Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 12.03.2024 – Au 8 K 21.277
Titel:

Klage gegen polizeiliche Kostenrechnung wegen eines Abschleppvorganges

Normenkette:
BayPAG Art. 9, Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Art. 28 Abs. 5
Leitsätze:
1. An die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen im ruhenden Verkehr sind niedrigere Anforderungen zu stellen, als an solche, die den fließenden Verkehr betreffen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Verkehrszeichen für den ruhenden Verkehr äußern ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht, wenn sie so aufgestellt oder angebracht sind, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt und ungestörten Sichtverhältnissen während der Fahrt oder durch einfache Umschau beim Aussteigen ohne Weiteres erkennen kann, dass ein Ge- oder Verbot durch ein Verkehrszeichen verlautbart wurde. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei einem Verstoß gegen das sich aus dem Zeichen 229 ergebende absolute Haltverbot ist eine Abschleppmaßnahme grundsätzlich auch ohne konkrete Beeinträchtigung eines zum Halten und Parken an Taxenständen berechtigten Taxis verhältnismäßig. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
4. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt sich, dass die Polizei ein Fahrzeug nicht abschleppen darf, wenn es der Fahrer oder der Halter sofort wegfahren kann – und dies auch tut. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Polizeiliche Kostenrechnung, Abschleppmaßnahme (Leerfahrt), Taxenstand, Abschleppkosten, absolutes Haltverbot, ruhender Verkehr, Verhältnismäßigkeit, umparken, Stornierung des Abschleppfahrzeugs
Fundstelle:
BeckRS 2024, 6311

Tenor

 I.    Die Klage wird abgewiesen.
II.    Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III.    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen eine polizeiliche Kostenrechnung, mit der von ihm eine Gebühr und Auslagen für einen eingeleiteten Abschleppvorgang – Leerfahrt – erhoben werden.
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Der Kläger ist Eigentümer und Halter des Kfz mit dem amtlichen Kennzeichen ... . Am 8. August 2020 parkte der Sohn des Klägers das Fahrzeug in der M-straße in A. – jedenfalls zwischen 21:38 und 21:57 Uhr – verbotswidrig auf einem Taxenstand (Zeichen 229 zu § 41 StVO mit Zusatzzeichen 20:30 – 06:00 Uhr). Das Kfz wurde dort um 21:38 Uhr durch Mitarbeiter des Verkehrsüberwachungs- und Ordnungsdienstes der Stadt A. parkend festgestellt. Der Stellungnahme eines eingesetzten Mitarbeiters ist zu entnehmen, dass an der Örtlichkeit mehrere Fahrzeuge im Bereich des Taxenstands festgestellt worden seien. Nachdem die Mitarbeiter des Verkehrsüberwachungs- und Ordnungsdienstes die Verwarngeldbelege und die Abschleppunterlagen für diese ausgefüllt hätten, kontaktierten sie um 21:57 Uhr die Einsatzzentrale des Polizeipräsidiums ... . Der zuständige Polizeibeamte ordnete daraufhin die Abschleppmaßnahme für das streitgegenständliche Fahrzeug an und beauftragte die Firma A.  R. GmbH mit dessen Abschleppung. Nach Angaben des beauftragten Abschleppdienstes verließ ein disponiertes Abschleppfahrzeug um 22:18 Uhr die Firma und traf um 22:32 Uhr an der Örtlichkeit ein. Dort teilte der Sohn des Klägers dem Fahrer des Abschleppdienstes mit, dass er das Fahrzeug bereits weggefahren habe.
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Nach erfolgter Anhörung stellte der Beklagte mit Kostenrechnung vom 12. Januar 2021 dem Kläger einen Betrag i.H.v. 221,40 EUR in Rechnung.
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Am 8. August 2020 sei der Pkw des Klägers verbotswidrig und behindernd in der M-straße in A. auf einem Taxenstand (Zeichen 229 mit Zusatz „20:30 – 06:00“) parkend festgestellt worden. Da aufgrund dessen eine Nutzung des Taxenstands von den hierfür berechtigten Taxen nicht oder nur eingeschränkt möglich gewesen sei, sei die Abschleppung des Fahrzeugs des Klägers angeordnet worden. Für die entstandene Leerfahrt („Abschleppfahrzeug befand sich bereits auf der Anfahrt“) würden gemäß Art. 28 Abs. 5, Art. 93 PAG, § 1 Nr. 2, § 2 PolKV, Art. 10 Abs. 1 Nr. 1, 5 KG folgende Kosten erhoben: 59,00 EUR (Gebühr) und 162,40 EUR (Auslagen des beauftragten Abschleppunternehmens).
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Hiergegen ließ der Kläger am 12. Februar 2021 zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg Klage erheben. Der Kläger lässt beantragen,
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die Kostenrechnung des Beklagten, vom 12. Januar 2021 aufzuheben.
