Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 26.02.2024 – 203 StObWs 49/24
Titel:

Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Anstalt über die Versagung von Langzeitausgang eines Sicherungsverwahrten 

Normenketten:
StVollzG § 115
BayStVollzG Art. 54, Art. 58
Leitsätze:
1. Die Entscheidung, ob die Anstalt einem in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten nach Art. 58 BaySvVollzG Langzeitausgang gewährt, steht im pflichtgemäßen Ermessen der Einrichtung. (Rn. 10 und 14)
2. Voraussetzung für die Gewährung einer vollzugsöffnenden Maßnahme in der Sicherungsverwahrung ist, dass diese dem Erreichen der Vollzugsziele dient (Art. 54, Art. 2 BaySvVollzG). Dabei handelt es sich um eine Prognoseentscheidung, bei welcher der Vollzugsbehörde wegen ihrer Nähe zum Sicherungsverwahrten eine Einschätzungsprärogative zugestanden wird. (Rn. 10 – 11)
3. Bei beantragter Verpflichtung zu Maßnahmen mit Beurteilungsspielraum oder Ermessen kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Behördenentscheidung nicht auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, sondern auf den Zeitpunkt an, zu dem die Behörde den ablehnenden Bescheid erlassen hat. Alleine die Sach- und Rechtslage, wie sie zum Zeitpunkt dieser behördlichen Entscheidung vorlag, ist maßgebend. (Rn. 15)
Schlagworte:
Sicherungsverwahrung, Langzeitausgang, Ablehnung, Ermessen, Beurteilungsspielraum, Zeitpunkt der Entscheidung
Vorinstanz:
LG Regensburg, Beschluss vom 02.01.2024 – SR StVK 621/23, SR StVK 1004/23
Fundstelle:
BeckRS 2024, 6704

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde des Untergebrachten gegen den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg beim Amtsgericht Straubing vom 2. Januar 2024 wird als unbegründet zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen dem Beschwerdeführer zur Last (§ 121 Abs. 2 StVollzG i.V.m. Art. 103 BaySvVollzG).
3. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1000.- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Rechtsbeschwerdeführer befindet sich in der Sicherungsverwahrung in der Einrichtung für Sicherungsverwahrte in der Justizvollzugsanstalt Straubing. Mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 22. Mai 2023, ergänzt am 24. Mai 2023, hat er bei der Strafvollstreckungskammer beantragt, die Anstalt zu verpflichten, ihm nach Art. 58 BaySvVollzG Langzeitausgang in Form eines Probewohnens für sechs Monate in einer geeigneten Wohnform in H. zu gewähren.
2
Mit Bescheid vom 14. Juli 2023 hat die Einrichtung für Sicherungsverwahrung den Antrag des Untergebrachten nach Art. 58, Art. 54 Abs. 2 BaySvVollzG abgelehnt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Gewährung eines Langzeitausgangs sei unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Lockerungsgutachten noch verfrüht und fördere nicht das Erreichen der Vollzugsziele. Erforderlich sei, dass der Antragsteller, der bislang bei Ausgängen stets begleitet worden sei, nunmehr in der Lockerungsstufe der unbegleiteten Ausgänge weiter erprobt werde und unbegleitete Ausgänge ohne Beanstandungen absolviere.
3
Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom 28. Juli 2023 beantragt, den Bescheid vom 14. Juli 2023 aufzuheben und die Anstalt zu verpflichten, ihm einen Langzeitausgang für sechs Monate zum Zwecke des Probewohnens in einer beschützenden Einrichtung in H. zu gewähren. Mit Schreiben vom 2. November 2023 hat der Verfahrensbevollmächtigte mitgeteilt, dass der Antragsteller nunmehr elf unbegleitete Ausgänge durchgeführt habe. Mit Blick auf die im Lockerungsgutachten geforderten acht unbegleiteten Ausgänge liege eine Ermessensreduzierung auf Null vor.
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Mit Beschluss vom 2. Januar 2024 hat die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Es bestehe kein Anspruch auf den vom Antragsteller begehrten Langzeitausgang.
