Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 18.11.2024 – Au 9 K 24.1167
Titel:

W., Weinschorle, Irreführungsverbot, Eignung zur Täuschung

Normenketten:
WeinG § 25 Abs. 1 Nr. 1
WeinV § 18
WeinV § 36 S. 2
VO (EU) Nr. 1169/2011 Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4
Teil E VO (EG) 1333/2008 Art. 4 i.V.m. Anhang II
Schlagworte:
W., Weinschorle, Irreführungsverbot, Eignung zur Täuschung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 50127

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, der Klägerin zu untersagen, das weinhaltige Getränk „W. fruchtig“ bzw. den aromatisierten weinhaltigen Cocktail „W. süß“ unter der geschützten Marke „W“ in den Verkehr zu bringen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte zu 2/3 und die Klägerin zu 1/3.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte nicht dazu berechtigt ist, ihr das Inverkehrbringen des in verschiedenen Geschmacksrichtungen unter dem Markennamen „W.®“ hergestellten weinhaltigen Getränks bzw. aromatisierten weinhaltigen Cocktails zu untersagen.
2
Die Klägerin stellt unter dem Produktnamen „W.®“ Getränke in verschiedenen Geschmacksrichtungen her, so unter anderem die „W.®“, die „W.®“ und die „W.®“, die in 0,5 l-Mehrwegflaschen abgefüllt und vertrieben werden.
3
Der Vertrieb dieser Getränke erfolgt bundesweit mit einem Abfüllvolumen von insgesamt über 12 Millionen Flaschen im Jahr 2023 und einem Nettoumsatz von mehr als 5 Millionen Euro. Die Marke „W.®“ ist dabei seit 29. November 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer ... markenrechtlich geschützt.
4
Die betreffenden Getränke mit den Geschmacksrichtungen „Fruchtig“, „Sauer“ und „Süß“ werden von der Klägerin wie folgt etikettiert:
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Auf der Vorderseite der Flaschen findet sich jeweils die Aufschrift:
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„Die Original
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W.®
8
Seit über ... Jahren ein Genuss für Weinkenner“
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Der Schriftzug wird mit Weinlaub und Weintrauben bildlich umrahmt.
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Es folgt die jeweilige Bezeichnung der Geschmacksrichtung mit „Sauer“, „Fruchtig“ bzw. „Süß“, gefolgt von der Angabe „Mit natürlichem Mineralwasser der ... Quelle“ bei den Geschmacksrichtungen „Sauer“ und „Fruchtig“ und mit der Angabe „Mit Zitronenlimonade“ bei der Geschmacksrichtung „Süß“.
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Auf der Rückseite der Flaschen mit der Geschmacksrichtung „Sauer“ und „Fruchtig“ enthält das Etikett u. a. die Angabe, dass es sich um ein weinhaltiges Getränk mit 51% Wein (Weißwein bei der Geschmacksrichtung „Sauer“ bzw. Roséwein bei der Geschmacksrichtung „Fruchtig“) und 49% natürlichem Mineralwasser handelt. Weiter wird darauf hingewiesen, dass das Getränk Sulfite enthält.
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Bei der „W.®“ findet sich auf dem rückseitigen Etikett u.a. die Angabe „Aromatisierter weinhaltiger Cocktail mit 50% Weißwein und 50% Zitronenlimonade“ und ebenfalls der Hinweis auf den Enthalt von Sulfiten.
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Das Chemisches- und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) ... stellte mit Gutachten vom 1. September 2022 hinsichtlich des untersuchten Produkts „W.®“ einen Saccharosegehalt von 2,65 g/l fest. Es wird ausgeführt, Saccharose könne beim Anreicherungsverfahren zur Erhöhung des natürlichen Alkoholgehaltes von Weinbauerzeugnissen nach Vorgabe von Art. 80 i.V.m. Anhang VIII Teil I Abschnitte A und B der VO (EU) 1308/2013 angewendet werden, nicht jedoch nach Art. 3 Abs. 5 i.V.m. Anhang I Teil D der VO (EU) 2019/934 zum Süßen von Wein. Ein Zusatz von Saccharose bei einer Weinschorle widerspräche § 36 Weinverordnung (WeinV). Weiter wurde mit Gutachten vom 18. September 2023 im Produkt „W.®“ ein Sorbinsäuregehalt von 158 mg/l festgestellt. Im Gutachten vom 31. August 2023 wurde das Produkt „W.®“ untersucht. Das CVUA ... stellte hierzu fest, dass ein Zusatz von Zitronenlimonade zu einer Weinschorle in § 36 WeinV nicht vorgesehen sei. Der Markenname suggeriere jedoch, dass es sich um eine „Weinschorle“ handele, weshalb das Produkt nicht als „W.“ bezeichnet werden dürfe.
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In seinem Gutachten vom 27. Oktober 2023 betreffend die Produkte „W.®“ (Nr. ...) und „W.®“ (Nr. ...) stellte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) einen Sorbinsäuregehalt von 167 mg/l bzw. 163 mg/l fest.
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Der Arbeitskreis lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (ALS) bezog anlässlich seiner 121. Sitzung vom 25. bis 27. September 2023 zur Frage, ob ein Getränk auf Weinbasis mit der Angabe „...“ die Vorgaben für Schorle nach § 36 WeinV erfüllen müsse, dahingehend Stellung, dass ein Zusatz von Saccharose bei einem als Schorle oder Weinschorle bezeichneten Produkt nach § 36 WeinV nicht vorgesehen sei. Auch ein Getränk auf Weinbasis mit der Angabe „...“ müsse die Vorgaben für eine Schorle erfüllen, da diese Angabe suggeriere, dass es sich um ein Erzeugnis i.S.d. § 36 WeinV handele.
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Mit an das Landratsamt Aichach-Friedberg gerichteter Stellungnahme vom 29. Januar 2024 wies das LGL darauf hin, der Markenname “W.®“ sowie die näheren Herstellungsangaben würden suggerieren, dass es sich bei dem Erzeugnis um eine „Weinschorle“ handele. In den Produkten der Klägerin mit der Bezeichnung „W.®“ und „W.®“ seien jedoch jeweils ein mit 163 mg/l bzw. 167 mg/l über den einschlägigen Grenzwerten erhöhter Sorbinsäuregehalt festgestellt worden, was auf Grund der von der Klägerin verwendeten Rezeptur aus der Verwendung von Sorbinsäure bei der Herstellung resultiere. Für die Herstellung einer Weinschorle dürften jedoch gemäß Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Anhang I Teil A Tabelle 2 Nr. 2.4 VO (EU) 2019/934 sowie i.V.m. Satz 1 Nr. 3.4.5 Amtsblatt C 409 vom 5.12.2019 nur handelsübliche Weine mit Sorbinsäuregehalten von weniger oder gleich 200 mg/l verwendet werden. Bei einem Weinanteil von 51% im Getränk der Klägerin läge der höchstzulässige Wert von Sorbinsäure daher bei 102 mg/l. Weinhaltige Getränke seien im Einklang mit dem EU-Zusatzstoffrecht herzustellen und als solche zu bezeichnen. Werde der Begriff „Weinschorle“ oder „Schorle“ verwendet, dürfe ein solches Getränk nach § 36 Satz 2 WeinV lediglich die dort genannten Bestandteile enthalten, nicht jedoch wie hier Sorbinsäure. Auch wenn die betreffenden Etiketten mit der zusätzlichen Bezeichnung als weinhaltiges Getränk in Verkehr gebracht würden, würde der Markenname „W.®“ sowie die Aufmachung des Etiketts suggerieren, dass es sich bei den Getränken um eine Weinschorle handele. Daher sei die Verwendung des Wortes „...“ irreführend i.S.v. Art. 7 Abs. 1 a) VO (EU) 1169/2011. Die Eintragung des Begriffs „...“ im Markenregister schließe die Täuschungseignung nicht aus. Für das Produkt „W.®“, dem Zitronenlimonade zugesetzt sei, gelte Gleiches. Die Angabe „Schorle“ oder „Weinschorle“ bei einem aromatisierten weinhaltigen Cocktail i.S.v. Art. 3 Abs. 4 VO (EU) 251/2014 sei bei einem Getränk, das nicht den Vorgaben des § 36 WeinV entspreche, nicht zulässig und zur Irreführung geeignet.
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In einem Gutachten des CVUA ... vom 12. Februar 2024 (Az. ...) wurde bei dem untersuchten Produkt „W.®“ ein Sorbinsäuregehalt von 168 mg/l festgestellt. Mit weiterem Gutachten vom 27. März 2024 wurde in der „W.®“ ein Gesamtzuckergehalt von 49,8 ± 13,7 g/l ermittelt. Es wurde festgestellt, dass somit die Voraussetzungen zur Verwendung der Geschmacksrichtung „süß“ nicht gegeben seien und das Produkt nicht den Regelungen nach Art. 6 Abs. 1 e) VO (EU) 251/2014 entspreche. Außerdem erfülle das Produkt wegen des Zusatzes von Zitronenlimonade nicht die Voraussetzungen des § 36 WeinV.
18
Das Landratsamt wies die Klägerin am 22. April 2024 darauf hin, dass es den mit Schreiben des LGL vom 29. Januar 2024 eingenommenen Rechtsstandpunkt teile und daher einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid gegen die Klägerin erlassen werde. Die Klägerin trug vor, es sei allenfalls eine Verringerung des Sorbinsäurezusatzes vorstellbar, ein vollständiger Verzicht auf eine derartige Zugabe sei aus Gründen des Verbraucherschutzes dagegen nicht möglich, da Sorbinsäure zum Ausschluss von Verkeimungen in den verwendeten Mehrwegflaschen erforderlich sei. Auf die Zugabe von Saccharose bei der „W.®“ könne ebenfalls nicht verzichtet werden, da der bezogene Ausgangswein ohne Zuckerzusatz geliefert werde und ohne den Zusatz von Saccharose „zu sauer“ sei.
19
Mit E-Mail des Landratsamts vom 26. April 2024 an den Bevollmächtigten der Klägerin wurde der Klägerin die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
20
Am 15. Mai 2024 ließ die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erheben mit dem Antrag:
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Es wird festgestellt, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, der Klägerin zu untersagen, ein weinhaltiges Getränk im Sinne des § 2 Nr. 2 WeinG bzw. einen aromatisierten weinhaltigen Cocktail im Sinne des Art. 3 Abs. 4 VO (EU) 251/2014 unter der geschützten Marke „W.“ in den Verkehr zu bringen/zu vertreiben.
22
Eine Feststellungsklage sei zulässig, da Gegenstand ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis sei. Es gehe vorliegend um die Frage, ob die verfahrensgegenständlichen Produkte unter der Marke „W®“ vertrieben werden dürften, was der Beklagte wegen angeblicher Verbraucherirreführung zu untersagen beabsichtige. Vorliegend sei durch das drohende Verhalten des Beklagten auch ein Feststellungsinteresse gegeben. Denn bei tatsächlicher Irreführung der Getränke im Sinne von § 25 Abs. 1 Weingesetz (WeinG) sei die Strafvorschrift des § 49 Satz 1 Nr. 4 WeinG verwirklicht. Der Klägerin sei nicht zuzumuten, die durch den Meinungsstreit hervorgerufene Unsicherheit über die Rechtslage hinzunehmen. Die streitgegenständlichen Produkte würden seit mehr als 20 Jahren unter der Marke „W®“ vermarktet werden. Die Produkte „W® …“ würden seit jeher unter der Bezeichnung „weinhaltiges Getränk“ und das Produkt „W®“ als „aromatisierter weinhaltiger Cocktail“ vertrieben werden. Eine Irreführung der Verbraucher sei nicht gegeben. Die Produkte der Klägerin würden nicht unter § 36 WeinV fallen.
23
Der Beklagte ist der Klage mit Schriftsatz vom 13. Juni 2024 entgegengetreten und beantragt,
24
die Klage abzuweisen.
25
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Auffassung des LGL sowie des ALS, wonach ein Getränk, das als Weinschorle bezeichnet werde, den Vorgaben des § 36 WeinV entsprechen müsse, rechtlich zutreffend sei. Da den klagegegenständlichen Getränken der Klägerin Sorbinsäure und Saccharose zugefügt werde, handele es sich nicht mehr um „Weinschorlen“ in diesem Sinn. Die Aufzählung der Zusatzstoffe für eine Weinschorle in § 36 WeinV sei abschließend. Denn der Gesetzgeber habe bewusst aus der Gruppe der Ausgangsstoffe in § 18 Abs. 2 WeinV sowie aus der Gruppe der Zusatzstoffe nach § 18 Abs. 3 WeinV jeweils ein bestimmtes Produkt herausgegriffen. Aus der Systematik der Vorschriften könne daher nur der Schluss abgeleitet werden, dass das zusammengesetzte weinhaltige Getränk, wenn es als Schorle bezeichnet werde, nur aus den Zutaten „kohlesäurehaltigem Wasser“ und „Wein“ bestehen dürfe. Der auf den betreffenden Etiketten der Klägerin verwendete Begriff „...“ vermittle zusammen mit deren Aufmachung dem Verbraucher den Eindruck, es handle sich hierbei um eine „Weinschorle“. Dieser Eindruck werde auch nicht dadurch ausgeräumt, dass sich auf der Rückseite der jeweiligen Getränke der Hinweis finde, dass es sich um ein „weinhaltiges Getränk“ handele. Denn eine „Weinschorle“ sei stets auch ein weinhaltiges Getränk, ein weinhaltiges Getränk eine „Weinschorle“ dagegen nur, wenn es lediglich aus den in § 36 Satz 2 WeinV festgelegten Inhaltsstoffen bestehe. Nur dann dürfe das weinhaltige Getränk als „Weinschorle“ bezeichnet werden. Daher seien die „... und ...“, die die Zusatzstoffe Sorbinsäure und Saccharose enthielten, als irreführend anzusehen und das Landratsamt sei daher berechtigt, der Klägerin das Inverkehrbringen der streitgegenständlichen Produkte unter Verwendung der Bezeichnung „...“ zu untersagen. Aus dem Markenschutz des Begriffs „...“ könne nichts Gegenteiliges hergeleitet werden. Denn das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) habe seinerzeit nur geprüft, ob der Wortbestandteil „...“ im Begriff „W“ irreführenden Charakter haben könne und dies verneint. Der Wortbestandteil „Schorle“ sei dagegen nicht Gegenstand einer solchen Prüfung gewesen. Die irreführende Bezeichnung „W.®“ sei bislang nur deshalb als Zusatzbezeichnung toleriert worden, weil es sich im Gegensatz zum gegenwärtig bundesweit erfolgenden Vertrieb lediglich um ein regionales Produkt gehandelt habe.
26
Mit Schriftsatz vom 28. August 2024 führte der Klägerbevollmächtigte zur Begründung der Klage ergänzend aus, aus der Klageerwiderung ergebe sich, dass der Beklagte und das LGL offenbar eine bestehende und ihnen bekannte Irreführung toleriert hätten, nur, weil diese nur regional stattgefunden habe. Damit unterscheide der Beklagte unverständlicherweise zwischen einer tolerierbaren regionalen Irreführung und einer nicht tolerierbaren deutschlandweiten Irreführung. Ungeachtet dessen sei es unzutreffend, dass die Produkte bis 2022 nur regional verkauft worden seien und bereits Beanstandungen den Markennamen „W.®“ betreffend erfolgt seien. Im Jahr 2015 sei der Klägerin zwar ein Gutachten des LGL vom 15. Juni 2015 zugeleitet worden, in dem beim Produkt „W. süß“ die unter dem Markennamen „Die Originale W.“ vorhandene Bezeichnung „süße Weinschorle“ beanstandet worden sei. Die Verwendung der Marke „W.“ sei jedoch nicht beanstandet worden. Auf die damalige Stellungnahme des Klägerbevollmächtigten habe die Beklagte mit Schreiben vom 7. August 2015 bestätigt, dass den Ausführungen der Klägerin „weitgehend gefolgt“ werde. Die Klägerin hätte somit damals die Angabe „süße Weinschorle“ beibehalten können, habe sich jedoch dennoch zur Entfernung der Bezeichnung entschieden. Der Vorwurf, die Verwendung der Marke „W.®“ für die streitgegenständlichen Produkte sei irreführend i.S.d § 25 Abs. 1 WeinG stelle sich als völlig unbegründet dar. Der Argumentation des Beklagten liege die Fehlannahme zugrunde, der Ausdruck „Schorle“ oder „Weinschorle“ werde in § 36 Satz 2 WeinV abschließend geregelt. Dieser regele allenfalls die Verwendung der Verkehrsbezeichnung „Schorle“ bzw. „Weinschorle“ für ein speziell zubereitetes weinhaltiges Getränk. Die Vorschrift beinhalte jedoch keine generelle Regelung zur Verwendung des Ausdrucks „Schorle“. Dies sei bereits daraus erkennbar, dass auf dem Markt zahlreiche nicht alkoholische „Fruchtschorlen“ vertrieben würden. Der Gesetzgeber habe zur besseren Abgrenzung einer Weinschorle die Verkehrsbezeichnung „Weinschorle“ eingeführt. § 36 Satz 2 WeinV beinhalte eine „Öffnungsklausel“, der zufolge unter bestimmten Voraussetzungen bei weinhaltigen Getränken auch andere Verkehrsbezeichnungen als die in § 36 Satz 1 WeinV vorgeschriebenen zulässig seien. Daraus ergebe sich kein absolutes Verbot, den Wortbestandteil „-schorle“ unter anderen Voraussetzungen zu verwenden. Dies käme sonst einem absoluten Verkehrsschutz des Wortbestandteils gleich, der mit der Vorschrift nicht bezweckt werde. Rechtsgrundlage des § 36 Satz 2 WeinV sei § 24 Abs. 2 WeinG, dessen Regelungszweck nicht der absolute Verkehrsschutz gewisser Getränkebezeichnungen sei, sondern die an bestimmte Voraussetzungen gebundene Auflockerung der allein weinhaltige Getränke betreffenden Bezeichnungsregelung. Eine Irreführung sei allein schon durch die Angabe der Verkehrsbezeichnung „aromatisierter weinhaltiger Cocktail“ ausgeschlossen. Außerdem werde auf der Vorderseite ausdrücklich der Zusatz „mit Zitronenlimonade“ angegeben. Der durchschnittliche und verständige Verbraucher wisse jedoch, dass eine Weinschorle keine Zitronenlimonade enthalte. Da seit über 20 Jahren unter der Marke „W.®“ sowohl weinhaltige Getränke, als auch aromatisierte weinhaltige Cocktails vertrieben würden, habe sich die Marke für beide Produktarten etabliert, weshalb nicht zwingend auf eine „Weinschorle“ geschlossen werden könne. Der Verbraucher verstehe die Marke als Phantasiebezeichnung, der wenig Informationsgehalt beigemessen werde. Die Marke sei seit 29. November 2001 im Markenregister eingetragen. Die gesetzliche Verkehrsbezeichnung „Weinschorle“ sei erst 1,5 Jahre später eingeführt worden. Der Beklagte beanstande den irreführenden „Gesamteindruck“ der verfahrensgegenständlichen Produkte, begründe dies aber nicht näher.
27
Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die vom Beklagten vorgelegte Behördenakte und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

28
Die zulässige Klage hat Erfolg, soweit sie sich auf die Produkte „W.®“ und „W.®“ bezieht. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
A.
29
Die Klage ist zulässig.
30
I. Die Klage ist als vorbeugende Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft. Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Als Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 Abs. 1 VwGO werden solche rechtlichen Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Sie sind durch subjektive Rechte und Pflichten gekennzeichnet. (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 43 Rn. 12f.). Rechtliche Beziehungen verdichten sich aber nur dann zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO, wenn die Anwendung einer Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits überschaubaren Sachverhalt streitig ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.1.1996 – 8 C 19.94 – NJW 1996, 2046 m.w.N). Dies bedeutet nicht, dass zukünftige Rechtsverhältnisse, die sich aus einem künftigen oder noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt ergeben, einer auf Feststellung gerichteten Klage nach § 43 Abs. 1 VwGO entzogen wären, dennoch ist auch hier ein hinreichend konkreter Sachverhalt zu fordern.
31
Vorliegend haben sich die rechtlichen Beziehungen des Beklagten und der Klägerin in Bezug auf die Zulässigkeit des Inverkehrbringens konkreter Produkte der Klägerin konkretisiert. Es besteht Uneinigkeit darüber, ob der Vertrieb der „W.®“ wegen der Verwendung von Zitronenlimonade bzw. dem Zusatz von Sorbinsäure bzw. Saccharose gegen das Irreführungsverbot des § 25 Abs. 1 WeinG verstößt, weil nach Auffassung des Beklagten als „Schorle“ bzw. „Weinschorle“ nach § 36 Satz 2 WeinV nur ein solches weinhaltiges Getränk bezeichnet werden darf, das lediglich kohlensäurehaltiges Wasser und Wein enthält. In Folge dieses Streits droht der Klägerin der Erlass eines das Inverkehrbringen dieser Produkte untersagenden Verwaltungsakts von Seiten des Beklagten.
32
II. Die Klägerin hat auch schon vor Erlass der angedrohten Untersagungsverfügung ein berechtigtes Interesse im Sinn von § 43 Abs. 1 VwGO an der mit der Klage verfolgten Feststellung.
33
Zulässig ist eine vorbeugende Feststellungsklage nur dann, wenn der Betroffene nicht in zumutbarer Weise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 7.5.1987 – 3 C 53.85 – NVwZ 1988, 430). Denn die Verwaltungsgerichtsordnung stellt für den Rechtsschutz gegen Verwaltungsakte und Normen spezielle Klagearten jeweils einschließlich umfassender Instrumente einstweiligen Rechtsschutzes zur Verfügung, die auch unter Gewaltenteilungsgesichtspunkten zu einem Grundsatz des Vorrangs nachträglichen Rechtsschutzes führen. Hinsichtlich der vorbeugenden Abwehr von Verwaltungsakten und Normen ist ein hinreichendes Feststellungsinteresse daher nur dann anzuerkennen, wenn ein Abwarten repressiven Rechtsschutzes (auch unter Berücksichtigung der Möglichkeiten einstweiligen Rechtsschutzes) ausnahmsweise nicht zumutbar ist. Solange die Überwachungsbehörde lediglich eine bestimmte Rechtsmeinung vertritt, jedoch ausdrücklich erklärt, keine ordnungsrechtlichen oder sonstigen Konsequenzen daraus zum Nachteil des Betroffenen ziehen zu wollen, fehlt es an den besonderen Gründen, Rechtsschutz bereits vor Erlass der belastenden Maßnahme zuzulassen (vgl. BVerwG, U.v. 30.5.1985 – 3 C 28.84 – juris Rn. 15). Ein qualifiziertes Feststellungsinteresse kann jedoch dann bejaht werden, wenn ein mit Anfechtungsklage nicht mehr ausräumbarer oder sonst nicht mehr wiedergutzumachender Schaden droht, wenn eine Vielzahl gleichartiger Rechtsakte abzuwehren wäre oder bereits jetzt Dispositionen zu treffen sind (vgl. Möstl in BeckOK VwGO, Posser/Wolff/Decker, Stand: 1.7.2024, § 43 Rn. 27).
34
Vorliegend ist ein qualifiziertes, auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse gegeben. Zwar könnte die Klägerin darauf verwiesen werden, die angedrohte Untersagungsverfügung abzuwarten und gegebenenfalls zur Vermeidung wirtschaftlicher Schäden einstweiligen Rechtsschutz zu suchen. Angesichts der zwischen den Parteien ungeklärten Rechtslage besteht jedoch die Gefahr, dass sich die Klägerin eines Straf- oder zumindest Ordnungswidrigkeitenverfahrens nach §§ 49 Satz 1 Nr. 4, 25 Abs. 1 WeinG bzw. §§ 50 Abs. 1 Nr. 1, 49 S. 1 Nr. 4, 25 Abs. 1 WeinG aussetzt, sofern sie an ihrer Rechtsmeinung festhält und die beanstandeten Produkte weiterhin unverändert vertreibt. Die Klägerin könnte dem nur entgehen, wenn sie entgegen ihrer Rechtsauffassung die Produktzusammensetzung im Sinne der Rechtsmeinung des Beklagten ändert oder von dem weiteren Vertrieb der streitgegenständlichen Produkte absieht. Damit ist die sog. „Damokles-Rechtsprechung“ hier einschlägig, wonach das Interesse an der Vermeidung von Sanktionen, etwa in Fällen verwaltungsrechtsakzessorisch strafbaren Handelns bzw. auf dem Gebiet des Ordnungswidrigkeitenrechts das qualifizierte Feststellungsinteresse für die vorbeugende Feststellungsklage begründet (vgl. BayVGH, U.v. 24.4.2015 – 3 BV 13.834 – juris Rn. 66 m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 43 Rn. 33). Der Betroffene hat in derartigen Konstellationen ein schutzwürdig anzuerkennendes Interesse daran, den Verwaltungsrechtsweg als „fachspezifischere” Rechtsschutzform einzuschlagen (vgl. BVerfG, B.v. 7.4.2003 – 1 BvR 2129/02 – NVwZ 2003, 856). Die dargestellte Unsicherheit rechtfertigt somit ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für eine vorbeugende Feststellungsklage.
B.
35
Die zulässige Klage hat nur teilweise Erfolg.
36
I. Die Klage ist begründet, soweit sich die Feststellungsklage auf die Produkte „W.®“ (siehe Nr. 1) und „W.®“ (siehe Nr. 2) bezieht. Insoweit ist der Beklagte nicht berechtigt, der Klägerin das Inverkehrbringen dieser Produkte unter dem Markennamen „W.®“ zu untersagen.
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1. Das Produkt „W.®“ verstößt nicht gegen das Irreführungsverbot in § 25 Abs. 1 Nr. 1 WeinG, da der Markenname zusammen mit der Aufmachung des Etiketts nicht geeignet ist, den Verbraucher über das Vorliegen einer „Weinschorle“ i.S.d. § 36 Satz 2 WeinV zu täuschen.
38
a) Gem. § 25 Abs. 1 Nr. 1 WeinG ist es verboten, ein Erzeugnis mit Informationen über Erzeugnisse, die den Anforderungen des Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 VO (EU) 1169/2011 nicht entsprechen, in den Verkehr zu bringen oder allgemein im Einzelfall dafür zu werben. Erzeugnisse sind gemäß § 2 Nr. 1 b) und c) WeinG unter anderem aromatisierter Wein, aromatisierte weinhaltige Getränke, aromatisierte weinhaltige Cocktails und weinhaltige Getränke. „Informationen über Erzeugnisse“ i.S.d. § 25 Abs. 1 Nr. 1 WeinG ist kein in der Verordnung (EU) 1169/2011 definierter Begriff, sondern bezeichnet in Anlehnung an den Begriff „Informationen über Lebensmittel“ nach Art. 2 Abs. 2 a) der Verordnung (EU) 1169/2011 jede Information, die ein Erzeugnis i. S. des WeinG betrifft und dem Endverbraucher durch ein Etikett, sonstiges Begleitmaterial oder in anderer Form, einschließlich über moderne technologische Mittel oder mündlich, zur Verfügung gestellt wird (vgl. Boch in Sosnitza/Meisterernst, Lebensmittelrecht, 189. EL April 2024, WeinG, § 25 Rn. 108c). Nach Art. 7 Abs. 1 a) i.V.m. Abs. 4 VO (EU) 1169/2011 dürfen Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein in Bezug auf die Eigenschaften des Lebensmittels, insbesondere bezüglich der Art, Identität, Eigenschaften, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprungsland oder Herkunftsort und Methode der Herstellung oder Erzeugung. Dies gilt dabei auch für die Werbung oder Aufmachung von Lebensmitteln, insbesondere für ihre Form, ihr Aussehen oder ihre Verpackung, die verwendeten Verpackungsmaterialien, die Art ihrer Anordnung und den Rahmen ihrer Darbietung. Die Informationen über Lebensmittel müssen zutreffend, klar und für die Verbraucher leicht verständlich sein, vgl. Art. 7 Abs. 2 VO (EU) 1169/2011. Verantwortlich für die Information über ein Lebensmittel ist dabei der Lebensmittelunternehmer, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel vermarktet wird, vgl. Art. 8 Abs. 1 VO (EU) 1169/2011.
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Bei dem Produkt „W.®“ handelt es sich um ein Erzeugnis im Sinn von § 2 Nr. 1 b) WeinG, nämlich um einen aromatisierten weinhaltigen Cocktail gem. Art. 3 Abs. 4 VO (EU) 251/2014, da es aus 50% Weißwein und 50% Zitronenlimonade besteht und einen Alkoholgehalt von 4,8% vol aufweist. Das Irreführungsverbot aus § 25 Abs. 1 Nr. 1 WeinG findet somit grundsätzlich Anwendung.
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b) Die „W.®“ stellt keine „Weinschorle“ i.S.d. § 36 Satz 2 WeinV dar. Nach § 36 Satz 2 WeinV darf nur ein weinhaltiges Getränk, das durch Vermischen von Wein, Perlwein oder Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure und kohlensäurehaltigem Wasser hergestellt wird, als „Schorle“ oder bei der Verwendung von Wein als „Weinschorle“ bezeichnet werden. Da beim streitgegenständlichen Produkt Weißwein mit Zitronenlimonade vermischt wurde, fehlt es offensichtlich an den notwendigen Voraussetzungen für die Bezeichnung als „Weinschorle“. Diese Bezeichnung wird von der Klägerin jedoch für ihr Produkt auch nicht verwendet. Lediglich der Wortbestandteil „Schorle“ findet sich im Markennamen wieder.
41
c) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die Aufmachung des Produkts zusammen mit der Verwendung des Markennamens „W.®“ nicht geeignet, den Verbraucher über das Vorliegen einer „Weinschorle“ i.S.d. § 36 Satz 2 WeinV zu täuschen.
42
aa) Für die Annahme einer Irreführung im Sinne des § 25 Abs. 1 WeinG genügt die Eignung zur Täuschung. Erforderlich ist die objektive Feststellung einer konkreten Gefahr der Irreführung (vgl. OVG RhPf, U.v. 2.7.2008 – 8 A 10310/08 – juris Rn. 18). Dabei ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes als Maßstab für irreführende Angaben auf den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen, soweit die Angaben keine für die Gesundheit relevante Bedeutung haben. Der Bundesgerichtshof stellt ohne inhaltliche Diskrepanz auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Weinkonsumenten ab. Abzustellen ist allerdings nur auf den gelegentlichen Weinkäufer, der gewisse Elementarkenntnisse über Weinsorten und Weinlagen wie überhaupt über den Weinbau hat. Auszuscheiden hat – auch als aufmerksamer Käufer – der Weinkenner einerseits, sowie andererseits der Verbraucher, dem es nur auf die Weinmenge im Verhältnis zum Preis ankommt. Kriterien für die Beurteilung, ob eine Angabe irreführend ist, ergeben sich auch aus dem allgemeinen Sprachgebrauch. Allerdings können der allgemeine Sprachgebrauch und die zu schützenden Vorstellungen der angesprochenen Verkehrskreise voneinander abweichen (vgl. NomosBR-Kommentar, Boch, WeinG, 8. Online-Aufl., § 25 Rn. 5f.).
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bb) Von einer solchen Eignung zur Irreführung ist vorliegend nicht auszugehen. Zwar ist durchaus anzunehmen, dass der durchschnittliche, gelegentliche Weinkäufer mit dem Markennamen „W.“ eine „Weinschorle“ i.S.d. § 36 Satz 2 WeinV verbindet (s. hierzu Ziffer II. Nr. 2 b)). Allerdings reicht nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Feststellung, dass ein in der Marke enthaltenes Wort mit der Bezeichnung des Erzeugnisses verwechselt werden kann, zur Bejahung einer Irreführung nicht aus. Daneben muss nachgewiesen werden, dass die Verwendung der Marke tatsächlich geeignet ist, die angesprochenen Verbraucher irrezuführen und daher ihr wirtschaftliches Verhalten zu beeinflussen (vgl. EuGH, U.v. 28.1.1999 – C-303/97 – juris Rn. 38 = GRUR Int 1999, 225).
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An dieser tatsächlichen Täuschungseignung fehlt es hier. Bei dem Produkt „W.®“ wird auf der Vorderseite des Etiketts gut sichtbar ausgeführt, dass zur Herstellung des Produkts Zitronenlimonade verwendet wird. Für den Verbraucher ist somit sofort zu erkennen, dass es sich um keine „Schorle“ aus Wein und Wasser handelt. Auch im allgemeinen Sprachgebrauch ist bekannt, dass unter einer „süßen Weinschorle“ ein Gemisch aus Weißwein und Limonade zu verstehen ist (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/Schorle, abgerufen am 19.11.2024), selbst wenn es sich laut gesetzlicher Definition dadurch um keine Weinschorle im rechtlichen Sinne handelt. Somit ist der Begriff „W.®“ in diesem Zusammenhang nicht als irreführend anzusehen, da für den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher eindeutig zu erkennen ist, dass es sich nicht um eine „klassische“ Weinschorle i.S.d. § 36 Satz 2 WeinV handelt. Ein Einfluss auf das wirtschaftliche Verhalten der Verbraucher ist deshalb nicht anzunehmen.
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d) Da in der mündlichen Verhandlung das Problem der Verwendung des Wortteils „...“ für einen aromatisierten weinhaltigen Cocktail aufgeworfen wurde, wird lediglich ergänzend ausgeführt, dass das Gericht auch dies für unproblematisch hält. Zwar ist richtig, dass nach § 38 Abs. 1a Satz 1 WeinV ein Betrieb zur Kennzeichnung eines aromatisierten Weines, eines aromatisierten weinhaltigen Getränkes oder eines aromatisierten weinhaltigen Cocktails den Begriff „...“ als Wortbestandteil nur verwenden darf, wenn das Produkt bezogen auf seinen Weinanteil aus Trauben gewonnen wurde, die von den Rebflächen des kennzeichnenden Betriebes stammen (Nr. 1) und die Weinbereitung oder Herstellung des Produkts in dem kennzeichnenden Betrieb erfolgt (Nr. 2). Dies wäre vorliegend nicht der Fall, da der zur Herstellung der „W.®“ verwendete Wein nicht von Rebflächen der Klägerin selbst stammt. Nach § 38 Abs. 1a Satz 3 WeinV darf der Begriff bei der Kennzeichnung weinhaltiger Getränke jedoch dann verwendet werden, soweit er am 27. Juni 2014 Teil oder ein Bestandteil einer geschützten Marke ist. Dem Wortlaut des Gesetzes zufolge bezieht sich die Ausnahme lediglich auf weinhaltige Getränke. Anlass für diese Gesetzesänderung gab die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, in der die Irreführung des Wortteils „...“ in der Wortverbindung „W.“ eines weinhaltigen Getränks verneint wurde (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 11.9.2013 – 8 A 10219/13.OVG – BeckRS 2013, 56274 = LKRZ 2013, 524). Die Marke „W...“ ist somit hinsichtlich der Problematik des Wortes „...“ bestandskräftig und kann nicht mehr verboten werden (vgl. Boch in Sosnitza/Meisterernst, Lebensmittelrecht, WeinV, § 38 Rn. 18d). Auch wenn die Regelung in § 38 Abs. 1a Satz 3 WeinV lediglich auf weinhaltige Getränke Bezug nimmt, ist diese Ausnahme auch auf den hier streitgegenständlichen aromatisierten weinhaltigen Cocktail zu erstrecken. Denn das Oberverwaltungsgericht hat sich in seiner Entscheidung lediglich mit weinhaltigen Getränken mit der Bezeichnung „W...“ befasst. Bei der Abfassung der Vorschrift als Reaktion auf das Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 11. September 2013 nahm der Gesetzgeber somit nur die Verwendung der Bezeichnung „W...“ als weinhaltiges Getränk in den Blick. Dass auch ein aromatisierter weinhaltiger Cocktail mit dem Markennamen „W.“ vertrieben wurde, war dem Gesetzgeber offenbar nicht bewusst. Folglich ist der Anwendungsbereich der Norm unvollständig. Eine derartige Lücke darf von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 28.6.2012 – 2 C 13.11 – juris Rn. 24; U.v. 27.3.2014 – 2 C 2.13 – juris Rn. 17ff.; U.v. 20.9.2018 – 2 A 9.17 – juris Rn. 30). Da die Intention der Ausnahmeregelung darin besteht, den markenrechtlich geschützten Begriff „W.“ weiter verwenden zu können (vgl. Boch in Sosnitza/Meisterernst, Lebensmittelrecht, WeinV, § 38 Rn. 1e), hätte der Gesetzgeber bei Kenntnis der Existenz des aromatisierten weinhaltigen Cocktails, der ebenfalls unter dem Namen „W.“ vertrieben wurde, voraussichtlich auch diesen in die Vorschrift miteinbezogen, um einen vollumfassenden Schutz der Marke sicherzustellen.
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e) Da kein Verstoß gegen das Irreführungsverbot vorliegt, ist es dem Beklagten grundsätzlich nicht erlaubt, der Klägerin den Verkauf des Produkts „W.®“ zu untersagen.
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2. Das Produkt „W.®“ verstößt ebenfalls nicht gegen das Irreführungsverbot des § 25 Abs. 1 Nr. 1 WeinG, da bei diesem streitgegenständlichen Produkt die Voraussetzungen einer „Weinschorle“ i.S.d. § 36 Satz 2 WeinV erfüllt sind und damit eine Irreführung bereits ausgeschlossen ist.
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Bei dem Getränk „W.®“ handelt es sich aufgrund seiner Mischung aus 51% Roséwein und 49% Mineralwasser um ein weinhaltiges Getränk i.S.d. § 2 Nr. 2 WeinG. Nach Ansicht der Kammer erfüllt das Produkt auch die Voraussetzungen des § 36 Satz 2 WeinV und dürfte somit als „Weinschorle“ bezeichnet werden. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass das Produkt einen Sorbinsäuregehalt von 167 mg/l aufweist, der durch den Zusatz von Sorbinsäure bei der Herstellung des weinhaltigen Getränks entstanden ist.
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a) Der Beklagte ist der Auffassung, die Bezeichnung „Weinschorle“ dürfe nur für weinhaltige Getränke verwendet werden, die ausschließlich aus Wein und kohlesäurehaltigem Wasser bestehen. Er schließt sich damit den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in dessen Beschluss vom 7. Mai 2020 an. Das Oberverwaltungsgericht vertritt die Auffassung, für die Verwendung der Bezeichnung „Weinschorle“ sei der Zusatz von beispielsweise Zitronensäure oder die Verwendung von Saccharose verboten. Die Vorschrift lasse lediglich für eine bestimmte Art weinhaltiger Getränke eine besondere Bezeichnung zu und enthalte keine Änderung der Regelung über die Verarbeitung in § 18 Abs. 2 und 3 WeinV. Der Verordnungsgeber habe ausdrücklich aus der Gruppe der Ausgangsstoffe in § 18 Abs. 2 WeinV sowie aus der Gruppe der Zusatzstoffe aus § 18 Abs. 3 WeinV ein bestimmtes Produkt herausgegriffen. Daraus könne geschlossen werden, dass eine „Weinschorle“ lediglich aus diesen zwei Zutaten bestehen dürfe (vgl. OVG RhPf, B.v. 7.5.2020 – 8 A 11208/19.OVG – juris Rn. 14).
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b) Dieser Auffassung folgt das Gericht nur teilweise. Nach Ansicht der Kammer hat eine differenziertere Betrachtung und damit eine Unterscheidung zwischen dem Verwenden von anderen „Zutaten“ wie Saccharose (s. unten unter Ziffer II. Nr.1) und dem Zusatz von Lebensmittelzusatzstoffen zu erfolgen.
51
§ 18 Abs. 2 WeinV regelt grundsätzlich, welche Ausgangserzeugnisse für die Herstellung weinhaltiger Getränke verwendet werden dürfen. In § 18 Abs. 3 WeinV ist vorgesehen, welche Stoffe bei der Herstellung der weinhaltigen Getränke neben den Ausgangsprodukten hinzugefügt werden dürfen. Enthalten ist ebenfalls ein Vorbehalt für § 11 Abs. 4, 5 und 7 WeinV a.F., in welchem der Zusatz von Zusatzstoffen geregelt wurde. Durch die Zweite Verordnung zur Änderung weinrechtlicher Vorschriften und der Alkoholhaltige Getränke-Verordnung vom 12. Oktober 2013 wurden die Absätze 4 bis 7 des § 11 WeinV jedoch aufgehoben, da eine europaweite Regelung für die Verwendung von Zusatzstoffen eingeführt wurde.
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Die europarechtlich einheitliche Regelung über den Zusatz von Zusatzstoffen erfolgte durch die Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008. Die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen bei der Herstellung weinhaltiger Getränke wird heute deshalb in Art. 4 i.V.m. Anhang II Teil E Nr. 14.2.8 VO (EG) 1333/2008 geregelt. Nach dieser Vorschrift ist Sorbinsäure (E 200) als Lebensmittelzusatzstoff in sonstigen alkoholischen Getränken einschließlich Mischgetränken aus alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken mit einem Alkoholwert von weniger als 15% in einer Höchstmenge von 200 mg/l zugelassen. Da nicht aromatisierte weinhaltige Getränke im Anhang II nicht ausdrücklich genannt sind, sind diese der Nr. 14.2.8 zuzuordnen (vgl. Boch in Sosnitza/Meisterernst, Lebensmittelrecht, 189. EL April 2024, WeinV, § 11 Rn. 12). Das Zusetzen von Sorbinsäure bei der Herstellung weinhaltiger Getränke ist somit europarechtlich bis zu einer gewissen Menge zugelassen. Da es sich bei einer „Weinschorle“ auch immer um ein weinhaltiges Getränk handelt, kann für diese nichts Anderes gelten. Denn eine derart enge Auslegung des § 36 Satz 2 WeinV, dass nur Wein und Wasser bei der Herstellung einer „Weinschorle“ verwendet werden dürfen, würde faktisch dazu führen, dass die europarechtliche Regelung über den erlaubten Zusatz von Sorbinsäure für bestimmte weinhaltige Getränke ausgehebelt würde. Für das spezielle Produkt der „Weinschorle“ würden aufgrund der nationalen Bezeichnungsvorschrift des § 36 Satz 2 WeinV besondere Regelungen gelten, obwohl es sich auch hier um ein weinhaltiges Getränk handelt, welches unter Anhang II Teil E Nr. 14.2.8 VO (EG) 1333/2008 fällt. Es erscheint zweifelhaft, dass der Gesetzgeber mit der Regelung in § 36 Satz 2 WeinV der „Weinschorle“ eine derart besondere Stellung einräumen und damit die europarechtlichen Vorgaben umgehen wollte. Der Begriff der „Weinschorle“ wurde vielmehr eingeführt, um eine Abgrenzung von Getränken auf Fruchtsaftbasis zu ermöglichen, damit der Verbraucher über die Beschaffenheit des entsprechenden Produkts informiert ist (vgl. Boch in Sosnitza/Meisterernst, Lebensmittelrecht, 189. EL April 2024, WeinV, § 36 Rn. 1a). Dem Verbraucher sollte somit durch die Bezeichnung „Weinschorle“ ermöglicht werden, bei seiner Kaufentscheidung sofort zu erkennen, ob es sich bei der gekauften „Schorle“ um ein Getränk aus Wein und Wasser oder Saft und Wasser handelt. Ein Ausschluss jeglicher Zusatzstoffe, die bei der Unterscheidung zwischen einer „Weinschorle“ und einer „Saftschorle“ keine wesentliche Rolle spielen, war nach Ansicht der Kammer damit nicht vorgesehen. Es sollten vielmehr die „Hauptbestandteile“ klar definiert werden. Die Verbesserung der Klarheit über die Beschaffenheit des entsprechenden Produkts war nach Ansicht des Gerichts deshalb nicht auf jeden einzelnen Inhaltsstoff bezogen, sondern auf die wesentlichen Zutaten, die zur Vermischung der Schorle verwendet werden.
53
c) Auch die Argumentation des Vertreters des LGL in der mündlichen Verhandlung, ein Sorbinsäuregehalt von 102 mg/l sei zulässig, wenn der Zusatz bereits beim Ausgangsprodukt erfolge und nicht erst beim Herstellungsprozess einer Weinschorle, ist nicht überzeugend. Für die Kammer ist nicht ersichtlich, aus welchen Vorschriften sich diese Differenzierung ergeben sollte. Unabhängig davon lässt sich nicht damit argumentieren, dass die Kenntnis des Verbrauchers über die Beschaffenheit des Produkts im Vordergrund stehe. Ob der Sorbinsäuregehalt daraus resultiert, dass diese bereits dem Wein zugesetzt wurde, oder ob der Zusatz erst bei der Herstellung des weinhaltigen Getränks erfolgt, ist für den Verbraucher nicht ersichtlich und spielt bei dessen Kaufentscheidung keine Rolle. Sinn und Zweck der Vorschrift war die Unterscheidung von Saftschorlen zu ermöglichen. Dies ist auch beim Zusatz von Sorbinsäure ohne weiteres möglich.
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d) Ebenso wenig vermag der Verweis auf die Stellungnahme des Arbeitskreises lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit das Gericht von der Rechtsauffassung des Beklagten zu überzeugen, da sich dieser lediglich mit dem Zusetzen von Saccharose auseinandergesetzt hat. Ausführungen zur Verwendung von Sorbinsäure bzw. dem Zusatz von Lebensmittelzusatzstoffen erfolgen in der Stellungnahme jedoch nicht.
55
e) Folglich steht es einer Bezeichnung als „Weinschorle“ nicht entgegen, dass im streitgegenständlichen Produkt „W.®“ 167 mg/l Sorbinsäure enthalten ist. Da bereits die Voraussetzungen einer „Weinschorle“ erfüllt sind, kommt eine Irreführung durch die Verwendung des Markennamens zusammen mit der Aufmachung des Produkts nicht mehr in Betracht. Der Beklagte ist deshalb nicht berechtigt, der Klägerin den Verkauf des Produkts „W.®“ zu untersagen.
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II. Die Klage bleibt hingegen erfolglos, soweit sich die Feststellungsklage auf das Produkt „W.®“ bezieht.
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Auch bei diesem Getränk handelt es sich aufgrund seiner Mischung aus 51% Weißwein und 49% Mineralwasser um ein weinhaltiges Getränk i.S.d. § 2 Nr. 2 WeinG. Die „W.®“ erfüllt im Gegensatz zur „W.®“ jedoch nicht die Voraussetzungen des § 36 Satz 2 WeinV (s. Ziffer II. Nr. 1). Die Aufmachung des Produkts zusammen mit der Verwendung des Markennamens ist geeignet, den Verbraucher über das Vorliegen einer „Weinschorle“ i.S.d. § 3 Satz 2 WeinV zu täuschen (s. Ziffer II. Nr. 2).
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1. Die „W.®“ erfüllt aufgrund der Zugabe von Saccharose nicht die Voraussetzungen des § 36 Satz 2 WeinV.
59
Nach Ansicht der Kammer ist die Zugabe von Saccharose anders zu beurteilen, als der Zusatz von Lebensmittelzusatzstoffen wie z.B. Sorbinsäure. Eine Zugabe von Saccharose sieht § 36 Satz 2 WeinV ausdrücklich nicht vor. Insoweit schließt sich das Gericht der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 7. Mai 2020 an.
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a) Die unterschiedliche Beurteilung ergibt sich daraus, dass es sich bei Saccharose, im Gegensatz zu Sorbinsäure, nicht um einen Zusatzstoff handelt. Dies zeigt Art. 3 Abs. 2 a) i) VO (EG) 1333/2008. Hiernach gelten Monosaccharide, Disaccharide und Oligosaccharide und wegen ihrer süßenden Eigenschaften verwendete Lebensmittel, die diese Stoffe enthalten, nicht als Lebensmittelzusatzstoffe. Saccharose gehört dabei zu den Disacchariden (vgl. Rathke in Sosnitza/Meisterernst, Lebensmittelrecht, 189. EL April 2024, EU-VO Lebensmittelzusatzstoffe 2008, Art. 3 Rn. 37). Die Saccharose ist somit nicht als Lebensmittelzusatzstoff zu behandeln, sondern als Lebensmittelzutat anzusehen, für deren Verwendung die Regelung des § 18 Abs. 3 WeinV und nicht die VO (EG) 1333/2008 heranzuziehen ist.
61
b) § 18 Abs. 3 WeinV regelt ausdrücklich, dass bei der Herstellung inländischer weinhaltiger Getränke nur Zucker, konzentrierter Traubenmost und in § 47 WeinV genannte Getränke sowie Wasser und kohlensäurehaltiges Wasser zugesetzt werden darf. Die Zugabe von Zucker bei weinhaltigen Getränken wird hier somit abschließend geregelt. Andere vorrangige europarechtliche Regelungen gibt es hierfür nicht. § 36 Satz 2 WeinV verweist, hier schließt sich die Kammer den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 7. Mai 2020 an, lediglich auf eines der in § 18 Abs. 2 WeinV genannten Ausgangsprodukte und auf einen der in § 18 Abs. 3 WeinV genannten Zusätze. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber die Zugabe von Zucker als „Zutat“ für eine „Weinschorle“ bewusst nicht vorgesehen hat.
62
2. Die Aufmachung des Produkts zusammen mit der Verwendung des Markennamens „W.“ ist jedoch geeignet, über das Vorliegen einer „Weinschorle“ i.S.d. § 36 Satz 2 WeinV zu täuschen.
63
a) Voraussetzung zur Irreführung ist die Eignung zur Täuschung (näheres hierzu unter Ziffer I. Nr. 1 c) aa)). Auch hier ist zu beachten, dass die Angabe der grundsätzlich zugelassenen Marke eine Irreführung nicht ausschließt. Jedoch muss, wie oben bereits ausgeführt, nachgewiesen werden, dass die Verwendung der Marke tatsächlich geeignet ist, den Verbraucher derart in die Irre zu führen, dass dieser in seinem Kaufverhalten beeinflusst wird.
64
b) Im Gegensatz zur Aufmachung der „W.®“ ist das Etikett und die Verwendung des Markennamens beim Produkt „W.®“ geeignet, den Verbraucher i.S.v. § 25 Abs. 1 Nr. 1 WeinG i.V.m. Art. 7 Abs. 1a VO (EG) 1169/2011 in die Irre zu führen.
65
Mit dem Markennamen „W.®“ verbindet der durchschnittliche, gelegentliche Weinkäufer eine „Weinschorle“ i.S.d. § 36 Satz 2 WeinV. Der Worteilteil „...“ lässt auf den Weinanteil und das Wort „Schorle“ auf den Wasseranteil schließen. Zusammen mit der Bezeichnung „Sauer“ wird der Eindruck erweckt, es handele sich um eine „klassische“ saure Weinschorle aus Wein und Wasser, so wie sie auch im allgemeinen Sprachgebrauch verstanden wird (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/Schorle, abgerufen am 19.11.2024). Daran ändert auch die auf der Rückseite der Flasche vorhandene Bezeichnung als weinhaltiges Getränk nichts, da eine „Weinschorle“ auch immer ein solches weinhaltiges Getränk darstellt. Der durchschnittliche Verbraucher geht nicht davon aus, dass dem Getränk als Zusatz Saccharose beigegeben wurde. Diese Erwartung wird auch durch die Angaben auf der Rückseite des Etiketts bestätigt. Dort wird lediglich ausgeführt, dass 51% Wein und 49% Wasser enthalten sind. Auch aus der Angabe der Geschmacksnote „Sauer“ lässt sich kein Hinweis auf den verwendeten Zusatz von Saccharose zur besseren Genießbarkeit finden. Hierunter wird lediglich die jeweilige Geschmacksnote des zur Herstellung der „Weinschorle“ verwendeten Weins verstanden. Somit ist die Verwendung der Marke „W.®“ zusammen mit der angegebenen Geschmacksrichtung „sauer“ und der Aufmachung (Weinblätter und -trauben) geeignet, den Verbraucher über die tatsächlichen Inhaltsstoffe in die Irre zu führen und bei seiner Kaufentscheidung zu beeinflussen.
66
Folglich liegt ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot vor. Der Beklagte wäre deshalb grundsätzlich berechtigt, der Klägerin den Verkauf des Produkts „W.®“ zu verbieten.
67
Der Klage war demnach nur teilweise stattzugeben.
C.
68
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da die Klägerin nur teilweise unterliegt, waren die Verfahrenskosten gem. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO verhältnismäßig zu teilen. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin lediglich hinsichtlich eines von drei Produkten unterliegt und im Übrigen obsiegt, hält das Gericht es für sachgerecht, der Klägerin lediglich 1/3 und dem Beklagten 2/3 der Kosten aufzuerlegen.
69
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708ff. Zivilprozessordnung (ZPO).
D.
70
Die Berufung war gem. § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.