Inhalt

LSG München, Beschluss v. 04.12.2024 – L 8 SO 226/24 B ER
Titel:

Zur Zulässigkeit der Beschwerde eines Leistungsträgers sowie zur Übernahme von Investitionskosten

Normenketten:
GG Art. 1 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 1
SGB XI § 72
SGB XI § 82
SGB XII § 75
SGB XII § 76a
SGG § 144
SGG § 172
Leitsatz:
Zur Zulässigkeit der Beschwerde eines Leistungsträgers sowie zur Übernahme von Investitionskosten.
Schlagworte:
Beschwerdegegenstand, Beschwerdewert, Dreiecksverhältnis, Investitionskosten, Sozialhilferechtliches, Wert, Zulässigkeit
Vorinstanz:
SG München, Beschluss vom 23.08.2024 – S 46 SO 342/24 ER
Fundstelle:
BeckRS 2024, 51115

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 23. August 2024 wird verworfen.
II. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 23. August 2024 wird zurückgewiesen.
III. Der Antragsgegner trägt ein Viertel der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für die Beschwerdeverfahren.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt die Übernahme von Investitionskosten, die ihm von seinen ambulanten Pflegediensten in Rechnung gestellt werden.
2
Der 1946 geborene Antragsteller ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 90; Merkzeichen B, G, aG) und wohnt zusammen mit seiner Ehefrau in einer Mietwohnung. Er bezieht eine Altersrente sowie laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter. Der Antragsteller leidet insbesondere an Diabetes mit erheblichen Folgeerkrankungen (Retinopathie, Polyneuropathie, Gehbehinderung mit Rollstuhlpflicht). Für den Antragsteller war zunächst der Pflegegrad 3 und sodann aufgrund eines neuen Gutachtens ab 01.11.2023 der Pflegegrad 4 festgestellt.
3
Der Antragsgegner gewährt dem Antragsteller Mobilitätshilfe (vgl. Bescheid vom 12.07.2022) und mit Bescheid vom 14.06.2023 für die Zeit ab 21.06.2023 bis auf weiteres Hilfe zur Pflege, u.a. häusliche Pflegehilfe durch den Pflegedienst H GmbH (H) für körperbezogene Pflegemaßnahmen (60 Minuten pro Tag) und Hilfe bei der Haushaltsführung (57 Minuten pro Tag) sowie Anfahrtspauschalen.
4
Am 23.08.2023 wurden von H neue Kostenvoranschläge eingereicht. Die Kosten gingen weit über das Budget des Antragstellers hinaus, da er immense Termine bei Physio und Ergo sowie Arzttermine habe, die er allein nicht wahrnehmen könne. Es wurden für Leistungen nach § 36 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) insgesamt monatlich 2.680,98 € veranschlagt, wovon 1.363,00 € auf ein Budget für Pflegekassenleistungen entfallen würden. Der Eigenanteil betrage 1.317,98 €. In den Gesamtkosten waren auch Investitionskosten in Höhe von monatlich 130,82 € enthalten.
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Mit Bescheid vom 30.08.2023 hob der Antragsgegner den Bescheid vom 14.06.2023 über die Gewährung der ambulanten Hilfe zur Pflege zum 01.07.2024 auf. Über die Abrechnung des Pflegedienstes für den Monat Juli 2023 sei ersichtlich geworden, dass der Pflegedienst statt der verbeschiedenen fünf Mal wöchentlich nur zwei Mal wöchentlich zum Antragsteller komme. Auf Nachfrage habe der Antragsgegner die Rückmeldung erhalten, dass der Antragsteller diese ab 01.07.2023 auf Wunsch wieder reduziert habe. Damit würden die Pflegesachleistungen der Pflegekasse als vorrangiger Leistungsträger zur Bedarfsdeckung durch den Pflegedienst vollumfänglich ausreichen. Die Voraussetzungen für eine Hilfegewährung in der ambulanten Hilfe zur Pflege durch den Antragsgegner sei seit dem 01.07.2023 nicht mehr gegeben.
6
Mit Bescheid vom 31.08.2023 lehnte der Antragsgegner einen Antrag vom 10.08.2023 auf Gewährung von Leistungen der ambulanten Hilfe zur Pflege ab. Die Fahrten zu notwendigen Arzt- und Therapiebesuchen würden von der Krankenkasse übernommen. Der Antragsteller würde zwei Mal pro Woche durch den ambulanten Pflegedienst versorgt, in der übrigen Zeit bewältige er seine Transfers selbständig. Ein Bedarf für eine weitere Begleitperson würde nicht gesehen. Die verbleibenden Leistungen seien durch Leistungen der Pflegeversicherung abgedeckt.
7
Dagegen legte der Antragsteller am 20.09.2023 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.2024 zurückgewiesen wurde. Dagegen ist am Sozialgericht München (SG) eine Klage (S 46 SO 269/24) anhängig.
8
Seit Herbst 2023 wird der Antragsteller von zwei Pflegediensten betreut, nämlich H und K GmbH Co KG (K).
