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VG München, Urteil v. 29.11.2024 – M 31 K 24.33755
Titel:

Asyl, Herkunftsland Venezuela, Feststellung eines Abschiebungsverbots (verneint)

Normenketten:
AufenthG § 60 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1
Schlagworte:
Asyl, Herkunftsland Venezuela, Feststellung eines Abschiebungsverbots (verneint)
Fundstelle:
BeckRS 2024, 50434

Tenor

I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Der Kläger ist venezolanischer Staatsangehöriger. Er reiste am ... März 2022 zusammen mit seinen Eltern und drei Geschwistern auf dem Landweg über Spanien und Frankreich in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 7. Juli 2022 einen Asylantrag.
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Nach Anhörung am 8. Juli 2022 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 30. Mai 2023, der mit Schreiben vom 31. Mai 2023 zur Post gegeben worden ist, den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) und auf Gewährung subsidiären Schutzes (Nr. 3) als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger wurde aufgefordert, das Bundesgebiet binnen einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen; andernfalls wurde ihm die Abschiebung in die Bolivarische Republik Venezuela oder in einen sonstigen Staat, in den er einreisen dürfe oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht. Die Vollziehung der Abschiebungsandrohung und der Lauf der Ausreisefrist wurden bis zum Ablauf der einwöchigen Klagefrist und, im Falle einer fristgerechten Stellung eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, bis zur Bekanntgabe der Ablehnung des Eilantrags durch das Verwaltungsgericht ausgesetzt (Nr. 5). Das Verbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
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Der Kläger hat am 13. Juni 2023 Klage zur Niederschrift bei Gericht gegen den Bescheid vom 30. Mai 2023 erhoben und ließ durch seinen Bevollmächtigten zuletzt beantragen,
den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 30. Mai 2023 in den Ziffern 4 – 6 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG hinsichtlich Venezuela vorliegen. Im Übrigen wird die Klage zurückgenommen.
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Zur Begründung wird auf die Angaben gegenüber dem Bundesamt Bezug genommen.
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Die Beklagte übersandte die Behördenakten und beantragt,
Klageabweisung.
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Mit Beschluss vom 16. Januar 2024 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Mit Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 29. November 2024 (M 31 K 24.33754) wurde der Mutter des Klägers Abschiebungsschutz gem. § 60 Abs. 7 AufenthG gewährt. Mit Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 29. November 2024 wurde im Verfahren des Vaters und der Geschwister des Klägers, M 31 K 23.31190, die Abschiebungsandrohung aufgehoben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegte Behördenakte in diesem Verfahren und im Verfahren M 31 K 23.31190 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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1. Soweit die Klage zurückgenommen wurde (Anerkennung als Asylberechtigter, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus), ist das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO).
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2. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keinen Anspruch auf Feststellung, dass bei ihm ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Venezuelas besteht. Auch gegen die Abschiebungsandrohung und das Einreise- und Aufenthaltsverbot in den Nrn. 5 und 6 des Bescheides bestehen keine rechtlichen Bedenken. Vielmehr erweist sich der streitbefangene Bescheid des Bundesamts vom 30. Mai 2023 als rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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2.1. Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG scheiden unter Berücksichtigung der allgemeinen Situation in Venezuela und der individuellen Umstände des Klägers aus.
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2.1.1. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Im Falle einer Abschiebung wird eine Verantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 3 EMRK dann begründet, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (BVerwG, U. v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 –, juris Rn. 23 m. w. V. auf die Rspr. des EGMR). Auch die allgemeinen – schlechten – Lebensverhältnisse im Herkunftsgebiet oder im Zielgebiet können in ganz außergewöhnlichen Einzelfällen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen (vgl. VGH BW, U. v. 12.10.2018 – A 11 S 316/17 –, juris Rn. 165 und U. v. 24.7.2013 – A 11 S 697/13 –, juris Rn. 79 ff. m. w. N. auf die Rspr. des EGMR). Es sind im Rahmen von § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK nicht nur Gefahren für Leib und Leben berücksichtigungsfähig, die seitens eines Staates oder einer staatsähnlichen Organisation drohen, sondern auch „nichtstaatliche“ Gefahren aufgrund prekärer Lebensbedingungen, wobei dies allerdings nur in ganz außergewöhnlichen Einzelfällen in Betracht kommt (vgl. BVerwG, U. v. 13.6.2013 – 10 C 13.12 –, juris Rn. 25; VGH BW, U. v. 12.10.2018 a. a. O.). Eine Verletzung von Art. 3 EMRK setzt demnach ein Mindestmaß an Schwere voraus, für das das Bestehen einiger Mängel nicht reicht. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen (vgl. BVerwG, U. v. 31.1.2013 a. a. O.). Auch im Rahmen des Art. 3 EMRK ist eine tatsächliche Gefahr erforderlich, d. h. es muss eine ausreichend reale, nicht nur auf bloßen Spekulationen, denen eine hinreichende Tatsachengrundlage fehlt, gegründete Gefahr bestehen. Die tatsächliche Gefahr einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung muss danach aufgrund aller Umstände des Falles hinreichend sicher und darf nicht hypothetisch sein (BVerwG, U. v. 27.4.2010 – 10 C 5.09 –, juris).
