Titel:
Ermessensfehlerhafte Gebührenfestsetzung durch die Vergabekammer
Normenketten:
GWB § 182 Abs. 2
GKG § 50 Abs. 2
Leitsätze:
1. Die Gebührenfestsetzung der Vergabekammer gem. § 182 Abs. 2 GWB ist ermessensfehlerhaft, wenn die Vergabekammer unter Zugrundelegung der Gebührentabelle der Vergabekammern des Bundes den Auftragswert in entsprechender Anwendung des § 50 Abs. 2 GKG nicht nach dem Bruttoauftragswert bemisst, und für einen optionalen Verlängerungszeitraum keinen Abschlag je nach der Wahrscheinlichkeit der Optionausübung, im Regelfall in Höhe von 50%, vornimmt. (Rn. 10 – 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Wertbestimmung nach § 50 Abs. 2 GKG ist der Wert des ausgeschriebenen Auftrags maßgeblich. Es kommt nicht darauf an, welche Angebote eingehen würden, wenn die Antragstellerin mit ihren vergaberechtlichen Rügen ganz oder teilweise erfolgreich wäre. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gebührenfestsetzung, Ermessensfehler, Rücknahme des Nachprüfungsantrags, Auftragswert, Abschlag, optionaler Verlängerungszeitraum
Vorinstanz:
Vergabekammer München, Beschluss vom 25.07.2023 – 3194.Z3-3_01-22-58 V
Fundstellen:
VergabeR 2024, 504
ZfBR 2024, 270
LSK 2024, 5654
NZBau 2024, 635
BeckRS 2024, 5654
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird die Gebührenfestsetzung der Vergabekammer Südbayern in Ziffer 3 Satz 1 des Beschlusses vom 25. Juli 2023, Az. 3194.Z3-3_01-22-58 aufgehoben. Insoweit wird das Verfahren zur erneuten Prüfung und Festsetzung der Gebühren unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats an die Vergabekammer zurückverwiesen.
2. Im Übrigen ist der Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 25. Juli 2023, Az. 3194.Z3-3_01-22-58, soweit er angefochten worden ist, durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrags wirkungslos geworden.
3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Antragsgegners und der Beigeladenen zu 50 Prozent. Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen 50 Prozent der Kosten des Verfahrens (Auslagen und Gebühren) gesamtschuldnerisch, wobei sich der Kostenanteil des Beigeladenen im Außenverhältnis auf ein Viertel reduziert. 50 Prozent der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin tragen der Antragsgegner und die Beigeladene zu gleichen Teilen.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin, den Antragsgegner und die Beigeladene für das Verfahren vor der Vergabekammer wird jeweils für notwendig erklärt.
4. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Antragsgegners und der Beigeladenen.
5. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 250.000,00 € festgesetzt.
Gründe
1
Mit Auftragsbekanntmachung vom 30. September 2022 schrieb der Antragsgegner europaweit Briefdienstleistungen für die Justizbehörden in Schwaben im Wege eines offenen Verfahrens aus. Die Beigeladene gab als einzige Bieterin ein Angebot ab. Mit Schriftsatz vom 16. November 2022 reichte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag ein, mit dem sie sich insbesondere gegen die in den Vergabeunterlagen enthaltene Vorgabe zum Einsatz sauberer Fahrzeuge nach dem Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz (SaubFahrzeugBeschG) wandte.
2
Mit Beschluss vom 25. Juli 2023 hat die Vergabekammer dem Antragsgegner untersagt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen und diesem aufgegeben, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer über den Fortgang des Verfahrens zu entscheiden. Im Übrigen hat sie den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin, die eine Zurückversetzung des Vergabeverfahrens und Überarbeitung der Vertragsunterlagen begehrt hat, zurückgewiesen. Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin durch die vorgegebene Auftragsbedingung (Verpflichtung zum Einsatz sauberer Fahrzeuge) hat die Vergabekammer verneint. Gemäß Ziffer 3 Satz 1 des Beschlusses ist für das Verfahren eine Gebühr in Höhe von 5.930,00 € festgesetzt worden.