9
H reichte beim Antragsgegner zuletzt einen Kostenvoranschlag für Leistungen nach § 36 SGB XI vom 27.03.2024 mit Gesamtkosten von 2.241,71 €, einem Eigenanteil von 1.141,71 € und enthaltenen Investitionskosten von 109,39 € ein.
10
Zudem wurde für H eine Bestätigung der Regierung von Oberbayern vom 23.03.2023 vorgelegt, wonach H die gesonderte Berechnung des Investitionsaufwandes gemäß § 82 Abs. 4 Satz 2 SGB XI angezeigt habe. Eine Prüfung und Zustimmung durch die Regierung von Oberbayern sei demnach nicht vorgesehen. H erhalte keine öffentlichen Förderungen.
11
Die K reichte einen Kostenvoranschlag vom 18.02.2024 ab dem 01.01.2024 ein mit Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI von 588,39 € und zusätzlichen Investitionskosten in Höhe von 88,68 € pro Monat.
12
Zudem wurde für K ein Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 11.01.2024 vorgelegt. Es erfolge eine Zustimmung zur gesonderten Berechnung der lnvestitionsaufwendungen nach § 82 Abs. 3 SGB XI. Demnach dürfe K für geltend gemachte gesondert berechenbare lnvestitionsaufwendungen einen Zuschlag auf den SGB XI-Anteil der Abrechnungsleistungen in Höhe von bis zu 24,66 Prozent erheben. Diese Zustimmung gelte grundsätzlich mit Wirkung vom 01.01.2024 bis 31.12.2024.
13
Bereits am 04.02.2024 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner die Übernahme der Investitionskosten der beiden Pflegedienste.
14
Mit Bescheid vom 11.06.2024 wurde die Übernahme der Investitionskosten beider Pflegedienste für den Zeitraum von 01.01.2024 bis 31.03.2024 abgelehnt. Der Antragsteller erhalte Pflegesachleistung von der Pflegekasse nach dem Pflegegrad 4 in Höhe von derzeit monatlich 1.778,00 € sowie den Entlastungsbetrag in Höhe von 125,00 € (und ggf. weitere Leistungen wie häusliche Krankenpflege). Diese seien vorrangig einzusetzen und würden die Pflegeleistungen entsprechend verringern. Kostenvoranschläge von K und H blieben für sich gesehen unter der Pflegesachleistung in Höhe von 1.778,00 €. Die Leistungen der Pflegedienste für die hauswirtschaftliche Hilfe, pflegerischen Betreuungsmaßnahmen und die körperbezogenen Pflegemaßnahmen würden unterhalb der Pflegesachleistung liegen, daher würden die Leistungen der Pflegeversicherung zur Bedarfsdeckung ausreichen. Dennoch verblieben offene Beträge in Form der Investitionskosten für den Antragsteller, da diese nicht von der Pflegekasse übernommen würden. Für diese Kosten sei der entsprechende Antrag auf Übernahme am 04.02.2024 gestellt worden. Gemäß § 77 Satz 1 der Verordnung zur Ausführung der Sozialgesetze (AVSG) sei die Übernahme der Investitionskosten an die Pflegevergütung gekoppelt. Eine solche würde durch den Träger der Sozialhilfe jedoch nur entrichtet, wenn Leistungen nach § 64b Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gewährt würden. Der Antragsteller erhalte jedoch keine solchen, sodass kein Anspruch auf Zahlung der Investitionskosten bestünde. Auch die Verortung des § 76a Abs. 3 SGB XII im Zehnten Kapitel des SGB XII („Vertragsrecht“) lasse darauf schließen, dass es sich um eine Annexleistung zu einer Gewährung im Einzelfall handeln würde. Eine gesonderte Rechtsgrundlage sei in den §§ 61 ff. SGB XII nicht ersichtlich.
15
Der Antragsteller erhob dagegen mit Schreiben vom 19.06.2024 Widerspruch, über den nach Aktenlage noch nicht entschieden wurde.
16
Am 10.06.2024 teilte der Antragsteller mit, dass er in ein Pflegeheim umziehen wolle.
17
Mit Bescheid vom 23.07.2024 wurde ein Antrag vom 01.04.2024 auf Übernahme der Leistungen der ambulanten Hilfe zur Pflege in Form der häuslichen Pflegehilfe ab dem 01.04.2024 vom Antragsgegner abgelehnt. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 23.08.2024 Widerspruch, über den nach Aktenlage ebenfalls noch nicht entschieden wurde.
18
Am 12.08.2024 hat der Antragsteller beim SG einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 11.06.2024 gestellt. Der Antragsgegner sei zu verpflichten, die Investitionskosten vorläufig zu übernehmen. Die Investitionskosten seien zu übernehmen, weil der Antragsteller den Pflegegrad 4 habe und es sich um einen Teil des Anspruchs auf Hilfe zur Pflege handle.
