Titel:
Kein Schadensersatzanspruch des Erwerbers eines Diesel-Fahrzeuge mit Thermofenster und KSR infolge nachträglichen Software-Updates
Normenketten:
BGB § 31, § 823 Abs. 2, § 826
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
Fahrzeugemissionen-VO Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2
Leitsatz:
Eine etwaige Aufwertung des Fahrzeugs durch ein Software-Update als nachträgliche Maßnahme des Fahrzeugherstellers ist im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen. Dies setzt allerdings voraus, dass das Software-Update die Gefahr von Betriebsbeschränkungen signifikant reduziert. Das wiederum kann nur dann der Fall sein, wenn es nicht seinerseits eine unzulässige Abschalteinrichtung beinhaltet. Die Vorteilausgleichung kann der Gewährung auch eines Schadensersatzes aus § 823 Abs. 2 BGB entgegenstehen, wenn der Differenzschaden vollständig ausgeglichen ist (hier bejaht). (Rn. 76) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schadensersatz, sittenwidrige Schädigung, Schutzgesetz, Dieselskandal, unzulässige Abschalteinrichtung, OM 642, Thermofenster und KSR, Differenzschaden, Vorteilsausgleichung, Software-Update
Vorinstanz:
LG Hof, Urteil vom 29.09.2021 – 33 O 197/20
Fundstelle:
BeckRS 2024, 6247
Tenor
1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Hof vom 29.09.2021, Az. 33 O 197/20, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil und das in Ziffer 1. genannte Urteil des Landgerichts Hof sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
(abgekürzt gemäß §§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 525 Satz 1 ZPO)
1
Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit dem sogenannten Abgasskandal.
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Die Klagepartei erwarb gemäß Rechnung vom 15.07.2016 von der Firma A. A1. M. GmbH & Co. KG in H. darlehensfinanziert den streitgegenständlichen Pkw, Mercedes Benz, ML 350, Euro 6, als Gebrauchtfahrzeug mit einer Laufleistung von 88.000 km zum Kaufpreis von 44.000,00 €. In dem Fahrzeug ist ein Motor der Beklagten vom Typ OM 642, Euro 6, mit SCR-Katalysator verbaut. Für das Fahrzeug liegt ein amtlicher Rückrufbescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) vor. Die Klagepartei hat das streitgegenständliche Fahrzeug am 05.05.2022 mit einer Laufleistung von 123.805 km zum Preis von 23.300,00 € im Zuge des Erwerbs eines Vorführwagens in Zahlung gegeben.
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Mit der Klage begehrt die Klagepartei Schadensersatz wegen behaupteter Manipulationen am Abgassystem.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags wird auf die dort gewechselten Schriftsätze und den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ergänzend Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
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Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 29.09.2021 abgewiesen. Ansprüche der nachgewiesen aktivlegitimierten Klagepartei scheitern danach an ausreichenden Anhaltspunkten für ein besonders verwerfliches, sittenwidriges Verhalten der Beklagten. Hinsichtlich des – unstreitig vorhandenen – Thermofensters fehle es auch im Hinblick auf die zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des betroffenen Fahrzeugs unsichere Rechtslage an ausreichendem Sachvortrag zur Sittenwidrigkeit der Beklagten. Zur unstreitig im klägerischen Fahrzeug verbauten Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung fehle es ebenfalls an Sachvortrag zu deren Wirkungen auf dem Prüfstand einerseits und im Straßenbetrieb andererseits. Mit den dem Rückruf des KBA zu Grunde liegenden beiden unterschiedlichen Modi zur Eindüsung von AdBlue läge zwar eine unzulässige Abschalteinrichtung vor, die jedoch ebenfalls nicht danach unterscheide, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befinde. Damit notwendige weitere Anhaltspunkte für ein besonders verwerfliches Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten im Rahmen der bereits im Jahr 2013 implementierten Software habe die Klagepartei nicht vorgetragen. Zudem war das Landgericht vom Vorliegen einer täuschungsbedingten Schädigung der Klagepartei nicht überzeugt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils ergänzend Bezug genommen.
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Hiergegen wendet sich die Berufung der Klagepartei, wobei das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters oder einer Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung im streitgegenständlichen Fahrzeug ausdrücklich nicht mehr gerügt werden sollen.
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Die Klagepartei verweist unter Hinweis auf die Tatbestandswirkung der verpflichtenden emissionsbezogenen Rückrufbescheide des KBA vom 23.05.2018 und vom 03.08.2018 (Anlagen BK 4 und BK 5) auf eine feststehende unzulässige Abschalteinrichtung der AdBlue Dosierstrategie (Wechsel des SCR-Katalysators aus dem „Online-Modus“ zurück in den „Füllstands-Modus“ nur bei Motorneustart bzw. einer dem Motorneustart vergleichbaren Ausprägung; Strategie A bzw. „Bit 13“). Hierbei sei nicht das Vorhandensein der beiden Modi zu beanstanden, sondern vielmehr der Umstand, dass ein Wechsel aus dem „Online-Modus“ zurück in den „Füllstands-Modus“ nur bei Motorneustart bzw. einer vergleichbaren Ausprägung erfolge. Es liege eine prüfstandsbezogene Einrichtung vor. Eine Offenlegung dieser Strategie sei gegenüber dem KBA im Typgenehmigungsprozess nicht erfolgt, anderenfalls eine Typgenehmigung nicht erteilt worden wäre. Die Funkionen seien im Typgenehmigungsverfahren vielmehr bewusst verschwiegen worden. Die Sittenwidrigkeit des Handelns der Beklagten sei evident. Die Motorsteuerungssoftware sei gezielt so programmiert worden, dass das Fahrzeug im Prüfzyklus (NEFZ) nur im Modus mit effektivem NOx-Nachbehandlungssystem („Füllstands-Modus“) fahre, weil der NEFZ mit kaltem SCR-Katalysator bzw. einem SCR-Katalysator mit geringem Ammoniak-Speicherfüllstand gefahren werde, und ein Wechsel in den Modus mit ineffektivem NOx-Nachbehandlungssystem („Online-Modus“) wegen der bestimmten Länge des NEFZ nicht erfolgen könne. Einziger Zweck dieser „Sperre“ der Zurückschaltung sei die Kostensenkung und Gewinnmaximierung sowie das Verschaffen eines Wettbewerbsvorteils für die Beklagte. Hinsichtlich der subjektiven Haftungsvoraussetzuungen beruft sich die Klagepartei u.a. auf die sekundäre Darlegungslast der Beklagten. Auch hinsichtlich des bei den Käufern eintretenden Schadens hätten die Vorstände der Beklagten mindestens bedingt vorsätzlich gehandelt.