3
Die Antragstellerin hat sich mit sofortiger Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer gewandt, soweit ihr Nachprüfungsantrag zurückgewiesen worden war, und zudem beantragt, die Gebührenfestsetzung der Vergabekammer aufzuheben und durch eine an dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin orientierte Gebührenhöhe zu ersetzen.
4
Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Vergabekammer die Höhe der Gebühr ermittelt habe. Die festgesetzte Gebührenhöhe lasse darauf schließen, dass die Vergabekammer das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an dem ausgeschriebenen Auftrag falsch eingeschätzt habe. Da der Antragsgegner einen – mit dem streitgegenständlichen Auftrag grundsätzlich identischen, jedoch keine Anforderungen nach dem SaubFahrzeugBeschG enthaltenden – Auftrag im Rahmen der Interimsvergabe ausgeschrieben habe, könne das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin anhand des Preises ermittelt werden, den die Antragstellerin dem Antragsgegner für diesen Auftrag angeboten habe. Unter Berücksichtigung der Verlängerungsoptionen des Antragsgegners und des aufgrund des Parallelverfahrens reduzierten Aufwands der Vergabekammer hätte die Gebührenhöhe bei Zugrundelegung des betreffenden Preises deutlich niedriger festgesetzt werden müssen.
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Nachdem der Antragsgegner das Vergabeverfahren nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VgV mangels eines wertbaren Angebots aufgehoben hatte, hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren auch die Aufhebungsentscheidung angegriffen und weiterhin eine Verpflichtung des Antragsgegners auf Rückversetzung des Vergabeverfahrens und Überarbeitung der Vergabeunterlagen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats begehrt.
6
Der Antragsgegner und der Beigeladene haben die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beantragt, letzterer hat sich allerdings nicht gegen die von der Antragstellerin begehrte Korrektur der Gebührenfestsetzung der Vergabekammer gewandt.
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Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage hat die Antragstellerin auf Empfehlung des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 6. März 2024 den Nachprüfungsantrag zurückgenommen.
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Auf die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist die Gebührenfestsetzung der Vergabekammer aufzuheben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung an die Vergabekammer zurückzuverweisen. Im Übrigen ist durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrags der Beschluss der Vergabekammer vom 25. Juli 2023 insoweit wirkungslos geworden (BayObLG, Beschluss vom 26. Oktober 2021, Verg 4/21, juris Rn. 2), als nicht Bestandskraft eingetreten ist (Verbot, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen). Dies hat der Senat in Ziffer 2 des Tenors deklaratorisch festgestellt.
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1.a) Bezüglich der mit der sofortigen Beschwerde zulässigerweise angegriffenen Gebührenfestsetzung der Vergabekammer, die durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrags in der Beschwerdeinstanz grundsätzlich nicht berührt wird, hat die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung keine Erklärung abgegeben. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine Weiterverfolgung ihres diesbezüglichen Rechtsschutzziels für die Antragstellerin mit keinerlei Nachteilen verbunden ist, ist davon auszugehen, dass sie insoweit ihre sofortige Beschwerde aufrechterhalten hat. Dies ist prozessual zulässig, da die Gebührenfestsetzung isoliert mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2011, X ZB 5/10, juris Rn. 9 und 24; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 23. Januar 2023, 19 Verg 1/22, juris Rn. 15; OLG München, Beschluss vom 6. November 2020, Verg 9/20, juris Rn. 3). Gesonderte Gebühren oder Kosten fallen nicht an. Auch die mit der Rücknahme eines Nachprüfungsantrags vor Schluss der mündlichen Verhandlung verbundene Gebührenermäßigung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass ein Beschwerdeführer an seinem Antrag auf Korrektur der Gebührenfestsetzung der Vergabekammer festhält (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. Januar 2021, Verg 9/20, juris Rn. 7).
