Titel:
Schadensersatz, Berufungsverfahren, Geschäftsführerhaftung, Unternehmenspräsentation, Sittenwidriges Verhalten, Anlegergelder, Konkursverfahren
Schlagworte:
Schadensersatz, Berufungsverfahren, Geschäftsführerhaftung, Unternehmenspräsentation, Sittenwidriges Verhalten, Anlegergelder, Konkursverfahren
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 15.05.2023 – 22 O 12112/22
Rechtsmittelinstanz:
BGH, Urteil vom 02.12.2025 – II ZR 114/24
Fundstelle:
BeckRS 2024, 51051
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 15.05.2023, Az.12 U 12112/22, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 30.000 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.06.2022 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.501,19 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.11.2022 zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000,00 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
1
Die Klägerin verlangt von dem allein noch im Berufungsverfahren beteiligten Beklagten zu 1) (im Folgenden: Beklagter) Schadensersatz wegen einer Beteiligung an der … GmbH.
2
Der Beklagte war bis Juli 2020 einziges Verwaltungsratsmitglied und Geschäftsleiter der in der Schweiz ansässigen … AG (im folgenden: AG). Die Aktien hielt er treuhänderisch. Eine Unternehmenspräsentation liegt als Anlage K 7 vor, hinsichtlich des Inhalts wird auf diese Bezug genommen. Werbeanzeigen wurden teilweise in redaktioneller Form ohne oder mit einem nur untergeordneten Hinweis „Anzeige“ geschaltet (Anlagen K 8 – 11, K 28 -29, Interview K 20). Im Juli 2020 wurde dem Beklagten durch die eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA die Zeichnungsbefugnis entzogen und eine Untersuchung beauftragt, weil die AG in Form sogenannter Anleihen Publikumsgelder entgegennahm, ohne über die erforderliche Bankbewilligung zu verfügen (Zirkular Nr.1 des Konkursliquidators vom 11.02.2021, Anlage K 16).
3
Die in Deutschland ansässige … GmbH (im folgenden: GmbH) wurde im Frühjahr 2020 als Tochtergesellschaft dieser schweizerischen Gesellschaft gegründet. Der Beklagte war bis 23.11.2020 einziger Gesellschafter und bis 20.11.2020 alleiniger Geschäftsführer der GmbH. Am 20.05.2020 schaltete auch die GmbH eine redaktionell aufgemachte Anzeige in der Presse (Anlage K 30). Am 09.11.2020 (Anlage K 12) warnte die Bafin im Hinblick auf den fehlenden Prospekt vor Anlagen in die GmbH; in der Folgezeit setzte auch die Stiftung Warentest/Finanztest Anlagen in die GmbH deswegen auf die Warnliste (Anlage K 13).
4
Mit E-Mail vom 02.03.2020 (Anlage K 6) unterbreitete die AG der Klägerin zwei Angebote (festverzinsliche Geldanlage – Anleihe) über eine Investitionssumme von jeweils 20.000 €. Im Text dieser E-Mail heißt es, der Unternehmensprospekt sei beigefügt. Die E-Mail ist von …, Back Office Manager, gezeichnet.
5
Mit E-Mail vom 06.11.2020 (Anlage K 20) übersandte die GmbH der Klägerin einen Vertrag über eine stille Beteiligung mit der Bitte um Unterzeichnung und Rückleitung. In einer weiteren E-Mail der GmbH vom 01.12.2020 (Anlage K 11 a) heißt es, es würden weitere Unterlagen, darunter „unsere Unternehmenspräsentation“ übersandt. Mit E-Mail vom 02.12.2020 (Anlage K 11 b übersandte die GmbH einen weiteren Vertrag zur Stillen Beteiligung. Alle drei E-Mails sind mit …, Backoffice Manager, unterschrieben.
6
Am 09.12.2020 zeichnete die Klägerin bei der … GmbH eine stille Beteiligung über 30.000 €. Hinsichtlich des Inhalts wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen. In der Folgezeit bezahlte Sie die Einlagesumme. Zahlungen hierauf erhielt die Klägerin nicht.
7
Ebenfalls am 09.12.2020 wurde der Konkurs über die … AG eröffnet.
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Mit Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 19.05.2022 (Anlage K 17) forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung von 30.000 € bis 02.06.2022 auf und bot im Gegenzug die Übertragung der Rechte aus der Beteiligung an der … GmbH an.