19
Der Antragsgegner hat vorgetragen, dass sich der Bescheid vom 11.06.2024 nur auf den Zeitraum von Januar bis einschließlich März 2024 bezogen habe. Dieser Zeitraum liege in der Vergangenheit. Selbst wenn die Voraussetzungen des § 76a Abs. 3 SGB XII vorlägen, wäre eine Kostenübernahme nicht möglich, weil der Antragsgegner keine Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach § 64b SGB XII gewähre. Aus § 77 Satz 1 AVSG ergebe sich aber, dass Investitionskosten nur zu übernehmen seien, wenn eine Pflegevergütung gemäß § 64b SGB XII geleistet würde. Investitionskosten seien nur eine Annexleistung einer Leistungsgewährung. Die §§ 61 ff SGB XII würden keine Rechtsgrundlage für eine gesonderte Übernahme von Investitionskosten enthalten.
20
Mit Beschluss vom 23.08.2024 hat das SG sodann entschieden, dass der Antragsgegner vorläufig verpflichtet würde, die von K für die Zeit ab 01.08.2024 bis längstens 31.12.2024 in Rechnung gestellten Investitionskosten bis zu 24,66% der Abrechnungsleistungen nach SGB XI zu bezahlen. Im Übrigen würde der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
21
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sei zulässig und ab dem Beginn des Eilverfahrens hinsichtlich der Investitionskosten von K begründet. Für die Investitionskosten von H fehle es an einem Anordnungsanspruch. Streitgegenstand des Eilverfahrens sei nicht lediglich die Übernahme der Investitionskosten für die Zeit von Januar bis einschließlich März 2024, sondern die Übernahme der Investitionskosten als Hilfe zur Pflege auch über den März hinaus. Es ginge dem Antragsteller nicht nur um den Bescheid vom 11.06.2024. Ob und wann der Antragsteller in ein Pflegeheim wechseln würde, sei offen. Für die begehrte Begründung einer Rechtsposition im einstweiligen Rechtsschutz sei ein Antrag auf eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft.
22
Leistungen der Sozialhilfe für ambulante Dienste und stationäre Einrichtungen würden innerhalb des sogenannten sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses abgewickelt. Die allgemeinen Verträge zwischen Sozialhilfebehörde und Leistungserbringer nach § 75 SGB XII würden zugleich die Grenze dessen bilden, was an Sozialhilfe zu leisten sei. Wenn keine derartigen Verträge geschlossen würden, gebe es Leistungsansprüche lediglich unter den Voraussetzungen des § 75 Abs. 5 SGB XII (Besonderheiten des Einzelfalls, Vorlage eines Leistungsangebots, vergleichbare Vergütungshöhe, Verpflichtung zu Wirtschaftlichkeit und Qualität). Ein derartiger Ausnahmefall liege hier nicht vor. Mit zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 72 SGB XI, dies seien trotz des Begriffs „Einrichtung“ (vgl. § 13 SGB XII) gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB XI ambulante und stationäre Leistungserbringer, schließe der Sozialhilfeträger in aller Regel keine eigenen Verträge. Gemäß § 76a SGB XII richte sich die Vergütung für diese Leistungen nach den §§ 82 ff. SGB XI, soweit die dortigen Vereinbarungen im Einvernehmen mit dem Träger der Sozialhilfe getroffen worden seien und nicht nach dem Recht der Hilfe zur Pflege. Durch diese Verbindung zu den Verträgen, die die Pflegeversicherungen mit den Leistungserbringern der Pflege schließen würden, und das Einvernehmen der Sozialhilfeträger würde sichergestellt, dass nur die angemessenen Vergütungen bezahlt würden. Die Investitionskosten von Leistungserbringern seien ein Sonderposten. Nach dem System der Pflegeversicherung würden Investitionskosten allenfalls durch eine öffentliche Förderung nach § 9 SGB XI von Seiten der Bundesländer abgedeckt. Investitionskosten seien nicht Bestandteil der Leistungen der Pflegeversicherung und damit auch nicht Bestandteil der Vereinbarungen nach §§ 82 ff. SGB XI (sog. duales Modell). Das Gesetz gehe in § 82 Abs. 3 SGB XI deshalb davon aus, dass diese Investitionskosten entweder nach Landesrecht finanziert würden oder den Pflegebedürftigen gesondert in Rechnung gestellt würden. Leistungserbringer, die nach Landesrecht (teilweise) gefördert würden, bedürften zur (über diese Förderung hinausgehende) gesonderten Berechnung der Zustimmung der zuständigen Landesbehörde gemäß § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XI. Leistungserbringer, die nicht nach Landesrecht gefördert würden, müssten die gesonderte Berechnung der zuständigen Landesbehörde lediglich mitteilen, § 82 Abs. 4 SGB XI. Nach § 76a Abs. 3 SGB XII sei der Träger der Sozialhilfe zur Übernahme der gesondert berechneten Investitionskosten nach SGB XI nur verpflichtet, soweit die zuständige Landesbehörde eine Zustimmung nach § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XI erteilt habe oder der Sozialhilfeträger mit dem Träger des Leistungserbringers eine gesonderte Vereinbarung über diese gesondert berechneten Investitionskosten getroffen habe. Mit dieser Konstruktion solle sichergestellt werden, dass die Berechtigung, Investitionskosten gesondert in Rechnung zu stellen, entweder durch die Landesbehörde oder durch den Sozialhilfeträger inhaltlich geprüft würde.
