Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 19.11.2024 – 8 K 23.1876
Titel:

Förderschädlichkeit eines Vertragsabschlusses vor Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BayHO Art. 23, Art. 44
Leitsätze:
1. Eine Förderung nach dem bayerischen 10.000-Häuser-Programm erfolgt nach billigem Ermessen und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. In diesem Rahmen hat der Freistaat Bayern das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) zu beachten, daneben auch den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis gemäß den einschlägigen Richtlinien. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Anspruch auf die Förderung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Gegen Art. 23 BayHO wird dann verstoßen, wenn Zuwendungen einem Empfänger gewährt werden, der zeigt, dass er das staatliche Interesse an der Zweckerfüllung auch befriedigen, also sein an sich förderfähiges Vorhaben verwirklichen würde, ohne dass ihm hierfür staatliche Zuwendungen gewährt würden, wobei es diesem förderrechtlichen Grundsatz auch dient, dass ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn der staatlichen Zustimmung bedarf, damit der Staat auf die Ausgestaltung des Vorhabens noch Einfluss nehmen und so das Erreichen des staatlicherseits erwünschten Zwecks sicherstellen kann; bei einem Maßnahmenbeginn vor der Prüfung der Maßnahme wäre ein solcher Einfluss nicht mehr möglich. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versagung einer Zuwendung, Förderrichtlinien, vorzeitiger Maßnahmenbeginn, Förderschädlichkeit eines Vertragsabschlusses vor Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn, Förderung, Förderschädlichkeit, vorzeitiger Maßnahmebeginn, Gleichbehandlung, Verwaltungspraxis, Zuwendung, 10.000-Häuser-Programm, Vertragsabschluss, Ermessen, Selbstbindung, Auslegung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 50123

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung einer beantragten Förderung i.H.v. 1.550,00 EUR nach dem bayerischen „10.000-Häuser-Programm“ (Programmteil PV-Speicher-Programm).
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Am 1. Februar 2022 ließ die Klägerin durch einen von ihr beauftragten Fachbetrieb (die Firma S.) über ein vom Beklagten eingerichtetes Internetportal den sog. „EnergieBonusBayern“ (hier: „PV-SpeicherBonus“) i.H.v. 1.550,00 EUR für die Installation einer PV-Anlage nach dem bayerischen „10.000-Häuser-Programm“ beantragen. Sie bestätigte in dem Antragsformular, dass zum Zeitpunkt der elektronischen Antragstellung noch kein Auftrag für die zu installierende Anlagentechnik erteilt wurde. Mit E-Mail vom selben Tag bestätigte der Beklagte der Klägerin den Eingang ihres Antrags und erteilte die Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn. Der postalische Antrag ging am 22. Februar 2022 beim Beklagten ein.
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Am 6. Dezember 2022 reichte die Klägerin über den von ihr beauftragten Fachbetrieb den Verwendungsnachweis beim Beklagten ein. Als Datum der ersten Auftragsvergabe wurde der „27. Januar 2022“ angegeben. Dem Verwendungsnachweis beigefügt war eine Auftragsbestätigung vom 27. Januar 2022 sowie die Schlussrechnung vom 6. Mai 2022, die eine erste Abschlagszahlung auf den 28. Januar 2022 datiert.
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Mit E-Mail vom 25. Mai 2023 hörte der Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Ablehnung des Förderantrags an. Dem Verwendungsnachweis sei zu entnehmen, dass eine Auftragsvergabe bereits am 27. Januar 2022 erfolgt sei. Der Förderantrag sei dagegen erst am 1. Februar 2022 gestellt worden, weshalb ein förderschädlicher vorzeitiger Maßnahmenbeginn vorliege.
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Hierauf äußerte sich die Klägerin mit E-Mail vom 5. Juni 2023 und teilte im Wesentlichen mit, dass sie sich auf die von ihr beauftragte Firma verlassen habe. Diese habe versichert, sich um alles zu kümmern. Baubeginn sei zudem erst am 10. März 2022 mit dem Aufstellen des Gerüsts gewesen. Sie selbst habe auch keinen Antrag gestellt, dies hätte alles die Firma für sie erledigt.
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Mit Bescheid der Regierung von * vom 11. Oktober 2023 wurde der Förderantrag der Klägerin abgelehnt.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ausweislich des Verwendungsnachweises der erste Auftrag bereits am 27. Januar 2022 erteilt worden sei. Nach den Förderrichtlinien zur Durchführung des bayerischen 10.000-Häuser-Programms vom 24. Juli 2019 einschließlich des Merkblatts S (Stand 01.08.2019) dürfe aber mit Maßnahmen nicht vor Eingang des elektronischen Förderantrags bei der Bewilligungsstelle begonnen werden. Demnach liege hier ein förderschädlicher vorzeitiger Maßnahmebeginn vor. Die Regierung von * lehne Förderanträge in gleichgelagerten Fällen regelmäßig ab. Nachdem auch keine besonderen schutzwürdigen Gründe für die Bewilligung des Förderantrags vorlägen, spreche hier neben dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auch der Grundsatz der Gleichbehandlung sowie das Interesse an einem einheitlichen und rechtmäßigen Vollzug der Förderrichtlinie dafür, den Förderantrag abzulehnen und die Fördermittel förderfähigen Maßnahmen zuzuleiten.
