Inhalt

VGH München, Beschluss v. 21.03.2024 – 2 N 21.2529
Titel:

Kostenentscheidung bei Hauptsacheerledigung

Normenkette:
VwGO § 161 Abs. 2
Leitsätze:
1. Bei Erledigung der Hauptsache aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen entspricht es in der Regel billigem Ermessen gemäß dem Grundsatz des § 154 Abs. 1 VwGO demjenigen Beteiligten die Verfahrenskosten aufzuerlegen, der bei Fortführung des Verfahrens voraussichtlich unterlegen wäre, wobei die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels, aber auch eine durch das Nachgeben der Beteiligten bewirkte Herbeiführung des erledigenden Ereignisses einzubeziehen sind. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2. Lässt sich mit angemessenem, vertretbarem Aufwand keine Aussage über die Erfolgsaussichten eines Rechtsstreits bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses und damit auch keine Aussage über den Ausgang des Verfahrens treffen, so entspricht es in der Regel der Billigkeit, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrolle, Veränderungssperre, Erledigung der Hauptsache, Kostenentscheidung, Hauptsacheerledigung, Billigkeit, Erfolgsaussichten, Nachgeben, erledigendes Ereignis, offener Verfahrensausgang
Fundstellen:
BayVBl 2024, 464
BeckRS 2024, 6204
LSK 2024, 6204

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III. Der Streitwert wird auf 7.500, – € festgesetzt.

Gründe

1
Das Verfahren ist nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Beteiligten in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
2
Gemäß § 161 Abs. 2 VwGO ist über die Kosten des Rechtsstreites nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. In der Regel entspricht es billigem Ermessen gemäß dem Grundsatz des § 154 Abs. 1 VwGO demjenigen Beteiligten die Verfahrenskosten aufzuerlegen, der bei Fortführung des Verfahrens voraussichtlich unterlegen wäre. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels, aber auch eine durch das Nachgeben der Beteiligten bewirkte Herbeiführung des erledigenden Ereignisses einzubeziehen (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 161 Rn. 18). Lässt sich mit angemessenem, vertretbarem Aufwand keine Aussage über die Erfolgsaussichten bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses und damit auch keine Aussage über den Ausgang des Verfahrens treffen, so entspricht es in der Regel der Billigkeit, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2019 – 20 B 16.2358 – juris Rn. 3).
3
Vorliegend war der Ausgang des Verfahrens bis zum Zeitpunkt der Erledigung offen. Nach der im Verfahren nach § 161 Abs. 2 VwGO nur möglichen summarischen Überprüfung ist keine Aussage darüber möglich, ob die Veränderungssperre wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit gem. Art. 52 Abs. 2 Satz 1 BayGO formell rechtswidrig war oder ob der von der Veränderungssperre flankierte Aufstellungsbeschluss deswegen gegen § 1 Abs. 3 BauGB verstößt, da er nicht das Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Gegenstand und Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans bzw. der zu erwartenden Bebauungsplanänderung ist, ob also die Antragsgegnerin bereits positive planerische Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans so weit entwickelt hat, dass diese geeignet sind, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde über die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu steuern (vgl. stRspr, BVerwG, B.v. 22.1.2013 – 4 BN 7.13 – juris Rn. 3; B.v. 21.10.2010 – 4 BN 26.10 – BauR 2011, 481; B.v. 1.10.2009 – 4 BN 34.09 – NVwZ 2010, 42; U.v. 19.2.2004 – 4 CN 16.03 – BVerwGE 120,138; BayVGH, U.v. 20.9.2016 – 15 N 15.1092 – juris Rn. 18).
4
Der Grundsatz, dass es in der Regel der Billigkeit entspricht, dem Verfahrensbeteiligten die Kosten aufzuerlegen, der durch eigenen Willensentschluss die Erledigung veranlasst hat (stRspr, vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 161 Rn. 18 m.w.N.), ist hier nicht einschlägig. Zwar hat der Stadtrat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 31. Januar 2024 den Beschluss gefasst, die verfahrensgegenständliche Veränderungssperre aufzuheben. Dieser Entschluss beruhte aber nicht auf der Erkenntnis, dass die Veränderungssperre rechtswidrig war, sondern war Folge einer zwischen den Beteiligten bilateral getroffenen Vereinbarung über den Fortbestand des von der Klägerin betriebenen Kindergartens auf dem von der Veränderungssperre betroffenen Grundstücks, wodurch für die Antragsgegnerin die Notwendigkeit entfiel, das von ihr verfolgte planungsrechtliche Ziel durch die Veränderungssperre abzusichern.
5
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nummer 9.8.4 i.V.m. Nummer 9.8.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt im Anhang zu Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022).
6
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).