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(1) Hiervon ausgehend ergibt sich unter Berücksichtigung der landesweiten Lebensverhältnisse in Venezuela nicht, dass unter Berücksichtigung der persönlichen Situation des Klägers ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK im Hinblick auf Venezuela vorliegt. Geprägt wird das Leben der Menschen in Venezuela von einer schwierigen wirtschaftlichen Situation und Versorgungslage, außerdem von prekären humanitären Gegebenheiten, sowie von einer hohen Kriminalitätsrate und einer damit einhergehenden schlechten Sicherheitslage. Nach der Erkenntnislage befindet sich Venezuela weiterhin in einer tiefen wirtschaftlichen, politischen, sicherheitspolitischen, gesellschaftlichen und humanitären Krise. Die Wirtschaft leidet infolge der gescheiterten unter der Ägide des ehemaligen Präsidenten H. Ch. initiierten Wirtschaftspolitik, die sein Nachfolger fortgesetzt hat. Venezuela verfügt über die mutmaßlich größten Rohölvorkommen weltweit. Die Führung hat die Ölindustrie verstaatlicht. Verstärkt durch den stark gefallenen Ölpreis ist dieses staatliche Geschäftsmodell eingebrochen. Das Land befand sich seit 2014 in einer Rezession. Die Wirtschaft des Landes ist nach den Rezessionsjahren inzwischen wieder gewachsen (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 31. März 2023). Die Inflation betrug 2023 noch 190%, wenngleich das Wiedererstarken der Ölindustrie in Verbindung mit hohen Energiepreisen das Wachstum in den letzten Jahren vorangetrieben hat, so dass es 2022 einen zweistelligen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes gab. Diese Verbesserung erreicht jedoch noch nicht die allgemeine Bevölkerung. Millionen Venezolaner sind auf humanitäre Unterstützung angewiesen, ein Großteil der Bevölkerung lebt in Armut. Die Nahrungsmittel in Venezuela sind knapp, die Lebensmittelversorgung ist prekär und die Teuerungsrate für Nahrungsmittel ist weiter hoch (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 31. März 2023). Im Jahr 2016 wurde ein Lebensmittelverteilungsprogramm gestartet: Zentralisierte Lebensmittelimporte werden an Komitees verteilt und die nationalen Produzenten müssen einen Teil ihrer Produktion abliefern. Einmal im Monat stellen die sogenannten Lokalen Versorgungs- und Produktionskomitees („CLAP“) Pakete mit Grundnahrungsmitteln wie Reis, Mehl, Öl, Nudeln, Zucker und Salz zusammen und verkaufen sie zu subventionierten Preisen von Tür zu Tür an zuvor gelistete Haushalte (vgl. VG Leipzig, U. v. 30.1.2024 – 7 K 996/22A. – juris). Zugang zum CLAP-System haben aber nur Personen, die sich registrieren lassen. Das bedeutet üblicherweise, dass sie eine Carnet de la Patria beantragen müssen. Die Boxen müssen – allerdings zu einem extrem stark subventionierten Preis – im Voraus bezahlt und, gebietsabhängig je nach Kreis, zu bestimmten Zeitpunkten abgeholt werden. Auf diese Weise war es möglich, die Ausgabe in die Zeiten oppositioneller Demonstrationen zu legen. Die innerhalb einer CLAP-Box befindlichen Nahrungsmittel sind nicht geeignet, eine dreiwöchige Periode lang ausreichend ernährt zu werden. Sie stellen lediglich eine Basisversorgung dar, die anderweitig ergänzt werden muss (vgl. VG Leipzig, U. v. 30.1.2024 – 7 K 996/22A. – juris). Strom und Wasser stehen grundsätzlich zumindest einige Stunden pro Woche zur Verfügung.
