Titel:
Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle
Normenkette:
SGB VIII § 78b, § 78c, § 78g
Leitsätze:
1. Der Schiedsstelle steht nach § 78g SGB VIII für ihre Bewertungen und Beurteilungen anlässlich der Prüfung der unbestimmten Rechtsbegriffe Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsgerechtigkeit (§ 78b Abs. 2, § 78c Abs. 2 SGB VIII) eine Einschätzungsprärogative zu, die es erfordert, die gerichtliche Überprüfung darauf zu beschränken, ob sie die ihr gesetzten rechtlichen Vorgaben beachtet, den Sachverhalt vollständig ermittelt und in einem fairen und willkürfreien Verfahren zu vertretbaren Bewertungen gefunden hat (im Anschluss an BVerwGE 108, 47 – juris, Rn. 24; BVerwGE 116, 78 – juris, Rn. 9, jeweils zu § 94 BSHG a.F.). (Rn. 57)
2. Im Rahmen dieser, der Schiedsstelle durch § 78g SGB VIII eingeräumten Autonomie und den ihr durch höherrangiges Recht, insbesondere das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG), gezogenen Grenzen, bestimmt die Schiedsstelle ihr Prüf- und Entscheidungsprogramm zu § 78b Abs. 2 und § 78c Abs. 2 SGB VIII grundsätzlich selbst, sofern – wie im SGB VIII – weitere konkrete Vorgaben des Gesetzgebers fehlen. (Rn. 61)
3. Es liegt deshalb in der alleinigen Rechtsmacht der Schiedsstelle, auf die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundessozialgerichts zum ehemaligen BSHG (BVerwGE 108, 47 ff.; 116, 78 ff.) sowie zum SGB XI und SGB XII (BSGE 102, 227 ff.; 113, 258 ff.; 120, 51 ff.; 129, 116 ff.) entwickelten Maßstäbe und Grundsätze eines „internen Vergleichs“ (einrichtungsbezogene Plausibilitätskontrolle der Entgeltansätze) und/oder eines „externen Vergleichs“ (mit den Entgeltsätzen anderer vergleichbarer Einrichtungen) zurückzugreifen. (Rn. 64)
4. Eine Rechtspflicht der Schiedsstelle, sich dieser Maßstäbe und Grundsätze im Einzelnen oder gar in Kombination zu bedienen, besteht – solange eine entsprechende Anordnung des Gesetzgebers im SGB VIII selbst fehlt – indes nicht; denn allein der Schiedsstelle kommt im Konfliktfall die Entscheidung über die Kalkulationsgrundlagen zu (vgl. BT-Drs. 13/10330, S. 17 u. 18 f.; BT-Drs. 12/5510, S. 12). Die Schiedsstelle kann daher auch nach Aufhebung eines zunächst auf der Grundlage eines „externen Vergleichs“ ergangenen Schiedsstellenbeschlusses bei einer von ihr vorzunehmenden erneuten Entscheidung noch zum „internen Vergleich“ wechseln und umgekehrt. (Rn. 64 und 66)
5. Unabdingbare Voraussetzung einer Vertretbarkeitskontrolle durch die Verwaltungsgerichte ist allerdings, dass die Entscheidung der Schiedsstelle schriftlich begründet ist. Sie muss die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die die Schiedsstelle zu ihrer Entscheidung bewogen haben, konkret benennen. Dargestellt werden muss vor allem, welche (verschiedenen) Erwägungen die Schiedsstelle angestellt hat, was die tragenden Gründe für die getroffene Entscheidung sind, von welchen Argumenten die Schiedsstelle sich hat leiten lassen und welche rechtliche Beurteilung sie im Einzelfall vorgenommen hat. (Rn. 72)
6. Genügt die Schiedsstellenentscheidung diesen Anforderungen nicht, ist sie ins-besondere ungeeignet, den Schiedsbeschluss in allen seinen wesentlichen Punkten nachzuvollziehen, so unterliegt sie der Aufhebung. Eine Nachholung der Begründung erst im gerichtlichen Verfahren ist nicht möglich (im Anschluss an OVG LSA, U.v. 22.09.2020 – 4 L 260/19 – juris, Rn. 41 m.w.N.). (Rn. 73)
Schlagworte:
Überprüfung einer Schiedsstellenentscheidung, Einschätzungsprärogative, Zentrale Verwaltungskosten, Instandhaltungskosten, Schiedsstelle, zentrale Verwaltungskosten, interner Vergleich, externer Vergleich
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 17.05.2023 – M 18 K 18.914
Fundstelle:
BeckRS 2024, 6198
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte und Berufungsklägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
III. Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte und Berufungsklägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin und Berufungsbeklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
1
Die Klägerin (und nunmehrige Berufungsbeklagte) wandte sich vor dem Verwaltungsgericht gegen einen Schiedsbeschluss, der im Rahmen der Entgeltfestsetzung insbesondere Festsetzungen zu Verfügungszeiten für Personal im Gruppendienst, zu zentralen Verwaltungskosten und zu Instandhaltungskosten enthält. Mit Urteil vom 17. Mai 2023 hob die zuständige Kammer den Schiedsstellenbeschluss in wesentlichen Teilen auf. Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten und nunmehrigen Berufungsklägerin.
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1. Die Klägerin (und nunmehrige Berufungsbeklagte) ist Träger der freien Jugendhilfe und Mitglied des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, LV B e.V. Sie betreibt im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten, einem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, u.a. die streitgegenständliche heilpädagogische Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bzw. junge Volljährige.
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Mit Schreiben vom 5. Juni 2014 widerrief die Klägerin (und nunmehrige Berufungsbeklagte) gegenüber ihrem Spitzenverband den Beitritt zur Vereinbarung über die Bildung von Kommissionen nach § 78e Abs. 3 SGB VIII mit Wirkung zum 31. Dezember 2014 und stellte klar, dass hierdurch ihre Mitgliedschaft im Spitzenverband nicht beeinträchtigt werde.
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Mit Schreiben vom 18. Dezember 2016 erfolgte ein Angebot der Klägerin (und jetzigen Berufungsbeklagten) zum „Abschluss von Vereinbarungen gemäß § 78b Abs. 1 SGB VIII“ gegenüber der Geschäftsstelle der Entgeltkommission M., welches für die streitgegenständliche Einrichtung einen Tagessatz i.H.v. 246,47 € vorsah. Es wurden zentrale Verwaltungskosten i.H.v. 66.973,75 € geltend gemacht, denen als Kalkulationsgrundlage neun Plätze und 337 Berechnungstage zugrunde gelegt wurden. Außerdem wurden Instandhaltungskosten i.H.v. 2.517,08 € angesetzt. Die Klägerin (und nunmehrige Berufungsbeklagte) wies insoweit darauf hin, dass die für Einrichtung und Wäsche/Geschirr bzw. Küchenausstattung zugrundeliegenden Werte mit einem Verbraucherpreisindex für Möbel (9,4% bzw. 3,5%) angeglichen worden seien.
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Mit E-Mail vom 3. März 2017 teilte die Geschäftsstelle der Entgeltkommission M. der Klägerin (und nunmehrigen Berufungsbeklagten) mit, dass in der Sitzung der „Kostenträgerrunde M.“ am 14. Februar 2017 keine Vereinbarung habe getroffen werden können. Dem Angebot hätten die Kostenträger nicht folgen wollen; Hauptdifferenzen seien die Personalausstattung oberhalb der Betriebserlaubnis und die Höhe der zentralen Verwaltungskosten.
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Daraufhin beantragte die Klägerin (und nunmehrige Berufungsbeklagte) mit Schreiben vom 20. März 2017 die Einleitung eines Schiedsverfahrens und die Festsetzung des am 18. Dezember 2016 vorgelegten Angebots der Klägerin für eine Entgeltvereinbarung mit einem Tagessatz i.H.v. 246,47 € mit Gültigkeit ab 1. April 2017 für einen Vereinbarungszeitraum von einem Jahr. Mit Schreiben vom 9. Januar 2018 korrigierte die Klägerin den Antrag dahingehend, dass sie eine Vereinbarung für den Zeitraum vom 1. April 2017 bis zum 31. Juli 2017 beantrage. Hinsichtlich der Personalausstattung im Gruppendienst sei eine Verfügungszeit von mindestens sechs Stunden notwendig. Zu den Instandhaltungskosten habe die Klägerin (und nunmehrige Berufungsbeklagte) das Formular „Instandsetzungen/Abschreibungen“ vorgelegt, mache jedoch – orientiert am Verbraucherpreisindex – auch die Preisentwicklung geltend. Der von der Beklagten (und jetzigen Berufungsklägerin) angewandte Maßstab von 3,5% der Personalkosten sei keine taugliche Grundlage zur Ermittlung wirtschaftlicher zentraler Verwaltungskosten.
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Die Beklagte (und nunmehrige Berufungsklägerin) beantragte ihrerseits die Festsetzung eines Tagessatzes i.H.v. 212,65 € und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Frage, in welcher Höhe ZVK zu akzeptieren seien, bereits mehrfach, auch mit der Klägerin (und jetzigen Berufungsbeklagten), vor der Schiedsstelle verhandelt worden sei. Wesentliche neue Aspekte gebe es nicht. Seit der letzten Entscheidung der Schiedsstelle zu diesem Thema mit der Klägerin als Beteiligter hätten etliche Träger 3,5% der Personalkosten eingefordert, d.h. der Durchschnittswert habe sich dieser Marke angenähert. Hinsichtlich der Instandhaltung sehe der Rahmenvertrag feste Werte vor. Bezüglich der Personalstärke für den Gruppendienst sei eine Verfügungszeit von drei Stunden ausreichend.
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2. Mit Schreiben vom 12. Februar 2018 übersandte die Schiedsstelle den Parteien die Niederschrift über die Sitzung vom 2. Februar 2018 im streitgegenständlichen Verfahren „-J 15“ nebst (vorläufigem) Beschlusstext. Die Niederschrift enthielt eine kurze rechtliche Begründung, in der die Schiedsstelle ausführte, die Klägerin (und nunmehrige Berufungsbeklagte) habe nicht überzeugend dargestellt, warum Verfügungszeiten in der streitgegenständlichen Wohngruppe höher sein müssten, als in vergleichbaren Einrichtungen. Hinsichtlich der zentralen Verwaltungskosten (ZVK) sehe die Schiedsstelle 3,5% der Personalkosten der Einrichtung weiterhin als wirtschaftlich angemessen an. Im Wege eines externen Vergleichs sei sie dabei von der von der Beklagten (und nunmehrigen Berufungsklägerin) vorgelegten Zusammenstellung aller vereinbarten Entgelte ausgegangen. Insoweit wiesen von 313 vereinbarten Tagessätzen 188 Tagessätze einen ZVKWert zwischen 0 und 3,5% (60,06% der vergleichbaren Einrichtungen) und 69 Tagessätze einen Wert zwischen 3,51% und 3,75% (22,04% der vergleichbaren Einrichtungen) auf. Das Angebot der Klägerin liege mit 13,4% deutlich darüber. Der externe Vergleich habe sich angeboten, da die streitgegenständliche Einrichtung und die zum Vergleich herangezogenen Einrichtungen einander in den wesentlichen Merkmalen entsprächen. Hinsichtlich der Instandhaltungskosten müsse die Klägerin (und jetzige Berufungsbeklagte) den Rahmenvertrag aufgrund ihrer Mitgliedschaft beim Paritätischen Wohlfahrtsverband für sich gelten lassen. In jedem Fall sei die Beklagte (und nunmehrige Berufungsklägerin) an den Rahmenvertrag gebunden und deshalb grundsätzlich nicht in der Lage, höhere Beträge zuzugestehen. Die Pauschalen seien trotz ihrer unveränderten Geltung seit dem Jahr 2000 nicht so jenseits der heutigen Kosten, dass die Geltung des Rahmenvertrags völlig unangemessen sei.
