Titel:
Baugestaltungssatzung, Abweichung, Farbgestaltung, Keine Atypik, Teilweise Erledigung durch Neuerlass der Baugestaltungssatzung
Normenketten:
BayBO Art. 63
BayBO Art. 81 Abs. 1 Nr. 1
Schlagworte:
Baugestaltungssatzung, Abweichung, Farbgestaltung, Keine Atypik, Teilweise Erledigung durch Neuerlass der Baugestaltungssatzung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 6544
Tenor
I. Soweit das Verfahren für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Kläger begehren die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer isolierten Abweichung von deren Baugestaltungssatzung.
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Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks FlNr. 929/2 Gem. … … … (Vorhabengrundstück) und betreiben dort die Vermietung von Ferienappartements.
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Zur Schaffung einer durchgehenden alpenländischen Prägung der baulichen Anlagen und sonstigen Nutzung der Grundstücke im Gemeindegebiet beschloss die Beklagte am 9. September 1992 den Erlass einer Baugestaltungssatzung für das gesamte Gemeindegebiet. Sie beschloss Änderungen am 29. März 1995 und 30. März 1998.
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Mit Schreiben vom 24. Juli 2019 hörte die Beklagte die Klägerin an, nachdem ihr angezeigt worden war, dass die Gestaltung des Anwesens in verschiedenen Punkten von der Baugestaltungssatzung abweiche. Nach Nr. 4.4 der Baugestaltungssatzung seien Garagentore, Außentüren, Fenster und Fensterläden in Holz auszuführen, Balkone in heimischem Holz (Nr. 4.6 der Baugestaltungssatzung). Dabei seien Holzflächen gemäß Nr. 9.2 der Baugestaltungssatzung entweder zu belassen oder hell- bis mittelbraun einzulassen. Dem widersprächen die Garagentore (Holzoptik, weiß), Türen, Fenster und Balkone (aus heimischem Holz, jedoch weiß lasiert) sowie der Dachstuhl (teilweise weiß lasiert). Außerdem seien die Putzflächen entgegen Nr. 9.1 der Baugestaltungssatzung nicht weiß gestrichen.
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Die Kläger beantragten daraufhin unter dem 18. Dezember 2019 die Erteilung einer isolierten Abweichung von der Baugestaltungssatzung. Hinsichtlich der Regelungen in Nr. 9.2 zu Holzflächen bestünde eine Vielzahl von Abweichungen im Ortsbild. Hinsichtlich der Farbgebung der Putzflächen werde darauf verwiesen, dass bei mehreren Gebäuden, sowohl in der Ortsmitte als auch in dicht besiedelten Wohngebieten, deutlichere und weitaus stärkere Farbabweichungen zu finden seien. Hinzukomme, dass die Wahrnehmung des Anwesens angesichts seiner weit von der Ortsmitte und frequentierten Straßen abgelegenen Lage unauffällig und damit nicht störend für das Ortsbild sei. Zudem seien im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung die für die Änderungsmaßnahmen entstehenden Kosten zu berücksichtigen. Stattdessen werde angeboten, die Farbgestaltung im Zuge einer allgemeinen Sanierungsmaßnahme des Hauses zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen.