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Die medizinische Versorgungslage ist ebenfalls desolat. Die medizinische Versorgung ist selbst in Großstädten oftmals nicht gewährleistet. In vielen öffentlichen Krankenhäusern sind die hygienischen Verhältnisse prekär. Engpässe der Versorgung mit Medikamenten betreffen öffentliche und private Krankenhäuser. Der öffentliche Gesundheitssektor in Venezuela ist nicht mehr in der Lage, Kranke adäquat zu versorgen oder notwendige Operationen durchzuführen. Etwas besser ausgestattet ist derzeit noch der private Sektor, wo allerdings auch schon massive Mangelerscheinungen zu beobachten sind. Viele Medikamente und Medizinprodukte sind auch dort nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt erhältlich. Viele Ärzte sowie Pflegepersonal haben das Land verlassen (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 31. März 2023). Eine adäquate medizinische Versorgung von Notfällen ist in vielen Landesteilen nicht gewährleistet.
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Die wirtschaftliche und medizinische Versorgungslage hat sich in Venezuela seit März 2020 weiterhin verschlechtert, auch wenn zuletzt eine leichtere Verbesserung eingetreten ist. Auch die Sicherheitslage in Venezuela ist prekär. Gewalttätige Ausschreitungen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten sind jederzeit möglich. Es besteht eine verbreitete, hohe Gewaltkriminalität. Entführungen zur Erpressung von Geldzahlungen, Überfälle mit Waffengewalt sowie Straßenkriminalität haben zugenommen und sind weit verbreitet (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 31. März 2023). Es gibt zudem immer wieder Berichte über polizeilichen Missbrauch und Beteiligung an Straftaten, einschließlich illegaler und willkürlicher Festnahmen, außergerichtlicher Tötungen, Entführungen und Einschüchterungsversuchen (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 31. März 2023).
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(2) Dies zugrunde gelegt, ist grundsätzlich dennoch nicht davon auszugehen, dass die humanitären Bedingungen und die Sicherheitslage, auf die ein junger, gesunder, leistungsfähiger, erwachsener Mann bei der Rückkehr nach Venezuela trifft, derartig schlecht sind, dass ein Rückkehrer in humanitären Zuständen existieren müsste, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen, sofern nicht spezifische individuelle Einschränkungen festgestellt werden können, was hier jedoch nicht der Fall ist. Dass die Existenzsicherung oder gar das Überleben für sämtliche Rückkehrer im vorstehenden Sinne nicht gewährleistet wäre, lässt sich nicht generell feststellen. Auch wenn das Gericht nicht verkennt, dass die fraglos beklagenswerten prekären humanitären Umstände, insbesondere die schwierige Lebensmittelversorgung, und die schlechte allgemeine Sicherheitslage, schwierige Lebensbedingungen darstellen, ist bei dem Kläger ein ganz außergewöhnlicher Fall, in dem humanitäre Gründe seiner Abschiebung zwingend entgegen stünden, nicht festzustellen. Dies gilt auch vorliegend unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers. Das Gericht ist aufgrund der dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel davon überzeugt, dass der Kläger nicht zu einem besonders hilfsbedürftigen Teil der venezolanischen Bevölkerung zählt, deren Existenzminimum derzeit gefährdet wäre.
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Der Kläger ist volljährig und arbeitsfähig; die normative, (auch) zielstaatsbezogen wirkende (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG) Vermutung nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG ist nicht widerlegt. Hinweise darauf, dass er nach seiner Rückkehr – auch ohne familiäre Unterstützung – nicht in der Lage sein wird, das Existenzminimum für sich zu sichern, sind auch im Übrigen nicht ersichtlich. Es ist nichts dafür erkennbar, dass der Kläger, der in seiner Heimat aufgewachsen und sozialisiert ist und die Schule bis zu seinem 17. Lebensjahr besucht hat, nicht in der Lage wäre, im Falle der Rückkehr seinen Lebensunterhalt zumindest „mit seiner Hände Arbeit“, wenn gegebenenfalls auch auf eher niedrigem Niveau, so doch noch ausreichend zu bestreiten. Bessere wirtschaftliche oder soziale Perspektiven in Deutschland begründen kein Abschiebungsverbot. Wie bereits dargelegt wird der Kläger die negativen wirtschaftlichen Folgen im Falle der Rückkehr nach Venezuela dort sicherlich spüren. Dass dies für ihn aber derart existenzielle Folgen zeitigen wird, dass ihm existenzbedrohende Armut und somit gleichsam die Verelendung droht, ist zur Überzeugung des Gerichts nicht wahrscheinlich.