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Ergänzend verweist die Klagepartei auf das nach der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung veröffentlichte Gutachten der Deutschen Umwelthilfe vom 05.11.2021 (Anlage BK 7). Die dortigen Ausführungen seien auf das klägerische Fahrzeug übertragbar. Daraus ergebe sich, dass über die festgestellten Funktionen Abgasmassenstromgrenze, Stickoxidmassenstrom, Ansauglufttemperatur, Schutz gegen Neustart, SCR-Temperatur und AdBlue-Durchschnittsverbrauch unter normalen Betriebsbedingungen außerhalb des NEFZ eine drastische, unzulässige und technisch nicht gerechtfertigte Reduktion der Abgasreinigung erfolge, während auf dem NEFZ eine sehr gute Reinigungsleistung mit seinem sehr hohen Wirkungsgrad erzielt werde.
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Die Klagepartei stützt die geltend gemachten Ansprüche ergänzend auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der Richtlinie 2007/46 i.V.m. Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 715/2007 und behauptet eine Schutzgesetzverletzung durch die Installation des Thermofensters sowie der Manipulation der AdBlue-Dosierung.
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Aus Sicht der Klagepartei ergibt sich nach Abzug des aus ihrer Sicht marktgerechten Verkaufspreises (23.300,00 €) sowie einer mit 6.013,05 € bezifferten Nutzungsentschädigung vom Kaufpreis (44.000,00 €) und den Finanzierungskosten (2.896,43 €) ein Restschaden von 17.583,38 €. Jedenfalls sei der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Differenzschaden in Höhe von 15 % des Kaufpreises geschuldet. Mit dem angebotenen Update seien Nachteile für das Fahrzeug verbunden und es verblieben weiterhin unzulässige Abschalteinrichtungen in der Motorsteuerungssoftware. Der Schaden werde hierdurch nicht beseitigt.
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Die im Berufungsverfahren zunächst noch gestellten Anträge auf Feststellung des Annahmeverzugs sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige Schäden hat die Klagepartei ebenso für erledigt erklärt wie den Antrag zu Ziffer 1. in Höhe des Verkaufserlöses.
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Die Klagepartei beantragt im Berufungsverfahren zuletzt, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zu erkennen:
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 23.596,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung, die sich nach folgender Formel berechnet:
(44.000,00 EUR × 35.805 gefahrene Kilometer) : 262.000 km;
2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.706,94 EUR freizustellen;
Hilfsweise und für den Fall, dass der Klageantrag zu 1) zurückgewiesen wird:
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagtenpartei beantragt:
Zurückweisung der Berufung.
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Sie verteidigt das Ersturteil und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Der ergänzende Sachvortrag der Klagepartei zu der behaupteten Abschalteinrichtung im SCR-System sei als neuer Sachvortrag nicht zuzulassen. Unabhängig davon fehle es hinsichtlich der behaupteten Abschalteinrichtung mangels gegebener manipulativer Prüfstandserkennung an der notwendigen objektiven Sittenwidrigkeit. Auch ein Schädigungsvorsatz sei nicht gegeben. Jedenfalls habe die Beklagte ihrem Handeln eine zumindest vertretbare Rechtsauffassung zu Grunde gelegt.
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Ansprüche aus §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV bestünden nicht. Die ausgestellte Übereinstimmungsbescheinigung sei zutreffend und es fehle am Schutzgesetzcharakter der genannten Normen, einer Erwerbskausalität, einem Verschulden der Beklagten und einem ersatzfähigen Schaden der Klagepartei. Das vom KBA freigegebene Software-Update beseitige die im Bescheid vom 03.08.2018 beanstandete Funktionalität. Das Thermofenster im Fahrzeug sei aus Gründen des Motorschutzes zulässig. Das SCR-System enhalte keine unzulässige Abschalteinrichtung. Die Beklagte erhebt weiter die Einrede der Verjährung.
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Ergänzend wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 25.01.2022 nebst weiteren Schriftsätzen der Klägervertreter vom 12.07.2022 und vom 07.02.2024 sowie die Berufungserwiderung vom 27.04.2022 nebst weiteren Schriftsätzen der Beklagtenvertreter vom 17.01.2024 und vom 16.02.2024 verwiesen.
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Der Senat hat den Parteien mit Beschluss vom 19.05.2022 (Bl. 285 ff. d.A.) und mit Verfügung vom 20.12.2023 (Bl. 319 f. d.A.) jeweils rechtliche Hinweise erteilt.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 26.02.2024 (Bl. 517 ff. d.A.) verwiesen.
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Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 517, 519, 520 ZPO), hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat einen Anspruch der Klagepartei auf Schadensersatz im Ergebnis zu Recht verneint.
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1.) Die Klagepartei ist für die Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche aktivlegitimiert. Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde der Nachweis der Aktivlegitimation durch das erstinstanzlich als Anlage vorgelegte Schreiben der Mercedes-Bank vom 05.08.2019 erbracht. Hiergegen haben die Parteien keine Einwände erhoben. Auch der Senat ist angesichts des vorgenannten Schreibens von der Aktivlegitimation der Klagepartei überzeugt (§ 286 Abs. 1 ZPO).
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2.) Ansprüche gemäß §§ 826, 31 BGB sowie gemäß §§ 826, 831 BGB scheiden aus. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine objektiv sittenwidrige Schädigung gemäß § 826 BGB hat die Klagepartei nicht hinreichend vorgetragen. Überdies fehlt es am Schädigungsvorsatz der Beklagten.
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a) Das Verhalten der Beklagten ist bereits nicht objektiv sittenwidrig.
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aa) Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (vgl. BGH, VI ZR 5/20, Urteil vom 30.07.2020, Rn. 29 – juris).
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Die Grundsätze für das Vorliegen einer objektiven Sittenwidrigkeit bei Manipulationen der Abgasbehandlung von Fahrzeugen hat der Bundesgerichtshof in der Grundsatzentscheidung vom 25.05.2020 dargelegt. Danach setzt eine objektive Sittenwidrigkeit das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung, eine besondere Verwerflichkeit des Handelnden und die Gefahr der Betriebsbeschränkung oder -untersagung voraus (vgl. BGH, VI ZR 252/19, Urteil vom 25.05.2020, Rn. 17 ff. – juris).
