Titel:
Erweiterte Gewerbeuntersagung, Unzuverlässigkeit, Nichterfüllung steuerlicher Zahlungsverpflichtungen, Nichterfüllung steuerlicher Erklärungsverpflichtungen, Eintragung im Schuldnerverzeichnis
Normenketten:
GewO § 35 Abs. 1 S. 1
GewO § 35 Abs. 1 S. 2
Schlagworte:
Erweiterte Gewerbeuntersagung, Unzuverlässigkeit, Nichterfüllung steuerlicher Zahlungsverpflichtungen, Nichterfüllung steuerlicher Erklärungsverpflichtungen, Eintragung im Schuldnerverzeichnis
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 18.09.2025 – 22 ZB 24.1532
Fundstelle:
BeckRS 2024, 50023
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorhe Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung.
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Zum 26. November 2018 zeigte der Kläger bei der Beklagten die Ausübung des Gewerbes „Wartung von Computern (gebraucht); Wartung von Computern (neu); Verkauf von Computern (neu); Wartung von Telefonen und/oder Mobiltelefonen und/oder Zubehör; An- und Verkauf von Computern (gebraucht)“ an.
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Das Finanzamt regte mit Schreiben an die Beklagte vom 17. März 2023 die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens an und teilte mit, der Kläger habe einen Steuerrückstand in Höhe von 60.660,81 Euro. Laut Mitteilung des Finanzamts habe sich der Steuerrückstand des Klägers zum 22. Juni 2023 auf 123.672,32 Euro erhöht. Eine Ratenzahlungsvereinbarung bestehe nicht. Auch habe der Kläger seine Umsatz- und Gewerbesteuererklärungen seit dem Veranlagungszeitraum 2017 sowie seine Umsatzsteuervoranmeldungen seit dem 1. Quartal 2022 nicht eingereicht. Die Stadtkasse der Landeshauptstadt M. teilte der Beklagten am 10. Mai 2023 mit, der Kläger habe einen Rückstand in Höhe von 2.363,03 Euro. Laut Mitteilung der Stadtkasse habe sich der Rückstand des Klägers zum 22. Juni 2023 auf 4.386,33 Euro erhöht. Eine Ratenzahlungsvereinbarung bestehe nicht. Nach den weiteren Ermittlungen der Beklagten bestanden hinsichtlich des Klägers am 28. März 2023 sechzehn Eintragungen und am 22. Juni 2023 22 Eintragungen im Schuldnerverzeichnis jeweils wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft.
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Mit Schreiben vom 17. Mai 2023 wurde der Kläger zu einer beabsichtigten erweiterten Gewerbeuntersagung angehört. Der Kläger teilte am ... Juni 2023 mit, er führe das Gewerbe fort. Die Industrie- und Handelskammer erhielt mit Schreiben vom 17. Mai 2023 ebenfalls Gelegenheit zur Stellungnahme. Einwände wurden nicht erhoben.
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Mit Bescheid vom 22. Juni 2023, zugestellt am 28. Juni 2023, untersagte die Beklagte dem Kläger die Ausübung des Gewerbes „Wartung von Computern (gebraucht); Wartung von Computern (neu); Verkauf von Computern (neu); Wartung von Telefonen und/oder Mobiltelefonen und/oder Zubehör; An- und Verkauf von Computern (gebraucht)“ als selbständigem Gewerbetreibenden im stehenden Gewerbe (Nummer 1). Zudem wurde dem Kläger die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter einer Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie die Ausübung jeglicher selbständigen gewerblichen Tätigkeit im stehenden Gewerbe untersagt (Nummer 2). Dem Kläger wurde aufgegeben, seine Tätigkeit spätestens zehn Tage nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Untersagungsverfügung einzustellen (Nummer 3), andernfalls wurde die Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht (Nummer 4). Die Kosten des Verwaltungsverfahrens in Höhe von 505,92 Euro wurden dem Kläger auferlegt (Nummer 5).
