Titel:
Streitwertfestsetzung, Untersuchungsgrundsatz, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Vorbehalt der Nachprüfung, Verwaltungsgerichte, Kostenentscheidung, Vertrauenstatbestand, Maßgeblicher Zeitpunkt, Befähigung zum Richteramt, Rechtsmittelbelehrung, Vorläufiger Verwaltungsakt, Auflösende Bedingung, Verpflichtungsklage, Begünstigender Verwaltungsakt, Abschlagszahlungen, Widerspruchsbescheid, Ständige Verwaltungspraxis, Zuwendungsbescheid, Zuwendungen, Bundsverwaltungsgericht
Schlagworte:
Verwaltungsentscheidung, Förderpraxis, Selbstbindung der Verwaltung, Gleichbehandlungsgrundsatz, Vorläufiger Bescheid, Ermessensausübung, Erstattungsanspruch
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 17.09.2025 – 6 ZB 24.1847
Fundstelle:
BeckRS 2024, 50028
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt eine über eine festgesetzte Zuwendung hinausgehende Förderung aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF).
2
Die Klägerin bietet Dienstleistungen im Bereich des Dolmetschens (SprInT = Sprach- und Integrationsmittlung). Ihre „Sprach- und Integrationsmittler“ unterstützen das Personal in Kliniken, Jobcentern, Schulen und Behörden bei der Arbeit mit Personen mit Migrationshintergrund.
3
Unter dem 11. Februar 2016 beantragte sie die Gewährung einer AMIF-Zuwendung.
4
Mit Bescheid vom 25. November 2016 bewilligte die Beklagte der Klägerin für das Antragsjahr 2015 einen nicht rückzahlbaren Zuschuss aus dem o.g. Fonds i.H.v. 499.465,78 EUR. Zuwendungszweck war die anteilige Finanzierung des durchzuführenden Förderprojekts „ …“. Zugeordnet war das Projekt dem spezifischen AMIF-Ziel „Stärkung und Weiterentwicklung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, einschließlich seiner externen Dimension“ bzw. dem Maßnahmenbereich „Verbesserung der Aufnahmebedingungen und der Information von Antragstellern“ iRd. Nationalen Programm-Ziels „Aufnahme und Asylsysteme“. Der Bewilligungs- bzw. Durchführungszeitraum erstreckte sich vom 1. Juli 2016 bis zum 30. Juni 2018.
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Die Beklagte genehmigte den vorzeitigen Maßnahmenbeginn. Als Höchstsatz der Anteilsfinanzierung bestimmte sie 75% der zuwendungsfähigen Ausgaben. Der genehmigte Finanzplan sah zuwendungsfähige Ausgaben und Einnahmen von jeweils 726.347,67 EUR vor; der Eigenanteil die Klägerin betrug 0,00 EUR, die „EU-Zuwendung AMIF“ lag bei 499.465,78 EUR (

individueller AMIF-Förderquote von 68,77%) und die „erwarteten direkten Einnahmen aus dem Projekt“ bei 226.881,89 EUR (

31,23%).
6
Die Zuwendung wurde vorläufig bewilligt. Zudem wies die Beklagte unter Ziff. II Nr. 1 lit. a) des Bescheides darauf hin, dass der Gesamtfinanzplan unter bestimmten Vorbehalten nur vorläufig genehmigt werde. Daneben betonte sie unter Ziff. II Nr. 1 lit. b) u.a., dass die Mittelauszahlung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und vorbehaltlich der Ergebnisse des Verwendungsnachweisverfahrens erfolge.
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Am 29. Juni 2018 beantragte die Klägerin eine Änderung des Finanzplans. Dies hätte bei veranschlagten Gesamteinnahmen von 571.992,51 EUR zu einer „EU-Zuwendung AMIF“ von 415.291,46 EUR geführt. Damit hätte sich die AMIF-Förderquote auf 72,61% erhöht.
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Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin am 10. Juli 2018 per E-Mail mit: „Leider kann ich dem Änderungswunsch so nicht entsprechen. Natürlich ist eine Änderung (hier Reduzierung) des Finanzplans möglich. Allerdings muss – lt. „Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P)“ Nr. 2.1 – die Reduzierung „anteilig mit etwaigen Zuwendungen anderer Zuwendungsgeber und den vorgesehenen eigenen und sonstigen Mitteln des Zuwendungsempfängers“ erfolgen. Deswegen kann ich einer Änderung des Finanzplanes nur zustimmen, wenn die „EU-Zuwendung AMIF“ in einem reduzierten Finanzplan – wie im ursprünglichen Finanzplan – bei den Projekteinnahmen wieder bei einer Quote von anteilig 68,77% liegt.“
9
In der Folge stellte die Klägerin den finalen Änderungsantrag. Dieser sah reduzierte Gesamtausgaben i.H.v. 561.838,21 EUR vor. Die Einnahmeseite von ebenfalls 561.838,21 EUR gliederte sich in den Eigenanteil der Klägerin von 21.295,59 EUR (

3,79%), die „EU-Zuwendung AMIF“ von 386.372,62 EUR (

68,77%) sowie „erwartete direkte Einnahmen aus dem Projekt“ von 154.170,00 EUR (

27,44%)).
10
Die Beteiligten stimmten überein, dass der geänderte Finanzplan zusammen mit dem Abschlussbescheid geprüft und verbeschieden werden wird. In der Folge erließ die Beklagte unter dem 20. September 2018 einen Bescheid, mit dem sie von der Klägerin einen Teilbetrag der bereits ausgezahlten Förderung i.H.v. 13.200,00 EUR zurückforderte. Die Klägerin kam dem nach und erstattete der Beklagten den rückgeforderten Betrag.
11
Am 24. Februar 2020 hörte die Beklagte die Klägerin angesichts der vorläufigen Ergebnisse der Verwendungsnachweisprüfung zu möglichen Kürzungen an. Kürzungen bei den Personalausgaben erkannte die Klägerin an; im Übrigen erhob sie Einwände, denen die Beklagte stattgab.
12
Mit (Abschluss-)Bescheid vom 9. März 2020 änderte die Beklagte den Zuwendungsbescheid vom 25. November 2016. Sie ermittelte förderfähige Ausgaben von 561.585,79 EUR und bewilligte eine EU-Zuwendung AMIF von 355.641,71 EUR. Zudem setzte sie eine Erstattung i.H.v. 30.730,91 EUR fest. Dies entspreche der Differenz zwischen erfolgter Auszahlungen i.H.v. 386.372,62 EUR und der nunmehr festgesetzten Förderung i.H.v. 355.641,71 EUR.
13
Zur Begründung verwies sie insb. darauf, dass die beantragte Finanzplanänderung iRd. Schlussverwendungsnachweisprüfung berücksichtigt worden sei. Die Änderung sei z.T. nicht korrekt gewesen. Als genehmigt gälten nur die förderfähigen Änderungen: Angesichts ursprünglich veranschlagter Gesamteinnahmen von 726.347,67 EUR würde die klägerseits mitgeteilte Einnahmen-Reduktion auf 561.585,79 EUR bei Zugrundelegung der mitgeteilten „erwarteten direkten Einnahmen aus dem Projekt“ von 154.170,00 EUR (≙ 21,22%) zu einem Eigenanteil von 72.711,89 EUR (≙ 10,0106%) und zu einer „EU-Zuwendung AMIF“ von 499.465,78 EUR (≙ 68,77%) führen. Die Finanzierungsanteile seien wegen der reduzierten Gesamteinnahmen zu ändern gewesen. Sie habe die AMIF-Zuwendungssumme mit der bisherigen Förderquote angesetzt. Die Differenz der zunächst veranschlagten direkten Einnahmen von 226.881,89 und deren nunmehriger Höhe von 154.170,00 EUR müssten Eigenmittel decken. Im nächsten Schritt reduziere sich die AMIF-Zuwendung nach § 6 Abs. 4 Satz 5 der AMIF-Richtlinie, weil sich die Ausgaben für den Verwendungszweck reduziert hätten. Der neue genehmigte Finanzplan sehe angesichts der Reduktion der Gesamtausgaben von 726.347,67 EUR auf 561.838,21 EUR bei gleichbleibenden direkten Projekteinnahmen von 154.170,00 EUR einen anteilig reduzierten Eigenanteil von 51.806,16 EUR (≙ 9,22%) und eine EU Zuwendung AMIF von 355.862,05 EUR vor (≙ Förderquote 63,32811769; ≈ 63,33%).
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Schließlich setzte die Beklagte die förderfähigen Ausgaben nach abschließender Prüfung des Verwendungsnachweises auf 561.585,79 EUR fest (die Klägerin hatte geringere Ausgaben geltend gemacht, als im neuen Finanzplan vorgesehen; zugleich nahm die Beklagte kleinere Kürzungen vor – die die Klägerin akzeptierte). Unter Beachtung des ermittelten neuen Fördersatzes von 63,32811769% errechnete sie eine AMIF-Zuwendungssumme i.H.v. 355.641,71 EUR.
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Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 24. März 2020 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Bescheid vom 28. August 2020 zurückwies (zugestellt mittels PZU; Tag der Zustellung wegen unvollständiger Kopie der Zustellungsurkunde aus Behördenakte nicht ersichtlich).
16
Zur Begründung führte sie aus, die Reduktion der Förderquote von 68,77% auf 63,32811769% im Abschlussbescheid sei rechtmäßig; auch die Fördersumme sei korrekt berechnet worden.