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Die besondere Verwerflichkeit besteht, wenn dem Kraftfahrtbundesamt vorgespiegelt wird, das Fahrzeug werde auf dem Prüfstand unter den Motorbedingungen betrieben, die auch im normalen Fahrbetrieb zum Einsatz kommen (vgl. BGH, VI ZR 252/19, Urteil vom 25.05.2020, Rn. 18 – juris) oder wenn im Typengenehmigungsverfahren unzutreffende Angaben über die Arbeitsweise des Abgasrückführungssystems gemacht werden (vgl. BGH, VI ZR 433/19, Beschluss vom 19.01.2021, Rn. 22 – juris) oder wenn bei einem implantierten Thermofenster weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen (vgl. BGH, VI ZR 889/20, Beschluss vom 09.03.2021, Rn. 28, – juris).
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Darüber hinaus setzt die objektive Sittenwidrigkeit voraus, dass die Verantwortlichen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen (vgl. BGH, VI ZR 889/20, Beschluss vom 09.03.2021, Rn. 28 – juris). Dabei trägt die Darlegungs- und Beweislast für diese Voraussetzung nach allgemeinen Grundsätzen die Klagepartei als Anspruchstellerin (vgl. BGH, VI ZR 433/19, Beschluss vom 19.01.2021, Rn. 19 – juris).
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Bei einer Abschalteinrichtung, die im Grundsatz auf dem Prüfstand in gleicher Weise arbeitet wie im realen Fahrbetrieb und bei der die Frage der Zulässigkeit nicht eindeutig und unzweifelhaft beantwortet werden kann, kann bei Fehlen sonstiger Anhaltspunkte nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die für die Beklagte handelnden Personen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen, so dass es bereits an der objektiven Sittenwidrigkeit fehlt (vgl. BGH, VII ZR 101/21, Beschluss vom 15.09.2021, Rn. 23 m.w.N. – juris).
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Die Sittenwidrigkeit kann sich aus einer Gesamtschau des festgestellten Verhaltens der Beklagten unter Berücksichtigung des verfolgten Ziels, der eingesetzten Mittel, der zutage getretenen Gesinnung und der eingetretenen Folgen ergeben (vgl. BGH, VI ZR 252/19, Urteil vom 25.05.2020, Rn. 16 – juris). Die Darlegungs- und Beweislast für die die Haupttatsache stützenden Indiztatsachen trägt dabei die Partei, die auch die Haupttatsache zu beweisen hat (vgl. BGH, KZR 35/19, Urteil vom 23.09.2020, Rn. 58 – juris).
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bb) Unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags ist nach Auffassung des Senats nicht auf eine besondere Verwerflichkeit im Handeln der Beklagten zu schließen.
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(1) Die geltend gemachten Ansprüche der Klagepartei lassen sich nicht erfolgreich auf das im betroffenen Fahrzeug unstreitig zum Einsatz kommende Thermofenster stützen.
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Die Klageparteit hat in der Berufungsbegründung ausdrücklich erklärt, das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters (oder einer Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung) im streitgegenständlichen Fahrzeug ausdrücklich nicht mehr zu rügen. Unabhängig davon fehlt es sowohl an der objektiven Sittenwidrigkeit als auch am Schädigungsvorsatz.
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Jedenfalls seit der Entscheidungsserie vom 16.09.2021 (VII ZR 190/20, VII ZR 286/20, VII ZR 321/20 und VII ZR 322/20) nimmt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung an, dass es im Hinblick auf die – bis heute bestehende! – unsichere Rechtslage bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Thermofensters unabhängig vom konkret verwendeten Typ des Dieselmotors und herstellerübergreifend (zu Daimler: vgl. BGH, VII ZR 190/20, Urteil vom 16.09.2021 – juris; zu VW: BGH, VI ZR 889/20, Beschluss vom 09.03.2021 – juris; zu Audi: BGH, VII ZR 164/21, Beschluss vom 13.10.2021 – juris; zu BMW: BGH, VII ZR 2/21, Beschluss vom 15.09.2021 – juris) sowohl an einem besonders verwerflichen Verhalten des Herstellers als auch an dem erforderlichen Schädigungsvorsatz fehlt (vgl. auch OLG Bamberg, 3 U 9/22, Beschluss vom 18.02.2022 – nicht veröffentlicht).
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Unterscheidet eine (temperaturbeeinflusste) Steuerung der Abgasrückführung nicht danach, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet und weist keine Funktion auf, die bei erkanntem Prüfstandsbetrieb eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert und den Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert, sondern in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise arbeitet, ist der Vorwurf der Sittenwidrigkeit nur gerechtfertigt, wenn zu einem – unterstellten – Verstoß gegen die Verordnung 715/2007/EG weitere Umstände hinzuträten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen. Die Annahme von Sittenwidrigkeit setzt dann jedenfalls voraus, dass die Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt (vgl. BGH, VI ZR 433/19, Beschluss vom 19.01.2021, Rn. 18 f. m.w.N. – juris). Derartige die Sittenwidrigkeit begründende Umstände sind hier nicht vorgetragen.
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Der Einsatz eines sogenannten Thermofensters ist nicht mit der Fallkonstellation zu vergleichen, die dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Mai 2020 zum Motortyp EA 189 zugrunde liegt (VI ZR 252/19). Bei dem Einsatz eines Thermofensters wie im vorliegenden Fall fehlt es dagegen an einem derartigen arglistigen Vorgehen des beklagten Automobilherstellers, das die Qualifikation seines Verhaltens als objektiv sittenwidrig rechtfertigen würde (vgl. BGH, VI ZR 433/19, Beschluss vom 19.01.2021, Rn. 17 f. – juris).
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Nach der von der Klägerseite beschriebenen Funktionsweise des Thermofensters unterscheidet die im streitgegenständlichen Fahrzeug eingesetzte temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung nicht danach, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet. Sie weist keine Funktion auf, die bei erkanntem Prüfstandsbetrieb eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert und den Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert, sondern arbeitet in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise. Dies reicht für sich genommen nicht aus, um dem Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen ein sittenwidriges Gepräge zu geben.