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Gegen den dem Verfahrensbevollmächtigten am 8. Januar 2024 zugestellten Beschluss hat der Untergebrachte mit Schreiben seines Rechtsanwalts vom 19. Januar 2024, eingegangen bei Gericht am selben Tage, Rechtsbeschwerde eingelegt und das Rechtsmittel mit rechtlichen Ausführungen zu Art. 57 BaySvVollzG begründet. Die Generalstaatsanwaltschaft München hat am 1. Februar 2024 beantragt, die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen. Der Antragsteller hält mit anwaltlichem Schreiben vom 12. Februar 2024 an seiner Rechtsauffassung fest.
II.
6
Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde (§ 118 StVollzG i.V.m. Art. 103 BaySvVollzG) erfüllt die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG. Denn es ist geboten, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts zu Fragen der Gewährung von Langzeitausgang für Sicherungsverwahrte nach einer Veränderung der Sachlage zu ermöglichen. Der Senat versteht den Vortrag des Beschwerdeführers dahingehend, dass er die Sachrüge erhebt mit dem Ziel, Langzeitausgang gewährt zu erhalten.
III.
7
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
8
1. Eine zulässige Verfahrensrüge hat der Beschwerdeführer nicht erhoben. Sein Vortrag, die Behörde hätte ihre Entscheidung nicht von dem Ergebnis eines weiteren Sachverständigengutachtens abhängig machen dürfen, es liege eine Ermessensreduzierung auf Null vor, betrifft das materielle Recht.
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2. Die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses auf die Sachrüge hin hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler aufgezeigt. Die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
10
a. Nach Art. 58 Abs. 1 BaySvVollzG kann die Anstalt dem Sicherungsverwahrten unter den Voraussetzungen von Art. 54 Abs. 2 zur Vorbereitung der Entlassung Langzeitausgang bis zu sechs Monaten gewähren. Art. 54 Abs. 2 BaySvVollzG sieht vor, dass vollzugsöffnende Maßnahmen mit Zustimmung des Sicherungsverwahrten und nach Anhörung der Strafvollstreckungskammer zum Erreichen der Vollzugsziele gewährt werden, soweit nicht zwingende Gründe entgegenstehen, insbesondere konkrete Anhaltspunkte die Gefahr begründen, die Sicherungsverwahrten werden sich dem Vollzug der Sicherungsverwahrung entziehen oder die vollzugsöffnenden Maßnahmen zur Begehung von Straftaten missbrauchen. Die beiden Vorschriften gemeinsame positive tatbestandliche Voraussetzung für die Gewährung einer vollzugsöffnenden Maßnahme in der Sicherungsverwahrung ist, dass diese dem Erreichen der Vollzugsziele (Art. 2 BaySvVollzG) dient (OLG Nürnberg, Beschluss vom 11. August 2015 – 1 Ws 224/15 BeckRS 2015, 14770 Rn. 14; vgl. auch OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 23. Juni 2022 – 3 Ws 159/22 (StVollz) BeckRS 2022, 36727 Rn. 3 zu § 13 Abs. 2 HSVVollzG; OLG Celle, Beschluss vom 08. September 2020 – 3 Ws 210/20 (MVollz) BeckRS 2020, 23916 Rn. 25 zu § 16 Abs. 1 Satz 1 Nds. SVVollzG; KG, Beschluss vom 28. Dezember 2016 – 2 Ws 235/16 Vollz BeckRS 2016, 121378 Rn. 7 zu § 40 ff. SVVollzG-Berlin). Maßnahmen, die sich hinsichtlich der Erreichung der Vollzugsziele lediglich neutral verhalten oder deren Erreichung gar zuwider laufen würden, haben demnach zu unterbleiben, selbst wenn zwingende Gründe nicht entgegenstehen (OLG Frankfurt a. M. a.a.O. Rn. 4; OLG Nürnberg a.a.O. Rn. 14). Nicht jede denkbare Vollzugslockerung ist zu jedem Zeitpunkt im Blick auf die Vollzugsziele sinnvoll (OLG Nürnberg a.a.O.; BeckOK Strafvollzug Bayern/Krä/Nitsche, 19. Ed. 1.10.2023, BaySvVollzG Art. 54 Rn. 7). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers eröffnet die Regelung von Art. 58 BaySvVollzG die Möglichkeit, den Sicherungsverwahrten über einen längeren Zeitraum zu erproben. Auch soll der Übergang von der stationären in eine ambulante Betreuung in Freiheit unter Einbeziehung Dritter erleichtert werden. Diese besondere Form des Langzeitausgangs soll es geeigneten Sicherungsverwahrten ermöglichen, unter der verbleibenden Aufsicht der Anstalt, aber bei einem weitgehend gelockerten Gewahrsamsverhältnis die für ein straffreies Leben notwendige Selbständigkeit zu erwerben (BayLT-Drs. 16/13834, S. 49).
