Titel:
Betretungs- und Aufenthaltsverbot für Mitglied der Ultra-Szene
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3, Art. 8
Leitsätze:
1. Ob im konkreten Einzelfall die Voraussetzungen für den Erlass eines Betretungs- und Aufenthaltsverbots sowie einer Meldeauflage vorliegen, beurteilt sich nach einer Gefahrenprognose, die anhand der Verhältnisse und dem möglichen Erkenntnisstand der Verwaltungsbehörde zum Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme (ex-ante Betrachtung) zu treffen ist. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es dürfte bei sog. Hochrisikospielen ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot sogar von sechs Stunden vor Spielbeginn bis sechs Stunden nach Spielschluss nicht unverhältnismäßig sein. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Sicherheitsrecht, Fußballfans, Maßnahmen gegen Mitglied der Ultra-Szene, Betretungs- und Aufenthaltsverbot, Meldeverpflichtung, Gefahrenprognose, Verhältnismäßigkeit, Fußballfan, Ultra-Szene, Hooligan, Hochrisikospiel, Mitglied, Stadtgebiet, Meldepflicht, Ermessen
Vorinstanz:
VG Augsburg, Beschluss vom 06.03.2024 – Au 8 S 24.532
Fundstellen:
BayVBl 2024, 636
LSK 2024, 6192
BeckRS 2024, 6192
Tenor
I. Unter Abänderung von Nr. I. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. März 2024 wird der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2024 abgelehnt.
II. Unter Abänderung von Nr. II. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. März 2024 hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III. Unter Abänderung von Nr. III. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. März 2024 wird der Streitwert für beide Instanzen auf jeweils 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
1
Mit der Beschwerde wendet sich die Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 6. März 2024, mit dem dieses die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2024 wiederhergestellt bzw. angeordnet hat.
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Mit dem Bescheid vom 28. Februar 2024 erließ die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot an Spieltagen des FC A. für Begegnungen (Heimspiele) der Bundesligasaison 2023/2024 in jeweils bestimmten räumlichen Geltungsbereichen im Stadtgebiet der Antragsgegnerin in einem Zeitraum von vier Stunden vor Spielbeginn bis drei Stunden nach Spielende (Nr. 1 des Bescheids), das um Regelungen zur Nutzung der Straßenbahn-Stadionlinie ergänzt wurde (Nr. 2). Zu den Verpflichtungen in Nr. 1 und Nr. 2 des Bescheids wurden Ausnahmebestimmungen getroffen (Nr. 3). Zudem wurde dem Antragsteller anlässlich nicht im Stadtgebiet der Antragsgegnerin stattfindender bestimmter Spielbegegnungen eine Meldepflicht bei der zuständigen Polizeidienststelle in A. innerhalb festgelegter Zeiträume auferlegt (Nr. 4); auch hierzu wurden Ausnahmemöglichkeiten festgelegt (Nr. 5). Für die Verpflichtungen in Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 4 des Bescheids wurde der Sofortvollzug angeordnet (Nr. 6). Weiter wurden Zwangsgelder angedroht (Nr. 7). Ferner enthält der Bescheid eine Kostenentscheidung und -festsetzung (Nr. 8).
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Anordnungen unter Nr. 1, 2 und 4 des Bescheids stützten sich auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 LStVG. Bei dem Antragsteller handele es sich um einen „Problemfan“ der Augsburger Fußballanhängerschaft. Es sei langjähriges Mitglied der Ultra-Gruppierung „L. A1.“ und besitze ein gewisses Maß an Anerkennung innerhalb der Ultra-Szene in A. Er sei bereits im Rahmen von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auch oder gerade mit Fußball- bzw. Sportbezug in der Vergangenheit auffällig geworden; die einzelnen Vorfälle werden aufgelistet. Im Rahmen einer Gefahrenprognose sei festzustellen, dass die konkrete Gefahr bestehe, dass solche Taten wieder verwirklicht werden würden. Die Antragsgegnerin übe das ihr nach Art. 8 LStVG eingeräumte Ermessen dahin aus, dass sie dem Antragsteller das Betreten gewisser Bereiche des Augsburger Stadtgebietes im Rahmen der Bundesliga-Heimspiele des FC A. sowie die Nutzung der „Stadion-Linie“ der Straßenbahn untersage sowie ihm im Rahmen der Auswärtsspiele wie auch der Begegnung Austria L. – BW L. eine Meldepflicht bei der örtlichen Polizeidienststelle auferlege. Das öffentliche Interesse am Schutz der Grundrechte auf Leben und Gesundheit sowie an der Einhaltung der Rechtsordnung habe Vorrang gegenüber dem Freizügigkeitsrecht und der allgemeinen Handlungsfreiheit des Antragstellers. Die Anordnungen seien verhältnismäßig, insbesondere auch in räumlicher und zeitlicher Hinsicht. Die sofortige Vollziehung werde im öffentlichen Interesse angeordnet. Auf den Bescheid wird im Einzelnen Bezug genommen.