23
Hinsichtlich der Investitionskosten von H sei ein Anordnungsanspruch nicht erkennbar. H erhalte keine Landesförderung und habe deshalb die gesonderte Berechnung der Investitionskosten gemäß § 82 Abs. 4 SGB XI der zuständigen Landesbehörde nur mitgeteilt. Eine inhaltliche Prüfung der Investitionskosten sei also nicht erfolgt. Dies habe gemäß § 76a Abs. 3 SGB XII aber zur Konsequenz, dass die Investitionskosten nur dann Teil der Sozialhilfeleistungen werden könnten, wenn dazu eine gesonderte Vereinbarung mit dem Sozialhilfeträger abgeschlossen worden wäre. Dies sei nicht der Fall. Damit könnten die Investitionskosten von H durch den Antragsgegner nicht übernommen werden. Dass der Antragsteller als Bezieher von Grundsicherung im Alter kaum dazu in der Lage sei, diese auf Dauer selbst zu bezahlen, ändere daran nichts. Entweder könne sich H um eine Landesförderung und die Zustimmung der zuständigen Landesbehörde oder um eine gesonderte Vereinbarung mit dem Sozialhilfeträger bemühen. Andernfalls bleibe dem Antragsteller noch die Möglichkeit, zu einem Pflegedienst zu wechseln, der diese Voraussetzungen erfülle.
24
Bei der K stelle sich die Situation anders dar. Es bestehe ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund. K habe von der zuständigen Landesbehörde die Zustimmung gemäß § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XI erhalten, Investitionsaufwand in der Höhe von bis zu 24,66% der Abrechnungsleistungen nach SGB XI gesondert zu berechnen. Damit sei der Antragsgegner als Sozialhilfeträger gemäß § 76a Abs. 3 Alt. 1 SGB XII verpflichtet, Investitionskosten bis zu dieser Höhe als Sozialhilfeleistungen anzuerkennen. K habe im Kostenvoranschlag vom 18.02.2024 bei Pflegesachleistungen von 588,39 € zusätzlich Investitionskosten von monatlich 88,68 € geltend gemacht. Das seien weniger als 24,66% der Abrechnungsleistungen nach SGB XI. Der Antragsgegner könne nicht darauf verweisen, dass diese Kosten als Pflegesachleistungen von der Pflegeversicherung zu tragen wären, da Investitionskosten von der Pflegeversicherung generell nicht übernommen würden. Der Einwand des Antragsgegners, dass die Investitionskosten auch bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 76a Abs. 3 SGB XII nicht zu übernehmen seien, weil keine Leistungen nach § 64b SGB XII zu erbringen seien, könne nicht überzeugen. Wenn die Sozialhilfeträger gemäß § 76a Abs. 3 Alt. 1 SGB XII zur Übernahme der Investitionskosten verpflichtet seien, weil die Landesbehörde dazu ihre Zustimmung erklärt habe, dann handle es sich bei den Investitionskosten von ambulanten Diensten um einen Teil der Kosten der häuslichen Pflegehilfe nach § 64b SGB XII. Die Investitionskosten seien jeweils Teile der körperbezogenen Pflegemaßnahmen, der pflegerischen Betreuungsmaßnahmen und der Hilfen bei der Haushaltsführung. Dass diese Investitionskosten in der Pflegevergütung nach SGB XI (Pflegesätze) nicht enthalten seien, liege nur am dualen Finanzierungskonzept des SGB XI. Es handele sich trotzdem um pflegerische Bedarfe, die gemäß § 76a Abs. 3 SGB XII durch Sozialhilfeleistungen zu decken seien. § 77 Satz 1 AVSG widerspreche dem nicht. Dort würde nur geregelt, wie die Investitionsaufwendungen mathematisch zu berechnen seien, als prozentualer Aufschlag auf die Pflegevergütung gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI. Gerade der vorliegende Fall zeige, dass der Sozialhilfeträger die Investitionskosten hier übernehmen müsse. K dürfe die Investitionskosten dem Antragsteller in Rechnung stellen, weil er dafür die Zustimmung der Landesbehörde nach § 82 Abs. 3 SGB XI habe. Die Pflegeversicherung bezahle diese Investitionskosten wegen des dualen Modells des SGB XI nicht. Selbst könne der Antragsteller die Investitionskosten wegen seiner Hilfebedürftigkeit nicht bezahlen. Weil die Voraussetzungen nach § 76a Abs. 3 SGB XII vorliegen würden, habe der Antragsgegner die Investitionskosten als häusliche Pflegehilfe zu übernehmen. Weil der Antragsteller Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beziehe und daneben mit den Investitionskosten von H belastet sei, bestehe eine Notlage und damit ein Anordnungsgrund. Weil ungewiss sei, ob und wann der Antragsteller in ein Pflegeheim gehe, erfolge eine einstweilige Anordnung bis 31.12.2024. Das Gericht habe in der einstweiligen Anordnung keinen festen Betrag festgelegt, weil sich der Umfang der Leistungen von K und damit die Investitionskosten ändern könnten. Für die Zeit bis 31.07.2024 sei ein Anordnungsgrund allerdings nicht erkennbar. Es sei nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Anhängigkeit des Eilverfahrens herbeizuführen. Ein Ausnahmefall einer in die Gegenwart fortwirkenden Notlage sei hier nicht erkennbar. Für den Antragsteller sei der Beschwerdewert überschritten.
