Titel:
Uganda, Homosexualität, Unglaubhaft, Massive Widersprüche, Offensichtlich unbegründet
Normenketten:
AsylG § 3
AufenthG § 60
AsylG § 78
Schlagworte:
Uganda, Homosexualität, Unglaubhaft, Massive Widersprüche, Offensichtlich unbegründet
Fundstelle:
BeckRS 2024, 6591
Tenor
I. Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
1
Der 1989 geborene Kläger ist ugandischer Staatsangehöriger, reiste am … Februar 2020 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am … Mai 2020 einen Asylantrag.
2
Bei seiner Anhörung am ...Juli 2021 trug er vor, dass er Uganda aufgrund seiner Homosexualität verlassen habe. Er habe einen festen Freund gehabt, mit dem er auch zusammengewohnt habe. Seiner Familie habe das nicht gefallen. Als der Vater seines Freundes gesehen habe, wie die beiden Hände gehalten hätten, sei er zum Haus seines Vaters, habe diesen geköpft und das Haus der Familie niedergebrannt. Der Kläger sei dann zu einer Tante gelaufen. Die habe ihm gezeigt, welche Konsequenzen sein Handeln und dass er die Familie auseinandergebracht hätte. Er habe dann keinen Kontakt mehr zu seinem Freund aufgenommen und seiner Tante geholfen. Auf Zwang seiner Tante habe er Ende 2017 eine Frau geheiratet und am … 2019 sei sein Sohn geboren worden. 2018 habe er zufällig seinen Freund wieder getroffen. Seine Frau habe ihn und seinen Freund zusammen im Bett ertappt. Seine Frau habe die Dorfbewohner zusammen geholt, der Kläger sei heftig geschlagen worden. Er sei in ein Krankenhaus gekommen und aus Angst davor, getötet zu werden, in den Busch geflohen. Er sei dann kurz zu seiner Tante gegangen, die ihn gewarnt habe, da sein Name immer wieder im Radio zu hören sei. Er sei dann wieder in den Busch gegangen und habe mit einem Freund in K. … Kontakt aufgenommen, über den er seine Ausreise organisiert habe.
3
Mit Bescheid vom … Juli 2021 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) sowie auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Klagepartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Uganda oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Der Bescheid wurde dem Kläger am … August 2021 gegen Postzustellungsurkunde zugestellt.
4
Die Klagepartei hat am 16. August 2021 Klage erhoben und zuletzt beantragt,
5
1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom … Juli 2021 wird in Ziffer 1 und in Ziffer 3 bis 6 aufgehoben.
6
2. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen.
7
3. Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen.
8
4. Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) bestehen.
9
Dem Kläger drohe als homosexuellem Mann bei einer Rückkehr nach Uganda mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer politischen Verfolgung. Der Kläger werde seit März 2021 von S... e.V. beraten und betreut. Er nehme zusammen mit seinem Partner an verschiedenen Veranstaltungen der LGBTIQ + Community teil.
10
Das Bundesamt hat die Akten vorgelegt und beantragt,
12
Am 18. März 2024 fand mündliche Verhandlung statt.
13
In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht Beweis erhoben zu den Umständen der Beziehung des Klägers mit dem Zeugen durch Einvernahme von Herrn O. als Zeugen.
14
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren, die vorgelegte Behördenakte sowie auf das Protokoll vom 18. März 2024 verwiesen.
Entscheidungsgründe
15
1. Die zulässige Klage ist offensichtlich unbegründet.
16
a) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 des Asylgesetzes/AsylG), da er kein Verfolgungs- oder Lebensschicksal geschildert hat, das diese Zuerkennung rechtfertigen würde.
17
b) Der Vortrag des Klägers, insbesondere hinsichtlich einer befürchteten Verfolgung aufgrund seiner Homosexualität bei einer Rückkehr nach Uganda, ist unglaubhaft.
18
Gerade in einer Gesellschaft wie der in Uganda, die gleichgeschlechtlicher Sexualität ablehnend gegenübersteht, ist das Bewusstwerden der eigenen homosexuellen Sexualität ein Schritt, der eine Abweichung der persönlichen sexuellen Orientierung von der gesellschaftlich erwarteten Orientierung bedingt. Das bedeutet eine Distanzierung von den gesellschaftlichen Konventionen, was sich nicht in einem einfachen Erkennen der eigenen abweichenden Orientierung erschöpft, sondern einen Prozess erfordert – gerade in einem eine solche Form der Sexualität ablehnenden Umfeld. Hierzu hat der Kläger nichts Substantiiertes vorgetragen. Das „innere Ringen“ zwischen den erwarteten gesellschaftlichen Konventionen und der Erkenntnis bzw. dem Nachgeben der eigenen sexuellen Veranlagung ist auch nicht nachvollziehbar vorgetragen worden (vgl. hierzu Berlit/Dörig/Storey, ZAR 2016, 332 ff.).
19
Der Vortrag des Klägers hierzu ist völlig dürftig und oberflächlich. Die Aussage, „er sei damals sehr einsam gewesen“ und „wenn man etwas in sich hat, dann macht man das auch“ zeigt auch nicht ansatzweise eine Auseinandersetzung mit seiner in Uganda in der Gesellschaft scharf abgelehnten sexuellen Neigung auch Männern gegenüber.