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Dagegen ließ der Antragsteller am 29. Februar 2024 Klage mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheids erheben, über welche noch nicht entschieden ist (Au 8 K 24.513). Am 4. März 2024 beantragte er, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 28. Februar 2024 wiederherzustellen. Zur Begründung wird auf die Klagebegründung Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, er wohne mit seiner Familie nahe am Sperrbereich und sei dadurch in seiner Lebensführung erheblich eingeschränkt. Ausflüge mit dem Kind auf den Spielplatz oder in die Stadt, aber auch Besuche beim Kinderarzt oder bei den Großeltern seien nicht mehr möglich. Die Ausnahmeregelungen könnten dies nicht ausgleichen. Mangels negativer Gefahrenprognose und angesichts des Lebenswandels des Antragstellers treffe die Maßnahme hier den Falschen. Auf die Antragsbegründung wird im Einzelnen verwiesen.
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Mit dem angefochtenen Beschluss vom 6. März 2024 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2024 wiederhergestellt bzw. angeordnet.
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Die im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Anordnungen begegneten bei Ausschöpfung aller im Eilverfahren verfügbaren Erkenntnismöglichkeiten der Kammer Bedenken im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit. Zur Anwendung der Befugnisse aus Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 LStVG bedürfe es einer konkreten Gefahrenlage, wonach aufgrund objektiver Tatsachen oder Verhaltensweisen mit dem Eintritt des Schadens für die geschützten Rechtsgüter im konkreten Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gerechnet werden müsse. Bloße Vermutungen für diesen Schadenseintritt reichten nicht aus, jedoch sei mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens ein abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ausreichend.
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Die Antragsgegnerin lege ihrer Gefahrenprognose im Wesentlichen Vorfälle in Bezug auf die relevante Ultraszene in der laufenden Spielzeit 2023/2024 bei Heim- und Auswärtsspielen, eine Zugehörigkeit des Antragstellers zu einer bestimmten Ultra-Gruppierung, Auffälligkeiten des Antragstellers im Rahmen von Straftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten (u.a. mit Fußball-/ Sportbezug) in den vergangenen Jahren, eine Ausschreibung des Antragstellers als „Gewalttäter Sport“ sowie eine Gefahrenprognose der zuständigen Polizeidienststelle in Bezug auf den Antragsteller bzw. die im Raum stehenden Spielpaarungen zugrunde. Die Antragstellerseite halte dem indes substantiiert entgegen, dass u.a. im Hinblick auf die Auswärtsspiele falsche polizeiliche Erkenntnisse zur Frage einer Beteiligung der Ultra-Gruppierung zugrunde gelegt worden seien.
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Selbst bei Wahrunterstellung der im streitgegenständlichen Bescheid aufgeführten Vorfälle im Hinblick auf eine zu treffende Gefahrenprognose müssten sich die Anordnungen am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach Art. 8 LStVG orientieren. Nach summarischer Prüfung sei das Betretungs- und Aufenthaltsverbot für insgesamt fünf Heimspiele und damit bis zum Ende der Bundesligaspielsaison 2023/2024 für weite Teile der Stadt angeordnet worden. Hierbei begegne sowohl die räumliche als auch die zeitliche Dimension der Anordnung rechtlichen Bedenken im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Zwar halte sich die zeitliche Dimension unter den gerade noch als rechtlich zulässig angesehenen zwölf Monaten, in der Zusammenschau mit der darüber hinaus angeordneten Meldeauflage für insgesamt noch sechs Auswärtsspiele sowie der räumlichen Weite der Anordnungen dürfte sie jedoch nicht mehr dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Die angeordneten Maßnahmen beschränkten sowohl die Fortbewegungsfreiheit des Antragstellers als auch seine Handlungsfreiheit für insgesamt zwölf Tage vom Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids im Februar 2024 bis zum Ende der Bundesligaspielsaison im Mai 2024, mithin für einen Zeitraum von bis zu vier Monaten. Durch das Erweitern des Radius des Aufenthalts- und Betretungsverbots weit über das Stadion hinaus gelte dies insbesondere für die Fortbewegungsmöglichkeiten an Heimspieltagen. Hierbei handele es sich, bezogen auf die Straßenbahnhaltestellen, von welchen sich einige in der Nähe zum Wohnort des Antragstellers befänden, nicht lediglich um die Stadionlinie. Vielmehr würden durch die zeitliche Geltung – vier Stunden vor Spielbeginn bis drei Stunden nach Spielende – auch alle anderen Straßenbahnlinien betroffen, welche an den 13 genannten Straßenbahnhaltestellen verkehren. Auch bei den übrigen im Bescheid unter Nr. 1 genannten Bereichen handele es sich nicht lediglich um fußballbezogene Bereiche, sondern insbesondere auch um weite Teile der städtischen Innenstadt, selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass hiervon die städtische Altstadt in weiten Teilen nicht betroffen sei. Die diesbezüglichen Bedenken könnten auch durch die seitens der Antragsgegnerin vorgetragenen Begründungen für die nicht fußballbezogenen Bereiche nicht ausgeräumt werden. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung seien insbesondere mildere Möglichkeiten zu berücksichtigen. Indes sei durch die Antragsgegnerin vorgetragen worden, dass bereits frühere Gefährderansprachen keine Änderung eines Verhaltens des Antragstellers bewirkt hätten – eine solche Gefährderansprache sei jedoch zuletzt im Jahre 2018 erfolgt, mithin vor nahezu sechs Jahren. Die in Nr. 3 sowie Nr. 5 des Bescheids eingeräumten Ausnahmemöglichkeiten führten zu keiner anderen Bewertung. Auch in diesen würden dem Antragsteller lange Vorlaufzeiten von drei Werktagen bzw. 24 Stunden aufgegeben, die es ihm auch im Hinblick auf seine persönliche Situation als Familienvater nicht wesentlich erleichterten, seine privaten oder beruflichen Verpflichtungen und Absprachen einzuhalten.
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Aus den genannten Gesichtspunkten falle die gebotene Interessenabwägung zu Lasten der Antragsgegnerin aus.
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Mit ihrer am 13. März 2024 eingegangenen Beschwerde beantragt die Antragsgegnerin,
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den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. März 2024 abzuändern und den Antrag des Antragstellers auf einstweiligen Rechtsschutz vollumfänglich abzulehnen.
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Zur Begründung wird angeführt, die Antragsgegnerin habe unter Vorlage umfangreicher polizeilicher Stellungnahmen und polizeilichen Videomaterials nachgewiesen, dass der Antragsteller einer Gruppe gewaltbereiter Fußballfans zuzuordnen sei, von denen an Spieltagen des FC A. Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere Aggressionshandlungen und Provokationen, zu befürchten seien, und dass der Antragsteller auch selbst aktiv an diesen Handlungen teilnehme. Das Verwaltungsgericht habe unzutreffend angenommen, dass die Antragstellerseite substantiiert dargelegt habe, dass im Hinblick auf die Auswärtsspiele falsche polizeiliche Erkenntnisse zur Frage einer Beteiligung der Ultra-Gruppierung „L. A1.“ sowie zum Antragsteller selbst zugrunde gelegt worden seien. Die Antragsgegnerin habe zahlreiche Videos und Aktenvermerke szenekundiger Beamter vorgelegt, die belegten, dass der Antragsteller bei Gewalttätigkeiten sowohl in Linz als auch in Mainz aktiv dabei gewesen sei. Darüber hinaus sei das Verhalten des Antragstellers seit dem Jahr 2012 regelmäßig Inhalt von Strafverfahren gewesen, wobei es sich um Taten mit Fußballbezug gehandelt habe.
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Anders als das Verwaltungsgericht annehme, erweise sich der Eingriff in die grundrechtlichen Freiheiten des Antragstellers, insbesondere auch im Hinblick auf die räumliche und zeitliche Dimension, als verhältnismäßig. Das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit den umfangreichen Erwägungen der Antragsgegnerin hinsichtlich der angeordneten Maßnahmen auseinandergesetzt, insbesondere verkenne es die weitreichenden Ausnahmemöglichkeiten in Nr. 3 und Nr. 5 des Bescheids. Bei allen vom Betretungs- und Aufenthaltsverbot betroffenen Flächen handle es sich um Begegnungsflächen von Fans des FC A. und sowie des jeweiligen Gästeteams. Der Wohnort des Antragstellers liege zwar in der Nähe einzelner räumlicher Geltungsbereiche, jedoch nicht innerhalb. Hinsichtlich der Straßenbahnhaltestellen sei lediglich die Linie 8 (Stadionlinie) betroffen; die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit des Antragstellers seien nur geringfügig. Der zeitliche Geltungsbereich sei notwendig und angemessen. Anders als das Verwaltungsgericht annehme, sei kein Zeitraum von bis zu vier Monaten erfasst, sondern lediglich zwölf Tage in einem Zeitraum von zweieinhalb Monaten. Die Erfüllung beruflicher und privater Verpflichtungen, auch in Hinblick auf das Kind, sei weiterhin möglich. Auch die Meldeauflage sei verhältnismäßig.
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Die Antragstellerseite beantragt mit Schriftsatz vom 14. März 2024,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie verteidigt den Beschluss des Verwaltungsgerichts und trägt vor, der Bescheid treffe die völlig falsche Person. Die Verhältnismäßigkeit sei nicht gewahrt, da der Grundrechtseingriff bei ihm als Familienvater sehr viel größer sei als bei anderen Betroffenen; in der Vergangenheit habe er sich eine Gefährderansprache zur Warnung dienen lassen und sein Verhalten dadurch schon sehr geändert. Auch sei der Antragsteller bei von der Antragsgegnerin angeführten Konfrontationen nicht beteiligt gewesen, bzw. sei die Provokation von gegnerischen Fans ausgegangen. Auch könne bei der „Legio“ nicht von einer gewaltbereiten Ultra-Gruppierung gesprochen werden. Daher rechtfertige allein die Zugehörigkeit zu dieser keine negative Gefahrenprognose. Der Bescheid entspreche auch in räumlicher wie zeitlicher Hinsicht nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Hier müsse nochmals auf die persönliche Situation als Familienvater verwiesen werden, der viele Spiele des FC A. gar nicht mehr besuche.
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Es seien auch keine milderen Mittel wie Gefährderansprache oder die Androhung entsprechender Maßnahmen berücksichtigt worden. Eine Gefährderansprache sei 2018 erfolgt, die ihm aktuell vorgeworfenen Vorfälle seien fünf bzw. sechs Jahre später erfolgt; sie habe also eine Verhaltensänderung bewirkt. Auch eine reine Meldeauflage wäre als milderes Mittel möglich und ausreichend gewesen.
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Ergänzend wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
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Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen die Abänderung der mit der Beschwerde angegriffenen Entscheidung. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der anhängigen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2024 ist abzulehnen.