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Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger besitze nicht die zur selbständigen Ausübung seines Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit. Sein bisheriges Verhalten biete keine Gewähr für eine künftige ordnungsgemäße Ausübung seines Gewerbes. Die Unzuverlässigkeit des Klägers ergebe sich insbesondere aus dem Umstand, dass er seinen steuerlichen Zahlungs- und Erklärungsverpflichtungen nicht ordnungsgemäß nachkomme. Zudem befinde er sich, wie aus den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis ersichtlich, in ungeordneten Vermögensverhältnissen. Das Schutzinteresse der Allgemeinheit bedinge die Gewerbeuntersagung. Nach pflichtgemäßem Ermessen werde die Gewerbeuntersagung erweitert, da der Kläger gewerbeübergreifend unzuverlässig sei und ein Ausweichen auf anderweitige Gewerbetätigkeiten zu erwarten sei. Die Ausdehnung der Gewerbeuntersagung sei sachgerecht und geboten. Das Interesse des Klägers an der Ausübung einer von der Gewerbeuntersagung erfassten Tätigkeit habe hinter dem Schutzbedürfnis der Allgemeinheit zurückzutreten. Die Frist zur Einstellung der Tätigkeit sei angemessen. Die Androhung des unmittelbaren Zwangs erfolge nach Art. 29, 34 und 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz. Das weniger einschneidende Zwangsgeld verspreche im Hinblick auf die finanzielle Situation des Klägers keinen Erfolg.
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Mit Schreiben vom … Juli 2023, bei Gericht eingegangen am selben Tag, erhob der Kläger Klage und beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2023 aufzuheben.
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Zur Klagebegründung führt er aus, die Forderungen des Finanzamts und der Stadtkasse seien nicht korrekt, weil es sich hierbei um Schätzungen handele. Zudem zahle er jede Woche 500 Euro an den Vollstreckungsbeamten. Er habe bereits mehrmals den Steuerberater wechseln müssen, weil diese unzuverlässig gewesen seien. Die Umsatzsteuervoranmeldung für 2022 sei derzeit in Bearbeitung, die Umsatzsteuervoranmeldungen ab 2017 würden in den nächsten Monaten ans Finanzamt übermittelt. Hinsichtlich der Forderungen, die den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis zugrunde liegen, seien einige bereits bezahlt, für andere bestünden Ratenzahlungsvereinbarungen. Aufgrund der Corona-Pandemie habe er massive Probleme gehabt.
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Die Beklagte beantragt,
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Mit Beschluss vom 9. April 2024 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Das Gericht hat am 23. Juli 2024 zur Sache mündlich verhandelt.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 23. Juli 2024 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, insbesondere wurde sie innerhalb der Klagefrist von einem Monat gemäß § 74 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erhoben. Die Klage ist aber nicht begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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1. Rechtsgrundlage für die Untersagung des vom Kläger ausgeübten Gewerbes ist § 35 Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO). Danach ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebs beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist.
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a) Die Beklagte ist zu Recht von der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers ausgegangen.
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Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Gewerbetreibender unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Die Unzuverlässigkeit kann sich insbesondere aus der mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, dem Vorliegen von Steuerschulden, der Verletzung von steuerlichen Erklärungspflichten, dem Vorhandensein von Beitragsrückständen bei Sozialversicherungsträgern oder aus Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit der gewerblichen Betätigung ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 14 m.w.N.).
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Für die erforderliche Prognose zur Feststellung der Unzuverlässigkeit ist aus den bereits vorhandenen tatsächlichen Umständen auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten des Gewerbetreibenden zu schließen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zuverlässigkeit ist wegen der Möglichkeit der Wiedergestattung des Gewerbes nach § 35 Abs. 6 GewO der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Nachträgliche Veränderungen der Sachlage, wie eine Minderung von Verbindlichkeiten, bleiben außer Betracht (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 15 m.w.N.).
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Auf die Ursachen für entstandene Zahlungsrückstände und die Nichterfüllung von Erklärungspflichten kommt es nicht an, da sich die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit nach objektiven Kriterien bestimmt. Daher ist es grundsätzlich unerheblich, ob den Gewerbetreibenden hinsichtlich der Umstände, derentwegen ihm eine negative Prognose hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit seines künftigen gewerblichen Verhaltens ausgestellt werden muss, ein Verschuldensvorwurf trifft oder ihm „mildernde Umstände“ zur Seite stehen (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17.79 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 8.5.2015 – 22 C 15.760 – juris Rn. 20).
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Vielmehr muss im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Diese – durch die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung begründete – Erwartung ist der eigentliche Grund, den wirtschaftlich leistungsunfähigen Gewerbetreibenden als unzuverlässig zu bewerten (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 14; BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 146.80 – juris Rn. 15).
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Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 14 m.w.N.). Ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept setzt grundsätzlich voraus, dass mit den Gläubigern eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen und ein Tilgungsplan auch effektiv eingehalten wird (vgl. BayVGH, B.v. 8.7.2013 – 22 C 13.1163 – juris Rn. 10).
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Nach diesen Maßstäben rechtfertigt sich die negative Prognose hinsichtlich der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers aus den im Zeitpunkt des Bescheidserlasses vorliegenden Tatsachen. So hatte der Kläger bei Bescheidserlass erhebliche Steuerrückstände beim Finanzamt, ohne nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept zu arbeiten. Eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt bestand nicht. Eine solche hat der Kläger nach seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung zwar inzwischen beantragt, bislang wurde diese aber seitens des Finanzamts noch nicht bewilligt. Auch ist der Kläger seiner steuerlichen Erklärungspflicht nicht nachgekommen, indem er die Umsatz- und Gewerbesteuererklärungen seit dem Veranlagungszeitraum 2017 sowie die Umsatzsteuervoranmeldungen seit dem 1. Quartal 2022 nicht abgegeben hat.
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Unabhängig davon rechtfertigt sich die negative Prognose hinsichtlich der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers selbständig tragend aus dem Umstand, dass er im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses eine Vielzahl von Eintragungen im Schuldnerverzeichnis wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft hatte. Hieraus wird deutlich, dass der Kläger zur Erfüllung der ihm im Vollstreckungsverfahren obliegenden Pflicht, seinen Gläubigern den notwendigen Überblick über seine Vermögensverhältnisse zu verschaffen, freiwillig nicht bereit und daher nicht nur leistungsunfähig, sondern auch leistungsunwillig ist (vgl. BayVGH, B.v. 28.8.2013 – 22 ZB 13.1419 – juris).
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, die Steuerrückstände würden auf Schätzungen beruhen und sich nach Abgabe der Steuererklärungen wesentlich reduzieren. Steuerrückstände, die zur Annahme der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit führen können, sind solche nicht gezahlten Steuern, die der Steuerschuldner von Rechts wegen bereits hätte zahlen müssen. Die Steuern bedürfen, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der Festsetzung durch Steuerbescheid, § 155 Abgabenordnung (AO). Dies gilt auch für die Fälle, in denen die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 AO nicht exakt ermittelt, sondern geschätzt werden (vgl. BVerwG, B.v. 12.1.1996 – 1 B 177.95 – juris Rn. 5).
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Auch das Vorbringen des Klägers, die den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis zugrunde liegenden Forderungen seien teilweise bereits bezahlt und für die übrigen Forderungen bestünden Ratenzahlungsvereinbarungen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Wie sich aus den Unterlagen des Klägers, die in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen wurden, ergibt, wurden die Forderungen zum Teil erst nach Bescheidserlass getilgt. Auch die Ratenzahlungsanträge erfolgten erst nach Bescheidserlass. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zuverlässigkeit ist jedoch der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, so dass nachträgliche Veränderungen der Sachlage außer Betracht bleiben (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 15 m.w.N.).
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Soweit der Kläger ausführt, seine Steuerberater seien unzuverlässig gewesen und er habe aufgrund der Corona-Pandemie massive Probleme gehabt, vermag er damit ebenfalls nicht durchzudringen. Nach ständiger Rechtsprechung kommt es auf die Ursachen für entstandene Zahlungsrückstände oder gar auf ein Verschulden hierfür kommt es nicht an. Maßgeblich ist vielmehr, dass der Kläger trotz anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit seine selbständige gewerbliche Tätigkeit nicht aufgegeben hat, obwohl dies im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs von ihm erwartet werden musste (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 19.10.2021 – 22 ZB 21.1862 – juris Rn. 26).
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b) Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung des Gewerbes bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen zu untersagen. Ein Ermessensspielraum steht der zuständigen Behörde insoweit grundsätzlich nicht zu. In Anbetracht des erheblichen Steuerrückstandes sowie der zahlreichen Eintragungen im Schuldnerverzeichnis wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft war die Untersagung der Gewerbeausübung auch zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich.
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c) Die Gewerbeuntersagung ist nicht unverhältnismäßig. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen kann (vgl. BVerwG, B.v. 19.1.1994 – 1 B 5.94 – juris Rn. 8 m.w.N.). Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen extremen Ausnahmefalls sind im vorliegenden Fall, auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers, nicht ersichtlich.
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2. Rechtsgrundlage für die Erweiterung der Gewerbeuntersagung auf die Ausübung der Tätigkeit als Vertretungsberechtigter einer Gewerbetreibenden und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie auf die Ausübung jeglicher selbständigen Tätigkeit im stehenden Gewerbes ist § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO. Danach kann die Untersagung auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist.
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a) Die Beklagte hat aus überzeugenden Gründen eine gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit des Klägers angenommen.
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Eine gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit liegt vor, wenn der Gewerbetreibende Verpflichtungen verletzt, die für jeden Gewerbetreibenden gelten und nicht nur einen Bezug zu einer bestimmten gewerblichen Tätigkeit haben. Dies ist beispielsweise bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen der Fall (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 17; BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17.79 – juris Rn. 27).
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Indem der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses seinen steuerlichen Zahlungs- und Erklärungsverpflichtungen nicht nachgekommen ist und ausweislich der Eintragungen im Schuldnerverzeichnis in einer Vielzahl von Fällen die Vermögensauskunft nicht abgegeben hat, hat er Pflichten verletzt, die für jeden Gewerbetreibenden gelten. Dies rechtfertigt die Annahme, dass er ein entsprechendes Verhalten auch bei Ausübung eines anderen Gewerbes oder anderer gewerblicher Tätigkeiten an den Tag legen würde.
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b) Die Erstreckung der Gewerbeuntersagung auf andere gewerbliche Tätigkeiten ist auch erforderlich.
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Erforderlich ist die Erstreckung der Gewerbeuntersagung, wenn zu erwarten ist, dass der Gewerbetreibende auf entsprechende andere gewerbliche Tätigkeiten ausweichen wird. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 17 m.w.N.). Solche besonderen Umstände sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
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c) Ermessensfehler liegen nicht vor, § 114 Abs. 1 VwGO.
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Die Erweiterung der Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO steht im Ermessen der Behörde. Ist ein Gewerbetreibender in Bezug auf andere – nicht ausgeübte – gewerbliche Betätigungen unzuverlässig und ist die Untersagung auch hinsichtlich dieser Betätigungen erforderlich, so ist eine Ermessensentscheidung, die von der Möglichkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung Gebrauch macht, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht rechtswidrig, wenn der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden kann, die anderweitige Gewerbeausübung sei so wahrscheinlich, dass sich die Untersagung auch darauf erstrecken soll (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17.79 – juris Rn. 30). Eine Ermessenserwägung dieser Art lässt sich der angefochtenen Untersagungsverfügung entnehmen.
38
d) Die Erweiterung der Gewerbeuntersagung ist nicht unverhältnismäßig. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Ausschluss eines gewerbeübergreifend unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsverkehr auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in seiner Ausprägung durch Art. 12 Grundgesetz in Einklang steht. Sind die Voraussetzungen auch der erweiterten Gewerbeuntersagung erfüllt, kann die Untersagung grundsätzlich nicht hinsichtlich der Folgen unverhältnismäßig sein (vgl. BVerwG, B.v. 12.1.1993 – 1 B 1.93 – juris Rn. 5). Anhaltspunkte für das Vorliegen eines extremen Ausnahmefalls sind im vorliegenden Fall, auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers, nicht ersichtlich.
39
3. Hinsichtlich der Bemessung der Frist zur Einstellung der Gewerbeausübung und hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung bestehen keine rechtlichen Bedenken.
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Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.