10
b) Gemäß § 182 Abs. 1 GWB erhebt die Vergabekammer Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwands im Nachprüfungsverfahren, mit denen die Beteiligten nach Maßgabe von § 182 Abs. 3 GWB belastet werden. Die Entscheidung über den Gebührenansatz liegt gemäß § 182 Abs. 2 GWB im pflichtgemäßem Ermessen der Vergabekammer, sodass der Senat die Gebührenfestsetzung der Vergabekammer nur auf Ermessensfehler hin überprüfen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2011, X ZB 5/10, juris Rn. 12; OLG München; Beschluss vom 6. November 2020, Verg 9/20, juris Rn. 6).
11
Die Vergabekammer bestimmt die Gebührenhöhe unter Berücksichtigung ihres Aufwands und der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache. Den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gebührenfestsetzung tragen die Vergabekammern üblicherweise dadurch Rechnung, dass sie die von den Vergabekammern des Bundes entwickelte Gebührentabelle heranziehen und bei etwaigen Besonderheiten des Einzelfalls in Bezug auf den personellen und sachlichen Aufwand eine Ermäßigung bzw. Erhöhung der Gebühren vornehmen. Dabei ist vom Wert des Verfahrensgegenstands auszugehen (vgl. Brauser-Jung in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 182 Rn. 5). Ein solches Vorgehen begegnet grundsätzlich keinen Bedenken (vgl. statt vieler: OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Oktober 2021, 11 Verg 5/21, juris Rn. 22; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Januar 2019, Verg 62/18, juris Rn. 8).
12
Dabei sind die Auftragswerte, an die die Gebührentabelle der Vergabekammern des Bundes anknüpft, in entsprechender Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu § 50 Abs. 2 GKG zu bestimmen (vgl. Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 23. Januar 2023, 19 Verg 1/22, juris Rn. 21; Krohn in Burgi/Dreher/Opitz, Beck'scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, 4. Auflage 2022, § 182 GWB Rn. 21; Losch in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 5. Aufl. 2024, § 182 GWB Rn. 11). Maßgeblich ist der Bruttoauftragswert gemäß dem Angebot des Antragstellers. Hat der Antragsteller – wie vorliegend – kein Angebot abgegeben, kann der Wert des Verfahrensgegenstands auf Grundlage einer verantwortlichen Einschätzung des Auftraggebers bemessen werden. Dabei ist zu beachten, dass die Auftragswertschätzung nach § 3 VgV nicht in allen Punkten nach denselben Grundsätzen erfolgt, wie der für die Streitwertberechnung maßgebliche Auftragswert nach § 50 Abs. 2 GKG. So ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VgV vom voraussichtlichen Gesamtwert der Leistungen ohne Umsatzsteuer auszugehen, während nach § 50 Abs. 2 GKG der Bruttoauftragswert heranzuziehen ist. Optionen sind nach § 3 Abs. 1 Satz 2 VgV einerseits mit dem vollen Wert anzusetzen, andererseits regelt § 3 Abs. 11 Nr. 2 VgV, dass bei Aufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen, für die kein Gesamtpreis angegeben wird, maximal der 48-fache Monatswert als Berechnungsgrundlage heranzuziehen ist. Demgegenüber sind Verlängerungsoptionen bei der Streitwertfestsetzung nach § 50 Abs. 2 GKG auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch bei einer potenziellen Laufzeit von mehr als 48 Monaten zu berücksichtigen, dafür ist – je nach Wahrscheinlichkeit der Ausübung – ein Abschlag vorzunehmen, der im Regelfall 50 Prozent beträgt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2014 – Bioabfallvergärungsanlage, X ZB 12/13, NZBau 2014, 452 [juris Rn. 6 ff.]; BayObLG, Beschluss vom 5. August 2022, Verg 7/22, juris Rn. 11 m. w. N.).