25
Der Beschluss ist sowohl den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers als auch dem Antragsgegner am 23.08.2024 zugestellt worden.
26
Mit Schreiben vom 03.09.2024, Eingang beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) am 04.09.2024, hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt. Ein Anordnungsanspruch sei vorliegend nicht gegeben. Der Bescheid vom 11.06.2024 sei rechtmäßig. Für beide Pflegedienste sei keine Kostenübernahme möglich, weil seitens des Antragsgegners keine Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach § 64b SGB XII gewährt würden. Auch ein Anordnungsgrund sei nicht hinreichend dargelegt worden.
27
Mit Schreiben vom 06.09.2024, Eingang beim LSG am 09.09.2024, hat auch der Antragsteller Beschwerde eingelegt. Soweit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt worden sei, bestünde von Seiten des Antragsstellers kein Einverständnis. Vorliegend seien die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu beachten. Unstrittig stehe fest, dass beim Antragsteller der Pflegegrad 4 festgestellt worden sei. Es würden ausgeprägte Gesundheitsbeeinträchtigungen mit entsprechenden Auswirkungen und Folgen vorliegen. Diese seien entsprechend zu berücksichtigen. Gemäß § 61 SGB XII hätten Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a SGB XII sind, Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrenntlebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten sei, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen aufbringen. Der Auffassung des Antragsgegners, dass die Übernahme der Investitionskosten an die Pflegevergütung gekoppelt sei und eine solche durch den Träger der Sozialhilfe nur entrichtet würde, wenn Leistungen nach § 64b SGB XII gewährt würden, sei zu widersprechen. Es sei der Schutzzweck der gesetzlichen Regelung zu beachten. Zudem würde der Antragsteller hierdurch auch unbillig beeinträchtigt. Auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei zu beachten. Es stünde ihm antragsgemäß ein Anspruch auf Übernahme der Investitionskosten zu. Es seien jedoch auch in Bezug auf H Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund gegeben. Die Ausführungen des SG würden diesbezüglich nicht überzeugen. Die Einschränkung würde als nicht sachgerecht angesehen. Vorliegend seien die wirtschaftliche Situation des Antragstellers sowie auch die bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen.
28
Die vom Antragsgegner erhobene Beschwerde sei hingegen kostenpflichtig zurückzuweisen. Soweit das SG dem Antrag im einstweiligen Rechtsschutz stattgegeben habe, sei die Entscheidung des SG rechtmäßig. Zunächst sei aber zu prüfen, ob eine Beschwerde des Antragsgegners in Bezug auf den Streitwert zulässig sei.
29
Mit gerichtlichen Schreiben vom 17.09.2024, 20.09.2024 und 19.11.2024 wurden die Beteiligten auf bestehende Zweifel betreffend die Statthaftigkeit der Beschwerde des Antragsgegners hingewiesen.
30
Mit Schreiben vom 18.09.2024 und 22.10.2024 hat der Antragsgegner hierzu Stellung genommen. Der Beschwerdeführer habe insoweit Beschwerde eingelegt, als er vorläufig verpflichtet worden sei, die von K für die Zeit ab 01.08.2024 bis längstens 31.12.2024 in Rechnung gestellten Investitionskosten bis zu 24,66% der Abrechnungsleistungen nach SGB XI zu bezahlen. Es würden bislang keine Rechnungen mit konkreten Beträgen für Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach § 64b SGB XII bzw. Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI und Investitionskosten von K ab August 2024 vorliegen. Auch würden Rechnungen von H nicht vorliegen. Beträge aus tatsächlich geltend gemachten Leistungen könnten somit nicht herangezogen werden. Bei unbezifferten Anträgen seien Schätzungen zulässig. Nach dem Meistbegünstigungsprinzip sei im Zweifel bei verständiger Auslegung davon auszugehen, dass sämtliche nach Lage des Falles ernsthaft in Betracht kommenden Leistungen geltend gemacht würden. Abzustellen sei daher auf die möglichen abrechenbaren Investitionskosten. Mit Gutachten des MD Bayern vom 20.02.2024 sei der Beschwerdegegner ab dem 01.11.2023 in den Pflegegrad 4 eingestuft. Dem Antragsteller würden somit gem. § 36 Abs. 3 Nr. 3 SGB XI Leistungen der Pflegekasse von bis zu 1.778,00 € pro Monat zustehen, für die Monate August 2024 bis Dezember 2024 mithin bis zu 7.112,00 €. Würde man bis zu 24,66% der Abrechnungsleistungen nach SGB XI an Investitionskosten berechnen, ergebe sich hieraus für den Zeitraum von August 2024 bis Dezember 2024 ein Gesamtbetrag von 1.753,82 €. Auch in dem Beschluss des SG vom 23.08.2024 sei kein konkreter Betrag genannt, sodass sich hieraus keine andere Bewertung ergeben hätte. Seitens des Antragsgegners seien also für die Abrechnungsleistungen nach dem SGB XI die maximal zustehenden Beträge nach § 36 SGB XI herangezogen worden, was mangels vorliegender Rechnungen zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde nicht ausgeschlossen gewesen wäre. In Anlehnung an das Meistbegünstigungsprinzip könne die Zulässigkeit der Berufung begründet werden.