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Dem Sohn des Klägers sei nicht aufgefallen, dass er das Kfz des Klägers verbotswidrig auf dem Taxenstand geparkt habe, weil bereits mehrere Stellplätze von anderen Fahrzeugen belegt gewesen seien. Er habe das dortige Verbotsschild übersehen und sich mit einem Freund in ein nahegelegenes Café begeben. Aus den Augenwinkeln heraus habe er dann gesehen, dass sich mehrere Mitarbeiter des Vollzugsdienstes im Bereich des Kfz aufgehalten hätten. Dies habe er zum Anlass genommen, das Fahrzeug aufzusuchen. An diesem habe er die Verwarnung und Unterlagen zum Abschleppauftrag vorgefunden. Die Mitarbeiter des Vollzugsdienstes seien noch vor Ort gewesen, hätten aus ihrer Sicht die Angelegenheit vermutlich als erledigt angesehen. Der Sohn des Klägers habe sich unverzüglich in das Fahrzeug gesetzt, einen neuen Parkplatz gesucht und das Fahrzeug dort ordnungsgemäß parkiert. Danach sei er wieder zurück in das Café gegangen, wo sein Freund auf ihn gewartet habe. Nach geschätzt etwa einer Stunde hätten beide das Café verlassen. Just zu dieser Zeit sei der Abschleppwagen vorgefahren. Der Sohn des Klägers habe dessen Fahrer angesprochen, wobei sich herausgestellt habe, dass der Abschleppwagen gekommen sei, um das streitgegenständliche Kfz abzuschleppen. Der Fahrer des Abschleppwagens habe gemeint, dass die Leerfahrt auf jeden Fall zu bezahlen sei.
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Der streitgegenständliche Bescheid sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Die Abschleppanordnung um 21:57 Uhr sei zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig gewesen. Dies sei unstreitig und die Geltendmachung der Kosten für eine Leerfahrt sei in allen Fällen nachvollziehbar, in denen das Abschleppfahrzeug bestellt worden sei, die Anfahrt begonnen habe und sich der Abschleppvorgang nach diesem Zeitpunkt erledigt habe. Allerdings hätte die Maßnahme beendet werden müssen, nachdem der Sohn des Klägers das Fahrzeug selbst weggefahren habe (Art. 28 Abs. 1 PAG). Dies sei jedoch nicht geschehen. Auch aus Gründen der Schadensminderungspflicht und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bestehe die Pflicht, die Beauftragung des Abschleppunternehmens zu widerrufen, sobald der Fahrer das Fahrzeug weggefahren und damit den rechtswidrigen Zustand beendet habe. Insoweit werde es entscheidend darauf ankommen, ob der Mitarbeiter des Vollzugsdienstes der Stadt tatsächlich nicht mehr vor Ort gewesen sei, als der Sohn des Klägers das Fahrzeug umgesetzt habe oder ob dieser doch noch vor Ort gewesen sei. Es sei zunächst nachvollziehbar, dass die Mitarbeiter des Vollzugsdienstes ungern zugestehen würden, dass man eine Weile an einem Ort zusammengestanden und nicht unverzüglich weitergearbeitet habe. Andererseits gebe es keinen Grund, weshalb der Sohn des Klägers und sein Freund diese Details erfunden hätten sollen.
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Unstreitig sei, dass sämtliche angefallenen Kosten vom Kläger zu tragen seien, bis zu dem Zeitpunkt, als der Sohn des Klägers das Fahrzeug weggefahren habe. Da das Abschleppunternehmen zu dieser Zeit noch gar nicht losgefahren sei, könnten bis dahin auch noch keine Kosten für eine Leerfahrt entstanden sein. Die Annahme eines Abschleppauftrags könne und dürfe noch keine Berechtigung darstellen, eine Leerfahrt abzurechnen. Die Auslagen für die Bearbeitung des Abschleppunternehmens würden daher zu Unrecht geltend gemacht. Das Abschleppfahrzeug habe sich noch nicht auf der Anfahrt befunden. Ebenfalls sei die angesetzte Gebühr nicht angemessen, da die gesamte Tätigkeit der Behörde nicht angefallen wäre, wenn die Mitarbeiter des Ordnungsamts den Abschleppvorgang zeitnah widerrufen hätten.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das am 8. August 2020 vom Sohn des Klägers verbotswidrig auf einem Taxenstand geparkte Kfz sei um 21:38 Uhr durch Beamte des Verkehrsüberwachungsdienstes festgestellt worden. Nachdem diese die Lage überprüft und die Verwarngeldbelege, auch aller anderen betroffenen Fahrzeuge, ausgefüllt hätten, hätten sie die Einsatzzentrale der Polizei kontaktiert. Der zuständige Polizeibeamte habe daraufhin die Abschleppmaßnahme angeordnet und eine Abschleppfirma mit der Abschleppung des streitgegenständlichen Kfz beauftragt. Nachdem die Beamten des Verkehrsüberwachungsdienstes ihre Aufgaben vor Ort erledigt hätten, hätten sie die Örtlichkeit verlassen. Sie hätten dort nicht bis zum Eintreffen des Abschleppdienstes gewartet. Während sich die Beamten des Verkehrsüberwachungsdienstes vor Ort aufgehalten hätten, habe der Sohn des Klägers keinen Kontakt zu ihnen aufgenommen. Er habe nicht mitgeteilt, dass er der Fahrer eines der betroffenen Fahrzeuge sei und dieses wegfahren werde. Erst nachdem die Beamten des Verkehrsüberwachungsdienstes weg gewesen seien, habe sich der Sohn des Klägers zu dem streitgegenständlichen Kfz begeben sowie dort die Verwarnung und die Abschleppunterlagen vorgefunden. Auch jetzt habe er nichts getan, um die Abschleppmaßnahme zu stoppen, sondern lediglich das Fahrzeug weggefahren. Das Abschleppfahrzeug sei um 22:32 Uhr vor Ort eingetroffen. Dort habe der Sohn des Klägers dem Abschleppdienst mitgeteilt, dass er das Fahrzeug bereits weggefahren habe. Deswegen seien bei den Kosten nur eine Leerfahrt berechnet worden.
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Die Klage sei unbegründet. Der Kostenbescheid sei rechtmäßig. Rechtsgrundlage sei Art. 28 Abs. 5 Satz 1, Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PAG, Art. 1 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG und § 1 Nr. 2 PolKV. Danach würden für die Sicherstellung einer Sache Kosten erhoben, die von den nach Art. 7 oder Art. 8 PAG Verantwortlichen zu tragen seien. Dass tatsächlich keine Sicherstellung erfolgt sei, weil das Fahrzeug schon vor Eintreffen des Abschleppdiensts weggefahren worden sei, sei unerheblich. Die dem Kostenbescheid zugrunde liegende polizeiliche Abschleppmaßnahme sei rechtmäßig, Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PAG, und habe der Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit gedient. Es habe ein Verstoß gegen § 41 Abs. 1 StVO i.V.m. Anlage 2 Nr. 15, § 12 Abs. 2 StVO vorgelegen. Dieser stelle auch eine Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 StVG i.V.m. § 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO dar. Der Sohn des Klägers habe dessen Kfz für längere Zeit, jedenfalls zwischen 21:38 und 21:57 Uhr, verkehrsordnungswidrig unter Verstoß gegen das Zeichen 229 im verbotenen Zeitraum zwischen 20:30 und 06:00 Uhr auf einem Taxenstellplatz in der M-straße in A. geparkt. Ob der Sohn des Klägers das Verkehrsschild tatsächlich wahrgenommen habe, sei unerheblich, er hätte jedenfalls die Möglichkeit dazu gehabt. Die Gegenwärtigkeit der Gefahr sei nicht durch das Wegfahren des Fahrzeugs entfallen. Für die Gegenwärtigkeit i.S.d. Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PAG komme es auf den Zeitpunkt der Anordnung der polizeilichen Maßnahme an. Zu diesem Zeitpunkt habe das Kfz des Klägers noch auf dem Taxenstellplatz gestanden. Dass der Sohn des Klägers das Fahrzeug im Nachhinein wegfahren habe, spiele hierfür keine Rolle. Die Abschleppanordnung sei erforderlich und angemessen gewesen. Der Vortrag der Klagepartei, die Abschleppmaßnahme hätte nachträglich widerrufen werden müssen, führe nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme. Die Polizei dürfe ein Fahrzeug zwar nicht abschleppen, wenn der Fahrzeugführer sofort wegfahren könne und dies auch tue. Hier habe der Sohn des Klägers die Beamten des Verkehrsüberwachungsdienstes bei ihrer Kontrolle beobachtet, sich ihnen aber nicht zu erkennen gegeben. Er habe sich erst, nachdem die Beamten des Verkehrsüberwachungsdienstes die Örtlichkeit verlassen hätten, zu dem Auto begeben und es weggefahren. So hätten die Verkehrsbeamten den Abschleppdienst auch nicht zurückrufen können, weil sie keine Kenntnis davon gehabt hätten, dass das Fahrzeug entfernt worden wäre. Weder der Polizeibeamte noch die Beamten des Verkehrsüberwachungsdienstes seien bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet gewesen, den Aufenthaltsorts des Fahrzeugführers zu ermitteln. Es wären keine konkreten Anhaltspunkte vorgelegen, dass sich dieser in Ruf- bzw. Sichtweite des Fahrzeugs aufhalten könnte. Der Kostenbescheid richte sich gegen den richtigen Adressaten (Art. 28 Abs. 5 Satz 2, Art. 8 PAG). Die abgerechneten Kosten i.H.v. 221,40 EUR seien angemessen. Der Betrag setze sich aus den Auslagen i.H.v. 162,40 EUR (Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG) und einer Gebühr i.H.v. 59,00 EUR für die Tätigkeit der Polizei (§ 1 Nr. 2 PolKV) zusammen. Anhand der Rahmenvereinbarung des Beklagten mit dem Abschleppunternehmen seien die Auslagen i.H.v. 162,40 EUR ordnungsgemäß abgerechnet worden. Nach der Preis- und Strukturumfrage des VBA e.V. sei die Einsatzzeit die Zeit, die zwischen Beginn und Ende des Einsatzes liege, hier von 22:18 bis 22:46 Uhr. Dabei werde durch die Mehrheit der Unternehmen, unabhängig von der tatsächlichen Dauer, die erste Stunde des Einsatzes voll und dann jeweils jede angefangene halbe Stunde verrechnet. Auch sei der Zuschlag für den Fahrer an Sonn- und Feiertagen i.H.v. bis zu 65,00 EUR netto/h durch den VBA e.V. empfohlen. Die erhobenen Kosten i.H.v. 60,00 EUR netto/h lägen sogar unter der Empfehlung. Die Gebühr für Sicherstellung sei nach § 1 Nr. 2 PolKV eine Rahmengebühr zwischen 20,00 und 1.250,00 EUR. Die festgesetzte Gebühr i.H.v. 59,00 EUR läge deutlich im unteren Bereich und sei daher rechtmäßig.
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Auf gerichtliche Anfrage hin teilte der Beklagte mit Schreiben vom 8. Mai 2023 u.a. mit: Die Leerfahrt hätte nicht rechtzeitig vor Fahrtantritt des Abschleppdienstes storniert werden können, da der Betroffene zu spät zum Fahrzeug zurückgekehrt und der Verkehrsüberwachungsdienst zudem nicht mehr vor Ort gewesen sei. Die Leerfahrt hätte auch nicht für den Transport eines anderen Fahrzeugs genutzt werden können. Laut der polizeilichen Abschleppdatenbank sei für den 8. August 2020 nur dieser eine Abschleppauftrag bezüglich Falschparker auf dem Taxenstand in der M-straße erfasst. Auch der ELS-Auszug lasse nur eine Abschleppdienstanforderung und zwar für das streitgegenständliche Fahrzeug erkennen. Von der polizeilichen Einsatzzentrale sei nur der eine Auftrag an das Abschleppunternehmen erteilt worden. Es sei auch nur die streitgegenständliche Kostenrechnung für Falschparker in der M-straße für den 8. August 2023 von der Kostenabteilung des Polizeipräsidiums ... erstellt worden. Über Unfallfahrzeuge oder private Abschleppungen ohne polizeiliche Beteiligung könne keine Aussage getroffen werden. Der Hinweis aus der Stellungnahme des Mitarbeiters des Verkehrsüberwachungsdienstes der Stadt A. zu weiteren Falschparkern könne nicht nachvollzogen werden. Es wäre denkbar, dass die anderen Fahrzeuge im Rahmen der OWI-Sachbearbeitung verwarnt worden oder diese Fahrzeuge noch vor Erteilung entsprechender Abschleppaufträge von den Besitzern entfernt worden seien.
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In der Sache wurde am 12. März 2024 mündlich vor Gericht verhandelt. Auf das dabei gefertigte Protokoll wird Bezug genommen, ebenso wegen der weiteren Einzelheiten auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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1. Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 12. Januar 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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a) Rechtsgrundlage des Bescheids ist Art. 28 Abs. 5 Satz 1, Art. 9 Abs. 2, Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PAG i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG, § 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 und § 2 PolKV. Danach setzt die Kostenerhebung voraus, dass die Polizei anstelle des Verantwortlichen eine Sache sichergestellt bzw. eine Maßnahme unmittelbar ausgeführt hat und die abgerechneten Kosten dafür angefallen sind; zudem ist Voraussetzung, dass die zugrundeliegende Maßnahme im maßgeblichen Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens auch rechtmäßig gewesen ist (Lindner in BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht, 23. Ed., Stand: 1.10.2023, Art. 9 PAG Rn. 57 ff.; Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG/POG, 6. Aufl. 2023, Art. 11 PAG Rn. 30, Art. 93 PAG Rn. 28, 51 ff.; vgl. hierzu auch BayVGH, U.v. 17.4.2008 – 10 B 08.449 – juris Rn. 12; VG München, U.v. 13.3.2023 – M 23 K 21.4758 – juris Rn. 15; vgl. zudem Art. 16 Abs. 5 KG). Zu den Kosten gehören gemäß Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG auch die Kosten, die anderen Personen für ihre Tätigkeit zustehen. Aus der Rechtmäßigkeit der (Anordnung einer) Abschleppmaßnahme folgt grundsätzlich die Möglichkeit einer kostenrechtlichen Inpflichtnahme des Verantwortlichen. Dies gilt auch für die unmittelbar an den Abschleppunternehmer geleistete Zahlung (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2018 – 3 C 25/16 – juris Rn. 20).
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b) Hieran gemessen war die auf Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PAG gestützte Abschleppanordnung im vorliegend maßgeblichen Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens rechtmäßig, sodass die hierauf erfolgte Kostenerhebung nicht zu beanstanden ist.
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Nach Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PAG kann die Polizei eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung liegt vor, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder wenn diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht (Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, a.a.O., Art. 11 PAG Rn. 28 ff., 83 ff., Art. 25 PAG Rn. 10 m.w.N.). Die öffentliche Sicherheit umfasst die Unversehrtheit von Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen sowie den Bestand und das Funktionieren des Staates, seiner Rechtsordnung und der grundlegenden Einrichtungen des Staates (vgl. m.w.N. etwa Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, a.a.O., Art. 11 PAG Rn. 99).
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Ausweislich der in der Behördenakte befindlichen Lichtbilder (vgl. Bl. 13 a.a.O.) bzw. der Feststellungen des Verkehrsüberwachungs- und Ordnungsdienstes (vgl. Bl. 6, 12 a.a.O.) war das streitgegenständliche Kfz am 8. August 2020 jedenfalls zwischen 21:38 Uhr und 21:57 Uhr unter Verwirklichung des objektiven Tatbestands einer Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß § 24 StVG i.V.m. § 49 Abs. 3 Nr. 4, § 41 Abs. 1 StVO i.V.m. Anlage 2 lfd. Nr. 15 (Zeichen 229 mit Zusatzzeichen 20:30 – 06:00 Uhr) auf dem ordnungsgemäß ausgeschilderten Taxenstand in der M-straße in A. auf Höhe der Hausnummer * abgestellt. Die Klagepartei räumt dies selbst ein (vgl. Bl. 3 f. der Gerichtsakte). Von dem Kfz, das der Sohn des Klägers dort abgestellt hatte, ging demgemäß eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus.
22
Soweit die Klagepartei einwendet, dass der Sohn des Klägers das Verbotsschild übersehen hätte, ist dies im hiesigen Fall unbeachtlich. Denn an die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen im ruhenden Verkehr sind niedrigere Anforderungen zu stellen, als an solche, die den fließenden Verkehr betreffen (vgl. BVerwG, U.v. 6.4.2016 – 3 C 10/15 – juris Rn. 15, 17 ff.). Verkehrszeichen für den ruhenden Verkehr äußern ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht, wenn sie so aufgestellt oder angebracht sind, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt und ungestörten Sichtverhältnissen während der Fahrt oder durch einfache Umschau beim Aussteigen ohne Weiteres erkennen kann, dass ein Ge- oder Verbot durch ein Verkehrszeichen verlautbart wurde (BVerwG, a.a.O. Rn. 21). Das Verkehrszeichen war vorliegend als solches auch durch einfache Umschau beim Aussteigen ausreichend erkennbar.
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c) Nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 PAG kann die Polizei eine Maßnahme selbst oder durch einen Beauftragten ausführen, wenn der Zweck der Maßnahme durch Inanspruchnahme der nach den Art. 7 oder Art. 8 PAG Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann. Die Voraussetzungen für eine unmittelbare Ausführung der Maßnahme nach Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PAG lagen im Zeitpunkt der Anordnung der Abschleppmaßnahme vor, da der Zweck der Sicherstellung, das aus dem Halteverbot resultierende sofort vollziehbare Wegfahrgebot durchzusetzen (vgl. auch VGH BW, U.v. 20.1.2010 – 1 S 484/09 – juris Rn. 16; VG München, U.v. 11.3.2015 – M 7 K 14.5068 – juris Rn. 13), durch Inanspruchnahme des Fahrers bzw. des Halters mangels (erkennbarer) Anwesenheit bzw. Erreichbarkeit nicht rechtzeitig erreicht werden konnte.
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d) Die Anordnung der Abschleppmaßnahme war verhältnismäßig (Art. 4 PAG) und ermessensfehlerfrei (Art. 5 PAG, § 114 Satz 1 VwGO). Sie war geeignet und erforderlich, um die Verkehrsordnungswidrigkeit bzw. die Beeinträchtigung des Taxenstands zu beseitigen, sowie verhältnismäßig im engeren Sinn.
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Weder der Beklagte noch die Mitarbeiter des Verkehrsüberwachungs- und Ordnungsdienstes waren vor Einleitung der Abschleppmaßnahme im vorliegenden Fall dazu angehalten, den Halter bzw. Fahrer zu ermitteln oder zu informieren, da keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass sich dieser in Ruf- bzw. Sichtweite des streitgegenständlichen Kfz aufhalten könnte (zum Ganzen BVerwG, B.v. 6.7.1983 – 7 B 182/82 – juris Rn. 6; B.v. 27.5.2002 – 3 B 67/02 – juris Rn. 4; BayVGH, U.v. 28.11.2001 – 24 B 00.3140 – juris Rn. 19; Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, a.a.O., Art. 25 PAG Rn. 160 f.). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass gerade in den Sommermonaten, zur Abendzeit und (auch) an einem Feiertag – wie hier am 8. August 2020 – die M-straße in A. gut besucht ist, sich (damals) viele einen Parkplatz in der M-straße suchten und auf zahlreiche Restaurants oder Bars etc. im Bereich der gesamten Kerninnenstadt verteilten und u.U. zwischen Lokalitäten hin- und herwechselten.