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1. Soweit sich die streitbefangenen Maßnahmen auf Spiele am 2., 9., 10. und 16. März 2024 beziehen, sind diese Termine im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats bereits verstrichen. Insoweit ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO daher aufgrund teilweiser Erledigung dieser Anordnungen (siehe Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) unzulässig geworden.
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2. Im Übrigen ist der Eilantrag unbegründet. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts spricht nach einer im Eilverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage alles dafür, dass die Klage abzuweisen sein wird. Es überwiegt daher das öffentliche Interesse an einer Fortdauer der von der Antragsgegnerin gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordneten sofortige Vollziehung das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs.
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a) Rechtsgrundlage für das von der Antragsgegnerin an Heimspieltagen des FC A. verhängte Aufenthalts- und Betretungsverbot in bestimmten Bereichen im Stadtgebiet von A. sowie für die – anlässlich nicht in A. stattfindender Spielbegegnungen – verfügte „Meldeauflage“ ist jeweils Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 LStVG. Danach können die Sicherheitsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben für den Einzelfall Anordnungen treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, zu verhüten oder zu unterbinden (Nr. 1), und um Gefahren abzuwehren, die unter anderem das Leben oder die Gesundheit von Menschen bedrohen oder verletzen (Nr. 3).
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b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 LStVG sind erfüllt.
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aa) Tatbestandliche Voraussetzung für den Erlass von auf die sicherheitsrechtliche Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 LStVG gestützte Maßnahmen ist, wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist, das Vorliegen einer konkreten Gefahrenlage bzw. einer konkreten Gefahr (vgl. dazu auch Holzner in BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Möstl/Schwabenbauer, Stand 1.10.2023, LStVG Art. 7 Rn. 33). Darunter ist nach der nunmehr in Art. 11 Abs. 1 Satz 2 PAG durch den bayerischen Gesetzgeber vorgenommenen Legaldefinition eine Sachlage zu verstehen, die bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens im Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung von Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führt. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bildet dabei die Gefahren- bzw. Eingriffsschwelle, wobei sich die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts auf hinreichend gesicherte Anhaltspunkte stützen lassen muss; eine bloße abstrakte bzw. vage Möglichkeit des Schadenseintritts reicht dafür nicht aus. Dabei stehen die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts und die zu erwartende Störung wie auch das von der Gefahrensituation betroffene Rechtsgut in indirekter Relation zueinander, indem an die Wahrscheinlichkeit des Störungseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, desto höherwertig das bedrohte Rechtsgut bzw. desto größer der zu befürchtende Schaden ist (zum Ganzen vgl. Holzner in BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Möstl/Schwabenbauer, Stand 1.10.2023, PAG Art. 11 Rn. 20 ff., 24 ff.).
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Ob unter Berücksichtigung der dargelegten Maßgaben im konkreten Einzelfall die Voraussetzungen für den Erlass eines Betretungs- und Aufenthaltsverbots sowie der Meldeauflage vorliegen, beurteilt sich nach einer Gefahrenprognose, die anhand der Verhältnisse und dem möglichen Erkenntnisstand der Verwaltungsbehörde zum Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme (ex-ante Betrachtung) zu treffen ist (vgl. BayVGH, B.v. 18.9.2018 – 10 CS 18.1599 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 28.8.2017 – 10 ZB 16.68 – juris Rn. 4 u. 7).
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bb) Die sicherheitsbehördliche Prognose einer vom Antragsteller ausgehenden konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere auch die Gefahr der Begehung von Straftaten im Zusammenhang mit den im einzelnen aufgelisteten Fußballspielen, ist plausibel und nachvollziehbar und auf hinreichend gesicherte Anhaltspunkte gestützt.
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Nach den bereits im erstinstanzlichen Verfahren von der Antragsgegnerin vorgetragenen tatsächlichen Anhaltspunkten ist zunächst davon auszugehen, dass der Antragsteller sich im Umfeld der Augsburger Problemfanszene, die sich in der jüngeren Vergangenheit zunehmend als gewaltbereit herausgestellt hat, bewegt. Er gehört nach eigenem Bekunden der Ultra-Vereinigung „L. A1.“ und damit der Ultraszene des FC A., die wiederum nach den nachvollziehbaren Darstellungen der Sicherheitsbehörden immer wieder durch problematische Verhaltensweisen auffällt, an. Dabei kann dahinstehen, ob die gesamte „L. A1.“ zum Kreis der Problemfans zählt und ob nur ihre Mitglieder (oder auch Mitglieder anderer Ultra-Gruppierungen) Problemfans sind. Die Sicherheitsbehörden haben jedenfalls substantiiert und nachvollziehbar aufgezeigt, dass es im Umfeld des FC A. eine etwa 200-köpfige Ultraszene gibt, die sich seit der Rückrunde 2022/2023 negativ gewandelt hat. Die unstrittigen Auseinandersetzungen beim Heimspiel gegen Mö. am 19. August 2023, beim Auswärtsspiel gegen Mainz am 17. Februar 2024 und im Zusammenhang mit dem Spiel Linz gegen Lustenau am 21. Oktober 2023 in Linz belegen die Bereitschaft dieser Szene, im Zusammenhang mit Fußballspielen jederzeit erhebliche Gewalt gegen Menschen oder Sachen auszuüben. Die Augsburger Ultras waren innerhalb weniger Monate an mehreren Fällen des (schweren) Landfriedensbruchs, verschiedener Formen der Körperverletzung und der Sachbeschädigung beteiligt.
