Titel:
Erfolgloser Berufungszulassungantrag eines Nachbarn auf Verpflichtung zum Einschreiten gegen grenznah oder grenzständig auf dem Nachbargrundstück errichtete Gebäude
Normenketten:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
BayBO Art. 6
Leitsatz:
Ein etwaiger Löschungsanspruch bzgl. einer notariell erklärten und durch Eintragung einer entsprechenden Grunddienstbarkeit gesicherten Abstandsflächenübernahme ist vor den ordentlichen Gerichten durchzusetzen. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten (verneint), mangelnde Einhaltung von Abstandsflächen, lediglich geringfügige Beeinträchtigung eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks, keine Ermessensreduzierung auf Null., Berufungszulassungsantrag, ernstliche Richtigkeitszweifel, Schwierigkeiten, Baurecht, Nachbarklage, bauaufsichtliches Einschreiten, Ermessen, Abstandsfläche, Abstandsflächenübernahme
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 26.10.2023 – RO 7 K 20.1236
Fundstelle:
BeckRS 2024, 6213
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten zu bauaufsichtlichem Einschreiten gegen mehrere grenznah oder grenzständig auf dem Nachbargrundstück errichtete Gebäude.
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Das Verwaltungsgericht hat seine entsprechende Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die gewünschte Beseitigung der insgesamt fünf baulichen Anlagen. Vor dem Hintergrund einer von seinem Rechtsvorgänger notariell erklärten und durch Eintragung einer entsprechenden Grunddienstbarkeit gesicherten Abstandsflächenübernahme sowie angesichts der – maßgeblichen und mittlerweile geänderten – Vorschrift des Art. 6 BayBO lägen lediglich zwei der streitgegenständlichen Gebäude innerhalb der einzuhaltenden Abstandsflächen. Die damit einhergehende Betroffenheit des landwirtschaftlich genutzten Grundstücks des Klägers sei jedoch geringfügig und zwinge nicht zur Anordnung eines entsprechenden Rückbaus.
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Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel weiter. Er ist der Meinung, das Urteil des Verwaltungsgerichts unterliege ernstlichen Zweifeln hinsichtlich seiner Richtigkeit und die Rechtssache weise besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf. Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Auffassung, die geltend gemachten Zulassungsgründe seien bereits nicht hinreichend dargelegt. Der Beigeladene hat sich im Zulassungsverfahren nicht geäußert.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Mit zutreffender Begründung ist das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gekommen, der Kläger werde durch die rechtlich nicht zu beanstandende Weigerung des Beklagten, gegen die baulichen Anlagen auf dem Nachbargrundstück einzuschreiten, nicht in eigenen Rechten verletzt, vgl. § 113 Abs. 5 VwGO.
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Der Vortrag im Zulassungsverfahren, auf dessen Darlegungen sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) gibt keinen Anlass, von dieser rechtlichen Beurteilung abzuweichen. Der Senat nimmt deshalb zunächst gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Begründung ab. Lediglich ergänzend bleibt im Hinblick auf das Zulassungsvorbringen noch Folgendes zu bemerken:
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Soweit der Kläger unter zum Teil wörtlicher Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags daran festhält, es liege ein umfassender Verstoß gegen die einzuhaltenden Abstandsflächen vor, blendet er zunächst den Umstand aus, dass die betreffende und einschlägige Regelung in Art. 6 BayBO mittlerweile geändert worden ist. Hierauf hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen. Er setzt sich aber auch nicht mit den differenzierenden Erwägungen in dem angefochtenen Urteil (UA S. 9) auseinander, dass sich das dem Beklagten zustehende Ermessen hier nicht in einer Weise verdichtet habe, die ein bauaufsichtliches Einschreiten geböte. Damit entspricht sein Zulassungsvorbringen nicht den Anforderungen, die gemäß § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO an die Darlegung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu stellen sind (vgl. zum Ganzen: Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 a Rn. 63). Daran ändert auch die Einschätzung des Klägers, sowohl die Ermessensausübung des Beklagten wie auch des angefochtenen Urteils „belohnten den Beigeladenen für sein illegales Verhalten“, nichts.
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Auch sein erneuter Hinweis auf die angeblich ins Leere gehende Abstandsflächenübernahme durch seinen Rechtsvorgänger bzw. den Entfall der Geschäftsgrundlage für die eingetragene Grunddienstbarkeit, bezüglich derer ihm ein Anspruch auf Löschung zustehe, verfängt nicht. Mit dem Verwaltungsgericht und dem Beklagten ist hier davon auszugehen, dass beides wirksam und gültig ist und ein eventueller, indes nicht erkennbarer Löschungsanspruch ggf. vor den ordentlichen Gerichten durchzusetzen wäre.
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2. Die Rechtssache weist auch nicht die behaupteten tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten, § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, auf. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, ist der Sachverhalt hier geklärt und die aufgeworfenen Rechtsfragen können anhand der einschlägigen Vorschriften beantwortet werden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, weil er sich im Zulassungsverfahren nicht beteiligt hat. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von 2013; sie entspricht der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).