Inhalt

VGH München, Beschluss v. 15.01.2024 – 11 ZB 23.30922
Titel:

Keine Modifikation der Anforderungen an Zumutbarkeit einer internen Schutzalternative bei Kindern

Normenketten:
AsylG § 3e, § 4, § 78 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4
GRCh Art. 24 Abs. 2
CRC Art. 3 Abs. 1
Leitsatz:
Die Frage, inwieweit am Ort des internen Schutzes außerhalb der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz andere grundlegende Menschenrechte gesichert sein müssen, ist vom Bundesverwaltungsgericht dahingehend geklärt, dass dort keine anderen Gefahren oder Nachteile drohen dürfen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer für den internationalen Schutz relevanten Rechtsgutbeeinträchtigung gleichkommen, und auch sonst keine unerträgliche Härte drohen darf; danach gibt es keinen Raum für vernünftigen Zweifel daran, dass diese materiell-rechtlichen Maßstäbe auch bei der Prüfung des Anspruchs eines Kindes auf Gewährung subsidiären Schutzes gelten und nicht durch Erwägungen des Kindeswohls modifiziert werden. (Rn. 10 – 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anspruch auf Gewährung subsidiären Schutzes, Zumutbarkeit einer internen Schutzalternative, grundsätzliche Bedeutung der Frage, ob Gesichtspunkte des Kindeswohls bei der Prüfung einer internen Schutzalternative einen „über den Maßstab des Art. 3 EMRK hinausgehenden Maßstab“ gebieten (verneint), interner Schutz, Zumutbarkeit, Kind, Kindeswohl
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 23.10.2023 – M 21b K 20.32048
Fundstelle:
BeckRS 2024, 633

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG entsprechend dargelegt worden ist bzw. nicht vorliegt.
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1. Die Bevollmächtigten der Klägerin halten für klärungsbedürftig, ob „bei der Prüfung des Vorliegens einer innerstaatlichen Schutzalternative gemäß § 3e Abs. 2 AsylG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 RL 2011/95/EU das Kindeswohl als vorrangige Erwägung nach Art. 24 Abs. 2 EU-GRCh und Art. 3 UN-Kinderrechtskonvention einen über den Maßstab des Art. 3 EMRK („Bett, Brot, Seife“) hinausgehenden, höheren anzulegenden Maßstab“ gebietet.
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Nach Art. 3 Abs. 1 der UN-Kinderrechtskonvention und Art. 24 Abs. 2 der EU-Grundrechte-Charta sei das Wohl des Kindes bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen sei. Aus dem Erwägungsgründen der Anerkennungsrichtlinie 2011/95/EU ergebe sich, dass dieser Grundsatz auch bei asylrechtlichen Entscheidungen anzuwenden sei. Insbesondere sollten die Mitgliedstaaten nach dem Erwägungsgrund 18 bei der Umsetzung der Richtlinie im Einklang mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1989 über die Rechte des Kindes vorrangig das Wohl des Kindes berücksichtigen. Bei der Bewertung der Frage, was dem Wohl des Kindes diene, sollten die Mitgliedsstaaten insbesondere dem Grundsatz des Familienverbands, dem Wohlergehen und der sozialen Entwicklung der Minderjährigen, Sicherheitsaspekten sowie dem Willen des Minderjährigen unter Berücksichtigung seines Alters und seiner Reife Rechnung tragen. Erwägungsgrund 16 weise zudem ausdrücklich auf die Anwendung von Art. 24 Abs. 2 der EU-Grundrechte-Charta hin. Für das Asylverfahren ergebe sich die Bedeutung des Kindeswohls aus dem Erwägungsgrund 33 der Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU, für die Rückführung aus Art. 5 der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG. Danach sei im Asylverfahren eines Kindes nicht nur der Frage nachzugehen, ob eine Rückkehr im Familienverband erfolgen werde und der Lebensunterhalt gesichert sei, sondern darüber hinaus auch dem Wohlergehen und der sozialen Entwicklung des Kindes, den Sicherheitsaspekten und dem Willen des Minderjährigen Rechnung zu tragen.
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Folglich sei das Kindeswohl auch bei der Prüfung einer innerstaatlichen Schutzalternative in den Blick zu nehmen. Diese könne sich nicht darauf beschränken, ob das wirtschaftliche Existenzminimum am Ort des internen Schutzes gesichert und keine Verletzung von Art. 3 EMRK zu besorgen sei.
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In der obergerichtlichen Rechtsprechung sei die aufgeworfene Frage bislang ungeklärt. Zu Unrecht verweise das Verwaltungsgericht insoweit auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Februar 2021 (1 C 4.20). Dieses habe einen erwachsenen Mann betroffen und verhalte sich nicht zur Bedeutung des Kindeswohls. Die Frage sei auch entscheidungserheblich. Hätte das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung das Kindeswohl vorrangig berücksichtigt, hätte es eine innerstaatliche Fluchtalternative verneinen müssen. Angesichts der Verhältnisse in der Demokratischen Republik Kongo, auch in Kinshasa und Lubumbashi, entspreche eine Rückkehr dorthin nicht dem Kindeswohl, insbesondere nicht dem Recht auf soziale Entwicklung, auf Gesundheit, Bildung und Wohlergehen.
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2. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ist die Berufung zuzulassen, wenn der Rechtsmittelführer innerhalb der Monatsfrist nach Zustellung des Urteils in der Antragsbegründung darlegt (§ 78 Abs. 4 AsylG), dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 36; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 127). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist oder aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, B.v. 20.3.2018 – 1 B 5.18 – Buchholz 402.242 § 68 AufenthG Nr. 4 = juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 22.1.2020 – 11 ZB 20.30210 – juris Rn. 3 m.w.N.).
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3. Davon ausgehend ist die Berufung nicht zuzulassen. Die aufgeworfene Frage zielt auf die Anforderungen, welche – auch über die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz hinaus – für den internen Schutz (§ 4 Abs. 3 i.V.m. § 3e AsylG) an die Zumutbarkeit der Niederlassung zu stellen sind. Sie bedarf keiner rechtsgrundsätzlichen Klärung in einem Berufungsverfahren, weil sie, soweit verallgemeinerungsfähig und im vorliegenden Fall entscheidungserheblich, durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausreichend geklärt ist. Weiteren grundsätzlichen Klärungsbedarf zeigt der Zulassungsantrag nicht auf.
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Niederlassung in einem sichereren Landesteil i.S.d. § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG vernünftigerweise erwartet werden (Zumutbarkeit der Niederlassung), wenn bei umfassender wertender Gesamtbetrachtung der allgemeinen wie der individuellen persönlichen Verhältnisse am Ort des internen Schutzes mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keine anderen Gefahren oder Nachteile drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer für den internationalen Schutz relevanten Rechtsgutbeeinträchtigung gleichkommen, und auch sonst keine unerträgliche Härte droht (BVerwG, U.v. 18.2.2021 – 1 C 4.20 – BVerwGE 171, 300 Rn. 28 sowie amtlicher Leitsatz Nr. 1; U.v. 24.6.2021 – 1 C 27.20 – juris Rn. 15). Die Zumutbarkeit der Niederlassung am Ort des internen Schutzes bleibt danach eingebettet in den flüchtlingsrechtlichen Zusammenhang. Sie zielt nicht darauf, die in völker- und unionsrechtlichen Kodifikationen enthaltenen Grund- oder Menschenrechte umfassend zu verwirklichen. Jenseits der Missachtung grundlegender Menschenrechtsstandards scheidet ein Gebiet nicht schon dann als Ort internen Schutzes aus, wenn dort „irgendein bürgerliches, politisches oder sozioökonomisches Menschenrecht vorenthalten wird“. Die Vorenthaltung von Grund- oder Menschenrechten bürgerlicher, politischer, sozialer und kollektiver Natur, die nach Art oder Wiederholung nicht so gravierend sind, dass sie weder für sich noch in der Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen als Verfolgungshandlung (§ 3a Abs. 1 AsylG) zu werten sind, reicht regelmäßig nicht aus. Entsprechendes gilt über § 4 Abs. 3 AsylG beim subsidiären Schutz. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist nach § 3e Abs. 2 Satz 1 AsylG unter Berücksichtigung der allgemeinen Gegebenheiten am Ort des internen Schutzes, insbesondere der wirtschaftlichen und humanitären Verhältnisse einschließlich der Gesundheitsversorgung, sowie der persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Art. 4 RL 2011/95/EU zu prüfen, also insbesondere von familiärem und sozialem Hintergrund, Geschlecht und Alter (BVerwG, U.v. 18.2.2021 a.a.O. Rn. 30 f.).