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Die Einleitung der Abschleppmaßnahme war auch nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne. In Abwägung der wesentlichen Umstände des Einzelfalls überwogen die Interessen der Allgemeinheit die Nachteile, welche mit der Abschleppmaßnahme für den Kläger bzw. seinen Sohn entstanden sind. Denn bei einem Verstoß gegen das sich aus dem Zeichen 229 ergebende absolute Haltverbot ist eine Abschleppmaßnahme grundsätzlich auch ohne konkrete Beeinträchtigung eines zum Halten und Parken an Taxenständen berechtigten Taxis verhältnismäßig (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 15.12.2006 – 24 ZB 06.2743 – juris Rn. 18 ff.). Das findet seine Rechtfertigung darin, dass in aller Regel zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Erlass einer Abschleppanordnung weder absehbar ist, wann das nächste halteberechtigte Taxi am Taxenstand eintreffen wird, noch eingeschätzt werden kann, wann der Verantwortliche das dort unberechtigt abgestellte Fahrzeug selbst wegfahren wird (vgl. BVerwG, U.v. 9.4.2014 – 3 C 5/13 – juris). Vorliegend ist im Übrigen davon auszugehen, dass das vom Sohn des Klägers abgestellte Fahrzeug nach den sich aus der Behördenakte ergebenden Feststellungen (Bl. 12 ff. a.a.O.) die Nutzung des Taxenstands sogar konkret behindert hat.
27
e) Die Abschleppanordnung ist auch nicht deswegen rechtswidrig geworden, weil der Sohn des Klägers im Nachhinein das streitgegenständliche Kfz aufgesucht bzw. umparkiert hat. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt sich zwar, dass die Polizei ein Fahrzeug nicht abschleppen darf, wenn es der Fahrer oder der Halter sofort wegfahren kann – und dies auch tut (vgl. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, a.a.O., Art. 25 PAG Rn. 160 im Rahmen der Frage einer vorhergehenden Benachrichtigungspflicht). Vorliegend war jedoch weder dem Beklagten noch den Mitarbeitern des Verkehrsüberwachungs- und Ordnungsdienstes – durch entsprechende Informierung des Beklagten – eine rechtzeitige Stornierung des Abschleppfahrzeugs (mehr) möglich (zu diesem Gesichtspunkt etwa BayVGH, B.v. 7.1.1999 – 24 B 98.1969 – juris Rn. 23; vgl. auch HessVGH, U.v. 28.7.1987 – 11 UE 2736/86 – juris Rn. 22; VGH BW, U.v. 27.6.2002 – 1 S 1531/01 – juris Rn. 23; VG Augsburg, Gb.v. 13.9.2005 – Au 5 K 05.464 – juris Rn. 38; vgl. BayVGH, B.v. 16.5.2013 – 10 ZB 10.3162 – juris Rn. 11; U.v. 12.1.2001 – 24 B 00.2655 – juris Rn. 22, wonach zu den von Art. 9 Abs. 2, Art. 28 Abs. 5 Satz 4 PAG i.V.m. Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG erfassten Auslagen auch die Kosten für eine sog. Leerfahrt des Abschleppunternehmens, dessen Fahrzeug bereits ausgerückt ist, dann aber nicht mehr benötigt wird, gehören).
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(1) Unstreitig hat der Sohn des Klägers das streitgegenständliche Kfz erst nach dem Zeitpunkt aufgesucht bzw. dieses umparkiert, als die Abschleppung des Kfz bereits beauftragt worden ist (21:57 Uhr). Nicht mehr exakt aufklären lässt sich, ob der Sohn des Klägers das Kfz zu einem Zeitpunkt aufgesucht bzw. umparkiert hat, bevor oder nachdem das Abschleppfahrzeug zum Einsatzort abgefahren ist (22:18 Uhr). Bereits deshalb liegen auch nach durchgeführter Beweisaufnahme im vorliegenden Fall keine gesicherten Anhaltspunkte dafür vor, dass das Abschleppfahrzeug zu dem Zeitpunkt, als der Sohn des Klägers das Kfz aufsuchte bzw. dieses umparkierte, mit sicherem Erfolg noch hätte (kostenfrei) abbestellt werden können (vgl. dazu etwa BayVGH, B.v. 7.1.1999 – 24 B 98.1969 – juris Rn. 23; vgl. auch VGH BW, U.v. 27.6.2002 – 1 S 1531/01 – juris Rn. 22 ff.; VG München, U.v. 24.11.2014 – M 7 K 13.5146 – juris Rn. 34: „sofern möglich“). Die zeitlichen Angaben zum Geschehensablauf vom Sohn des Klägers, dessen Freund sowie dem Bevollmächtigten des Klägers lassen insoweit auch keinen (anderen) sicheren Rückschluss zu.
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(2) Soweit der Sohn des Klägers vorbringt, er habe – nachdem er bemerkt hätte, dass sich Mitarbeiter des Verkehrsüberwachungs- und Ordnungsdienstes länger im Bereich des streitgegenständlichen Fahrzeugs aufgehalten hätten – das Kfz aufgesucht, „kurz Blickkontakt zu einem der Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung gehabt, habe die Abschleppaufträge etc. von der Windschutzscheibe entfernt, [sei] in das Auto eingestiegen und [habe es zum Umparkieren] weggefahren“ (vgl. Bl. 6 des Protokolls der mündlichen Verhandlung) ändert dies nichts. Es liegen – trotz allem – keine gesicherten Anhaltspunkte dafür vor, dass das Abschleppfahrzeug zu diesem Zeitpunkt mit sicherem Erfolg noch hätte (kostenfrei) abbestellt werden können.