9
Die Klägerin behauptet, der Beklagte als allein verantwortlicher Geschäftsleiter der … AG habe gemeinsam mit seiner Ehefrau als einziger weiteren Angestellten der AG den Vertrieb organisiert. Die E – Mail vom 20.5.2020 (Anlage K 22), mit welcher die Rechnung für fünf bezahlte Anzeigen mit journalistischem Inhalt übersandt worden ist, habe der Beklagte erhalten. Auch die Unternehmenspräsentation habe er gekannt, wie er in Parallelverfahren zugegeben habe.
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Sowohl der E-Mail der AG vom 02.03.2020, als auch der E-Mail der GmbH vom 01.12.2020 sei die als Anlage K 7 vorliegende Unternehmenspräsentation tatsächlich beigefügt gewesen.
11
Das am 06.11.2020 übermittelte Angebot einer stillen Beteiligung habe mit Ausnahme der Beteiligungssumme (50.000 € statt 30.000 €) dem später tatsächlich abgeschlossenen Vertrag entsprochen.
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Der Beklagte trägt vor, es sei zwar zutreffend, dass er der einzige Verwaltungsrat der AG gewesen sei, die operativen Geschäfte seien jedoch durch den vormaligen Beklagten zu 2) und seinen Sohn geleitet worden; diese hätten einen Verwaltungsrat mit Schweizer Staatsbürgerschaft gebraucht. Seine Aufgabe habe sich darauf beschränkt, den Kontakt zu den Banken zu halten. Ausweislich des als Anlage K 5 vorliegenden Treuhandvertrages sei er verpflichtet gewesen, Weisungen des Treugebers zu folgen. Er selbst habe an die Geschäftsidee der AG geglaubt. Der Vertrieb und die Pressearbeit seien nicht von ihm organisiert worden, in den E-Mail Verkehr sei er überwiegend nicht einbezogen worden. Die als Anlage K 7 vorliegende Unternehmenspräsentation habe er nicht gekannt; er könne nicht ausschließen, die Präsentation im Zusammenhang mit der Internetseite wahrgenommen zu haben, eine Erinnerung daran habe er aber nicht. Er gehe im Übrigen davon aus, dass die Aussagen der Wahrheit entsprechen. Allein dem Forbes Magazin habe er auf Bitten des Sohns des vormaligen Beklagten zu 2) ein Interview gegeben. Für die Ordnungsgemäßheit der Anleihen hätte der vormalige Beklagte zu 2) und sein Sohn auf Verlangen einer Bank ein Gutachten zweier deutscher Anwälte vorgelegt. Auch die Banken hätten die Anleihen ohne Prospekt nicht beanstandet.
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Der Beklagte behauptet ferner, am 20.11.2020 sei er als Geschäftsführer der … GmbH abgesetzt und Herr … bestellt worden (Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 20.11.2020 Anlage B 4). Die Eintragung der Abberufung in das Handelsregister erfolgte am 05.01.2021 (Handelsregisterauszug Anlage K 33). Mit notariellen Vertrag vom 23.11.2020 (Anlage B 5) habe er sämtliche Gesellschaftsanteile an der … GmbH an Herrn … verkauft.
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Die Klägerin bestreitet die Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer … der GmbH zum 20.11.2020. Jedenfalls habe es sich bei dem Nachfolger … lediglich um einen Strohmann gehandelt. Sie weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das von ihr unterzeichnete Exemplar des Vertrags über eine stille Beteiligung in der Unterschriftsleiste auf Seiten der GmbH noch den Beklagten als Geschäftsführer auswies (Anlage K 35). Dieses Dokument sei von dem Beklagten sodann dahingehend manipuliert worden, dass in der Unterschriftsleiste der Name des Beklagten „…“ durch „…“ ersetzt worden sei.
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Hinsichtlich des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf das Urteil des Landgerichts München I vom 15.05.2023 Bezug genommen. Mit diesem Urteil wurde die Klage abgewiesen.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, es bestehe zwar eine internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I, ein Schadensersatzanspruch der Klägerin, insbesondere ein Anspruch aus § 826 BGB sei jedoch nicht gegeben. Die Klägerin habe ein sittenwidriges Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der … GmbH nicht darlegen und beweisen können. Hinsichtlich des Vortrags der Klägerin zu Vorgängen bei der … AG fehle es an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen einer sittenwidrigen Auskunft über die AG und der Investition in die … GmbH. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen enthielten keine Angaben zu den Tätigkeiten der GmbH, ein sittenwidriges Verhalten ihrerseits habe die Klägerin nicht geschildert. Im Übrigen fehle es hinsichtlich der Präsentation an einem Schädigungsvorsatz des Beklagten. Da die Präsentation ihrem Inhalt nach die … GmbH nicht umfasse, könne nicht darauf geschlossen werden, dass der Beklagte wusste oder zu mindestens damit rechnete, dass mit dieser Präsentation Anleger auch zu Investitionen in die … GmbH verleitet werden sollten. Die Klägerin habe auch keine Umstände vorgetragen, dass der Beklagte gewusst habe, dass Vertriebsmitarbeiter behaupten, dass die … GmbH dieselben Tätigkeiten wie die AG vornehme. Konkrete Handlungen des Beklagten für die … GmbH, die eine Haftung nach § 826 BGB begründen könnten, seien nicht vorgetragen.