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Ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankäme, merkt der Senat an, dass die Ausführungen des Antragstellers zur „Einordnung“ der Szene und szenetypischer Gewalt die Einschätzungen der Sicherheitsbehörden zur Gefährlichkeit der Ultraszene eher be- als widerlegen. Wenn der Antragsteller ausführt, vor den Auseinandersetzungen habe es „Provokationen“ und „Vorbereitungen eines Angriffs“ durch Anhänger anderer Vereine gegeben, räumt er bestenfalls ein, dass die ersten Gewalttätigkeiten von der heimischen Fanszene ausgingen, und bringt schlimmstenfalls die Meinung zum Ausdruck, dass die unstreitige Gewalt als Reaktion auf Provokationen oder als Präventionsmaßnahme gerechtfertigt gewesen sein könnte. Gleiches gilt für den Vortrag, dass ein vergleichbares Niveau der Auseinandersetzungen auch schon vor der Corona-Pandemie geherrscht habe, weswegen nicht von einer zunehmenden Gewaltbereitschaft gesprochen werden könne. Diese gesamten Einlassungen lassen eher befürchten, dass der Antragsteller Gewalt – jedenfalls innerhalb der Ultraszene – als legitimes Mittel zur Austragung von Konflikten begreift.
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Ob bereits die Zugehörigkeit zur Augsburger Problemfanszene die Annahme einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit rechtfertigt (BayVGH, B.v. 9.6.2006 – 24 CS 06.1521 – juris Rn. 15; VG München, U.v. 25.2.2010 – M 22 K 08.203 – juris Rn. 82 für die eingeräumte Zugehörigkeit zur Hooliganszene), kann dahinstehen, denn hinsichtlich des Antragstellers spricht nach der im Eilverfahren nur möglichen aber auch ausreichenden summarischen Prüfung alles dafür, dass die Antragsgegnerin zu Recht davon ausgeht, dass er gegenüber Anhängern anderer Fußball-Vereine gewalttätig geworden ist. Bereits in der Vergangenheit seit 2012 ist der Antragsteller regelmäßig im Zusammenhang mit Fußballspielen polizeilich in Erscheinung getreten. So wurden zumindest drei Strafbefehle gegen ihn in den Jahren 2013 und 2014 erlassen, 2012 wurde eine Meldeauflage im Zusammenhang mit der Fußballeuropameisterschaft angeordnet und 2018 erfolgte durch die Polizei eine Gefährderansprache. Nicht entscheidungserheblich ist nach allgemeinen sicherheitsrechtlichen Maßstäben, ob der Antragsteller wegen der Vorfälle strafrechtlich verurteilt wurde oder nicht.
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Auch wenn diese Vorfälle bereits einige Jahre zurückliegen, ist aufgrund der aktuellen Ereignisse die Annahme der Antragsgegnerin, dass entgegen dem Vortrag des Antragstellers bei diesem keine Verhaltensänderung stattgefunden hat, nachvollziehbar. So ist zwar ein Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller durch die Staatsanwaltschaft Linz mit Verfügung vom 15. November 2023 eingestellt worden. Von der Ordnungsbehörde wurde jedoch eine Geldbuße in Höhe von 150 Euro verhängt. Des Weiteren ist wegen derselben Auseinandersetzung in Linz am 21. Oktober 2023 nach Mitteilung der Polizei noch ein zweites Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Linz anhängig. Darüber hinaus haben die Sicherheitsbehörden Videomaterial und Aktenvermerke szenekundiger Beamter vorgelegt, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit belegen, dass der Antragsteller an Gewalttätigkeiten sowohl in Linz als auch in Mainz aktiv beteiligt war.
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Der Antragsteller ist dieser Gefahrenprognose nicht substantiiert entgegengetreten. Abgesehen davon, dass der Vortrag des Antragstellers nicht – etwa im Wege der eidesstattlichen Versicherung (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 294 Abs. 1 ZPO) – glaubhaft gemacht wurde, hätte es angesichts der konkreten Ausführungen in der Gefahrenprognose wenigstens eines substantiierten Bestreitens durch den Antragsteller bedurft, was aber weder die Klagebegründung noch die Beschwerdeerwiderung leisten. So trägt er zu den Auseinandersetzungen in Linz am 21. Oktober 2023 lediglich vor, dass das Strafverfahren eingestellt worden sei. Dass er an der Auseinandersetzung beteiligt war, bestreitet er damit nicht einmal. Auf die von der Sicherheitsbehörde vorgelegten Videos und Aktenvermerke geht er nicht ein. Nach den Feststellungen der Polizei ist der Antragsteller eindeutig bei einem offenen Schlagaustausch zwischen ihm und einem Kontrahenten zu erkennen. Die Tathandlung des Antragstellers sowie dessen Anwesenheit seien durch Sichtung der Videos zweifelsfrei belegt worden und Gegenstand eines laufenden Ermittlungsverfahrens wegen Raufhandels bei der Staatsanwaltschaft Linz (Aktenvermerk der Polizeiinspektion A. Süd vom 1.3.2024).
