Inhalt

VG Augsburg, Beschluss v. 09.01.2024 – Au 2 K 21.2147
Titel:

Kostenentscheidung nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen – auf Erlass eines Widerspruchsbescheides gerichtete Klage im Zusammenhang mit einer dienstlichen Beurteilung

Normenkette:
VwGO § 75, § 92 Abs. 3, § 161 Abs. 2
Leitsatz:
Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine isolierte Klage auf Erlass eines Widerspruchsbescheids liegt nur in Ausnahmefällen vor, etwa dann, wenn die Widerspruchsbehörde auch nach Zweckmäßigkeits- oder sonstigen Ermessensgesichtspunkten zu entscheiden hat, die dem Gericht verschlossen sind oder von ihm nur beschränkt auf ihre Fehlerhaftigkeit geprüft werden können; dass dies in Angelegenheiten dienstlicher Beurteilungen der Fall ist, erscheint zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, aber auch nicht eindeutig, da die Beurteilungsermächtigung nicht spezifisch der Widerspruchsbehörde, sondern generell dem Dienstherrn zusteht. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Dienstliche Beurteilung, Klage auf Erlass eines Widerspruchsbescheids, Hauptsacheerledigung, Klage auf Erlass eines Widerspruchsbescheides, Untätigkeitsklage, Rechtsschutzbedürfnis, dienstliche Beurteilung, Erledigung, Kostenlast
Fundstelle:
BeckRS 2024, 551

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger ein Viertel, die Beklagte drei Viertel.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1
Die Klagepartei hat am 9. Januar 2024 die Hauptsache für erledigt erklärt. Die Gegenpartei hat der Erledigung vorab (Schriftsatz vom 20.11.2023) zugestimmt. Das Verfahren ist daher in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
2
Hinsichtlich der Kostenentscheidung gilt Folgendes: § 161 Abs. 3 VwGO, wonach in den Fällen des § 75 VwGO die Kosten stets dem Beklagten zur Last fallen, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte, ist vorliegend nicht anwendbar. Der Kläger hatte lediglich den Erlass eines Widerspruchbescheids schlechthin beantragt; sein Klageziel war mithin auf die Bescheidung als solche gerichtet (vgl. BayVGH, B.v. 20.10.2014 – 7 C 14.519 – juris Rn. 10 m.w.N.).
3
Heranzuziehen ist vielmehr § 161 Abs. 2 VwGO, wonach das Gericht bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache über die Verfahrenskosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands entscheidet (vgl. BayVGH, a.a.O.). Billigen Ermessen entspricht es vorliegend, dem Kläger die Kosten des Verfahrens zu einem Viertel, der Beklagten zu drei Vierteln aufzuerlegen.
4
Für eine überwiegende Kostentragungspflicht der Beklagten spricht, dass sie dem Klagebegehren durch Erlass eines Widerspruchsbescheids abgeholfen hat und nicht erkennbar ist, weshalb nicht jedenfalls zeitnah nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2021 (*) – dieses Verfahren hatte die Beklagte als Grund für die Nichtentscheidung über den Widerspruch angeführt – ein Widerspruchsbescheid erlassen wurde, zumal das Bundesverwaltungsgericht in jener Entscheidung (a.a.O., Rn.12) ausgeführt hatte, dass der Kläger auf die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die im April 2021 neu erstellte Regelbeurteilung zu verweisen sei und der Kläger bereits einen Rechtsbehelf (nämlich den vorliegend in Rede stehenden Widerspruch) gegen diese Beurteilung eingelegt hatte.
5
Zu Lasten des Klägers ist allerdings zu berücksichtigen, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für eine isolierte Klage auf Erlass eines Widerspruchsbescheids nur in Ausnahmefällen vorliegt, etwa dann, wenn die Widerspruchsbehörde auch nach Zweckmäßigkeits- oder sonstigen Ermessensgesichtspunkten zu entscheiden hat, die dem Gericht verschlossen sind oder von ihm nur beschränkt auf ihre Fehlerhaftigkeit geprüft werden können (vgl. BayVGH, B.v. 1.7.2013 – 7 ZB 13.305 – juris Rn. 12 m.w.N.). Dass dies in Angelegenheiten dienstlicher Beurteilungen der Fall ist, erscheint zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, aber auch nicht eindeutig, da die Beurteilungsermächtigung nicht spezifisch der Widerspruchsbehörde, sondern generell dem Dienstherrn zusteht. Es ist jedoch nicht die Aufgabe der Gerichte, nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ungeklärt gebliebene Rechtsfragen von eventuell grundsätzlicher Bedeutung um der bloßen Kostenverteilung willen zu entscheiden (vgl. BVerwG, B.v. 19.4.2021 – 6 C 5.20 – juris Rn. 3).
6
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Dabei ist in Anlehnung an Nr. 1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 angesichts der auf bloße Verbescheidung gerichteten Klage die Hälfte des bei Rechtsstreitigkeiten um dienstliche Beurteilungen gem. Nr. 10.5 des vorgenannten Streitwertkatalogs heranzuziehenden Auffangwerts nach § 52 Abs. 2 GKG anzusetzen (vgl. auch zur Halbierung des Regelstreitwerts bei einer auf bloße Verbescheidung eines Asylantrags gerichteten Klage BVerwG, B.v. 11.7.2018 – 1 C 18.17 – Rn. 5 ff.).