17
Die AMIF-Förderung werde nach § 6 Abs. 3 der Förderrichtlinie als Anteilsfinanzierung i.S.v. Nr. 2.2.1 VV zu § 44 BHO gewährt. Ermäßigten sich nach Bewilligung die Ausgaben, ermäßige sich anteilig auch die AMIF-Zuwendung.
18
Die Klägerin meine, eine Sachbearbeiterin der Beklagten habe ihr erklärt, dass die Förderquote unverändert bleibe. Diese Aussage wäre aber nicht erfolgt, wenn die Klägerin pflichtgemäß die Reduktion der erwarteten direkten Projekteinnahmen mitgeteilt hätte.
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Unter Berücksichtigung der erfolgten Teil-Rückzahlung i.H.v. 13.200,00 EUR errechne sich die im Abschlussbescheid festgesetzte Erstattung von 30.730,91 EUR. Die Widerspruchsbehörde merkt in diesem Kontext an, dass bereits erbrachte Leistungen bei Eintritt einer auflösenden Bedingung – hier Nr. 2.1 ANBest-P i.V.m. § 36 Abs. 2 VwVfG – zu erstatten seien.
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Dagegen hat die Klägerin am 1. Oktober 2020 Klage erhoben. Zur Begründung verweist sie im Kern darauf, dass die Beklagte mit der Berechnung im Abschlussbescheid ihrer eigenen ständigen Verwaltungspraxis widerspreche. Richtig sei, „dass nach § 6 Abs. 5 FRL und Ziff. 2.1 der ANBest-P Einsparungen im Projekt den anteiligen Förderbetrag reduzieren“. Auch sei „im Fall einer Reduzierung der Projekteinnahmen das Delta grundsätzlich vom Zuwendungsempfänger zu übernehmen“. „Hätten sich also ausschließlich die erwarteten Projekteinnahmen iHv. 226.881,89 EUR auf 154.170,00 EUR reduziert, wäre die Differenz zulasten des Klägers [sic!] gegangen.“ Hier hätten sich aber die Einnahmen und die Ausgaben reduziert. Es gebe aber keine Regelung zur Reihenfolge, d.h. ob zunächst die Reduktion der Projekteinnahmen oder erst die der -ausgaben zu berücksichtigen sei. Sie meint, Verwaltungspraxis der Beklagten sei, „dass im Fall der nicht gänzlichen Ausschöpfung der bewilligten Ausgaben, die Gesamtausgaben und die Gesamteinnahmen sinken und sich auf die anteiligen Eigenmittel sowie die Zuwendung reduzierend niederschlagen.“ Weiter verweist die Klägerin auf die Beklagten-E-Mail vom 10. Juli 2018. Lege man die Quote des Bescheides vom 25. November 2016 (68,77%) zugrunde, betrage die Förderung bei Gesamtausgaben von 561.838,21 EUR dem Grunde nach 386.372,62 EUR. Ziehe man von 561.838,21 EUR die Fördersumme von 386.372,62 EUR und die reduzierten erwarteten Projekteinnahmen von 154.170,00 EUR ab, liege der Eigenanteil bei 21.295,59 EUR.
21
Die Klägerin beantragt zuletzt,
Die Beklagte zu verpflichten, unter teilweiser – soweit dieser nicht die Genehmigung der Finanzplanänderung betrifft – Aufhebung des Abschlussbescheides vom 9. März 2020 sowie unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2020, die Klägerin eine weitere Zuwendung in Höhe von 30.730,91 EUR mittels neuem Abschlussbescheid zu gewähren.
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Die Beklagte beantragt zuletzt,
23
Zur Begründung verweist sie auf die Gründe ihrer angegriffenen Verwaltungsentscheidung. Vertiefend führt sie aus, dass die Förderrichtlinie ihre Verwaltungspraxis bilde. § 6 Abs. 5 der Förderrichtlinie bestimme, dass sich die Zuwendung im Fall gegenüber dem Finanzplan reduzierter zuwendungsfähiger Ausgaben bzw. gestiegener Deckungsmittel anteilig mit den eigenen Mitteln des Zuwendungsempfängers ermäßige. § 6 Abs. 5 der Förderrichtlinie sei über eine Nebenbestimmung i.S.v. § 36 VwVfG ins Förderverhältnis zwischen ihr und die Klägerin einbezogen worden; sie verweist insoweit auf Ziff. 2.1 und 2.1.1. der ANBest-P. Danach ermäßige sich die Zuwendung bei Anteilsfinanzierungen anteilig mit etwaigen Zuwendungen anderer Zuwendungsgeber und den vorgesehenen eigenen und sonstigen Mitteln des Zuwendungsempfängers.
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Weiter meint die Beklagte, dass die Klägerin gegen ihre Mitteilungspflichten aus Ziff. 5.2 der ANBest-P verstoßen habe. Sie hätte ihres Erachtens unverzüglich mitteilen müssen, dass sich für die Bewilligung der Zuwendung maßgebliche Umstände geändert hätten. Sie habe aber erst am Tag vor Projektende mitgeteilt, dass sich ihre Finanzplanung geändert habe.
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Zudem führt die Beklagte an, der Klägerin sei zum Änderungsantrag nur mitgeteilt worden, dass die AMIF-Fördersumme [sic!] die aus dem vorläufigen Bewilligungsbescheid nicht überschreiten dürfe. Zudem könnten E-Mails per se nicht als abschließende Bewilligung betrachtet werden.
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Bei einer Reduktion der Gesamtausgaben und der Einnahmenseite werde in der ständigen Verwaltungspraxis der EU-Fonds (AMIF) Zuständigen Behörde zweistufig verfahren. Zunächst seien die verringerten Projekteinnahmen durch den Eigenanteil des Empfängers auszugleichen. Sodann würden die gesunkenen Gesamtausgaben berücksichtigt – hier kämen Ziff. 2.1 und 2.1.1. der AnBest-P zum Tragen (um 164.509,46 EUR gesunkene Gesamtausgaben ließen die AMIF-Quote und den Eigenanteil anteilig sinken). Vorliegend sinke die AMIF-Förderquote infolge der Umwidmung i.H.v. 72.711,89 EUR – ehem. „erwartete direkte Einnahmen aus dem Projekt“ zu Eigenanteil die Klägerin – und niedrigerer Gesamtausgaben auf 63,32811769%.
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Zudem erklärt die Beklagte, dass sie der Klägerin i.R.d. Neuberechnung entgegengekommen sei. Hätte sie zunächst die Gesamtausgaben und erst im zweiten Schritt die verringerten Projekteinnahmen berechnet, wäre die Erstattungsfestsetzung ihres Erachtens höher ausgefallen.
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Die Klägerin repliziert, die abweichende reale ständige Verwaltungspraxis zeige sich im Bescheid vom 17. März 2015 über Zuwendungen aus dem europäischen Integrationsfonds (EIF) zum Förderjahr 2012 (Projekt SprInt Pool-Transfer). Dort lege die Beklagte beim genehmigten Finanzplan und bei den als förderfähig anerkannten Ausgaben einheitlich eine Förderquote von 75% zugrunde. Zudem verweist sie nochmals auf die E-Mail der Beklagten vom 10. Juli 2018. In ihrer Duplik erklärt die Beklagte, der EIF sei einer von vier Fonds des Programms Solidarität und Steuerung der Migrationsströme (SOLID), die die EU i.R.d. Finanzrahmens 2007 bis 2013 aufgesetzt habe. Dem EIF liege als Basisrechtsakt die Entscheidung 2007/435/EG des Rates vom 25. Juni 2007 zur Einrichtung des Europäischen Fonds für die Integration von Drittstaatsangehörigen für den Zeitraum 2007 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms Solidarität und Steuerung der Migrationsströme zugrunde. Das Bundesministerium des Innern (BMI) habe zu dessen Durchführung eine eigene Förderrichtlinie erlassen.
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Der hier in Rede stehende AsylMigrations- und Integrationsfonds sei im Finanzrahmen 2014- 2020 aufgesetzt worden. Basisrechtsakt seien hier die Verordnungen (EU) Nr. 514/2014 und Nr. 516/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014. Zur Durchführung dieser Verordnungen habe das BMI die Förderrichtlinie über die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen des Asyl-, Migrations-, und Integrationsfonds (AMIF) vom 30. September 2014“ (zuletzt geändert am 4. September 2017) erlassen.
30
Die zeitweise parallel bestehenden Förderprogramme seien voneinander unabhängig. Zwar verwalte das BAMF beide i.R.d. geteilten Mittelverwaltung. Es gebe aber jeweils eigenständige Förderrichtlinien. Zudem seien im BAMF unterschiedliche Stellen zuständig gewesen.