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Dabei kann unterstellt werden, dass ein Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 zu qualifizieren ist. Der darin liegende – unterstellte – Gesetzesverstoß reicht aber nicht aus, um das Gesamtverhalten der Beklagten als sittenwidrig zu qualifizieren. Hierfür bedürfte es vielmehr weiterer Umstände, an denen es im Streitfall fehlt (vgl. BGH, VI ZR 889/20, Beschluss vom 09.03.2021, Rn. 25 f. – juris).
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(2) Die klägerischen Ansprüche rechtfertigen sich auch nicht angesichts der im Rahmen der Berufungsbegründung maßgeblich gerügten Abschalteinrichtung in Form der AdBlue-Dosierstrategie.
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(a) Hierbei kann dahinstehen, ob der ergänzende und vertiefende Sachvortrag in der Berufungsbegründung zu diesem Gesichtspunkt der Zurückweisung gemäß § 531 Abs. 2 ZPO unterliegt, weil selbst dessen Berücksichtigung der Berufung nicht zum Erfolg verhilft.
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(b) Aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Auskunft des KBA vom 27.05.2021 (Bl. 108 d.A.), ergibt sich, dass im Emissionskontrollsystem des betroffenen Fahrzeugs verschiedene Strategien verwendet werden, mit denen die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems in unzulässiger Weise reduziert wird, obwohl normale Betriebsbedingungen vorliegen. Die für die Abgasnachbehandlung vorhandenen beiden unterschiedlichen Modi weisen dabei eine signifikant unterschiedliche Effektivität auf. Während unter Bedingungen, wie sie auch für die Typprüfung vorgesehen sind, nach Motorstart ein vergleichsweise effektiver Modus geschaltet ist, wird nach dem Erreichen einer bestimmten Stickoxidmasse nach Ablauf des Prüfzyklus dauerhaft in einen weniger effektiven Modus geschaltet. Ein Zurückschalten in den effektiven Modus erfolgt danach nicht mehr, sondern erst nach einem Motorneustart. Diese Funktion bewertet das KBA als unzulässige Abschalteinrichtung.
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Allein aus diesem Umstand kann jedoch nicht mit der notwendigen Sicherheit auf das Vorliegen einer besonderen Verwerflichkeit im Handeln der für die Beklagte tätigen Mitarbeiter geschlossen werden.
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(c) Hierfür ist insbesondere der für das betroffene Fahrzeug existierende verpflichtende Rückruf des KBA im Zusammenhang mit dem Emissionsverhalten nicht ausreichend. Zwar kann ein verpflichtender Rückruf das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung indizieren. Damit diese indes eine Haftung der Beklagten wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß § 826 BGB auslösen kann, müssen nach der mittlerweile gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen (vgl. BGH, VII ZR 126/21, Urteil vom 29.09.2021, Rn. 14 m.w.N. – juris).
43
Dabei ist das Kriterium der Prüfstandsbezogenheit grundsätzlich geeignet, um zwischen nur unzulässigen Abschalteinrichtungen und solchen, deren Implementierung die Kriterien einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung erfüllen können, zu unterscheiden. Die Tatsache, dass eine Manipulationssoftware ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung verstärkt aktiviert, indiziert eine arglistige Täuschung der Genehmigungsbehörden. (vgl. BGH, VII ZR 126/21, Urteil vom 29.09.2021, Rn. 18 m.w.N. – juris).
44
(d) Schon auf der Grundlage des Sachvortrages der Klagepartei liegt jedoch keine prüfstandsbezogene Abschalteinrichtung im o.g. Sinne vor. Vielmehr arbeitet danach die gerügte Funktion, deren Unzulässigkeit hier zugunsten der Klagepartei unterstellt wird, auf dem Prüfstand und im normalen Fahrbetrieb im Grundsatz in gleicher Weise.
45
Die Klagepartei trägt hierzu vor, die Motorsteuerungssoftware sei gezielt so programmiert worden, dass das Fahrzeug im Prüfzyklus (NEFZ) nur im Modus mit effektivem NOx-Nachbehandlungssystem („Füllstands-Modus“) fahre, weil der NEFZ mit kaltem SCR-Katalysator bzw. einem SCR-Katalysator mit geringem Ammoniak-Speicherfüllstand gefahren werde, und ein Wechsel in den Modus mit ineffektivem NOx-Nachbehandlungssystem („Online-Modus“) wegen der bestimmten Länge des NEFZ nicht erfolgen könne.
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Schon aus diesem Vorbringen ergibt sich, dass das Fahrzeug zwar immer beim Durchfahren des NEFZ, aber eben nicht ausschließlich in diesen Fällen, im Modus mit effektivem NOx-Nachbehandlungssystem („Füllstands-Modus“) fahren soll. Vielmehr ist auch aufgrund der technischen Beschreibung der gerügten Funktion durch die Klagepartei davon auszugehen, dass der Wechsel zwischen den vorhandenen Modi und damit auch die gerügte „Sperre“ der Zurückschaltung vom ineffektivem „Online-Modus“ in den effektiven „Füllstands-Modus“ unter ansonsten identischen Rahmenbedingungen auf dem Prüfstand und im normalen Fahrbetrieb im Grundsatz in gleicher Weise geschieht bzw. unterbliebt.
47
Die fehlende Prüfstandsbezogenheit der fraglichen Funktion ergibt sich auch aus der Auskunft des KBA vom 27.05.2021 (Bl. 108 d.A.). Dort wird ausgeführt, dass, nachdem nach dem Start des Motors ein vergleichsweise effektiver Modus geschaltet wird, nach dem Erreichen einer bestimmten Stickoxidmasse nach Ablauf des Prüfzyklus dauerhaft in einen weniger effektiven Modus geschaltet wird. Danach erfolgt die (erstmalige) Umschaltung in den ineffektiven „Online-Modus“ mithin in Abhängigkeit vom Erreichen einer bestimmten Stickoxidmasse, die nach Ablauf des Prüfzyklus erreicht wird. Auch daraus ergibt sich, dass die Umschaltung ebenso im normalen Fahrbetrieb stattfindet, sobald die fragliche Stickoxidmasse erreicht wurde (vgl. OLG des Landes Sachsen-Anhalt, 12 U 69/21, Urteil vom 22.11.2021, Rn. 46 ff. – juris).