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Gegen dieses ihr am 16.05.2023 zugestellte Urteil legte die Klägerin mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 02.06.2023, eingegangen beim Oberlandesgericht München per beA am selben Tag, Berufung ein, die mit Schriftsatz vom 11.06.2023, eingegangen beim Oberlandesgericht München per beA am selben Tag, begründet wurde.
18
Das Landgericht habe die Haftung des Beklagten zu Unrecht verneint. Es habe außer Acht gelassen, dass der Vertrieb, welcher zunächst auf die … AG fokussiert habe und danach zugunsten der … GmbH erfolgt sei, in personeller und systematischer Kontinuität durch den Beklagten erfolgt sei. Dementsprechend sei die als Anlage K 7 vorliegende Präsentation mit E-Mail der GmbH vom 23.11.2020 erneut übersandt worden. Zum Beweis werde die Klägerin als Partei angeboten. Auch der weitere Betroffene … hätte als Zeuge gehört werden müssen. Der Beklagte habe in einem Interview bereits im Frühjahr 2020 die geplante Tätigkeit in Deutschland erwähnt. In der vom Beklagten als Geschäftsleiter der AG lancierten Veröffentlichung vom 20.05.2020 (Anlage K 30) werde ein beschönigendes Bild der Sicherheit der Anlage bei der GmbH gezeichnet. In einem Termsheet für die GmbH (Anlage K 32) werde, wie auch in dem Termsheet für die AG (Anlage K 31) auf einen Jahresabschluss 2018 verwiesen, den es dort im Hinblick auf die Gründung 2020 nicht gegeben haben kann. Eine Parteivernehmung der Klägerin sei rechtsfehlerhaft unterblieben; es habe eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür bestanden, dass der Beklagte bei dem Vertrieb der Anlagen der AG und der GmbH systematisch in sittenwidriger Weise vorgegangen sei.
19
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 11.08.2023 (S. 11 – 18 d. A.) Bezug genommen.
20
Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt nunmehr:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Schadensersatz in Höhe von 30.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 09.02.2021 zu zahlen.
2. Der Beklagte zu 1) hat der Klägerin die Kosten für die anwaltliche außergerichtliche Vertretung in Höhe von 1.501,19 € zu ersetzen, zuzüglich Zinsen seit Rechtshängigkeit.
21
Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
22
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
23
Zum Zeitpunkt der E-Mails vom 23.11.2020 und 01.12.2020 sei der Beklagte bereits nicht mehr Geschäftsführer der GmbH gewesen. In der Unternehmenspräsentation der AG fänden sich keine Angaben zur GmbH. Die neu eingeführten Anlagen K 30 bis K 32 seien nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.
24
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 18.09.2023 Bezug genommen.
25
Ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und den Akteninhalt Bezug genommen.
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Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und weitgehend zur Verurteilung des Beklagten.
27
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich aus Art. 5 Abs. 1 Nr. 2 LugÜ. Der die Klägerin schädigende Vertrag wurde in Deutschland abgeschlossen.
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Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 30.000 € aus § 826 BGB. Der Senat ist davon überzeugt, das zunächst die schweizerische AG und in der Folgezeit die deutsche GmbH betrügerisch Anlegergelder eingeworben hat und der Beklagte als Verwaltungsrat der schweizerischen Gesellschaft und Geschäftsführer der deutschen GmbH dies wusste oder jedenfalls die Augen hiervor verschlossen hat. Durch den Abschluss des Vertrages ist der Klägerin ein Schaden in Höhe von 30.000 € entstanden. Dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht mehr Geschäftsführer der GmbH war, hindert die Zurechnung dieses Schadens nicht.
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1. Ein Geschäftsführer einer Gesellschaft, der weiß oder die Augen davor verschließt, dass diese Gesellschaft betrügerisch Anlagegelder einwirbt, haftet nach § 826 BGB. Der Geschäftsführer einer GmbH als deren verantwortliches Organ hat eine herausgehobene Funktion und trägt die Gesamtverantwortung für die Geschäfte der Gesellschaft. Durch seine Funktion und seine Tätigkeit fördert er den Fortbestand der Gesellschaft und damit den Abschluss weiterer Anlageverträge. Subjektiv genügt es für die Annahme eines bedingten Vorsatzes, dass ein in verantwortlicher Position tätiges Organ die Augen vor Umständen verschließt, die ihm die Erkenntnis, dass ein betrügerische System vorliegt, aufdrängen (BGH, Urteil vom 29. April 2008 – XI ZR 221/07 –, Rn. 20, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. Januar 2012 – I-6 U 212/10 –, Rn. 23 juris), insbesondere wenn er seine Berufspflichten dabei in solchem Maße leichtfertig verletzt, dass sein Verhalten als bedenken- und gewissenlos zu bezeichnen ist (OLG Frankfurt a. M. Teilurteil v. 15.4.2020 – 23 U 67/18, BeckRS 2020, 13072 Rn. 75, beckonline). Beispielsweise beteiligt sich ein ausländischer Broker bedingt vorsätzlich an einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung von Kapitalanlegern durch einen inländischen Terminoptionsvermittler, wenn er diesem ohne Überprüfung seines Geschäftsmodells bewusst und offenkundig den unkontrollierten Zugang zu ausländischen Börsen eröffnet (BGH Urt. v. 9.3.2010 – XI ZR 93/09, BeckRS 2010, 9049, beckonline).
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2. Dass die … AG in der Schweiz objektiv sittenwidrig betrügerisch Anlegergelder eingeworben hat ergibt sich in der Zusammenschau aus folgenden Umständen:
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a) Die als Anlage K 7 vorliegende Unternehmenspräsentation enthält zahlreiche gravierende und dreiste Unrichtigkeiten. Sie vermittelt das unzutreffende Bild eines großen, international und bereits langjährig tätigen Unternehmens. Im Einzelnen:
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Bereits auf der ersten Seite heißt es: „Transparenz und Integrität seit dem Jahr 2000“. Tatsächlich war die … AG erst seit 2019 operativ tätig. Dementsprechend ist auch die Aussage auf Seite 2 der Unternehmenspräsentation „20 Jahre Erfahrung in institutionellen und Retail Geschäften“ unrichtig.
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Wenn es auf Seite 2 der Präsentation heißt „Es begegnen Ihnen erfahrene Beraterpersönlichkeiten“ und in dem Schaubild „Mehr als 50 Investmentprofis“, beinhaltet dies entgegen der Ansicht des Beklagten nicht nur, dass es solche Persönlichkeiten gibt, sondern, dass diese für die ... AG tätig sind. Dies war nicht der Fall.
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Hinsichtlich der auf Seite 3 f der Unternehmenspräsentation vorgestellten acht Hauptgeschäftsfelder erwartet der Leser, dass die … AG in diesen bereits tätig ist, nicht nur, dass es Pläne gibt, tätig zu werden. Dies war jedenfalls hinsichtlich der genannten Geschäftsfelder Logistik, Rohstoffhandel, Luftverkehrsmandate und Lebensmittelindustrie unzutreffend. Auf derselben Seite werden neben dem Büro in … vier weitere Standorte in …, und … unter Angabe von Adresse, Telefonnummer sowie einem Bild aufgeführt, die allesamt nicht existierten.
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Die Unternehmenspräsentation wurden vom Vertrieb für die Gewinnung von Investoren genutzt. Dies ergibt sich bereits aus der E-Mail an die Klägerin vom 02.03.2020 (Anlage K6), in welcher ausgeführt ist, die Unternehmenspräsentation sei beigefügt. Ob dies tatsächlich der Fall war, was der Beklagte bestreitet, kann offenbleiben.