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Entsprechendes gilt auch für die Auseinandersetzung in M. am 17. Februar 2024. Der Antragsteller räumt ein, in M. und am Ort der Auseinandersetzungen gewesen zu sein, streitet aber ab, an der Auseinandersetzung vor dem Spiel beteiligt gewesen zu sein. Er trägt insoweit vor, in der Kneipe nur sein Bier getrunken zu haben. Auf keinem der bisher gesichteten Videos sei der Antragsteller, der durch seine erheblich große Körperstatur immer zu erkennen sei, zu sehen. Er habe keine Kampfverletzungen gehabt, die auf eine Auseinandersetzung hingewiesen hätten. Auf die Feststellungen der Polizei, wonach der Antragsteller bei einer Tathandlung auf dem Video zu sehen sei (Aktenvermerk der Polizeiinspektion A. Süd vom 5.3.2024), geht der Antragsteller dagegen nicht ein. Auch wenn zugegebenermaßen der mit Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 6. März 2024 vorgelegte Screenshot nicht besonders aussagekräftig ist, liegen auch hier Feststellungen eines szenekundigen Beamten vor, wonach der Antragsteller bei den Auseinandersetzungen zweifelsfrei habe identifiziert werden können und wonach es sich um ein laufendes Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch bei der Staatsanwaltschaft Mainz handle (Aktenvermerk der Polizeiinspektion A. Süd vom 4.3.2024). Auch insoweit beschränkt sich der Antragsteller trotz umfangreichen, substantiierten und mit Belegen unterfütterten Vortrags der Antragsgegnerin auf bloßes Bestreiten.
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Damit ist im Eilverfahren davon auszugehen, dass die Annahme der Antragsgegnerin, der Antragsteller sei in Zusammenhang mit Fußballspielen innerhalb der letzten Monate zweimal in Auseinandersetzungen verwickelt gewesen, die mit erheblicher Gewalt gegen Personen verbunden waren, rechtlich nicht zu beanstanden ist. Dies allein reicht aus, um die Gefahrenprognose der Antragsgegnerin als rechtmäßig erscheinen zu lassen. Nicht entscheidungserheblich ist zudem, ob der Antragsteller berechtigterweise als „Gewalttäter Sport“ geführt wird.
34
c) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Einwendungen der Antragstellerseite im Eilrechtsschutz- und im Beschwerdeverfahren hat die Antragsgegnerin das ihr nach Art. 7 Abs. 2 LStVG eingeräumte Ermessen dem Zweck dieser sicherheitsrechtlichen Generalklausel entsprechend ausgeübt und auch die durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 8 LStVG) bestimmten Grenzen des Ermessens eingehalten. Die Antragsgegnerin hat auf den konkreten Einzelfall des Antragstellers bezogen ausführlich begründet, dass die von ihr im Bescheid vom 28. Februar 2024 verfügten Anordnungen – Betretungs- und Aufenthaltsverbot bei den verbleibenden Heimspielen des FC A., Regelung zur Nutzung der Straßenbahn-Stadionlinie (8), Meldepflicht bei der zuständigen Polizeiinspektion in A. anlässlich der verbleibenden Auswärtsspiele des FC A. und eines bestimmten Fußballrückspiels in Österreich – zur Verhütung weiterer Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten und zur Abwehr konkreter Gefahren für die Schutzgüter Leben und Gesundheit durch den Antragsteller bei und im Zusammenhang mit Fußballspielen des FC A. geeignete und erforderliche Maßnahmen (Art. 8 Abs. 1 und 2 LStVG) sind, die unter Berücksichtigung der Bedeutung der betroffenen Schutzgüter den Antragsteller in seinen Freiheitsgrundrechten (Art. 11 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) nicht unzumutbar beeinträchtigen (Art. 8 Abs. 3 LStVG).
35
Soweit der Antragsteller in seiner Beschwerdeerwiderung im Hinblick auf „aktuelle Vorfälle“ mit FCA-Fans (nach Erlass des Bescheids) und die darin zum Ausdruck kommende „negative Entwicklung“ schon die Eignung der streitbefangenen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr bezweifelt, weil mit dem „Antragsteller als Familienvater“ offensichtlich die „falsche Person“ als Störer herangezogen worden sei, wird schon verkannt, dass eine Maßnahme dann im Sinne von Art. 8 Abs. 1 LStVG geeignet ist, wenn mit ihr der angestrebte Zweck – Verhütung weiterer Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten und Abwehr konkreter Gefahren für die Schutzgüter Leben und Gesundheit durch den Antragsteller im Zusammenhang mit den restlichen Spieltagen des FC A. – ganz oder wenigstens teilweise erreicht werden kann (vgl. auch Nr. 8.1.2 VollzBek LStVG). Dass gewalttätige Übergriffe gegen Personen und Sachen auch von anderen Hooligans aus dem Umfeld der Ultra-Fanszene des FC A. ausgehen, macht die gegenüber dem Antragsteller verfügten Anordnungen deshalb weder ungeeignet noch unverhältnismäßig.