31
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 23.08.2024 dahingehend abzuändern, dass der Antragsgegner vorläufig verpflichtet wird, die vom Pflegedienst in Rechnung gestellten Investitionskosten zu 100% der Abrechnungsleistungen nach dem SGB XI zu bezahlen, und die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen.
32
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 23.08.2024 insoweit aufzuheben, als der Antragsgegner vorläufig verpflichtet wird, die vom Pflegedienst K für die Zeit ab 01.08.2024 bis längstens 31.12.2024 in Rechnung gestellten Investitionskosten bis zu 24,66% der Abrechnungsleistungen nach SGB XI zu bezahlen und den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vollumfänglich abzuweisen, und sinngemäß die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
33
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
34
1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des SG ist ausgeschlossen (§ 172 Abs. 1 und 3 Nr. 1, § 144 Abs. 1 SGG) und daher als unzulässig zu verwerfen.
35
Gemäß § 172 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 SGG ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – wie vorliegend – ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte. Das ist nach § 144 Abs. 1 SGG der Fall, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 € nicht übersteigt und nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind. Maßgeblich ist dabei, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelführer versagt hat und was von diesem zweitinstanzlich weiterverfolgt wird. Bei einem unbezifferten Antrag muss das Gericht den Wert ermitteln bzw. anhand des wirtschaftlichen Interesses am Ausgang des Rechtsstreits schätzen. Eine überschlägige Berechnung ist möglich. Maßgebender Zeitpunkt ist derjenige der Einlegung des Rechtsmittels, ein späteres Sinken des Beschwerdewertes ist ebenso unerheblich wie eine spätere Erhöhung nicht statthaft ist (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt/ SGG, 14. Aufl., § 144 Rn. 14 ff.).
36
Bei der Berufung eines Leistungsträgers ist insoweit regelmäßig allein vom Gegenstand seiner Verurteilung durch das SG auszugehen. Rechtliche oder wirtschaftliche Folgewirkungen sind demgegenüber nicht in die Ermittlung des Werts des Beschwerdegegenstandes einzubeziehen, selbst dann, wenn die angestrebte Änderung kraft bindender Vorschriften weitere Änderungen nach sich zieht. Es kommt vielmehr allein darauf an, über welche Forderung „unmittelbar“ gestritten wird (vgl. BSG, Urteil vom 04.07.2018 – B 3 KR 14/17 R –, Rn. 13, juris).
37
Nach diesen Maßstäben ist der für eine statthafte Beschwerde erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht.
38
Eine Beschwer des Antragsgegners ist lediglich im Hinblick auf Ziffer I. des Beschlusses des SG vom 23.08.2024 gegeben. Insoweit wurde er vorläufig verpflichtet, die von K für die Zeit ab 01.08.2024 bis längstens 31.12.2024 in Rechnung gestellten Investitionskosten bis zu 24,66% der Abrechnungsleistungen nach SGB XI zu bezahlen.
39
Der Tenor der Entscheidung bezieht sich damit nicht auf eine konkrete Geldsumme. Daher war der relevante Wert zu ermitteln bzw. anhand des wirtschaftlichen Interesses am Ausgang des Rechtsstreits zu schätzen. Der Beschluss betrifft einen Zeitraum von fünf Monaten (August bis Dezember 2024). Die Investitionskosten von K belaufen sich auf Grundlage des Kostenvoranschlags vom 18.02.2024 auf 88,68 € pro Monat. Hieraus ergibt sich eine Gesamtsumme von 443,40 € (5 x 88,68 €), mithin deutlich weniger als 750,00 €. Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht unter Zugrundelegung der Pflegesachleistungen i.H.v. 588,39 € pro Monat gemäß o.g. Kostenvoranschlag mit einem Maximalwert von 24,66%. Der Beschwerdewert liegt insoweit bei 725,48 € (24,66% von 588,39 € x 5 Monate), also auch unterhalb von 750,00 €.
40
Der Antragsgegner bezieht sich zwar in seinen Schreiben vom 18.09.2024 und 22.10.2024 auf nach seiner Ansicht bestehende hypothetische Maximalwerte. Hierfür sind aber in tatsächlicher Hinsicht keine nachvollziehbaren und greifbaren Grundlagen ersichtlich. Der Antragsgegner räumt selbst ein, dass noch keine Rechnungen mit konkreten Beträgen vorliegen würden. Weitere Unterlagen wurden auch nicht vorgelegt. Auch Anhaltspunkte für eine Schätzung sind daher nur anhand der vorbezeichneten Aspekte erkennbar. Darüber hinausgehende Punkte kommen als Schätzungsgrundlage nach derzeitiger Aktenlage daher nicht „ernsthaft in Betracht“ (vgl. Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., Stand: 22.08.2024, § 144 Rn. 26).