48
Gleiches folgt ausdrücklich auch aus der als Anlage BK 6 vorgelegten Auskunft des KBA an die Kanzlei der Klägervertreter vom 05.08.2021, wonach eine Prüfstandserkennung nicht vorliegt, weil die Funktion bei Vorliegen der Typprüfbedingungen auch im Straßenbetrieb aktiv ist.
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(e) Weitere Umstände für ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten liegen nicht vor.
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Selbst die Klagepartei geht davon aus, dass zur Vermeidung von Umweltbelastungen (sog. Ammoniak-Schlupf) beim Erreichen einer bestimmten Stickoxidmasse der SCR-Katalysator aus dem „Füllstands-Modus“ in den „Online-Modus“ wechseln muss. Die Notwendigkeit einer nicht stets gleichmäßigen Dosierung von AdBlue steht daher zwischen den Parteien letztlich außer Streit. Damit bedarf es aber eines Anhalts dafür, warum eine wechselnde Dosierung ein sittenwidriges Handeln nahelegte, selbst wenn die Dosierung einschlägigen Vorschriften nicht genügt hätte (vgl. OLG des Landes Sachsen-Anhalt, 12 U 69/21, Urteil vom 22.11.2021, Rn. 51 – juris).
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Auch das KBA erkennt grundsätzlich an, dass das Vorhandensein zweier Modi hinsichtlich der Eindüsung von AdBlue nicht zu beanstanden ist.
52
Soweit die Klagepartei vorträgt, der einzig denkbare Zweck der monierten „Sperre“ sei eine Kostensenkung und damit einhergehend eine Gewinnmaximierung sowie ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten, vermag dies die detaillierten und schlüssigen Ausführungen der Beklagten zu der fraglichen Regelung (vgl. Schriftsatz vom 28.06.2021, Seiten 6 ff.) nicht substantiiert zu erschüttern.
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Danach war die gerügte Funktion hinsichtlich des Wechsels der beiden Modi zur Regelung der AdBlue-Zuführung u.a. der Vermeidung ansonsten in die Umwelt gelangenden Ammoniak-Abgasstroms und damit auch dem sicheren Betrieb des Fahrzeugs und dem Schutz der Umwelt geschuldet. Technische Hintergründe waren danach die Komplexität der Dosierstrategie, deren Gleichgewicht von vielen Faktoren beeinflusst wird (z.B. Katalysatortemperatur, Dynamik des Fahrbetriebes, Beschleunigung, Fahrt unter Last, zu reinigende Menge an Stickoxiden) und der Umstand, dass eine hohe Reinigungsleistung nur bei einem annähernd gesättigten Katalysator erzielt werden kann. Aufgrund unvermeidbarer Ungenauigkeiten (technische Toleranzen der Messgeräte, nur teilweise Messbarkeit verschiedener Parameter etc.) war daher der Einsatz verschiedener Modi und letztlich auch die monierte Funktion ihres wechselnden Einsatzes erforderlich.
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Nach alldem ist nicht ersichtlich, dass der Einbau dieses Systems von Seiten der Beklagten in dem Bewusstsein geschah, hiermit möglicherweise gegen die gesetzlichen Vorschriften zu verstoßen, und dass ein solcher Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen wurde (vgl. OLG des Landes Sachsen-Anhalt, 12 U 69/21, Urteil vom 22.11.2021, Rn. 52 m.w.N. – juris).
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(f) Dass auf Seiten der Beklagten die Erkenntnis eines möglichen Gesetzesverstoßes, zumindest in Form eines billigenden In-Kauf-Nehmens desselben, vorhanden war, ist von der – insoweit darlegungs- und beweispflichtigen – Klagepartei jedenfalls weder dargetan worden, noch aus den Gesamtumständen ersichtlich. An diesem Ergebnis vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass das Fahrzeug mittlerweile hinsichtlich des SCR-Katalysators von einer Rückrufaktion des Kraftfahrtbundesamtes betroffen ist, denn insoweit kommt es für die Frage, ob die von der Beklagten vorgenommene Gesetzesauslegung vertretbar ist, auf die Umstände zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fahrzeugs an. Vor diesem Hintergrund führt der Umstand, dass das im Fahrzeug des Klägers verbaute SCR-System möglicherweise in seiner technischen Gestaltung als unzulässig anzusehen sein könnte, nicht dazu, dass von einem Sittenverstoß ausgegangen werden könnte (vgl. OLG des Landes Sachsen-Anhalt, 12 U 69/21, Urteil vom 22.11.2021, Rn. 53 f. m.w.N. – juris).
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(g) Soweit die Klagepartei erstmals in der Berufungsbegründung auf das als Anlage BK 7 vorgelegte Gutachten des Felix Domke vom 28.09.2020 verweist, beziehen sich die dortigen Ausführungen auf das einzige dort untersuchte Fahrzeug, einen Mercedes E 350 BlueTEC 4MATIC. Im Streit steht hier jedoch ein Pkw, Mercedes Benz, ML 350. Insoweit bliebt offen, inwieweit die dortigen Feststellungen auf den hiesigen Sachverhalt übertragbar sind.
57
Unabhängig davon wurden vom (Privat-)Sachverständigen keine spezifischen Tests auf dem Rollenprüfstand durchgeführt, so dass bereits deshalb eine Aussage zur Wirksamkeit der festgestellten Funktionen im Realbetrieb einerseits und auf dem Prüfstand andererseits nicht getroffen werden kann. Stattdessen schließt der (Privat-)Sachverständige das Verhalten des untersuchten Fahrzeugs während des Testzyklus aus einer „Beobachtung realer Fahrmuster, die den im NEFZ getesteten nachempfunden sind“. Soweit sich bei diesen Betrachtungen aber „illegale Abschalteinrichtungen“ zeigen, fehlt es diesen bereits angesichts der Umstände der Datenerhebung an der notwendigen Prüfstandsbezogenheit. Überdies begründen sich Teile der im Gutachten festgestellten „illegalen Abschalteinrichtungen“ auf bloße Mutmaßungen des (Privat-)Sachverständigen.