13
Soweit die Antragstellerin in der Beschwerde geltend macht, die Auftragswertschätzung sei daran zu orientieren, welches Angebot die Antragstellerin im Falle einer Vergabe ohne die von ihr beanstandeten Vorgaben nach dem SaubFahrzeugBeschG abgeben würde, kann ihr nicht gefolgt werden. Die Antragstellerin stellt nicht in Abrede, dass ihr wirtschaftliches Interesse darauf gerichtet ist, den streitgegenständlichen Beschaffungsbedarf der Vergabestelle vollumfänglich (und nicht nur für ein bestimmtes Los) zu decken, mag sie auch andere Bedingungen für die Auftragsvergabe anstreben. Für die Wertbestimmung nach § 50 Abs. 2 GKG ist damit auf den Wert des ausgeschriebenen Auftrags abzustellen und nicht darauf, welche Angebote eingehen würden, wenn die Antragstellerin mit ihren Rügen ganz oder teilweise erfolgreich wäre. Auf etwaige Angebotssummen der Antragstellerin im Rahmen der Vergabe eines Interimsauftrags kommt es damit nicht an.
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cc) Ausweislich Bl. 3225 der dortigen Akten hat die Vergabekammer die Gebühren unter Heranziehung der von den Vergabekammern des Bundes entwickelten Gebührentabelle bestimmt. Sie hat dabei auch im Rahmen eines Abschlags berücksichtigt, dass es ein Parallelverfahren mit gleichgelagerten Fragestellungen gegeben hat. Insofern sind Ermessensfehler nicht ersichtlich.
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Bezüglich der Höhe des Auftragswerts hat die Vergabekammer den in der Vergabedokumentation festgehaltenen geschätzten Auftragswert der Vergabestelle herangezogen. Dabei hat sie allerdings ersichtlich übersehen, dass es sich bei dem diesbezüglichen Betrag von 6.578.182,68 € (Bl. 3277 der Akten der Vergabekammer) nicht um den Brutto-, sondern den Nettobetrag handelt. Außerdem hat die Vergabekammer nicht berücksichtigt, dass die Vergabestelle, wie den Erläuterungen auf der nachfolgenden Seite der Dokumentation zu entnehmen ist, entsprechend § 3 Abs. 1 VgV den Auftragswert auf der Basis einer vierjährigen Laufzeit berechnet hat, also für die optionale Laufzeitverlängerung von 3 Jahren keinen Abschlag vorgenommen hat.
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Auf der Basis der Rechtsprechung zu § 50 Abs. 2 GKG beläuft sich der geschätzte Auftragswert für die feste Laufzeit des Vertrags von einem Jahr – ausgehend von der Auftragswertschätzung der Vergabestelle – auf 1.957.009,35 € brutto. Hieraus errechnet sich für den optional möglichen Verlängerungszeitraum von insgesamt drei Jahren ein Betrag von 5.871.028,05 € brutto. Die Ungewissheit darüber, ob das Optionsrecht ausgeübt wird, ist mit einem angemessenen Abschlag vom Auftragswert für den Verlängerungszeitraum zu berücksichtigen. Mangels erkennbarer Besonderheiten erfolgt insoweit ein Regelabschlag in Höhe von 50 Prozent. Auf den optional möglichen Vertragszeitraum entfällt somit ein Betrag in Höhe von 2.935.514,02 €. Der so ermittelte, für die Gebührenbemessung der Vergabekammer maßgebliche Auftragswert beläuft sich damit auf 4.892.523,37 € brutto und nicht auf 6.578.182,68 € brutto, wie die Vergabekammer ermessensfehlerhaft angenommen hat.
17
Vor diesem Hintergrund kann die Gebührenfestsetzung der Vergabekammer keinen Bestand haben. Diese ist vielmehr aufzuheben, wobei es Sache der Vergabekammer ist, ihren Ermessensspielraum unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats erneut anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls auszuüben. Insbesondere ist es nicht Sache des Senats festzulegen, ob der Abschlag, den die Vergabekammer wegen der Befassung mit einem gleichgelagerten Fall vorgenommen hat, bei einem deutlich niedrigeren Auftragswert gleich hoch bleibt oder niedriger zu veranschlagen ist.