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2.1.2. Auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor. Danach soll von einer Abschiebung abgesehen werden, wenn im Zielstaat für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
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(1) Bei den in Venezuela vorherrschenden Lebensbedingungen handelt es sich um eine Situation, der die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist, weshalb Abschiebeschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG ausschließlich durch eine generelle Regelung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt wird. Eine extreme Gefährdungslage, bei der aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG ausnahmsweise dann nicht greift (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 – 9 C 9/95 – juris; U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris), wenn ein Einzelner gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde, liegt nicht vor. Dies hat das Bundesamt im streitbefangenen Bescheid unter Nr. 4 der Begründung zutreffend festgestellt; hierauf wird Bezug genommen (§ 77 Abs. 3 AsylG). Aus den vorliegenden aktuellen Erkenntnismitteln, ergibt sich hierzu nichts Gegenteiliges.
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(2) Bei dem Kläger besteht auch keine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen. Dies ist nur der Fall bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Solche Erkrankungen sind nicht vorgetragen.
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2.2. Schließlich erweist sich auch die Abschiebungsandrohung und Befristungsentscheidung des verfügten Einreise- und Aufenthaltsverbotes als rechtmäßig, insbesondre stehen vorliegend der Abschiebungsandrohung keine Kindeswohlbelange bzw. familiären Bindungen entgegen, § 34 Abs. 1 Nr. 4 AsylG n.F.
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Durch das Gesetz zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz vom 21. Februar 2024 (BGBl I Nr. 54)) hat der Gesetzgeber auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union reagiert, wonach die bisherigen Regelungen für den Erlass einer Abschiebungsandrohung teilweise nicht den Anforderungen der RL 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) genügten (vgl. EuGH, B.v. 15.2.2023 – C-484/22 – juris Rn. 23 ff.). Der Erlass einer Abschiebungsandrohung setzt nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG n.F. voraus, dass der Abschiebung weder das Kindeswohl noch familiäre Bindungen noch der Gesundheitszustand des Ausländers entgegenstehen. Damit werden die Anforderungen des Art. 5 Rückführungsrichtlinie in das nationale Recht übernommen, der verlangt, dass bei Erlass einer Rückkehrentscheidung die dort genannten Belange gebührend berücksichtigt werden (vgl. EuGH, U.v. 14.1.2021 – C-441/19 – juris Rn. 60; EuGH, U.v. 8.5. 2018 – C82/16 – juris Rn. 102; EuGH, U.v. 11.12.2014 – C-249/13 – juris Rn. 48).
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Die Betroffenheit der in der § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG genannten Belange und ihr Gewicht hat das Bundesamt als nach § 35 AsylG für die Abschiebungsandrohung zuständige Behörde beim Erlass der Androhung zu prüfen. Im Rahmen der Kontrolle haben die Verwaltungsgerichte im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Entscheidung nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG das Vorliegen von (möglicherweise auch erst nach Erlass der Androhung entstandenen) Belangen zu prüfen und eine eigene Abwägung vorzunehmen.
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Bezüglich des mittlerweile volljährigen Sohnes sind keine besonderen Umstände glaubhaft gemacht worden, die im Verhältnis zu den widerstreitenden einwanderungspolitischen Belangen eine überwiegende Schutzbedürftigkeit familiärer Beziehungen zwischen volljährigen Familienmitgliedern begründen, was beispielsweise dann der Fall sein kann, wenn ein erwachsenes Familienmitglied zwingend auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglied angewiesen ist und diese Hilfe sich nur in der Bundesrepublik Deutschland erbringen lässt (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 20.11.2023 – 13 ME 195/23 – Rn. 7f. m.w.N.; VG Münster, B.v. 8.12.2023 – 3 L 958/23 – Rn. 21).
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Sonach war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen; das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.