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b) Indem bezahlte Werbeanzeigen als redaktionelle Artikel getarnt und nicht klar erkennbar als Anzeige gekennzeichnet wurden, wurde den Interessenten suggeriert, bei den darin enthaltenen positiven Aussagen handle es sich um objektive Presseberichte. Beispielsweise ist in der als Anlage K 8 vorliegenden Anzeige bei … vom 06.12.2019 von einem „bisherigen Wachstumskurs“ der AG die Rede und es wird ausgeführt, … stehe als Investment Manager für private Märkte mit einer globalen Reichweite im Zentrum des Investitionsgeschäfts. In der Anzeige in der Abendzeitung vom 11.12.2019 heißt es bereits in der Überschrift: „…: Investment – Erfahrung bringt Benefit für Privatanleger“. Die Anzeige vom 05.05.2020 bei … (K 23) gibt inhaltlich ein Interview mit dem Beklagten wieder und wird wie folgt eingeleitet: „Der Schweizer Mischkonzern … AG nutzt die Krise zum eigenen Vorteil: Über eine diversifizierte, wachstumsorientierte Strategie in den Branchen Immobilien und Mode hat sich das Unternehmen gut aufgestellt. Verwaltungsratspräsident …: „Wir bleiben trotz Krise auf Wachstumskurs.“ “ Dass nicht nur das Zitat im letzten Satz, sondern auch die Aussage davor von der … AG selbst stammt, erkennt nur, wer den klein gedruckten Hinweis „Bezahlte Anzeige“ sieht.
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Entsprechendes gilt für die als Anlage K 28 und K 29 vorliegenden Werbeanzeigen.
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c) Auch die Gewährung von Anleihen ohne erforderliche Bankbewilligung steht der Annahme eines seriösen Geschäftsbetriebs entgegen.
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3. Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass die … GmbH dazu gegründet und eingesetzt wurde, die Anwerbung von Investoren in Deutschland fortzusetzen und dabei auch die Unternehmenspräsentation der AG genutzt hat.
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Letzteres ergibt sich bereits aus dem Inhalt der E-Mail vom 01.12.2020 der GmbH an die Klägerin (Anlage K 11 a). Dass die GmbH über eine eigene, abweichende Unternehmenspräsentation verfügt hätte, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Ob die Unternehmenspräsentation der genannten E-Mail tatsächlich beigelegen hat, ist auch hier ohne Bedeutung.
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Der Vertrieb erfolgte durch die gleiche Person.
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Weiter wird dies durch die als Anlage K 27 vorliegende E-Mail vom 29.10.2020 der GmbH an einen anderen Anleger belegt. Dieser hatte über das Portal www….-….com angefragt und ein Angebot der GmbH erhalten.
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Auch die GmbH schaltete mindestens eine als Presseartikel getarnte Anzeige; dass diese als Anlage K 30 im Berufungsverfahren vorgelegte Anzeige erschienen ist, hat der Beklagte nicht bestritten, sodass der diesbezügliche, neu in der Berufungsinstanz eingeführte Vortrag zu berücksichtigen ist (Zöller/Heßler, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, Rn. 20 zu § 531 ZPO).
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4. Der Beklagte handelte subjektiv sittenwidrig.
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Wenn er, wofür vieles spricht, die Unternehmenspräsentation und die Umstände, aus denen sich ihre Unrichtigkeit ergibt, kannte, hat er sich bewusst als Verwaltungsrat der AG und später Geschäftsführer der GmbH dem betrügerischen System zur Verfügung gestellt und dieses auch durch das gegebene „Interview“ gefördert.
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Der Beklagte hätte aber auch dann sittenwidrig gehandelt, wenn er, wie er behauptet, im operativen Geschäft nicht involviert gewesen wäre und die Unternehmenspräsentation nicht gekannt hätte. Der Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft und der Geschäftsführer einer GmbH tragen die Gesamtverantwortung für das Unternehmen. Damit ist es nicht vereinbar, soweit erforderlich als Strohmann nach außen aufzutreten, lediglich Kontakte zu Banken zu halten und sich im Übrigen um die Geschäfte der Gesellschaft nicht im mindesten zu kümmern. Der Beklagte wusste nach seinem Vortrag nicht, mit welchen Behauptungen die Gesellschaften Anlegergelder einwerben, obwohl die Gewinnung von Investoren zentrale Voraussetzung für das Geschäftsmodell gewesen ist. Er trägt weiter vor, die Unrichtigkeit der in der Unternehmenspräsentation enthaltenen Behauptungen nicht gekannt haben, d. h. nicht gewusst zu haben, in welche Bereiche die AG tatsächlich bereits investiert hat, wie viele Personen für sie tätig sind und dass es die weiteren vier Niederlassungen in anderen Staaten nicht gegeben hat. Der Beklagte behauptet ferner, die als redaktionelle Texte gestalteten Anzeigen nicht gekannt zu haben – obwohl die Rechnung hierfür nach unstreitiger Behauptung der Beklagten und ausweislich der Anlage K 22 an seine Ehefrau … als einziger weiteren Mitarbeiterin der AG übermittelt wurde und obwohl das mit ihm geführte Interview in eben einer solchen Anzeige veröffentlicht wurde. Zusammengefasst beinhaltet dies, dass der Beklagte sich dafür hat bezahlen lassen, dass er gegenüber Behörden und Banken seinen Namen zur Verfügung stellt. Auch dass der Beklagte in dem von ihm eingeräumten „Interview“ vom 05.05.2020 (Anlage K 23) über einzelne Geschäftsfelder spricht, belegt, wenn er tatsächlich, wie er behauptet, in das operative Geschäft nicht eingebunden war, dass er willfährig seinen Namen für alle denkbaren Aktivitäten der Hintermänner zur Verfügung stellt. In diesem Zusammenhang ist noch zu bemerken, dass in diesem Text von einer Partnerschaft mit … berichtet wird, mit der die … bereits einen Fuß in der Lebensmittelbranche habe, obwohl diese Partnerschaft nach den eigenen Angaben des Beklagten nicht zustande gekommen ist (Seite 10 und 20 der Klageerwiderung vom 25.01.2023 = Bl. 33. und 43 d.A. des Landgerichts München I).
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Der Beklagte hatte jedenfalls zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der GmbH mit der Klägerin auch Anhaltspunkte dafür, dass die Gesellschaften betrügerisch Anlegergelder einwerben. Zunächst gibt es für den Einsatz eines bezahlten Strohmanns immer gute Gründe. Darüber hinaus wusste der Beklagte bereits deutlich vor seinem Ausscheiden als Geschäftsführer der GmbH, dass die … das Geschäftsmodell der AG als unzulässiges Einlagengeschäft bewertete; dies ist selbst dann, wenn der Beklagte diese Rechtsansicht für unrichtig hielt, ein deutliches Warnsignal, das einen Verwaltungsrat, der nicht bewusst die Augen verschließt, zu einer näheren Prüfung des Geschäftsmodells veranlassen musste. Die vom Beklagten behaupteten Gutachten von Anwälten und Aussagen von Banken bezogen sich auf die Prospektpflicht. Auch die von der Klägerin gezeichnete Anlage ist zwar mit „stille Beteiligung“ überschrieben, der Sache nach aber ein Darlehensvertrag. Schließlich wurde am Tag der Zeichnung durch die Klägerin der Konkurs der … AG eröffnet. Im Hinblick auf die üblichen Verfahrensabläufe kann davon ausgegangen werden, dass das Konkursverfahren dem Beklagten bereits längere Zeit vor seiner Abberufung als Geschäftsführer der GmbH am 20.11.2023 bekannt war. Damit kann weiter unterstellt werden, dass der Beklagte zu diesem Zeitpunkt bereits Zweifel an dem von der GmbH fortgesetzten Geschäftsmodell hatte, wofür im Übrigen auch die Beendigung der seiner Tätigkeit als Gesellschafter und Geschäftsführer zu diesem Zeitpunkt spricht.
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5. Die Klägerin hat durch Abschluss des streitgegenständlichen Vertrags einen Schaden in Höhe von 30.000 € erlitten.
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6. Der Umstand, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages mit der Klägerin am 02./03.12.2020 (Anlage K 1) nicht mehr Geschäftsführer der … GmbH war, hindert eine Zurechnung des der Klägerin entstandenen Schadens nicht.
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a) Falls es hierauf ankäme, wäre die Klägerin als Anspruchstellerin darlegungs- und beweisbelastet für die Stellung des Beklagten als Geschäftsführer der … GmbH zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. In der Berufung hatte die Klägerin die Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer der GmbH zum 23.11.2020 nicht mehr infrage gestellt (Seite 5 der Berufungsbegründung vom 11.08.2023, Bl. 15 d. A.). Der Beklagte hat hierzu erstinstanzlich auf die Feststellungen des Oberlandesgerichts Karlsruhe im Urteil des Verfahrens 13 U 76/22 (Anlage B1) verwiesen. Dort heißt es auf Seite 4: „Der Beklagte war bis 05.01.2021 im Handelsregister als Geschäftsführer der … – GmbH eingetragen. Er hatte allerdings schon mit notariellen Vertrag von 23.11.2020 sämtliche Geschäftsanteile, er war Alleingesellschafter der … – GmbH, an einen … verkauft und abgetreten … . In einer Gesellschafterversammlung vom 20.11.2020 wurde er zudem als Geschäftsführer der – GmbH abberufen und zum Geschäftsführer bestellt … .“ Die Klägerin hat keinen Beweis für die Unrichtigkeit dieses Vortrags angeboten. Soweit die Klägerin auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 13.03.2024 (Bl. 46 d.A.) unter Bezugnahme auf diesbezüglichen erstinstanzlichen Sachvortrag vortrug, Herr … sei lediglich ein Strohmann für den Beklagten gewesen, der die Geschäfte weitergeführt habe, handelt es sich um eine prozessual unbeachtliche Behauptung ins Blaue.
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Dass die Abberufung des Beklagten erst am 05.01.2021 in das Handelsregister eingetragen worden ist (Handelsregisterauszug Anlage K 33) ist ohne Bedeutung, denn die Eintragung ist nicht Wirksamkeitsvoraussetzung, sondern nur deklaratorisch (MüKoGmbHG/Stephan/Tieves, 4. Aufl. 2023, GmbHG § 38 Rn. 55).
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b) Jedoch ist der schädigende Vertragsabschluss den Beklagten trotz des Umstandes, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Geschäftsführer der GmbH war, zuzurechnen. Seine frühere Tätigkeit als Geschäftsführer der … GmbH war für den Abschluss des streitgegenständlichen Anlagevertrages vom 02./03.12.2020 kausal und der der Klägerin hierdurch entstandene Schaden ist vom Schutzzweck des § 826 BGB erfasst.
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Zwar hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 04.06.2007 – II ZR 147/05 – Rn. 32 juris ausgeführt, zur Vermeidung einer uferlosen Ausweitung des offenen Haftungstatbestandes der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung sei eine aus dem Schutzzweck der Norm abzuleitende Tatbestandseingrenzung unabdingbar. Bei der fehlerhaften Ad-hoc-Publizität des Sekundärmarktes könne im Rahmen des Tatbestandes des § 826 BGB auf den Nachweis der konkreten Kausalität für den Willensentschluss des Anlegers selbst bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation nicht verzichtet werden, das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung reiche nicht aus (BGH, Urteil vom 4. Juni 2007 – II ZR 147/05 –, Rn. 31,32, juris).
54
Hieraus hat die Rechtsprechung den Schluss gezogen, dass dem Geschäftsführer grundsätzlich nur solche Schäden zuzurechnen sind, die aus während seiner Tätigkeit oder jedenfalls in einer sich daran anschließenden Übergangsfrist abgeschlossenen Verträgen resultieren, denn eine zeitlich unbegrenzte Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers für den Weiterbetrieb eines betrügerischen Anlagesystems würde zu einer ausufernden Haftung führen.
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Nunmehr hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 23. Juli 2024 – II ZR 206/22 –, Rn. 79 – 86, juris jedoch entschieden, dass die Haftung eines ausgeschiedenen Geschäftsführers wegen Insolvenzverschleppung sich nicht grundsätzlich auf vor seiner Amtsbeendigung entstandene Schäden beschränkt und nur ausnahmsweise noch auf im Dreiwochenzeitraum des § 15a Abs. 1 InsO aF geschlossene Verträge zu erstrecken ist. Vielmehr hafte der aus dem Amt ausgeschiedene Geschäftsführer gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO grundsätzlich auch für Schäden von Neugläubigern, die erst nach seinem Ausscheiden in vertragliche Beziehungen zu der Gesellschaft getreten sind, wenn die durch seine Antragspflichtverletzung geschaffene verschleppungsbedingte Gefahrenlage im Zeitpunkt der Schadensentstehung noch fortbesteht. Mit der Beendigung der Organstellung entfielen zwar die Organpflichten des Geschäftsführers und damit auch seine Insolvenzantragspflicht nach § 15a Abs. 1 InsO ex nunc. Bereits begangene Antragspflichtverletzungen würden durch den Fortfall der Organstellung aber ebenso wenig rückwirkend beseitigt wie die Verantwortung des Geschäftsführers für darauf zurückzuführende Verschleppungsschäden. Auch die erst nach dem Ausscheiden des Geschäftsführers aus dem Amt mit der Gesellschaft geschlossenen Verträge seien grundsätzlich noch vom Schutzzweck der ihm während der Dauer seiner Organstellung obliegenden Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO erfasst. Der für eine Zurechnung erforderliche innere Zusammenhang zwischen der durch den ausgeschiedenen Geschäftsführer geschaffenen Gefahrenlage und dem eingetretenen Verschleppungsschaden sei in der Regel zu bejahen. Das Verbot der Insolvenzverschleppung diene nicht nur der Erhaltung des Gesellschaftsvermögens, sondern habe auch den Zweck, insolvenzreife Gesellschaften mit beschränktem Haftungsfonds vom Geschäftsverkehr fernzuhalten, damit durch das Auftreten solcher Gebilde nicht Gläubiger geschädigt oder gefährdet werden. Dieser Schutzzweck, der es rechtfertige, den