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2. Über die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten ist nach § 182 Abs. 3 Satz 5, Abs. 4 Satz 3 GWB nach billigem Ermessen einheitlich unter Berücksichtigung sowohl des Verfahrens betreffend die Zulässigkeit der Ausführungsbedingung als auch hinsichtlich des bereits bestandskräftig gewordenen Teils der Entscheidung der Vergabekammer, der das Verbot, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen betraf, zu entscheiden.
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a) Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands entspricht eine Kostenquotelung der Billigkeit. Denn der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin hatte Erfolg, soweit der Ausschluss des Angebots der Beigeladenen streitgegenständlich war. Insoweit ist die Entscheidung der Vergabekammer bestandskräftig. Soweit das Verfahren die Zulässigkeit der Ausführungsbedingung betraf, wäre die Beschwerde der Antragstellerin – wie vom Senat in der mündlichen Verhandlung vom 6. März 2024 dargelegt – aller Voraussicht nach erfolglos gewesen; zudem hat sich die Antragstellerin durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrags insoweit in die Rolle der Unterlegenen begeben (vgl. hierzu BayObLG, Beschluss vom 26. Oktober 2021, Verg 4/21, juris Rn. 3 m. w. N.).
20
Die Beigeladene hat das Verfahren vor der Vergabekammer durch Stellen von Anträgen und schriftsätzlichen Vortrag gefördert (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 8. März 2021, KVR 96/20, juris Rn. 3; BayObLG, Beschluss vom 5. August 2022, Verg 7/22, juris Rn. 7 m. w. N.).
21
Es entspricht somit der Billigkeit, der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners und der Beigeladenen zu 50 Prozent aufzuerlegen sowie dem Antragsgegner und der Beigeladenen gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin zu 50 Prozent aufzuerlegen; für Letztere haften sie zu gleichen Teilen. Die Kostenhaftung der Beigeladenen für die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer ist wegen der Gebührenbefreiung des Antragsgegners nach § 182 Abs. 1 Satz 2 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG (Bund) vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung (siehe auch Ziffer 3 des Tenors der Entscheidung der Vergabekammer) im Außenverhältnis auf ein Viertel reduziert (vgl. BayObLG, Beschluss vom 26. Mai 2023, Verg 2/23, juris Rn. 112; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Februar 2018, Verg 55/17, juris Rn. 21; Krohn in Burgi/Dreher/Opitz, Beck´scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, § 182 GWB Rn. 35).
22
b) Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin, den Antragsgegner und die Beigeladene im Verfahren vor der Vergabekammer ist jeweils für notwendig zu erklären, da komplexe Sach- und Rechtsfragen inmitten standen und die Beteiligten jeweils auf eine vertiefte rechtliche Begleitung im Nachprüfungsverfahren durch einen Rechtsanwalt angewiesen waren. Ergänzend kann auf die zutreffenden Ausführungen auf S. 21 des Beschlusses der Vergabekammer Bezug genommen werden.
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3. Da die Beschwerde der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos geblieben wäre und sie sich zudem durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrags insoweit in die Rolle der Unterlegenen begeben hat (vgl. hierzu BayObLG, Beschluss vom 26. Oktober 2021, Verg 4/21, juris Rn. 3 m. w. N.), entspricht es ferner der Billigkeit, der Antragstellerin gemäß § 175 Abs. 2 i. V. m. § 71 Satz 1 GWB die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die zur Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Antragsgegners und der Beigeladenen aufzuerlegen, die sich am Beschwerdeverfahren ebenfalls aktiv beteiligt hat.
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4. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens bemisst sich nach § 50 Abs. 2 GKG (5 Prozent des Bruttoauftrags- bzw. Bruttoangebotswerts). Da die Antragstellerin kein Angebot abgegeben hat, legt der Senat der Streitwertberechnung, wie die Vergabekammer, den geschätzten Auftragswert zugrunde. Dieser beträgt aus den dargelegten Gründen 4.892.523,37 € brutto. Hieraus errechnet sich ein Betrag, der in die Gebührenstufe von bis zu 250.000,00 € fällt (§ 34 Abs. 1 Satz 2 GKG, § 13 Abs. 1 Satz 2 RVG).