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(a) Zunächst ergibt sich aus dem Vorbringen – dieses insoweit als wahr unterstellt – nicht, dass das disponierte Abschleppfahrzeug noch rechtzeitig hätte storniert werden können. Wie bereits dargestellt, lässt sich auch unter Berücksichtigung der zeitlichen Einschätzungen der Beteiligten nicht mehr exakt aufklären, zu welchem Zeitpunkt der Sohn des Klägers das streitgegenständliche Fahrzeug aufgesucht und umparkiert hat.
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Im Übrigen zeigen sich auch (wohl dem Zeitablauf geschuldet) in den Aussagen des Sohns des Klägers und dessen Freund gewisse Unstimmigkeiten. So führte der Sohn des Klägers in der mündlichen Verhandlung u.a. aus, dass er „kurz Blickkontakt zu einem der Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung gehabt“, aber „die Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung … nicht angesprochen“ habe; sein Freund gab an, dass er mitbekommen habe, dass der Sohn des Klägers „mit dem Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung gesprochen“ habe (vgl. Bl. 3 bzw. 6 des Protokolls der mündlichen Verhandlung). Im Schriftsatz der Klagepartei vom 10. Februar 2021 wurde dies (so noch) nicht vorgebracht.
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Den einvernommenen Zeugen des Verkehrsüberwachungs- und Ordnungsdienstes ist der konkrete Vorgang – aufgrund des Zeitablaufs nachvollziehbar – nicht mehr erinnerlich (vgl. Bl. 8 bzw. 10 des Protokolls der mündlichen Verhandlung). Die Kammer konnte nach alledem aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht die Überzeugung gewinnen, dass die einvernommenen Mitarbeiter des Verkehrsüberwachungs- und Ordnungsdienstes das Aufsuchen bzw. Umparkieren des streitgegenständlichen Kfz durch den Sohn des Klägers wahrgenommen haben. Auch deshalb – ungeachtet des insoweit fraglichen Zeitpunkts vor oder nach Abfahrt des beauftragten Abschleppfahrzeugs (22:18 Uhr) – vermag die Kammer nicht davon auszugehen, dass die einvernommenen Mitarbeiter des Verkehrsüberwachungs- und Ordnungsdienstes es pflichtwidrig unterlassen haben (sollen), den Beklagten zu informieren, das Abschleppfahrzeug (rechtzeitig) zu stornieren, weil der Sohn des Klägers das streitgegenständliche Fahrzeug umparkiert hat.
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(b) Die Kammer geht davon aus, dass es nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalls dem Sohn des Klägers – als Fahrer der für die Abschleppmaßnahme Verantwortliche – oblegen hätte, die Mitarbeiter des Verkehrsüberwachungs- und Ordnungsdienstes anzusprechen bzw. jedenfalls in ähnlicher Weise Kontakt aufzunehmen, um diese entsprechend „zuverlässig“ in Kenntnis davon zu setzen, dass er das streitgegenständliche Kfz beabsichtigt wegzufahren, und dadurch diese überhaupt in die Lage zu versetzen, den Beklagten auch darüber informieren zu können, dass der Abschleppauftrag storniert werden muss. Ein solches Verständnis findet in Art. 4 Abs. 3 und Art. 28 Abs. 1 PAG Halt. Die – auf tatsächlichen Anhaltspunkten basierende – Gefahrenprognose im Rahmen der Befugnisnorm wird durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz „beschränkt“. Eine u.U. gebotene Korrektur der Gefahrenprognose etwa aufgrund geänderter tatsächlicher Umstände setzt hierbei in aller Regel voraus, dass der betreffende Entscheidungsträger um diese weiß (vgl. auch Goldhammer in BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht, a.a.O., Art. 4 PAG Rn. 146 ff. zu einem sog. Umstands- und Wissensmoment bei einem „objektivierten“ Maßstab). Den Mitarbeitern des Verkehrsüberwachungs- und Ordnungsdienstes hat sich der Sohn des Klägers eigenen Angaben zufolge nicht zu erkennen gegeben, insbesondere hat er sie nicht angesprochen (vgl. Bl. 6 des Protokolls der mündlichen Verhandlung).
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Ohne dass es unter Berücksichtigung des Vorstehenden noch entscheidungserheblich hierauf ankäme, liegt vorliegend auch kein solcher Sonderfall vor, der eine (rein) nonverbale Kommunikation bzw. Interaktion (wie z.B. Nicken etc. als Ausdruck der Wahrnehmung des Gegenübers) genügen lässt. Der vom Sohn des Klägers angeführte Blickkontakt reicht – jedenfalls – vorliegend nicht aus. Dafür spricht, dass ein Blickkontakt lediglich einseitig wahrgenommen bzw. als solcher gedeutet werden kann, zumal (wie hier) auf eine Entfernung von circa 5 bis 10 m (vgl. Bl. 6 des Protokolls der mündlichen Verhandlung). Hinzukommt, dass im vorliegenden Fall auch von eher schlechten Lichtverhältnissen zu der fraglichen Uhrzeit (jedenfalls nach 21:57 Uhr) auszugehen sein dürfte. Eine konkrete Reaktion auf den (bzw. von ihm als solchen wahrgenommenen) nur „kurzen“ Blickkontakt hat der Sohn des Klägers insoweit nicht geschildert.