58
Schließlich wurden die vorgenannten Funktionen alle bereits vom KBA überprüft und für „nicht unzulässig“ befunden. In der von der Beklagten mitgeteilten dpa-Meldung vom 05.11.2021 heißt es dazu: „[…] Das KBA sieht in einem von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vorgelegten Gutachten keine Hinweise auf bislang nicht bekannte Abschalteinrichtungen bei Mercedes-Benz. In dem Gutachten werden acht Abschalteinrichtungen des betreffenden Modells mit dem Dieselmotor OM 642 benannt. Diese sind uns bekannt, sagte ein KBA-Sprecher am Freitag. Sie seien bereits geprüft und für nicht unzulässig befunden worden. […]“
59
Anhaltspunkte für ein verwerfliches Handeln auf Seiten der Beklagten bei der Installation der gerügten Funktion ergeben sich damit auch in Zusammenhang mit dem vorgelegten Gutachten nicht.
60
(3) Hinsichtlich weiterer – maßgeblich noch in erster Instanz gerügter – Funktionen der Motorsteuerungssoftware gelten die gleichen Grundsätze wie beim Thermofenster. Auch diese Funktionen arbeiten beim realen Fahrbetrieb in gleicher Weise wie in der Prüfstandsituation. Unter den für den Prüfzyklus maßgebenden Bedingungen (Umgebungstemperatur, Luftfeuchtigkeit, Geschwindigkeit, Widerstand etc.) entspräche die Rate der Abgasrückführung danach im normalen Fahrbetrieb derjenigen auf dem Prüfstand (vgl. OLG München, 8 U 4122/20, Beschluss vom 08.04.2021, Rn. 25 – juris). Es liegt damit gerade kein System der Prüfstandserkennung vor (vgl. BGH, VII ZR 190/20, Urteil vom 16.09.2021, Rn. 19 – juris).
61
Entscheidend ist vorliegend, dass sich kein Vortrag dazu findet, welche Motorfunktionen und Abgasregelungen bei denselben Umgebungsparametern im Prüfstand anders verhalten als im realen Fahrbetrieb.
62
Die Strategie „Bit 13“ (soweit sie nicht bereits Gegenstand der Ausführungen unter Punkt II. 2. a) bb) ist), unterscheidet nach dem Sachvortrag der Klagepartei in Abhängigkeit von der Menge des Stickoxidausstoßes (17,6 g nach dem Start), während die Funktion „Bit 14“ nach 1.200 Sekunden in den „schmutzigen Modus“ wechseln soll. Aufgrund der Funktion „Bit 15“ soll die Abgasreinigung nach 11 km nicht mehr vorschriftsmäßig laufen und die Funktion „Slipguard“ soll an eine Kombination von Geschwindigkeit und Beschleunigung anknüpfen. Eine weitere Funktion soll schließlich von einem Lenkwinkeleinschlag von mehr als 15° abhängig sein.
63
Bei einer Abschalteinrichtung, die – wie hier – im Grundsatz auf dem Prüfstand in gleicher Weise arbeitet wie im realen Fahrbetrieb und bei der die Frage der Zulässigkeit nicht eindeutig und unzweifelhaft beantwortet werden kann, kann bei Fehlen sonstiger Anhaltspunkte nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die für die Beklagte handelnden Personen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen, so dass es bereits an der objektiven Sittenwidrigkeit fehlt (vgl. BGH, VII ZR 101/21, Beschluss vom 15.09.2021, Rn. 23 m.w.N. – juris).
64
(4) Auch der Hinweis auf Messungen der DUH, die ergeben hätten, dass die NOx-Emissionen im realen Fahrbetrieb deutlich höher seien als die im Prüfzyklus NEFZ gemessenen Werte, ist nicht geeignet, hinreichende Anhaltspunkte für ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten zu geben. Es ist vielmehr allgemein bekannt, dass ein Fahrzeug im normalen Fahrbetrieb höhere Emissionen aufweist als im Prüfzyklus NEFZ, das für die Überprüfung maßgeblich ist, ob die Werte der Euro 5 – oder Euro 6 – Norm eingehalten werden. Auf dem Prüfstand wird eine bestimmte „ideale“, nicht der Praxis entsprechende Situation vorgegeben (etwa hinsichtlich Umgebungstemperatur, Beschleunigung und Geschwindigkeit, Abschaltung von Klimaanlage etc.), sodass der erzielte Wert zwar zu einer relativen Vergleichbarkeit unter den verschiedenen Fahrzeugfabrikaten und -modellen führen mag, absolut genommen aber jeweils nicht mit dem Wert im Straßenbetrieb übereinstimmt. Im Straßenbetrieb liegen sowohl der Kraftstoffverbrauch als auch der Schadstoffausstoß erheblich höher, was seit vielen Jahren aufgrund entsprechender Tests etwa von Automobilclubs und der dadurch ausgelösten öffentlichen Diskussion allgemein bekannt ist. Gerade deshalb hat der europäische Gesetzgeber auf Druck der Umweltverbände und Umweltparteien zwischenzeitlich den früher geltenden gesetzlichen Prüfzyklus NEFZ durch den sogenannten RDE-Test ersetzt (vgl. BGH, VII ZR 2/21, Beschluss vom 15.09.2021, Rn. 30 – juris; BGH, VI ZR 128/20, Urteil vom 13.07.2021, Rn. 23 – juris; OLG Stuttgart, 16a U 155/19, Beschluss vom 14.12.2020, Rn. 60 – juris; OLG München, 14 U 416/19, Urteil vom 05.09.2019, Rn. 168; OLG Celle, 7 U 367/18, Urteil vom 13.11.2019, Rn. 34 f. – juris).
65
(5) Ausführungen zu der noch in erster Instanz gerügten Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung erübrigen sich, nachdem die Klagepartei im Rahmen der Berufungsbegründung erklärte, das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form einer Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung im streitgegenständlichen Fahrzeug ausdrücklich nicht mehr zu rügen.
66
(6) Weitere Umstände, die auf ein verwerfliches Handeln der verantwortlichen Personen bei der Beklagten schließen lassen, werden von der Klagepartei nicht vorgetragen. Der Vortrag lässt vermissen, welche verantwortlich handelnden Personen konkret bei welcher Gelegenheit über das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung getäuscht haben und welches Vorstellungsbild sie dabei hatten.
67
(7) Für eine Täuschung des KBA im Typengenehmigungsverfahren ist nichts vorgetragen. Allein aus der Unkenntnis des KBA von einer Abschalteinrichtung kann nicht auf eine Täuschungshandlung der Beklagten geschlossen werden. Zur Täuschung durch aktives Tun trägt die Klagepartei nichts vor. Eine Täuschung durch Unterlassen setzt eine Offenbarungspflicht voraus. Diese kann dem klägerischen Vortrag nicht entnommen werden.