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Mit Schreiben vom 12. März 2018 übersandte die Schiedsstelle den Parteien den Schiedsbeschluss vom 2. Februar 2018 im streitgegenständlichen Verfahren „-J 15“, in folgender endgültiger Fassung (Auszug),
„1. In der der Entgeltvereinbarung zugrunde zu legenden Leistungsvereinbarung wird für die Positionen (…) Gruppendienst (…) folgende Personalausstattung festgesetzt: (…) 5,66 VZÄ im Gruppendienst (…);
2. Diese Leistungs- und Entgeltvereinbarung gilt für den Zeitraum vom 01.03.2016 bis zum 28.02.2017.
3. Für die zentralen Verwaltungskosten werden in der Entgeltberechnung 3,5% der in der Einrichtung anfallenden Personalkosten angesetzt.
4. Die Kosten für Fortbildung und Supervision werden für die Entgeltberechnung wie folgt neu berechnet:
- Pro pädagogischer Fachkraft werden 620 € zuzüglich einer Steigerung von 3,5% und einer weiteren Steigerung von 2,35% angesetzt.
- Für die übrigen Beschäftigten werden pro Kopf 535 € zuzüglich einer Steigerung von 3,5% und einer weiteren Steigerung von 2,35% angesetzt.
5. Für die Position Instandhaltung werden in der Entgeltberechnung 2.300,80 € angesetzt.
6. Von den Kosten des Schiedsstellenverfahrens trägt der Antragsteller 2/3, der Antragsgegner 1/3.“,“
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und begründete diesen bezüglich der im Klageverfahren strittigen Positionen damit, dass hinsichtlich des Personals im Gruppendienst drei Stunden Verfügungszeit angemessen seien. Die Schiedsstelle habe Zweifel, ob das Handbuch „Personalbemessung der Jugendämter in Bayern“ (PeB) als Beleg für die geforderte Verfügungszeit geeignet sei. Es spreche viel dafür, dass die dortigen Überlegungen und Werte nicht eins zu eins auf Einrichtungen in freier Trägerschaft übertragbar seien. Darauf komme es aber letztlich nicht an, denn die Klägerin (und jetzige Berufungsbeklagte) habe lediglich die im PeB genannten Zeiten zusammengezählt, ohne einen Beleg dafür zu liefern, dass sie in der Einrichtung tatsächlich benötigt würden. Hinsichtlich der ZVK habe sich die Schiedsstelle dem Angebot der Beklagten (und nunmehrigen Berufungsklägerin) von 3,5% der in der Einrichtung anfallenden Personalkosten angeschlossen. Die Klägerin (und jetzige Berufungsbeklagte) habe eine Kalkulation vorgelegt, die transparent und nachvollziehbar sowohl die ZVK, als auch den Schlüssel und die danach erforderliche Kostenverteilung auf die einzelnen Einrichtungen des Trägers belege. Die Schiedsstelle habe keine Anhaltspunkte dafür gefunden, einzelne Kostenansätze in Zweifel zu ziehen und sie von vorneherein als unwirtschaftlich auszuscheiden.
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Die von der Beklagten (und jetzigen Berufungsklägerin) vorgelegte Auswertung zeige jedoch, dass das Angebot der Klägerin die von anderen vergleichbaren Einrichtungen geltend gemachten Kosten und die mit ihnen vereinbarten Entgelte erheblich übersteige. Die allermeisten Einrichtungen in der Auflistung seien mit der streitgegenständlichen Einrichtung vergleichbar und auch große Träger mit eher umfangreicheren zentralen Verwaltungsdiensten würden mit geringeren Kosten auskommen. Die Forderung der Klägerin (und jetzigen Berufungsbeklagten) übersteige selbst den höchsten aus dem Vergleich fallenden Wert um über 4%. Da absolute Zahlen angesichts der Vielfalt der Jugendhilfeeinrichtungen, der einzelnen dort angebotenen Leistungen sowie der ganz unterschiedlichen Träger kaum eine geeignete Vergleichsgrundlage böten, sei mit der Anknüpfung an die Personalkosten ein geeigneter Maßstab gefunden, der Kriterien wie Betreuungsschlüssel, Platzzahl, Personaleinsatz und dergleichen indirekt mit der prozentualen Festlegung berücksichtige. Der Satz von 3,5% sei auch nicht unangemessen. Die Schiedsstelle müsse angesichts der Vielzahl einschlägiger Vereinbarungen von allgemeiner Akzeptanz ausgehen. 68 Einrichtungen (= 22%) hätten ein Entgelt vereinbart, das höher sei als das Angebot der Beklagten. Lediglich 41 (= 13%) Einrichtungen würden ein höheres Entgelt als die Klägerin fordern. Selbst wenn man als zusätzliches Vergleichskriterium 337 Öffnungstage (171 Einrichtungen) heranziehe, gingen 31 Einrichtungen (= 18%) über den Wert der Beklagten hinaus und 15 (= 8%) überträfen, das von der Klägerin geforderte Entgelt. Daher liege das Angebot der Beklagten im oberen Fünftel der vergleichbaren Einrichtungen und das von der Klägerin (und jetzigen Berufungsbeklagten) geforderte Entgelt sei als unangemessen abzulehnen.
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Bezüglich der Instandhaltungskosten sei die Schiedsstelle dem Angebot der Beklagten (und nunmehrigen Berufungsklägerin) gefolgt und habe einen Betrag von 2.300,80 € festgesetzt, der über demjenigen von 2.070,72 € liege, der sich aus Anhang E zu § 7 Abs. 4 des Rahmenvertrags errechne. Die Klägerin (und jetzige Berufungsbeklagte) habe mit ihrer Forderung von 2.517,08 € wegen allgemeiner Preissteigerung für Möbel den sich aus dem Rahmenvertrag ergebenden Betrag um pauschal 9,1% erhöhen wollen, ohne Anspruch auf diese höhere Summe zu haben. Die Frage, ob die Klägerin, die Beklagte und die Geschäftsstelle der Entgeltkommission an den Rahmenvertrag und die Pauschale gebunden seien, könne offenbleiben, da die Schiedsstelle die Pauschale aufgrund der Erfahrungen ihrer Mitglieder unverändert als angemessen ansehe.
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3. Mit Schriftsatz vom 24. Februar 2018 erhob die Klägerin (und nunmehrige Berufungsbeklagte) Klage und beantragte zuletzt,
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die Schiedsstellenentscheidung vom 2. Februar 2018 mit Ausnahme der Ziffer 2 aufzuheben.
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Hinsichtlich der Verfügungszeiten für das Personal im Gruppendienst seien sechs Stunden pro Woche erforderlich. Bezüglich der Ermittlung der zentralen Verwaltungskosten sei die Beschränkung des externen Vergleichs auf diese Einzelposition unzulässig, wenn – wie hier – der Gesamttagessatz in Streit stehe. Vielmehr sei der externe Vergleich in diesem Fall auf den Gesamttagessatz zu beziehen. Zudem sei die alleinige Orientierung an den Personalkosten keine taugliche Bemessungsgrundlage, denn die Höhe der zentralen Verwaltungskosten werde maßgeblich auch von anderen Faktoren bestimmt, z.B. dem Alter der Mitarbeiter und der Tarifbindung. Aus den von der Beklagten vorgelegten Listen seien weder die Altersstruktur der Beschäftigten, noch Tarifmerkmale erkennbar. Jedenfalls aber sei der Wert von 3,5% der Personalkosten nicht sachgerecht, sondern führe zu einer nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigten Ungleichbehandlung mit vergleichbaren Diensten und Einrichtungen. Unabhängig davon sei es jedenfalls unverhältnismäßig, an dem Wert von 3,5% der Personalkosten, der bereits im Jahr 2000 festgelegt worden sei, festzuhalten. Es sei nicht überzeugend, dass die Schiedsstelle dessen Angemessenheit damit zu rechtfertigen versuche, dass der absolute Betrag der zentralen Verwaltungskosten steige, weil die Personalkosten stiegen. Hierbei bleibe unberücksichtigt, dass die Aufgaben, die über zentrale Verwaltungskosten abgedeckt werden müssten, erheblich angewachsen seien. Die Bemessungsgrundlage von 3,5% der Personalkosten werde den Trägern der freien Jugendhilfe von der Beklagten (und nunmehrigen Berufungsklägerin) weiterhin „einseitig aufoktroyiert“. Zudem sei ein reiner externer Vergleich unzulässig. Die Klägerin (und jetzige Berufungsbeklagte) habe für den internen Vergleich die tatsächlich entstehenden Kosten im Rahmen wirtschaftlicher Mittelverwendung nachgewiesen. Ungeachtet dessen sei eine Angemessenheitsprüfung durchzuführen.
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Auch bezüglich der Instandhaltungskosten habe die Schiedsstelle aufgrund rechtswidriger Annahme einer Bindung der Klägerin (und nunmehrigen Berufungsbeklagten) an den Rahmenvertrag einen Wert zugrunde gelegt, der im Jahr 2000 festgesetzt worden sei. Zu diesen Preisen könne ein freier Träger selbst bei sparsamster Mittelverwendung seine Investitionen nicht mehr tätigen. Der Schiedsstelle sei zudem ein Rechenfehler unterlaufen, denn die Klägerin habe ihrem Antrag neun Plätze plus ein Personalbett für den Nachtdienst zugrunde gelegt. Auch dem Angebot der Beklagten (und jetzigen Berufungsklägerin) liege eine Berechnung mit zehn Betten zugrunde. Die Schiedsstelle habe das Personalbett jedoch unberücksichtigt gelassen. Falsch sei auch die Feststellung der Schiedsstelle, dass das Angebot der Beklagten einen Inflationsausgleich beinhalte. Die von ihr festgesetzte Summe sei der Betrag, der ohne Inflationsausgleich das übersehene Personalbett berücksichtige.
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4. Mit Urteil vom 17. Mai 2023 hob das Verwaltungsgericht München den Beschluss der Schiedsstelle in Ziffer 1 und Ziffern 3 bis 6 antragsgemäß auf. Die Entgeltfestsetzung im Schiedsbeschluss vom 2. Februar 2018 sei rechtswidrig und verletze die Klägerin (und nunmehrige Berufungsbeklagte) in ihren Rechten. Allerdings blieben die Angriffe der Klägerin hinsichtlich der festgesetzten Verfügungszeiten für Personal im Gruppendienst (Ziffer 1 Unterpunkt 2) ohne Erfolg. Lediglich Ziffer 2 des Schiedsbeschlusses habe (entsprechend dem zuletzt gestellten Klageantrag) bestehen bleiben können, da die dortige Regelung über den Geltungszeitraum der Entgeltfestsetzung in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Festsetzung der Höhe des Entgelts stehe. Die Feststellungen in den Ziffern 3 und 5 des Schiedsbeschlusses zu zentralen Verwaltungskosten und Instandhaltungskosten seien rechtswidrig. Zudem sei der externe Vergleich hinsichtlich des Gesamtentgelts fehlerhaft erfolgt. Infolgedessen sei die Entgeltfestsetzung insgesamt aufzuheben.