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Zur Begründung verweist das Bundesverwaltungsgericht insbesondere darauf, dass § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG indirekt dem Refoulement-Schutz dient. Der Ausländer soll wegen der allgemeinen Verhältnisse, die für ihn am von Verfolgung freien, sicheren Ort des internen Schutzes herrschen, nicht gezwungen sein, die Verfolgungssicherheit aufzugeben, in das ursprüngliche Verfolgungsgebiet zurückzukehren oder sich in einen anderen Landesteil zu begeben, in dem möglicherweise Verfolgung oder andere Formen von schwerem Schaden drohen (a.a.O. Rn. 29, 41). Die Lebensverhältnisse am Ort des internen Schutzes und insbesondere die Sicherung der materiellen Existenz dürfen nicht so schlecht sein, dass der Betroffene keinen anderen Ausweg sieht, als sich in Gebiete zu begeben, in denen ihm Verfolgung oder ein ernsthafter Schaden droht. Diese Funktion begründet und begrenzt die Berücksichtigung auch nicht verfolgungsbedingter Dimension bei der Zumutbarkeit einer Niederlassung am Ort des internen Schutzes (a.a.O. Rn. 41 f.). Mit Blick auf die materiellen Existenzbedingungen, die für die Zumutbarkeit eine besondere Bedeutung haben (a.a.O. Rn. 34), führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass es an einem existenziellen Druck fehlt, in die Herkunftsregion zurückzukehren, wenn diese in dem menschenrechtlich gebotenen Umfang auf einem Niveau gesichert wird, das eine Verletzung des Art. 3 EMRK nicht besorgen lässt. Weitergehende Anforderung an das Niveau der Existenzsicherung bewirkten hingegen eine begründungsbedürftige Besserstellung gegenüber solchen Bewohnern, die ohne anderweitige Verfolgung oder ernsthaften Schaden bereits an dem Ort des internen Schutzes leben. Jedenfalls bei Existenzbedingungen, die das Mindestniveau nach Art. 3 EMRK wahren, könnten Lebensbedingungen, die von am Ort des internen Schutzes bereits Lebenden dauerhaft hinzunehmen sind, nicht für Binnenflüchtlinge als unzumutbar eingestuft werden (a.a.O. Rn. 42).
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b) Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts befasst sich zwar im Schwerpunkt mit den Anforderungen an die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz. Sie verhält sich aber auch zu der im Vordergrund des Zulassungsantrags stehenden Frage, inwieweit am Ort des internen Schutzes andere grundlegende Menschenrechte gesichert sein müssen (vgl. auch Dörig, NVwZ 2021, 830/835). Das Bundesverwaltungsgericht klärt diese, wie ausgeführt, dahin, dass dort keine anderen Gefahren oder Nachteile drohen dürfen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer für den internationalen Schutz relevanten Rechtsgutbeeinträchtigung gleichkommen, und auch sonst keine unerträgliche Härte drohen darf.
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Ferner gibt es danach keinen Raum für vernünftigen Zweifel daran, dass diese materiell-rechtlichen Maßstäbe auch bei der Prüfung des Anspruchs eines Kindes auf Gewährung subsidiären Schutzes gelten und nicht durch Erwägungen des Kindeswohls modifiziert werden.
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Dem in Art. 24 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie in Art. 3 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes niedergelegten Grundsatz, dass das Wohl des Kindes bei allen Maßnahmen öffentlicher Stellen, die Kinder betreffen, eine vorrangige Erwägung sein muss bzw. vorrangig zu berücksichtigen ist, kommt zwar bei der Prüfung eines Anspruchs auf internationalen Schutz durchaus Bedeutung zu (vgl. dazu auch Thym in Thym/Hailbronner, EU Immigration and Asylum Law, 3. Aufl. 2022, Kapitel 7 Rn. 56 ff.). Dies ergibt sich auch aus Erwägungsgrund 18 der RL 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl L 337 S. 9) sowie Erwägungsgrund 33 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl L 180 S. 60). Insbesondere sind etwaige erhöhte Risikofaktoren für Kinder, etwa kinderspezifische Formen der Verfolgung oder eines ernsthaften Schadens, im Verfahren zu ermitteln und bei der Bewertung der Schutzbedürftigkeit zu beachten (vgl. EASO-Praxisleitfaden zum Wohl des Kindes im Asylverfahren, 2019, S. 26; in diese Richtung auch EuGH, U.v. 14.1.2021 – C-441/19 – NVwZ 2021, 550 Rn. 43 ff.). Mit anderen Worten hat die Beurteilung aus der Perspektive des Kindes zu erfolgen (vgl. UNHCR, Guidelines on International Protection, Child Asylum Claims under Articles 1(A)2 and 1(F) of the 1951 Convention and/or 1967 Protocol relating to the Status of Refugees, HCR/GIP/09/08 v. 22.12.2009, S. 6). Danach kann z.B. eine Behandlung, die bei einem Erwachsenen nicht die Schwelle der Verfolgung erreicht, im Fall eines Kindes durchaus so einzuordnen sein (vgl. UNHCR, a.a.O. S. 6). Diese Grundsätze gelten auch bei der Prüfung einer internen Flucht- bzw. Schutzalternative (vgl. EASO, a.a.O. S. 26; UNHCR, a.a.O. S. 20 f.). Denn bei der Prüfung der Zumutbarkeit der internen Alternative ist die jeweils schutzsuchende Person in den Blick zu nehmen (vgl. UNHCR, a.a.O. S. 21; BVerwG, U.v. 18.2.2021 – 1 C 4.20 – BVerwGE 171, 300 Rn. 31). So kann etwa eine interne Fluchtalternative, die für einen Erwachsenen bloß als ungelegen anzusehen ist, für ein Kind unzumutbar sein (vgl. UNHCR, a.a.O. S. 21).