20
Etwas Anderes folgt auch nicht daraus, dass er hier in Deutschland in einer sexuellen Beziehung mit einem Mann leben will. Die Aussagen des Klägers hierzu sind vage und oberflächlich. So will er nicht wissen, wann die Beziehung von einer freundschaftlich/kameradschaftlichen Beziehung in eine sexuelle Beziehung umgeschlagen sei. Der Kläger kennt nicht einmal den Geburtstag seines angeblichen Partners. Auch die Schilderungen zum gegenseitigen Umgang sind vage, allgemein und lassen eine sexuelle Beziehung zu einem Mann nicht glaubhaft erscheinen.
21
Das gilt auch vor dem Hintergrund der Aussagen des angeblichen Partners, des Zeugen O. Auch dessen Aussagen sind platt und oberflächlich. Zwar will er sich wenigstens vage daran erinnern, wann die Beziehung der beiden Männer zu einer sexuellen Beziehung geworden ist. Die Aussage, dass der Zeuge für den Kläger Gefühle entwickelt habe und der Kläger sei damit einverstanden gewesen, ist völlig oberflächlich. Insgesamt stellen sich die Aussagen des Zeugen zur angeblichen Partnerschaft mit dem Kläger als äußerst allgemein, platt und wie auswendig gelernt dar. Sie sind daher unglaubhaft.
22
Bestätigt wird der Eindruck der Unglaubhaftigkeit des Vortrags des Klägers, dass er in der mündlichen Verhandlung massive Abweichungen zu seinen Schilderungen vor dem Bundesamt zu den angeblichen Asylgründen angegeben hat. So hat er beim Bundesamt angegeben, dass er homosexuell veranlagt sei und schon seit seiner Schulzeit einen homosexuellen Freund („J.“) gehabt zu haben, den er später wieder getroffen und die Beziehung fortgeführt habe. In der mündlichen Verhandlung hat er dazu angegeben, den Freund J. erst im Jahr 2014 kennengelernt zu haben; die Beziehung habe von Mai 2014 bis Ende 2019 gedauert. Auch sei der Kläger bisexuell. Diese massiven Widersprüche kann der Kläger nicht mit angeblichen Verständigungsschwierigkeiten bei der Anhörung vor dem Bundesamt erklären. Denn dort ist am Ende der Anhörung angegeben, dass es zu keinen Verständigungsschwierigkeiten gekommen ist. Die Anhörung wurde dem Kläger auch rückübersetzt (Anhörungsprotokoll S. 14).
23
c) Die von der Klagepartei beim Bundesamt vorgetragene Betreuung durch eine Organisation, die homosexuelle Menschen betreut und berät, kann den Kläger nicht davon befreien, seine homosexuelle Veranlagung glaubhaft darzulegen. Das hat der Kläger nicht getan. Aus den Stellungnahmen von S.. e.V. – einer Organisation, die sich für die Belange homosexueller Menschen einsetzt – vom … Juli 2022 und ... Dezember 2023 folgt die Teilnahme des Klägers an den von dieser Organisation angebotenen Aktivitäten. Die Homosexualität des Klägers wird dort als gegeben vorausgesetzt. Eine glaubhafte und überzeugende Schilderung, dass der Kläger homosexuell ist, kann das nicht ersetzen. Das gilt auch für die Bescheinigung der Landeshauptstadt vom … November 2023. Auch dort wird davon ausgegangen, dass der Kläger homosexuell ist.
24
d) Die von anderen Verwaltungsgerichten in Bezug auf Homosexuelle in Uganda vertretene Ansicht (vgl. VG Regensburg, U.v. 4.9.2017 – RN 1 K 17.32818 – juris S. 12 m.w.N.), dass insoweit die Voraussetzungen der § 3 ff. AsylG erfüllt wären, kommt für den vorliegenden Fall von vornherein nicht zum Tragen. Denn der Kläger hat nicht glaubhaft vortragen können, homosexuell zu sein. Zur weiteren Begründung kann auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid des Bundesamtes verwiesen werden (§ 77 Abs. 2 AsylG).
25
e) Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Es sind keine Gesichtspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich, die die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen in Frage stellen könnten.
26
Für das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist weder etwas vorgetragen noch ersichtlich.
27
Auch gegen die Rechtmäßigkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG bestehen keine Bedenken.
28
Zur weiteren Begründung wird auf den bereits zitierten Bescheid des Bundesamtes verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
29
2. Die Unbegründetheit der Klage drängt sich nach allgemeiner Rechtsansicht geradezu auf. Denn das geltend gemachte Verfolgungsschicksal ist völlig widersprüchlich und weist gravierende Ungereimtheiten auf. Der Vortrag des Klägers wirkt aufgrund der massiven Widersprüche in der Gesamtwürdigung als frei erfunden und völlig unglaubhaft. Die Klage ist daher als offensichtlich unbegründet abzuweisen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Es besteht kein vernünftiger Zweifel an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen, wobei sich bei einem solchen Sachverhalt die Abweisung der Klage nach allgemeiner Rechtsauffassung geradezu aufdrängt (Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Auflage 2020, § 78 AsylG Rn. 40 m.w.N.).
30
3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
31
Nach § 83 b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.
32
Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AslyG).