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Hiergegen ließ die Klägerin am 10. November 2023 Klage erheben und zuletzt beantragen,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 11. Oktober 2023 zu verpflichten, über den Förderantrag der Klägerin vom 1. Februar 2022 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, der Antrag der Klägerin sei zu Unrecht mit der Begründung eines vorzeitigen Maßnahmenbeginns abgelehnt worden. Die Klägerin habe sich mit der Firma S. in Vertragsverhandlungen befunden. Die Firma habe zunächst am 12. Januar 2022 ein Angebot abgegeben, welches die Klägerin jedoch nicht angenommen habe. Nachdem sich die Vertragsparteien auf einen Preis von 49.999,99 EUR geeinigt hätten, habe die Firma S. unter dem 27. Januar 2022 eine Auftragsbestätigung zur Unterschriftsleistung durch die Klägerin vorbereitet, welche sie der Klägerin am 27. Januar 2022 zusenden habe wollen. Zunächst habe jedoch noch auf dem Grundstück nachgeprüft werden sollen, an welcher Stelle der Speicher platziert werde. Der Versand der Auftragsbestätigung habe am 27. Januar 2022 aus technischen Gründen nicht funktioniert. Man habe dann vereinbart, dass die Vertreter der Firma S. die Auftragsbestätigung vom 27. Januar 2022 sowie die Rechnung über die erste Abschlagszahlung zum geplanten gemeinsamen Termin am 1. Februar 2022 um 14:00 Uhr mitbringen werden. So sei es dann auch geschehen. An diesem Termin habe die Klägerin die Auftragsbestätigung erstmals zu Gesicht bekommen. Bei dem Termin sei besprochen worden, wie die baulichen Maßnahmen durchgeführt würden und ob der in der Auftragsbestätigung vorgesehene Preis gehalten werden könne. Zudem seien Ausmessungen erfolgt, um den Standort des Speichers zu klären. Die Mitarbeiter des Fachbetriebs hätten der Klägerin bei dem Termin versichert, dass sie die staatliche Förderung für das Projekt erhalten würde und sie sich um alles kümmern würden. Demzufolge sei von der Firma noch am gleichen Tag der Förderantrag gestellt worden. Die Klägerin wiederum habe die o.g. Auftragsbestätigung unterzeichnet.
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Der Beklagte beantragt,
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Die Klage wird abgewiesen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass aus den Förderrichtlinien unmittelbar kein Rechtsanspruch auf die beantragte Förderung abgeleitet werden könne. Ein Anspruch bestehe nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis. Auch unter den zuletzt dargestellten Umständen ergebe sich vorliegend kein Anspruch der Klägerin. Der Beklagte gehe in ständiger Verwaltungspraxis davon aus, dass nicht erst der Abschluss eines entsprechenden Vertrags über eine förderfähige Maßnahme einen Maßnahmebeginn darstelle, sondern dafür grundsätzlich bereits die bindende Willenserklärung des Antragsstellers maßgeblich sei. Entsprechend der Auftragsbestätigung der Firma S. vom 27. Januar 2022 habe zu diesem Zeitpunkt bereits ein Vertragsschluss vorgelegen. Bestätigt werde dies dadurch, dass gemäß der Schlussrechnung vom 6. Mai 2022 bereits am 28. Januar 2022 eine erste (Abschlags-)rechnung erstellt worden sei. Dass die Klägerin die Auftragsbestätigung vom 27. Januar 2022 sowie die erste Abschlagsrechnung vom 28. Januar 2022 erst im Rahmen eines gemeinsamen Termins am 1. Februar 2022 erhalten habe, sei erstmals im Rahmen des Klageverfahrens vorgetragen worden und könne nach Erlass des Ablehnungsbescheids nicht mehr berücksichtigt werden. Unabhängig davon ergebe sich aus den vorgelegten E-Mails, dass die Firma S. bereits am 27. Januar 2022 von einem erteilten Auftrag ausgegangen sei.
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Mit Schreiben vom 28. März 2024 wies die Klagepartei nochmals darauf hin, dass vor Stellung des Förderantrags am 1. Februar 2022 noch keine auf einen Vertragsschluss gerichtete bindende Willenserklärung abgegeben worden sei. Das Angebot der Firma S. sei erst durch die Unterzeichnung der Auftragsbestätigung am 1. Februar 2022 bindend geworden. Die Auftragsbestätigung sei lediglich als Angebot der Firma S. zu werten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtssowie auf die vorgelegten Behördenakten und auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 19. November 2024 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässig erhobene Klage bleibt erfolglos. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Bewilligung der von ihr beantragten Förderung im Rahmen des sog. „10.000-Häuser-Programm“/Programmteil PV-Speicher-Programm. Der Bescheid der Regierung von * vom 11. Oktober 2023 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
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Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht auf die Begründung des angefochtenen Bescheids, dem das Gericht folgt, und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).
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Ergänzend wird zum Klagevorbringen ausgeführt:
19
1. Die von der Klägerin begehrten Fördermittel stellen eine freiwillige Leistung dar, die der Freistaat Bayern auf der Grundlage von und im Einklang mit Art. 44 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 23 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) und den (zum Zeitpunkt des Förderantrags gültigen) Förderrichtlinien zur Durchführung des bayerischen 10.000-Häuser-Programms (Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 24.7.2019 – Az. 91-9151/24/1 – AllMBl 2019, Nr. 301 – nachfolgend: „Förderrichtlinien“) gewährt. Die Förderung erfolgt nach billigem Ermessen und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. In diesem Rahmen hat der Freistaat Bayern das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) zu beachten, daneben auch den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis gemäß den einschlägigen Richtlinien (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 23). Darüber, dass die von der Klägerin in Auftrag gegebene PV-Anlage eine nach den einschlägigen Förderrichtlinien dem Grunde nach förderfähige Maßnahme darstellt, besteht unter den Beteiligten kein Streit.
20
Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ggf. ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24; BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26 m.w.N.; stRspr). Ein Anspruch auf die Förderung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden.
21
Gegen Art. 23 BayHO wird dann verstoßen, wenn Zuwendungen einem Empfänger gewährt werden, der zeigt, dass er das staatliche Interesse an der Zweckerfüllung auch befriedigen, also sein an sich förderfähiges Vorhaben verwirklichen würde, ohne dass ihm hierfür staatliche Zuwendungen gewährt würden (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 6.12.2016 – 22 ZB 16.2037 – juris Rn. 18). Diesem förderrechtlichen Grundsatz dient es auch, dass ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn der staatlichen Zustimmung bedarf, damit der Staat auf die Ausgestaltung des Vorhabens noch Einfluss nehmen und so das Erreichen des staatlicherseits erwünschten Zwecks sicherstellen kann. Bei einem Maßnahmenbeginn vor der Prüfung der Maßnahme wäre ein solcher Einfluss nicht mehr möglich. Dementsprechend bestimmt Nr. 1.3 der Verwaltungsvorschriften zu Art. 44 BayHO, dass Zuwendungen nur für solche Vorhaben bewilligt werden dürfen, die noch nicht begonnen worden sind (ebenso Ziffer 6.1. Satz 4 der Förderrichtlinie).
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2. Die rechtliche Prüfung hat in Anwendung der vorgenannten Grundsätze demnach nicht daran anzusetzen, wie die für den Zuwendungsbescheid maßgeblichen Förderrichtlinien, die hierzu erstellten Merkblätter und andere Unterlagen auszulegen wären, sondern daran, welche Förderpraxis der Beklagte dem beantragten Zuwendungsbescheid zugrunde legt.
23
a) Gemäß Ziffer 6.1 Sätze 4 und 5 der Förderrichtlinien gilt als Maßnahmenbeginn, der im Fall vor der Stellung des Förderantrags ohne Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn förderschädlich ist, die Erteilung eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsauftrags. Maßgeblicher Zeitpunkt ist grundsätzlich die bindende Willenserklärung des Antragstellers (hier der Klägerin) zum Vertragsschluss. Wie dem Gericht weiter aus einer Anzahl einschlägiger Parallel-Verfahren bekannt ist und wie der Beklagte im Bescheid und im gerichtlichen Verfahren dargelegt hat, wird vom Beklagten der in den Förderrichtlinien verwendete Begriff des „Maßnahmenbeginns“ nicht erst mit Abschluss eines entsprechenden Vertrags über eine förderfähige Maßnahme (i.d.R. ein Kauf- oder Werkvertrag mit einer Liefer- oder Baufirma) bejaht, sondern der Beklagte geht in ständiger Verwaltungspraxis davon aus, dass grundsätzlich bereits das bindende Angebot des Kunden zum Abschluss eines solchen Vertrags ausreichend ist. Nur wenn ausnahmsweise das Vertragsangebot des Kunden nicht bindend ist, wird dies als förderunschädlich angesehen. Dies ist nach der ständigen Förderpraxis nur der Fall, wenn das Angebot zum Vertragsabschluss von der Gewährung der Zuwendung nach dem 10.000-Häuser-Programm abhängig gemacht wurde. Dazu konnte das Angebot insbesondere eine (aufschiebende oder auflösende) Bedingung (§ 158 BGB) oder ein Rücktritts- bzw. Widerrufsrecht des Bestellers vorsehen, jeweils eindeutig bezogen auf die (Nicht-)Gewährung der betreffenden Zuwendung (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 27).
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b) Dies zugrunde gelegt, ist vorliegend von einem förderschädlichen vorzeitigen Maßnahmenbeginn am 27. Januar 2022 auszugehen. Nach Auffassung der Kammer wurde an diesem Tag nicht nur ein (im Sinne der soeben angeführten Rechtsprechung) bindendes Angebot der Klägerin zum Vertragsschluss abgegeben. Vielmehr ist es zu diesem Zeitpunkt wohl sogar bereits zu einem Vertragsschluss zwischen den Parteien gekommen.
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Der Auftragsbestätigung vom 27. Januar 2022 ist zu entnehmen, dass die Klägerin am 27. Januar 2022 (und damit vor Förderantragstellung bzw. Zustimmung des Beklagten zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn am 1. Februar 2022) das bindende Angebot (§ 145 BGB) der Firma S. vom 27. Januar 2022 zum Kauf einer PV-Anlage angenommen und damit einen förderschädlichen Maßnahmenbeginn verwirklicht hat. Dafür spricht zunächst die Formulierung in der Auftragsbestätigung vom 27. Januar 2022. Darin ist unter anderem Folgendes ausgeführt: „… hiermit bestätigen wir Ihnen den Eingang Ihres Auftrags“. Im Folgenden listen wir nochmals die beauftragten Positionen auf Basis unseres Angebots 2022012701 vom 27.01.2022 auf…“. Hieraus geht eindeutig hervor, dass der Auftragsbestätigung ein bindender Vertrag zwischen der Klägerin und der Firma S. vorausging. Für einen bereits erfolgten Vertragsschluss spricht im Übrigen auch die Formulierung in einer von der Klägerin vorgelegten E-Mail der Firma S. vom 27. Januar 2022, in der der Klägerin für den Auftrag und ihr Vertrauen gedankt wird. Schließlich ist auch der Schlussrechnung vom 6. Mai 2022 zu entnehmen, dass eine erste Abschlagszahlung bereits am 28. Januar 2022 – und damit vor Förderantragstellung und Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn – fällig geworden ist. Dies wäre nicht nachvollziehbar, wenn zu diesem Zeitpunkt noch kein bindender Vertragsschluss vorgelegen hätte und – wie die Klägerin vortragen lässt – am 1. Februar 2022 erst noch darüber hätte gesprochen werden sollen, ob der vereinbarte Preis gehalten werden könne. Anhaltspunkte für eine einseitige Lösungsmöglichkeit der Klägerin von ihrer Willenserklärung oder eine fehlende Bindung hieran im Hinblick auf Gewährung von Mitteln im Rahmen des 10.000-Häuser-Programms im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sind vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich. Nach alldem kommt es auch auf den Umstand, dass die Klägerin die Auftragsbestätigung nach ihrem Vorbringen erst am 1. Februar 2022 erhalten habe, nicht an. Der Vertragsschluss war zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgt und sollte mit der Auftragsbestätigung lediglich schriftlich bestätigt werden (vgl. zum Wesen einer Auftragsbestätigung insofern auch Rademacher/Schulze in Heidel/ Hüßtege/Mansel/Noack, BGB Allgemeiner Teil / EGBGB, 4. Aufl. 2021, § 147 Rn. 8).
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Ein anderes Ergebnis würde sich im Übrigen auch dann nicht ergeben, wenn man in der Auftragserteilung der Klägerin noch nicht die Annahme eines Angebots der Firma S. sehen möchte, sondern erst ein auf den Abschluss eines Vertrags gerichtetes Angebot der Klägerin. Denn dann wäre – mangels Vorliegens einseitiger Lösungsmöglichkeiten – auch diese Willenserklärung bereits bindend nach der oben angeführten Rechtsprechung. Keinesfalls handelt es sich dabei um eine bloße unverbindliche Anfrage bzw. eine invitatio ad offerendum, wie der Bevollmächtigte der Klägerin ausführt, wofür im Übrigen auch die Angabe des 27. Januar 2022 als Datum der ersten Auftragsvergabe im Verwendungsnachweis spricht.
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c) Aufgrund des mit der Beauftragung der PV-Anlage durch die Klägerin am 27. Januar 2022 verwirklichten förderschädlichen vorzeitigen Maßnahmenbeginns hat der Beklagte die Gewährung der beantragten Förderung zu Recht abgelehnt.
28
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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4. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.