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Soweit die Antragstellerseite und ihr folgend das Verwaltungsgericht bemängeln, dass die Antragsgegnerin keine milderen Mittel wie insbesondere eine erneute Gefährderansprache „berücksichtigt“ habe, greift auch dieser Einwand nicht durch. Neben der Sache liegt insoweit der „Vorschlag“ des Antragstellers in der Beschwerdeerwiderung, ein milderes Mittel zur Bekämpfung der Auseinandersetzungen rivalisierender Fan-Gruppierungen sei es, „die anreisenden und auch vielleicht angreifenden Problemfans (anderer Vereine) mit einem Betretungsverbot“ zu belegen, da die „FCA-Szene nur auf entsprechende Provokationen der Gegenseite reagiert“. Dass eine solche Maßnahme zur Abwehr der befürchteten Gefahren überhaupt tatsächlich möglich und geeignet sowie vor allem auch gleich effektiv wäre, wird von Antragstellerseite aber weder dargelegt noch ist dies für den Senat sonst ersichtlich.
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Die Behauptung, dass der Antragsteller bei den (wenigen) Heimspielen, „die er überhaupt noch besucht“, nicht zur einschlägigen Ultra-Fanszene dazu stoße und nach den Spielen vielmehr sofort nach Hause gehe, weshalb eine Beschränkung bei Heimspielen nicht erforderlich sei, lässt abgesehen davon, dass seine Beteiligung an gewalttätigen Auseinandersetzungen zuletzt tatsächlich jeweils auswärts in Mainz und Linz festgestellt worden ist, jegliche Substantiierung vermissen. Der Senat sieht dies gerade angesichts der oben dargelegten Gefahrenprognose als Schutzbehauptung an.
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Nichts anderes gilt für den Einwand, eine Gefährderansprache oder die Androhung der letztlich getroffenen Anordnungen hätten als milderes Mittel berücksichtigt werden müssen, weil dies beim Antragsteller „erhebliche Wirkung gezeigt“ hätte; nach der letzten Gefährderansprache (im Oktober 2018) „habe es keinen einzigen Eintrag mehr“ bei ihm gegeben. Unabhängig davon, dass (auch) insoweit die Beteiligung des Antragstellers an den gewalttätigen Ausschreitungen in Mainz und Linz ausgeblendet wird, erschöpft sich dieser Einwand in der Äußerung einer vagen Hoffnung, die unter Berücksichtigung der gesamten Umstände von der Antragsgegnerin zu Recht nicht geteilt wird. Auch für den Senat ist nicht erkennbar, dass eine Gefährderansprache, eine Androhung der (verfügten) Maßnahmen oder – entsprechend der Beschwerdeerwiderung des Antragstellers – auch eine reine Meldeauflage bei Heimspielen tatsächlich geeignet wären, die sich nach der oben angestellten Prognose ergebende (Wiederholungs) Gefahr beim Antragsteller (gleich) effektiv zu beseitigen.
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Soweit das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung „rechtliche Bedenken“ hinsichtlich der räumlichen und der zeitlichen Dimension des Betretungs- und Aufenthaltsverbots äußert und in der Zusammenschau dieser Maßnahme mit der weiter verfügten Meldeauflage für die restliche Bundesligasaison einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (im engeren Sinn) annimmt, weil der Antragsteller dadurch in seiner Fortbewegungs- und Handlungsfreiheit für insgesamt zwölf Tage bis zum Ende der Bundesligasaison, „mithin für einen Zeitraum von bis zu vier Monaten“, auch in nicht fußballbezogenen Bereichen der Innenstadt von Augsburg erheblich eingeschränkt werde, ist dem die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren mit überzeugenden Gründen entgegengetreten.
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Zum räumlichen Geltungsbereich des Betretungs- und Aufenthaltsverbots hat die Antragsgegnerin im angefochtenen Bescheid und – vertiefend – in der Beschwerdebegründung nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, dass es sich insoweit hauptsächlich um szeneneuralgische Bereiche und die Haltestellenbereiche der Straßenbahnlinie 8 (Stadionlinie) handelt, bei denen es bereits in der Vergangenheit immer wieder zu Auseinandersetzungen mit anreisenden Fan-Gruppierungen anderer Mannschaften gekommen ist. Eine damit unter Umständen einhergehende Verlagerung von Fan-Gruppen in außerhalb vom Betretungsverbot liegende Gebiete bzw. Zonen macht, worauf die Antragsgegnerin zu Recht verweist, mit Blick auf die angestrebte Vermeidung von Begegnungen rivalisierender Fan-Gruppierungen diese Maßnahme nicht etwa ungeeignet. Den durch die Polizei aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen bestimmten szeneneuralgischen Bereichen (im Wesentlichen Austragungsorte früherer Auseinandersetzungen und Treffpunkte der Augsburger Problemszene), die sich die Antragsgegnerin bei ihrer Gefahreneinschätzung zu eigen gemacht hat, wird von Antragstellerseite nichts von Substanz entgegengehalten. Demgemäß ist auch die Bewertung der Antragsgegnerin, zur Erreichung des angestrebten Zwecks genüge es nicht, den räumlichen Geltungsbereich dieser Maßnahmen lediglich auf das unmittelbare Stadionumfeld zu beschränken, nicht zu beanstanden. Zutreffend hat die Antragsgegnerin auch darauf hingewiesen, dass der Geltungsbereich des Betretungs- und Aufenthaltsverbots den Wohnort des Antragstellers und weitläufige Bereiche des Stadtviertels „Innenstadt“ nicht erfasst, sodass es dem Antragsteller auch an (den verbleibenden vier) Heimspieltagen möglich ist, den Verrichtungen des täglichen Lebens weiter nachzugehen.