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Im Übrigen ist auch zu berücksichtigen, dass sich der Aussage des Sohns des Klägers nur entnehmen lässt, dass er zu einem Mitarbeiter Blickkontakt gehabt habe (vgl. Bl. 6 des Protokolls der mündlichen Verhandlung). Insoweit ist (selbst bei Wahrunterstellung) unklar, zu welchem Mitarbeiter des Verkehrsüberwachungs- und Ordnungsdienstes ein kurzer Blickkontakt bestanden hat. Der in der mündlichen Verhandlung einvernommene Zeuge M. führte indes (allgemein zu seiner Tätigkeit) nachvollziehbar aus, dass die Aufnahme einer Ordnungswidrigkeit im ruhenden Verkehr üblicherweise einzeln durchgeführt werde, die weiteren Kollegen nicht neben einem Fahrzeug stehen blieben, im sonstigen Bereich unterwegs seien und er/sie sich auch nicht in eine solche Aufnahme eines Kollegen „einmischen“ würde(n) (vgl. Bl. 11 des Protokolls der mündlichen Verhandlung). Dieser Umstand spricht nach Auffassung der Kammer auch dafür, dass ein (etwaiger) Blickkontakt zu (irgend) einem Mitarbeiter des Verkehrsüberwachungs- und Ordnungsdienstes, der u.U. keine Kenntnis von einem (ggf. mehrere Minuten) zurückliegenden Vorgang seines Kollegen hat, vorliegend nicht ausreichen kann, um die Rechtmäßigkeit der Kostenerhebung in Zweifel zu ziehen.
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Auch ergibt sich – selbst bei Wahrunterstellung – aus den Angaben des Sohns des Klägers, dass er – als er das Kfz aufgesucht habe – „kurz Blickkontakt“ zu einem der „Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung“ gehabt habe, und erst dann die Abschleppaufträge etc. von der Windschutzscheibe entfernt habe, in das Kfz eingestiegen sei und es weggefahren habe (vgl. Bl. 6 des Protokolls der mündlichen Verhandlung). Hieraus lässt sich nicht entnehmen, dass der lediglich kurze Blickkontakt angehalten hat und/oder der betreffende Mitarbeiter des Verkehrsüberwachungs- und Ordnungsdienstes ihn auch als Fahrer bzw. Halter des Kfz, und nicht bloß als zufälligen Passanten in der zu diesem Zeitpunkt wohl gut besuchten M-straße wahrgenommen und im Anschluss mitbekommen hat, dass der Sohn des Klägers die Abschleppaufträge etc. von der Windschutzscheibe entfernt habe, in das Kfz eingestiegen sei und es (zum Umparkieren) weggefahren habe.
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f) Des Weiteren liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Anschlussauftrag des Abschleppfahrzeugs bestanden hätte (vgl. OVG Hamburg, U.v. 28.3.2000 – 3 Bf 215/98 – juris). Insoweit wird auf die Stellungnahme des Beklagten vom 8. Mai 2023 verwiesen, der die Klagepartei auch nichts entgegengesetzt hat. Aus der Rechnung des Abschleppunternehmens ergibt sich im Übrigen nichts Anderes (vgl. Bl. 15 der Behördenakte zur Einsatz-, Abfahrts- und Endzeit).
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g) Die Höhe der dem Kläger auferlegten Kosten ist nicht zu beanstanden. Dies gilt zunächst für die Gebühr in Höhe von 59,00 EUR. Diese bewegt sich im unteren Bereich des in § 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 PolKV genannten Rahmens. Auch begegnet die Höhe der Auslagen keinen durchgreifenden Bedenken. Nach Art. 9 Abs. 2, Art. 28 Abs. 5 Satz 4 PAG, Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG werden die Beträge erhoben, die anderen Personen zustehen. Hierzu zählen auch die Kosten für eine sog. Leerfahrt des Abschleppunternehmens (vgl. etwa BayVGH, B.v. 16.5.2013 – 10 ZB 10.3162 – juris Rn. 11; B.v. 12.1.2001 – 24 B 00.2655 – juris Rn. 22; B.v. 7.1.1999 – 24 B 98.1969 – juris Rn. 23; vgl. auch VGH BW, U.v. 27.6.2002 – 1 S 1531/01 – juris Rn. 23; VG Augsburg, Gb.v. 13.9.2005 – Au 5 K 05.464 – juris Rn. 40; VG München, U.v. 24.11.2014 – M 7 K 13.5146 – juris Rn. 35). Im vorliegenden Fall ist weder die Höhe der in Ansatz gebrachten Kosten noch deren konkrete Abrechnung anhand der Rahmenvereinbarung des Beklagten mit dem beauftragten Abschleppunternehmen gerichtlich zu beanstanden (vgl. auch zur Möglichkeit von Rahmenvereinbarungen mit Abschleppunternehmen BayVGH, B.v. 16.5.2013 – 10 ZB 10.3162 – juris Rn. 14 m.w.N.).
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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3. Die Entscheidung über die sofortige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.