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b. Bei der Frage, ob die Lockerung dem Erreichen der Vollzugsziele dient, handelt es sich um eine Prognoseentscheidung, bei welcher der Vollzugsbehörde wegen ihrer Nähe zum Sicherungsverwahrten eine Einschätzungsprärogative zugestanden wird; der Anstalt wird insoweit ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (OLG Nürnberg a.a.O. Rn. 11, 18; OLG Celle a.a.O. Rn. 26; KG a.a.O. Rn. 8; Krä/Nitsche a.a.O. Art. 54 Rn. 9).
12
c. Im Vollzug der Sicherungsverwahrung hat die Anstalt die Gewährung vollzugsöffnender Maßnahmen nach Art. 57 Abs. 1 i.V.m. Art. 58 Abs. 3 BaySvVollzG besonders gründlich zu prüfen. Hierzu soll die Behörde ein Gutachten einholen. Bei der Entscheidung der Behörde sind auch die Feststellungen im Urteil und die im Ermittlungs- oder Strafverfahren erstatteten Gutachten zu berücksichtigen.
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d. Aus der gesetzlichen Ausgestaltung einer Möglichkeit (Art. 58 BaySvVollzG) folgt kein subjektiver Anspruch des einzelnen Untergebrachten. Während eine Versagung von Ausführungen im Sinne von Art. 54 BaySvVollzG nur unter dem strengen Maßstab der Absätze 2 und 3 in Betracht kommt, steht die Entscheidung, ob die Anstalt einem Untergebrachten Langzeitausgang gewährt, im pflichtgemäßen Ermessen der Einrichtung.
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e. Die gerichtliche Kontrolle der Entscheidung der Behörde, dem Sicherungsverwahrten einen Langzeitausgang zu versagen, ist im Strafvollzugsverfahren limitiert. Bezüglich der Kontrolle des Beurteilungsspielraums ist sie auf die Prüfung beschränkt, ob die Vollzugsbehörde von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, alle entscheidungsrelevanten Umstände berücksichtigt, die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums eingehalten und die richtigen Wertmaßstäbe angewendet hat (vgl. Laubenthal in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, Strafvollzugsgesetz, 7. Aufl. 2020, 12. Kapitel Rechtsbehelfe § 115 II Rn. 23; Arloth/Krä, StVollzG, 5. Aufl. § 115 Rn. 16 m.w.N.; Bachmann in Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel/Baierl, Strafvollzugsgesetze, StVollzG, 13. Aufl., Kap. P II § 115 Rn. 87, 88). Das Gericht darf im Zusammenhang mit der Gewährung von Vollzugslockerungen die Prognose der Behörde nicht durch seine eigene ersetzen (Laubenthal a.a.O. Rn. 19). Die Strafvollstreckungskammer darf keine eigenen Ermittlungen dazu anstellen (vgl. auch ArlothKrä a.a.O. § 115 Rn. 16; Bachmann a.a.O. § 115 Rn. 85, 87, 88). Die gerichtliche Überprüfung der Ermessensausübung der Behörde ist ebenfalls beschränkt. Eine auf der Grundlage von Art. 58 BaySvVollzG getroffene Entscheidung ist gemäß § 115 Abs. 5 StVollzG i.V.m. Art. 103 BaySvVollzG gerichtlich nur darauf zu überprüfen, ob sie rechtsfehlerfrei getroffen wurde, ob also die Anstalt bei ihrer Entscheidung von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, ob sie in ihre Entscheidung die maßgeblichen Belange mit eingestellt hat und ob sie die Grenzen des ihr zustehenden Ermessens eingehalten hat (st. Rspr. zu § 115 StVollzG, vgl. etwa OLG Hamm, Beschluss vom 23. November 2023 – III-1 Vollz 564/23 –, juris Rn. 9 m.w.N.; Arloth/Krä a.a.O. § 115 Rn. 15 m.w.N.; Laubenthal a.a.O. Rn. 21; Bachmann a.a.O. Rn. 84). Im Rahmen der Überprüfung einer Ermessensentscheidung gilt ebenfalls der Grundsatz, dass das Gericht bei seiner Entscheidung nicht sein Ermessen anstelle des Ermessens der Vollzugsbehörde setzen und eigene Erwägungen anstellen darf (st. Rspr., vgl. Senat, Beschluss vom 27. Juni 2022 – 203 StObWs 113/22 –, juris Rn. 36; OLG Hamm, Beschluss vom 23. November 2023 – III-1 Vollz 564/23 –, juris Rn. 9 m.w.N.; OLG Hamm, Beschluss vom 02. Januar 2020 – 1 Vollz (Ws) 560/19 – BeckRS 2020, 13618; Arloth/Krä a.a.O. § 115 Rn. 13 m.w.N.; Laubenthal a.a.O. Rn. 20 m.w.N.; Bachmann a.a.O. Rn. 85; BeckOK Strafvollzug Bund/Euler, 24. Ed. 1.8.2023, StVollzG § 115 Rn. 19).
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f. Der für die gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Behördenentscheidung und damit für die Begründetheit des Antrags maßgebliche Zeitpunkt richtet sich nach dem jeweiligen Rechtsschutzbegehren und der Art der vollzuglichen Maßnahme (Laubenthal a.a.O. § 115 II Rn. 13; Bachmann a.a.O. § 115 Rn. 75). Bei – wie hier – beantragter Verpflichtung zu Maßnahmen mit Beurteilungsspielraum oder Ermessen kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Behördenentscheidung nicht auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, sondern auf den Zeitpunkt an, zu dem die Behörde den ablehnenden Bescheid erlassen hat. Da die Strafvollstreckungskammer nach § 115 Abs. 5 StVollzG auf die Überprüfung der behördlichen Entscheidung beschränkt ist, ist alleine die Sach- und Rechtslage, wie sie zum Zeitpunkt dieser behördlichen Entscheidung vorlag, maßgebend (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. Mai 2018 – 2 Ws 112/18 –, juris Rn. 15 m.w.N.; KG Berlin, Beschluss vom 22. Februar 2017 – 5 Ws 210/16 Vollz –, juris Rn. 13; Laubenthal a.a.O. m.w.N.; Bachmann a.a.O.; Arloth/Krä a.a.O. § 115 Rn. 5; Euler a.a.O. § 115 Rn. 6). Treten – wie hier – nach der behördlichen Entscheidung neue, für den Antragsteller günstige Umstände ein, steht es ihm offen, auf dieser neuen Sachverhaltsgrundlage eine erneute Entscheidung der Behörde herbeizuführen.