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Mit Beschluss vom 21. Januar 2020 beschloss der Gemeinderat, dem Abweichungsantrag nicht zu entsprechen. Nach Anhörung der Kläger lehnte die Beklagte daher mit streitgegenständlichem Bescheid vom 28. April 2020 die Erteilung einer Abweichung ab. Sämtliche Holzflächen am Anwesen seien weiß gestrichen. Der Argumentation, dass die Garagentore einer Holzausführung entsprächen könne nicht gefolgt werden. Gemäß Nr. 9.2 seien Holzflächen zu belassen oder hell- bis mittelbraun einzulassen. Hinsichtlich der Fassadenfarbe seien der Gemeindeverwaltung lediglich zwei Abweichungen im Gemeindegebiet bekannt. Hinsichtlich eines Anwesens sei die farbliche Abweichung aus Unachtsamkeit von der unteren Bauaufsichtsbehörde mit Farbabweichung genehmigt worden. Hinsichtlich des weiteren Bezugsfalles werde die Gemeindeverwaltung ebenfalls aktiv werden. Sofern die Kläger darauf verwiesen, dass die Wahrnehmung des Anwesens auch angesichts der Lage nicht störend für das Ortsbild sei, sei zu entgegnen, dass das Ortsbild der Gemeinde von einem einheitlichen Baustil geprägt sei, welcher wesentlicher Teil der Identität des Ortes sei. Weiße Fassaden fänden sich im gesamten Ort wieder. Zudem würde durch Zulassung einer Abweichung ein Präzedenzfall entstehen.
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Gegen diesen Ablehnungsbescheid haben die Kläger am … Mai 2020 Klage erhoben und zunächst beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 28. April 2020 wegen der Nichtigkeit der Ortsgestaltungssatzung bzw. der Nichtigkeit der dem Bescheid zugrundeliegenden Bestimmungen der Ortsgestaltungssatzung aufzuheben (Ziffer I), hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. April 2020 zu verpflichten, den Klägern die beantragte isolierte Abweichung von Zi. 9 der Baugestaltungssatzung der Gemeinde … … … für das Grundstück FlNr. 929/2 Gem. … … … zu erteilen (Ziffer II), weiter hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. April 2020 zu verpflichten, die Kläger unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut hinsichtlich der isolierten Abweichung von Zi. 9 der Baugestaltungssatzung der Gemeinde … … … für das Grundstück FlNr. 929/2 Gem. … … … zu verbescheiden (Ziffer III).
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Die örtliche Baugestaltungsvorschrift sei nichtig, sodass es einer Abweichung schon nicht bedürfe. Dies folge schon daraus, dass der Geltungsbereich das gesamte Gemeindegebiet, neun Ortsteile auf einer weitläufigen Fläche von ca. 10 km², umfasse. Hinsichtlich des für eine solche Satzung erforderlichen Gestaltungskonzepts sei zwischen verschiedenen Gebietstypen und den Eigenheiten von Ortsteilen zu differenzieren, um dem Abwägungsgebot Genüge zu tun. Zudem ergebe sich aus den Aufstellungsunterlagen nicht, ob es eine Ortsbildanalyse oder zumindest eine überschlägige Bestandsaufnahme gegeben habe. Zudem verstießen jedenfalls Nrn. 3, 4.3, 4.4, 4.6, 7.2 und 9.3 der Satzung in zahlreichen Punkten gegen das Bestimmtheitsgebot. Des Weiteren verfolge die Gemeinde in Nr. 5 in unzulässiger Weise bauplanerische Ziele, indem sie dort die maximale Gebäudehöhe festlege, was jedoch als Regelungsgegenstand des Maßes der baulichen Nutzung dem Bebauungsplangeber obliege. Etwas anderes ergebe sich auch nicht etwa unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 139 BGB. Unter Rückgriff auf diesen Rechtsgedanken sei die Satzung schon deswegen als gesamtnichtig anzusehen, weil sich ihr Geltungsbereich nicht erkennen lasse. Sie sei jedenfalls zu unbestimmt. Jedenfalls sei Nr. 9.3 unbestimmt. Höchst hilfsweise sei auf eine Vielzahl von 45 Bezugsfällen verwiesen. Deren Zahl und Qualität, zumal sie auch jüngeren Erstellungsdatums seien, sei dergestalt, dass im vorliegenden Fall eines Anwesens deutlich außerhalb des Ortskerns ein Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten Abweichung gegeben sei, weil sich das Ermessen der Beklagten auf Null reduziert habe.