41
Demnach ist ein Beschwerdewert von mehr als 750,00 € nicht erreicht.
42
2. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist auch im Übrigen zulässig (§§ 172, 173 SGG). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
43
Der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist aufgrund des eindeutigen Antrags des vertretenen Antragstellers dahingehend auszulegen, dass er vom Antragsgegner die vorläufige Gewährung von Investitionskosten als Leistung nach dem SGB XII begehrt.
44
Gemäß dem hier einschlägigen § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG – angestrebt wird eine Erweiterung der Rechtsposition – sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsanspruches – das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der Antragsteller sein Begehren stützt und der dem Streitgegenstand eines Hauptsacheverfahrens entspricht – sowie eines Anordnungsgrundes – das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit – voraus. Die Angaben hierzu müssen glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung – ZPO), wobei als Beweismittel auch eine eidesstattliche Versicherung (§ 294 Abs. 1 ZPO) möglich ist. Hinsichtlich des Beweismaßstabes genügt also die überwiegende Wahrscheinlichkeit (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – SGB X), verbleibende Zweifel sind unschädlich (vgl. Burkiczak in jurisPK-SGG, § 86b, Stand: 21.10.2024, Rn. 494).
45
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage in dem vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – Breith 2005, 803) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu.
46
Im Beschwerdeverfahren trifft das Beschwerdegericht unter erneuter summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine neue Entscheidung, ohne auf die Überprüfung der Ausgangsentscheidung beschränkt zu sein (vgl. Karl in jurisPK-SGG, Stand 02.07.2024, § 176 Rn. 11 f.). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der Regelungsanordnung wie bei der Anfechtungs- und Leistungsklage der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl., § 86b Rn. 42).
47
Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen und deshalb eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in den Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, droht, ist eine Versagung der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nur dann möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.09.2016 – 1 BvR 1335/13 – juris); eine lediglich summarische Prüfung genügt nicht. Für eine Entscheidung aufgrund einer sorgfältigen und hinreichend substantiierten Folgenabwägung ist nur dann Raum, wenn eine – nach vorstehenden Maßstäben durchzuführende – Rechtmäßigkeitsprüfung auch unter Berücksichtigung der Kürze der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren regelmäßig zur Verfügung stehenden Zeit nicht verwirklicht werden kann, was vom zur Entscheidung berufenen Gericht erkennbar darzulegen ist (vgl. zum Ganzen auch: BVerfG, Beschluss vom 14.09.2016 – 1 BvR 1335/13; Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05; weniger eindeutig: BVerfG, Beschluss vom 06.08.2014 – 1 BvR 1453/12 – alle nach juris).
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Nach diesen Maßstäben liegt ein über den Beschluss des SG vom 23.08.2024 hinausgehender Anordnungsanspruch nicht vor. Ein entsprechender Anspruch des Antragstellers zur Übernahme von Investitionskosten ist nicht glaubhaft. Der Senat weist die Beschwerde des Antragstellers aus den überzeugenden Gründen der Entscheidung des SG zurück und sieht daher gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG insoweit von einer Begründung ab.
49
Ergänzend weist der Senat lediglich auf Folgendes hin:
50
Das SG führt zutreffend aus, dass Leistungen der Sozialhilfe für ambulante Dienste und stationäre Einrichtungen innerhalb des sog. sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses abgewickelt werden. Die erste Seite des Dreiecks betrifft das Rechtsverhältnis („Grundverhältnis“) zwischen dem Leistungsberechtigten und dem Leistungsträger, dem Träger der Sozialhilfe. Die zweite Seite betrifft die Beziehung zwischen dem Leistungsberechtigten und dem Leistungserbringer. Die dritte Seite des Dreiecks, die Rechtsbeziehungen zwischen dem Leistungsträger und dem Leistungserbringer (Einrichtungsträger oder Träger eines ambulanten Dienstes), wird durch § 75 SGB XII geregelt. Diese Seite des Dreiecks strahlt auf das Verhältnis zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Leistungsberechtigten in der Weise aus, dass Letzterer die Übernahme der Vergütung grundsätzlich nur beanspruchen kann, wenn zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Leistungserbringer eine vertragliche Beziehung nach Maßgabe des § 75 Abs. 1 SGB XII besteht. Zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Leistungserbringer besteht durch die Vereinbarung nach § 75 Abs. 1 SGB XII ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis, das als „Sachleistungsverschaffungsverhältnis“ bezeichnet wird. Dieses Sachleistungsverschaffungsverhältnis verbindet somit das öffentlich-rechtliche Grundverhältnis und das privatrechtliche Erfüllungsverhältnis zu einer dreiseitigen Rechtsbeziehung (vgl. Streichsbier in Grube/Wahrendorf/Flint, 8. Aufl. 2024, SGB XII § 75 Rn. 3 ff). Der Anspruch auf die Leistung nach den Regelungen des SGB XII gegen den Träger der Sozialhilfe steht aber weiterhin nur dem Sozialhilfebedürftigen, nicht aber der Einrichtung (oder dem ambulanten Dienst) zu. Der Leistungsberechtigte hat grundsätzlich nur dann Anspruch darauf, dass der Träger der Sozialhilfe ihm die Leistung durch Übernahme der Vergütung und Zahlung des mit dem Leistungserbringer vereinbarten Entgelts gewährt, wenn und soweit Vereinbarung nach § 75 SGB XII zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Leistungserbringer bestehen und dem Leistungsberechtigten gegenüber dem Träger der Sozialhilfe ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung zusteht. Die §§ 75 ff. SGB XII enthalten detaillierte Regelungen zur Leistungserbringung im Dreiecksverhältnis (vgl. Streichsbier a.a.O., § 75 Rn. 7 f.).
