Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 22.10.2024 – AN 16 S 24.1697 , AN 16 S 24.1708
Titel:

Widerruf Waffenbesitzkarte - Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften von Waffen und Munition

Normenketten:
BJagdG § 17 Abs. 1, § 18 S. 1
AWaffV § 13 Abs. 2 Nr. 3, Nr. 4, Nr. 5, Abs. 4 S. 2
SprengG § 27
VwGO § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 80 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 5
Leitsätze:
1. § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO verpflichtet die Behörde nicht, eine Begründung zu geben, die ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zutrifft oder eine im Einzelfall bestehende konkrete Gefahr darlegt. Gerade wenn einer immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltung eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bereits ein einmaliger Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten von Waffen und Munition rechtfertigt die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit. Hat ein Waffenbesitzer in diesem Sinne bereits einmal versagt, ist allein dies ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient. Eine dahingehende Lebenserfahrung oder ein entsprechender Rechtssatz, dass erst ab einem weiteren Verstoß eine negative Zukunftsprognose gerechtfertigt ist, besteht nicht. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)
3. Im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG kann schon ein einziger Verstoß gegen die in § 36 Abs. 1 WaffG normierten Aufbewahrungspflichten die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen. (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)
4. Von der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit kann auf die sprengstoffrechtliche Unzuverlässigkeit geschlossen werden. (Rn. 80) (redaktioneller Leitsatz)
5. Die Auswechslung der Rechtsgrundlage für die Unzuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers im Rahmen des Widerrufs seiner sprengstoffrechtlichen Erlaubnis (§ 8a Abs. 1 Nr. 2b SprengG statt Abs. 1 Nr. 2c) im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist zulässig, da sie weder zu einer unzulässigen Wesensveränderung der Anordnung noch zu einer Veränderung des Ermessensrahmens führt. (Rn. 81 – 82) (redaktioneller Leitsatz)
6. In den Fällen der Anordnung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1–3 VwGO sind die Gerichte, neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache, zu einer Einzelfallbetrachtung grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist. (Rn. 90) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Widerruf Waffenbesitzkarte und sprengstoffrechtliche Erlaubnis, Einziehung Jagdschein, Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften, Ordnungsgemäße Aktenführung, Widerruf Waffenbesitzkarte, Anordnung der sofortigen Vollziehung, Waffenaufbewahrung, Trennung von Waffen und Munition, waffenrechtliche Unzuverlässigkeit, unsachgemäße Lagerung von Waffen und Munition, Lagerung außerhalb des Innenfachs, Zugriff trotz fehlender Sprengstofferlaubnis, Widerruf sprengstoffrechtliche Erlaubnis
Fundstelle:
BeckRS 2024, 49723

Tenor

1. Die Verfahren AN 16 S 24.1697 und AN 16 S 24.1708 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
2. Die Anträge werden abgelehnt.
3. Der Antragsteller hat die Kosten der Verfahren zu tragen.
4. Der Streitwert wird bis zur Verbindung für das Verfahren AN 16 S 24.1697 auf 5.125,00 EUR und für das Verfahren AN 16 S 24.1708 auf 4.000,00 EUR festgesetzt. Ab der Verbindung wird ein Gesamtstreitwert in Höhe von 9.125,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klagen gegen den Bescheid vom 13. Juni 2024, mit dem der Antragsgegner die Waffenbesitzkarte, die jagdrechtliche Erlaubnis und die sprengstoffrechtliche Erlaubnis nach § 27 SprengG des Antragstellers wiederrufen bzw. für ungültig erklärt und eingezogen hat.
2
Der Antragsteller ist Inhaber der Waffenbesitzkarte Nr. …, in welcher insgesamt sechs Waffen eingetragen sind. Darüberhinaus ist er Inhaber einer Erlaubnis nach § 27 SprengG zum Laden und Wiederladen von Patronenhülsen (Nr. …*) sowie einer jagdrechtlichen Erlaubnis in Form eines Jagdscheines (Nr. …*).
3
Am 3. Mai 2024 fand eine Kontrolle beim Antragsteller durch zwei Bedienstete des Landratsamtes … statt.
4
Gemäß Vermerk in der Behördenakte wurden Munition und Waffen zusammen im B-Schrank gelagert.
5
Mit Schreiben vom 7. Mai 2024 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zum Widerruf der waffen-, sprengstoff- und jagdrechtlichen Erlaubnisse an.
6
Unter dem 13. Juni 2024 erließ der Antragsgegner folgenden Bescheid:
7
1. Die dem Antragsteller erteilte waffenrechtliche Erlaubnis in Form der Waffenbesitzkarte Nr. …, ausgestellt vom Landratsamt …, wird widerrufen.
8
2. Die jagdrechtliche Erlaubnis Nr. …, ausgestellt vom Landratsamt …, wird für ungültig erklärt und eingezogen.
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3. Die Sprengstofferlaubnis Nr. …, ausgestellt vom Landratsamt …, wird für ungültig erklärt und eingezogen.
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4. Der Antragsteller hat die in Nr. 1, Nr. 2 sowie Nr. 3 dieses Bescheids bezeich-neten Erlaubnisse spätestens vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides dem Landratsamt … zu übergeben.
11
5. Der Antragsteller hat seine Feuerwaffen und Munition spätestens vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides einem Berechtigten zu übergeben oder diese durch einen Berechtigten dauerhaft unbrauchbar machen zu lassen.
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6. Falls der Antragsteller die unter Nrn. 4 und 5 dieses Bescheides genannte Verpflichtung zur Rückgabe der Erlaubnis und zur Abgabe seiner Feuerwaffen an einen Berechtigten nicht fristgerecht erfüllt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR pro Erlaubnis und von 500,00 EUR pro Waffe fällig.
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7. Die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO wird hiermit zu den Nrn. 2, 3, 4 und 5 dieses Tenors angeordnet.
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Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Tenors begründet sich kraft Gesetzes.
15
8. Die Kosten dieses Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr von 450,00 EUR festgesetzt.
16
Zur Begründung führte der Antragsgegner im Wesentlichen aus, dass beim Antragsteller eine gemeinsame Lagerung seiner Waffen und Munition mit denen seiner Ehefrau vorliege. In seinem nicht angemeldeten, weißgrauen Waffenschrank der Sicherheitsstufe B im Untergeschoss seien alle Kurzwaffen der Eheleute zusammen mit der dazugehörigen Munition gelagert worden. In Schränken der Sicherheitsstufe B dürfe sich die Munition nur im abgeschlossenen Innenfach getrennt von der Waffe befinden. Die Munition habe sich jedoch nicht im abgeschlos-senen Innenfach befunden. Die Pistole Kaliber 10 mmAuto sei neu erworben und bereits zu-sammen mit der 10 mm Munition falsch gelagert worden. Der weitere Revolver .357 Mag des Antragstellers sei ebenfalls zusammen mit der .357 Mag-Munition gelagert worden. Die Möglichkeit, die Kurzwaffenmunition richtig zu lagern, hätte durch den A-Schrank im Erdgeschoss bestanden. Es sei davon auszugehen, dass der weißgraue B-Tresor dem Vater des Antragstellers gehöre. In diesem Schrank habe der Antragsteller zudem Schwarzpulver und NC-Pulver gelagert. Die Erlaubnis berechtige jedoch nur zum Erwerb und Besitz von einem Kilogramm NC-Pulver. Die Ehefrau des Antragsteller besitze keine Sprengstofferlaubnis. Sie habe jedoch ebenfalls Zugriff auf das Pulver gehabt. Der weißgraue Waffenschrank sei nicht für den Wohnsitz in … angemeldet gewesen. Der Antragsteller habe angegeben, dass der ange-meldete grüne B-Schrank nun in seinem Haus sei.
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Der Bescheid hinsichtlich Nr. 1 des Tenors stütze sich auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Der Antragsteller besitze insgesamt die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2c) WaffG erforderliche Zuverlässigkeit nicht. Der Antragsteller sei nach § 5 Abs. 1 Nr. 2b) WaffG unzuverlässig, da er seine Waffen zusammen mit passender Munition außerhalb eines dafür vorgeschriebenen Behältnisses ver-wahrt habe. Die Munition sei nicht von den Kurzwaffen getrennt gelagert worden. Es erscheine nicht glaubwürdig, dass der Antragsteller die Waffen und Munition ordnungsgemäß lagere und lagern werde. Hätte keine Kontrolle stattgefunden, würden die Waffen vermutlich immer noch falsch gelagert. Nach Würdigung aller Umstände sei auch zukünftig nicht mit einem ordnungs-gemäßen Waffenumgang durch den Antragsteller zu rechnen. Die fehlerfreie Ermessensausübung führe beim Antragsteller zu einem Widerruf der Erlaubnis, da er vorsätzlich eine er-laubnispflichtige Waffe und die Munition falsch gelagert habe. Zudem handele es sich bei den Waffen des Antragstellers um Jagdwaffen und somit um die Ausübung eines Hobbys. Dies habe einen wesentlich geringeren Stellenwert als das Risiko für Leib und Leben. Die Ungültigerklärung und Einziehung der jagdrechtlichen Erlaubnis stütze sich auf § 17 Abs. 1 Nr. 2 BJagdG. Darüber hinaus seien im B-Tresor Schwarzpulver und NC-Pulver gelagert worden, die Erlaubnis beschränke sich jedoch auf ein Kilogramm NC-Pulver. Zudem besitze die Ehefrau des Antragstellers keine Sprengstofferlaubnis, habe jedoch ebenfalls Zugriff auf das Pulver gehabt. Es lägen daher Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, dass explosionsgefährliche Stoffe Personen überlassen würden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese nicht berechtigt seien.
18
Auf die weitere Begründung wird Bezug genommen.
19
Mit Schriftsätzen vom 2. Juli 2024, eingegangen bei Gericht am 5. Juli 2024, erhob der Antragsteller Klagen gegen den Bescheid vom 13. Juni 2024 (Az. AN 16 K 24.1694 und AN 16 K 24.1709) und stellte mit Schriftsätzen vom 3. Juli 2024 die vorliegenden Anträge gemäß § 80 Abs. 5 VwGO.
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Zur Begründung trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass aus der Email-Korrespondenz zwischen dem Antragsteller und dem Landratsamt deutlich werde, wie sehr der Antragsteller darum bemüht gewesen wäre, bei der Waffenaufbewahrung Fehler nicht zu begehen. Gerade durch dieses intensives Bemühen sei der Gedankenfehler im Sinne einer einmaligen Fehlleistung entstanden mit der Ablage der Kurzwaffen und der Munition für diese Kurzwaffen in dem eigentlich sicheren B-Würfel. Die vom Antragsgegner vorgelegte Akte entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben. Es handele sich nicht um eine fortlaufend geführte und zeitnah erstellte Ansammlung von Aktenblättern mit wahrheitsgemäßem Inhalt. Die aus dem Email-Verkehr ersichtlichen Telefonate zwischen dem Landratsamt und dem Antragsteller seien in der Akte überhaupt nicht erfasst. Falsch ist die Behauptung des Landratsamtes in der Akte, dass der Antragsteller im Rahmen der Überprüfung angetroffen und belehrt worden sei. Der Antragsteller sei bei der Waffenaufbewahrungskontrolle überhaupt nicht zugegen gewesen. Zudem gebe es kein ordnungsgemäßes Protokoll über die Waffenaufbewahrungskontrolle in der Akte.
21
Der Sachvortrag des Landratsamtes zu der angeblichen Prüfung des Schießpulvers sei offenkundig wahrheitswidrig. Diesbezüglich fehle bereits ein Hinweis in einem Protokoll über die Waffenaufbewahrungskontrolle. Die drei Behältnisse, die sich in dem Würfel befunden hätten, seien von den Kontrolleuren überhaupt nicht angeschaut worden. Zudem habe das Landratsamt keine Waagen bzw. sonstige Messgeräte dabei gehabt. Auch die Ausführungen zur Geeignetheit des B-Würfels zur Aufbewahrung von Waffen seien nicht komplett zutreffend. Es sei unrichtig, dass der B-Tresor dem Vater gehöre. Unrichtig sei auch, dass der B-Tresor für die Aufbewahrung von Kurzwaffen ungeeignet sei. Darüber hinaus sei die Behauptung der Lagerung von Schwarzpulver und NC-Pulver in dem B-Tresor unrichtig; richtig sei vielmehr, dass die in dem B-Würfel befindlichen drei Dosen vollständig leer gewesen seien. Schwarzpulver habe der Antragsteller nie in seinem Besitz gehabt. Die entsprechende Dose sei uralt und stamme vom verstorbenen Onkel des Antragstellers. Diese Dosen seien nicht angeschaut und auch nicht geöffnet worden. Zur Sicherheit habe der Antragsteller am 23. oder 24. April 2024 ein auf der Homepage des Landratsamtes Hof eingestelltes grünes Merkblatt gesichtet. