Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 12.07.2024 – AN 16 K 23.1126, AN 16 K 23.1127, AN 16 K 23.1128
Titel:

Unfallfürsorge, Unfallausgleich, Heilverfahren, Anerkennung Körperschaden, fehlende Kausalität, wesentlich mitwirkende Ursache

Normenkette:
BeamtVG §§ 30, 31, 33, 34, 35
Schlagworte:
Unfallfürsorge, Unfallausgleich, Heilverfahren, Anerkennung Körperschaden, fehlende Kausalität, wesentlich mitwirkende Ursache
Fundstelle:
BeckRS 2024, 49861

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten der Verfahren.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.  

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt Unfallfürsorgeleistungen sowie die Anerkennung von „depressiver Episode/ depressiver Störung“ als weitere Folge von Dienstunfällen vom … 1996 und … 1999.
2
Der Kläger steht als Hauptlokführer im Dienst des Beklagten und ist der Deutschen Bahn AG zugewiesen. Seit … 1999 ist er betriebsdienstuntauglich und im Innendienst eingesetzt.
3
Laut Unfallanzeige vom 21. März 1996 überfuhr der Kläger am … 1996 während seiner Tätigkeit als Lokführer eine Person, die in Selbsttötungsabsicht unmittelbar vor den Zug gesprungen war. Mit Bescheid vom 28. März 1996 erkannte der Beklagte das Ereignis als Dienstunfall nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) mit dem Körperschaden „psychisch-traumatische Erlebnisreaktion“ an. Eine Behandlung auf Grund des Dienstunfalls fand am … 1996 statt.
4
Laut Unfallanzeige vom … 1999 erfasste der Kläger am … 1999 während seiner Tätigkeit als Lokführer mit dem von ihm geführten Zug erneut einen Suizidenten tödlich. Das Ereignis wurde vom Beklagten mit Bescheid vom 11. August 1999 als Dienstunfall nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG mit dem Körperschaden „psychisch-traumatische Erlebnisreaktion“ anerkannt.
5
Mit Unterschrift vom 23. April 1996 bestätigte der Kläger gegenüber dem Beklagten, dass auf Grund des Dienstunfalls vom … 1996 keine Unfallfolgen mehr vorlägen.
6
Laut Befundbericht des Betriebsarztes der Deutschen Bahn AG vom ... 1999 seien beim Kläger im Zeitpunkt der Nachuntersuchung am ... 1999 keine Dienstunfallfolgen mehr nachweisbar gewesen.
7
Mit Bescheid vom 2. September 1999 stellte der Beklagte fest, dass auf Grundlage der medizinischen Beurteilung des Betriebsarztes vom ... 1999 etwa noch bestehende Unfallfolgen die Erwerbsfähigkeit des Klägers um weniger als 25 v.H. mindern würden. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Unfallausgleich nach § 35 BeamtVG seien derzeit nicht erfüllt.
8
Im Rahmen eines klägerseitig gestellten Rehabilitationsantrags stellte die Bahnärztin … mit Gutachten vom 1. Oktober 1999 fest, dass beim Kläger eine unfallbedingte posttraumatische Belastungsstörung vorliege. Die Rehabilitationsmaßnahme wurde dem Kläger mit Bescheid vom 8. Oktober 1999 unfallbedingt genehmigt. Laut Entlassungsbericht vom 4. April 2000 (Aufenthalt vom 6.2.2000 bis 15.3.2000) bestünden beim Kläger keine wesentlichen Einschränkungen mehr. Seine zuletzt ausgeübte Innendiensttätigkeit könne der Kläger weiterhin ausüben. Es könne einer vollschichtigen Tätigkeit nachgegangen werden. Bei der Schlussuntersuchung habe der Kläger psychisch wie physisch regeneriert gewirkt.
9
Laut Arztbrief des Klinikums …, Klinik für Psychiatrie und psychosomatische Medizin, vom 2. Oktober 2000 habe sich der Kläger vom 28. Juni 2000 bis 19. September 2000 wegen der Diagnose „posttraumatische Belastungsreaktion“ in stationärer Behandlung befunden. Die initial geschilderte körperliche Beschwerdesymptomatik habe sich im medizinischen Verlauf der Behandlung zurückgebildet und sei zu Therapieende nicht mehr beklagt worden. Der medizinische Verlauf sei unkompliziert gewesen. Eine regelmäßige Medikation sei nicht erforderlich gewesen. Es hätten Arbeitserprobungsschritte in der Buchfahrplanerstellung stattgefunden, die der Patient trotz anfänglicher Ängste gut gemeistert habe. Nach diesen Schritten sei eine Exposition mit der traumatischen Situation durch Mitfahren im Führerstand unter Begleitung der Therapeutin möglich gewesen. Zum Ende der Therapie seien noch einmal ein Paargespräch und ein Gespräch mit den Eltern des Patienten nötig gewesen, um konkrete Schritte der Unterstützung, aber auch Grenzziehung zu besprechen, die es dem Patienten möglich gemacht hätten, positiv in seine berufliche und private Zukunft zu sehen.
10
Mit Schreiben vom 15. September 2021 beantragte der Kläger eine weitere stationäre Rehabilitationsmaßnahme. Er sei zuletzt vom 4. August 2021 bis 7. Oktober 2021 dienstunfähig gewesen. Laut ärztlichem Befundbericht zum Rehabilitationsantrag von Neurologin/Psychiaterin … bestehe eine reaktivierte posttraumatische Belastungsstörung auf Grund der früheren Dienstunfälle. Die Beschwerden bestünden in Angst, Panik und Flashbacks. Die Reaktivierung erfolge durch psychosozialen Stress. Auf Grund der psychischen Störungen sei der Kläger nicht dienstfähig. Es werde eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme mit dem Schwerpunkt Psychotherapie empfohlen.
11
Laut gutachterlicher Stellungnahme des ärztlichen Dienstes des Beklagten, Bahnarzt …, vom 29. September 2021 (Gutachten nach Aktenlage) werde zwar die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme mit psychosomatischer Ausrichtung auf Grund der Hauptdiagnose „psychosomatische Störung“ empfohlen, die Notwendigkeit sei aber nicht zweifelsfrei auf das Dienstunfallereignis 1999 zurückzuführen. Es habe offensichtlich 20 Jahre keine entsprechende Behandlung stattgefunden.
12
Mit Bescheid vom 14. Oktober 2021 lehnte der Beklagte die Kostenübernahme für die beantragte Rehabilitationsmaßnahme ab, da die Notwendigkeit nicht zweifelsfrei dienstunfallbedingt bestehe.
13
Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Laut beigefügter Stellungnahme von … vom 4. November 2021 liege die posttraumatische Belastungsstörung zweifelsfrei vor, was bislang auch Anerkennung gefunden habe, da der Kläger nicht mehr als Lokführer im Fahrdienst eingesetzt sei. Insoweit könne es nicht angehen, dem Geschädigten zwar eine Heilbehandlung wegen unfallunabhängiger Beschwerden vorzuschlagen, aber dadurch den Zusammenhang mit den beiden Arbeitsunfällen gewissermaßen löschen zu wollen. Der Bescheid wirke unlogisch, da gleichzeitig von einem Dienstunfall gesprochen werde. Richtig sei allerdings, dass es sich im vorliegenden Fall um psychoreaktive Störungen handle.
14
Auf die seitens des Beklagten eingeholten bzw. klägerseitig beigebrachten Behandlungsunterlagen und Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte u.a. von …, … sowie den Befundbericht der Psychotherapeutin … vom 16. Februar 2022 wird verwiesen.
15
Laut seitens des Beklagten eingeholter Stellungnahme des leitenden Arztes des ärztlichen Dienstes des Beklagten vom 4. Mai 2022 werde der Einschätzung … zugestimmt, wonach die psychosomatischen Beschwerden nicht eindeutig auf das Dienstunfallereignis zurückgeführt werden könnten. Die vorgelegten Arztberichte seien hier nicht aussagekräftig. Es werde die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens empfohlen.
16
Mit seitens des Beklagten eingeholtem neurologisch-psychiatrischen Fachgutachten vom 17. November 2022 (Untersuchungsdatum 5.10.2022) stellte der begutachtende Facharzt für Psychiatrie und Neurologie … fest, dass das erste Unfallereignis im Jahr 1996 vom Kläger ohne anhaltende psychische Probleme bewältigt werden habe können. Nach dem zweiten Vorfall am … 1999 habe sich jedoch zweifelsfrei eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt. In der Zeit nach der Behandlung in der Klinik für Psychiatrie und psychosomatische Medizin im Jahr 2000 sei es jedoch zu einer deutlichen Besserung gekommen. Die überdauernde Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung im Vollbild lasse sich danach nicht mehr nachvollziehen. In der Folge habe nur noch eine Teilsymptomatik bestanden. Diese habe sich vorzugsweise in einer Angstsymptomatik im Zusammenhang mit einer weiteren Tätigkeit als Lokführer manifestiert. Seine neue berufliche Tätigkeit habe der Kläger viele Jahre lang ohne wesentliche Beeinträchtigungen ausüben können. Hervorzuheben sei, dass ein erhebliches Vermeidungsverhalten im Zusammenhang mit der Thematik Eisenbahn, Zugfahrten etc. nicht bestanden habe. Der Kläger habe auch über ein aktives Sozialleben berichtet. Ein durch eine depressive Störung oder eine Angststörung hervorgerufenes Rückzugs- oder Vermeidungsverhalten lasse sich in der Zeit bis Mitte 2021 nicht nachvollziehen. Die damalige posttraumatische Belastungsstörung sei auf ein sehr niedriges Niveau remittiert, welches allenfalls einer leichten spezifischen Phobie im Sinne des Vermeidens einer Tätigkeit als Lokführer entspreche. Fraglich sei, ob dies einer psychischen Störung im engeren Sinne entspreche. Die durchaus berechtigte Sorge vor einem weiteren vergleichbaren Unfall könne nicht zwangsläufig als pathologische Angststörung beurteilt werden. Die Entscheidung, sich einer derartigen Gefahr nicht mehr auszusetzen und ein nochmaliges Ereignis dieser Art nur schwer bewältigen zu können, könne durchaus auch als rationale Entscheidung aufgefasst werden, die in psychischer Hinsicht gesund und vernünftig sei. Insofern sei durchaus fraglich, ob die von … vermutete Brückensymptomatik tatsächlich einer Symptomatik im Sinne einer psychischen Störung entspreche. Unzweifelhaft sei es im Sommer 2021 zu einer psychischen Dekompensation gekommen. Auf Grund der im Vordergrund stehenden depressiven Symptomatik mit Antriebsminderung, depressivem Rückzug, Insuffizienz- und Überforderungsgefühlen, Einschränkung der affektiven Schwingungsfähigkeit, einer Vernachlässigung von Interessen und Aktivitäten und einem damit verbundenen Rückzug sei vorherrschend die Diagnose einer depressiven Störung zu stellen. Die Analyse von …, dass in diesem Zusammenhang von einer Reaktivierung der früheren Traumafolgestörung bzw. posttraumatischen Belastungsstörung auszugehen sei und das damalige Trauma nicht ausreichend aufgearbeitet worden sei, sei bei kritischer Analyse der depressiven Entwicklung im Sommer 2021 und des anschließenden Verlaufs keinesfalls haltbar. Zum einen sei der Auslöser der Dekompensation keinesfalls ein vergleichbares Ereignis, sodass von einer Retraumatisierung im engeren Sinn ausgegangen werden könne. Auslöser der depressiven Entwicklung, der Überforderungsgefühle und der Ängste sei eindeutig eine aktuelle Überlastung im beruflichen und privaten Bereich gewesen. Diesbezüglich habe der Kläger bei der aktuellen Untersuchung sehr eindrucksvoll über die damalige Eskalation der beruflichen Anforderungen durch eine vermehrte Arbeitsbelastung und durchaus nachvollziehbare Überlastung berichtet. Der Kläger habe sehr gut nachvollziehbar über eine gestiegene Arbeitsintensität und einen gestiegenen Arbeitsumfang berichtet. Zusätzlich habe er ebenso eindrucksvoll über Überlastungen durch Bauarbeiten am eigenen Haus erzählt. Die Dekompensation sei somit keinesfalls mit vergleichbaren Situationen mit potenziellem Traumacharakter verbunden gewesen, sondern ausgelöst durch aktuelle Konflikte und psychosoziale Belastungen. Darüber hinaus sei die Entwicklung keinesfalls mit einer Reaktivierung schwerer Symptome der damaligen posttraumatischen Belastungsstörung bzw. häufig und spontan auftretenden Intrusionen und Flashback-Erinnerungen mit dissoziativem Charakter einhergegangen. Von diesen habe der Kläger bei der aktuellen Untersuchung keinesfalls berichtet, sondern vielmehr eindrucksvoll dysfunktionale Kognitionen im Bereich von Schlafstörungen im Zusammenhang mit Alltagsbelastungen beschrieben, in die selbstverständlich auch negative Bilanzierungen der Lebenssituation und der biografischen Entwicklung einging. Hierbei handle es sich um eine typische depressive Symptomatik. Das Fehlen einer erheblichen Reaktivierung damaliger Ereignisse zeige sich auch daran, dass der Kläger nach eigenen Angaben relativ problemlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln, d.h. der Benutzung der Eisenbahn, zur Untersuchung habe kommen können. Die Mobilisierung von Ängsten in diesem Zusammenhang sei keinesfalls nachvollziehbar. Therapeutische Maßnahmen müssten sich entsprechend an der Auf- und Bearbeitung aktueller Konflikte und Belastungen orientieren. Ein Rückbezug auf die traumatisierenden Inhalte, die damals durchaus adäquat behandelt worden seien, sei keinesfalls sinnvoll. Dies habe Gültigkeit, selbst wenn von einer überdauernden relevanten Symptomatik der damaligen posttraumatischen Belastungsstörung auszugehen wäre. Nach dem mittlerweile langen Zeitraum sei bzw. wäre von einer Verfestigung dieser Symptome auszugehen, die kaum noch korrigiert werden könnten. Eine sicherlich notwendige Behandlung des Klägers müsse sich störungsspezifisch am derzeitigen depressiven Symptom orientieren. Hierzu bedürfe es einer konsequenten antidepressiven Behandlung mit antidepressiv wirksamen Medikamenten sowie entsprechenden psychotherapeutischen Maßnahmen. Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass die seitens des Klägers angegebene Medikation in der Medikamentenspiegelkontrolle nicht nachweisbar gewesen sei. Auf Grund dieses Ergebnisses bestünden Zweifel an der regelmäßigen Einnahme. Diese Zweifel würden durch eine gewisse Vagheit der Schilderungen der Beschwerden und insbesondere der Alltagsaktivitäten, die bei der ausführlichen Anamneseerhebung aufgefallen sei, unterstützt. Im Ergebnis würden sich die Diagnosen „depressive Episode, mittelschwer ausgeprägt“ (F32.1) und „Restsymptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung“ (F43.1) stellen. Der Dienstunfall vom … 1999 sei an sich geeignet gewesen, eine posttraumatische Belastungsstörung, wie sie in der Folge aufgetreten sei, zu verursachen. Unfallfolgen in dieser Hinsicht hätten bis zur Beendigung der stationären Behandlung in der Klinik für Psychosomatik und psychotherapeutische Medizin des Klinikums … am 19. September 2000 vorgelegen. Diese hätten im Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung bestanden. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) 20 v.H. betragen. Im Anschluss daran sei es zu einer weitgehenden Remission bis auf eine geringe Restsymptomatik der posttraumatischen Belastungsstörung gekommen. Die Restsymptomatik habe in einem Vermeidungsverhalten bzw. einer sehr umschriebenen Phobie bezüglich der Tätigkeit als Lokführer bestanden. Die MdE sei in diesem Zeitraum auf unter 10 v.H. gesunken. In der Folge habe die geringe Restsymptomatik bis zum heutigen Tag weiterbestanden. Insofern lägen Unfallfolgen im Sinne belastender Erinnerungen in spezifischen Situationen, insbesondere beim Ausüben einer Tätigkeit als Lokführer, bis zum heutigen Tage vor. Diese seien jedoch nicht mehr behandlungsbedürftig bzw. auch nicht mehr behandelbar. Durch die am 15. September 2021 beantragte Rehabilitationsmaßnahme könne die Symptomatik nicht weiter verbessert werden. Insbesondere könne eine Rückkehr in eine Tätigkeit als Lokführer nicht mehr erreicht werden. Die am 15. September 2021 beantragte Rehabilitationsmaßnahme sei dienstunfallbedingt nicht notwendig. Eine jetzt vorhandene depressive Episode, die sich ab etwa August 2021 entwickelt habe, stehe nicht in Zusammenhang mit dem Dienstunfall. Die Beschwerden würden im Wesentlichen aus anderen Ursachen, insbesondere psychosozialen Akutalbelastungen, resultieren. Sie würden auch zu keinem MdE führen. Behandlungsbedürftigkeit bestehe außerhalb des Dienstunfalls, die Kosten seien von der zuständigen Krankenversicherung zu übernehmen.
17
Mit Schreiben vom 28. November 2022 stimmte der leitende Arzt des ärztlichen Dienstes des Beklagten dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten von … uneingeschränkt zu.
18
Mit Bescheid vom 12. Januar 2023 erkannte der Beklagte dem Kläger ergänzend zum Dienstunfallanerkennungsbescheid vom 11. August 1999 eine posttraumatische Belastungsstörung als weitere Folge des Dienstunfalls vom … 1999 zu. Diese habe im Vollbild bis zum 19. September 2000 bestanden. Seitdem bestehe nur noch eine geringe Restsymptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung in Form von Vermeidungsverhalten bzw. einer sehr umschriebenen Phobie bezüglich der Tätigkeit als Lokführer. Eine Behandlungsbedürftigkeit auf Grund der bestehenden Restsymptomatik der posttraumatischen Belastungsstörung bestehe seit dem 19. September 2000 nicht mehr. Heilbehandlungskosten gemäß § 33 BeamtVG könnten daher nicht übernommen werden. Die beim Kläger festgestellte depressive Episode/depressive Störung werde ausdrücklich nicht als Folge des Dienstunfalls anerkannt. Unfall-Fürsorgeleistungen könnten dafür nicht übernommen werden.
19
Mit Bescheid vom 13. Januar 2023 stellte der Beklagte fest, dass die Folgen des Dienstunfalls vom … 1999 nicht zu einer entschädigungspflichtigen Minderung der Erwerbsfähigkeit geführt hätten. Die Voraussetzungen für die Zahlung eines Unfallausgleichs nach § 35 BeamtVG seien nicht erfüllt. Nach dem fachärztlichen Gutachten von … vom 17. November 2022 habe die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers bis zum 19. September 2000 20 v.H. sowie ab dem 20. September 2000 unter 10 v.H. betragen und sei somit nicht entschädigungspflichtig (gewesen).
20
Gegen die Bescheide legte der Kläger jeweils Widerspruch ein.
21
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2023 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 12. Januar 2023 zurück. Es bestehe kein Anspruch auf Anerkennung einer „depressiven Episode, einer depressiven Störung bzw. einer Depression“ als Folge der Dienstunfälle vom … 1996 und … 1999 sowie kein Anspruch auf Kostenübernahme auf Grund der Dienstunfälle gemäß § 33 BeamtVG über den 19. September 2000 hinaus. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG sei ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzlich, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten sei. Zwischen dem Körperschaden, dem Ereignis und dem Dienst müsse ein ursächlicher Zusammenhang bestehen, damit ein Körperschaden als Dienstunfallfolge anerkannt werden könne. Kosten einer Heilbehandlung im Rahmen der Beamtenunfallfürsorge könnten nur dann übernommen bzw. erstattet werden, wenn sie zur Behebung oder Minderung der durch den Dienstunfall verursachten körperlichen Beschwerden notwendig gewesen seien. Mit Unterschrift vom 23. April 1996 habe der Kläger bestätigt, dass auf Grund des Dienstunfalls vom …1996 keine Unfallfolgen mehr vorlägen. Nach den Angaben im Reha-Entlassungsbericht vom 4. April 2000 sei der Kläger in Bezug auf den Dienstunfall vom … 1999 „psychisch wie physisch regeneriert“ gewesen. Die Entlassung sei dienstfähig erfolgt. Der Bahnarzt … habe in seinem Gutachten vom 29. September 2021 Zweifel geäußert, dass die klägerseits bestehenden psychischen Beschwerden auf die früher erlittenen Dienstunfälle zurückgeführt werden könnten. Auch werde auf den Inhalt des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von … vom 17. November 2022 verwiesen. Unfallfolgen lägen seit dem 19. September 2000 nur noch in Form von belastenden Erinnerungen in spezifischen Situationen, insbesondere beim Ausüben einer Tätigkeit als Lokführer vor. Demnach bestehe eine mittelschwer ausgeprägte depressive Episode auf Grund unfallunabhängiger beruflicher und privater Überlastung. Die Anerkennung einer depressiven Episode als Folge der Dienstunfälle vom … 1996 und … 1999 gemäß § 31 BeamtVG sei daher nicht mehr möglich. Die durch den Dienstunfall vom … 1999 eingetretene posttraumatische Belastungsstörung habe lediglich bis zum 19. September 2000 im Vollbild bestanden. Seit dem 20. September 2000 bestehe noch eine unfallbedingte Restsymptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung in Form von Vermeidungsverhalten bzw. einer sehr umschriebenen Phobie bezüglich der Tätigkeit als Lokführer, welche nicht behandlungsbedürftig sei.
22
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 2023 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 13. Januar 2023 zurück. Es bestehe kein Anspruch auf Zahlung eines Unfallausgleichs nach § 35 BeamtVG auf Grund der Dienstunfälle vom …1996 und … 1999, da die unfallbedingte MdE zu keinem Zeitpunkt mindestens 25 v.H. betragen habe. Nach § 35 Abs. 1 BeamtVG werde Unfallausgleich gewährt, wenn der Verletzte infolge des Dienstunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 v.H. gemindert sei. Gemäß § 35 Abs. 2 BeamtVG sei die MdE nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Auf das Gutachten von … vom 17. November 2022, das auch die Befundberichte der behandelnden Ärztin … und der Psychotherapeutin … berücksichtigt habe, werde verwiesen. Darüber hinaus seien keine Unterlagen vorgelegt worden, welche eine andere Sichtweise zulassen würden. Die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens sei daher nicht notwendig gewesen. Auf Grund des Vollbilds einer posttraumatischen Belastungsstörung infolge des Dienstunfalls vom … 1999 habe bis zum 19. September 2000 eine unfallbedingte MdE in Höhe von 20 v.H. bestanden. Ab dem 20. September 2000 habe die unfallbedingte MdE nach einer Remission der Unfallfolgen auf Grund des noch bestehenden Vermeidungsverhaltens bzw. einer sehr umschriebenen Phobie bezüglich der Tätigkeit als Lokführer bei unter 10 v.H. gelegen.
23
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 2023 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 14. Oktober 2021 zurück. Der Kläger habe auf Grund der Dienstunfälle vom … 1996 und … 1999 keinen Anspruch auf Kostenübernahme gemäß § 33 BeamtVG i.V.m. § 9 der Heilverfahrensverordnung (HeilVfV) für die beantragte Rehabilitationsmaßnahme. Nach § 33 BeamtVG i.V.m. der Heilverfahrensverordnung umfasse das für Dienstunfallfolgen erforderliche Heilverfahren die notwendige ärztliche Behandlung und die notwendige Versorgung mit Arzneimitteln. Gemäß § 9 HeilVfV könnten Kosten für eine stationäre Rehabilitationsbehandlung durch die Beamtenunfallfürsorge nur übernommen werden, wenn diese Maßnahme zur Behebung oder Minderung der durch einen Dienstunfall verursachten Beschwerden notwendig sei. Laut fachärztlichem Gutachten von … vom 17. November 2022 lägen als Unfallfolgen noch belastende Erinnerungen in spezifischen Situationen, insbesondere beim Ausüben einer Tätigkeit als Lokführer, vor, welche jedoch nicht mehr behandlungsbedürftig und auch nicht mehr behandelbar seien. Durch die Rehabilitationsmaßnahme könne die unfallbedingte Symptomatik nicht mehr verbessert werden. Die beantragte Rehabilitationsmaßnahme sei somit nicht zur Behebung oder Minderung der durch einen Dienstunfall verursachten Beschwerden notwendig, sondern auf Grund der unfallunabhängig vorliegenden depressiven Episoden.
24
Über seine Bevollmächtigte hat der Kläger am 1. Juni 2023 jeweils Klage erhoben. Beim ihm liege eine psychisch-traumatische Erlebnisreaktion in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung mit depressiven Episoden vor, deren Charakteristikum eine bis heute überdauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung sei. Die posttraumatische Belastungsstörung habe der Kläger infolge des zweimaligen unmittelbaren Bezeugens von erfolgreichen Suizidhandlungen im Jahre 1996 und 1999 erlitten, die ihn bis heute psychisch beeinträchtigen würden. Der Kläger habe diese beiden Erlebnisse nie überwunden und leide auch heute u.a. noch an Angstzuständen, Panikattacken sowie Schlafstörungen. Infolgedessen sei zusätzlich eine mittelschwer ausgeprägte Depression entstanden. Andere traumatische Erlebnisse, die eine posttraumatische Belastungsstörung oder die festgestellte Depression auslösen oder verstärken könnten, seien vorliegend nicht gegeben. Vielmehr sei die diagnostizierte psychische Beeinträchtigung des Klägers kausal allein auf die beiden Unfallereignisse, insbesondere auf das am … 1999, zurückzuführen. Dies sei dem Kläger von der behandelnden Nervenärztin und sozialmedizinischen Sachverständigen … mit Schreiben vom 4. November 2021 bestätigt worden. Darüber hinaus habe die den Kläger behandelnde Psychotherapeutin … festgestellt, dass der Kläger an einem nicht aufgearbeiteten und weiterhin für seinen schlechten psychischen Gesundheitszustand ursächlichen Trauma leide. Die beim Kläger infolge des Dienstunfalls eingetretenen und noch heute vorliegenden Unfallfolgen würden dazu führen, dass er seinen ursprünglichen Beruf nicht mehr ausüben könne, sodass die Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von mindestens 25 v.H. vorliegend indiziert sei. Der Kläger habe einen Anspruch auf Zahlung eines Unfallausgleichs im Sinne des § 35 BeamtVG. Darüber hinaus werde mit den behandelnden Ärzten davon ausgegangen, dass die posttraumatische Belastungsstörung weiterhin behandlungsbedürftig im Sinne des § 33 BeamtVG sei. Zudem liege eine zusätzliche akute Gesundheitsbeeinträchtigung in Form einer mittelgradig ausgeprägten Depression vor. Dem Kläger sei die beantragte stationäre Rehabilitationsmaßnahme/Heilkur zu bewilligen. Die erneute Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens werde angeregt.
25
Im Verfahren AN 16 K 23.1126 beantragt der Kläger zuletzt:
Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Unfallausgleich für die Dienstunfälle am … 1996 und am … 1999 zu gewähren.
26
Im Verfahren AN 16 K 23.1127 beantragt der Kläger zuletzt:
Der Beklagte wird verpflichtet, die erstattungsfähigen Aufwendungen für die am 15. September 2021 beantragte Rehabilitationsmaßnahme zu erstatten.
27
Im Verfahren AN 16 K 23.1128 beantragt der Kläger zuletzt:
Der Beklagte wird verpflichtet, „depressive Episode/ depressive Störung“ als weitere Folge der Dienstunfälle vom … 1996 und … 1999 anzuerkennen.
Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger auch über den 19. September 2000 hinaus die Übernahme von Heilbehandlungskosten zu bewilligen.
28
Der Beklagte beantragt jeweils
Klageabweisung
und bezieht sich zur Begründung auf die jeweiligen Widerspruchsbescheide. Das neurologisch-psychiatrische Facharztgutachten von … vom 17. November 2022 sei sachverständig, schlüssig und plausibel. Die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens sei daher nicht notwendig.
29
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, die elektronischen Behördenakten sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2024 verwiesen.

Entscheidungsgründe

30
Die zulässigen Klagen sind jeweils als unbegründet abzuweisen.
31
Der Kläger hat weder Anspruch auf Gewährung von Unfallausgleich für die Dienstunfälle am … 1996 und am … 1999 (im Folgenden: Ziffer 1.), noch auf Erstattung der erstattungsfähigen Aufwendungen für die am 15. September 2021 beantragte Rehabilitationsmaßnahme (im Folgenden: Ziffer 2.) oder auf Anerkennung von „depressive Episode/depressive Störung“ als weitere Folge der Dienstunfälle vom … 1996 und … 1999 und die Bewilligung der Übernahme von Heilbehandlungskosten über den 19. September 2000 hinaus (im Folgenden: Ziffer 3.). Die insoweit ablehnenden Bescheide des Beklagten in der Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
32
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Unfallausgleich für die am … 1996 und am … 1999 erlittenen Dienstunfälle.
33
Gemäß § 35 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) erhält der Verletzte, der infolge des Dienstunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 v.H. gemindert ist, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen einen Unfallausgleich in Höhe von 125 Prozent der Grundrente nach § 31 Abs. 1 bis 3 in Verbindung mit § 30 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) in der am 31. Dezember 2023 geltenden Fassung.
34
Die Gewährung dieser und auch der übrigen klägerseits begehrten Unfallfürsorgeleistungen setzt den mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erbrachten Nachweis voraus, dass der Dienstunfall eine wesentliche Teilursache, hier der Minderung der Erwerbsfähigkeit, bzw. der Aufwendung (vgl. Ziffer 2.), des Körperschadens oder der Heilbehandlungskosten (vgl. Ziffer 3.) darstellt (vgl. BVerwG, B.v. 4.4.2011 – 2 B 7.10 – juris Rn. 7). Das Bundesverwaltungsgericht hat diesbzgl. die „Theorie der wesentlich mitwirkenden Ursache“ entwickelt.
35
Diese hat die Funktion, im Sinne einer sachgerechten Risikoverteilung dem Dienstherrn die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit oder die nach der Lebenserfahrung auf sie zurückführbaren, für den Schaden wesentlichen Risiken aufzubürden, hingegen diejenigen Risiken, die sich aus persönlichen, von der Norm abweichenden Anlagen oder aus anderen als dienstlich gesetzten Gründen ergeben, bei dem Beamten zu belassen. Danach besteht ein Ursachenzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Körperschaden nicht mehr, wenn für diesen eine weitere Bedingung ausschlaggebende Bedeutung hatte. (Mit) ursächlich sind deshalb nur solche für den eingetretenen Schaden kausalen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Keine die Anerkennung als Dienstunfall rechtfertigende Ursache sind sogenannte Gelegenheitsursachen, d.h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also etwa die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkung bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zu demselben Erfolg geführt hätte (vgl. statt vieler: BVerwG, B.v. 8.3.2004 – 2 B 54.03 – juris Rn. 7 ff.). Die Darlegungs- bzw. Beweislast liegt hinsichtlich des Kausal- und Zurechnungszusammenhangs beim Beamten (vgl. BVerwG, U.v. 15.9.1994 – 2 C 24.92 – juris Rn. 17; U.v. 28. April 2011 – 2 C 55.09 – juris Rn. 12). Im Falle der Nichterweislichkeit der Kausalität („non liquet“) trägt der Beamte die materielle Beweislast für das Vorliegen einer auf dem Dienstunfall beruhenden Gesundheitsbeeinträchtigung (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2011 – 2 C 55.09 – juris Ls. 1 und Rn. 12 ff.; insgesamt zum Vorstehenden: vgl. OVG RhPf, U.v. 6.2.2024 – 2 A 10925/23.OVG – juris Rn. 43 m.w.N.).
36
Gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Erwerbsfähigkeit ist in diesem Zusammenhang als eine Kompetenz zu verstehen, sich unter Nutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich dem Verletzten abstrakt im gesamten Bereich des Erwerbslebens bieten, einen Erwerb zu verschaffen (vgl. Tz. 35.1.1.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Beamtenversorgungsgesetz – BeamtVGVwV – vom 3.1.2023). Irrelevant sind dabei die individuellen Verhältnisse, also die persönlichen Kenntnisse oder die geistigen, körperlichen, psychischen und sozialen Fähigkeiten. Auch ist nicht auf den bisherigen Beruf oder die bisherige konkrete Tätigkeit oder das wahrgenommene Amt abzustellen (vgl. § 30 Abs. 2 BVG, § 44 BBG). Denn die Bewertung nach allgemeinen und gleichen Kriterien führt bei gleichartigen Bedingungen in Bezug auf den bleibenden Körperschaden zu einer Gleichbehandlung der Verletzten ohne Rücksicht auf das Amt im abstrakten Sinn oder andere die Alimentation beeinflussende Merkmale. Im Ergebnis sollen gleiche Funktionsbeeinträchtigungen bei allen Verletzten zu einem Unfallausgleich in gleicher Höhe führen (vgl. Weinbrenner in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsgesetz des Bundes und der Länder, § 35 BeamtVG, Rn. 49). Der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist aufgrund eines ärztlichen Gutachtens festzustellen, das die zuständige Behörde in Auftrag gibt (vgl. dazu auch BVerwG, B.v. 25.2.2013 – 2 B 57.12 – juris Rn. 4; U.v. 21.9.2000 – 2 C 27.99 – juris Rn. 25).
37
Die Voraussetzungen für die Gewährung von Unfallausgleich gemäß § 35 BeamtVG sind vorliegend nicht gegeben.
38
Der Anspruch scheitert jedoch nicht daran, dass der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 2. September 1999 festgestellt hat, dass auf Grundlage der medizinischen Beurteilung des Betriebsarztes vom ... 1999 etwa noch bestehende Unfallfolgen die Erwerbsfähigkeit des Klägers um weniger als 25 v.H. mindern würden und die Voraussetzungen für die Gewährung von Unfallausgleich nach § 35 BeamtVG derzeit nicht erfüllt seien.
39
Zwar gelten diese Feststellungen zweifelsohne für diesen Zeitpunkt, sie schließen jedoch nicht grundsätzlich aus, dass auf Grund damals noch nicht absehbarer Entwicklungen später noch weitere Unfallfolgen auftreten können. Durch die Feststellungen entsteht insoweit eine gewisse Indizwirkung, die jedoch im Lichte (späterer) ärztlicher Stellungnahmen zu interpretieren ist. Gleiches gilt hinsichtlich der Tatsache, dass der Kläger mit Unterschrift vom 23. April 1996 bestätigt hat, dass auf Grund des Dienstunfalls vom … 1996 keine Unfallfolgen mehr vorlägen, und, dass laut Befundbericht des Betriebsarztes der Deutschen Bahn AG vom ... 1999 beim Kläger im Zeitpunkt der Nachuntersuchung am 31. August 1999 keine Dienstunfallfolgen mehr nachweisbar gewesen seien.
40
Vorliegend scheitert die Gewährung von Unfallausgleich vornehmlich daran, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers auf Grund der Dienstunfälle vom … 1996 und … 1999 laut gutachterlicher Feststellungen zu keinem Zeitpunkt – insbesondere nicht über die erforderlichen sechs Monate hinweg – mindestens 25 v.H. betragen hat.
41
Laut Gutachten von … vom 17. November 2022 betrug der Grad der Erwerbsminderung des Klägers auf Grund des Dienstunfalls vom … 1999 bis zur Beendigung der stationären Behandlung in der Klinik für Psychiatrie und psychosomatische Medizin des Klinikums … am 19. September 2000 20 v.H. . Im Anschluss daran sei es zu einer weitgehenden Remission bis auf eine geringe Restsymptomatik der posttraumatischen Belastungsstörung gekommen. Der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit sei in diesem Zeitraum auf unter 10 v.H. gesunken. Dies hat der Kläger vorliegend nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Auch die klägerseits vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen enthalten keine Aussagen zum Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers. Aus der Behördenakte ergibt sich zudem, dass der Kläger nach der stationären Behandlung in der Klinik für Klinik für Psychiatrie und psychosomatische Medizin des Klinikums … am 19. September 2000 wieder in den beruflichen Alltag eingestiegen ist und eine Tätigkeit im Innendienst der DB Vertrieb bis zum Jahr 2021 erkennbar ohne Probleme verrichten konnte. Nicht entscheidend dabei ist, dass der Kläger (insoweit unstreitig) seit den Dienstunfällen betriebsdienstuntauglich ist und seine Tätigkeit als Lokführer nicht mehr ausüben kann, da nach der Definition von „Erwerbsfähigkeit“ auf die Fähigkeit, allgemein am Erwerbsleben teilzunehmen abzustellen ist und es auf den bisherigen Beruf oder die bisherige konkrete Tätigkeit nicht ankommt.
42
Sofern der Kläger wegen der aktuellen Erkrankung an einer „depressiven Episode/depressiven Störung“ seit sechs Monaten zu mindestens 25 v.H. in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert sein sollte, beruht dieser Zustand nicht auf den Dienstunfällen vom … 1996 und … 1999. Diese waren nicht kausal für den Körperschaden „depressive Episode/depressive Störung“ und eine etwaige daraus resultierende Erwerbsminderung iSd § 35 BeamtVG.
43
Das Gericht folgt insoweit den zutreffenden Feststellungen des seitens des Beklagten eingeholten Gutachtens von … vom 17. November 2022 und macht sich diese zu eigen. Laut den gutachterlichen Feststellungen, die der Gutachter nach einer Untersuchung des Klägers und ausführlicher Anamnese getroffen hat, resultiert die beim Kläger vorliegende depressive Episode mittelschwerer Ausprägung (F32.1) nicht aus den Dienstunfällen vom … 1996 und … 1999, sondern aus aktuellen Belastungen des Klägers im beruflichen und privaten Bereich. Diesbezüglich habe der Kläger bei der aktuellen Untersuchung sehr eindrucksvoll über die damalige Eskalation der beruflichen Anforderungen durch eine vermehrte Arbeitsbelastung und durchaus nachvollziehbare Überlastung berichtet. Der Kläger habe sehr gut nachvollziehbar über eine gestiegene Arbeitsintensität und einen gestiegenen Arbeitsumfang berichtet. Zusätzlich habe er ebenso eindrucksvoll über Überlastungen durch Bauarbeiten am eigenen Haus erzählt. Zwar habe beim Kläger auf Grund des zweiten Dienstunfalls am … 1999 in der Folge eine posttraumatische Belastungsstörung vorgelegen. Diese habe sich in der Zeit nach der Behandlung in der Klinik für Psychiatrie und Psychosomatische Medizin jedoch deutlich verbessert. Eine überdauernde Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung im Vollbild habe sich danach nicht mehr nachvollziehen lassen. Insbesondere sei es zu einer deutlichen Verbesserung der Angstsymptomatik mit nahezu vollständiger Remission der damals aufgetretenen Panikattacken gekommen. Insofern habe in der Folge nur noch eine Teilsymptomatik der vorherigen posttraumatischen Belastungsstörung bestanden, die sich vorzugsweise in einer Angstsymptomatik im Zusammenhang mit einer weiteren Tätigkeit als Lokführer manifestiert habe. Diese sei jedoch nicht mehr behandlungsbedürftig bzw. auch nicht mehr behandelbar. Durch die am 19. September 2021 beantragte Rehabilitationsmaßnahme könne die Symptomatik nicht weiter verbessert werden. Insbesondere sei eine Rückkehr in eine Tätigkeit als Lokführer nicht mehr zu erreichen.
44
Vor diesem Hintergrund sei die Einschätzung von …, die in diesem Zusammenhang von einer Reaktivierung der früheren Traumafolgestörung bzw. posttraumatischen Belastungsstörung ausgehe und mehrfach die Auffassung geäußert habe, dass das damalige Trauma nicht ausreichend aufgearbeitet worden sei, keinesfalls haltbar. Zum einen sei der Auslöser der psychischen Dekompensation beim Kläger keinesfalls ein vergleichbares Ereignis gewesen, sodass von einer Retraumatisierung im engeren Sinn ausgegangen werden könne. Zum anderen sei es zu keiner Reaktivierung schwerer Symptome der damaligen posttraumatischen Belastungsstörung gekommen. Von solchen habe der Kläger bei der aktuellen Untersuchung keinesfalls berichtet. Vielmehr handle es sich bei der geschilderten Symptomatik um eine typische depressive Symptomatik. Dementsprechend müssten sich auch therapeutische Maßnahmen an der Auf- und Bearbeitung aktueller Konflikte und Belastungen orientieren. Ein Rückbezug auf die traumatisierenden Inhalte, die damals durchaus adäquat behandelt worden seien, sei keinesfalls sinnvoll.
45
Die Einholung eines weiteren Gutachtens wurde in der mündlichen Verhandlung weder beantragt (insoweit lediglich schriftliche Beweisanregung), noch hätte sich dem Gericht die Notwendigkeit hierzu aufdrängen müssen (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, B.v. 29.5.2009 – 2 B 3.09 – juris Rn. 7 ff.; B.v. 30.6.2010 – 2 B 72.09 – juris Rn. 5 ff.; B.v. 25.2.2013 – 2 B 57.12 – juris Rn. 5 ff.). Das Gericht hatte keinerlei Anlass, die gutachterlichen Feststellungen von … in Zweifel zu ziehen. Auch klägerseitig wurde nichts vorgetragen, was die getroffenen Feststellungen erschüttert hätte. Auch Bedenken hinsichtlich der Sachlichkeit oder Unparteilichkeit des Gutachters bestehen nicht. Die Begutachtung basiert auf zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen, ist inhaltlich widerspruchsfrei und weist keine fachlichen Mängel auf. Insbesondere hat der Gutachter auch zu den vorliegenden abweichenden ärztlichen Feststellungen Stellung bezogen und diese ausgewertet.
46
Bei einem medizinischen Gutachten muss der Auftraggeber dem Gutachter sämtliche Anknüpfungstatsachen, insbesondere Berichte über den Unfallhergang, Krankenunterlagen oder Stellungnahmen der behandelnden Ärzte, übermitteln und ihn anhalten, sich mit diesen fachkundigen Stellungnahmen auseinanderzusetzen. Weicht der Sachverständige von einer solchen Stellungnahme ab, so muss er im Gutachten auf diese fachkundige Äußerung eingehen und den Grund für sein abweichendes Ergebnis nachvollziehbar darlegen. Andernfalls ist das Gutachten unvollständig und deshalb fehlerhaft (vgl. BVerwG, B.v. 30.6.2010 – 2 B 72.09 – juris Rn. 6).
47
Dies ist vorliegend der Fall. … hat seinem Fachgutachten sämtliche vorhandenen ärztlichen Unterlagen zugrunde gelegt (vgl. S. 2 ff. „I. Aktenlage“), den Kläger untersucht und insbesondere auch zu den Feststellungen von … vom 4. November 2021 und 16. September 2021, die von seiner eigenen Einschätzung abweichende Beurteilungen enthalten, Stellung bezogen und sein abweichendes Urteil nachvollziehbar dargetan (siehe S. 21/22 des Gutachtens). Laut der seitens des Klägers beigebrachten ärztlichen Unterlagen, vgl. vor allem ärztliche Stellungnahmen von … vom 4. November 2021 und 16. September 2021, bestehe beim Kläger eine reaktivierte posttraumatische Belastungsstörung als gesundheitliche Folge des Dienstunfalls vom … 1999, wegen der ein Heilverfahren angestrebt werde. Die Analyse von …, dass in diesem Zusammenhang von einer Reaktivierung der früheren Traumafolgestörung bzw. posttraumatischen Belastungsstörung auszugehen und das damalige Trauma nicht ausreichend aufgearbeitet worden sei, sei laut … bei kritischer Analyse der depressiven Entwicklung im Sommer 2021 und des anschließenden Verlaufs keinesfalls haltbar. Zum einen sei der Auslöser der Dekompensation kein vergleichbares Ereignis, sodass von einer Retraumatisierung im engeren Sinn ausgegangen werden könne. Zum anderen sei die Entwicklung keinesfalls mit einer Reaktivierung schwerer Symptome der damaligen posttraumatischen Belastungsstörung bzw. häufig und spontan auftretenden Intrusionen und Flashback-Erinnerungen mit dissoziativem Charakter einhergegangen.
48
Das Gericht hält diese Ausführungen für überzeugend und nachvollziehbar. Auch klägerseitig wurde diesen Feststellungen nichts Substantiiertes entgegengebracht. Das Gericht ist auch nicht davon überzeugt, dass zwischen der Genesung des Klägers im Jahr 2000 und der 2021 festgestellten „depressiven Episode/depressiven Störung“ eine Brückensymptomatik beim Kläger bestanden habe. Die wenigen ärztlichen Aussagen, die in diese Richtung gedeutet werden könnten, vgl. S. 101 d. Behördenakte, Eintrag v. 19. Mai 2015: „Beratung wegen posttraumatischer Belastungsstörung, hat deswegen zuhause teilweise viele Sachen liegen gelassen“, und Entlassungsbericht der Klinik …, Fachklinik für Herz- und Gefäßkrankheiten vom 7. September 2016: „Patient sei seit den Suiziden im Innendienst eingesetzt, berichte über noch gelegentlich auftretende Unruhegefühle“, reichen hierfür nicht im Ansatz aus, zumal diese Befunde auch dem begutachtenden Arzt … bekannt waren und von diesem bewertet wurden. Nach seiner Analyse sei bereits fraglich, ob die von … vermutete Brückensymptomatik überhaupt einer Symptomatik im Sinne einer psychischen Störung entspreche.
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Warum das Gutachten von … keine ausreichende Grundlage für die Bestimmung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit und weitere entscheidungserhebliche Fragen im Zusammenhang der begehrten Unfallfürsorgeleistungen darstellen sollte, ist ebenfalls nicht dargetan. Eigene gutachterliche Feststellungen zum Grad der Erwerbsminderung und der Kausalität zu den Dienstunfällen fehlen in den klägerseitig beigebrachten ärztlichen Stellungnahmen. Den Beweis dafür, dass der Körperschaden der „depressiven Episode/depressiven Störung“ durch die Dienstunfälle verursacht wurde und der Kläger dadurch zudem länger als sechs Monate um mindestens 25 v.H. in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert war bzw. ist, konnte der Kläger damit nicht im Ansatz erbringen.
50
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der erstattungsfähigen Aufwendungen für die am 15. September 2021 beantragte Rehabilitationsmaßnahme.
51
Gemäß § 30 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, §§ 33, 34 BeamtVG i.V.m. § 9 der Verordnung über die Durchführung von Heilverfahren nach § 33 BeamtVG (Heilverfahrensverordnung – HeilVfV) umfasst die Unfallsorge, die einem Beamten zusteht, der durch einen Dienstunfall verletzt wird, auch Heilverfahren im Sinne des § 33 Abs. 1 BeamtVG, § 9 HeilVfV. Gemäß § 9 HeilVfV sind die dienstunfallbedingten Aufwendungen u.a. für Krankenhausbehandlungen und ärztlich verordnete Rehabilitationsmaßnahmen erstattungsfähig. Die Anspruchsberechtigten müssen einen Dienstunfall im Sinne des § 31, § 31a BeamtVG erlitten haben. Den Umfang und die Durchführung des Heilverfahrens regelt die nach § 33 Abs. 5 BeamtVG erlassene Heilverfahrensverordnung. Gemäß § 2 Abs. 1, 2 HeilVfV hat eine durch einen Dienstunfall verletzte Person Anspruch auf Durchführung eines Heilverfahrens mit dem Ziel, die Folgen des Dienstunfalls zu beseitigen oder zu lindern und eine möglichst rasche Rehabilitation zu erreichen. Der Anspruch auf Durchführung des Heilverfahrens wird dadurch erfüllt, dass der verletzten Person die wirtschaftlich angemessenen Aufwendungen für notwendige Maßnahmen des Heilverfahrens erstattet werden, soweit nicht der Dienstherr das Heilverfahren selbst durchführt.
52
Die Unfallfürsorge in der Form des Heilverfahrens soll den verletzten oder erkrankten Beamten von Aufwendungen freistellen, die durch die Verletzung oder die als Dienstunfall geltende Erkrankung verursacht werden (vgl. VGH BW, U.v. 16.4.1991 – 4 S 885.90 – juris Rn. 19).
53
Bei der seitens des Klägers am 15. September 2021 beantragten weiteren stationären Rehabilitationsmaßnahme handelt es sich um keine Aufwendung, die durch die Dienstunfälle vom … 1996 und … 1999 verursacht wurde. Die Rehabilitationsmaßnahme ist nicht notwendig, um dienstunfallbedingte Erkrankungen beim Kläger zu behandeln und etwaige Folgen der Dienstunfälle zu beseitigen oder zu lindern. Das Gericht folgt insoweit den überzeugenden Feststellungen des seitens des Beklagten eingeholten Gutachtens von … vom 17. November 2022, wonach die bei ihm vorliegende depressive Episode mittelschwerer Ausprägung (F32.1) nicht aus den Dienstunfällen vom … 1996 und … 1999 resultiere, sondern aus aktuellen Belastungen des Klägers im beruflichen und privaten Bereich. Durch die Rehabilitationsmaßnahme könne die bestehende unfallbedingte Restsymptomatik der posttraumatischen Belastungsstörung nicht mehr verbessert werden. Sie sei erfolgreich therapiert worden, nicht mehr behandlungsbedürftig und auch nicht mehr behandelbar. Die beantragte Rehabilitationsmaßnahme sei somit nicht zur Behebung oder Minderung der durch einen Dienstunfall verursachten Beschwerden notwendig, sondern auf Grund der unfallunabhängig vorliegenden depressiven Episoden.
54
Auf die Ausführungen unter Ziffer 1. wird im Übrigen verwiesen.
55
Den Beweis dafür, dass die beantragten Aufwendungen für die Rehabilitationsmaßnahme mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch die Dienstunfälle verursacht wurden, konnte der Kläger damit nicht erbringen.
56
3. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, „depressive Episode/depressive Störung“ als weitere Folge der Dienstunfälle vom … 1996 und … 1999 anzuerkennen (im Folgenden unter a)). Ein Anspruch darauf, dass über den 19. September 2000 hinaus Heilbehandlungskosten seitens des Beklagten übernommen werden, besteht ebenfalls nicht (im Folgenden unter b)).
57
a) Zwar stellen die Vorfälle vom … 1996 und … 1999 zweifelsohne Dienstunfälle im Sinne des § 31 Abs. 1 BeamtVG dar – vgl. insoweit auch Anerkennungsbescheide des Beklagten –, allerdings handelt es sich bei dem beantragten Körperschaden der „depressiven Episode/depressiven Störung“ um keinen Körperschaden, der durch die Dienstunfälle verursacht wurde. Ein Zurechnungszusammenhang besteht insoweit nicht.
58
Ein Dienstunfall ist gemäß § 31 Abs. 1 BeamtVG ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung des Dienstes eingetreten ist. Das Merkmal „einen Körperschaden verursachendes Ereignis“ setzt einen mehrfachen Zurechnungszusammenhang zwischen dem Dienst, dem Ereignis und dem Körperschaden voraus. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt bei mehreren Ursachen, die zu einem Unfall adäquat kausal geführt haben, die Theorie der wesentlich mitwirkenden Ursache (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.2019 – 2 A 6.18 – juris Rn. 17 ff., siehe hierzu bereits oben).
59
Vorliegend ereigneten sich die Vorfälle am … 1996 und … 1999 zweifelsohne bei Ausübung des Dienstes des Klägers als Lokführer, allerdings fehlt es an dem Zurechnungszusammenhang zwischen der Ausübung des Dienstes und dem beantragten Körperschaden „depressive Episode/depressive Störung“. Dieser Körperschaden wurde nicht durch die Dienstunfälle, sondern durch aktuelle Überlastungen des Klägers im beruflichen und privaten Bereich ausgelöst (vgl. insoweit die Ausführungen vorstehend unter Ziffer 1.).
60
b) Ein Anspruch des Klägers auf Übernahme von Heilbehandlungskosten über den 19. September 2000 hinaus besteht in der Folge ebenfalls nicht. Die durch die Dienstunfälle ausgelöste posttraumatische Belastungsstörung beim Kläger bestand über den 19. September 2000 hinaus laut Gutachten von … vom 17. November 2022 nur insoweit, als beim Kläger eine Angstsymptomatik im Zusammenhang mit einer weiteren Tätigkeit als Lokführer bestanden habe („geringe Restsymptomatik“). Die posttraumatische Belastungsstörung sei durch die erfolgreiche Behandlung des Klägers in der Klinik für Psychiatrie und psychosomatische Medizin des Klinikums … im Jahr 2000 auf ein sehr niedriges Niveau remittiert, welches allenfalls einer leichten spezifischen Phobie im Sinne des Vermeidens einer Tätigkeit als Lokführer entspreche. Etwaige Heilbehandlungskosten, die ab dem 19. September 2000 beim Kläger angefallen sind bzw. anfallen, stehen damit in keinem Zusammenhang mehr mit den Dienstunfällen vom … 1996 und … 1999. Auf die vorstehenden Ausführungen wird im Übrigen verwiesen. Da der Anspruch eindeutig materiell-rechtlich nicht gegeben ist, kann dahinstehen, ob der Kläger auf die pauschal ohne weitere Eingrenzung beanspruchte Übernahme von Heilbehandlungskosten über den 19. September 2000 überhaupt einen Anspruch gehabt hätte (so jedoch wohl auch, allerdings ohne nähere Begründung: VG Würzburg, U.v. 9.12.2014 – W 1 K 14.249 – juris).
61
4. Die Klagen waren damit als unbegründet abzuweisen. Als unterlegene Partei trägt der Kläger gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11 Alt. 2 ZPO.