51
§ 76a Abs. 1 SGB XII bestimmt, dass bei zugelassenen Pflegeeinrichtungen nach § 72 SGB XI sich Art, Inhalt, Umfang und Vergütung von Leistungen in der Pflege nach dem Achten Kapitel des SGB XI richten, soweit Vereinbarungen nach diesem Kapitel des SGB XI im Einvernehmen mit dem Träger der Sozialhilfe getroffen worden sind. Für diese Pflegeeinrichtungen gelten die in der Regel mit den Pflegekassen vereinbarten Pflegevergütungen nach Maßgabe der Vorschriften des Achten Kapitels des SGB XI (§§ 82-92c SGB XI). Die Bindungswirkung dieser Vergütungsvereinbarungen dient der Sicherung einer einheitlichen Vergütung von Pflegesachleistungen, auch wenn statt der Pflegekasse der Sozialhilfeträger zur Leistung gegenüber den Leistungsberechtigten verpflichtet ist (vgl. Streichsbier a.a.O., § 76a Rn. 1).
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Nach § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XI kann die Pflegeeinrichtung, soweit betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen oder Aufwendungen für Miete, Pacht, Erbbauzins, Nutzung oder Mitbenutzung von Gebäuden durch öffentliche Forderung nach § 9 SGB XI nicht vollständig gedeckt sind, diesen Teil der Aufwendungen den Pflegebedürftigen gesondert berechnen. Diese gesonderte Berechnung bedarf nach § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XI der Zustimmung der zuständigen Landesbehörde. Gemäß § 82 Abs. 4 SGB XI können nicht nach Landesrecht geförderte Pflegeeinrichtungen ihre betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen den Pflegebedürftigen gesondert berechnen. Hier setzt die Regelung des § 76a Abs. 3 SGB XII an. Sie bestimmt, dass der Träger der Sozialhilfe zur Übernahme gesondert berechneter Investitionen nach § 82 Abs. 4 SGB XI nur verpflichtet ist, soweit die zuständige Landesbehörde ihre Zustimmung nach § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XI erteilt oder der Träger der Sozialhilfe mit dem Träger der Einrichtung hierüber eine entsprechende Vereinbarung nach dem Zehnten Kapitel des SGB XII getroffen hat. Ist eine Zustimmung der Landesbehörde zur Übernahme der gesondert berechneten Investitionsaufwendungen nicht erteilt worden, ist der Träger der Sozialhilfe zur Übernahme dieser Kosten nur verpflichtet, wenn er mit dem Träger der Pflegeeinrichtung eine entsprechende Vereinbarung nach dem Zehnten Kapitel SGB XII über die gesondert berechneten Investitionskosten nach § 82 Abs. 4 SGB XI getroffen hat (vgl. Streichsbier a.a.O., § 76a Rn. 9).
53
Die K darf gemäß Bescheid vom 11.01.2024 im Zeitraum 01.01.2024 bis 31.12.2024 für geltend gemachte gesondert berechenbare Investitionsaufwendungen nur einen Zuschlag auf den SGB Xl-Anteil der Abrechnungsleistungen in Höhe von bis zu 24,66% erheben. Dies entspricht Ziffer 1. des Beschlusses des SG. Ein weitergehender Anordnungsanspruch ist daher schon deshalb nicht ersichtlich.
54
Betr. H ist kein Anspruch des Antragstellers gegeben. § 76a Abs. 3 SGB XII verpflichtet den Träger der Sozialhilfe zur Übernahme gesondert berechneter Investitionskosten nach dem SGB XI nur, soweit die zuständige Landesbehörde ihre Zustimmung gem. § 82 Abs. 3 SGB XI erteilt hat oder eine Vereinbarung zwischen dem Träger der Einrichtung und dem Träger der Sozialhilfe über diese Kosten getroffen worden ist. Diese Voraussetzungen liegen betr. H nicht vor. Diese erhielt nämlich keine Landesförderung und hat deshalb die gesonderte Berechnung der Investitionskosten der Landesbehörde nur mitzuteilen (vgl. § 82 Abs. 4 SGB XI). Ein Anordnungsanspruch scheidet demnach schon aus diesem Grund aus.
55
3. Nach alledem hatten die Beschwerden keinen Erfolg.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG und folgt dem Ergebnis in den Beschwerdeverfahren. Die Kostenentscheidung des SG bleibt für das erstinstanzliche Verfahren bestehen.
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5. Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.