31
Mit Veröffentlichung der ersten Aufforderung zur Einreichung von Anträgen auf Gewährung einer Zuwendung aus dem AMIF im Oktober 2014 habe die EU-Fonds (AMIF) Zuständige Behörde Hinweise zu den Förderbestimmungen des AMIF veröffentlicht. Dort sei unter Kapitel C. 1.1 Änderungen im Finanzplan ausgeführt:
„Gemäß § 9 Abs. 2 der Förderrichtlinie ist eine Überschreitung der bewilligten Einzelansätze im Gesamtfinanzplan von bis zu 20% ohne Genehmigung […] zulässig, solange sich der Gesamtansatz der Ausgaben hierdurch nicht erhöht. Die Erhöhung des Einzelansatzes muss demnach durch Einsparungen in anderen Finanzplanpositionen ausgeglichen werden. Überschreitet ein Einzelansatz die genannten 20% bedarf die Abweichung der Genehmigung […]. Auch in diesem Fall muss die Erhöhung des Einzelansatzes durch Einsparungen in anderen Finanzplanpositionen ausgeglichen werden. Eine Erhöhung des im Zuwendungsbescheid festgelegten EU-Anteils ist für die Gesamtlaufzeit des Projektes nicht möglich. Die Genehmigung der Abweichung muss durch einen Antrag auf Änderung des Gesamtfinanzplans […] beantragt werden (Änderungen bei der Aufschlüsselung nach Projektjahren sind nicht vorzulegen). Eine entsprechende Begründung ist zudem erforderlich. […].“ Zum 3. Januar 2017 seien die Ausführungen im Kapitel C.1 „Finanzierungsart“ konkretisiert worden: „1.Finanzierungsart – Die Förderung im Rahmen des AMIF erfolgt grundsätzlich in Form einer Anteilfinanzierung. Dies bedeutet, dass die Zuwendung als bestimmter Prozentsatz […] der anerkannten zuwendungsfähigen Ausgaben gewährt wird, wobei ein festgelegter Höchstbetrag nicht überschritten werden darf. Gemäß Ziffer 2.1 der ANBest-P ist bei der Anteilfinanzierung folgendes zu beachten: Ermäßigen sich nach der Bewilligung die in dem Finanzierungplan veranschlagten Gesamtausgaben für den Zuwendungszweck, erhöhen sich die Deckungsmittel oder treten neue Deckungsmittel hinzu, so gilt: Der Zuwendungsbetrag aus dem AMIF, etwaige Zuwendungen anderer Zuwendungsgeber sowie die eigenen vorgesehenen Mittel des Zuwendungsempfängers reduzieren sich anteilig. Bei Erhöhung der Deckungsmittel oder bei neuen Deckungsmitteln reduziert sich der prozentuale Anteil der Förderung nachträglich. Eine nachträgliche Erhöhung des prozentualen Anteils ist ausgeschlossen.“
32
Die Hinweise zu den Förderbestimmungen verdeutlichten die Verwaltungspraxis der Beklagten seit Beginn der Förderperiode 2014-2020. Aus dem klägerischen Vortrag zu einem anderen Förderfonds folge keine Verwaltungspraxis für den hier gegenständlichen AMIF-Fonds.
33
In ihrer Triplik verweist die Klägerin auf die E-Mail der Beklagten vom 10. Juli 2018.
34
In ihrer Quadruplik wiederholt die Beklagte, die Klägerin mit E-Mail am 10. Juli 2018 aufgeklärt zu haben, dass die AMIF-Förderquote im Änderungsantrag zum Finanzplan die ursprüngliche AMIF-Förderquote von 68,77% nach dem Bescheid vom 25. November 2016 nicht übersteigen dürfe. Telefonisch sei sodann vereinbart worden, dass der Änderungsantrag zum Finanzplan mit dem Abschlussbescheid geprüft und verbeschieden werde.
35
In der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2024 hat die Kammer mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert; sie hat die Beteiligten ergänzend befragt. Die Beteiligten haben einen bis zum 9. August 2024 widerruflichen Vergleich geschlossen. Die Beklagte hat den Vergleich am 26. Juli 2024 widerrufen. Für den Fall des Widerrufs hatten die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet.
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Zu weiteren Einzelheiten wird im Übrigen Bezug genommen auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Schriftsätze der Beteiligten sowie das Sitzungsprotokoll. Sie alle sind Grundlage der richterlichen Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
37
Die Kammer konnte über die Klage mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden.
38
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte weitergehende Förderung nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds vom 30. September 2014 (veröffentlicht in GMBl 2014, Nr. 63/2014 Seite 1290; i.F. AMIF-Richtlinie).
39
Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte unter I. des Abschluss- bzw. Änderungsbescheides vom 9. März 2020 eine gegenüber der vorläufigen Bewilligung im Bescheid vom 25. November 2016 geringere Projektförderung festgesetzt hat. Die Teilablehnung verletzt die Klägerin nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. In der Konsequenz ist auch hinsichtlich der Erstattungsfestsetzung aus II. nichts zu erinnern, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
40
Dies hat die Beklagte in der angegriffenen Verwaltungsentscheidung vom 9. März 2020 bzw. im Widerspruchsbescheid vom 28. August 2020 rechtlich einwandfrei ausgeführt. Daher folgt die Kammer der Begründung der genannten Bescheide und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 117 Abs. 5 VwGO von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
41
Ergänzend ist das Folgende auszuführen:
42
1. Die Klagen sind zulässig.
43
Der Klageantrag ist dem klägerischen Begehr entsprechend (§ 88 VwGO) als statthafte Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Var. 2 UF. 1 VwGO) auszulegen (§§ 133, 157 BGB analog): Die Klägerin begehrt mit ihrem sachgerecht gestellten Vornahmeantrag die Bewilligung eines über die mit der Teilbewilligung verbundenen Teilablehnung hinausgehenden Betrages von 30.730,91 EUR.
44
Ohne Bedeutung bleibt, dass die Klägerin ihren Antrag einschränkend formuliert („unter teilweiser – soweit dieser nicht die Genehmigung der Finanzplanänderung betrifft – Aufhebung des Abschlussbescheides…“). In der Verpflichtungsklage ist allein über den klägerseits behaupteten Anspruch auf einen begehrten Verwaltungsakt zu entscheiden (hier die begehrte weitere Zuwendung von 30.730,91 EUR). Die praxisübliche Beantragung der Kassation des Versagungsbescheides ist juristisch betrachtet weder zwingend noch überhaupt erforderlich (zum Ganzen Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 42 Rn. 30ff m.w.N, beck-online). Entscheidet die Kammer nur über den Anspruch, kann offenbleiben, ob der Gedanke aus § 44a VwGO den klägerisch formulierten Vorbehalt zulässt.
45
Abgesehen davon ist der Vorbehalt nicht uneingeschränkt nachvollziehbar – meint die Klägerin doch einen die in der genehmigten geänderten Finanzplanung genannte AMIF-Zuwendung übersteigenden Anspruch zu haben (vgl. Widerspruchsbescheid „Finanzplanänderung B, korrigiert“). Geht der Vorbehalt auf die Sorge zurück, dass die Beklagte infolge der Klage die Genehmigung einzelner Projektausgaben antasten könnte (S. 2 des Abschlussbescheides), ist zu bedenken, dass der Bescheid vom 9. März 2020 insoweit bestandskräftig ist.
46
Aus dem Zusammenhang folgt zudem, dass die Klägerin den unter Ziff. II des Bescheides vom 9. März 2020 zur Erstattung festgesetzten Betrag nicht zurückzahlen möchte. Das diesbezügliche Kassationsbegehr ist als Anfechtungsklage iSd. § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO zu werten.
47
Beide Begehren stehen zueinander im Verhältnis des § 44 VwGO.
48
2. Die Klagen sind aber nicht begründet.
49
a. Die Teil-Ablehnungs-Entscheidung ist nicht zu beanstanden.
50
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer weitergehenden AMIF-Zuwendung.
51
aa. Generell kann auf Basis der AMIF-Richtlinie ein Anspruch auf Gewährung einer Zuwendung entstehen. Allerdings handelt es sich bei Zuwendungen nach der AMIF-Richtlinie eine Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch – vgl. § 1 Abs. 3 der AMIF-Richtlinie. Die Bundesrepublik erbringt diese Leistung nach Maßgabe der Richtlinie i.R.d. von der EU-Kommission zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel (Art. 53 BHO). Es existiert keine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der bei der Beklagten beantragten Zuwendung begründet. Die Zuwendungsgewährung erfolgt auf Basis der Richtlinie im billigen Ermessen der Behörde. Ein Rechtsanspruch besteht nur ausnahmsweise – insb. vermittelt durch den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) als Folge einer durch eine ständige Verwaltungspraxis entstandenen Selbstbindung der Verwaltung.
52
Förderrichtlinien begründen nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Auch bestimmt nur dieser i.R.d. ihm eingeräumten weiten Ermessens bei der Zuwendungsgewährung darüber, welche Ausgaben dem Fördergegenstand zugeordnet werden und wer konkret begünstigt werden soll. Im Sinne seiner Festlegungen legt er seine Richtlinien aus und richtet die Förderpraxis seinen Vorstellungen entsprechend aus (so schon: BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 = GewA 2015, 449; BayVGH, B.v. 4.6.1991 – 22 B 90.2244 – juris Ls. 1). Dementsprechend hat er die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (vgl. VG München zu sog. Corona-Beihilfen: U.v. 10.3.2023 – M 31 K 22.1123 – juris Rn. 31).
53
Allerdings gebietet Art. 3 Abs. 1 GG eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Richtlinien dienen der Gewährleistung gleichheitsgerechter Ermessensausübung der Behörde. Sie setzen Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Hilfen und regeln insoweit die Ermessenshandhabung.
54
Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung ist entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zur Selbstbindung führenden Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie deshalb durch den Gleichheitssatz gebunden ist (allgemein: BayVGH U.v. 6.6.2021 – 4 B 20.3008, BeckRS 2021, 22557 Rn. 17, beck-online; BVerwG, U.v. 23.4.2003 – 3 C 25/02 = NVwZ 2003, 1384, beck-online).
55
Bei der rechtlichen Beurteilung staatlicher Fördermaßnahmen, die nicht auf Rechtsnormen, sondern wie hier auf verwaltungsinternen ermessenslenkenden Vergaberichtlinien beruhen, ist das Gericht nicht zur eigenständigen Auslegung der Richtlinie befugt. Damit scheidet insb. auch eine erweiternde Auslegung aus. Das Gericht hat weder die Aufgabe noch die Kompetenz, für eine scheinbar sach- oder einzelfallgerechtere Richtlinienanwendung zu sorgen. Maßgeblich ist ausschließlich, wie die zuständige Stelle ministerielle Vorgaben tatsächlich versteht und praktiziert (BayVGH, B.v. 17.8.2023 – 22 ZB 23.1125 – juris Rn. 13; allg. zur Selbstbindung: NKVwGO/Heinrich Amadeus Wolff, 5. Aufl. 2018, VwGO § 114 Rn. 155).
56
Zuwendungsrechtlich sind Zuwendungsrichtlinien nicht grammatikalisch, systematisch und teleologisch auszulegen (vgl. VG München, U.v. 16.12.2021 – M 31 K 21.3624 – juris Rn. 31). Auch ist irrelevant, welche Bedeutung in der Richtlinie gebrauchte Begriffen in speziellen Verkehrskreisen oder im allgemeinen Sprachgebrauch haben (etwa unter Rückgriff auf Fachbücher oder Lexika). Maßgeblich ist, ob die dem Ablehnungsbescheid zugrundeliegende Anwendung der Richtlinie dem Verständnis und der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten entspricht (so ausdrücklich: BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.1889 – juris Rn. 20).
57
Folglich bedarf es zur Feststellung einer tatsächlich geübten Verwaltungspraxis zwar objektiv greifbarer Kriterien. Dazu kann auf die Förderrichtlinien und öffentliche Verlautbarungen der Bewilligungs-, übergeordneter Landes- oder aufgrund von Verwaltungsvereinbarungen eingebundener Bundesbehörden zurückgegriffen werden. Doch generell ist für die Selbstbindung der Verwaltung nicht einmal der Wortlaut einer Richtlinie maßgeblich. Allein entscheidend ist das Verständnis des Zuwendungsgebers bzw. dessen Handhabung in seiner tatsächlichen Verwaltungspraxis im maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung (erneut im Kontext der „Corona-Beihilfen“: VG Würzburg, U.v. 1.12.2023 – W 8 K 23.611 – juris Rn. 33 u.a. mit Verweis auf: VGH BW, B.v. 21.10.2021 – 13 S 3017/21 – juris Rn. 33 mit Verweis auf BVerwG, B.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08 – juris Rn. 9 f.; SächsOVG, B.v. 1.10.2021 – 6 A 782/19 – juris m.w.N).
58
Wird eine Förderung abgelehnt, obwohl die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen nach ständiger Förderpraxis vorlägen und obschon die Beklagte vergleichbare Anträge insofern ständig positiv verbescheidet, vermittelt der Gleichheitssatz einer Antragstellerin bzw. einem Antragsteller über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung im jeweiligen Einzelfall einen Förderungsanspruch (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – BayVBl 2020, 346 – juris Rn. 26). Maßgeblich ist somit die ständige Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen, wobei stets Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle bleiben muss (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 40 Rn. 42 ff.; Schenke/Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO 28. Aufl. 2022, § 114 Rn. 41 ff.).
59
bb. Nach Auffassung der Kammer setzt eine Verwaltungspraxis keine bestimmte Zahl zugrundeliegender Förderfälle voraus. Vielmehr kommt das Vorliegen einer solchen Praxis bei entsprechender Sachlage ab dem ersten Fall, jedenfalls aber beim Vorliegen weniger gleich behandelter Fälle innerhalb kurzer Zeit in Betracht (in diese Richtung: Schoch/Schneider/Geis, 3. EL August 2022, VwVfG § 40 Rn. 75). Andere Ansichten, nach denen eine Verwaltungspraxis eine bestimmte Länge eines Förderzeitraums oder eine Mindest-Zahl von Förderfällen verlangt, erscheinen verfehlt. Sie denken allein objektiv. Indes umfasst die Festlegung einer ständigen Verwaltungspraxis ein subjektives Element. Mithin verkennen andere Betrachtungen die Finanz- und Interpretationshoheit des Fördermittelgebers. Die Festlegung einer Förderpraxis beurteilt sich nicht gleichermaßen ex-post-betrachtet und quantitativ. Es ist am Fördergeber, sich für eine Förderpraxis zu entscheiden. Ab dem Zeitpunkt dieser Entscheidung muss er sich daran messen lassen – nicht erst nach einer Mindestzahl von Förderfällen, die er nach der getroffenen Grundentscheidung behandelt hat. Nach Auffassung der Kammer entspricht nur die subjektivierte Betrachtung dem Interesse potentiell Förderberechtigter. Es ist nicht sachgerecht, einen Gleichbehandlungsanspruch erst nach Ablauf eines bestimmten Förderzeitraums respektive einer ausreichend großen „Losgröße“ von Förderfällen anzunehmen – sonst gebe es in der Zeit der „noch nicht entstandenen Verwaltungspraxis“ bzw. Selbstbindung „Schwebezustände“, in denen der Fördermittelgeber geradezu willkürlich agieren könnte.
60
Die rein objektiv konnotierte Herangehensweise i.S.e. Diagnose der tatsächlichen Handhabung von Förderfällen verwechselt wohl die Frage der Selbstbindung durch eine Verwaltungspraxis mit der nach der Entkräftung einer solchen dargelegten Praxis. Denn insoweit dürfte die objektiv-quantitative Betrachtung der tatsächlichen Förderpraxis entscheidend sein. Namentlich reicht zur Erschütterung einer vorgeblichen respektive zum Beleg einer etablierten, einer Richtlinie oder sonstigen Indizien für eine ständige Praxis widersprechenden Verwaltungspraxis nicht die Behauptung von Antragstellern, dass in einzelnen Fällen der behaupteten Verwaltungspraxis widersprechend gefördert worden sei. Abgesehen davon, ob die Fälle im Einzelfall überhaupt vergleichbar sind, konstituieren einzelne „Ausreißer“ nicht die Annahme einer gegenläufigen Verwaltungspraxis – zumal wenn die Gewährung evident der Richtlinie oder der gängigen Förderpraxis widerspricht und nicht erkennbar ist, dass der Richtliniengeber diese richtlinienabweichende Abweichung gebilligt oder geduldet hätte (vgl. dazu BayVGH, B.v. 23.2.2022 – 6 ZB 21.3230 – juris Rn. 16 sowie VG Würzburg, U.v. 29.11.2021 – W 8 K 21.585 – juris Rn. 60 f.).
61
Nun mag es keine Pflicht eines Klägers geben, eine behauptete Verwaltungspraxis durch Beispiele gegenläufiger Förderung zu widerlegen (so BayVGH, B.v. 21.12.2021 – 12 ZB 20.2694 – juris Rn. 28 „keine Pflicht, … das Bestehen einer […] Verwaltungspraxis … durch „Gegenbeispiele“ zu entkräften“; a.A. SächsOVG, B.v. 4.8.2022 – 6 A 702/19 – juris Rn. 10 „nur, wenn sie Fälle benennt“). Es ist aber auch nicht ausreichend, unsubstantiiert eine gegenteilige Verwaltungspraxis zu behaupten – zumal es bei der Gewährung von Zuwendungen bzw. Billigkeitsleistungen in der Sphäre des Antragstellers liegt, das Vorliegen der Fördervoraussetzungen darzulegen und zu beweisen (dazu bereits oben). Das gilt auch, wenn eine Gleichbehandlung eingefordert wird (VG Würzburg U.v. 14.11.2022 – 8 K 22.1124 – BeckRS 2022, 34296 Rn. 70 mit Bezug auf VG Halle, U.v. 25.4.2022 – 4 A 28/22 HAL – BeckRS 2022, 9223 Rn. 25.)
62
cc. Angesichts des freiwilligen Charakters einer Förderung und des weiten Ermessens des Fördergebers bei der Aufstellung von Förderrichtlinien können letztere nicht mittels Verhältnismäßigkeitsprüfung, sondern nur unter dem Gesichtspunkt einer ggf. willkürlichen Ungleichbehandlung potentieller Empfänger der Förderung überprüft werden (vgl. Müller/Richter/Ziekow, Handbuch Zuwendungsrecht, A. Grundlagen Rn. 145; BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1.17; Worms/ Figuccio in NJW 2024, 1144 (1145); zur Rspr. des BVerfG: VG München, U.v. 28.8.2019 – M 31 K 19.203 – juris Rn. 15). Willkür ist nach der diesbezüglichen Formel des Bundesverfassungsgerichts (seit U.v. 23.10.1951 – 2 BvG 1/51 – BVerfGE 1, 14, 52 – juris Rn. 147; B.v. 19.10.1982 – 1 BvL 3980 – BVerfGE 61, 138, 147 – juris Rn. 34) anzunehmen, wenn sich für eine gesetzliche Differenzierung oder Ungleichbehandlung kein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund finden lässt. Darunter fällt das Verbot einer nicht durch sachliche Unterschiede gerechtfertigten Differenzierung verschiedener Sachverhalte bei der Förderung (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 32).
63
Solange der Richtliniengeber folglich nicht die Schwelle zur Willkür überschreitet, steht es ihm frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden.
64
dd. Mögliche Zuwendungsempfänger trifft ungeachtet des Untersuchungsgrundsatzes aus § 24 VwVfG eine substantiierte Darlegungslast (vgl. BayVGH, B.v. 20.6.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16). Es ist an ihnen, die Erfüllung der Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung darzulegen. Die Gewährung ist von einer Mitwirkung der Antragsteller i.R.d. Zuwendungsantrags abhängig (§ 26 VwVfG) – insb. von der Mitteilung und Substantiierung zutreffender, zur Identifikation und für die Förderfähigkeit notwendiger Angaben. Demnach trifft Antragsteller nach allgemeinen Grundsätzen die materielle Beweislast, falls anspruchsbegründende Tatsachen nicht nachgewiesen werden können (Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Fellenberg, 10. Aufl. 2022, VwVfG § 24 Rn. 55).
65
ee. Angesichts obiger Ausführungen steht der Klägerin die begehrte weitgehende Förderung nicht zu. Dies hat die Beklagte schlüssig ausgeführt. Sie hat ihre ständige Verwaltungspraxis plausibel dargelegt: Insofern macht sich die Kammer deren Ausführungen zu eigen.
66
Ergänzend merkt sie an, dass die Klägerin im Kern vorträgt, dass die AMIF-Förderquote von 68,77% des vorläufigen Bescheids vom 22. November 2016 auch für den Abschlussbescheid maßgeblich sein müsse: Dies soll daraus folgen, dass die Beklagte vor der Reduktion der Projekteinnahmen reduzierte Projektausgaben hätte berücksichtigen müssen. Zudem meint die Klägerin, ein Förderbescheid vom 17. März 2015 zum EIF belege die abweichende „echte“ ständige Verwaltungspraxis der Beklagten. Schließlich vertritt die Klägerin die Ansicht, die Beklagte habe ihr gegenüber am 10. Juli 2018 per E-Mail darauf bestanden, dass die im vorläufigen Bescheid festgesetzte AMIF-Förderquote von 68,77% einzuhalten sei und will daraus für sich günstige Rechtsfolgen ableiten.
67
Jedoch dringt sie mit diesem Vortrag nicht durch: Es ist für die Kammer nicht ersichtlich, dass die Beklagte hier von ihrer maßgeblichen ständigen Verwaltungspraxis abgewichen ist. Vielmehr sprechen die Umstände des Falles dafür, dass die Kürzung der ständigen Verwaltungspraxis entspricht; sie ist demnach zu Recht erfolgt.
68
(a) Nach § 6 Abs. 1 der AMIF-Richtlinie muss ein Projekt u.a. unter Angabe eines Finanzplans beschrieben werden. Zuwendungsfähig sind Projektausgaben nach § 6 Abs. 7 der AMIF-Richtlinie nur, wenn sie im Finanzplan erkennbar für das Projekt veranschlagt sind und dem Zuwendungszweck entsprechen.
69
Nach § 9 Abs. 2 der AMIF-Richtlinie sind Änderungen von Einzelansätzen im Finanzplan bis zu einer Höhe von 20% ohne Genehmigung der Beklagten zulässig, solange sich der Gesamtansatz nicht erhöht. In der Konsequenz bedarf es bei einer Änderung des Gesamtansatzes (Gesamteinnahmen / Gesamtausgaben) stets einer Genehmigung.
70
Unbeschadet der Frage, ob dies rechtzeitig erfolgt ist, hat die Klägerin jedenfalls eine Änderung des Finanzplans beantragt. Die Beteiligten einigten sich insoweit darauf, dass als Folge des Änderungsantrages nicht zunächst ein neuer (vorläufiger) Zuwendungsbescheid erlassen, sondern dass die Änderung nach Abschluss des Verwendungsnachweisverfahrens i.R.d. Abschlussbescheides verbeschieden werden wird.
71
(b) Für die Kammer bestehen keine Zweifel, dass die Beklagte bei der Bescheidung der Änderung ihrer ständigen Verwaltungspraxis entsprechend vorgegangen ist. So hat sie nicht nur die Berechnung der gegenüber dem Bescheid vom 25. November 2016 abweichenden Förderung, sondern auch den Hintergrund ihres ständigen Praxisvorgehens hinreichend plausibilisiert.
72
(aa) Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 der AMIF-Richtlinie erfolgt die AMIF-Förderung im Wege der Anteilsfinanzierung. Nach § 6 Abs. 5 Satz 2 AMIF-Richtlinie sinkt die Zuwendung im Fall gegenüber dem Finanzplan reduzierter zuwendungsfähiger Ausgaben bzw. gestiegener Deckungsmittel anteilig mit den eigenen Mitteln des Zuwendungsempfängers. In diesem Sinn regeln Ziff. 2., 2.1 und 2.1.1 ANBest-P, dass sich die Zuwendung im Fall einer der Bewilligung nachfolgenden Ermäßigung der im Finanzierungsplan veranschlagten Gesamtausgaben für den Zuwendungszweck sowie erhöhten oder neu hinzutretenden Deckungsmitteln bei einer Anteilsfinanzierung anteilig mit etwaigen Zuwendungen anderer Zuwendungsgeber sowie den kalkulierten eigenen und sonstigen Mitteln des Zuwendungsempfängers ermäßigt.
73
Nach dem Vortrag der Beklagten gehe sie bei einer Reduktion der Gesamtausgaben und der Einnahmenseite in der ständigen Verwaltungspraxis der EU-Fonds (AMIF) Zuständigen Behörde zweistufig vor: Zunächst seien die verringerten Projekteinnahmen durch den Eigenanteil des Empfängers auszugleichen. Sodann würden i.S.d. Ziff. 2.1 und 2.1.1. der AnBest-P die gesunkenen Gesamtausgaben berücksichtigt.
74
Diesen Vortrag vermochte die Klägerin nicht zu erschüttern: Auch sie räumt explizit ein, dass Einsparungen im Projekt den anteiligen Förderbetrag reduzieren. Sie gesteht ferner zu, dass ein Zuwendungsempfänger im Fall des Sinkens von Projekteinnahmen generell das von ihr so bezeichnete „Delta“ tragen muss. Die Klägerin meint nur, die Beklagte hätte vor den Einnahmen die gesunkenen Ausgaben berücksichtigen müssen. Sie behauptet insoweit, dass die Beklagte in ihrer ständigen Praxis einer anderen als der im Bescheid dargelegten Berechnungsmethodik folge. Eine dieser vermeintlichen Methodik – geänderte Kürzungsreihenfolge – entsprechende Berechnung legt die Klägerin nicht vor (ihre an anderer Stelle angedeutete Berechnung zum vermeintlich richtigen Eigenanteil von 21.295,59 EUR steht mit der Reihenfolge der Kürzungen ebenso wenig im Zusammenhang wie mit den unter (aa) skizzierten Vorschriften; in der anderen Berechnung skizziert die Klägerin eine ihr passend erscheinende Förderung, indem sie die Förderquote von 68,77% aus dem Bescheid vom 25. November 2016 zugrunde legt, ohne zu hinterfragen, ob diese angesichts der wohl zugestandenen anteiligen Kürzungen des Förderbetrages bei Einsparungen im Projekt bzw. des „Selbsteintritts“ in Höhe des „Delta“ im Fall des Sinkens von Projekteinnahmen bestehen bleiben kann). Darüber hinaus legt die Klägerin keine konkreten Anhaltspunkte dar, aus denen ersichtlich wäre, dass die Behauptung zur vermeintlich anderen Kürzungsreihenfolge tatsächlich der maßgeblichen ständigen Verwaltungspraxis entspricht (auch der Bescheid zum vermeintlichen Bezugsfall ist hinsichtlich der Frage der Reihenfolge etwaiger Kürzungen unergiebig). Angesichts der geringen Substanz des Bestreitens der vorgetragenen Verwaltungspraxis erscheint die These eines anderen Berechnungsmodus in Form einer abweichenden Reihenfolge als vom gewünschten Ergebnis her gedacht – dies zumal die Beklagte eine Berechnung vorgelegt hat, nach der sich die von der Klägerin als richtig behauptete umgekehrte Reihenfolge der Kürzungen für diese verglichen mit dem von der Beklagten gewählten Weg als nachteilig erwiese (wobei die Klägerin gegen diese alternative Berechnung weder substantiiert Einwendungen erhoben noch ihr überhaupt widersprochen hat). (bb)
75
Im zeitlich ersten, genehmigten Finanzplan veranschlagte die Klägerin Gesamteinnahmen von 726.347,67 EUR. Davon sollten 226.881,89 EUR aus erwarteten direkten Projekteinnahmen und 499.465,78 EUR aus der AMIF-Zuwendung resultieren (Förderquote ≈ 68,77%).
76
Einer Erhöhung der individuellen AMIF-Förderquote stehen § 6 Abs. 5 Satz 2 AMIF-Richtlinie, Ziff. 2., 2.1 und 2.1.1 ANBest-P sowie die im Tatbestand näher ausgeführten Hinweise zu den Förderbestimmungen des AMIF entgegen. Insofern ist nachvollziehbar, dass die Beklagte die geänderte Finanzplanung vom 29. Juni 2018 ohne nähere Prüfung zurückwies.
77
Darüber hinaus erwies sich aber auch der finale Änderungsantrag als nicht korrekt: Nach dem Vortrag der Beklagten habe die Klägerin nach der ständigen Verwaltungspraxis im ersten Schritt die Differenz zwischen den zunächst kalkulierten erwarteten direkten Einnahmen von 226.881,89 EUR und den nun veranschlagten von 154.170,00 EUR zu tragen (72.711,89 EUR).
78
Isoliert stellt auch die Klägerin diesen Rechenschritt nicht infrage. Im Übrigen entspricht dieses Vorgehen der Logik der Richtlinie. Danach wird die AMIF-Förderung als Anteilsfinanzierung gewährt. Ein Ausgleich ausgebliebener Einnahmen durch den AMIF ist nicht vorgesehen.
79
Vorliegend tritt aber nicht nur ein Eigenanteil der Klägerin hinzu, sondern zugleich reduzieren sich die Projekteinnahmen auf 561.838,21 EUR. Bei dem Festbetrag der direkten Einnahmen von 154.170,00 EUR müssen daher sowohl der Eigenanteil als auch die EU-Zuwendung AMIF fallen (letztere ist schon nach § 6 Abs. 5 Satz 1 AMIF-Richtlinie eine Anteils- und keine Festbetragsfinanzierung; aber auch der Eigenanteil ist i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 2 AMIF-Richtlinie bzw. Ziff. 2., 2.1 und 2.1.1 ANBest-P kein Festbetrag). Relativ betrachtet fallen die nun veranschlagten direkten Projekteinnahmen von 154.170,00 EUR gegenüber den neuen Gesamteinnahmen von 561.838,21 EUR (27,44%) stärker ins Gewicht als zur Zeit des mit Bescheid vom 25. November 2016 genehmigten Finanzplans 726.047,67 EUR (21,22%).
80
Steigt aber der Anteil des Festbetrags der erwarteten direkten Projekteinnahmen, ist einsichtig, dass die Anteilsfinanzierungen Eigenanteil und AMIF-Förderung relativ und absolut sinken.
81
Im Übrigen hat die Beklagte im angegriffenen Bescheid, im Widerspruchsbescheid sowie im Klageverfahren schlüssig zu ihrer Vorgehensweise respektive Berechnungsmethodik vorgetragen. Die Klägerin hat die Berechnung als solche auch nicht in Zweifel gezogen; sie hat nicht etwa einzelne Zwischenergebnisse plausibel infrage gestellt – insb. hat sie nicht dargelegt, welche vom Bescheid abweichende Zahlen sich bei Zugrundelegung des Rechenwegs der Beklagten hätten ergeben müssen. Aus diesem Grund verweist die Kammer hinsichtlich des „Zahlenwerks“ auf die in Bezug genommenen Bescheide.
82
(cc) Ein anderes Ergebnis bedingt auch nicht der auszugsweise vorgelegte Förderbescheid der EUFonds zuständigen Behörde zur Verwaltung des Europäischen Integrationsfonds.
83
Eine Selbstbindung ergibt sich nach obigen Ausführungen daraus, dass eine zuständige Behörde eine bestimmte Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Verwaltungspraxis auf eine bestimmte Weise gehandhabt hat.
84
Im zu entscheidenden Fall geht es um die administrative Umsetzung der Förderung nach dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds. Dessen Basisrechtsakt sind die VO (EU) Nr. 514/2014 und Nr. 516/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014. Die Förderung wird auf Basis der Förderrichtlinie über die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen des AMIF vom 30. September 2014 (zuletzt geändert am 4. September 2017) gewährt.
85
Der klägerseits benannte vermeintliche Bezugsfall bezieht sich auf den Europäischen Integrationsfonds (EIF). Dessen Basisrechtsakt ist die Entscheidung 2007/435/EG des Rates vom 25. Juni 2007 zur Einrichtung des Europäischen Fonds für die Integration von Drittstaatsangehörigen für den Zeitraum 2007 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms Solidarität und Steuerung der Migrationsströme; zur Durchführungen des EIF hat das Bundesministerium des Innern eine eigene Förderrichtlinie erlassen.
86
Bezieht sich der klägerseits so genannte Bezugsfall auf eine andere Förderrichtlinie, lässt sich daraus entgegen der Klägerin keine ständige Verwaltungspraxis zur AMIF-Richtlinie folgern.
87
Dahinstehen kann somit, dass der Vollzug der jeweiligen Richtlinie zwar „unter dem Dach“ des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge angesiedelt ist, dem Bezugsfall aber das Handeln einer abweichenden Stelle zugrunde liegt (hier: EU-Fonds (AMIF) Zuständige Behörde (Nürnberg), dort: EU-Fonds Europäischer Integrationsfonds (Düsseldorf)). Nicht mehr entscheidend ist zugleich, dass die Kammer anhand des Auszugs die Vergleichbarkeit des dem Bescheid von 2015 zugrundeliegenden Sachverhalts mit dem hiesigen kaum ernsthaft beurteilen kann. Ebenfalls nur der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass eine hypothetisch einer ständigen Verwaltungspraxis widersprechende Förderung schlicht einen Ausreißer darstellen kann und keine neue Praxis begründen muss – zumal wenn der Ausreißer einer Richtlinie oder dem schlüssigen Vortrag der mittelverwaltenden Stelle zur ständigen Praxis widerspricht (dazu: S. 15).
88
Unabhängig davon ist kein atypischer Ausnahmefall ersichtlich, der eine abweichende Handhabung der Förderrichtlinien, mithin eine von der Verwaltungspraxis abweichende Entscheidung der Beklagten geboten hätte. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass der konkrete Sachverhalt außergewöhnliche Umstände aufweist, die von der Richtlinie und der darauf basierenden Förderpraxis nicht erfasst werden und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung verlangen. Zuletzt ist auch sonst keine Willkür ersichtlich. Vielmehr legte die Beklagte ihrer Entscheidung hinsichtlich der Kürzung bzw. Teilablehnung und ihrer erkennbaren Verwaltungspraxis sachgerechte und vertretbare Gründe zugrunde. Die Klägerin ist dem nicht substantiiert entgegengetreten.
89
(dd) Etwas anderes folgt auch nicht aus der von der Klägerin vielfach in Bezug genommenen E-Mail der Beklagten vom 10. Juli 2018.
90
So behauptet nicht einmal die Klägerin, dass die Beklagte damit eine Zusicherung i.S.v. § 38 VwVfG abgegeben haben soll. Die Einordnung der E-Mail als Zusicherung scheitert u.a. daran, dass letztere nach § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG der schriftlichen Form bedarf. Eine einfache E-Mail erfüllt diese aber nicht (Schoch/Schneider/Schröder, 4. EL November 2023, VwVfG § 38 Rn. 40 mwN, beck-online).
91
Unabhängig von der rechtlichen Einkleidung ist aber schon nicht ersichtlich, dass die E-Mail vom 10. Juli 2018 einen relevanten Vertrauenstatbestand geschaffen hätte – weder als „Teilgenehmigung“ einer bestimmten Förderquote von 68,77%, als bindende Selbstverpflichtung zum Erlass eines künftigen Verwaltungsakts mit dieser Förderquote noch als verbindliche Kundgabe einer Mindest-Förderquote eines künftig zu erlassenden Verwaltungsakts.
92
Zwar mögen Teile unter bestimmten Umständen so ausgelegt werden können, dass die Förderquote erneut 68,77% betragen werde („nur zustimmen, wenn […] wieder bei einer Quote von anteilig 68,77% liegt“, s.o.). Allerdings können diese nicht isoliert von der gesamten Nachricht sowie den Begleitumständen betrachtet werden, unter denen sie verfasst wurde. So bezog sich die E-Mail vom 10. Juli 2018 ersichtlich auf den von der Klägerin am 29. Juni 2018 eingereichten und zur Genehmigung gestellten geänderten Finanzplan. Der Mitarbeiter erklärte, dem Änderungswunsch nicht entsprechen zu können. Er schilderte die Regelung aus Ziff. 2.1 AN-BestP und regte an, dass die Klägerin entsprechende Unterlagen einreichen möge.
93
Aus der Sicht eines objektiven Empfängers in der Lage der Klägerin ging die E-Mail in keiner Richtung mit einer Art Genehmigungstatbestand einher. Bei unbefangener Lektüre kann nicht auf einen entsprechenden Rechtsbindungswillen der Beklagten geschlossen werden. Ihr Mitarbeiter forderte nur bestimmte Unterlagen, um überhaupt die Genehmigungsfähigkeit prüfen zu können; damit traf er keine Aussage zur endgültigen Genehmigungsfähigkeit des Finanzplans.
94
Doch auch ein sonstiger zu einer Bindung der Beklagten führender Vertrauenstatbestand ist nicht erkennbar: Wie die Beklagte zutreffend vorträgt, wies schon der vorläufige Bescheid (Ziff. II Nr. 1 lit. b) darauf hin, dass die Mittelauszahlung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und vorbehaltlich der Ergebnisse des Verwendungsnachweisverfahrens erfolgt. Beinhaltet aber selbst der vorläufige Bewilligungsbescheid mit dem genehmigten Finanzplan keine endgültige Aussage über das dauerhafte Behaltendürfen einer Förderung, gilt dies auch für eine im Behördenverfahren im Vorfeld einer Genehmigung getroffene Aussage.
95
Abgesehen davon will sich die Klägerin auf eine Erklärung verlassen, deren Bedeutungsgehalt gerade nicht eindeutig ist. Die E-Mail vom 10. Juli 2018 ist keineswegs nur in eine Richtung zu verstehen. Ist dies aber der Fall, ist sie auszulegen; erscheint sie trotz Auslegung anhand des Kontextes perplex, vermag sie keinen Rechtsscheintatbestand zu schaffen. Verfehlt erscheint jedenfalls, sich eklektisch auf einen der möglichen Aussagegehalte verlassen und aus diesem eine vermeintlich günstige Rechtsfolge ableiten zu wollen.
96
Die E-Mail der Beklagten vom 10. Juli 2018 bezog sich auf den Antrag zur Änderung des Finanzplans, in dem die Klägerin eine neue AMIF-Förderquote von 72,61% berechnet hatte. Aus diesem Grund wies die Beklagte auf Nr. 2.1 ANBest-P hin. Sie schilderte dessen Bedeutung – wenn auch die Wiedergabe insofern verkürzt erscheint, als sie nur von der Reduzierung der Zuwendungen anderer Zuwendungsgeber und den eigenen und sonstigen Mitteln des Zuwendungsempfängers, nicht aber der Zuwendung selbst schrieb. Indem die Beklagte Nr. 2.1 ANBest-P und die anteilige Kürzung der Förderung adressierte, verdeutlichte sie im Kern, dass die von der Klägerin Erhöhung der AMIF-Förderquote nicht in Betracht kommt.
97
Auch, dass die Nachricht nicht als finale und förmliche Ablehnung der Genehmigung der Änderung formuliert und innerhalb weniger Tage nach dem postalischen Eingang des Änderungsantrages am 3. Juli 2018 erfolgt war, deutet an, dass die E-Mail vom 10. Juli 2018 als unabhängig von einer umfassenden Antragsprüfung erfolgter Hinweis darauf zu verstehen war, dass die Förderquote nicht steigen kann. Die Gesamtumstände verdeutlichen, dass die Beklagte den am 29. Juni 2018 vorgelegten Finanzplan nach oberflächlicher Durchsicht und allein wegen der Erhöhung der Förderquote zurückwies. Nicht zuletzt deshalb dürfte der Mitarbeiter der Beklagten in seiner Nachricht erklärt haben, „einer Änderung des Finanzplanes nur zustimmen, wenn die „EU-Zuwendung AMIF“ in einem reduzierten Finanzplan bei den Projekteinnahmen wieder bei einer Quote von anteilig 68,77% liegt“. Auf das Erfordernis einer teilweisen Umwidmung „erwarteter direkter Einnahmen aus dem Projekt“ konnte er bei einer ersten Durchsicht des eingereichten Änderungsantrags nicht eingehen, da die Klägerin beim Eigenanteil erneut 0,00 EUR eingetragen hatte – obwohl ihr Vertreter selbst eingeräumt hat, dass die Klägerin bei einer Reduktion der Projekteinnahmen das „Delta“ zu übernehmen habe.
98
Im Übrigen hat die Beklagte in der E-Mail vom 10. Juli 2018 erklärt, den Antrag nur zu akzeptieren, wenn die Quote bei 68,77% liegt. Als die Klägerin ihren Antrag geändert hatte, hat die Beklagte diesen akzeptiert, stieg in die Prüfung ein und erließ den Abschlussbescheid. Die Klägerin durfte in Kenntnis der E-Mail vom 10. Juli 2018 wohl kaum angenommen haben, dass keine dezidierte Prüfung der geänderten Finanzplanung erfolgen wird. War aber mit dieser Prüfung des vorgelegten geänderten Finanzplans zu rechnen, konnte schwerlich ein Vertrauen in eine bestimmte Förderquote entstehen. Jedenfalls liegt das von der Klägerin skizzierte Verständnis der E-Mail eher fern, so dass ihr etwaiges Vertrauen darauf nicht schutzwürdig ist.
99
ee. Die Beklagte konnte die zuvor mit Bescheid vom 25. November 2016 bewilligte Zuwendung ändern, ohne an die Voraussetzungen der §§ 48ff VwVfG gebunden zu sein. Der genannte Bescheid bewilligte die Zuwendung ausdrücklich nur vorläufig. Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin angesichts dieser Vorläufigkeit nicht berufen (vergleichbar: VG München, U.v. 31.3.2023 – M 31 K 22.3604 – juris Rn. 34 mit Verweis auf VG Bayreuth, GB v. 20.6.2022 – B 8 K 21.1024 – juris Rn. 64; im Übrigen: Stelkens/Bonk/Sachs/U. Stelkens, 10. Aufl. 2023, VwVfG § 35 Rn. 245 m.w.N). Ziel der vorläufigen Zuwendung ist nachgerade, dass die Behörde nicht ans Regime des VwVfG zur Aufhebung von Verwaltungsakten gebunden ist.
100
Der Regelungsgehalt vorläufiger Verwaltungsakte bzw. Bewilligungsbescheide ist insofern beschränkt, als sie keinen Grund für das endgültige Behaltendürfen einer Zuwendung bilden. Ob dieser Anspruch besteht, hängt vom Inhalt eines abschließenden Bewilligungsbescheids ab (BVerwG, U.v. 14.4.1983 – 3 C 8.82 – juris Rn. 33; U.v. 19.11.2009 – 3 C 7.09 – juris Rn. 14).
101
Das Vorliegen der Vorläufigkeit ist aus objektiver Empfängersicht auszulegen (§§ 133, 157 BGB analog). Insofern sind die Regelungen des ursprünglichen Bewilligungsbescheids in den Blick zu nehmen. Abzustellen ist dabei auf die Sicht des Adressaten zur Zeit des Erlasses des ursprünglichen Bewilligungsbescheides unter Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt bekannten oder jedenfalls erkennbaren Umstände (VG Düsseldorf, U.v. 16.8.2022 – 20 K 217/21 – juris Ls. 2). Das Gericht hat den Bewilligungsbescheid dahin zu erforschen, wie ihn der Adressat bei objektiver Auslegung unter Berücksichtigung bekannter oder erkennbarer Umstände verstehen musste (BVerwG, U.v. 23.1. 2019 – 10 C 5.17 – juris Rn. 25; BVerwG, U.v. 15.3.2017 – 10 C 1.16 – juris Rn. 14). Maßgeblich ist der im Bescheid geäußerte Wille der Erlassbehörde, wie er sich dem Adressaten aufgrund der Erklärung und den sonstigen Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben darstellt. Zu den genannten sonstigen Umständen rechnen dabei insbesondere die einer Bewilligung vorausgehenden Anträge, zugrundeliegende Rechtsvorschriften, aber auch die Förderrichtlinien, die Grundlage der Bewilligung gewesen sind. Der Erklärungsempfänger muss sich vergegenwärtigen, welchen Zweck der Erklärende verfolgt. Dabei muss die Vorläufigkeit – der Vorbehalt erst künftig endgültig zu entscheiden – aus dem Bescheid sowie den erkennbaren Umständen für einen objektiven Empfänger als die einzig sinnvolle Deutung erscheinen und sich dieses Verständnis dem objektiven Empfänger aufdrängen (OVG NRW, U.v. 17.3.2023 – 4 A 1986/22 – juris Rn. 140ff m.w.N.). Unklarheiten gehen zulasten der Behörde (statt aller: BVerwG, U.v. 11.2.1983 – 7 C 70.80 – juris, Rn. 15 f).
102
Vor diesem Hintergrund ist der gegenständliche Zuwendungsbescheid vom 25. November 2016 ersichtlich vorläufig ergangen. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers ergibt sich der nur vorläufige Charakter bereits aus dem Wortlaut des Bescheids: Unter anderem sprach er auf seiner S. 2 explizit davon, dass die Zuwendung nur vorläufig bewilligt wird. Schon damit implizierte er deutlich, dass erst später endgültig über den Förderantrag entschieden werde. Daneben verdeutlichte der Bescheid unter Ziff. II 1) lit. a) (S. 4), dass der Gesamtfinanzplan vorbehaltlich der Ergebnisse des Verwendungsnachweisverfahren vorläufig genehmigt wird. Die Auszahlung der Mittel erfolgt nach Ziff. II 1) lit. b) (S. 4) vorbehaltlich des Ergebnisses des Verwendungsnachweisverfahrens. Zudem bestimmte der Bescheid mit Blick auf die vorläufig bewilligten Personalausgaben unter Ziff. II Nr. 1 lit. c) (S. 5) explizit mehrere Vorbehalte zur Überprüfung.
103
Folglich verdeutlichte der Bescheid schon für sich betrachtet ausreichend klar, dass und inwieweit er als vorläufige Regelung anzusehen ist. Auch dem juristisch nicht gebildeten Adressaten muss im Fall ersichtlich nur vorläufiger Bewilligung klar sein, dass ihm die Zuwendung (noch) nicht vorbehaltlos und endgültig gewährt wird. Insofern vermitteln vorläufige Bescheide aus Empfängersicht kein schutzwürdiges Vertrauen, die betreffende Zuwendung tatsächlich in vorläufig bewilligter Höhe erhalten respektive Vorschusszahlungen dauerhaft behalten zu können.
104
Daneben ergibt sich die gewollte Vorläufigkeit kaum minder exponiert aus § 6 Abs. 6 der AMIFRichtlinie. Auch dieser stellt klar, dass die Zuwendung vorbehaltlich der Ergebnisse des Verwendungsnachweisverfahrens vorläufig bewilligt wird.
105
Im Ergebnis ist ausreichend deutlich zu erkennen bzw. damit zu rechnen, dass die Bewilligungsstelle die Fördervoraussetzungen womöglich nicht vollständig geprüft hat und erst nach Durchführung des Verwendungsnachweisverfahrens endgültig entscheiden wird. Es drängte sich aus objektivierter Empfängersicht regelrecht auf, dass die Beklagte die Zuwendung nur vorläufig zu gewähren beabsichtigte. Es war klar, dass die Beklagte erst später endgültig über die Gewährung der gegenständlichen Zuwendung entscheiden wird.
106
Nach der grundlegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 14.4.1983 – 3 C 8/82 –, BVerwGE 67, 99-104) kann der Vorläufigkeit begünstigender Verwaltungsakte unterschiedliche rechtliche Bedeutung beizumessen sein.
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So kann es sich um die Bewilligung einer Abschlagszahlung auf erst zukünftig zu bewilligende Beihilfen handeln (1). Es kann sich um einen Verwaltungsakt sui generis handeln („vorläufiger Verwaltungsakt“), durch den eine lediglich vorläufige Regelung getroffen worden ist (2). Es kann sich um die Bewilligung von Beihilfen mit einer einschränkenden Regelung des Inhalts handeln, dass die Bewilligung nicht endgültig, sondern unter dem Vorbehalt der endgültigen Entscheidung erfolgt (3). Es kann sich um die Bewilligung von Beihilfen unter dem Vorbehalt des Widerrufs bzw. der Rücknahme i.S.d. § 36 II Nr. 3 VwVfG handeln (4). Es kann aber auch eine Subventionsbewilligung unter der auflösenden Bedingung des Erlasses eines auf dem Ergebnis der künftigen Prüfung beruhenden neuen Verwaltungsakts i.S.d. § 36 II Nr. 2 VwVfG vorliegen (5).
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Hier handelt es sich nicht um die Gewährung einer Abschlagszahlung (1). So verdeutlicht der Bescheid, dass die Beklagte etwa anhand des genehmigten Finanzplans eine vorläufige Antragsprüfung durchgeführt hat. Ferner konnte die Vorläufigkeit hier nicht als Vorbehalt der Rücknahme aufgefasst werden (4). Wie ausgeführt, hat die Beklagte hier vorläufige Regelungen getroffen. Eine Bewilligung unter dem Vorbehalt der Rücknahme ist aber eine endgültige Entscheidung; als solche kann sie dem Vorbehalt entsprechend nur unter den Voraussetzungen der Rücknahme beseitigt werden. Weiter ist der Vorbehalt der endgültigen Entscheidung keine auflösende Bedingung (5). Eine Bedingung i.d.S. ist eine Bestimmung, nach der der Wegfall einer bewilligten Vergünstigung vom noch ungewissen Eintritt eines künftigen Ereignisses abhängt. Hier sollte die Klägerin die ihr vorläufig bewilligte Zuwendung nach der im Bescheid manifestierten Vorstellung der Beklagten aber nicht endgültig behalten, wenn die Verwendungsnachweisprüfung aufzeigen sollte, dass die Klägerin die bewilligten Mittel im Durchführungszeitraum nicht der vorläufigen Bewilligung entsprechend verwendet haben sollte. Das endgültige Behaltendürfen hing somit von einem zur Zeit der Verwendungsnachweisprüfung vergangenen Ereignis ab.
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Zur Konstellation der Änderung eines vorläufigen Bewilligungsbescheides passt nach Überzeugung der Kammer die Betrachtung des Bescheides als vorläufiger Verwaltungsakt sui generis (2) ebenso wie die Annahme, dass die Bewilligung inhaltlich mit dem Vorbehalt der späteren endgültigen Entscheidung beschränkt wurde (3). Dabei kann dahinstehen, ob (2) oder (3) den Vorzug verdient: Jedenfalls war der Bescheid vom 25. November 2015 ersichtlich als vorläufige, nicht endgültige Regelung konzipiert. Sein Regelungsgehalt lag in der nur vorläufigen Bewilligung der Zuwendung. Beide dogmatischen Erklärungsansätze verlangen einen späteren endgültigen Verwaltungsakt – wobei es angesichts dieser späteren Entscheidung über das endgültige Behaltendürfen keiner Aufhebung der unter Vorbehalt ergangenen Bewilligung bedarf.
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(b) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Weg über einen vorläufigen Bescheid gegangen ist, den sie mit dem Bescheid vom 6. März 2020 änderte.
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Insbesondere gab es mit dem Erfordernis des Verwendungsnachweisverfahrens einen sachlichen Grund für die nur vorläufige Bewilligung (zum Ganzen: BVerwG, U.v. 19.11.2009 – 3 C 7/09 – juris Ls. 1 = BVerwGE 135, 238-247). Der Bescheid vom 25. November 2016 genehmigte den vorzeitigen Maßnahmenbeginn. Gleichzeitig war das Förderprojekt … zur Zeit des Bescheiderlasses nicht abgeschlossen. Insofern stellte der Bescheid eine Art Prognoseentscheidung hinsichtlich der förderfähigen Aufwendungen dar. Angesichts dessen ist es frei von Beanstandung, wenn die Beklagte sich eine umfassende und endgültige Prüfung vorbehält. Zuletzt ist zu bedenken, dass die Beklagte als Prüfbehörde gewissermaßen treuhänderisch EUMittel verwaltet; somit spricht auch Art. 5 der Verordnung (EU) Nr. 514/2014 – der von der Beklagten so genannte Basisrechtsakt der Förderung – für die Zulässigkeit der Vorläufigkeit.
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(c) Fehlerhaft war im Übrigen nicht, dass der Beklagte die Zuwendungsgewährung in Gänze für vorläufig erklärt hat. Ähnlich wie der Vorbehalt der Nachprüfung im Steuerrecht (§ 164 AO) kann sich die Vorläufigkeit auf Teilaspekte des betreffenden Bescheides / Verwaltungsaktes beschränken. Ebenso kann sie sich aber auch auf den ersten Bescheid insgesamt beziehen (Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz 10. Auflage 2023, § 35 Rn. 245; BVerwG, U.v. 19.11.2009 – 3 C 7.09 – juris Rn. 17). Die Reichweite der Vorläufigkeit hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
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Vorliegend hat die Beklagte die gesamte Zuwendung vorläufig gewährt. Ferner hat sie die Gewährung unter den Vorbehalt der Ergebnisse des Verwendungsnachweisverfahrens sowie der Prüfung durch die Prüfbehörde gestellt. Dies war auch deutlich erkennbar. Rechtlich betrachtet ist dies nicht zu beanstanden – zumal im Bereich der Gewährung von Billigkeitsleistungen ohne Rechtsanspruch – Leistungsverwaltung auf Basis von Richtlinien (i.E. siehe oben).
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(d) Es entspricht dem Wesen vorläufiger Bescheide, dass sie noch keine endgültige Regelung enthalten. Steht der Bescheid insgesamt unter dem Vorbehalt der Nachprüfung in einem Verwendungsnachweisverfahren, kann die Behörde die vorläufige Gewährung uneingeschränkt überprüfen und abändern. Ohne Bedeutung ist dabei, weshalb es zur gegenläufigen endgültigen Entscheidung kam – in welcher Sphäre die Ursache der nunmehr abweichenden Entscheidung wurzelt. Entscheidend ist allein, dass die Klägerin als Empfänger des vorläufigen Bescheids kein schutzwürdiges Vertrauen ins Behaltendürfen einer gewährten Zuwendung bilden konnte.
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Dementsprechend konnte die Beklagte die vorläufige Bewilligung durch den Bescheid vom 9. März 2020 ändern und im Tenor die Zuwendung erstmals verbindlich festsetzen.
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b) Die Verpflichtung zur Erstattung der nach endgültiger Festsetzung einer Förderung i.H.v. 355.641,71 EUR im Bescheid vom 9. März 2020 i.H.v. 30.730,91 EUR rechtsgrundlos erlangten Zahlung folgt aus Art. 49a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG (analog).
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Der als vorläufige Regelung ergangene Bescheid vom 25. November 2016 verlor i.S.d. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG dadurch seine Regelungswirkung, dass er durch den Bescheid vom 9. März 2020 ersetzt wurde. Wird rückwirkend ein Verwaltungsakt durch einen anderen ersetzt, der die Zuwendung ablehnt, gelten die Erstattungsvorschriften des Art. 49a Abs. 1 und 3 BayVwVfG entsprechend (VG Bayreuth, GB v. 20.6.2022 – B 8 K 21.1024 – juris Rn. 69; VG München, U.v. 31.3.2023 – M 31 K 22.3604 –, juris Rn. 35; BayVGH, U.v. 10.11.2021 – 4 B 20.1961 – juris Rn. 18, 28; unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 11.5.2016 – 10 C 8/15 – juris Rn. 11; U.v. 19.11.2009 – 3 C 7/09 – juris Rn. 24).
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Dabei fordert der angegriffene Bescheid vom 9. März 2020 wie dargelegt einen Betrag von 30.730,91 EUR zurück. Diesen hat die Beklagte rechnerisch auch korrekt ermittelt: Es handelt sich um die Differenz zwischen der von der Klägerin nicht in Frage gestellten bereits erfolgten Auszahlung i.H.v. 386.372,62 EUR und der endgültig festgesetzten AMIF-Zuwendung i.H.v. 355.641,71 EUR.
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Nach alledem war die Klage abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht dabei auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt ihrerseits auf §§ 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. 708, 709 Sätze 1 und 2 ZPO.