Titel:
Betretungs- und Aufenthaltsverbote sowie Meldeauflagen für Mitglied einer Ultragruppierung
Normenketten:
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3, Art. 8
VwGO § 80 Abs. 5
Leitsatz:
Ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot – zum Teil für noch nicht feststehende Termine – für insgesamt fünf Heimspiele und damit bis zum Ende der Bundesligaspielsaison 2023/2024 für weite Teile der Stadt dürfte in Zusammenschau mit der darüber hinaus angeordneten Meldeauflage für insgesamt noch sechs zu spielende Auswärtsspiele sowie der räumlichen Weite der Anordnungen nach der dem Gericht im Rahmen eines Eilverfahrens zur Verfügung stehenden summarischen Prüfung nicht mehr dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorläufiger Rechtschutz, Verhältnismäßigkeit, Interessenabwägung, Betretungsverbot, Aufenthaltsverbot, Meldeauflage, Ultragruppierung, Mitglied, Bundesligasaison, vorläufiger Rechtsschutz
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 20.03.2024 – 10 CS 24.456
Fundstelle:
BeckRS 2024, 6193
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin (...) vom 28. Februar 2024 wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
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Der Antragsteller begehrt im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen u.a. Betretungs- und Aufenthaltsverbote sowie Meldeauflagen.
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Der Antragsteller ist Mitglied einer ... Ultragruppierung.
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Mit Schreiben vom 23. Februar 2024 wurde der Antragsteller zum beabsichtigten Erlass eines Betretungs- und Aufenthaltsverbots an Heimspieltagen sowie Meldeauflagen für Auswärtsspieltage angehört.
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Mit Bescheid vom 28. Februar 2024 erließ die Antragsgegnerin dem Antragsteller gegenüber – unter Ausnahmebestimmungen (Ziffer 3) – ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot an Spieltagen des ... für Begegnungen der Bundesligasaison 2023/2024 in einem bestimmten räumlichen Geltungsbereich im Stadtgebiet der Antragsgegnerin in einem Zeitraum von vier Stunden vor Spielbeginn bis drei Stunden nach Spielende (Ziffer 1), das u.a. um Regelungen zur Nutzung der Straßenbahn-Stadionlinie ergänzt wurde (Ziffer 2). Zudem wurde dem Antragsteller – unter Ausnahmebestimmungen – anlässlich nicht im Stadtgebiet der Antragsgegnerin stattfindender, bestimmter Spielbegegnungen eine Meldepflicht bei der zuständigen Polizeidienststelle in A. zwischen festgelegten Zeiträume auferlegt (Ziffern 4 und 5). Für Ziffern 1, 2 und 4 des Bescheids wurde der Sofortvollzug angeordnet (Ziffer 6) und Zwangsgelder angedroht (Ziffer 7). Ferner enthält der Bescheid eine Kostenentscheidung und -festsetzung (Ziffer 8).
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Anordnungen unter Ziffern 1, 2 und 4 des Bescheids auf Art. 7 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 LStVG stützen würden. Die Vorgaben seien erfüllt, eine Prognoseentscheidung stütze die Anordnungen. Die Maßnahmen würden weitere Straftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten verhüten. Das Erfordernis des räumlichen Umfangs ergebe sich daraus, dass viele sicherheitsrechtliche Störungen auch in diesem Bereich stattfinden würden. Aufgrund der sich im Februar 2024 ereigneten Drittortauseinandersetzung scheine es angezeigt, die zeitliche Dauer statt den üblichen drei Stunden vor Spielbeginn auf vier Stunden im Voraus zu erweitern. Die Anordnungen seien verhältnismäßig und entsprächen einer pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens. Die Meldeauflagen seien insbesondere geeignet, den Antragsteller davon abzuhalten, zu den tatwahrscheinlichsten Zeiten die genannten Fußballspiele aufzusuchen. Der räumliche Geltungsbereich sei durch die beigefügten Pläne hinreichend bestimmt. Die sofortige Vollziehung werde im öffentlichen Interesse angeordnet. Das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit sei in hohem Maße gefährdet. Lediglich durch die Anordnung des Sofortvollzugs könne effektiver Schutz gewährleistet werden. Ein Abwarten könnte dazu führen, dass der Antragsteller aufgrund der Betretungsmöglichkeiten Straftaten begehen könnte. Im Gegensatz hierzu würden die Anordnungen nicht derartig schwerwiegend in die Rechte des Antragstellers eingreifen. Die Zwangsgeldandrohungen würden sich auf Art. 18, 19, 29, 31 und 36 VwZVG stützen, die Kostenentscheidung und -festsetzung ergebe sich aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 5, 6, 10, 11, 15 KG i.V.m. Tarif-Nr. 2.II.1./1 KVz.
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Auf den Bescheid wird im Einzelnen Bezug genommen.
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Dagegen ließ der Antragsteller am 29. Februar 2024 Klage mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheids der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2024 erheben, über welche noch nicht entschieden ist (Au 8 K 24.513).
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Mit Schreiben vom 4. März 2024 begehrt der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz und beantragt,
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die aufschiebende Wirkung der gleichzeitig erhobenen Klage gegen den Bescheid (Az.: ...) der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2024 wiederherzustellen.
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Zur Begründung wird unter Verweis auf die Klagebegründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die angeordneten Maßnahmen den Antragsteller als Familienvater am härtesten treffen würden, da er mit seiner Familie am nächsten am bzw. fast im Sperrbereich wohnen würde. Dies würde das Familienleben erheblich einschränken, weshalb Art. 6 GG erheblich betroffen sei. Überdies werde darauf hingewiesen, dass von den zwei aktuellen Vorfällen im Rahmen von Auswärtsspielen ein Vorfall bereits eingestellt worden sei und der Zweite folgen werde. Art. 7 LStVG könne für eine Meldeauflage nicht herangezogen werden. Das Betretungs- und Aufenthaltsverbot könne ebenso nicht auf Art. 7 LStVG gestützt werden. Die Gefahrenprognose sei allgemein (hinsichtlich der Fanszene/der Gruppierung L.) und individuell (hinsichtlich des Antragstellers) falsch. Die Anordnungen seien, u.a. zeitlich und räumlich, unverhältnismäßig. Zudem seien die Zwangsgeldandrohungen bzw. die Kostenfestsetzung zu hoch angesetzt.
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Auf die Klage- und Antragsbegründung wird im Einzelnen verwiesen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Es werde vollumfänglich auf den Inhalt des streitgegenständlichen Bescheids sowie der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen. Besonders werde dort auf die polizeilichen Feststellungen zur Entwicklung der Fanszene im Allgemeinen sowie zu den im Zusammenhang mit dem Antragsteller sich ereigneten Vorfällen verwiesen. Der Antrag sei unbegründet. Laut Auskunft der Polizei lege die Auswertung von Pressebildern nahe, dass die Gruppierung an den Vorfällen in H... beteiligt gewesen sei. Eine Anwesenheit des Antragstellers in L... stehe fest. Auf Videoaufnahmen habe der Antragsteller dort inmitten der Auseinandersetzung sowie als Beteiligter identifiziert werden können. Es stehe fest, dass gegen den Antragsteller zwei Ermittlungsverfahren laufen würden bzw. liefen. Beide könnten – trotz Einstellung des einen Verfahrens – als Indiz für die Gewaltbereitschaft herangezogen werden. Bei den Vorfällen zu M... werde ebenfalls auf das Video verwiesen. Entscheidend sei dort, dass die Anhänger der Fanszene auf Provokationen reagieren und gewalttätig auf die anderweitige Gruppierung zugehen würden. Es stehe zudem fest, dass der Antragsteller in M... anwesend gewesen sei. Es werde auf Videoaufnahmen verwiesen. Eine Tatbeteiligung des Antragstellers sei auf dem Material zu erkennen und werde von der Polizei bestätigt. Aufgrund dem kommenden Heimspiel bestehe ein besonders öffentliches Interesse am Sofortvollzug, da die Gefahr bestehe, dass der Antragsteller erneut dorthin reisen könnte und dort rechtswidrige Taten verwirklicht. Es komme nicht auf eine abschließende Entscheidung eines Strafgerichts an. Die Maßnahmen seien verhältnismäßig, insbesondere würden sie ein legitimes Ziel verfolgen, seien geeignet, erforderlich und angemessen. Mildere Maßnahmen seien nicht ersichtlich, welche mit der gleichen Sicherheit denselben Erfolg erzielen würden. Die Gefahrenprognose stehe einem Zuwarten entgegen. Dass der Antragsteller zurzeit kein Stadionverbot habe, stehe dem nicht entgegen. Eine Beschränkung auf Risikospiele reiche nicht aus, da der Antragsteller nicht lediglich bei Risikospielen auffällig geworden sei. Der Antragsteller trete als Rädelsführer auf, weshalb die Maßnahmen auch geeignet seien auf die Fanszene einzuwirken. Im Übrigen sei auch das zeitliche Ausmaß angemessen, da der im Jahr 2017 seitens des Gerichts gesteckte Rahmen von drei Stunden vor und nach Spielbeginn bzw. Spielende lediglich um eine Stunde vor Beginn erhöht worden sei. Hierfür gebe es aufgrund der Vorfälle in M... einen Anlass. Im Hinblick auf die räumliche Weite der Anordnungen werde darauf hingewiesen, dass hierbei nicht die vollständige Innenstadt betroffen sei. Im Übrigen sei bei den Straßenbahnhaltestellen lediglich die Streckenführung der Stadionlinie betroffen. Zudem seien Ausnahmemöglichkeiten zugelassen worden. Neben den Aufenthalts- und Betretungsverboten sei auch die Meldeauflage verhältnismäßig.
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Auf die Antragserwiderung wird im Einzelnen Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch in dem Verfahren Au 8 K 24.513, sowie der vorgelegten Behördenakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
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Der Antrag ist zulässig und begründet.
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1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist zulässig, insbesondere statthaft.
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2. Der Antrag hat in der Sache Erfolg.
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a) In Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO niedergelegten Kriterien zu treffen. Es hat zu prüfen, ob das Vollzugsinteresse so gewichtig ist, dass der Verwaltungsakt sofort vollzogen werden darf, oder ob das gegenläufige Interesse des Antragstellers an einer Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt. Wesentliches Element im Rahmen der insoweit gebotenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, welche dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Erweist sich der Rechtsbehelf als offensichtlich Erfolg versprechend, so wird das Interesse des Antragstellers an einer Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage stärker zu gewichten sein, als das gegenläufige Interesse der Antragsgegnerin. Umgekehrt wird eine Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage grundsätzlich nicht in Frage kommen, wenn sich der Rechtsbehelf als offensichtlich aussichtslos darstellt. Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nicht eindeutig zu beurteilen, sondern lediglich tendenziell abschätzbar, so darf dies bei der Gewichtung der widerstreitenden Interessen – dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers einerseits und dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin andererseits – nicht außer Acht gelassen werden. Lassen sich nach summarischer Überprüfung noch keine Aussagen über die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs machen, ist also der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 165/09 – NVwZ 2009, 581; BVerwG, B.v. 11.11.2020 – 7 VR 5.20 u.a. – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 17.9.1987 – 26 CS 87.01144 – BayVBl. 1988, 369; Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 65 ff.; Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 136 ff.).
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b) Hiervon ausgehend begegnen die im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Anordnungen nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung bei Ausschöpfung aller im Eilverfahren verfügbaren Erkenntnismöglichkeiten der Kammer Bedenken im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit.
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Gemäß Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG können die Sicherheitsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben für den Einzelfall Anordnungen treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, oder verfassungsfeindliche Handlungen zu verhüten oder zu unterbinden (Nr. 1) bzw. Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen (Nr. 3). Zur Anwendung dieser Befugnis(se) zur Gefahrenabwehr bedarf es einer konkreten Gefahrenlage, wonach aufgrund objektiver Tatsachen oder Verhaltensweisen mit dem Eintritt des Schadens für die geschützten Rechtsgüter im konkreten Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gerechnet werden muss. Bloße Vermutungen für diesen Schadenseintritt reichen nicht aus. Jedoch ist mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens ein abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ausreichend.
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Die Antragsgegnerin legt ihrer Gefahrenprognose im Wesentlichen Vorfälle in Bezug auf die relevante Ultraszene in der laufenden Spielzeit 2023/2024 bei Heim- und Auswärtsspielen, eine Zugehörigkeit des Antragstellers zur Ultragruppierung L., Auffälligkeiten des Antragstellers i.R.v. Straftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten (u.a. mit Fußball-/Sportbezug) in den vergangenen Jahren, eine Ausschreibung des Antragstellers als „Gewalttäter Sport“ sowie u.a. eine Gefahrenprognose der zuständigen Polizeidienststelle in Bezug auf den Antragsteller bzw. die im Raum stehenden Spielpaarungen zugrunde. Der Gefahrenprognose der Antragsgegnerin hält die Antragstellerseite indes substantiiert entgegen, dass u.a. im Hinblick auf die Auswärtsspiele falsche polizeiliche Erkenntnisse zur Frage einer Beteiligung der Ultragruppierung L. sowie dem Antragsteller selbst zugrunde gelegt worden seien.
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Selbst bei Wahrunterstellung der im streitgegenständlichen Bescheid der Antragsgegnerin aufgeführten Vorfällen im Hinblick auf eine zu treffende Gefahrenprognose, müssen sich die Anordnungen am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des Art. 8 LStVG orientieren. Nach Art. 8 Abs. 1 LStVG ist bei mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen diejenigen zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt. Dabei darf ein durch die Maßnahme zu erwartender Schaden nicht erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stehen, Art. 8 Abs. 2 LStVG.
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Nach summarischer Prüfung wurde das Betretungs- und Aufenthaltsverbot – zum Teil für noch nicht feststehende Termine – für insgesamt fünf Heimspiele und damit bis zum Ende der Bundesligaspielsaison 2023/2024 für weite Teile der Stadt angeordnet. Hierbei begegnet sowohl die räumliche als auch die zeitliche Dimension der Anordnung rechtlichen Bedenken im Hinblick auf den zu wahrenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Zwar hält sich die zeitliche Dimension unter der gerade noch als rechtlich zulässig angesehenen zwölf Monate (BayVGH, B.v. 189.2018 – 10 CS 18.1599 – juris Rn.19). In der Zusammenschau mit der darüber hinaus angeordneten Meldeauflage für insgesamt noch sechs zu spielende Auswärtsspiele sowie der räumlichen Weite der Anordnungen dürfte die jedoch nach der dem Gericht im Rahmen eines Eilverfahrens zur Verfügung stehenden summarischen Prüfung nicht mehr dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Die angeordneten Maßnahmen beschränken sowohl die Fortbewegungsfreiheit des Antragstellers als auch seine Handlungsfreiheit für insgesamt 12 Tage vom Zeitpunkt des Bescheidserlasses im Februar 2024 bis zum Ende der Bundesligaspielsaison im Mai 2024, mithin für einen Zeitraum von bis zu vier Monaten. Durch das Erweitern des Radius des Aufenthalts- und Betretungsverbots weit über das Stadion hinaus gilt dies insbesondere für die Fortbewegungsmöglichkeiten an Heimspieltagen. Entgegen des Vortrags der Antragsgegnerin handelt es sich hierbei – bezogen auf die Straßenbahnhaltestellen –, von welche sich einige in nahe Distanz zum Wohnort des Antragstellers befinden, nicht lediglich um die Stadionlinie. Vielmehr werden durch die zeitliche Geltung – vier Stunden vor Spielbeginn bis drei Stunden nach Spielende – auch alle anderen Straßenbahnlinien betroffen, welche an den 13 genannten Straßenbahnhaltestellen verkehren und nicht lediglich in das Stadion führen. Auch bei den übrigen, im Bescheid unter Ziffer 1 genannten Bereichen, handelt es sich nicht lediglich um fußballbezogene Bereiche. Insbesondere handelt es sich hierbei auch um weite Teile der städtischen Innenstadt, selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass hiervon die städtische Altstadt in weiten Teilen nicht betroffen ist. Die diesbezüglichen Bedenken können auch durch die seitens der Antragsgegnerin vorgetragenen Begründungen für die nicht fußballbezogenen Bereiche nicht ausgeräumt werden.
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Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind insbesondere mildere Möglichkeiten zu berücksichtigen. Indes wurde seitens der Antragsgegnerin vorgetragen, dass bereits frühere Gefährderansprachen keine Änderung eines Verhaltens des Antragstellers bewirkt haben – eine solche Gefährderansprache ist jedoch zuletzt im Jahre 2018 erfolgt, mithin vor nahezu sechs Jahren.
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Die seitens der Antragsgegnerin eingeräumten Ausnahmemöglichkeiten in Ziffer 3 sowie 5 des streitgegenständlichen Bescheids führen zu keiner anderen Bewertung. Auch in diesen werden dem Antragsteller lange Vorlaufzeiten von 3 Werktagen bzw. 24 Stunden aufgegeben, die es dem Antragsteller – auch im Hinblick auf seine persönliche Situation als Familienvater – seine privaten oder beruflichen Verpflichtungen und Absprachen einzuhalten – nicht wesentlich erleichtern.
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c) Aus den genannten Gesichtspunkten fällt die die gebotene Interessenabwägung nach alledem zu Lasten der Antragsgegnerin aus. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2024 war demnach wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
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3. Dem Eilantrag war damit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5, 35.1 des Streitwertkatalogs.