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Die Entscheidung über einzelne Bestandteile der Entgeltfestsetzung stelle keine von den übrigen in der Entscheidung der Schiedsstelle zur Entgeltfestsetzung getroffenen Festlegungen unabhängige Regelung dar. Vielmehr handele es sich bei der Entgeltfestsetzung um eine insgesamt einheitliche Entscheidung der Schiedsstelle, die im Rahmen ihres Beurteilungsspielraumes und eines umfassenden Abwägungsvorgangs verschiedene Aspekte in eine Gesamtlösung einfließen lasse. Müssten einzelne Entgeltbestandteile neu festgesetzt werden, verändere sich hierdurch (zumindest möglicherweise) der Gesamttagessatz, so dass insgesamt eine neue Entscheidung zu erfolgen habe.
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a) Die Entscheidung der Schiedsstelle, entsprechend dem Angebot der Beklagten (und nunmehrigen Berufungsklägerin) lediglich drei Stunden pro Woche als Verfügungszeit für das Personal im Gruppendienst (Ziffer 1 Unterpunkt 2 des Schiedsbeschlusses) anzuerkennen, sei vor dem Hintergrund deren Einschätzungsprärogative und des Umstandes, dass die Klägerin (und nunmehrige Berufungsbeklagte) keine hinreichend konkreten Angaben zum tatsächlichen Zeitaufwand für Übergabezeiten in den streitgegenständlichen Wohngruppen gemacht habe, nicht zu beanstanden.
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b) Nicht mehr von der Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle gedeckt sei allerdings die Feststellung, dass hinsichtlich der Position zentrale Verwaltungskosten in der Entgeltberechnung 3,5% der in der Einrichtung anfallenden Personalkosten anzusetzen seien (Ziffer 3 des Schiedsbeschlusses). Insoweit habe die Schiedsstelle bereits den Sachverhalt nicht ausreichend vertieft ermittelt, um eine auf fundierter Tatsachenbasis beruhende Entscheidung zu der Frage treffen zu können, ob der Ansatz von 3,5% der Personalkosten ein angemessener Maßstab für die Festlegung der zentralen Verwaltungskosten sei.
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Die Einschätzung, dass ein Abstellen allein auf die Personalkosten einen tauglichen Prüfungsmaßstab für die Beurteilung der angemessenen Höhe der zentralen Verwaltungskosten darstellte, dürfte zwar noch von der Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle gedeckt sein. Jedoch habe die Schiedsstelle nicht hinreichend vertieft geprüft, ob die von ihr in den „isolierten externen Vergleich“ eingestellten 313 Einrichtungen tatsächlich mit der streitgegenständlichen Einrichtung der Klägerin (und nunmehrigen Berufungsbeklagten) vergleichbar seien. Insbesondere habe die Schiedsstelle nicht mitgeteilt, welche Faktoren sie für die Vergleichbarkeit als maßgeblich erachtet und welche konkreten Einrichtungen sie im Einzelnen als nicht (mehr) mit der streitgegenständlichen Einrichtung vergleichbar angesehen habe. Daher könne die Kammer nicht nachvollziehen, wie die Schiedsstelle zu der Einschätzung habe gelangen können, es sei unschädlich, auch diese, nicht in allen Faktoren vergleichbaren Einrichtungen mit in den „isolierten externen Vergleich“ einzubeziehen. Eine ausreichende Nachvollziehbarkeit der Erwägungen der Schiedsstelle wäre vielmehr nur dann gewährleistet gewesen, wenn diese hinreichend konkret erläutert hätte, welche Vergleichskriterien sie aus welchem Grund für maßgeblich gehalten habe und darüber hinaus konkret aufgezeigt hätte, welche der 313 Einrichtungen in den von der Beklagten vorgelegten Listen sie aufgrund dieser Vergleichskriterien als mit der streitgegenständlichen Einrichtung vergleichbar angesehen habe. Daran fehle es.
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Ungeachtet dessen habe die Schiedsstelle ihre Einschätzung, dass im vorliegenden Fall der Prozentsatz von 3,5% der Personalkosten ein sachgerechter Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit der Höhe der zentralen Verwaltungskosten sei, auch nicht auf der Grundlage einer hinreichend detailliert ermittelten Tatsachenbasis getroffen. Vor allem habe die Schiedsstelle nicht hinreichend geprüft, ob dieser Prozentsatz auch im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. März 2016 bis 28. Februar 2017 noch als angemessener Maßstab für den Kostenansatz der zentralen Verwaltungskosten habe dienen können. So lasse sich den Ausführungen im Schiedsbeschluss vom 2. Februar 2018 bereits nicht hinreichend konkret entnehmen, wo im streitgegenständlichen Zeitraum überhaupt der Durchschnittswert der als vergleichbar anzusehenden Einrichtungen gelegen habe, insbesondere nicht, ob dieser sich immer noch unter dem Wert von 3,5% der Personalkosten befunden habe.
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Weder der Niederschrift zur Sitzung der Schiedsstelle am 2. Februar 2018 noch der Begründung des Schiedsbeschlusses lasse sich ein konkreter Durchschnittswert bezüglich aller als vergleichbar angesehener Einrichtungen entnehmen. Zwar habe sich die Schiedsstelle im Rahmen des von ihr angestellten „isolierten externen Vergleichs“ bezüglich der Einzelposition zentrale Verwaltungskosten (ZVK) durchaus intensiv mit dem Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Listen und den Angaben zu „ZVK“ „Verwaltungskosten“ und „ZVK + Verwaltung“ auseinandergesetzt. Im Hinblick auf eine Durchschnittskostenermittlung bezüglich sämtlicher als vergleichbar angesehenen Einrichtungen habe sich die Schiedsstelle jedoch auf die pauschale Behauptung, dass die Klägerin mit ihrem Angebot so weit über dem Durchschnitt liege, dass selbst gewisse Unschärfen nicht zu dessen Angemessenheit und Wirtschaftlichkeit führen würden, beschränkt. Ohne konkrete Feststellung zumindest eines Durchschnittswerts habe die Schiedsstelle sich jedoch nicht hinreichend vertieft mit der Frage befassen können, in welchem Umfang genau das Angebot der Klägerin die Durchschnittskosten übersteige und ob diese Überschreitung durch Besonderheiten des Einzelfalls erklärbar und gerechtfertigt sein könne.
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Dies sei vorliegend gerade auch deswegen erforderlich gewesen, weil die Schiedsstelle im Rahmen der von ihr durchgeführten Plausibilitätskontrolle (S. 14 vorletzter Absatz der Begründung des Schiedsbeschlusses) selbst feststellt habe, dass die von der Klägerin vorgelegte Kalkulation zu den zentralen Verwaltungskosten transparent und nachvollziehbar sei und dass die Schiedsstelle keine Anhaltspunkte dafür gefunden habe, einzelne Kostenansätze in Zweifel zu ziehen und sie von vorneherein als unwirtschaftlich auszuscheiden. Angesichts dessen habe sich die Schiedsstelle vertieft mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob das Angebot der Klägerin (und nunmehrigen Berufungsbeklagten) nicht aufgrund der eher kleinen Einrichtungsgröße mit neun Plätzen oder sonstiger Besonderheiten ausnahmsweise doch angemessen sein könne. Dabei habe sie sich auch deutlich detaillierter mit der Frage befassen müssen, ob bei der streitgegenständlichen Wohngruppe vielleicht ähnliche Besonderheiten eine Rolle gespielt haben könnten, wie bei den zehn Einrichtungen in der von der Beklagten (und jetzigen Berufungsklägerin) vorgelegten Liste, deren zuerkannte ZVK-Anteile laut den Ausführungen auf S. 15 der Begründung des Schiedsbeschlusses vom 2. Februar 2018 ebenfalls deutlich über den Abschlüssen der übrigen Einrichtungen gelegen hätten.
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Außerdem habe der Umstand, dass die Schiedsstelle das Angebot der Klägerin (und nunmehrigen Berufungsbeklagten) als unangemessen hoch einschätzt habe, nicht die erforderliche Prüfung ersetzen können, ob das Angebot der Beklagten (und jetzigen Berufungsklägerin) i.H.v. 3,5% der Personalkosten tatsächlich angemessen gewesen sei. Vielmehr habe die Schiedsstelle nach Durchführung einer detaillierten Ermittlung der Durchschnittskosten prüfen müssen, ob 3,5% der Personalkosten für den streitgegenständlichen Zeitraum in den Jahren 2016/2017 tatsächlich noch ein angemessener Wert gewesen sei.
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Angesichts dessen könne offenbleiben, ob die Argumentation der Schiedsstelle, der Satz von 3,5% sei bei den Einrichtungsträgern allgemein als angemessen akzeptiert (S. 15 der Begründung des Schiedsbeschlusses) zutreffe, oder stattdessen der Vortrag der Klägerin (und nunmehrigen Berufungsbeklagten), dass dies nicht der Fall sei, richtig sei. Ebenso könne dahinstehen, ob die Einschätzung der Schiedsstelle, dass eine Orientierung am Maßstab von 3,5% der Personalkosten unabhängig davon möglich sei, welche Prozentsätze die Beklagte (und jetzige Berufungsklägerin) bei ambulanten Maßnahmen, die über Fördermaßnahmen nach § 74 SGB VIII bzw. über § 77 SGB VIII finanziert würden, in inhaltlicher Hinsicht noch von deren Einschätzungsprärogative gedeckt sei. Somit könne auch offenbleiben, ob die Ausführungen der Klägerin im vorliegenden Verfahren zur behaupteten Vergleichbarkeit dieser Maßnahmen mit der streitgegenständlichen Einrichtung ausreichend detailliert und überzeugend seien, um deren Vergleichbarkeit darzulegen.
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c) Die Festsetzung der Schiedsstelle zur Höhe der Instandhaltungskosten (Ziffer 5 des Schiedsbeschlusses) sei bereits deshalb rechtswidrig, weil die Berechnungen der Schiedsstelle zu den Instandhaltungskosten fehlerhaft seien.
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Die Beklagte (und nunmehrige Berufungsklägerin) habe mit Schriftsatz vom 11. Mai 2023 den Rahmenvertrag nach § 78f SGB VIII für Bayern i.d.F. vom 1. Dezember 2016 sowie dessen konsolidierte Fassung mit letzter Änderung vom 31. Juli 2018 nebst Anhang E (Stand: 14. Dezember 2000), sowie das Formblatt „Instand-setzungen/Abschreibungen gem. § 7 Abs. 4 Rahmenvertrag § 78f SGB VIII“ (Stand: 2017) vorgelegt. Gemäß § 7 Abs. 4 c) des Rahmenvertrags umfassten die betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen insbesondere auch die Instandhaltungsaufwendungen. Die detaillierte Beschreibung ergebe sich aus Anhang E. Gemäß Ziffer 1.2.1. des Anhangs E erfolge für die Instandhaltung und Ersatzbeschaffung sowie die Abschreibung von Einrichtung, Wäsche und Geschirr der Ansatz für Instandhaltung und Abschreibung jeweils in einem Vomhundertsatz. Folgende Beträge würden zugrunde gelegt: (1) In Höhe von 3.000 DM je Bett bzw. Platz mit einem Satz von 7,5% für die Einrichtung einschließlich möblierter Zimmer für Personal. (2) In Höhe von 900 DM je Bett bzw. Platz mit einem Satz von 25% für Wäsche, Geschirr, usw. einschließlich möblierter Zimmer für Personal. Im Formblatt „Instandsetzungen/Abschreibungen“ sei in Ziffer 1.2. (für Einrichtung) und in Ziffer 1.3. (für Wäsche und Geschirr) jeweils folgende Berechnungsweise vorgegeben: Gesamtzahl der Betten (einschließlich der Personalbetten) bzw. Plätze multipliziert – vollstationäre Einrichtung (7,5% aus € 1.533,88 = € 115,04 bzw. 25% aus € 460,16 = € 115,04).