68
Der Vortrag der Klagepartei lässt Angaben dazu vermissen, welche Täuschungshandlung im Typengenehmigungsverfahren die Beklagte konkret vorgenommen hat. Es bleibt unklar, welche verantwortlich Handelnden der Beklagten wann und in welcher Form das KBA getäuscht haben sollen. Es wird nicht dargelegt, welche Angaben durch das KBA gefordert wurden und welche falschen Angaben die verantwortlich Handelnden der Beklagten daraufhin gemacht haben. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass sich das KBA ein weiteres Mal – wie beim Motortyp EA 189 – über die Arbeitsweise des Emissionskontrollsystems im Irrtum befunden hätte, sind weder ersichtlich noch dargetan.
69
Auch eine möglicherweise unterbliebene Offenlegung der genauen Wirkungsweise der installierten temperaturabhängigen Abgassteuerung gegenüber dem KBA ist nicht ausreichend, um davon auszugehen, dass für die Beklagte tätige Personen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Selbst wenn nämlich die Beklagte im Typgenehmigungsverfahren – erforderliche – Angaben zu den Einzelheiten der Abgasrückführung unterlassen haben sollte, wäre die Typgenehmigungsbehörde nach dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG gehalten gewesen, diese zu erfragen, um sich in die Lage zu versetzen, die Zulässigkeit der Abschalteinrichtung zu prüfen (vgl. BGH, VII ZR 126/21, Beschluss vom 29.09.2021, Rn. 20 – juris).
70
Ausreichende Anhaltspunkte für wissentlich unterbliebene oder unrichtige Angaben der Beklagten im Typgenehmigungsverfahren, die noch dazu auf ein heimliches und manipulatives Vorgehen oder eine Überlistung des KBA und damit auf einen bewussten Gesetzesverstoß hindeuten würden, ergeben sich aus dem Sachvortrag der Klagepartei nicht.
71
cc) Die Beklagte hat auch nicht nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast vorzutragen, welche verantwortlichen Personen aus dem Unternehmen der Beklagten zu welchen Gelegenheiten über die Funktionsweise der Motorsteuerungssoftware getäuscht hat. Eine sekundäre Darlegungslast wird in den vorliegenden Fällen angenommen, soweit die Kenntnis hinsichtlich der Entwicklung und Verwendung der unzulässigen Software von den im Hause der Beklagten für die Motorenentwicklung verantwortlichen Personen als verfassungsmäßig berufene Vertreter gemäß § 31 BGB behauptet wird (vgl. BGH, VI ZR 252/19, Urteil vom 25.05.2020, Rn. 39 – juris). Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast der Sittenwidrigkeit in objektiver Hinsicht verbleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz, dass die Klagepartei die volle Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trägt (vgl. BGH, VI ZR 252/19, Urteil vom 25.05.2020, Rn. 35 – juris).
72
d) Schließlich fehlt es am erforderlichen Schädigungsvorsatz der verantwortlich Handelnden auf Seiten der Beklagten. Allein aus der – unterstellten – objektiven Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung folgt kein Vorsatz hinsichtlich der Schädigung der Fahrzeugkäufer. Die rechtliche Zulässigkeit der implementierten Abschalteinrichtungen war sehr umstritten. Im Hinblick auf die unsichere Rechtslage hat die Klagepartei nicht dargetan, dass sich den für die Beklagte tätigen Personen die Gefahr einer Schädigung der Klagepartei hätte aufdrängen müssen. Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen; in einer solchen Situation ist lediglich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gerechtfertigt (vgl. BGH, VII ZR 101/21, Beschluss vom 15.09.2021, Rn. 25 – juris).
73
3.) Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG oder i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV scheidet ebenfalls aus.
74
Zwar steht dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 versehenen Kraftfahrzeugs unter den Voraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch gegen den Fahrzeughersteller auf Ersatz des Differenzschadens zu (vgl. BGH, VIa ZR 335/21, Urteil vom 26.06.2023 – juris).
75
a) Ein aus der von der Klagepartei gerügten Abschalteinrichtung in Gestalt der AdBlue-Dosierstrategie resultierender Differenzschaden wird durch das von der Beklagten entwickelte und vom KBA freigegebene Software-Update vollständig ausgeglichen.
76
aa) Für die Schadensentstehung ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. Eine etwaige Aufwertung des Fahrzeugs durch ein Software-Update als nachträgliche Maßnahme der Beklagten ist im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen. Eine solche Aufwertung setzt allerdings voraus, dass das Software-Update die Gefahr von Betriebsbeschränkungen signifikant reduziert (vgl. BGH, III ZR 267/20, Urteil vom 20.07.2023, Rn. 33 – juris). Das wiederum kann nur dann der Fall sein, wenn es nicht seinerseits eine unzulässige Abschalteinrichtung beinhaltet. Die Vorteilausgleichung kann der Gewährung auch eines Schadensersatzes aus § 823 Abs. 2 BGB entgegenstehen, wenn der Differenzschaden vollständig ausgeglichen ist (vgl. BGH, VIa ZR 335/21, Urteil vom 26.06.2023, Rn. 80 – juris).
77
bb) Nach dem Vortrag der Beklagten unter Verweis auf die Anlage B 3 hat das KBA das von der Beklagten entwickelte Software-Update nach intensiver Prüfung freigegeben. Hierdurch können die für das streitgegenständliche Fahrzeug angeordneten nachträglichen Nebenbestimmungen umgesetzt werden und das Update hat danach keinen relevanten Einfluss auf die zertifizierten Werte zum Kraftstoffverbrauch und zu CO2-Emissionen und auch nicht auf die Motorleistung, das Drehmoment, die Geräuschemissionen und die Dauerhaltbarkeit des Fahrzeugs.
78
Zu den mit dem Software-Update bewirkten Verbesserungen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 17.01.2024 substantiiert vorgetragen.
79
Soweit die Klagepartei geltend macht, durch Aufspielen des Software-Updates könnten Folgemängel auftreten (schnellere Versottung des AGR-Ventils, unruhig laufende Motoren, erhöhter Kraftstoff- und AdBlue-Verbrauch), hat das KBA in dem als Anlage B 3 vorgelegten Schreiben vom 19.06.2019 nach den durchgeführten Prüfungen u.a. bestätigt, dass das Software-Update keinen Einfluss auf die Dauerhaltbarkeit von emissionsmindernden Einrichtungen und die Kraftstoffverbrauchswerte hat.
