(b) Ohne ausschlaggebende Bedeutung für die Auslegung des Begriffs der Instandhaltung i.S. des Vertrags ist nach Auffassung des Senats auch, ob die Baumaßnahme zu einer wesentlichen Änderung der (Wehr-)Anlage nach Art. 63 BayWG 1907 geführt hätte (vgl. Begründung des Zulassungsantrags S. 8 oben). Dafür, dass alle Maßnahmen, die nicht zu einer solchen wesentlichen Änderung führen, als Instandhaltungsmaßnahmen anzusehen sind, fehlen im Vertrag und in den anlässlich seines Zustandekommens angefallenen Unterlagen jegliche Anhaltspunkte. Im Gegenteil spricht nicht zuletzt die Erwähnung (lediglich) von „Reparaturen“ in dem Schreiben vom 10. April 1953 für das deutlich restriktivere Verständnis des Begriffs der Instandhaltungsmaßnahme.
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(c) Dass eine Instandhaltung i.S. des Vertrags auch eine Maßnahme sein kann, die lediglich im (privaten) Interesse des Betreibers des Wehrs erfolgt, ergibt sich, was die Klägerin auch sieht (vgl. Begründung des Zulassungsantrags S. 5), eindeutig aus dem Wortlaut von Ziffer I Nr. 1. Denn dieser bezieht Instandhaltungen „lediglich im Interesse des geordneten Mühlenbetriebs oder des sonstigen mit der Stau- und Triebwerksanlage verbundenen Betriebs“ in die Verpflichtung des Beklagten ein. Soweit die Klägerin in der Begründung des Zulassungsantrags meint (a.a.O. S. 4), das Verwaltungsgericht differenziere zwischen „privatnütziger“ Instandhaltungsmaßnahme und „öffentlich-rechtlicher“ Unterhaltungsmaßnahme, so trifft dies ersichtlich nicht zu; es geht vielmehr – zu Recht – davon aus, dass eine Instandhaltungsmaßnahme i.S. des Vertrags auch dann vorliegen kann, wenn sie nicht zugleich eine Unterhaltungsmaßnahme i.S. von Art. 59 BayWG 1907 ist.
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(d) Weshalb in dem Vertragstext „Wehrklappen“ ausdrücklich genannt sind, obwohl eine Wehrklappe im Jahr 1953 weder vorhanden noch geplant war, lässt sich wohl in der Tat nur dadurch erklären, dass das Landratsamt das für eine Vielzahl von Anlagen aufgesetzte Vertragsmuster nicht angepasst hat (vgl. Begründung des Zulassungsantrags S. 11). Aus der Erwähnung von Wehrklappen indes auf eine „vorwiegend funktionale Sichtweise“ zu schließen, geht aber ersichtlich zu weit. Bei der Errichtung eines völlig neuen Wehres, das die gleichen Funktionen wie das bisherige erfüllt, sollte es sich mit Sicherheit nicht um eine Instandhaltungsmaßnahme handeln.
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(e) Soweit die Klägerin geltend macht, ihr hätten jedenfalls die Kosten für diejenigen Maßnahmen erstattet werden müssen, die (noch) als Instandhaltung anzusehen seien (vgl. Begründung des Zulassungsantrags ab S. 12), führt auch dies nicht zur (teilweisen) Zulassung der Berufung. Wenn das nach Durchführung der Baumaßnahme existierende Wehr nicht mehr das Wehr ist, das Bezugspunkt der vertragsgegenständlichen Instandhaltung ist (s. oben), dann können auch einzelne Maßnahme nicht als Instandhaltung des bisherigen Wehres angesehen werden.
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b) Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nicht vor.
35
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten i.S. des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß an nicht unerheblich überschreitenden Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt und die im Zulassungsverfahren kursorische Prüfung der Prüfung anhand des verwaltungsgerichtlichen Urteils keine Prognose über den voraussichtlichen Ausgang des Rechtsstreits zulässt (BayVGH, B.v. 24.1.2023 – 8 ZB 22.1783 – juris Rn. 47).
36
Hiervon ausgehend weist die Rechtssache weder besondere tatsächliche noch besondere rechtliche Schwierigkeiten auf. Für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts war letztlich lediglich die Frage entscheidungserheblich, ob die Klägerin die Erstattung von Kosten für eine Instandhaltung i.S. des Vertrags vom 21. September 1953 geltend macht. Insoweit muss der Vertragsbegriff ausgelegt und die in Rede stehende Fallgestaltung am Auslegungsergebnis gemessen werden. Wie oben unter a) ausgeführt bedarf es der Durchführung eines Berufungsverfahrens nicht, um eine Prognose über die zutreffende Beantwortung der Frage zu treffen; es lässt sich vielmehr mit Sicherheit schon im Zulassungsverfahren feststellen, dass das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend und mit im Wesentlichen zutreffender Begründung die Frage verneint hat.
37
Das Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dass es auf eine detaillierte Befassung mit den klägerischen Kostenaufstellungen und mit den fachlichen Bewertungen des Wasserwirtschaftsamts ankommen soll (vgl. Begründung des Zulassungsantrags S. 17 oben), erschließt sich dem Senat nicht. Wie bereits oben ausgeführt gehen weiterhin auch das Landratsamt Dachau und das Wasserwirtschaftsamt München nicht davon aus, dass lediglich von einer „Sanierung und Modernisierung“ (vgl. Begründung des Zulassungsantrags S. 16 unten, ferner S. 17 zweiter Absatz von oben) des Wehres auszugehen ist; sie sprechen vielmehr von einer teilweisen Neuerrichtung bzw. Umbaumaßnahmen.
38
c) Dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, hat die Klägerin schon nicht hinreichend dargelegt.
39
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung bedarf (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2023 – 8 ZB 22.2287 – juris Rn. 34). Dementsprechend verlangt eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist. Ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 4.10.2022 – 8 ZB 22.1193 – juris Rn. 40).
40
In der Begründung des Zulassungsantrags ist als Fragestellung genannt,
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„ob § 36 Abs. 2 WHG als eine Vorschrift, die erst durch das Hochwasserschutzgesetz II vom 30. Juli 2017 (BT-Drs. 18/10879) in das Wasserhaushaltsgesetz eingefügt worden ist, nunmehr abschließend und damit auch vorrangig gegenüber der allgemeinen Pflicht des Unternehmers, seine Wasserbenutzungsanlage in dem genehmigten und ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten, bestimmt, dass die Unterhaltung einer Stauanlage sich an den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu richten habe“.
42
Die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage bleibt in der Begründung des Zulassungsantrags indes unklar. Sie befasst sich schon nicht damit, inwieweit für eine Baumaßnahme, die Gegenstand einer wasserrechtlichen Bewilligung aus dem Jahr 2014 ist, eine erst im Jahr 2017 erlassene und erst ab 5. Januar 2018 geltende Norm (vgl. Art. 5 Satz 1 des Hochwasserschutzgesetzes II [BGBl. I 2017 S. 2193]) Bedeutung erlangt haben könnte. Weiterhin beschränkt sich die Klägerin auf die Behauptung, die „getroffenen Maßnahmen“ stellten unter Orientierung an den geltenden fachlichen Vorgaben Maßnahmen i.S. des § 36 Abs. 2 WHG dar; welche fachlichen Vorgaben im Einzelnen, hätte § 36 Abs. 2 WHG schon im Zeitpunkt der Maßnahme gegolten, die Notwendigkeit begründet hätten, die Baumaßnahme am Wehr nur so wie erfolgt durchzuführen, bleibt indes unklar.
43
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
44
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
45
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
46
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.