Neugläubigern einen Anspruch auf den Ersatz ihres Vertrauensschadens zuzubilligen, bestehe nach der Beendigung der Organstellung des Geschäftsführers nach seiner Antragspflichtverletzung unverändert fort. Solange die durch seine Antragspflichtverletzung geschaffene Gefahrenlage noch fortwirke, seien daher auch erst nach seinem Ausscheiden aus dem Amt geschlossene Verträge vom Schutzbereich der ihm während seiner Geschäftsführerstellung gemäß § 15a InsO obliegenden Insolvenzantragspflicht umfasst. Eine dadurch bewirkte Ausuferung der Haftung des Geschäftsführers stehe nicht zu befürchten, da nicht jeder beliebige Dritte geschützt ist, sondern nur die mit der Gesellschaft in vertragliche Beziehungen tretenden Neugläubiger und auch diese nur im Umfang des Schadens, der ihnen dadurch entsteht, dass sie infolge des Vertragsschlusses mit der insolvenzreifen Gesellschaft im Vertrauen auf deren Solvenz dieser noch Geld- oder Sachmittel als Vorleistungen zur Verfügung stellen und dadurch Kredit gewähren, ohne einen entsprechend werthaltigen Gegenanspruch oder eine entsprechende Gegenleistung zu erlangen.
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Unter Würdigung dieser beiden grundlegenden Entscheidungen ist im vorliegenden Fall der der Klägerin entstandene Schaden dem Beklagten zuzurechnen. Zwar haftet der Beklagte hier nicht deshalb nach § 826 BGB weil er eine Insolvenzantragstellung unterlassen hat, sondern deshalb, weil er ein betrügerisches System gefördert hat. Auch hier richtet sich der Vorwurf an den Beklagten jedoch darauf, dass er dem betrügerischen System ermöglicht hat, auf dem Markt zu kommen und dort zu bleiben. Und auch hier treten die Geschädigten mit der Gesellschaft in direkte vertragliche Beziehungen, sodass die Gefahr einer Ausuferung der Haftung nicht besteht. Beide Gesichtspunkte gelten bei einer Haftung für eine unrichtige Kapitalmarktinformation auf dem Sekundärmarkt nicht. Schließlich ist kein Grund zu erkennen, bei einer Haftung für eine fahrlässige Insolvenzverschleppung strengere Voraussetzungen für die Schadenszurechnung zu fordern, als bei einer Haftung aufgrund einer vorsätzlich sittenwidrige Handlung.
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Die vom Beklagten durch seine Unterstützung des betrügerischen Systems geschaffene Gefahrenlage wirkte im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Klägerin noch fort. Den ersten Kontakt hatte die an einer Anlage interessierte Klägerin mit der AG im März 2020, als der Beklagte dort Verwaltungsrat war; die konkrete Anbahnung des Vertrages mit der GmbH erfolgte ab 06.11.2020, als der Beklagte dort Geschäftsführer war. Der Vertragsschluss selbst erfolgte ca. 2 Wochen nach Ausscheiden des Beklagten als Geschäftsführer.
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Zinsen stehen der Klägerin in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.06.2022 zu. Mit Schreiben vom 19.05.2022 (Anlage K 17) hat die Klägerin den Beklagten zur Zahlung von 30.000 € bis 02.06.2022 aufgefordert. Einen früheren Verzugseintritt hat die Klägerin nicht dargetan. Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von €1.501,19 (Anlage K 19) besteht ebenfalls.
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I. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 91, 92 ZPO.
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II. Die Feststellungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erfolgen gemäß §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
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III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr.1 ZPO liegen vor. Die Frage, ob die Haftung eines Geschäftsführers nach § 826 BGB für die sittenwidrige Unterstützung eines betrügerischen Systems der von ihm geführten Gesellschaft auch Schäden aus Anlagegeschäften, die nach Abberufung des Geschäftsführers geschlossen worden sind, umfasst, hat grundsätzliche Bedeutung. Sie ist bisher lediglich für die Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB wegen Insolvenzverschleppung entschieden.
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IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens ergibt sich aus §§ 63, 47, 48 GKG, §§ 3, 4 ZPO.