80
Nach Auffassung des Senats reduziert sich durch das Software-Update die Gefahr von Betriebsbeschränkungen signifikant. Der Senat ist deshalb davon überzeugt (§ 286 ZPO), dass wegen der streitgegenständlichen Abschalteinrichtungen die Gefahr einer Betriebsbeschränkung nicht mehr besteht.
81
Ein Kläger, der sich dem Aufspielen eines Software-Updates verschlossen hat, muss sich wegen eines Verstoßes gegen seine Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB bei der Bemessung des Differenzschadens gemäß § 242 BGB so behandeln lassen, als hätte er einen aus dem Software-Update resultierenden Vorteil tatsächlich erzielt (vgl. BGH, VIa ZR 468/21, Urteil vom 23.10.2023, Rn. 14 – juris).
82
b) Das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters im streitgegenständlichen Fahrzeug nicht wird mit der Berufung der Klagepartei nicht mehr gerügt (Berufungsbegründung vom 25.01.2022, Seite 3).
83
Unabhängig davon hat die Beklagte substantiiert dargelegt, dass die Rate der Abgasrückführung bei dem betriebswarmem Motor nach dem Aufspielen des Software-Updates erst oberhalb von Umgebungslufttemperaturen von 40 °C schrittweise reduziert wird, während bei kalten Umgebungslufttemperaturen keine entsprechende Reduktion der AGR-Rate erfolgt (vgl. etwa Schriftsatz vom 17.01.2024, Seite 3).
84
Dem ist die Klagepartei nicht dergestalt entgegengetreten, dass sie anhand konkreter Temperaturbereiche das Vorhandensein eines unzulässigen Thermofensters substantiiert behauptet hat. Der Sachvortrag im Schriftsatz vom 07.02.2024, Seiten 15 f., unter Verweis auf die Ausführungen in der Klageschrift genügt den an ihn zu stellenden Anforderungen nicht. In der Klageschrift vom 03.06.2020, Seiten 12 f. wird vielmehr pauschal behauptet, bei einer Umgebungslufttemperatur „von zum Beispiel 7 Grad Celsius oder darunter“ sei die Abgasrückführung „um bis zu 48 % niedriger als bei höheren Temperaturen“ und beim Unterschreiten einer bestimmten Temperatur werde die Abgasrückführung ganz abgeschaltet. Im Schriftsatz vom 07.02.2024, Seite 16, behauptet die Klagepartei, bei einer Temperatur „von knapp unter 8 Grad Celsius“ liege die Wirksamkeit des Thermofensters (!) „bei nur noch 48 %“. Dieser Sachvortrag erfolgt ohne jegliche objektive Anknüpfungspunkte erkennbar „ins Blaue hinein“.
85
Die Unzulässigkeit eines Thermofensters mit dem von der Beklagten substantiiert behaupteten Temperaturrahmen behauptet indes auch die Klagepartei nicht. Nach deren Vortrag im Schriftsatz vom 07.02.2024, Seite 11, ist die temperaturgeführte Reduktion der AGR erst und nur dann zulässig, wenn dies außerhalb des Temperaturahmens von – 15 bis + 40 Grad Celsius erfolgt. Dies ist nach dem Sachvortrag der Beklagten hier aber der Fall.
86
c) Der notwendige konkrete Bezug zum klägerischen Fahrzeug fehlt dem Sachvortrag zu den sonstigen aus klägerischer Sicht nach dem Update im Fahrzeug vorhandenen unzulässigen Abschalteinrichtungen. Ein solcher lässt sich insbesondere nicht den als Anlagen BK 27 und BK 28 vorgelegten Schreiben des KBA vom 15.08.2023 und vom 05.07.2023 entnehmen.
87
Das Schreiben vom 15.08.2023 (Anlage BK 27) betrifft ein Fahrzeug Mercedes-Benz E 350 Bluetec 3.01 Diesel 190 kW, Euro 6, und ist nach den Ausführungen auf Seite 4 nicht auf andere Fahrzeuge des Herstellers übertragbar. Hier steht jedoch ein Fahrzeug Mercedes Benz, ML 350, Euro 6, im Streit. Zudem bezog sich die dort geschilderte Prüfung des KBA auf den ursprünglichen Seriendatenstand der Motorsteuerung des Fahrzeugs und damit gerade nicht auf die Situation nach dem freigegebenen Software-Update. Schließlich erfolgte dort durch das KBA eine Prüfung des Thermofensters, das von der Klagepartei hier jedoch nicht mehr gerügt wird.
88
Die im Schreiben des KBA vom 05.07.2023 (Anlage BK 28) mitgeteilten Prüfungen betrafen ein Fahrzeug Mercedes-Benz E 350 BlueTEC mit Motor OM 642 Euro 6.
89
Die klägerische Einlassung, alle drei Varianten der vom KBA jüngst festgestellten Abschalteinrichtungen seien „auch so oder so ähnlich (bedeutet: prinzipiell vergleichbar, auch wenn einzelne Parameter anders gestaltet sein mögen) im streitgegenständlichen Fahrzeug vorhanden“ (Schriftsatz vom 07.02.2024, Seite 14), erfolgt ebenfalls ins Blaue hinein.
90
Zudem hat auch das KBA in dem als Anlage B 3 vorgelegten Schreiben vom 19.06.2019 nach den durchgeführten Prüfungen bestätigt, dass in dem Software-Update keine unzulässigen Abschalteinrichtungen festgestellt wurden.
91
4.) Auch unter sonstigen rechtlichen Gesichtspunkten rechtfertigen sich die klägerischen Ansprüche nicht.
92
Für einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB fehlt es an der Stoffgleichheit zwischen der Vermögenseinbuße der Klagepartei und den erstrebten Vermögensvorteilen für die Beklagte (vgl. BGH, VI ZR 5/20, Urteil vom 30.07.2020, Rn. 24 – juris).
93
1.) Die Kostenentscheidung folgt aus den § 97 Abs. 1 ZPO.
94
2.) Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO.
95
Der Restschaden der Klagepartei beträgt nach deren Sachvortrag unter Berücksichtigung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 6.013,05 € insgesamt 17.583,38 €.
96
3.) Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht.