Titel:
Erfolglose Klage gegen die Versagung einer Baugenehmigung für die Sanierung eines Gartenhauses und eine Rückbauverpflichtung
Normenketten:
BauGB § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, Nr. 3
BayBO Art. 6, Art. 68
BauRegVO § 3
BayBO Art. 76 S. 1
Leitsatz:
Unter Instandhaltungsarbeiten sind bauliche Maßnahmen zu verstehen, die der Erhaltung der Gebrauchsfähigkeit und der baulichen Substanz einer Anlage dienen, ohne deren Identität zu verändern. Mit ihnen können einzelne Bauteile ausgebessert oder ausgetauscht werden, um die durch Abnutzung, Alterung oder Witterungseinflüsse entstandenen baulichen Mängel zu beseitigen, wenn hinsichtlich Konstruktion, Standsicherheit, Bausubstanz und äußerem Erscheinungsbild keine wesentliche Änderung erfolgt. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abriss und Wiederaufbau eines Gartenhauses im Außenbereich und, Landschaftsschutzgebiet;, Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 Satz1 Nr. 2 und 3 BauGB;, zulässigerweise errichtetes Gebäude;, Beseitigungsanordnung;, Zwangsgeld, Abriss und Wiederaufbau eines Gartenhauses im Außenbereich und Landschaftsschutzgebiet, Teilprivilegierung, Beseitigungsanordnung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 4972
Tenor
1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Kläger trägen die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Kläger wenden sich gegen die mit Bescheid vom 26. April 2023 versagte Baugenehmigung für die Sanierung und den Wiederaufbau eines Gartenhauses mit Laube auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, die für sofort vollziehbar erklärte Rückbauverpflichtung sowie ein festgesetztes Zwangsgeld.
2
Die Kläger sind Eigentümer der Grundstücke FlNrn. … und … der Gemarkung … (im Folgenden wird auf die Angabe der Gemarkung verzichtet; alle genannten Flurnummern liegen innerhalb der Gemarkung …). Der qualifizierte Bebauungsplan Nr. … vom 6. April 1978 erfasst das Grundstück FlNr. …, nicht aber das Grundstück FlNr. … Der östliche Teil des Grundstücks FlNr. … sowie das Grundstück FlNr. … liegen im Landschaftsschutzgebiet „…“ (...).
3
Auf dem Grundstück FlNr. … (...) befindet sich ein von den Klägern bewohntes Wohnhaus, das wohl aufgrund der Baugenehmigung … vom 18. Mai 1954 errichtet wurde. An der östlichen Grundstücksgrenze schließt sich das Weihergrundstück FlNr. … an, das sich großflächig nach Südosten erstreckt. Ein im nordwestlichen Bereich des Grundstücks FlNr. … befindliches Gebäude wurde nach einem Überflutungsschaden im Jahr 2013 im Frühjahr 2021 fast vollständig beseitigt. Anschließend wurde mit der Neuerrichtung eines Ersatzgebäudes begonnen. Die (neue) bauliche Anlage weist eine Grundfläche von 64 qm mit einer (gegenüber der ursprünglichen Bodenplatte) um durchschnittlich 15 cm erhöhten bzw. aufgedoppelten Grundplatte aus Beton auf.
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Daraufhin ging am 19. April 2021 bei der Beklagten eine Nachbarbeschwerde über die Bautätigkeiten auf dem Grundstück ein. Im Rahmen einer daraufhin erfolgten Baukontrolle wurde festgestellt, dass auf dem Grundstück FlNr. … ungenehmigte Bauausführungen stattfinden. Hierzu führte der Kläger zu 1) mit Email vom 22. April 2021 aus, dass vor ca. fünf bis acht Jahren die Notwendigkeit der Sanierung des Gartenhauses beim Bauamt angezeigt worden sei. Man habe die Auskunft erhalten, dass das Gartenhaus Bestandsschutz habe. Die Fläche des Gartenhauses sei mit 64 qm unverändert. Es sei vom vorherigen Besitzer über längere Zeit bewohnt worden. Im größeren Bauteil mit Satteldach sei der Nassbereich und Wohnbereich mit Parkett und Ofen gewesen. Es habe fünf Fenster und eine Eingangstür im Erdgeschoss und je ein Fenster in den Giebeln gegeben. Im kleineren Bauteil mit Pultdach sei der Wintergarten mit Rundumverglasung auf einem ca. 60 bis 70 cm hohen Sockel gewesen. Es sei beabsichtigt, die Terrassenfläche zu vergrößern und die bestehende Brücke über den Weiherzugang mit Steintreppe wieder einzubinden. Der Schornsteinkopf sei abgetragen worden und ein neuer sei nicht vorgesehen. Im Rahmen der Sanierung werde die Versetzung von Fenstern und Türen vorgesehen. Das Satteldach werde wieder mit Ziegelsteinen gedeckt. Das Pultdach sei mit Blech verkleidet gewesen. Hier werde eine für heutige Verhältnisse standardmäßige Abdichtung mit einer Bitumenschweißbahn vorgesehen.
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Der Kläger zu 1) legte einen Auszug aus einem notariellen Kaufvertrag vom 31. Dezember 2005 vor, in dem das Gartenhaus auf dem Flurstück erwähnt wird, eine Flurkarte, auf der das Gebäude eingezeichnet ist, vier Fotos des Neubaus vom 22. April 2021 sowie einen dreiseitigen Erhebungsbogen der Beklagten vom 25. April 2014, in dem das Gartenhaus mit einer Fläche von 64 qm angegeben ist.
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Die Beklagte teilte dem Kläger zu 1) mit Email vom 14. Mai 2021 mit, dass nach ersten Einschätzungen die baulichen Maßnahmen über eine Sanierung bzw. Instandsetzung hinausgingen, weil die bauliche Anlage bis auf die Grundplatte abgetragen und neu errichtet werde. Es handele sich wohl um einen kompletten Neubau, der baurechtlich so behandelt werde. Die bauliche Anlage befinde sich außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans … vom 6. April 1978 und demnach im Außenbereich und in einem nach Flächennutzungsplan festgesetzten Landschaftsschutzgebiet, welches bedeutend für den Arten- und Biotopschutz sei. Bauordnungsrechtlich seien baulichen Anlagen nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1a bis zu 75 m3, außer im Außenbereich, verfahrensfrei. Demnach bedürfe die bauliche Anlage eines Bauantrages, der bisher nicht vorliege. Ob eine Baugenehmigung nachträglich erteilt werden könne, sei noch abschließend unter Beteiligung der Fachämter zu klären. Bis zu einer abschließenden Auskunft sollten die Bauarbeiten ruhen.
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Im Folgenden übersandten die Kläger einen Grundriss des geplanten Gartenhauses, Fotos zum Zustand des abgerissenen Gebäudes und Ausführungen zum Sanierungsgrund.
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Auf Nachfrage der Beklagten teilten die Kläger mit Email vom 26. Mai 2021 mit, dass für das zu sanierende Gebäude eine Heizung nicht geplant sei. Geplant sei jedoch eine Notfalltoilette sowie eine Dusche. In der Behördenakte finden sich zwei Lagepläne vom 20. Juli 1955 bzw. 15. April 1957, in denen das streitgegenständliche Gebäude auf dem nunmehr als FlNr. … bezeichneten Grundstück enthalten ist.
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Am 21. Dezember 2021 ging bei der Beklagten der Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Sanierung und den Wiederaufbau eines Gartenhauses mit Laube nach Hochwasserschaden ein.
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In einem internen Vermerk kommt die Bauverwaltung der Beklagten zu dem Ergebnis, dass das Bauvorhaben bereits in früheren Zeiten einer Baugenehmigung bedurft habe. Ein entsprechender Nachweis habe vom Antragsteller nicht vorgelegt werden können. Da der Tatbestand für ein damals genehmigungsfreies Bauvorhaben ebenfalls nicht vorgelegen habe, handele es sich um einen Schwarzbau im Außenbereich, der offensichtlich über Jahre hinweg geduldet worden sei. Mit dem Abbruch des alten Gebäudes sei der Bestandsschutz und die Duldung untergegangen. Die früher selbständige Gemeinde … sei erst 1972 als Ortsteil bei der Beklagten eingemeindet worden. Es habe sich damit um eine Gemeinde „auf dem Lande“ im Sinne der damaligen Bauordnungen gehandelt. Zum Zeitpunkt der vermuteten Errichtung des beseitigten Gebäudes um ca. 1900 habe es kein bundeseinheitliches Bauplanungsrecht gegeben. Da der Tatbestand des § 6 Abs. 2b der Bauordnungen 1890, 1901 und 1910 nicht einschlägig sei, sei das ursprüngliche Gebäude gemäß § 6 Abs. 1 baugenehmigungspflichtig gewesen.
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Im Nachgang zu einer internen Ämterabstimmung am 17. März 2022 wurde eine naturschutzfachliche Stellungnahme angefordert. Aus der naturschutzfachlichen Stellungnahme vom 20. Mai 2022 ergibt sich, dass sich das Gebäude im Landschaftsschutzgebiet „…“ befindet. Bauliche Anlagen bedürften der Erlaubnis nach § 3 der Landschaftsschutzverordnung – LSG –, die gegebenenfalls in eine andere erforderliche Gestattung eingehe. Der Vergleich der dem Bauaufsichtsamt vorliegenden Bilder mit dem Luftbild von 2020 zeige eine deutliche Vergrößerung der betonierten Bodenplatte nach Nordost sowie die Entfernung von dort ehemals wachsenden Gehölzen. Hierfür sei keine nach § 3 Abs. 1 Nr. 8 LSG-VO erforderliche Erlaubnis erteilt. Darüber hinaus seien gemäß § 2 Abs. 1 LSG-VO alle Handlungen und Veränderungen verboten, die dazu geeignet seien, das Landschaftsbild zu verunstalten und den Naturgenuss und Erholungswert der Landschaft zu beeinträchtigen. Eine land-, forst- oder fischereiwirtschaftliche Nutzungsabsicht sei nicht gegeben. Im Hinblick auf § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB sei die Wirkung des Vorhabens auf das Landschaftsbild nach Südost auf Grund der Größe und Lage erheblich. Der Weg über die Weiherdämme im Osten sei bei Erholungssuchenden eine beliebte Wegeverbindung zwischen dem Waldgebiet der … und dem … Das Gebäude stehe sehr dominant in der Landschaft. Nach Norden werde diese Wirkung aufgrund des Gehölzriegels entlang des … zumindest im belaubten Zustand reduziert. Eine Eingrünung zur Reduzierung der Auswirkungen auf das Landschaftsbild in der erforderlichen Höhe nach Südosten hin sei auf Grund der Diskrepanz zwischen Platzbedarf für eine solche Bepflanzung und dem tatsächlich vorhandenen Platz auf dem Weiherdamm nicht möglich. Auch eine zurückgenommene Gestaltung der Außenfassade mit Holzverschalung reduziere die Auswirkungen auf das Landschaftsbild nur aus der Ferne. Eine rundum verglaste Laube sei an diesem Standort dazu geeignet, das signifikante Lebensrisiko für Vögel zu erhöhen und stehe damit im Widerspruch zum Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Hierfür sprächen auch die von den Klägern zur Verfügung gestellten Fotos des ehemaligen Hauses, auf denen aufgeklebte Vogelsilhouetten auf den Fenstern der ehemaligen Laube zu erkennen seien. Dies lasse vermuten, dass es hier bereits in der Vergangenheit Probleme mit Vogelanprall gegen die Glasflächen gegeben habe. Da Vogelsilhouetten nachweislich keinen Vogelanprall verhinderten, seien sie nicht geeignet, das Tötungsrisiko zu reduzieren. Erschwerend komme hinzu, dass nordöstlich in ca. 100 m Luftlinie das Europäische Vogelschutzgebiet „…“ beginne. Dies erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass auch seltene Vogelarten unter den Opfern sein könnten. Hier müssten wirksame Maßnahmen, wie reflexionsreduzierte Glasscheiben oder ein flächiges Bekleben sämtlicher Glasscheiben mit auf ihre Wirkung geprüften Musterklebefolien in Kombination mit hellen Vorhängen oder Jalousien im Inneren, die bei Nichtnutzung des Gebäudes jederzeit zugezogen sein müssten, ergriffen werden. Da jedoch die Auswirkungen auf das Landschaftsbild nicht durch sinnvolle Auflagen minimiert werden könnten und das Gebäude dazu geeignet sei, das Landschaftsbild und den Erholungswert der Landschaft negativ zu beeinflussen, könne aus naturschutzfachlicher Sicht keine Erlaubnis nach Landschaftsschutzverordnung für das beantragte Vorhaben erteilt werden. Das Gebäude sei samt Bodenplatte und Terrasse zurückzubauen und die freiwerdende Fläche unter Verwendung von gebietsheimischen Gehölzen und Saatgut naturnah wiederherzustellen. Da sich die Freizeitanlage in der freien Natur befinde, sei gemäß § 40 Abs. 1 Satz 4 Nr. 4 BNatSchG nur noch die Ausbringung von gebietsheimischen Saatgut und Gehölzen zulässig. Falls noch nicht geschehen, solle die Klärgrube überprüft und gegebenenfalls auch hier der Rückbau angeordnet werden, da deren Betrieb seit 2015 nicht mehr zulässig sei.
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Mit Email vom 24. Juni 2022 übermittelte der Bevollmächtigte der Kläger eine Baugenehmigung Nr. … vom 26. März 1946. Er führte aus, dass mit dieser Baugenehmigung zwei Projekte genehmigt worden seien: Die „Erstellung eines Fachwerkbaus“ (Projekt 1) und die „Erstellung eines Kamins“ in einem bereits bestehenden Gebäude (Projekt 2). Bei dem Projekt 1 handele es sich um die erstmalige Errichtung des jetzigen Haupthauses der Kläger (* …*). Das Projekt 2 betreffe den nachträglichen Einbau eines Kamins in das seinerzeit bzw. im März 1946 bereits bestehende streitgegenständliche Wohngebäude (mittlerweile irreführend als Gartenhaus bezeichnet). Aus der baurechtlichen Genehmigung des Kamins in diesem bereits bestehenden Gebäude folge zwingend, dass das bereits zuvor ohne Kamin errichtete Gebäude baurechtlich genehmigt sein müsse, da die Erstellung des Kamins andernfalls unter keinen Umständen hätte genehmigt werden können. Die Chronologie stelle sich damit entgegen der bisherigen Annahme wie folgt dar: Zunächst sei das streitgegenständliche Gartenhaus als Wohngebäude genehmigt worden. Diese Genehmigung sei verschollen und auch in den Unterlagen des Staatsarchivs nicht mehr auffindbar. Zu diesem Zeitpunkt sei das streitgegenständliche Gartenhaus das einzige Wohngebäude auf dem gesamten Anwesen gewesen. Das jetzige Gebäude … habe noch nicht existiert. Im März 1946 sei dann die Errichtung des Gebäudes … als Projekt 1 und der Einbau eines Kamins in das streitgegenständliche Gartenhaus als Projekt 2 genehmigt worden. Auf dem Anwesen hätten sich seitdem zwei Wohngebäude befunden. Bei dem streitgegenständlichen Gartenhaus handele es sich daher nicht um einen Schwarzbau, sondern tatsächlich um ein zulässigerweise errichtetes Wohngebäude, so dass die jetzt beantragte Baumaßnahme gemäß § 35 Abs. 4 Nr. 2 BauGB genehmigungsfähig sei.
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Im Folgenden reichten die Kläger einen Lageplan von 1957 und eine Forstbezirkskarte von 1956 ein, in welchen die Abmessungen des Gartenhauses hinterlegt seien, wie sie auch der Bauantrag umfasse.
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Daraufhin kam die Beklagte intern zu dem Ergebnis, dass durch die Genehmigung des Kamins davon auszugehen sei, dass es sich um ein genehmigtes Vorhaben im Außenbereich handele. Allerdings gehe aus den vorliegenden Unterlagen eine genehmigte Erweiterung nicht hervor mit der Folge, dass eine Neuerrichtung mit geringfügigen Erweiterungen und Modernisierungen in der damals genehmigten Kubatur (Genehmigung 1946) zulässig wäre. Eine Erweiterung auf die Größe, die vor dem Abriss vorhanden gewesen sei, sei schwierig. Anhand der vorgelegten Baupläne vom März 1946 errechnete die Beklagte für das Bestandsgebäude 1946 eine Grundfläche von ca. 24,75 qm (5,50 m x 4,5 m), eine Traufhöhe von ca. 3,10 m und eine Firsthöhe von ca. 4,30 m.
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Mit Schreiben vom 29. August 2022 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass eine positive Entscheidung über den eingereichten Bauantrag nicht möglich sei. Das Bauvorhaben liege bauplanungsrechtlich im Außenbereich, so dass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 35 BauGB richte. Das Gartenhaus mit Laube stelle kein privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB dar. Sonstige Vorhaben könnten im Einzelfall gemäß § 35 Abs. 2 BauGB zugelassen werden, wenn ihre Ausführung und Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtige und die Erschließung gesichert sei. Die bauliche Anlage sei genehmigungspflichtig, da ein Ausschlusstatbestand nicht gegeben sei. Das Vorhaben sei insbesondere nicht nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1a BayBO verfahrensfrei, da es sich im Außenbereich befinde.
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Nach Feststellung des Bauaufsichtsamtes sei mit der Errichtung des Gartenhauses mit Laube bereits vor der Beantragung der Baugenehmigung begonnen worden. Der Wiederaufbau erfolge auf Grund eines Hochwasserschadens am vormaligen Gebäude. Das Bauvorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig, da es den Darstellungen des Flächennutzungsplans der Stadt … widerspreche. Das betreffende Grundstück liege im Landschaftsschutzgebiet „…“ und werde als Fläche mit besonderer Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz festgesetzt. Auf Grund der Lage des Baugrundstücks im Landschaftsschutzgebiet beeinträchtige das Vorhaben die natürliche Eigenart der Landschaft. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Dieser Belang stehe dem Wiederaufbau des Gartenhauses mit Laube nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB entgegen. Bei einer Neuerrichtung seien nur geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig. Das geplante Vorhaben sei auf Grund seiner Größe (Grundfläche 64,12 qm, Bruttorauminhalt 202 m3) nicht außenbereichsverträglich und genehmigungsfähig. Die am 18. Juli 2022 eingereichten Lageplanausschnitte vom 25. November 1957 und der Forstbezirkskarte aus dem Jahr 1956 bildeten einen Grundriss für eine bauliche Anlage mit Anbau ab, in denen der Ist-Zustand erfasst sei. Anhand dieser Unterlagen könne nicht festgestellt werden, ob hierfür eine Baugenehmigung erteilt worden sei. Es könne nur eine Genehmigung vom 26. März 1946 für einen Kamineinbau nachgewiesen werden. Somit könne eine Genehmigung als Gebäude nur in den von 1946 vorliegenden Dimensionen erteilt werden. Anhand der vorgelegten Unterlagen könne die Größe des ursprünglichen Gebäudes abgeleitet werden, welches den Raum für das wieder zu errichtende Ersatzgebäude vorgebe. Hieraus ergäben sich eine Grundfläche von ca. 24,75 qm (5,50 m x 4,50 m), eine Traufhöhe von ca. 3,10 m und eine Firsthöhe von ca. 4,30 m. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass die Bauaufsichtsbehörde, falls Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet würden, die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlage anordnen könnte, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden könnten, Art. 76 Satz 1 i.V.m. Art. 55 Abs. 2 BayBO. Es werde Gelegenheit zur Stellungnahme bzw. zur Antragsrücknahme gegeben.
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Der Bevollmächtigte der Kläger entgegnete mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2022, dass das Vorhaben gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB genehmigungsfähig sei. Der Wiederaufbau erfolge auf Grund eines Hochwasserschadens am vormaligen Gebäude. Damit handele es sich vorliegend um die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignis oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle. Zu berücksichtigen sei dabei, dass sich die Folgen des Naturereignisses erst später gezeigt hätten. Erst im Jahr 2019 sei klar gewesen, dass das Gebäude als Folge dieses Naturereignisses einsturzgefährdet sei und neu errichtet werden müsse. Auf Grund der Corona-Pandemie sei es zu zeitlichen Verzögerungen gekommen. Darüber hinaus sei das Bauvorhaben auch gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB genehmigungsfähig. Denn vorliegend handele es sich um die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle, wobei das vorhandene Gebäude zulässigerweise errichtet worden sei, Mängel aufweise, seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt werde und Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt werde.
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In den Fällen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 BauGB seien gemäß § 35 Abs. 4 Satz 3 BauGB geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig. Diese Voraussetzungen würden erfüllt.
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Für das streitgegenständliche Wohngebäude befänden sich keine Unterlagen im Stadtarchiv … Es fänden sich jedoch zwei Baugenehmigungen bezüglich des von den Klägern bewohnten Haupthauses: Zum einen gebe es die Baugenehmigung … vom 18. Mai 1954 für das heutige Hauptwohnhaus auf dem Flurstück … (Bauherr …) an der Stelle, wo 1946 mit der Baugenehmigung … der Bau der Waschküche mit Bienenhaus genehmigt worden sei. Zum anderen die Baugenehmigung … vom 12. Mai 1977 für einen Tennisplatz auf dem Flurstück … Da die Errichtung des Hauptwohnhauses damit vollumfänglich genehmigt worden sei, könnten weitere das Grundstück betreffende Genehmigungen nicht das Hauptwohnhaus der Kläger, sondern nur das streitgegenständliche Wohngebäude betreffen. Im Bauverzeichnis der Gemeinde … seien bezüglich des streitgegenständliches Wohngebäudes zwei Baugenehmigungen vermerkt: Zum einen die Baugenehmigung …, eingereicht am 12. März 1946 und genehmigt am 26. März 1946 (Bauherr …). Mit dieser Baugenehmigung sei u.a. der Einbau eines Kamins in das streitgegenständliche Wohngebäude genehmigt worden. Zum anderen gebe es die Baugenehmigung …, eingereicht am 10. Mai 1946 und genehmigt am 17. Mai 1946 (Bauherr …) wegen Erweiterung. Für diese Baugenehmigung gebe es weder im Stadtarchiv … noch im Staatsarchiv … oder im Staatsarchiv … eine Bauakte. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Genehmigungssituation handele es sich bei der letztgenannten Baugenehmigung … zwingend um die Genehmigung zur Erweiterung des streitgegenständlichen Wohngebäudes. Auf dem Grundstück befänden sich nachweislich keine weiteren Gebäude. Ferner sei das streitgegenständliche Wohngebäude sowohl auf dem Lageplan … vom 25. November 1957 als auch auf der Karte vom Bayerischen Landesvermessungsamt …, ergänzt am 25. Oktober 1956, bereits wie beantragt bzw. in seiner jetzigen Dimensionierung eingetragen. Zudem sei das streitgegenständliche Wohngebäude auf einem Erhebungsbogen der Stadt … vom 1. Januar 2015 mit einer Flächengröße von 64 qm ausgewiesen. Dass sich diese Genehmigung auf das streitgegenständliche Wohngebäude beziehe, folge aus der zeitlichen Abfolge der Genehmigungen, also aus der Genehmigung des Kaminbaus und der späteren Genehmigung zur Erweiterung der Wohnfläche. Denn ohne Kamin bzw. Heizung wäre die ganzjährige Bewohnung des Gebäudes nicht möglich und ohne spätere Erweiterung des Gebäudes als Wohnung auf Dauer zu klein gewesen.
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Das Wohngebäude in seiner jetzigen Dimensionierung präge nachweislich seit gut 75 Jahren das Landschaftsbild. Sämtliche Nachbarn hätten dem Wiederaufbau des Wohngebäudes einstimmig per Unterschrift zugestimmt.
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Aus einem Gesprächsvermerk vom 8. November 2022 ergibt sich, dass dem Bevollmächtigten der Kläger anlässlich einer telefonischen Nachfrage zum Bearbeitungsstand mitgeteilt worden sei, dass der Bescheid zur Ablehnung des Bauvorhabens in Bearbeitung sei, da sich aus der Anhörung keine neuen Erkenntnisse ergeben hätten. Auch werde eine teilweise Rückbauanordnung ergehen.
22
Am 26. April 2023 erließ die Beklagte folgenden Bescheid:
1. Die unter dem Aktenzeichen … beantragte Baugenehmigung wird versagt.
2. Frau … und Herr … werden verpflichtet, das auf dem vorgenannten Grundstück errichtete Gartenhaus mit Laube samt Betonplatte vollständig zurückzubauen. Der Vollzug der Rückbauanordnung ist dem Bauaufsichtsamt unaufgefordert schriftlich anzuzeigen.
3. Die sofortige Vollziehung der vorstehenden Ziffer 2 wird angeordnet.
4. Falls Frau … und Herr … ihrer Verpflichtung aus der Ziffer 2 dieses Bescheids nicht bis zum 31. Oktober 2023 nachkommen, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR zur Zahlung fällig.
5. Frau … und Herr … haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
6. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 400,00 EUR festgesetzt. Die Auslagen betragen 3,13 EUR. Die Kosten in Höhe von 403,13 EUR sind bis 31. Mai 2023 auf eines der angegebenen Konten der Stadtkasse zu überweisen.
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Auf die Begründung des Bescheids wird ausdrücklich Bezug genommen.
24
Der Bescheid wurde dem Bevollmächtigten der Kläger gegen Empfangsbekenntnis am 28. April 2023 zugestellt.
25
Hiergegen ließen die Kläger mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 3. Mai 2023, über das besondere Anwaltspostfach beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am selben Tag, Klage erheben.
26
Zur Begründung wurde unter ausführlicher Darstellung des Ablaufs des behördlichen Verwaltungsverfahrens und des Hochwasserereignisses 2013 vorgetragen, dass das streitgegenständliche Wohngebäude mit den vor der Zerstörung vorhandenen und nun auch wiederhergestellten Maßnahmen genehmigt gewesen sei. Der streitgegenständliche Bescheid beruhe offensichtlich auf einer falschen Zuordnung der zum Bestand vorliegenden Baugenehmigungen. Das streitgegenständliche Wohngebäude sei im Zeitraum von 1942 bis 1946 auf der ersten ausgewiesenen Baufläche der seinerzeit neu ausgewiesenen Flurstücke errichtet worden. Dies gehe aus den Bauakten … und … im Staatsarchiv … hervor. Die Bauakte … betreffe das Flurstück … (heute …). Auf dem enthaltenen Lageplan sei noch kein Gebäude auf der ausgewiesenen Baufläche eingezeichnet. In der Bauakte … hätten sich eine Baugenehmigung und Pläne für zwei Projekte befunden. Im Bauverzeichnis der Gemeinde … werde dieses aus zwei Projekten bestehende Bauvorhaben mit der Bauplan-Nr. … als „Behelfsheim“ ausgewiesen. Das Projekt 1 befinde sich auf Flurstück … und trage die Bezeichnung „Erstellung eines Fachwerkbaus für Herrn …“. Gemäß Bauplan mit Beschriftungen und Maßangaben seien in diesem Neubau mit den Abmessungen 5,4 m x 4,4 m ein Abort mit neuer Abortgrube, eine Waschküche und ein Bienenstock errichtet worden. Alle drei Räume seien untereinander getrennt und nur von außen über jeweils eine Außentür zugänglich gewesen. Mithin handele es sich beim Projekt 1 primär um die Errichtung eines Abortes mit Abortgrube und einer Waschküche für das vom Bauherrn … für Wohnzwecke vorgesehene jetzt streitgegenständliche Gebäude auf dem Flurstück … Dass sich der Abort getrennt vom Wohnbereich bzw. über den Hof befunden habe, sei seinerzeit nicht ungewöhnlich gewesen. Mit ausschlaggebend für die Errichtung des Abortes und der Abortgrube auf Flurstück … hätte die unmittelbare Nähe zum Weiher des für Wohnzwecke vorgesehenen Gebäudes auf Flurstück … gewesen sein können. Mithin handele es sich beim Projekt 1 nachweislich nicht um die Baugenehmigung zur Errichtung des jetzigen Haupthauses. Dieses sei erst acht Jahre später zur Errichtung beantragt und genehmigt worden. Das Projekt 2 des am 26. März 1946 genehmigten Bauvorhabens … betreffe die Erstellung eines Kamins in dem streitgegenständlichen Gebäude auf dem Flurstück … Der in das Bestandsgebäude eingezeichnete und zur Genehmigung beantragte Kamin sei das einzige Bauwerk, das mit dem vom Staatsarchiv … zur Verfügung gestellten Bauplan mit Maßangaben versehen sei. Ausgehend von den Maßangaben vom Schornsteinkopf, der mit 50 cm über Firsthöhe eingezeichnet sei und auf dem Ausdruck des Bauplans genau fünf Millimeter entspreche, habe das Gebäude eine Länge von ca. 7,30 m x 5,80 m, was einer Grundfläche von ca. 42,5 qm entspreche. Dies entspreche exakt der zur Genehmigung beantragten Grundfläche für den als Gartenhaus bezeichneten Bauteil des streitgegenständlichen Gebäudes. Eine Bauakte bzw. eine Baugenehmigung für das im Zeitraum von 1942 bis 1945 auf Flurstück … errichtete streitgegenständliche Wohngebäude seien gemäß schriftlicher Auskunft des Staatsarchivs … und des Stadtarchivs … nicht mehr im jeweiligen Archivbestand auffindbar. Eine Baugenehmigung für das Bauvorhaben …, das mit Projekt 2 die Genehmigung zur Errichtung eines Kamins in das streitgegenständliche Wohngebäude umfasse, habe seinerzeit jedoch nur erteilt werden können, wenn die Errichtung des Gebäudes selbst zuvor genehmigt worden sei. Da es sich beim Projekt 1 der Behelfsheimbaugenehmigung nachweislich um die Errichtung eines Abortes mit Abortgrube, einer Waschküche und eines Bienenstocks handele, könne es sich zwangsläufig beim Projekt 2 dieser Baugenehmigung ausschließlich um die Wohnräume des Behelfsheims handeln. Die Annahme der Beklagten, dass es sich hierbei nur um ein Nebengebäude handeln würde, sei mithin nachweislich falsch.
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Im Bauverzeichnis der Gemeinde … sei ein weiteres Bauvorhaben für den Bauherrn … vermerkt. Am 17. Mai 1946 sei am gleichen Wohnort ein Bauvorhaben mit der Bauplan-Nr. … und der Bezeichnung „Erweiterung“ genehmigt worden. Für dieses Bauvorhaben sei gemäß schriftlicher Auskünfte des Staatsarchivs … und des Stadtarchivs … ebenfalls keine Bauakte mehr im Bestand auffindbar. Aus dem Bauverzeichnis selbst gehe nicht hervor, ob eine Erweiterung an beiden Projekten oder nur an einem bzw. an welchem beantragt und genehmigt worden sei. Durch andere Dokumente belegt und in der zeitlichen Abfolge nachvollziehbar sei jedoch nur eine Erweiterung des streitgegenständlichen Wohngebäudes auf dem Flurstück … Denn ohne Genehmigung für einen Kamineinbau wäre eine ganzjährige Nutzung des zu Wohnzwecken errichteten Gebäudes nicht möglich gewesen, und ohne Erweiterung die bisherige ca. 42,5 qm große Grundfläche für Behelfswohnzwecke relativ klein ausgefallen. Unklar sei lediglich, ob die Genehmigung für dieses Bauvorhaben einen Anbau an das bestehende Gebäude oder einen Neubau wegen Kriegsschäden mit gleichzeitiger Errichtung des zuvor genehmigten Kamins umfasse. Nachweisbar sei nach 77 Jahren eine seinerzeit für Wohnzwecke genutzte Grundfläche des Gebäudes von 64 qm, was exakt dem Bauantrag entspreche (Gartenhaus mit 42,5 qm plus Laube mit 21,5 qm). Auffindbar sei zudem eine Bauzeichnung der Fassadengestaltung auf der Westseite des Gebäudes und eine Bauskizze für die Schiebevorrichtung der Fenster im verglasten Flachdachanbau, dessen Wiederaufbau im Bauantrag als Laube ausgewiesen sei.
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Inwiefern auch für das Projekt 1 der Behelfsheimbaugenehmigung eine Erweiterung beantragt und genehmigt worden sei, lasse sich nicht aufklären. Es wäre allerdings sehr ungewöhnlich, wenn innerhalb von 53 Tagen für einen genehmigten Gebäudeneubau ein Antrag für eine Erweiterung gestellt und genehmigt werde. In der zeitlichen Abfolge nachvollziehbar sei ein acht Jahre später beantragter und genehmigter Umbau zum Wohngebäude, dem heutigen Hauptwohnhaus. Die Bauakte für dieses von den … als Bauherr beantragten Bauvorhaben mit der Bauplan-Nr. … befinde sich im Stadtarchiv … Aus den Unterlagen gehe hervor, dass Herr … zwischenzeitlich Direktionsmitglied der … gewesen sei und die Baumaßnahmen von der Bauabteilung der … durchgeführt worden seien. Die Annahme der Beklagten, dass für die Wohnräume des genehmigten Behelfsheimes (Projekt 2 der Baugenehmigung im März 1946 sowie Baugenehmigung einer Erweiterung der Grundfläche im Mai 1946) keine Baugenehmigung nachgewiesen worden sei, entspreche nicht dem Sachverhalt. Außer Acht gelassen werde auch, dass es sich beim Bauherrn um ein in der Öffentlichkeit angesehenes Vorstandsmitglied des größten vor Ort ansässigen Arbeitgebers, der Vorgängergesellschaft der heutigen …, handele. Allein aus potentiellen Reputationsschäden sei die Annahme der Beklagten, dass es sich beim streitgegenständlichen Gebäude um einen Schwarzbau handele, äußerst fragwürdig. Der Beklagten seien zudem Unterlagen aus Bauanträgen der Bauabteilung der … eingereicht worden (für Hauptwohnhaus in 1954, für Tennisplatz in 1955), auf denen das streitgegenständliche Gebäude eingetragen sei. Ein illegal errichteter Schwarzbau würde an mit Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht auf Unterlagen von Bauanträgen eingetragen sein.
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Dass das beantragte Gebäude dem ursprünglich genehmigten Wohngebäude entspreche, ergebe sich daher aus den verschiedenen vorgelegten Unterlagen (wird weiter ausgeführt). Von unabhängigen Dritten könne bestätigen werden, dass beim streitgegenständlichen Gebäude Gefahr in Verzug gewesen sei, der Umfang des Bauantrages mit 64 qm der Flächengröße des zerstörten Gebäudes entspreche und dieses Gebäude als Wohngebäude bzw. als ausgelagerter Wohnbereich genutzt worden sei und weiterhin genutzt werden solle.
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Das Bauvorhaben der Kläger sei genehmigungsfähig. Sie hätten daher einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Das Bauvorhaben der Kläger sei gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB genehmigungsfähig. Der Wiederaufbau des streitgegenständlichen Wohngebäudes erfolge auf Grund eines Hochwasserschadens. Es handele sich daher um die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle. Die Schäden auf Grund des Naturereignisses hätten sich erst später gezeigt. Erst 2019 sei klar gewesen, dass das Gebäude als Folge dieser Naturereignisse einsturzgefährdet sei und neu errichtet werden müsse. Das einsturzgefährdete Gebäude habe ca. 80 Jahre das Landschaftsbild geprägt. Der Abriss und Wiederaufbau sei in einem Zeitraum von drei Monaten erfolgt.
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Darüber hinaus sei das Vorhaben auch gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB genehmigungsfähig, da es sich um die neue Errichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle handele.
32
Es seien auch die Voraussetzungen gemäß § 35 Abs. 4 Satz 3 BauGB erfüllt. Unter Berücksichtigung der vorgelegten Unterlagen würde die formell und materiell legale Errichtung des streitgegenständlichen Gebäudes glaubhaft belegt. Insbesondere handele es sich bei der Baugenehmigung … zwingend um die Genehmigung zur Erweiterung des streitgegenständlichen Wohngebäudes auf dem Grundstück FlNr. … Auf dem zusammenhängenden Grundstück der Kläger befänden sich nachweislich keine weiteren Gebäude. Auch die Darstellung des Gebäudes in den vorgelegten Unterlagen zeige, dass es sich nicht um einen Schwarzbau handele (wird weiter ausgeführt).
33
Unzutreffend sei auch die Annahme der Beklagten, dass die genehmigte Grundfläche des streitgegenständlichen Wohngebäudes lediglich 24,75 qm betrage. Offensichtlich gehe die Beklagte davon aus, dass die Pläne zudem auf dem Flurstück … ausgeführten Projekt 1 fälschlicherweise die Baupläne des streitgegenständlichen Wohngebäudes seien.
34
Da das streitgegenständliche Bauvorhaben gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 oder 3 BauGB genehmigungsfähig sei, komme es auf eine Genehmigungsfähigkeit nach § 35 Abs. 2 BauGB nicht an.
35
Die angesprochenen naturschutzrechtlichen Belange stünden der Genehmigungsfähigkeit nicht entgegen. Diese könnten durch die Aufnahme entsprechender Auflagen in den Baugenehmigungsbescheid ausreichend berücksichtigt werden (wird weiter ausgeführt).
36
Auf Grund des Anspruchs auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung komme die erlassene Beseitigungsanordnung nicht in Betracht. Insbesondere fehle es an einem Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Auch sei die Beseitigungsanordnung ermessensfehlerhaft ergangen. Denn es sei nicht berücksichtigt worden, dass das streitgegenständliche Wohngebäude in seiner jetzigen Dimensionierung nachweislich seit gut 80 Jahren das Landschaftsbild präge und auch sämtliche Nachbarn dem Wiederaufbau des Wohngebäudes einstimmig per Unterschrift zugestimmt hätten. Fehlerhaft sei auch davon ausgegangen worden, dass die Kläger nicht auf den Fortbestand des streitgegenständlichen Wohngebäudes hätten vertrauen dürfen, weil sie das Gebäude rechtswidrig errichtet hätten. Zudem käme vorliegend auch der Erlass einer teilweisen Rückbauanordnung in Betracht.
37
Die Kläger beantragen mit Schriftsatz vom 3. Juli 2023:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 26. April 2023, Aktenzeichen …, wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
38
Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 3. August 2023,
39
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Kläger keinen Anspruch auf Neuverbescheidung hätten. Die Ablehnung der Baugenehmigung sei rechtmäßig erfolgt. Das genehmigungspflichtige Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig. Das unstreitig im planungsrechtlichen Außenbereich liegende Vorhaben stimme nicht mit den §§ 29 ff. BauGB überein. Als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB beeinträchtige das Vorhaben öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB. Eine Berufung auf den Tatbestand des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB sei nicht möglich. Begünstigt werde danach der Wiederaufbau eines zulässigerweise errichteten Gebäudes. Ein Gebäude sei zulässigerweise errichtet, wenn es bauaufsichtlich genehmigt gewesen sei. Zudem müsse die Wiedererrichtung gleichartig sein. Nach ständiger Rechtsprechung sei derjenige für das Vorliegen einer Baugenehmigung beweispflichtig, der sich darauf berufe, dass eine bestimmte bauliche Anlage in einer bestimmten Nutzung genehmigt sei (BVerwG, B.v. 17.7.2003 – 4 B 55.03 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 10.11.2021 – 15 ZB 21.1329 – juris Rn. 10; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 27.2.2020 – OVG 10 S 4/20 – juris Rn. 7). Eine Genehmigung, die auch bereits zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes erforderlich gewesen sei, könnten die Kläger aber nicht nachweisen. Die zwei Projekte umfassende Baugenehmigung vom 26. März 1946 betreffe nicht ein gleichartiges, an der Stelle des streitgegenständlichen „Ersatzbaus“ ursprüngliches Gebäude. Eine Baugenehmigung für den behaupteten Altbestand mit einer Grundfläche von ca. 42,5 qm habe nicht vorgelegt werden können. Auf Grund der vorhandenen Unterlagen gehe die Beklagte davon aus, dass mit dem Projekt 1 das Hauptgebäude gemeint sei, das an anderer Stelle errichtet worden sei. Das Projekt 1 sei mit Aufenthaltsraum, Waschküche, Abort und Kamin geplant worden. Mit dem Projekt 2 sei nach Überzeugung der Beklagten der nachträgliche Einbau eines Kamins in das seinerzeit bereits bestehende Nebengebäude, welches sich an der Stelle des nunmehr errichteten streitgegenständlichen Gebäudes befunden habe, genehmigt. Denn im Projekt 1 sei gemäß Plan der betreffenden Baugenehmigung bereits ein Kamin berücksichtigt. Unzutreffend sei, dass es sich bei Projekt 1 nachweislich nicht um die Baugenehmigung zur Errichtung des jetzigen Haupthauses handele, sondern primär um die Errichtung eines Abortes mit Abortgrube und einer Waschküche für das für Wohnzwecke vorgesehene, jetzt streitgegenständliche ursprüngliche Gebäude. Im Baugenehmigungsverfahren hätte der Bevollmächtigte der Kläger noch vorgetragen, dass das Projekt 1 die erstmalige Errichtung des jetzigen Haupthauses der Kläger betreffe. Die Berechnung der Kläger hinsichtlich des seinerzeit errichteten Gebäudes mit einer Grundfläche von ca. 42,5 qm könne nicht nachvollzogen werden. Als Berechnungsgrundlage würden von den Klägern die Maßgaben des Schornsteinkopfes von 50 cm über Firsthöhe verwendet, welche nach klägerischer Meinung auf dem Ausdruck des Bauplans fünf Millimeter entspreche. Dem hingegen sei zur Berechnung zunächst der im Plan angegebene Maßstab von 1:50 der Baugenehmigung vom 26. März 1946 mit Aktenzeichen … entscheidend. Als Referenzwert könne die Angabe zum Schornstein herangezogen werden, so dass im Ergebnis die genehmigte Grundfläche 24,75 qm betrage. Ferner sei ersichtlich, dass im Plan vom März 1946 zur Baugenehmigung vom 26. März 1946 das ursprüngliche Nebengebäude als kleinerer Kubus eingezeichnet sei, während im späteren Lageplan mit gleichem Maßstab vom Mai 1955 bzw. im späteren Plan des Forstbezirks aus dem Jahr 1956 der betreffende Kubus größer und bereits mit Anbau dargestellt werde. Für die Erweiterung des sog. Behelfsheims am Weiher sei jedoch laut dem Staatsarchiv … und dem Stadtarchiv … keine Bauakte auffindbar. Eine hohe Reputation des ehemaligen Eigentümers stelle keinen Beweis dar und könne somit die fehlende Baugenehmigung nicht nachweisen. Gleiches gelte für die vorgelegten Pläne der … aus den Jahren 1955 und 1957. Auch wenn diese Pläne das ursprüngliche streitgegenständliche Gebäude mit einer größeren Fläche von ca. 42,5 qm darstellten, könne hieraus nicht geschlussfolgert werden, dass das Gebäude mit den in den Plänen dargestellten Größen auch genehmigt worden sei. Durch die damalige Baubehörde … sei mit genehmigtem Plan (Nr. … vom 15.4.1957) nur die Erweiterung des Haupthauses des damaligen Eigentümers genehmigt worden. Zwar sei auch hier das streitgegenständliche Gebäude auf dem Plan abgebildet, die genehmigte Größe des Gebäudes sei jedoch nicht belegt. Das Vorliegen einer Baugenehmigung könne auch nicht durch sonstige auffindbare Dokumente nachgewiesen werden.
40
§ 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB greife somit nicht; die Voraussetzungen für ein teilprivilegiertes Bauvorhaben seien nicht erfüllt, nachdem die Gleichartigkeit des jetzigen Gebäudes zum ursprünglichen Gebäude aus dem Jahr 1946 nicht gegeben sei und außerdem die rechtmäßige Erweiterung für das bereits abgebrochene Gebäude mit einer Fläche von 64 qm nicht belegt sei.
41
Selbst bei Annahme, das abgebrochene Gebäude sei zulässig errichtet gewesen, könne eine Baugenehmigung nicht erteilt werden, weil dem Vorhaben öffentliche Belange entgegenstünden und es nicht außenbereichsverträglich sei. Insbesondere stehe dem Vorhaben die Landschaftsschutzverordnung der Beklagten entgegen. Stehe ein Vorhaben nach § 35 Abs. 4 BauGB mit einer Landschaftsschutzverordnung in einer nicht durch Ausnahmegenehmigung zu behebenden Weise in Widerspruch, könne es auch dann nicht zugelassen werden, wenn es im Übrigen nach Bauplanungsrecht zulässig sei. Die Beeinträchtigung des Schutzzwecks einer Landschaftsschutzverordnung stelle eine Beeinträchtigung der Belange des Natur- und Landschaftsschutzes im Sinne des § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB dar, die auch einem nach § 35 Abs. 4 BauGB begünstigten Vorhaben entgegengehalten werden könnte (VGH Kassel, B.v. 19.2.2020 – 4 A1677/18.Z – BeckRS 2020, 3686).
42
Aufgrund der Lage des Baugrundstücks im geschützten Landschaftsraum „…“ beeinträchtige das Vorhaben die natürliche Eigenart der Landschaft. Es liege in einer besonders reizvollen Umgebung und schützenswerten Landschaft und wirke daher besonders störend. Es habe keinen Bezug zu der Nutzung der umgebenden Fläche „…“. Auch eine nach § 3 Abs. 1 Nr. 8 LSG erforderliche Erlaubnis könne nach der naturschutzfachlichen Stellungnahme nicht erteilt werden. Zur weiteren Begründung werde auf die fachliche Stellungnahme des Amtes für Umweltschutz und Energiefragen verwiesen.
43
Auch eine Genehmigung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB komme schon deshalb nicht in Betracht, da kein gleichartiges Wohngebäude anstelle eines zulässigerweise errichteten neu errichtet werden solle.
44
Die Kläger könnten sich auch nicht auf Bestandsschutz berufen, selbst wenn das im Wiederaufbau befindliche Gebäude und das abgebrochene Gebäude, insbesondere in der Größe, Bauweise und Nutzung, identisch wären. Die Grundsätze des Bestandsschutzes griffen nicht, wenn das Gebäude beseitigt werde, sei es zum Zweck der Neuerrichtung eines Gebäudes, sei es als Ersatzbau für ein durch außergewöhnliche Ereignisse zerstörtes Gebäude. Um in diesen Fällen Unterstützung zu gewähren, habe der Gesetzgeber in § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 BauGB unter erleichterten Voraussetzungen die Neuerrichtung eines Wohngebäudes sowie die Neuerrichtung eines zerstörten Gebäudes geschaffen.
45
Rechtmäßig sei auch die Anordnung des Rückbaus des Gebäudes. Gemäß Art. 76 Satz 1 BayBO könne die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung von Anlagen anordnen, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert würden. Die von der Verfügung umfasste Anlage sei formell baurechtswidrig, da das Vorhaben genehmigungspflichtig sei, eine Genehmigung jedoch nicht vorliege. Die Anlage sei auch materiell rechtswidrig. Lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Beseitigungsanordnung vor, müsse die Behörde in der Regel über den Willen zur Schaffung rechtmäßiger Zustände hinaus nicht besonders begründen, weshalb sie von der Eingriffsbefugnis Gebrauch mache. Vielmehr genüge es, wenn sie zum Ausdruck bringe, dass der beanstandete Zustand wegen seiner Rechtswidrigkeit zu beseitigen sei (BayVGH, B.v. 17.8.2022 – 15 ZB 22.1402 – juris Rn. 13). Die Beklagte habe jedoch hierüber hinaus in ihrer Ermessensentscheidung eine Begründung dargelegt.
46
Mit Beschluss vom 7. August 2023 wurde das mit Schriftsatz vom 3. Juli 2023 eingeleitete Verfahren auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage (AN 3 S 23.1351) aufgrund übereinstimmender Erledigterklärung eingestellt, nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 17. Juli 2023 erklärt hatte, dass von der Durchsetzung der für sofort vollziehbar erklärten Baubeseitigungsanordnung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache abgesehen werde.
47
Der Bevollmächtigte der Kläger replizierte mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2023 und wiederholte im Wesentlichen das bisherige Vorbringen. Nicht nachvollziehbar sei insbesondere die Beeinträchtigung des Schutzzwecks einer Landschaftsschutzverordnung. Das streitgegenständliche Wohngebäude präge seit gut 80 Jahren das Landschaftsbild. Im gleichen geschützten Landschaftsraum stünden auch andere Gebäude. So befinde sich in unmittelbarer Nähe u.a. das Forsthaus (ein Restaurant mit großem Biergarten und einer Vielzahl von Parkplätzen) sowie ein Wochenendhaus auf dem angrenzenden Nachbargrundstück. Ferner fänden im gleichen geschützten Landschaftsraum regelmäßig Großveranstaltungen mit tausenden von Teilnehmern statt. Zudem sei im Jahr 2022 die Abholzung einer Vielzahl von Bäumen und der Ausbau der Parkplätze genehmigt worden.
48
Die Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 8. Januar 2024 unter Bezugnahme auf bisheriges Vorbringen. Insbesondere wird vorgetragen, dass nicht belegt sei, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Gebäude um ein Wohngebäude gehandelt habe. Ob die Nachbarn dem Bau zugestimmt hätten, sei für die Genehmigungsfähigkeit ohne Bedeutung. Das von den Klägern genannte Forsthaus und das Wochenendhaus seien 1926 bzw. 1961 unter anderen Voraussetzungen genehmigt worden. Insbesondere habe zu den damaligen Zeitpunkten noch nicht die Landschaftsschutzverordnung bestanden, die erst am 10. März 1983 in Kraft getreten sei. Weiterhin unterscheide diese Vorgänge, dass die genannten Bauten in der jüngsten Vergangenheit nicht vollständig abgerissen und neu errichtet worden seien. Es fehle daher an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte. Auch hinsichtlich des weiteren Vortrags zu regelmäßig stattfindenden Großveranstaltungen, Abholzungen und dem Ausbau von Parkplätzen liege keine Vergleichbarkeit vor.
49
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakten und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
50
Die zulässigen Klagen sind unbegründet.
51
Die Kläger haben keinen Anspruch auf erneute Verbescheidung des Antrages auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, denn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Baugenehmigung für das streitgegenständliche Bauvorhaben liegen nicht vor, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO. Dem beantragten Bauvorhaben stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen, die mangels Bestehens einer Verfahrensfreiheit gemäß Art. 57 BayBO im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO zu prüfen sind, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO. Das Vorhaben widerspricht Bauplanungsrecht (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 lit. a BayBO i.V.m. §§ 29 ff. BauGB), weil es im Außenbereich liegt und als sonstiges Vorhaben öffentliche Belange beeinträchtigt (§ 35 Abs. 2, 3 BauGB).
52
1. Das Vorhaben ist genehmigungspflichtig, da die beabsichtigten bzw. zum Teil schon vorgenommenen Maßnahmen keine verfahrensfreien Instandhaltungsmaßnahmen darstellen.
53
Unter Instandhaltungsarbeiten sind bauliche Maßnahmen zu verstehen, die der Erhaltung der Gebrauchsfähigkeit und der baulichen Substanz einer Anlage dienen, ohne deren Identität zu verändern. Mit ihnen können einzelne Bauteile ausgebessert oder ausgetauscht werden, um die durch Abnutzung, Alterung oder Witterungseinflüsse entstandenen baulichen Mängel zu beseitigen, wenn hinsichtlich Konstruktion, Standsicherheit, Bausubstanz und äußerem Erscheinungsbild keine wesentliche Änderung erfolgt. Eine Änderung einer baulichen Anlage im Sinn von § 29 Abs. 1 BauGB oder Art. 55 Abs. 1 BayBO liegt hingegen vor, wenn das Bauwerk seiner ursprünglichen Identität beraubt wird. Ein solcher Identitätsverlust tritt ein, wenn der Eingriff in den vorhandenen Bestand so intensiv ist, dass er die Standfestigkeit des gesamten Bauwerks berührt und eine statische Nachberechnung erforderlich macht, oder wenn die für die Instandsetzung notwendigen Arbeiten den Aufwand für einen Neubau erreichen oder gar übersteigen, oder wenn die Bausubstanz ausgetauscht oder das Bauvolumen wesentlich erweitert wird oder die Baumaßnahmen sonst praktisch einer Neuerrichtung gleichkommen (BayVGH, B.v. 28.6.2021 – 1 ZB 19.2067 – juris Rn. 5 m.w.N.).
54
Vorliegend wird bzw. wurde das Vorhaben bis auf die Bodenplatte, welche allerdings erheblich verstärkt worden ist, beseitigt und neu errichtet. Dies kann unter keinem denkbaren Blickwinkel mehr als Instandhaltungsmaßnahme bewertet werden.
55
2. Die Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich nach § 35 BauGB. Das Vorhabengrundstück liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes. Der Bebauungsplan Nr. … umfasst zwar noch das Grundstück FlNr. …, auf dem sich das Wohngebäude der Kläger befindet, nicht aber das Grundstück FlNr. …, auf dem das streitgegenständliche Vorhaben (wieder-)errichtet werden soll.
56
Das Grundstück befindet sich auch nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB. Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist der Innenbereich durch einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil gekennzeichnet. Dabei sind die Begriffe „Ortsteil“ und „Bebauung im Zusammenhang“ kumulative Begriffe (BVerwG, B.v. 7.6.2016 – 4 B 47/14 – juris Rn. 10 = ZfBR 2016, 799). Für die Abgrenzung zwischen Innenbereich und Außenbereich ist festzuhalten, dass ein Bebauungszusammenhang regelmäßig am letzten Baukörper endet (BVerwG, U.v. 16.9.2010 – 4 C 7/10 – juris Rn. 12 = NVwZ 2011, 436). Etwas anderes kann im Einzelfall nur dann gelten, wenn besondere topographische Gegebenheiten (z.B. Damm, Böschung, Fluss oder Waldrand) den Bebauungszusammenhang verschieben. Der Verlauf von Grundstücksgrenzen ist dagegen irrelevant, weshalb ein Grundstück teilweise im Innen- und im Außenbereich liegen kann (vgl. BVerwG, B.v. 8.10.2015 – 4 B 28/15 – juris Rn. 6). Der den letzten Baukörper umgebende Gartenbereich eines Grundstücks liegt dementsprechend regelmäßig nicht mehr im Innenbereich (vgl. BVerwG, B.v. 8.10.2015 – 4 B 28/15 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 13.12.2018 – 2 B 18.1797 – juris Rn. 26). Eine andere Sichtweise kann sich im Einzelfall für lediglich bebauungsakzessorische Nutzungen im Sinne von §§ 12 und 14 BauNVO rechtfertigen (BayVGH, B.v. 31.3.2020 – 1 ZB 19.1961 – juris Rn. 6 m.w.N.). Die Nutzungsaufgabe oder Beseitigung des letzten zum Bebauungszusammenhang gehörenden Gebäudes zum Zwecke der alsbaldigen Aufnahme einer neuen Nutzung oder Errichtung eines Ersatzbauwerks bewirkt nicht, dass das Grundstück seine Innenbereichsqualität einbüßt und zu einem Außenbereichsgrundstück wird (Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB § 34 Rn. 5).
57
Dies berücksichtigend lag bereits das zwischenzeitlich beseitigte Gartenhaus, das durch das geplante Vorhaben ersetzt werden soll, nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Auch wenn für dessen Bestimmung grundsätzlich als „vorhandenen Bebauung“ auch ein (qualifiziert) beplantes Gebiet herangezogen werden kann (Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB § 34 Rn. 10), so scheidet – unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem beseitigten Gebäude überhaupt um eine akzessorische Nebennutzung gehandelt hat und weiter handeln soll – bereits aufgrund der Entfernung zwischen Haupthaus und früherem Gartenhaus von etwa 35 m die Annahme eines angemessenen Umgriffs aus.
58
3. Das Vorhaben „Sanierung und Wiederaufbau eines Gartenhauses mit Laube“ beeinträchtigt mehrere der beispielhaft in § 35 Abs. 3 BauGB angesprochenen öffentlichen Belange i.S.v. § 35 Abs. 2 BauGB.
59
3.1. Dabei kommt dem Vorhaben eine Teilprivilegierung weder nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB noch nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB zu, so dass die Kläger sich nicht darauf berufen können, dem Vorhaben könne nicht entgegengehalten werden, dass es den Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widerspricht, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt, soweit es im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB ist.
60
3.1.1 Nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB kann die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle im Außenbereich ohne Verstoß gegen bestimmte öffentliche Belange unter bestimmten, kumulativen Voraussetzungen zugelassen werden.
61
Voraussetzung hierfür ist zunächst nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 lit. a) BauGB, dass das vorhandene Gebäude zulässigerweise errichtet worden ist. Auch wenn die Vorschrift nur von „Gebäude“ spricht, grenzt die ständige Rechtsprechung den Begriff dahingehend ein, dass es sich bei dem vorhandenen „Gebäude“ genau wie bei dem neu zu errichtenden Gebäude um ein Wohngebäude handeln muss. Dies ist unter anderem auch dem Buchstabe c) der Vorschrift zugrundliegenden Grundgedanken zu entnehmen, wonach der Eigentümer durch längeres Dauerwohnen die Bedeutung des Bestandsbaus für sein Leben unter Beweis gestellt haben muss (BVerwG, B.v. 25.6.2001 – 4 B 42/01 – juris Rn. 9 m.w.N. = BauR 2002, 1059). Insbesondere ist die Vorschrift nicht auf Wochenendhäuser anwendbar (BVerwG, a.a.O.; BayVGH, U.v. 9.6.2021 – 15 N 20.1412 – juris Rn. 67 m.w.N.).
62
Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um ein Gebäude zur Dauerwohnnutzung. Selbst wenn man entsprechend der Darstellung der Kläger im vorbereitenden Verfahren und in der mündlichen Verhandlung davon ausgeht, dass das Gebäude ursprünglich als Behelfswohnheim und später dann durch die Kinder der Voreigentümerin (der Kläger) als Wohnhaus genutzt worden ist, so ist eine Dauerwohnnutzung im Zuge des Erwerbs des streitgegenständlichen Grundstücks im Jahr 2005 und der spätestens ab hier offensichtlich vorliegenden Aufgabe einer Dauerwohnnutzung untergegangen. Die Aufgabe einer Wohnnutzung kann nach zwei Jahren regelmäßig angenommen werden, wenn nicht besondere Umstände vorliegen (vgl. BayVGH, U.v. 27.11.2018 – 1 B 16.1879 – juris Rn. 42 m.w.N.).
63
Für das Fehlen einer Dauerwohnnutzung spricht vorliegend bereits, dass das Vorhaben laut Einlassung der Kläger in der mündlichen Verhandlung in den notariellen Vertragsunterlagen als Gartenhaus bezeichnet worden ist und die Kläger mit Bauantrag vom 7. Dezember 2021 die Sanierung und den Wiederaufbau eines Gartenhauses mit Laube beantragt haben. Allein diese Bezeichnung legt nahe, dass sowohl die vormals vorhandene bauliche Anlage als auch das geplante Vorhaben nur einer vorübergehenden Nutzung gedient hat bzw. dienen soll (BVerwG, B.v. 2.8.2001 – 4 B 26/01 – juris Rn. 5). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Kläger in der mündlichen Verhandlung, dass es sich entgegen der Bezeichnung im notariellen Kaufvertrag bereits früher um ein Wohngebäude gehandelt habe und die Wohnnutzung von ihnen nach Erwerb fortgesetzt worden sei, denn die Schilderung der tatsächlichen Nutzung durch die Kläger als „ausgelagerten Wohnraum“ im Sinne eines Gästezimmers, Spielzimmers oder zum Kaffeetrinken belegt bildhaft eine nur vorübergehende Nutzung. Dies wird letztlich auch bestätigt durch die Beschreibung des geplanten Vorhabens mit E-Mail vom 26. Mai 2021 (Bl. 127 der elektronischen Behördenakte …*), wonach das Vorhaben ohne Heizung und mit Dusche und Nottoilette ausgestattet werden soll. Diese Ausstattung steht offenkundig nicht mit aktuellen Wohnstandards für eine Dauerwohnnutzung in Einklang.
64
Selbst wenn es zutreffen sollte, dass die Voreigentümerin bzw. deren Kinder das Gartenhaus zum Dauerwohnen genutzt haben, so wäre diese durch die Kläger seit mehr als 16 Jahre nicht mehr fortgesetzt worden. Ein möglicherweise bestehender Bestandsschutz wäre mittlerweile auf jeden Fall untergegangen.
65
3.1.2 Eine Teilprivilegierung ergibt sich auch nicht aus § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Danach ist die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle unter erleichterten Voraussetzungen möglich.
66
Der Begünstigungstatbestand der Nr. 3 erfasst Gebäude unabhängig von ihrer Nutzung. Voraussetzung ist, dass das Gebäude zulässigerweise errichtet worden ist (Söfker in Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB § 35 Rn. 151). Ein Gebäude ist zulässigerweise errichtet, wenn – trotz materieller Illegalität – eine Baugenehmigung erteilt worden ist oder wenn es in Übereinstimmung mit dem materiellen Bebauungsrecht errichtet ist. Dabei ist nur zu verlangen, dass das Gebäude zu irgendeinem Zeitpunkt seines Bestehens materiell genehmigungsfähig war (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB § 35 Rn. 143, 151). Bestandsschutz kann auch solchen Vorhaben nicht von vornherein versagt werden, deren ursprüngliche Errichtung nicht an bundesrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen zu messen war (BVerwG, U.v. 3.8.2016 – 4 C 3/15 – juris Rn. 18).
67
Vorliegend steht jedoch zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die zwischenzeitlich beseitigte Vorgängeranlage in der zuletzt vorhandenen Gestalt weder baurechtlich genehmigt noch in Übereinstimmung mit dem materiellen Baurecht errichtet worden war.
68
3.1.2.1 Für die Vorgängeranlage in der zuletzt vorhandenen Gestalt liegt keine Genehmigung vor.
69
Aufgrund seiner Lage im Außenbereich war die Herstellung und Erweiterung der Vorgängeranlage auch bereits vor erstmaligem Inkrafttreten der Bayerischen Bauordnung im Jahr 1962 genehmigungspflichtig, denn gemäß § 6 Abs. 1 der Verordnung über die Bauordnung (BayBO 1901) war die Herstellung von Haupt- und Nebengebäuden, die Verlegung solcher an einen anderen Ort sowie die Vornahme einer Hauptreparatur und Hauptänderung an denselben baupolizeilich genehmigungspflichtig. Dies erfasst gerade auch die Errichtung eines (Behelfs-)Wohnhauses sowie dessen nicht nur untergeordnete Erweiterung (als Hauptänderung im Sinne der o.g. Vorschrift). Eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht nach § 6 Abs. 2 Buchst. b BayBO 1901 ist spätestens mit dem Einbau der Feuerungsanlage nicht mehr einschlägig.
70
Feststeht – und ist im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig –, dass mit „Projekt II“ der Baugenehmigung vom 26. März 1946 (Nr. …) die Erstellung eines Kamins in einem – wohl bereits vorhandenen – Gebäude auf dem Grundstück FlNr. … (heutiges Grundstück FlNr. …) genehmigt worden ist. Mit Genehmigung des Kamins ist von der Legalisierung des gesamten damals vorhandenen Gebäudes auszugehen (BayVGH, U.v. 20.12.2010 – 1 B 10.2057 – juris Rn 28). Unter Berücksichtigung der der Baugenehmigung zugrundeliegenden Pläne ist entsprechend der durch die Beklagte vorgenommenen und durch das Gericht nachvollzogenen Berechnung vom Vorliegen einer Genehmigung für ein rechteckiges Gebäude mit den Abmessungen von etwa 4,5 m x 5,5 m, insgesamt etwa 24,75 qm, auszugehen. Wie die Kläger aufgrund der vorgelegten Pläne zu Abmessungen von etwa 7,3 m x 5,8 m mit einer Gesamtfläche von etwa 42,5 qm kommen, erschließt sich dem Gericht nicht und konnte auch in der mündlichen Verhandlung durch die Kläger nicht überzeugend erläutert werden. Nur der Vollständigkeit halber soll anlässlich der umfangreichen Diskussion der Beteiligten, was genau durch „Projekt I“ der Baugenehmigung vom 26. März 1946 (Nr. …*) genehmigt worden ist, darauf hingewiesen werden, dass dies für das streitgegenständliche Verfahren nicht von Bedeutung ist.
71
Nicht nachgewiesen ist dagegen, dass auch die Vorgängeranlage in der zuletzt vorhandenen Gestalt, die Vorbild für das nunmehr streitgegenständliche Vorhaben ist, baurechtlich genehmigt worden ist. Zwar finden sich ab 1954 verschiedene Pläne und Karten, in denen die streitgegenständliche Vorgängeranlage bereits mit einem Anbau, wohl die Laube mit Sockel und darauf laufender Rundumverglasung und Dach, eingezeichnet bzw. kartiert ist, allerdings ergibt sich daraus nicht, dass das Vorhaben tatsächlich auch genehmigt worden ist, sondern nur, dass eine erhebliche Erweiterung (von etwa 24,75 qm auf etwa 64 qm) und damit eine genehmigungspflichtige Hauptänderung erfolgt ist. Ebenfalls nicht zum Beweis des Bestehens einer Baugenehmigung herangezogen werden kann das Argument, dass der frühere Eigentümer des Grundstücks als angesehenes Vorstandsmitglied der …, der Vorgängergesellschaft der …, aufgrund potentieller Reputationsschäden von der Errichtung eines Schwarzbaus abgesehen hätte.
72
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Genehmigung vom 19. Mai 1946 (Nr. …), die im Bauverzeichnis der Gemeinde … als „Erweiterung“ bezeichnet ist. Zwar ist aufgrund des Bauverzeichnis der Gemeinde … wohl davon auszugehen, dass der ursprüngliche Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks eine weitere Baugenehmigung beantragt und erhalten hat, nicht klar ist aufgrund des Fehlens weiterer Unterlagen aber, auf welchen Ort und welches Vorhaben sich diese Genehmigung bezieht. Soweit die Kläger davon ausgehen, dass es aufgrund der zeitlichen Abläufe nur Sinn mache, dass die Genehmigung die Erweiterung des ursprünglichen Behelfswohnheimes betreffe, so handelt es sich dabei um eine Vermutung, für deren Richtigkeit es keine Belege gibt. Aber selbst, wenn man unterstellen wollte, dass sich die eine Erweiterung betreffende Genehmigung tatsächlich auf das Behelfswohnheim bezieht, so würde noch immer offenbleiben, ob diese genehmigte Erweiterung tatsächlich die zuletzt vorhandene Gestalt vollständig abgedeckt hat.
73
Da das Vorhandensein weiterer Genehmigungen nach der Genehmigung Nr. … bzgl. des streitgegenständlichen Objekts nicht einmal vorgetragen ist, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass für die Vorgängeranlage in der zuletzt vorhandenen Gestalt keine Baugenehmigung vorhanden bzw. nachgewiesen werden kann. Zwar kann auch dann noch von einem zulässigerweise errichteten Gebäude die Rede sein, wenn ein vorhandener Gebäudebestand nicht in vollem Umfang der für seine Errichtung erteilten Baugenehmigung entspricht (BayVGH, U.v. 20.12.2010 – 1 B 10.2057 – juris Rn. 29), bei einer mehr als Verdoppelung der Grundfläche kann jedoch nicht mehr von einer geringfügigen Abweichung ausgegangen werden. Entsprechend geht die Nichterweislichkeit des Vorliegens einer Genehmigung zu Lasten der Kläger, die in Bezug auf die Voraussetzung, dass das vorhandene Gebäude zulässigerweise errichtet wurde, durch Vorlage einer Baugenehmigung oder einer sonstigen bauaufsichtlichen Zulassung bzw. für das Eingreifen eines Bestandsschutzes gemäß der gesetzlichen Regelung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB die Darlegungs- und Beweislast tragen (OVG Bln-Bbg, B.v. 22.01.2019 – OVG 10 N 74.18 – juris Rn. 13; B.v. 10.5.2012 – OVG 10 S 42.11 – juris Rn. 8 m.w.N.; siehe auch BVerwG, U.v. 23.2.1979 – BVerwG IV C 86.76 – juris Rn. 14; BVerwG, B.v. 16.1.2014 – BVerwG 4 B 32.13 – juris Rn. 10).
74
3.1.2.2 Die Vorgängeranlage in der zuletzt vorhandenen Gestalt – soweit keine Genehmigung vorliegt – hat auch zu keinem Zeitpunkt mit dem materiellen Baurecht übereingestimmt. Offensichtlich ist dies hinsichtlich des seit 1960 geltenden § 35 BBauG bzw. § 35 BauGB, denn das nicht privilegierte Vorhaben beeinträchtigt öffentliche Belange.
75
Aber auch nach dem vor Inkrafttreten des BBauG geltenden § 3 der Verordnung über die Regelung der Bebauung vom 15. Februar 1936 (BauRegVO) war ein Bauen im Außenbereich erheblich eingeschränkt. Für bauliche Anlagen im Außenbereich sollte nach § 3 BauRegVO die baupolizeiliche Genehmigung versagt werden, wenn ihre Ausführung der geordneten Entwicklung des Gemeindegebiets oder einer ordnungsgemäßen Bebauung zuwiderlaufen würde. Bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale „geordnete Entwicklung des Gemeindegebiets“ und „ordnungsgemäße Bebauung“ steht der zuständigen Behörde kein Ermessensspielraum zu. Zudem ist die Auslegung am Zweck der Vorschrift auszurichten, der darin bestand, den Charakter des Außenbereichs nach Möglichkeit zu erhalten und ihn vor wesensfremder Bebauung zu schützen. Insoweit war vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes anerkannt, dass im Außenbereich nur solche baulichen Anlagen zulässig waren, die durch das Wesen der Landschaft erfordert waren oder sich doch deren Eigenart anpassten. Gemeint war eine Bebauung, die der landoder forstwirtschaftlichen Nutzung oder einer sonstigen Nutzung der naturgegebenen Ressourcen des Bodens diente und in der Regel nicht untersagt werden konnte. Für eine notwendige Bebauung konnte, auch wenn sie dem Charakter der Landschaft nicht wesensgemäß und für die natürliche Nutzung des Bodens nicht erforderlich war, nach § 3 der Bauregelungsverordnung jedenfalls eine Ausnahme zugelassen werden (OVG NRW, B.v. 18.3.2019 – 10 A 685/18 – juris Rn. 9 unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 27.11.1980 – 4 B 214.80 – juris Rn. 9; U.v. 25.10.1956 – I C 119.56 – juris, Rn. 9; OVG NRW, B.v. 6.12.2004 – 7 A 169/04 – juris Rn. 20 ff.). Ein Wohnhaus zu allgemeinen Wohnzwecken war weder durch das Wesen der Landschaft erfordert noch der Eigenart der Landschaft angepasst (OVG NS, B.v. 17.12.2021 – 1 LA 91/20 – juris Rn 15; OVG NRW, B.v. 18.3.2019 – 10 A 685/18 – juris Rn. 10).
76
Dass hier die zu Wohnzwecken genutzte bauliche Anlage nach den vorstehenden Maßgaben genehmigungsfähig gewesen sein könnte, ergibt sich aus dem klägerischen Vorbringen nicht. Sie diente weder einer land- oder forstwirtschaftliche Nutzung noch einer sonstigen damals privilegierten Nutzung. Dass ihre Errichtung aus anderen Gründen im Außenbereich notwendig gewesen sein könnte und deshalb eine Ausnahme in Betracht gekommen wäre, ist nicht ersichtlich. Allein die Möglichkeit einer Dispenserteilung im Anwendungsbereich des § 3 Bau-RegVO stellt keinen Anhaltspunkt dafür dar, dass ein solcher zugunsten einer allgemeinen Wohnnutzung auch erteilt worden ist bzw. worden wäre (OVG NS, B.v. 17.12.2021 – 1 LA 91/20 – juris Rn 15). Als eine Wohnbebauung, die nicht durch eine zulässige Außenbereichsnutzung veranlasst war, war die hier vorliegende bauliche Anlage eine dem Außenbereich wesensfremde und damit nach § 3 BauRegVO unzulässige Bebauung.
77
3.1.2.3 Mangels Vorliegens eines zulässigerweise errichteten Gebäudes im Sinne des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB kann es dahinstehen, ob vorliegend überhaupt noch eine alsbaldige Neuerrichtung eines durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten Gebäudes vorliegt und ob die nahezu vollständige Beseitigung des Gebäudes bereits vor Stellung eines Antrages auf Erteilung einer Baugenehmigung die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB ausschließt.
78
Irrelevant ist auch, dass ein Teil des maßgeblichen Vorgängergebäudes genehmigt war. Zum einen entfällt der Bestandsschutz, wenn infolge von Veränderungen die Identität des legalen Bestandes nicht mehr gegeben, sondern etwas anderes (ein „aliud“) entstanden ist; denn das Gebäude ist dann nicht mehr im Sinne von § 35 Abs. 4 BauGB zulässigerweise errichtet (BVerwG, B.v. 27.7.1994 – 4 B 48/94 – juris und vorgehend BayVGH, U.v. 5.11.1993 – 26 B 92.1795 – juris Rn. 27). Zum anderen haben die Kläger mit dem Bauantrag vom 7. Dezember 2021 den Umfang des Vorhabens bestimmt und damit zum Ausdruck gebracht, dass gerade ein Vorhaben geringeren Umfangs nicht gewollt ist (BayVGH, U.v. 29.1.2019 – 1 BV 16.232 – juris Rn. 30; Gaßner/Reuber in Busse/Kraus, BayBO Art. 64 Rn. 21).
79
3.2 Das Vorhaben beeinträchtigt als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB öffentliche Belange gemäß § 35 Abs. 3 BauGB. Insbesondere betroffen sind die Belange des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 5 und 7 BauGB. Da die Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 BauGB nicht erfüllt sind, kann dem Vorhaben gerade auch entgegengehalten werden, dass es den Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widerspricht, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt.
80
3.2.1 Das Vorhaben widerspricht den Darstellungen des Flächennutzungsplans, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Der Flächennutzungsplan der Beklagten weist für das streitgegenständliche Grundstück ein Landschaftsschutzgebiet und Flächen mit besonderer Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz aus.
81
3.2.2 Das Vorhaben beeinträchtigt auch die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB.
82
Der Begriff der natürlichen Eigenart der Landschaft umfasst den Schutz des Außenbereichs vor einer wesensfremden Nutzung und den Schutz einer im Einzelfall schutzwürdigen Landschaft vor ästhetischer Beeinträchtigung. Ob durch ein Vorhaben die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt wird, hängt von der betreffenden Landschaft sowie der Lage, Gestaltung und Benutzung des betreffenden Vorhabens ab. Hat das Vorhaben nur unerhebliche Auswirkungen auf die Landschaft, ist noch keine Beeinträchtigung dieses öffentlichen Belangs anzunehmen. Eine Verletzung der natürlichen Eigenart der Landschaft liegt bei einer der jeweiligen Landschaft wesensfremden Bebauung vor sowie dann, wenn ein Vorhaben einem schutzwürdigen Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist (Mitschang/Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB § 35 Rn. 83 m.w.N.). Vorhaben mit anderer als land- und forstwirtschaftlicher Zweckbestimmung, wie z.B. neu zu errichtende Wohngebäude, Wochenendhäuser, Altenheime und gewerbliche Vorhaben, sind im Außenbereich zumeist unzulässig (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 35 Rn. 96 m.w.N.).
83
Entsprechend beeinträchtigt das als nicht privilegiert zu bewertende Vorhaben als außenbereichsfremdes Vorhaben die Eigenart der Landschaft. Dem Vorhaben kommt gerade aufgrund seiner exponierten und gut einsehbaren Lage in unmittelbarer Nähe zu dem …, auf das sich die Landschaftsschutzgebietsverordnung … bezieht, nicht nur eine unerhebliche Auswirkung auf die Landschaft zu.
84
3.2.3 Darüber hinaus lässt das Vorhaben die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB.
85
Dieser Belang soll vor einer unerwünschten Zersiedlung des Außenbereichs schützen. Der Begriff der Siedlung ist dabei nicht auf zum Wohnen bestimmte Gebäulichkeiten beschränkt, sondern bezieht sich auch auf andere Anlagen, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.1976 – IV C 42.74 – juris; U.v. 18.2.1983 – 4 C 19.81 – juris), auch wenn dieser nur gelegentlich erfolgt (Mitschang/Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 35 Rn. 93). Unter Entstehung ist ein Vorgang zu verstehen, der in Richtung auf eine Zersiedlung des Außenbereichs durch Schaffung einer Splittersiedlung begründet ist. Die Entstehung einer Splittersiedlung kann bereits durch die erstmalige Zulassung eines Bauvorhabens zu befürchten sein. Splittersiedlungen sind jedoch nicht schon um ihrer selbst Willen zu missbilligen, vielmehr ist eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange erst dann gegeben, wenn das Entstehen zu „befürchten“ ist (vgl. BVerwG, U.v. 3.6.1977 – IV C 37.75 – BVerwGE 54, 73). Zu befürchten ist das Entstehen einer Splittersiedlung nur dann, wenn das Vorhaben zu einer unerwünschten Splittersiedlung führt, wobei unerwünscht in diesem Sinn eine Splittersiedlung dann ist, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedelung auch eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. Dabei streitet für das Vorliegen einer Zersiedlung gewissermaßen eine starke Vermutung (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2018 – 2 B 18.1797 – juris). Es ist nicht zu verlangen, dass infolge der Zulassung des Vorhabens ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Zulassung weiterer Vorhaben entsteht. Ausreichend ist vielmehr, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden können, an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das beantragte Vorhaben nicht aus eben den Gründen (Entstehung einer Splittersiedlung) versagt und damit ein Bezugsfall geschaffen würde, auf den sich andere berufen könnten. Mit der Versagung der Genehmigung soll bereits den Anfängen gewehrt werden (vgl. BayVGH, U.v. 27.7.2018 – 15 B 17.1169 – juris).
86
Dies berücksichtigend ist das klägerische Vorhaben geeignet, aufgrund negativer Vorbildwirkung den Vorgang der Zersiedelung einzuleiten, denn es ist davon auszugehen, dass der Wiederaufbau des Gartenhauses, für das gerade nicht mehr eine Teilprivilegierung bzw. ein Bestandsschutz streitet, Begehrlichkeiten an der Errichtung vergleichbarer Gebäudlichkeiten in ähnlich reizvoller Umgebung bzw. in unmittelbarer Nähe zu den … auslöst.
87
4. Mangels Anspruchs auf die beantragte Baugenehmigung bzw. – wie beantragt – auf erneute Verbescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 26. April 2023, war die Verpflichtungsklage gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO abzuweisen.
88
Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 26. April 2023, da sich die in Ziff. 2 ausgesprochene Rückbauanordnung und die in Ziff. 4 ausgesprochene Zwangsgeldandrohung als rechtmäßig erweisen und daher die Kläger nicht in ihren Rechten verletzen, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
89
1. Die Rückbauanordnung ist rechtmäßig.
90
1.1 Es bestehen keine Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung, insbesondere wurden die Antragsteller mit Schreiben vom 29. August 2022 und telefonisch am 8. November 2022 angehört. Dabei wurde jeweils neben der fehlenden Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens auch eine drohende Rückbauanordnung angesprochen.
91
1.2 Die Baubeseitigungsanordnung ist auch materiell rechtmäßig.
92
1.2.1 Rechtsgrundlage der Beseitigungsanordnung ist Art. 76 Satz 1 BayBO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Tatbestandlich ist daher Voraussetzung, dass die Anlage formell und materiell illegal ist.
93
1.2.2 Das Bauvorhaben der Kläger ist formell rechtswidrig, da die erforderliche Baugenehmigung nicht vorliegt (s.o.).
94
1.2.3 Es ist auch materiell illegal, da das Gartenhaus nicht genehmigungsfähig ist (s.o.).
95
Darüber hinaus können sich die Kläger auch nicht auf Bestandsschutz berufen, da ein ggf. bestehender Bestandsschutz durch den nahezu vollständigen Abriss und Wiederaufbau erloschen ist. Der einer baulichen Anlage zukommende Bestandsschutz endet nämlich dann, wenn die Anlage beseitigt wird (BVerwG, U.v. 16.2.1973 – IV C 61.70 – BVerwGE 42, 8; BayVGH, U.v. 2.4.2001 – 1 B 97.1549 – juris Rn. 21). Vom Bestandsschutz sind auch solche Maßnahmen nicht mehr gedeckt, die einer Neuerrichtung oder einem Ersatzbau gleichkommen (BVerwG, B.v. 4.12.1992 – 4 B 229/92 – juris Rn. 3).
96
1.2.4 Die Störerauswahl der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Die Kläger sind als Bauherren (vgl. Art. 49 und 50 BayBO) für die Errichtung der Anlage unmittelbar verantwortlich und daher als Handlungsstörer heranzuziehen. Als Grundstückseigentümer sind sie daneben auch Zustandsstörer (vgl. Würfel in Busse/Kraus, BayBO Art. 50 Rn. 15; BayVGH, U.v. 3.7.2018 – 1 B 16.2374 – juris Rn. 16; B.v. 23.3.2020 – 1 ZB 18.1772 – juris Rn. 12).
97
1.2.5 Die Beklagte hat ihr Ermessen rechtmäßig ausgeübt. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
98
Nach Art. 40 BayVwVfG ist das Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens sind einzuhalten. Der gerichtliche Überprüfungsmaßstab folgt aus § 114 Satz 1 VwGO. Hiernach prüft das Gericht, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
99
Bei einem Einschreiten gegen rechtswidrige oder auch nur ordnungswidrige Zustände stehen sich nicht ein „Für und Wider“ dergestalt gegenüber, dass es der zuständigen Behörde völlig freistehe, zwischen dem Einschreiten und dem Nichteinschreiten zu wählen. Bei der Ermessensentscheidung über das Einschreiten gegen rechtswidrige und ordnungswidrige Zustände geht es vielmehr darum, dass die zuständige Behörde in die Lage versetzt werden soll, von dem an sich aus der Natur der Sache gerechtfertigten – und daher grundsätzlich gebotenen – Einschreiten ausnahmsweise absehen zu dürfen, wenn sie dies nach den konkreten Umständen ausnahmsweise für opportun hält. Insofern genügt es abgesehen von besonderen Fallkonstellationen für eine fehlerfreie Ermessensentscheidung für ein bauordnungsrechtliches Eingreifen (hier für den Erlass einer Rückbauanordnung), wenn die Behörde zum Ausdruck bringt, dass der beanstandete Zustand wegen seiner Rechtswidrigkeit beseitigt werden muss. Angesichts dessen braucht bei der „intendierten“ Ermessensentscheidung ein „Für und Wider“ nur dann „tiefer“ abgewogen zu werden, wenn im jeweilige Einzelfall besondere, konkrete Umstände für eine ausnahmsweise Duldung eines rechtswidrigen oder ordnungswidrigen Zustandes sprechen. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Beseitigungsanordnung vor, muss die Behörde in der Regel über den Willen zur Schaffung rechtmäßiger Zustände hinaus nicht besonders begründen, weshalb sie von der Eingriffsbefugnis Gebrauch macht. Vielmehr genügt es, wenn sie zum Ausdruck bringt, dass der beanstandete Zustand wegen seiner Rechtswidrigkeit zu beseitigen ist (BayVGH, B.v. 17.8.2022 – 15 ZB 22.1402 – juris Rn. 13 m.w.N.).
100
Eine tiefergehende Ermessensausübung kann in Ausnahmesituationen dann geboten sein, wenn die Behörde durch ihr Verhalten – insofern auch unter Berücksichtigung einer Zeitkomponente – gegenüber dem Betroffenen (hier dem Kläger) einen besonderen Vertrauenstatbestand gesetzt hat und sich mit dem Erlass einer bauordnungsrechtlichen Verfügung in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setzen würde. So bestehen für den Erlass einer Rückbauanordnung im Einzelfall besondere Anforderungen für die Ermessensausübung, wenn die Bauaufsichtsbehörde durch vorausgegangenes Handeln – etwa in Form einer „aktiven“ Duldung sowie ggf. auch durch bewusstes Nichtstun (faktisches Dulden einer baulichen Anlage, obwohl deren Illegalität behördlich bekannt ist) – gegenüber dem Betroffenen ein Vertrauen dahingehend begründet hat, sie werde von der bauordnungsrechtlichen Eingriffsbefugnis keinen Gebrauch machen (BayVGH, B.v. 17.8.2022 – 15 ZB 22.1402 – juris Rn. 13 m.w.N.). Im Übrigen darf die Bauordnungsbehörde ihr Ermessen nicht ohne erkennbaren Grund unterschiedlich, systemwidrig oder planlos ausüben (vgl. BVerwG, B.v. 23.11.1998 – 4 B 99.98 – BauR 1999,734; BayVGH, U.v. 9.5.2018 – 1 B 14.2215 – BayVBl 2019, 23).
101
Gemessen an diesen Maßstäben hat die Beklagte ihr Entschließungsermessen in rechtmäßiger Art und Weise ausgeübt. Die Beklagte hat sich aufgrund der Baurechtswidrigkeit des Vorhabens der Kläger dazu entschlossen, bauaufsichtlich tätig zu werden. Dieses Tätigwerden wurde dabei eben mit dieser Rechtswidrigkeit und der Schaffung ordnungsgemäßer Zustände begründet, was sich so auch aus dem Bescheid ergibt. Nachdem beim Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von einem intendierten Ermessen auszugehen ist, ist die Entscheidung der Beklagten, bauaufsichtlich gegen das Vorhaben der Kläger einzuschreiten, gerichtlich nicht zu beanstanden. Dabei musste die Beklagte die Entscheidung zum grundsätzlichen Einschreiten auch nicht weiter begründen oder weitere Belange in ihre Ermessensentscheidung einstellen. Die Beklagte erkannte zudem, dass ihr ein Ermessen eingeräumt ist, sodass von einem Ermessensausfall nicht gesprochen werden kann.
102
Nicht berücksichtigt werden musste im Rahmen des Ermessens, dass das Gebäude bereits seit Jahrzehnten im Außenbereich vorhanden gewesen ist. Durch den Abriss ist der Bestandsschutz des Gebäudes entfallen, so dass es unerheblich ist, wie lange das Gebäude im Außenbereich vorhanden gewesen ist. Auch dass alle Nachbarn dem Wiederaufbau des Gebäudes zugestimmt haben, kann nicht darüber hinweghelfen, dass das Vorhaben formell und materiell illegal ist. Diese baurechtliche Illegalität wiegt nicht weniger schwer, nur weil sich die Nachbarn nicht gestört fühlen.
103
Auch hinsichtlich der Ausübung des Auswahlermessens bestehen keine Bedenken. Die Beklagte hat sich in nicht zu beanstandender Weise für die Anordnung der vollständigen Beseitigung entschieden. Andere (mildere) Mittel kamen nicht in Betracht, um baurechtskonforme Zustände herzustellen. Die Beklagte hat sich dabei insbesondere auch mit einem teilweisen Rückbau auseinandergesetzt und diesen wegen der Erhöhung der Bodenplatte über die volle Fläche ausgeschlossen. Dieses Argument steht in Einklang damit, dass insbesondere Veränderungen mit Einfluss auf die Statik einer reinen Instandhaltungsmaßnahme entgegenstehen, so dass im Ergebnis die Anordnung eines Teilrückbaus, der Instandhaltungsmaßnahmen unberücksichtigt lässt, nicht möglich ist. Auch ein Teilrückbau, der nur die Bauteile erfasst, die über den Genehmigungsstand vom 26. März 1946 (Nr. 80/46) hinausgehen, ist nicht möglich. Die Kläger haben auf den Hinweis der Beklagten im Schreiben vom 29. August 2022, mit dem darauf hingewiesen worden ist, dass eine Neuerrichtung im Rahmen der 1946 genehmigten Kubatur möglich sein dürfte, nicht reagiert, so dass schon nicht bekannt ist, ob und ggf. wie (geringfügige Erweiterungen sind grundsätzlich möglich, vgl. BayVGH, U.v. 20.12.2010 – 1 B 10.2057 – juris Rn. 29; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB § 35 Rn. 154) die Kläger ein gleichwertiges Ersatzgebäude errichten wollten. Es wäre aber die Aufgabe der Kläger gewesen, „Angebote“ an den Beklagten heranzutragen, wie durch weniger einschneidende Maßnahmen ein baurechtskonformer Zustand hergestellt werden könnte (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.2010 – 1 B 09.1911 – juris Rn. 68 ff.).
104
Die Beklagte hat auch nicht durch ihr vorausgegangenes Handeln den Klägern gegenüber ein Vertrauen dahingehend begründet, sie werde von der bauordnungsrechtlichen Eingriffsbefugnis keinen Gebrauch machen. Ab dem Bekanntwerden des Abrisses des ursprünglichen Gartenhauses und der Neuerrichtung eines Ersatzbaus hat die Beklagte immer wieder deutlich gemacht, dass sie einen nicht legalisierbaren Zustand nicht dulden werde. So hat sie zum einen eine Baueinstellung vorgeschlagen und später auch über eine ggf. drohende Baubeseitigung informiert. Dass sich das bauaufsichtliche Verfahren zur Prüfung der Genehmigungspflichtigkeit und Genehmigungsfähigkeit durchaus über einen längeren Zeitraum hingezogen hat, führt nicht zur Duldung, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Kläger durch den Beginn der Bauarbeiten ohne vorausgehende Abstimmung mit der Beklagten durchaus das langwierige Verfahren zumindest teilweise mit verursacht haben.
105
Dass die Beklagte ihr Ermessen ohne erkennbaren Grund unterschiedlich, systemwidrig oder planlos ausgeübt hat, ist nicht ersichtlich. Zwar verweisen die Kläger auf andere Gebäude im geschützten Landschaftsraum (z.B. ein Restaurant mit großem Biergarten und einer Vielzahl von Parkplätzen und ein Wochenendhaus auf dem angrenzenden Nachbargrundstück), es fehlt jedoch an einer Vergleichbarkeit, da diese Gebäude gerade nicht bis auf die Bodenplatte mit der Folge des Verlustes des Bestandsschutzes abgerissen und unter Verstärkung der Bodenplatte wiederaufgebaut worden sind.
106
1.2.6 Die getroffene Ermessensentscheidung der Beklagten entspricht auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die verfügte Rückbauanordnung ist dabei unzweifelhaft geeignet, baurechts-konforme Zustände herzustellen. Die Anordnung war auch erforderlich, nachdem mildere Mittel – wie oben im Rahmen des Auswahlermessens bereits ausgeführt – nicht gegeben waren, um das verfolgte Ziel zu erreichen. Die Rückbauanordnung erweist sich zudem als verhältnismäßig im engeren Sinne bzw. als angemessen.
107
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beinhaltet, dass der durch die behördliche Maßnahme zu erwartende Schaden nicht erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stehen darf. Zwischen Erfolg und Schaden muss ein angemessenes Verhältnis bestehen. Abzuwägen ist dabei zwischen dem Schaden des Betroffenen und dem Vorteil, welcher der Allgemeinheit durch die behördliche Maßnahme erwächst, und umgekehrt. So müsste gegebenenfalls von einer rechtlich zulässigen und vielleicht sogar gebotenen Maßnahme Abstand genommen werden, wenn ihre Wirkung einen materiellen oder ideellen Schaden hervorrufen würde, der, gemessen an dem Gesamtvorgang, unverhältnismäßig ist. Haben jedoch Gebote oder Verbote Eingang in öffentlich-rechtliche Vorschriften gefunden, so besteht damit ein hinreichend öffentliches Interesse an ihrer Einhaltung. Für schwere Eingriffe im Baurecht überwiegt das öffentliche Interesse an einem geordneten Bauen regelmäßig den Schaden des Schwarzbauenden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird ergänzt durch den Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs. Der rechtsstaatliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt schließlich auch, dass die angeordneten Maßnahmen tatsächlich und rechtlich möglich und geeignet sind, das Ziel der zusätzlichen Anforderungen zu erreichen. Maßnahmen sind auch geeignet, wenn sie einen Rechtsverstoß mildern (vgl. zum Ganzen Dirnberger in Busse/Kraus, BayBO Art. 54 Rn. 62 ff. m.w.N.).
108
Die für eine Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände erforderlichen Kosten bzw. der Wert der Bausubstanz, die bei Befolgung einer bauaufsichtlichen Anordnung zerstört oder beeinträchtigt werden muss, sind nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in aller Regel kein im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung bzw. der Ermessensausübung zu berücksichtigender Gesichtspunkt. Wer ein Gebäude ohne die oder abweichend von der erforderliche(n) Baugenehmigung errichtet hat, muss die damit verbundenen Risiken selbst tragen (BayVGH, U.v. 28.6.2010 – 1 B 09.1911 – juris Rn. 81 m.w.N.; B.v. 5.12.2019 – 9 ZB 18.1263 – juris Rn. 10). Auch generalpräventive Interessen sind mit in die Abwägung einzustellen (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.2010 – 1 B 09.1911 – juris Rn. 80).
109
Gemessen an diesen Maßstäben stellt sich die Rückbauanordnung als angemessen dar. Die Beklagte kam im Rahmen ihrer vorgenommenen Abwägung zurecht zum Ergebnis, dass die Belange der Öffentlichkeit das Interesse der Kläger am Bestand ihres Schwarzbaus überwiegen. Insbesondere das private und gegebenenfalls auch wirtschaftliche Interesse der Kläger am Erhalt der Anlagen ist nicht schutzwürdig. Denn die Berücksichtigung des wirtschaftlichen Schadens, der durch die Beseitigung der Anlagen entsteht, wie auch der durch den Rückbau entstehenden Kosten, kann nicht dazu führen, dass derjenige, der sich baurechtswidrig verhält, gegenüber dem rechtstreuen Bauherrn bevorzugt wird, der sich vor der Errichtung des Bauvorhabens bei der Bauaufsichtsbehörde vergewissert, ob das Bauvorhaben mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar ist.
110
2. Die Zwangsgeldandrohung ist rechtmäßig.
111
2.1 Die Androhung des Zwangsgelds im Bescheid vom 26. April 2023 beruht auf Art. 29, 30, 31, 36 VwZVG und ist ebenfalls rechtmäßig. Insbesondere entspricht die Höhe des angedrohten Zwangsgelds von 5.000,00 EUR noch dem wirtschaftlichen Interesse der Kläger an der Nichtbeseitigung des Hauses gemäß Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG. Zwar soll das Haus nicht im engeren Sinne zu Wohnzwecken genutzt werden, zumal es über keine ortsfeste Feuerstätte verfügen wird. Allerdings dient es in den Sommermonaten zum Aufenthalt von Menschen und ist aufgrund seiner Größe vielseitig nutzbar. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die gesetzte Frist bis 31. Oktober 2023, da innerhalb von sechs Monaten das noch nicht vollständig hergestellte Gebäude unproblematisch beseitigt werden konnte.
112
2.2 Irrelevant für die Androhung des Zwangsmittels ist dabei, dass die Beklagte im Verfahren AN 3 S 23.1351 mit Schriftsatz vom 17. Juli 2023 bis zu der Entscheidung in der Hauptsache auf die Durchsetzung der für sofort vollziehbar erklärten Baubeseitigungsanordnung verzichtet hat und die gesetzte Frist bereits vor einer Entscheidung in der Hauptsache abgelaufen ist. Denn die Androhung eines Zwangsmittels wird nicht dadurch rechtswidrig, dass die Frist abläuft, bevor der Grundverwaltungsakt unanfechtbar geworden ist. Sie wird auch nicht gegenstandslos. Vielmehr wird ausschließlich die Fristbestimmung gegenstandslos. Als Folge dessen muss nach dem Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens eine neue Frist gesetzt werden (Sadler/Tillmanns in Sadler/Tillmanns, VwVG/VwZG, § 13 VwZG Rn. 52; Molodovsky/ Famers/Waldmann, Bayerische Bauordnung, Art. 76 Rn. 135; im Ergebnis wohl auch BayVGH, B.v. 20.12.2001 – 1 ZE 01.2820 – juris Rn. 15, wonach eine Fristbestimmung in einer Zwangsgeldandrohung als gegenstandslos zu behandeln ist, wenn das Verwaltungsgericht bei Ablauf der Erfüllungsfrist noch nicht über den Antrag des Betroffenen, die aufschiebende Wirkung herzustellen beziehungsweise anzuordnen, entschieden hat, da die Rechte des Betroffenen bei der Ausübung des durch Art. 37 Abs. 1 S. 1 VwZVG eingeräumten „Anwendungsermessens“ berücksichtigt werden können).
113
3. Mangels Rechtswidrigkeit der Beseitigungsanordnung und der Zwangsgeldandrohung war die Anfechtungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO abzuweisen.
114
Die Entscheidung über die Kosten fußt auf §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO.
115
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.