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Soweit das Verwaltungsgericht dazu feststellt, es seien hier auch weite – nicht fußballbezogene – „Teile der städtischen Innenstadt“ betroffen und die durch die Antragsgegnerin dazu vorgetragenen Begründungen könnten die „diesbezüglichen Bedenken“ nicht ausräumen, wird schon nicht hinreichend klar, worauf sich diese Bedenken tatsächlich stützen. Insbesondere ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass die Bewertung der Antragsgegnerin, es handle sich hier im Wesentlichen um Austragungsorte früherer Auseinandersetzungen, Treffpunkte der ... Problemszene sowie Begegnungsflächen mit rivalisierenden Fans anreisender Gastmannschaften, sachlich unzutreffend wäre. Zutreffend verweist die Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung auch darauf, dass hinsichtlich der Straßenbahnhaltestellen lediglich die Streckenführung der Linie 8 (Stadionlinie) vom K2.-platz in südliche Richtung (zum Fußballstadion) betroffen ist, der Antragsteller sich im Stadtgebiet auf den sonstigen Straßenbahnhaltestellen und -linien frei bewegen kann, und bei Darlegung eines berechtigten Interesses selbst der Zu- bzw. Ausstieg an einer der vom Betretungs- und Aufenthaltsverbot erfassten Straßenbahnhaltestellen nicht ausgeschlossen ist.
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Unabhängig davon hat der Senat in dem Parallelverfahren 10 CS 24.410 bereits entschieden, dass die Anordnung des Betretungs- und Aufenthaltsverbots für weite Teile der Innenstadt von Augsburg mit Blick auf entsprechende Ausnahmeregelungen im angefochtenen Bescheid rechtlich nicht zu beanstanden ist, selbst wenn der Betroffene in der Innenstadt wohnt.
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Zum zeitlichen Umfang der streitbefangenen Anordnungen (Betretungs- und Aufenthaltsverbot, Meldeauflage) verweist die Antragsgegnerin weiter zu Recht darauf, dass diese Maßnahmen lediglich an (ursprünglich) zwölf Spieltagen innerhalb eines Zeitraums von ca. zweieinhalb Monaten greifen und zudem bei Vorliegen eines berechtigten Interesses bzw. triftiger Gründe Ausnahmeregelungen im streitbefangenen Bescheid vorgesehen sind.
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Die Antragsgegnerin hat auch nachvollziehbar dargelegt, dass die zeitliche Erstreckung des Betretungs- und Aufenthaltsverbots jeweils geboten ist, um der vom Antragsteller ausgehenden Gefahr wirkungsvoll zu begegnen. Deren Dauer von vier Stunden vor Spielbeginn bis drei Stunden nach Spielende ist geboten, um nicht nur während der Dauer des Fußballspiels, sondern auch während der Anwie der Abreise der „eigenen“ ebenso wie der gegnerischen Fan-Szene zu verhindern, dass sich die vom Antragsteller ausgehende Gefahr realisiert. So dürfte bei sogenannten Hochrisikospielen ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot sogar von sechs Stunden vor Spielbeginn bis sechs Stunden nach Spielschluss nicht unverhältnismäßig sein (BayVGH, B.v. 30.11.2017 – 10 ZB 17.2121 – juris Rn. 9; B.v. 11.3.2024 – 10 CS 24.410 – noch nicht veröffentlicht). In der Regel wird in der Rechtsprechung ein Zeitraum von bis zu drei Stunden vor und nach dem Spiel als angemessen erachtet. Die Antragsgegnerin hat insoweit u.a. im Hinblick auf die Auseinandersetzung in Mainz, die bereits vier Stunden vor Spielbeginn stattgefunden hat, den zeitlichen Rahmen schlüssig und für den Senat überzeugend begründet.
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Soweit von Antragstellerseite schließlich geltend gemacht wird, er sei als Vater, der mit seiner Familie am nächsten zum Sperrgebiet wohne und auf die gesperrten öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen sei, „sehr viel größer bzw. härter als andere“ Adressaten in seinen Freiheitsgrundrechten betroffen, hält dem die Beschwerde in nicht zu beanstandender Weise entgegen, dass überwiegende Flächen des Stadtgebiets Augsburg weiterhin uneingeschränkt betreten werden dürfen, Ausflüge in die (Innen-) Stadt ebenso wie der fußläufige Besuch von Spielplätzen mit seinem Kind möglich sind und das Kind sich im Übrigen mit anderen Erziehungsberechtigten oder seinen Großeltern ohne Einschränkung jederzeit frei bewegen kann. Schließlich verweist der Antragsgegner zu Recht auch insoweit auf mögliche Ausnahmen bei Vorliegen eines berechtigten Interesses.
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Eine Differenzierung danach, ob es sich bei der betreffenden Begegnung um ein (Hoch-)Risikospiel handelt oder nicht, ist entgegen der Auffassung der Antragstellerseite nicht geboten, da die Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung nochmals nachvollziehbar und glaubhaft dargelegt hat, dass es in der Vergangenheit nicht nur bei (Hoch-)Risikospielen zu entsprechenden Vorfällen gekommen ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG. Die den Beschluss des Verwaltungsgerichts abändernde Streitwertfestsetzung beruht auf dem Umstand, dass die begehrte Entscheidung die Hauptsache im Wesentlichen vorwegnimmt. Daher ist der Auffangwert in Höhe von 5.000 Euro nicht gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu mindern.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).