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Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zum Erlass von Werbeanlagensatzungen sei nicht ausgeschlossen, dass aus ortsgestalterischen Gründen in (kleineren) Gemeinden Verbote für das Gemeindeverbot erlassen werden könnten, um auf diese Weise auf das örtliche Gesamterscheinungsbild Einfluss zu nehmen. Daher habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im entschiedenen Fall, der eine Satzung der Gemeinde B.G. betroffen habe, unter Berücksichtigung der traditionellen Dachformen im Gemeindegebiet und des Charakters der Gemeinde als Fremdenverkehrsort keine Bedenken gegen das generelle Verbot der Aufständerung von Solarkollektoren auf Dächern erhoben. Daran anknüpfend habe das Bayerische Verwaltungsgericht München entschieden, dass aus ortsgestalterischen Gründen Verbote für das gesamte Gemeindegebiet erlassen werden könnten, um auf das örtliche Gesamterscheinungsbild Einfluss zu nehmen, und zwar nach den Umständen des Einzelfalls auch ohne vorangegangene Ortsbildanalyse.
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Daran gemessen sei die gemeindeweite Geltung der Baugestaltungssatzung ohne vorherige Ortsbildanalyse vorwiegend nicht zu beanstanden, denn es handle sich hier um eine mit nur 3.500 Einwohnern sehr kleine Gemeinde, die sehr stark von Fremdenverkehr geprägt sei und ein einheitlich alpenländisches Erscheinungsbild aller Ortsteile aufweise, das zu einem homogenen Gesamterscheinungsbild führe. Auch die gerügten Verstöße gegen das Bestimmtheitsgebot lägen nicht vor. Es sei bestimmten Rechtsbegriffen immanent, dass ihr konkreter Inhalt einer wertenden Betrachtung bedürfe. Jedenfalls biete die Regelung genügend Anknüpfungspunkte, um eine willkürliche Anwendung auszuschließen. Keinesfalls zöge die Rechtswidrigkeit einzelner Regelungen die Gesamtunwirksamkeit der Satzung nach sich. Ein untrennbarer Regelungszusammenhang bestehe nicht.
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Die Beklagte beschloss am 2. März 2021 eine neue Baugestaltungssatzung, die sie am 3. März 2021 bekannt machte. Gemäß Nr. 14 dieser Baugestaltungssatzung tritt die Satzung am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft. Gleichzeitig tritt die vorherige Baugestaltungssatzung der Beklagten außer Kraft.
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Mit Schriftsatz vom … Februar 2024 hat der Kläger den Rechtsstreit hinsichtlich Ziffer I der Klageschrift vom … Juli 2020 für erledigt erklärt sowie soweit die Kläger mit Formblatt vom 18. Dezember 2019 die Erteilung einer isolierten Abweichung von Zi. 9.2 der Ortsgestaltungssatzung, bezogen auf die in weißer Farbgebung ausgeführten Garagentore, Fenster und Türen des klägerischen Anwesens beantragten. Ziffer I habe sich mit Außerkraftsetzung der Ortsgestaltungssatzung vom 9. September 1992 gemäß Nr. 14 der Baugestaltungssatzung vom 2. März 2021 erledigt. Gemäß Nr. 4.5 der Baugestaltungssatzung vom 2. März 2021 seien in den Geltungsbereichen A und B in weißer Farbgebung ausgebildete Garagentore, Außentüren und Fensterrahmen nunmehr ausdrücklich erlaubt, sodass sich der Antrag auf Erteilung einer isolierten Abweichung insoweit erledigt habe. Gemäß Nr. 8.1 der Baugestaltungssatzung der Beklagten vom 2. März 2021 sei jedoch weiterhin festgelegt, dass Putzflächen weiß zu streichen seien. Nach Nr. 8.2 werde vorgegeben, dass Holzflächen im Übrigen entweder zu belassen oder hell- bis mittelbraun zu lasieren seien. Soweit die Kläger eine isolierte Abweichung hinsichtlich dieser Regelung wegen der farblichen Gestaltung des Balkons und des Dachüberstandes beantragten, habe sich der Rechtsstreit nicht erledigt. Das Klagebegehren werde insoweit aufrecht erhalten.
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Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 7. März 2024 die Aktenauszüge zur Aufstellung der neuen Baugestaltungssatzung vorgelegt und der Erledigterklärung zugestimmt. Nach wie vor unzulässig seien der maronenfarbene Fassadenanstrich sowie der jeweils weiß gestrichene Balkon und Dachstuhl.
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Die Kläger beantragten zuletzt,
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1. Die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. April 2020 zu verpflichten, den Klägern die beantragte isolierte Abweichung von der Baugestaltungssatzung der Gemeinde … … … für das Grundstück FlNr. 929/2 Gem. … … … zu erteilen,
2. hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. April 2020 zu verpflichten, die Kläger unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut hinsichtlich der isolierten Abweichung von der Baugestaltungssatzung der Gemeinde … … … für das Grundstück FlNr. 929/2 … … … zu verbescheiden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist, soweit nach der übereinstimmenden teilweisen Erledigterklärung durch die Beteiligten noch über sie zu entscheiden war, zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Den Klägern steht weder ein Anspruch auf Erteilung einer Abweichung von der Baugestaltungssatzung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO i.V.m. Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, noch ein Anspruch auf erneute Entscheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO, zu.
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1. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit schriftsätzlich teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt, nämlich hinsichtlich Ziffer I des Antrags aus dem Schriftsatz des anwaltlichen Vertreters der Kläger vom 29. Juli 2020 und hinsichtlich der Ziffern II und III dieses Antrags, soweit die Kläger damit hilfsweise die Erteilung einer Abweichung von den Regelungen der Baugestaltungssatzung 1992 zur Farbgebung des Garagentores, der Fenster und der Türen bzw. eine erneute Entscheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts begehrt haben. Insoweit war das Verfahren einzustellen, § 92 Abs. 3 VwGO entsprechend, und lediglich über die Kosten zu entscheiden (s. unten 2.).
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Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bildet somit ausweislich des in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrags die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Abweichung von der Baugestaltungssatzung vom 2. März 2021 im Hinblick auf die weiße Farbgebung des Balkons und des Dachüberstandes sowie im Hinblick auf den maronenfarbenen Putz der Fassade (1.1) bzw. zu einer erneuten Entscheidung über eine solche Abweichung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts (Nr. 1.2).
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1.1 Den Klägern steht weder ein Anspruch auf Erteilung einer Abweichung hinsichtlich der weißen Farbgebung des Balkons und des Dachüberstands (Nr. 4.7 bzw. 5.3 i.V.m. Nr. 8.2 der Baugestaltungssatzung) noch hinsichtlich der Putzfarbe (Nr. 8.1 der Baugestaltungssatzung) zu.
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Es kann dahinstehen, ob die Erteilung einer Abweichung von den entsprechenden Regelungen der Baugestaltungssatzung vom 2. März 2021 schon deshalb ausscheidet, weil die Satzung unwirksam ist oder mangels rückwirkender Inkraftsetzung für das im Jahre 2015 errichtete Anwesen der Kläger keine Anwendung beansprucht. Jedenfalls sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Abweichung nicht gegeben.
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Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BayBO i.V.m. Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO soll die Gemeinde eine Abweichung von örtlichen Bauvorschriften zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Satz 1 BayBO vereinbar ist. Dies setzt jedoch – auf Tatbestandsseite – eine atypische, grundstücksbezogene Fallgestaltung voraus, die sich dadurch auszeichnet, dass sie vom Satzungsgeber nicht ausreichend erfasst oder bedacht worden ist; wirtschaftliche Erschwernisse oder eine besondere persönliche Fallgestaltung des Bauherrn rechtfertigen eine Abweichung nicht (zum Ganzen: BayVGH, U.v. 10.5.2022 – 1 B 19.362 – juris Rn. 41). Eine solche Atypik setzt mit anderen Worten einen Unterschied des zu entscheidenden Falls vom normativen Regelfall voraus (BayVGH, B.v. 5.12.2011 – 2 CS 11.1902 – juris Rn. 3)
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Gemessen an diesen Maßstäben ist eine solche atypische Fallgestaltung weder im Hinblick auf die Regelungen zur Farbgestaltung der Holzflächen an Balkon und Dachüberstand, Nr. 4.7 bzw. 5.3 i.V.m. Nr. 8.2 der Baugestaltungssatzung, noch im Hinblick auf die Regelung hinsichtlich der Fassadenfarbe (Nr. 8.1 der Baugestaltungssatzung) zu erkennen. Die von den Klägern geltend gemachte Unauffällligkeit der farblichen Abweichungen aufgrund der Ortsrandlage ihres Anwesens vermögen die erforderliche Atypik schon deshalb nicht zu begründen, weil gleiches dann auf die übrigen in Ortsrandlage befindlichen Anwesen zutreffen würde, was wiederum im Hinblick auf die Quantität von Abweichungen zu einer gesteigerten Auffälligkeit im Ortsbild führen würde. Dabei hat die Beklagte hinsichtlich der Anforderungen an die Gestaltung bereits zwischen verschiedenen Bereichen unterschiedlicher Schutzwürdigkeit unterschieden, indem sie zunächst den Geltungsbereich der Baugestaltungssatzung auf die Ortsteile beschränkt hat, welche aufgrund ihrer Größe einen Charakter als Ensemble gestalterisch verwandter Gebäude bilden und im Weiteren innerhalb des Geltungsbereichs Bereiche verschiedener Prägung und Schutzwürdigkeit differenziert hat (s. Begründung der Baugestaltungssatzung, A.2 Geltungsbereich, S. 2f.).
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Auch ergibt sich aus den von den Klägern aufgezeigten „Bezugsfällen“ nicht das Vorliegen einer atypischen, vom Satzungsgeber nicht bedachten Konstellation bei den Klägern. Allenfalls könnten diese im Falle eines etwaigen bauaufsichtlichen Einschreitens der Bauaufsichtsbehörde zu berücksichtigen sein. Denn bei der Ausübung der bauaufsichtlichen Befugnisse hat die Behörde im pflichtgemäßen Ermessen zu handeln. Im Rahmen dessen ist sie aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes, Art. 3 GG, gehalten, im Wesentlichen gleiche Sachverhalte gleich zu behandeln.
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Aus diesen Erwägungen folgt zugleich, dass selbst dann, wenn vorliegend die Baugestaltungssatzung in der Fassung vom 10. September 1992 samt Änderungen vom 29. März 1995 und 30. März 1998 anzuwenden wäre, ein Abweichungsanspruch zu verneinen wäre.
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1.2. Mangels Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für die begehrte Abweichung muss auch der hilfsweise gestellte Antrag, die Beklagte zur erneuten Entscheidung unter Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten, erfolglos bleiben.
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2. Die Kostenentscheidung ergibt sich, soweit die Klage abgewiesen wird, aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils entsprach es billigem Ermessen, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil der Rechtsstreit auch insoweit im maßgeblichen Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses nicht zum Erfolg geführt hätte. So fehlte für die reine Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 28. April 2020 (Ziffer I. des Klageantrags vom 29. Juli 2020) im Hinblick auf den eigens gestellten Abweichungsantrag das Rechtsschutzbedürfnis für die Beseitigung dieses „Rechtsscheins“. Im Übrigen war auch hinsichtlich der Abweichung von den Vorschriften der Vorgängerregelung betreffend die Farbgestaltung des Garagentores, der Fenster und Türen eine atypische Fallgestaltung nicht zu erkennen.
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Die gesamtschuldnerische Haftung der Kläger folgt aus § 159 Satz 2 VwGO.
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3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.