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g. Danach ist die Strafvollstreckungskammer zutreffend davon ausgegangen, dass die Erwägungen der Anstalt nach der dieser am 14. Juli 2023 zur Verfügung stehenden Tatsachengrundlage die Versagung des Langzeitausgangs tragen. Der 19XX geborene Antragsteller, der sich seit 18. August 1998 nach der Begehung eines sexuell motivierten Mordes durchgehend im Freiheitsentzug befindet, hatte nämlich bis dahin noch keinen unbegleiteten Ausgang absolviert. Zwei unabhängige Gutachter hatten in ihren Lockerungs- und Prognosegutachten empfohlen, vor der Lockerungsstufe „Langzeitausgang“ den Probanden zunächst in der vorrangigen Lockerungsstufe „unbegleitete Ausgänge“ zu erproben. Nach Art. 2 Abs. 1 BaySvVollzG dient der Vollzug der Sicherungsverwahrung dem Ziel, die Gefährlichkeit der Sicherungsverwahrten für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Unterbringung möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder für erledigt erklärt werden kann. Die Sicherungsverwahrten sollen befähigt werden, künftig in sozialer Verantwortung ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit ohne Straftaten zu führen (Abs. 2). Der Vollzug der Sicherungsverwahrung dient jedoch auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten (Abs. 3). Die Einrichtung hat auf einer hinreichend geklärten Tatsachengrundlage unter Berücksichtigung der vollzuglichen Erkenntnisse in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Sachverständigen einleuchtend dargelegt, dass das Übergehen der Lockerungsstufe der unbegleiteten Ausgänge und eine sofortige Überstellung des Antragstellers in eine neue Struktur und Umgebung mit einem nicht unerheblichen Risiko einer Überforderung einhergegangen wären. Die Entscheidung der Behörde in ihrem Bescheid vom 14. Juli 2023 lässt somit bezüglich des Schlusses, die vom Beschwerdeführer gewünschte Überstellung diene derzeit nicht den Vollzugszielen, keinen Beurteilungsfehler erkennen.
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h. Dass der Antragsteller nach dem Vortrag der Rechtsbeschwerde im Anschluss an den Erlass der Behördenentscheidung und noch im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens mehrere Ausgänge ohne Beanstandung absolviert hat, durfte die Strafvollstreckungskammer entgegen der Rechtsauffassung der Rechtsbeschwerde nach dem oben Gesagten bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigen. Ein Ausnahmefall, dass aufgrund einer Veränderung der Sachlage (hier die der Entscheidung der Behörde nachfolgenden unbegleiteten Ausgänge) zum Zeitpunkt der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer (vgl. zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt bei gebundenen Entscheidungen Arloth/Krä a.a.O. § 115 Rn. 5; Euler a.a.O. § 115 Rn. 6) nur noch eine Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre (sogenannte Ermessensreduzierung auf Null vgl. dazu Laubenthal a.a.O. § 115 II Rn. 19; Euler a.a.O. § 115 Rn. 19; Arloth/Krä a.a.O. Rn. 13 und 16; Bachmann a.a.O. Rn. 82), liegt hier wegen der Vielfalt der von der Anstaltsleitung in einen Bescheid nach Art. 58, Art. 54 Abs. 2 BaySvVollzG zwingend mit einzustellenden Aspekten nicht vor. So spielen für die Entscheidung über eine Gewährung des Probewohnens in H. neben der Anzahl der Ausgänge weitere, von der Behörde zu gewichtende Faktoren wie das Ergebnis der Evaluierung der unbegleiteten Ausgänge, das Konzept zur Sicherung des Therapie- und Betreuungsbedarfs während des Langzeitausgangs, die Verlässlichkeit der erarbeiteten Rückfallvermeidungsstrategien, die Entwicklung eines Kriseninterventionsplans und die Ausgestaltung des Empfangsraums nebst einer Koordination der Sicherheitsbehörden vor Ort eine maßgebliche Rolle. Die Erwägungen dazu sind ausschließlich der Behörde vorbehalten.
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i. Auf die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob die Anstalt vor einer erneuten Entscheidung über einen Langzeitausgang im behördlichen Verfahren nach Art. 57 BaySvVollzG ein weiteres Gutachten einholen darf, kommt es für die Entscheidung der Rechtsbeschwerde nicht an.
IV.
19
Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 StVollzG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf §§ 60, 52 Abs. 1 GKG. Der Senat hält einen Wert von 1000.- Euro im Rechtsbeschwerdeverfahren für angemessen.