29
Die Klägerin (und nunmehrige Berufungsbeklagte) habe ihrem Antrag auf Einleitung des Schiedsverfahrens vom 20. März 2017 insbesondere ihr Schreiben an die Geschäftsstelle der Entgeltkommission vom 18. Dezember 2016 beigefügt, in dem sie darauf hingewiesen habe, dass die für die Einrichtung und Wäsche/Geschirr bzw. Küchenausstattung zugrundeliegenden Werte mit dem VPI für Möbel (9,4% bzw. 3,5%) angeglichen worden seien. Dementsprechend habe die Klägerin in dem als Anlage beigefügten Formular „Instandsetzungen/Abschreibungen“ für die streitgegenständliche Wohngruppe neun Plätze plus ein Personalbett eingetragen sowie Ziff. 1.2. und 1.3. jeweils wie folgt ausgefüllt: „Gesamtzahl der Betten (einschließlich der Personalbetten) bzw. Plätze multipliziert – vollstationäre Einrichtung (7,5% aus DM 3.000/ € 1.533,88 = DM 225/ € 115,04)“. Bei Ziff. 1.2. sei zudem ergänzt worden: „plus 9,5% VPI seit 10/2000“ und bei Ziff. 1.3. „plus 9,4% VPI seit 10/2000“. Die Klägerin sei auf diese Weise bei Ziff. 1.2. und Ziff. 1.3. jeweils zu einem Berechnungsbetrag von 1.258,54 € gelangt, der multipliziert mal zwei den von ihr beantragten Betrag für die Position Instandhaltungskosten i.H.v. 2.517,08 € ergebe. Letztlich habe die Klägerin dieser Berechnung jeweils einen VPI von 9,4% zugrundegelegt, sodass die Angabe eines VPI von 9,5% bei Ziff. 1.2. ein Schreibversehen gewesen sein dürfte, das keinen Eingang in die Berechnung gefunden habe. Konkret habe die Klägerin folgende Berechnung vorgenommen: 3.000 DM in € = 1.533,88 € > davon 7,5% = 115,04 €; 9,4% von 115,04 € = 10,814 €; 115,04 € plus 10,814 € = 125,854 €; 125,854 € mal 10 Betten = 1.258,54 €; 1.258,54 € mal 2 = 2.517,08 €. Dieser Gesamtbetrag sei somit auch von der Klägerin unter Zugrundlegung von Anhang E des Rahmenvertrags berechnet und dabei zehn Betten (neun Betten für die Bewohner der Wohngruppe und ein Personalbett für den Nachtdienst) sowie ein Inflationsausgleich i.H.v. 9,4% nach VPI zugrunde gelegt worden. Die Beklagte (und nunmehrige Berufungsklägerin) habe demgegenüber im Schiedsverfahren ein Angebot i.H.v. 2.300,80 € gemacht, das ebenfalls nach Anhang E des Rahmenvertrags berechnet worden sei und dem ebenfalls zehn Betten zugrunde gelegt worden seien. Der einzige Unterschied zur Berechnung der Klägerin habe demnach darin bestanden, dass im Angebot der Beklagten kein Inflationsausgleich vorgesehen gewesen sei. Die Beklagte habe ihr Angebot somit wie folgt berechnet: 3.000 DM in € = 1.533,88 € > davon 7,5% = 115,04 €; 115,04 € mal 10 Betten = 1.150,40 €; 1.150,40 € mal 2 = 2.300,80 €.
30
Dieses Angebot der Beklagten (und jetzigen Berufungsklägerin) i.H.v. 2.300,80 € habe die Schiedsstelle im Schiedsbeschluss vom 2. Februar 2018 angesetzt (siehe Ziff. 5 des Schiedsbeschlusses), hierbei aber eine falsche Tatsachengrundlage zugrundegelegt. Denn sie sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass im Angebot der Beklagten ein Inflationsausgleich enthalten gewesen sei und habe ihrer Berechnung statt zehn Betten nur neun Betten zugrundegelegt. Dies beruhe wohl auf einem Versehen. Denn selbst die Beklagte habe im gerichtlichen Verfahren eingeräumt, dass ein Personalbett üblich sei und von der Schiedsstelle bei deren Berechnung versehentlich vergessen worden sei. Konkret habe die Schiedsstelle folgende Berechnung vorgenommen: 3.000 DM in € = 1.533,88 € > davon 7,5% = 115,04 €; 115,04 € mal neun Betten (also eines zu wenig) = 1.035,36 €; 1.035,36 € mal 2 = 2.070,72 €. Aufgrund dessen sei die Schiedsstelle fälschlicherweise davon ausgegangen, dass der Klägerin (und nunmehrigen Berufungsbeklagten) nach Anhang E des Rahmenvertrags lediglich ein Betrag i.H.v. 2.070,72 € zustehe. Daher habe die Schiedsstelle zu Unrecht angenommen, dass das Angebot der Beklagten i.H.v. 2.300,80 € weit darüber hinausgehe und daher großzügig sei bzw. einen angemessenen Inflationsausgleich beinhalte. Konkret habe die Schiedsstelle hierzu in der ausführlichen Begründung ihres Schiedsbeschlusses vom 2. Februar 2018 auf S. 16 insbesondere ausgeführt, dass sie dem Angebot der Beklagten i.H.v. 2.300,80 € gefolgt sei und dass dieser Betrag über demjenigen liege, der sich aus Anhang E (§ 7 Abs. 4 Rahmenvertrag zu §§ 78a ff. SGB VIII mit Stand 14.12.2000) errechne und lediglich 2.070,72 € betrage. Hieraus werde deutlich, dass die Schiedsstelle bzgl. ihres Ansatzes von 2.300,80 € den zugrundeliegenden Sachverhalt nicht korrekt ermittelt und darauf beruhend eine fehlerhafte Entscheidung getroffen habe.
31
Die Schiedsstelle werde bei einer erneuten Befassung anlässlich der Berechnung der Instandhaltungskosten das zusätzliche Personalbett für den Nachtdienst zu berücksichtigen haben. Zudem werde sie ausdrücklich entscheiden und nachvollziehbar begründen müssen, ob der Klägerin (und nunmehrigen Berufungsbeklagten) auch der beantragte Inflationsausgleich zu gewähren sei und wenn ja, ob ihr dieser in der beantragten Höhe zustehe. In diesem Zusammenhang werde die Schiedsstelle (erneut) zu entscheiden haben, ob sie sich hinsichtlich der Berechnung der Instandhaltungskosten weiterhin strikt an Anhang E zu § 7 Abs. 4 des Rahmenvertrags orientieren wolle, der bislang keinen Inflationsausgleich vorsehe. Gemäß der Niederschrift zur Sitzung der Schiedsstelle vom 2. Februar 2018 (S. 22) sei die Schiedsstelle zunächst davon ausgegangen, dass die Klägerin die Regelungen im Rahmenvertrag „für sich gelten lassen“ müsse. In jedem Fall sei aber die Beklagte an Rahmenvertrag gebunden und deshalb grundsätzlich nicht in der Lage, höhere Beträge zuzugestehen, als im Vertrag festgelegt seien. Hingegen lasse die Schiedsstelle in der Begründung des Schiedsbeschlusses vom 2. Februar 2018 (S. 16) dann zwar offen, ob die Klägerin, die Beklagte und die Geschäftsstelle der Entgeltkommission an den Rahmenvertrag bzw. an die o.g. Pauschalen gebunden seien, gehe jedoch mit Verweis auf die „Erfahrungen ihrer Mitglieder“ und somit ohne jede rechtliche Begründung weiterhin davon aus, dass die Pauschalen unverändert angemessen und daher vorliegend weiterhin maßgeblich seien. Ein Verweis auf die „Erfahrungen der Mitglieder“ könne jedoch eine rechtliche Prüfung der Frage, ob die in Anhang E zu § 7 Abs. 4 des Rahmenvertrags enthaltenden Pauschalen ohne Gewährung eines Inflationsausgleichs im streitgegenständlichen Zeitraum noch angemessen seien, nicht ersetzen.
32
Aufgrund dieser dargestellten Mängel seien die Festlegungen der Schiedsstelle hinsichtlich der Kostenpunkte in Ziffer 3 und in Ziffer 5 des Schiedsbeschlusses rechtswidrig. Es obliege der Schiedsstelle, hinsichtlich der bislang von ihr nicht ordnungsgemäß beurteilten Kostenpunkte „zentrale Verwaltungskosten“ und „Instandhaltungskosten“ unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer eine Neubewertung vorzunehmen und darauf beruhend im Rahmen eines externen Vergleichs die Angemessenheit des Gesamtentgelts festzusetzen.
33
d) Auch der von der Schiedsstelle vorgenommene externe Vergleich bzgl. des Gesamttagessatzes sei zu wenig ausdifferenziert, um die Einschätzung der Schiedsstelle, dass das von der Klägerin geforderte Entgelt auch als Ganzes unangemessen sei, als noch von deren Einschätzungsprärogative gedeckt ansehen zu können.
34
Die diesbezüglichen Ausführungen der Schiedsstelle (vgl. S. 16 f. der Begründung des Schiedsbeschlusses vom 2. Februar 2018, Ziffer 3) seien noch einmal deutlich knapper und oberflächlicher als deren Erläuterungen zum „isolierten externen Vergleich“ hinsichtlich der Einzelposition zentrale Verwaltungskosten. Auch insoweit werde deutlich, dass die Schiedsstelle hinsichtlich des externen Vergleichs zum Gesamttagessatz den Kreis der mit der streitgegenständlichen Wohngruppe vergleichbaren Einrichtungen nicht hinreichend konkret und vertieft ermittelt habe. Zwar benenne die Schiedsstelle einige Vergleichskriterien, die sie beim externen Vergleich zur Einzelposition zentrale Verwaltungskosten noch nicht ausdrücklich erwähnt habe (zunächst „365 Öffnungstage“, dann „337 Öffnungstage“, womit vermutlich „337 Berechnungstage“ gemeint seien, und schließlich zudem „neun Plätze“). Damit berücksichtigte die Schiedsstelle – anders als beim „isolierten externen Vergleich“ zur Einzelposition zentrale Verwaltungskosten – immerhin, dass die streitgegenständliche Wohngruppe im maßgeblichen Zeitraum laut den Kalkulationsgrundlagen, die die Klägerin (und nunmehrige Berufungsbeklagte) in dem ihrem Schreiben vom 18. Dezember 2016 an die Geschäftsstelle der Entgeltkommission beigefügten Angebot aufführe, nur 337 Berechnungstage und lediglich neun Plätze aufweise. Indes lasse die Schiedsstelle auch im externen Vergleich hinsichtlich des Gesamttagessatzes letztlich offen, welchen Vergleichsmaßstab sie als maßgeblich ansehe. Sie stelle die unterschiedlichen Varianten zwar knapp dar, lege sich aber nicht abschließend fest, ob sie lediglich die Einrichtungen mit nur neun Plätzen und 337 Berechnungstagen als vergleichbare Einrichtungen ansehe, oder, wie beim „isolierten externen Vergleich“ hinsichtlich der Einzelposition zentrale Verwaltungskosten, letztlich den dort angewandten „gröberen“ Vergleichsmaßstab als maßgeblich betrachte und somit alle 313 Einrichtungen in der von der Beklagten (und jetzigen Berufungsklägerin) vorgelegten Liste als vergleichbar ansehe.
35
Infolgedessen erweise sich auch der Schlusssatz, dass das Angebot der Beklagten bereits im oberen Fünftel der vergleichbaren Einrichtungen liege und das von der Klägerin (und nunmehrigen Berufungsbeklagten) geforderte Entgelt auch als Ganzes unangemessen sei, als wenig aussagekräftig. Denn anhand der Ausführungen im Schiedsbeschluss sei nicht hinreichend nachvollziehbar, wie die Schiedsstelle anhand ihres nur sehr knapp dargestellten Vergleichs der streitgegenständlichen Einrichtung mit nicht konkret bezeichneten Einrichtungen aus der von der Beklagten (und jetzigen Berufungsklägerin) vorgelegten Liste ohne endgültige Festlegung der als vergleichbar angesehenen Einrichtungen und ohne Ermittlung eines konkreten Durchschnittstagessatzes der in den externen Vergleich eingestellten Einrichtungen zu der Einschätzung habe gelangen können, dass das von der Klägerin geforderte Entgelt auch als Ganzes unangemessen sei.
36
Lediglich die Beklagte habe sich im gerichtlichen Verfahren zumindest dahingehend näher mit dieser Frage auseinandergesetzt, als ausgeführt worden sei, der durchschnittliche Tagessatz der 38 eindeutig vergleichbaren Einrichtungen liege bei 170,26 €. Im Schiedsbeschluss fänden sich hierzu jedoch keinerlei Ausführungen. Selbst wenn man deshalb davon ausgehe, dass die Schiedsstelle letztlich nur diese 38 Einrichtungen mit neun Plätzen als vergleichbar angesehen habe, habe sie sich vertieft mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob der von der Klägerin geforderte Gesamttagessatz, auch angesichts dessen, dass zumindest zwei in der Liste aufgeführte Einrichtungen ein höheres Gesamtentgelt auswiesen, aufgrund besonderer Umstände nicht doch gerechtfertigt sein könne.
37
Auf Grund der erforderlichen Neubewertung und des von der Schiedsstelle fehlerhaft durchgeführten externen Vergleichs des Gesamtentgelts müsse die Schiedsstelle auch hinsichtlich des Tagessatzes, erneut und zwingend einen externen Vergleich durchführen. Die Entgeltfestsetzung sei daher vollständig – wie von der Klagepartei zuletzt beantragt – in den Ziffern 1. und den Ziffern 3. bis 6. aufzuheben.
38
5. Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung, verfolgt die Beklagte und Berufungsklägerin ihr Begehren weiter, unter Aufhebung des streitgegenständlichen Urteils die Abweisung der Klage der Klägerin zu erwirken. Das Verwaltungsgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Entgeltfestsetzung im Schiedsbeschluss vom 2. Februar 2018 rechtswidrig sei und die Klägerin in ihren Rechten verletze. Entgegen der Auffassung der Kammer habe die Schiedsstelle nach umfassender Sachverhaltsermittlung eine rechtlich nicht zu beanstandende Entscheidung ge-troffen. Mit dem Urteil unterminiere das Verwaltungsgericht die Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle, indem sie überzogene, in der Praxis kaum umsetzbare Anforderungen an die Sachermittlungs- und Prüfpflichten der Schiedsstelle stelle. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts höhle die Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle aus und gestehe ihr kaum noch einen eigenständigen Raum für Bewertungen zu. Dies sei mit dem eigenständigen Status, den die Schiedsstelle besitze, nicht zu vereinbaren.
39
Fraglich sei bereits, ob tatsächlich nur eine einheitliche Aufhebung der Entgeltfestsetzung möglich (gewesen) sei. Ein Zusammenhang zwischen dem streitigen Teil und der Restentscheidung sei jedenfalls nicht zu erkennen. Die Entscheidung über die nach wie vor strittigen Entgeltfaktoren berühre die Entscheidung zu anderen Entgeltbestandteilen nicht. Der Schiedsbeschluss enthalte gerade keine Festsetzung eines Gesamttagessatzes, der in der Folge zu revidieren wäre. Ebenso wenig könne die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass seitens der Schiedsstelle zwingend ein externer Vergleich zum Gesamttagessatz vorzunehmen sei, als hinreichend gesichert gelten.
40
Die Entscheidung der Schiedsstelle, dass hinsichtlich der Position zentrale Verwaltungskosten (ZVK) in der Entgeltberechnung 3,5% der Personalkosten anzusetzen seien, sei entgegen der Auffassung der Kammer rechtmäßig und von deren Entscheidungsprärogative in vollem Umfang gedeckt. Insbesondere sei die Annahme des Verwaltungsgerichts, es habe einer detaillierten Erläuterung dazu bedurft, welche Vergleichskriterien die Schiedsstelle als sachgerecht angesehen habe, in keiner Weise überzeugend. Vielmehr habe die Schiedsstelle zu Recht lediglich einen groben Vergleichsrahmen gewählt und 313 stationäre Einrichtungen mit einer durchgängigen Öffnungszeit von 365 Tagen als vergleichbar angesehen und ihre Entscheidung damit auf einer hinreichend detaillierten Tatsachenbasis getroffen. Dass sie den aktuellen Durchschnittswert nicht ausdrücklich benannt habe, sei unschädlich. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts habe sich die Schiedsstelle daher sehr wohl mit der Angemessenheit des ZVK-Anteils in Höhe von 3,5% befasst und sei unter Bezugnahme auf die Darlegungen der Beklagten im Rahmen des ihr zustehenden Einschätzungsspielraums deren Auffassung gefolgt. Damit ergebe sich eindeutig, dass das Angebot der Beklagten in Höhe von 3,5% auch im Zeitraum 1. März 2016 bis 28. Februar 2017 angemessen gewesen sei.
41
Ebenso wenig nachvollzogen werden könne die Annahme der Kammer, der von der Schiedsstelle hinsichtlich des Gesamttagessatzes angestellte externe Vergleich sei zu wenig ausdifferenziert. Unter Beachtung des der Schiedsstelle eingeräumten weiten Spielraums seien die Ausführungen der Schiedsstelle vielmehr als zulässig anzusehen. Ungeachtet dessen sei derzeit offen, ob insoweit überhaupt zwingend ein externer Vergleich durchzuführen gewesen sei. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene pauschale Übertragung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei nicht geeignet, den Besonderheiten des Kinder- und Jugendhilferechts Rechnung zu tragen.
42
Im Hinblick auf die Instandhaltungskosten sei zwar zuzugestehen, dass die Schiedsstelle wohl ein Personalbett für den Nachtdienst bei ihren Berechnungen übersehen habe. Nichtsdestotrotz entsprächen die Instandhaltungskosten in Höhe von 2300,80 € dem Anhang E zu § 7 Abs. 4 des Rahmenvertrags. Auf die mögliche Gewährung eines Inflationsausgleich komme es nicht an. Die Feststellung der Schiedsstelle, wonach die Pauschale aufgrund der Erfahrungen ihrer Mitglieder unverändert angemessen und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entspreche, sei daher unabhängig von der Berücksichtigung des Personalbetts nicht zu beanstanden und von der Entscheidungsprärogative der Schiedsstelle gedeckt.
43
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt sinngemäß,
44
unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 17. Mai 2023 die Klage der Klägerin und nunmehrigen Berufungsbeklagten abzuweisen.
45
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
46
die Berufung zurückzuweisen.
47
Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei nicht zu beanstanden. Die Schiedsstelle habe sich mit ihrer Entscheidung vom 2. Februar 2018 außerhalb des ihr zukommenden Beurteilungsspielraums bewegt, weil sie das Ergebnis der Plausibilitätskontrolle bei der Entgeltfestsetzung völlig unberücksichtigt gelassen und sich ausschließlich auf die Ergebnisse eines isolierten Vergleichs gestützt habe, ohne eine Angemessenheitsprüfung vorzunehmen. Insbesondere habe sie nicht hinreichend geprüft, welche Einrichtungen mit dem vorliegend streitgegenständlichen Leistungsangebot überhaupt vergleichbar seien. Nicht einmal die zugrunde gelegten Vergleichskriterien seien benannt worden. Obgleich die Klägerin die Festsetzung eines exakten Tagessatzes beantragt habe, habe die Schiedsstelle keinen festen Entgeltbetrag bestimmt und schon aus diesem Grunde keinen tragfähigen Vergleich vornehmen können. Auch habe die Schiedsstelle übersehen, dass die kalkulatorischen Gestehungskosten nicht einfach außer Betracht bleiben könnten und die Leistungsgerechtigkeit des Entgelts im Rahmen einer Angemessenheitsprüfung zu ermitteln sei. Das Ergebnis eines isolierten externen Vergleichs könne die Angemessenheitsprüfung nicht ersetzen. Dessen ungeachtet habe die Schiedsstelle unter Verstoß gegen die Dispositionsmaxime lediglich zu einzelnen Entgeltbestandteilen entschieden und entgegen dem Antrag der Klägerin keinen Entgeltbetrag festgesetzt.
48
Mit Schreiben vom 29. Januar 2024 hat der Senat die Verfahrensbeteiligten zu einer Entscheidung nach § 130a VwGO angehört.
49
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
50
Die zulässige Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin ist unbegründet.
51
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Entgeltfestsetzung im Schiedsbeschluss vom 2. Februar 2018 in dem im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Umfang (Ziffer 1 [mit Ausnahme des Unterpunkts 2] und Ziffern 3 bis 6 des Schiedsbeschlusses) rechtswidrig ist und die Klägerin und nunmehrige Berufungsbeklagte in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Feststellungen der Schiedsstelle in den Ziffern 3 und 5 des Schiedsbeschlusses zu zentralen Verwaltungs- und Instandhaltungskosten überschreiten aufgrund eines Ermittlungs- und Begründungsdefizits deren Einschätzungsprärogative und sind infolgedessen rechtswidrig. Desgleichen ist der externe Vergleich hinsichtlich des Gesamtentgelts fehlerhaft erfolgt, wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend festgestellt hat. Deshalb hat das Verwaltungsgericht die Entgeltfestsetzung zu Recht insgesamt aufgehoben.
52
1. Der Senat kann über die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin nach Anhörung der Beteiligten gem. § 130a Satz 1 VwGO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens durch Beschluss entscheiden, da er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet. Die Rechtssache weist weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht außergewöhnliche Schwierigkeiten auf (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, U.v. 30.6.2004 – 6 C 28.03 –, BVerwGE 121, 211 [212]; U.v. 9.12.2010 – 10 C 13.09 –, BVerwGE 138, 289 [297 f.]). Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rechtsnatur des Schiedsstellenverfahrens (vgl. U.v. 1.12.1998 – 5 C 17/97 –, BVerwGE 108, 47 – juris, Rn. 21 ff.; B.v. 28.02.2002 – 5 C 25/01 –, BVerwGE 116, 78 – juris, Rn. 9, jeweils zu § 94 BSHG a.F.) und die Gesetzesmaterialien zum prospektiven Entgeltsystem (vgl. BT-Drucks. 13/10330, S. 17; BT-Drucks. 12/5510, S. 10) bereits hinreichend geklärt.
53
Die Beteiligten hatten im Berufungsverfahren ausreichend Gelegenheit, sich zu den maßgeblichen Fragen zu äußern. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, welche auf der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK gründet (vgl. hierzu U.v. 29.10.1991 – Nr. 22/1990/213/275 –, NJW 1992, 1813 f.), muss in Fällen einer erstinstanzlichen öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht stets und unabhängig von der Art der zu entscheidenden Fragen in der folgenden zweiten Instanz eine weitere mündliche Verhandlung stattfinden (vgl. BVerwG, B.v. 25.9.2007 – 5 B 53/07 – juris, Rn. 18). Dies gilt namentlich dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – nur über Rechtsfragen zu entscheiden ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.9.2003 – 4 B 68/03 –, NVwZ 2004, 108 [110]; B.v. 7.9.2011 – 9 B 61/11 –, NVwZ 2012, 379 [380] Rn. 6 f.; s.a. Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 7/2019, § 130a Rn. 3 a.E.). Tatsachenfragen, die eine (weitere) Beweiserhebung erfordert hätten, haben sich entscheidungserheblich nicht gestellt. Die aufgeworfenen Fragen lassen sich bereits alleine aufgrund der Aktenlage und der bereits vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angemessen beurteilen (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 25.9.2007 – 5 B 53/07 – juris, Rn. 18; s.a. Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 7/2019, § 130a Rn. 3 a.E.).
54
Die Beklagte und Berufungsklägerin hat der beabsichtigten Verfahrensweise im Rahmen der Anhörung gem. § 130a Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO mit Schreiben vom 9. Februar 2024 nicht widersprochen; sie teilt lediglich nicht die Auffassung des Senats, dass die aufgeworfenen Rechtsfragen bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rechtsnatur des Schiedsstellenverfahrens und die Gesetzesmaterialien zum prospektiven Entgeltsystem geklärt seien und beantragt deshalb die Zulassung der Revision. Dies gibt dem Senat nach Kenntnisnahme des, neue tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte nicht enthaltenden Vorbringens auch nach nochmaliger Abwägung aller für und gegen die Durchführung einer Berufungsverhandlung sprechenden Gründe gleichwohl keinen Anlass, in Ausübung des durch § 130a VwGO eingeräumten Ermessens von seiner beabsichtigten Verfahrensweise abzuweichen (vgl. BVerwG, B.v. 2.3.2010 – 6 B 72/09 –, NVwZ 2010, 845 [846] Rn. 8; B.v. 22.6.2007 – 10 B 56/07 – juris, Rn. 9). Sämtliche aufgeworfenen Rechtsfragen waren – soweit ihnen nach der insoweit allein maßgeblichen Auffassung des Senats überhaupt entscheidungserhebliche Bedeutung zukommt – bereits Gegenstand der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung. Neue, im erstinstanzlichen Verfahren noch nicht relevante Rechts- oder Tatsachenfragen (vgl. hierzu BVerwG, B.v.18.12.2014 – 8 B 47/14 –, NVwZ 2015, 600 [601] Rn. 7) haben sich im Berufungsverfahren entscheidungserheblich nicht gestellt.
55
Mit Anhörungsschreiben vom 29. Januar 2024 hat der Senat die Verfahrensbeteiligten über das Ergebnis seiner rechtlichen Prüfung im Berufungsverfahren unter Hinweis auf die sowohl in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als auch in den Gesetzesmaterialien zum prospektiven Entgeltsystem betonte Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle in Kenntnis gesetzt. Ein diskursiver Prozess zwischen dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten (vgl. BVerwG, B.v. 20.5.2015 – 2 B 4/15 –, NVwZ 2015, 1299 Rn. 5; s.a. Anm. Heusch, NVwZ 2015, 1301) hat daher in umfassender Weise stattgefunden, wenn auch nicht mit dem von der Beklagten und Berufungsklägerin gewünschten Ergebnis. Zu einem weitergehenden „Rechtsgespräch“ ist der Senat – selbst im Rahmen einer mündlichen Verhandlung – nicht verpflichtet (vgl. BVerfGE 86, 133 [144 f.] m.w.N.). Mithin kann der Senat in Ausübung des nach § 130a Satz 1 VwGO eingeräumten Ermessens durch Beschluss entscheiden. Einer weiteren Anhörungsmitteilung bedurfte es nicht (vgl. BVerwG, B.v. 17.5.1993 – 4 B 73/93 – juris, Rn. 3; B.v. 2.3.2010 – 6 B 72/09 –, NVwZ-RR 2010, 845 [846] Rn. 8; B.v. 22.6.2007 – 10 B 56/07 – juris, Rn. 9; B.v. 25.8.1999 – 8 C 12/98 – juris, Rn. 16).
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2. Der Senat teilt zunächst die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass eine lediglich teilweise Aufhebung einzelner Bestandteile der Entscheidung der Schiedsstelle vom 2. Februar 2018 nicht in Betracht kommt. Die Entscheidungen über einzelne Bestandteile der Entgeltfestsetzung stellen – wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat – keine von den übrigen in der Entscheidung der Schiedsstelle zur Entgeltfestsetzung getroffenen Festlegungen unabhängigen Regelungen dar. Vielmehr handelt es sich insoweit um eine insgesamt einheitliche Entscheidung der Schiedsstelle in Gestalt eines Verwaltungsakts gemäß § 31 Satz 1 SGB X (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 28.02.2002 – 5 C 25/01 –, BVerwGE 116, 78 – juris, Rn. 10; Schindler, in: Münder/Meysen/Trenczek, SGB VIII, 9. Aufl. 2022, § 78g Rn. 8), die im Rahmen deren Beurteilungsspielraumes verschiedene Aspekte in eine Gesamtlösung einfließen lässt. Aufgrund dieser Interdependenz kommt die Annahme einer Teilbarkeit analog § 40 Abs. 4 SGB X nicht in Betracht. Eine lediglich teilweise Aufhebung einzelner Entgeltbestandteile ist daher nicht möglich. Eine solche würde in nicht zu rechtfertigender Weise in die alleinige Beurteilungs- und Entscheidungskompetenz der Schiedsstelle übergreifen. Den Verfahrensbeteiligten entsteht dadurch kein rechtserheblicher Nachteil. Gegen die neue Entscheidung der Schiedsstelle steht ihnen der Verwaltungsrechtsweg erneut in vollem Umfang offen. Im Einzelnen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in der angefochtenen Entscheidung verwiesen (§ 130b Satz 2 VwGO).
57
3. a) Auch hinsichtlich der Beurteilung im Übrigen ist das Verwaltungsgericht zu Recht von einer Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle nach § 78g SGB VIII ausgegangen. Nach der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung hat der Gesetzgeber die Schiedsstelle als weisungsfreies, mit Vertretern der Interessen der betroffenen Gruppen besetztes Konfliktlösungs- und Schlichtungsgremium ausgestaltet und damit zum Ausdruck gebracht, dass er dieses Gremium als mit der zu regelnden Materie vertrautes und zu einer vermittelnden Zusammenführung potentiell gegenläufiger Interessen berufenes Entscheidungsorgan für geeignet hält, eine sach- und interessengerechte Lösung zu finden (vgl. BT-Drs. 13/10330, S. 18 f.; BT-Drs. 12/5510, S. 11 f.; siehe zum Schiedsstellenverfahren allgemein Schindler, in: Münder/Meysen/Trenczek, SGB VIII, 9. Aufl. 2022, § 78g Rn. 7 ff.; Schön, in: Wiesner/Wapler, SGB VIII, 6. Aufl. 2022, § 78g Rn. 2 ff.). Der Schiedsstelle steht deshalb für ihre Bewertungen und Beurteilungen im Rahmen der unbestimmten Rechtsbegriffe (Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsgerechtigkeit) eine Einschätzungsprärogative zu, die es gebietet, die gerichtliche Überprüfung darauf zu beschränken, ob die Schiedsstelle die ihr gesetzten rechtlichen Vorgaben beachtet, den Sachverhalt vollständig ermittelt und in einem fairen und willkürfreien Verfahren zu vertretbaren Bewertungen gefunden hat (vgl. BVerwG, U.v. 1.12.1998 – 5 C 17/97 –, BVerwGE 108, 47 – juris, Rn. 24; B.v. 28.2.2002 – 5 C 25/01 –, BVerwGE 116, 78 – juris, Rn. 9; Telscher, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, Stand: 01.08.2022, § 78g Rn. 34 m.w.N.).
58
Eine allgemeine normative Vorgabe für die Schiedsstelle und damit zugleich auch Prüfungsmaßstab im gerichtlichen Verfahren bildet der Bedarfsdeckungsgrundsatz sowie das in den §§ 78a ff. SGB VIII seit 1. Januar 1999 geregelte sog. prospektive Entgeltsystem (BT-Drs. 13/10330, S. 17 ff.; BT-Drs. 12/5510, S. 10). Durch die Forderung des Gesetzes, dass die Entgelte leistungsgerecht sein und einer Einrichtung bei sparsamer und wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen müssen, eine bedarfsgerechte Hilfe zu leisten, soll den Einrichtungen ein „auskömmlicher, leistungsgerechter Preis … gewährleistet“ werden (vgl. auch bereits BVerwG, U.v. 1.12.1998 – 5 C 17/97 –, BVerwGE 108, 47 – juris, Rn. 23). Auf Grund des prospektiven Entgeltsystems sollen Einrichtungen daher nicht gezwungen werden, die von ihnen erwarteten Leistungen unterhalb ihrer Gestehungskosten anzubieten (vgl. BT-Drs. 13/10330, S. 17; BT-Drs. 12/5510, S. 10). (Prospektive) Selbstkosten bilden folglich, sofern sie den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsgerechtigkeit entsprechen, auch bei prospektiven Pflege- und Betreuungssätzen die Untergrenze des festzusetzenden Entgelts. Eine Beurteilung, ob ein Anbieter den von ihm geltend gemachten Pflegesatz zur Deckung seiner Selbstkosten auch tatsächlich benötigt, ist nicht möglich, ohne dass die Schiedsstelle eine an jenen Grundsätzen orientierte „Entscheidung über Kalkulationsgrundlagen“ trifft (vgl. BVerwG, U.v. 1.12.1998 – 5 C 17/97 –, BVerwGE 108, 47 – juris, Rn. 23). Soweit es um die Beachtung der Grundsätze der „Wirtschaftlichkeit“, der „Sparsamkeit“ und der „Leistungsgerechtigkeit“ geht, hat sich die gerichtliche Kontrolle gemäß dem Willen des Gesetzgebers, dass die Definition und Ausfüllung dieser Begriffe „Hauptaufgabe“ der Schiedsstelle selbst und nicht der Gerichte sein soll (BT-Drs. 13/10330, S. 17 u. 18; BT-Drs. 12/5510, S. 12), auf die Nachprüfung zu beschränken, ob die Bewertungen der Schiedsstelle dem Sinngehalt dieser unbestimmten Gesetzesbegriffe gerecht werden und, gemessen daran, in Anbetracht des von der Schiedsstelle vollständig ermittelten Sachverhalts vertretbar sind (grundlegend BVerwG, U.v. 1.12.1998 – 5 C 17/97 –, BVerwGE 108, 47 – juris, Rn. 24; B.v. 28.02.2002 – 5 C 25/01 –, BVerwGE 116, 78 – juris, Rn. 9).
59
Das Schiedsstellenverfahren besitzt infolgedessen den Charakter eines „Zwangsschlichtungsverfahrens“ (vgl. Schütte, NDV 2005, 246 [247 f.]), dem sich sowohl der jeweilige Leistungsanbieter als auch der Träger der Jugendhilfe im Streitfall unterwerfen müssen, wenn es zu einer Entgeltvereinbarung kommen soll. Dies schließt es aus, dass die Streitparteien ihre „Händel“ vor den Verwaltungsgerichten fortsetzen, ohne angemessen zu berücksichtigen, dass die materielle Entscheidung über die Angemessenheit des festzusetzenden Entgelts von der Schiedsstelle und nicht von den Richterinnen und Richtern der Verwaltungsgerichtsbarkeit getroffen wird (vgl. BT-Drs. 13/10330, S. 17 u. 18 f.; BT-Drs. 12/5510, S. 12). Dies gilt gerade auch vor dem Hintergrund, dass es im prospektiven Entgeltsystem einen objektiv allein „richtigen“ Entgeltsatz nicht gibt (so zutreffend Schindler, in: Münder/Meysen/Trenczek, SGB VIII, 9. Aufl. 2022, § 78g Rn. 15).
60
Die Verwaltungsgerichte können deshalb den Schiedsspruch einer Schlichtungsstelle nach § 78g SGB VIII nur daraufhin überprüfen, ob die Schiedsstelle die widerstreitenden Interessen der Verfahrensparteien zutreffend ermittelt hat, alle für die Abwägungsentscheidung erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen wurden und die Abwägungsentscheidung frei von sachfremden Erwägungen in einem fairen und willkürfreien Verfahren inhaltlich orientiert an den materiellen Vorgaben des Entgeltvereinbarungsrechts des SGB VIII ergangen ist (vgl. hierzu näher Schindler, in: Münder/Meysen/Trenczek, SGB VIII, 9. Aufl. 2022, § 78g Rn. 22 m.w.N.).
61
Dies bedeutet im Umkehrschluss zugleich auch, dass die Schiedsstelle im Rahmen der ihr durch § 78g SGB VIII eingeräumten Autonomie (vgl. hierzu Schön, in: Wiesner/Wapler, SGB VIII, 6. Aufl. 2022, § 78g Rn. 2 ff.) und den durch höherrangiges Recht, namentlich das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG), gezogenen Grenzen, ihr Prüf- und Entscheidungsprogramm zu § 78b Abs. 2 und § 78c Abs. 2 SGB VIII selbstständig bestimmt (vgl. BT-Drucks. 13/10330, S. 17. u. 18 f.; BT-Drs. 12/5510, S. 12), sofern – wie derzeit – konkrete Vorgaben des Gesetzgebers im Entgeltvereinbarungsrecht des SGB VIII fehlen, nach dem Regelungs- und Gestaltungsauftrag des § 78g SGB VIII eine Entscheidung über die Entgeltfestsetzung aber gleichwohl getroffen werden muss. Die Autonomie der Schiedsstelle reicht dabei umso weiter, je weniger die Vorgaben des Gesetzgebers das Prüf- und Entscheidungsprogramm der Schiedsstelle bereichsspezifisch determinieren und ist demgegenüber umso begrenzter, je mehr der Gesetzgeber die Schlichtungsstelle an die Einhaltung konkreter gesetzlicher Vorgaben bindet.
62
Ohne das Rechtsinstitut einer unabhängigen, weisungsfreien Schiedsstelle (§ 78g SGB VIII) bliebe die Entgeltfestsetzung (§ 78c Abs. 2 SGB VIII, § 78b Abs. 2 SGB VIII) gleichsam inoperabel, da der Gesetzgeber die Grundsätze der von ihm verlangten Preisgestaltung – mit Ausnahme der unbestimmten Rechtsbegriffe der „Leistungsgerechtigkeit“, „Wirtschaftlichkeit“ und „Sparsamkeit“- selbst nicht durch weitere Konkretisierungen benennt. Diesen Konkretisierungsauftrag hat er für den Konfliktfall der Schiedsstelle überantwortet, der die alleinige Definition und Ausfüllung der Rechtsgrundsätze der “Wirtschaftlichkeit“, „Sparsamkeit“ und “Leistungsgerechtigkeit“ als Hauptaufgabe übertragen ist (vgl. BT-Drs. 13/10330, S. 17 u. 18; BT-Drs. 12/5510, S. 12).
63
Legt der Gesetzgeber als Maßstab für die Entgeltfestsetzung allein den Gesichtspunkt der Leistungsgerechtigkeit (§ 78c Abs. 2 Satz 1 SGB VIII) – mit anderen Worten ein angemessenes Verhältnis zwischen Entgelt und Leistung (vgl. hierzu Schön, in: Wiesner/Wapler, SGB VIII, 6. Aufl. 2022, § 78c Rn. 11; Schindler, in: Münder/Meysen/Trenczek, SGB VIII, 9. Aufl. 2022, § 78c Rn. 13) – zugrunde und nimmt er damit – implizit – zugleich auch auf die in § 78b Abs. 2 Satz 1 SGBVIII genannten Kriterien der „Wirtschaftlichkeit“ und „Sparsamkeit“ Bezug (vgl. hierzu Schön, in: Wiesner/Wapler, SGB VIII, 6. Aufl. 2022, § 78b Rn. 22 f.; Schindler, in: Münder/Meysen/Trenczek, SGB VIII, 9. Aufl. 2022, § 78b Rn. 13 ff.), ohne zugleich weitere Parameter zu deren Feststellung im Einzelfall zu bestimmen, so muss die Schiedsstelle – notgedrungen – ein eigenes Prüf- und Beurteilungssystem entwickeln, um ihrem Regelungs- und Gestaltungsauftrag aus § 78g SGB VIII gerecht werden zu können; denn ihr allein kommt im Konfliktfall die Entscheidung über die Kalkulationsgrundlagen zu (vgl. BT-Drs. 13/10330, S. 17 u. 18 f.; BT-Drs. 12/5510, S. 12).
64
Insoweit liegt es – in Ermangelung entsprechender näherer Vorgaben in § 78c Abs. 2 und § 78b Abs. 2 SGB VIII durch den Gesetzgeber selbst – in der alleinigen Rechtsmacht der Schiedsstelle, auf die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundessozialgerichts zum ehemaligen BSHG (BVerwGE 108, 47 ff.; 116, 78 ff.) und zum SGB SGB XI und SGB XII (BSGE 102, 227 ff.; 113, 258 ff.; 120, 51 ff.; 129, 116 ff.) entwickelten Maßstäbe und Grundsätze sowohl des „internen Vergleichs“ (einrichtungsbezogene Plausibilitätskontrolle der einzelnen Entgeltansätze) als auch des „externen Vergleichs“ (mit den Entgeltsätzen anderer vergleichbarer Einrichtungen) und anschließender Angemessenheitsprüfung zurückzugreifen (vgl. hierzu näher Schindler, in: Münder/Meysen/Trenczek, SGB VIII, 9. Aufl. 2022, § 78b Rn. 16 ff.; Banafsche, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, 2. El. 2023, § 78b Rn. 41 ff.; § 78c Rn. 15a; Schön, in: Wiesner/Wapler, SGB VIII, 6. Aufl. 2022, § 78c Rn. 12 ff.). Eine Rechtspflicht der Schiedsstelle, sich dieser Maßstäbe und Grundsätze im Einzelnen oder gar in Kombination zu bedienen, vermag der Senat indes nicht zu erkennen. Vielmehr hat die Schiedsstelle – solange verbindliche Vorgaben durch den Gesetzgeber fehlen – ihr Prüf- und Entscheidungsprogramm zu § 78b Abs. 2 und § 78c Abs. 2 SGB VIII im Rahmen der ihr in § 78g SGB VIII eingeräumten Autonomie selbstständig zu bestimmen. Ihr allein kommt im Konfliktfall die Entscheidung über die Kalkulationsgrundlagen zu (vgl. BT-Drs. 13/10330, S. 17 u. 18 f.; BT-Drs. 12/5510, S. 12).
65
Letzteres folgt unzweifelhaft aus dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, dass sich die gerichtliche Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte, soweit es – wie hier – um die Beachtung der Grundsätze der „Wirtschaftlichkeit“, der „Sparsamkeit“ und der „Leistungsgerechtigkeit“ geht, auf die Nachprüfung zu beschränken hat, ob die Bewertungen der Schiedsstelle dem Sinngehalt dieser unbestimmten Gesetzesbegriffe gerecht werden und, gemessen daran, in Anbetracht des von der Schiedsstelle vollständig ermittelten Sachverhalts, vertretbar sind (grundlegend BVerwG, U.v. 1.12.1998 – 5 C 17/97 –, BVerwGE 108, 47 – juris, Rn. 21 ff.; B.v. 28.02.2002 – 5 C 25/01 –, BVerwGE 116, 78 – juris, Rn. 9). Die Definition und Ausfüllung der Begriffe der „Wirtschaftlichkeit“, „Sparsamkeit“ und „Leistungsgerechtigkeit“ ist hingegen alleinige Aufgabe der Schiedsstelle selbst (vgl. BVerwG, U.v. 1.12.1998 – 5 C 17/97 –, BVerwGE 108, 47 – juris, Rn. 24). Nur ihr kommt im Konfliktfall die Entscheidung über die Kalkulationsgrundlagen zu (vgl. BT-Drs. 13/10330, S. 17 u. 18 f.; BT-Drs. 12/5510, S. 12).
66
Damit bleibt die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Schiedsstelle habe im Rahmen der Entgeltfestsetzung „zwingend“ einen „externen Vergleich“ vorzunehmen, ohne Grundlage. Eine solche Rechtspflicht besteht vor dem Hintergrund der der Schiedsstelle eingeräumten Einschätzungsprärogative und des Fehlens entsprechender gesetzlicher Vorgaben in § 78c Abs. 2 und § 78b Abs. 2 SGB VIII – jedenfalls derzeit – nicht. Die Schiedsstelle besitzt lediglich die Rechtsmacht, sich im Rahmen der ihr eingeräumten Autonomie eines „externen Vergleichs“ zu bedienen. Die Kontrollbefugnis der Verwaltungsgerichte ist demgegenüber auf eine reine „Vertretbarkeitskontrolle“ der Bewertungen der Schiedsstelle beschränkt (vgl. BVerwG, U.v. 1.12.1998 – 5 C 17/97 –, BVerwGE 108, 47 – juris, Rn. 24; B.v. 28.02.2002 – 5 C 25/01 –, BVerwGE 116, 78 – juris, Rn. 9). Die Schiedsstelle kann daher auch nach Aufhebung eines zunächst auf der Grundlage eines „externen Vergleichs“ ergangenen Schiedsstellenbeschlusses bei einer von ihr vorzunehmenden erneuten Entscheidung noch zum „internen Vergleich“ wechseln und umgekehrt. Ihr allein kommt im Konfliktfall die Entscheidung über die Kalkulationsgrundlagen zu (vgl. BT-Drs. 13/10330, S. 17 u. 18 f.; BT-Drs. 12/5510, S. 12).
67
Diese „Vorgaben“ sowohl des Bundesverwaltungsgerichts als auch des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 13/10330, S. 17 u. 18 f.; BT-Drs. 12/5510, S. 12) sind von seltener Klarheit und Eindeutigkeit; sie tragen dem Umstand Rechnung, dass sich die Gerichte nicht unter Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 GG) aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begeben und sich damit ihrer Bindung an Recht und Gesetz entziehen dürfen (vgl. BVerfGE 96, 375 [394]). Rechtsfortbildung findet stets dort ihre Grenzen, wo ohne jede Rückbindung an entsprechende Aussagen des Gesetzgebers – vorliegend im SGB VIII selbst – neue Regelungen unter Rückgriff auf (vermeintlich) einschlägige Parallelregelungen in (angeblich) verwandten Rechtsgebieten geschaffen werden (vgl. BVerfGE 126, 286 [306]).
68
Sollte der Gesetzgeber zu der Auffassung gelangen, die Rechtsmacht der Schiedsstellen (vgl. BT-Drs. 13/10330, S. 17 u. 18 f.; BT-Drs. 12/5510, S. 12) müsse durch weitere Vorgaben eingeschränkt werden, so ist ihm dies unbenommen. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, entsprechende Einschränkungen entgegen der den Schiedsstellen bislang kraft Gesetzes ausdrücklich eingeräumten Autonomie (§ 78g SGB VIII) zur Geltung zu bringen und damit letztlich ausschließlich eigenen Vorstellungen, nicht aber solchen des Gesetzgebers zum Durchbruch zu verhelfen.
69
Ohne ausdrücklichen Rechtsanwendungsbefehl des Gesetzgebers im SGB VIII selbst kommt eine verpflichtende Übertragung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum SGB XI und XII nicht in Betracht. Die einschlägigen gesetzlichen Regelungen im SGB XI und XII einerseits und im SGB VIII andererseits sind vollkommen unterschiedlich. Insbesondere fehlt im SGB VIII eine Regelung wie in § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB XI, die einen „externen Vergleich“ überhaupt erst ermöglicht oder – wie in § 75 Abs. 2 Satz 10 SGB XII – zwingend vorsieht. Die gesetzlichen Regelungen, an die das Bundessozialgericht anknüpft, fehlen im SGB VIII. Eine verpflichtende Übertragung von dessen Rechtsprechung kommt deshalb ohne ein entsprechendes Tätigwerden des Gesetzgebers (auch) im SGB VIII nicht in Frage (so zutreffend Münder, in: Münder/Meysen/Trenczek, SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 78b Rn. 18). Infolgedessen verbleibt es – jedenfalls bis zu einem gegenteiligen Handeln seitens des Gesetzgebers – bei der derzeitigen Autonomie und Einschätzungsprärogative der Schiedsstellen. Für eine Rechtsanalogie fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke.
70
Eine absolute Grenze der Beurteilungskompetenz erwächst der Schiedsstelle allerdings aus dem prospektiven Entgeltrecht selbst. Den Einrichtungen muss ein „auskömmlicher, leistungsgerechter Preis“ gewährleistet sein (vgl. BVerwG, U.v. 1.12.1997 – 5 C 17/97 –, BVerwGE 108, 47 – juris, Rn. 23). Keine Einrichtung darf gezwungen werden, die von ihr erwarteten Leistungen unterhalb ihrer Gestehungskosten anzubieten und zu erbringen (vgl. BT-Drs. 13/10330, S. 17; BT-Drs. 12/5510, S. 10). Diese absolute Grenze kann auch durch einen wie auch immer gearteten „externen Vergleich“ in Gestalt einer Kostendeckelung nicht überwunden werden.
71
Dabei ist die inhaltliche Überprüfung des Schiedsbeschlusses durch die Verwaltungsgerichte zwar auf diejenigen Gegenstände bezogen, über die keine Einigung zwischen den Vertragsparteien erzielt werden konnte (vgl. Schön, in: Wiesner/Wapler, SGB VIII, 6. Aufl. 2022, § 78g Rn. 16), allerdings ohne dass die Aufhebung des Schiedsbeschlusses – etwa infolge mangelnder Teilbarkeit – analog § 40 Abs. 4 SGB X von vornherein auf diese Bestandteile beschränkt wäre. Eine fehlerhafte Entscheidung der Schiedsstelle ist regelmäßig an diese zurückzuverweisen (vgl. Schindler, in: Münder/Meysen/Trenczek, SGB VIII, 9. Aufl. 2022, § 78g Rn. 22) bzw. wird im Falle ihrer Aufhebung aufgrund der regelmäßig fortbestehenden Antragstellung der Einleitungskörperschaft erneut dort anhängig.
72
Unabdingbare Voraussetzung einer Vertretbarkeitskontrolle durch die Verwaltungsgerichte ist jedoch stets, dass die Entscheidung der Schiedsstelle schriftlich begründet ist (§ 35 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Sie muss die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die die Schiedsstelle zu ihrer Entscheidung bewogen haben, konkret benennen (§ 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Dargestellt werden muss vor allem, welche (verschiedenen) Erwägungen die Schiedsstelle angestellt hat, was die tragenden Gründe für die getroffene Entscheidung sind, von welchen Argumenten die Schiedsstelle sich hat leiten lassen und welche rechtliche Beurteilung sie im Einzelfall vorgenommen hat (vgl. Schindler, in: Münder/Meysen/Trenczek, SGB VIII, 9. Aufl. 2022, § 78g Rn. 16; Telscher, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 78g Rn. 35).
73
Genügt die Schiedsstellenentscheidung diesen Anforderungen nicht, ist sie insbesondere ungeeignet, den Schiedsbeschluss in allen seinen wesentlichen Punkten nachzuvollziehen, so unterliegt sie der Aufhebung (vgl. OVG LSA, U.v. 22.09.2020 – 4 L 260/19 – juris, Rn. 42 ff.). Eine Nachholung der Begründung erst im gerichtlichen Verfahren ist nicht möglich (vgl. OVG LSA, U.v. 22.09.2020 – 4 L 260/19 – juris, Rn. 41 m.w.N.). Das Schiedsstellenverfahren kann nicht im Gerichtsverfahren wiederholt oder auch nur fortgesetzt werden. Infolgedessen verbietet sich zugleich auch eine Beiladung der Schiedsstelle (vgl. Schindler, in: Münder/Meysen/Trenczek, SGB VIII, 9. Aufl. 2022, § 78g Rn. 20). Diese besitzt im gerichtlichen Verfahren der Streitparteien keine eigenen materiellen Rechte (vgl. BVerwG, B.v.28.02.2002 – 5 C 25/01 –, BVerwGE 116, 78 – juris, Rn. 21).
74
b) Gemessen an diesem Maßstab ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Feststellungen der Schiedsstelle zu den Positionen zentrale Verwaltungs- und Instandhaltungskosten sowie die Annahmen zur Feststellung des Gesamttagessatzes im Rahmen des durchgeführten externen Vergleichs aufgrund eines evi-denten Ermittlungs- und Begründungsdefizits nicht mehr von der Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle gedeckt sind. Es fehlt jeweils an einer ausdrücklichen und nachvollziehbaren Festlegung der von der Schiedsstelle zugrunde gelegten Vergleichsmaßstäbe und der abschließenden Prüfung, ob nicht ausnahmsweise besondere Umstände vorliegen, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen.
75
So hat die Schiedsstelle bei der Position zentrale Verwaltungskosten nicht hinreichend vertieft geprüft, ob die in den von ihr durchgeführten „isolierten externen Vergleich“ eingestellten Einrichtungen tatsächlich mit der streitgegenständlichen Einrichtung der Klägerin vergleichbar sind. Ebenso wenig hat sie dokumentiert, welche Vergleichskriterien sie unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls als sachgerecht erachtet hat und welche wesentlichen Merkmale der verglichenen Einrichtungen sie letztlich als entscheidungserheblich angesehen hat. Auch eine Ermittlung der Durchschnittskosten hat sie nicht vorgenommen. Infolgedessen können die Erwägungen der Schiedsstelle nicht nachvollzogen werden. Vor allem kann nicht ab-schließend beurteilt werden, ob besondere Umstände des Einzelfalls eine Kostenüberschreitung rechtfertigen. Anlässlich der Prüfung der Position Instandhaltungskosten hat sie das zusätzliche Personalbett für den Nachtdienst fehlerhaft nicht berücksichtigt und infolgedessen entgegen der Auffassung der Beklagten und Berufungsklägerin ungeprüft gelassen, ob der beantragte Inflationsausgleich zu gewähren ist und der Klägerin in der geltend gemachten Höhe zusteht. Auch bei der Beurteilung des Gesamttagessatzes hat sie die vergleichbaren Einrichtungen nicht hinreichend konkret und vertieft ermittelt und vor allem nicht nachvollziehbar dargelegt, welchen Vergleichsmaßstab sie letztlich als maßgeblich erachtet hat.
76
Angesichts dieser Ermittlungs- und Begründungsdefizite bleibt der Vorwurf der Beklagten und Berufungsklägerin, das Verwaltungsgericht höhle die Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle aus und gestehe ihr kaum noch einen eigenständigen Raum für Bewertungen zu, ohne jede Grundlage. Vielmehr kommt die Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle überhaupt erst auf der Basis einer hinreichenden Ermittlung des Sachverhalts zum Tragen, an der es vorliegend gerade fehlt.
77
Genügt eine Schiedsstellenentscheidung den Darlegungs- und Begründungsanforderungen nicht mit der Folge, dass dem Verwaltungsgericht ein Nachvollziehen der ge-troffenen Entscheidung nicht möglich ist, so unterliegt diese der Aufhebung. Im Einzelnen wird auf die ausführliche und zutreffende Darstellung der Ermittlungs- und Dokumentationsdefizite des Schiedsstellenbeschlusses in der streitgegenständlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts verwiesen, welcher der Senat zur Vermeidung weiterer unnötiger Wiederholungen folgt (§ 130b Satz 2 VwGO). Die Aufhebung der Entscheidung gibt der Schiedsstelle Gelegenheit, die festgestellten Ermittlungs- und Begründungsdefizite zu beseitigen, sofern sie weiterhin an der Durchführung eines „externen Vergleichs“ festhält.
78
Anders als das Verwaltungsgericht meint, ist die Schiedsstelle jedoch keineswegs verpflichtet, erneut einen „externen Vergleich“ durchzuführen; sie kann nach dem oben Gesagten auch ausschließlich einen „internen Vergleich“ vornehmen. Allerdings müssen ihre Ausführungen insoweit Auskunft über die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe geben, die sie zu dieser Entscheidung bewogen haben, und selbige konkret benennen (§ 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Dargestellt werden muss vor allem, welche Erwägungen die Schiedsstelle im Einzelnen angestellt hat, was die tragenden Gründe für die getroffene Entscheidung sind, von welchen Argumenten die Schiedsstelle sich hat leiten lassen und welche rechtliche Beurteilung sie im Einzelfall vorgenommen hat (vgl. Schindler, in: Münder/Meysen/Trenczek, SGB VIII, 9. Aufl. 2022, § 78g Rn. 16; Telscher, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 78g Rn. 35). Ihr allein kommt im Konfliktfall die Entscheidung über die Kalkulationsgrundlagen zu (vgl. BT-Drs. 13/10330, S. 17 u. 18 f.; BT-Drs. 12/5510, S. 12).
79
In materiell-rechtlicher Hinsicht muss die Schiedsstellenentscheidung jedoch stets sicherstellen, dass der streitgegenständlichen Einrichtung entsprechend den Grundsätzen des prospektiven Entgeltrechts ein „auskömmlicher, leistungsgerechter Preis“ gewährleistet wird (vgl. BVerwG, U.v. 1.12.1997 – 5 C 17/97 –, BVerwGE 108, 47 – juris, Rn. 23); keine Einrichtung darf gezwungen werden, die von ihr erwarteten Leistungen unterhalb ihrer Gestehungskosten anzubieten und zu erbringen (vgl. BT-Drs. 13/10330, S. 17; BT-Drs. 12/5510, S. 10).
80
Die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin ist daher zurückzuweisen.
81
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 i.V.m. § 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
82
5. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind nach Auffassung des Senats in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 1.12.1998 – 5 C 17/97 –, BVerwGE 108, 47 – juris, Rn. 21 ff.; B.v. 28.02.2002 – 5 C 25/01 –, BVerwGE 116, 78 – juris, Rn. 9) bereits geklärt.