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Die Verpflichtung zur Berücksichtigung des Kindeswohls verschiebt jedoch nicht die abstrakten Maßstäbe, nach denen sich die Beurteilung eines Anspruchs auf internationalen Schutz materiell bemisst (vgl. insoweit zum Flüchtlingsschutz auch UNHCR, a.a.O. S. 3 f.). Insbesondere setzt die Gewährung subsidiären Schutzes, die hier inmitten steht, voraus, dass dem Schutzsuchenden in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff wird durch die Fallgruppen des § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG näher konkretisiert und ermöglicht zwar eine Würdigung der Interessen des Kindes unter Berücksichtigung von Art. 24 Abs. 2 der EU-Grundrechte-Charta und von Art. 3 der UN-Kinderrechtskonvention, etwa bei der Beurteilung des Vorliegens einer „unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung“. § 4 Abs. 1 AsylG bietet jedoch keinen Raum für eine Berücksichtigung des Kindeswohls jenseits seiner tatbestandlichen Voraussetzungen. Darin liegt auch kein Verstoß gegen die vorgenannten völker- und unionsrechtlichen Vorgaben. Die Konvention zum Schutz der Kinder verpflichtet zwar dazu, das Kindeswohl zu berücksichtigen, verleiht aber keinen Anspruch auf Aufenthalt bzw. Schutzgewähr (vgl. dazu auch Schmahl, UN-Kinderrechtskonvention, 2. Aufl. 2013, Art. 22 Rn. 1, Thym in Thym/Hailbronner, EU Immigration and Asylum Law, 3. Aufl. 2022, Kapitel 7 Rn. 57; Fritzsch, ZAR 2014, 137/138 ff.; EGMR, E.v. 8.3.2016, Nr. 25960/13, I.A.A. u.a./Vereinigtes Königreich, Rn. 46; NdsOVG, B.v. 2.10.2012 – 8 LA 209/11 – InfAusR 2013, 19 = juris Rn. 33; BayVGH, B.v. 25.9.2019 – 9 ZB 19.31543 – juris Rn. 7).
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Daraus ergibt sich zugleich, dass Gesichtspunkte des Kindeswohls nicht die abstrakten Anforderungen modifizieren können, nach denen sich die Zumutbarkeit einer internen Schutzalternative beurteilt. Insoweit greift ebenfalls die Erwägungen, dass weitergehende, aus dem Kindeswohl abgeleitete Anforderungen an die Zumutbarkeit eine ungerechtfertigte Besserstellung gegenüber solchen Kindern bewirkten, die ohne anderweitige Verfolgung oder ernsthaften Schaden bereits an dem Ort des internen Schutzes leben. Bei Existenzbedingungen, die keiner für den internationalen Schutz relevanten Rechtsgutbeeinträchtigung gleichkommen und auch sonst keine unerträgliche Härte darstellen, können Lebensbedingungen, die von am Ort des internen Schutzes lebenden Kindern hinzunehmen sind, nicht für Binnenflüchtlinge als unzumutbar eingestuft werden. Zudem fehlt es dann, wenn dort keine Nachteile und Gefahren drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer für den internationalen Schutz relevanten Rechtsgutbeeinträchtigung gleichkommen, und auch sonst keine unerträgliche Härt droht, gleichfalls an einem existenziellen Druck, in die Herkunftsregion zurückzukehren (so für das Mindestniveau des Art. 3 EMRK wahrende wirtschaftliche Existenzbedingungen BVerwG, U.v. 18.2.2021 a.a.O. Rn. 42; VGH BW, U.v. 29.11.2019 – A 11 S 2376/19 – Asylmagazin 2020, 124 = juris Rn. 49).
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c) Weitergehende Fragen wirft der Zulassungsantrag nicht auf, waren für das Verwaltungsgericht aber auch nicht entscheidungserheblich. Insbesondere ist es davon ausgegangen, dass der Vater der Klägerin ein ggf. erforderliches Schulgeld aufbringen könnte (vgl. auch Art. 27 Abs. 2 der UN-Kinderrechtskonvention).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
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5. Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).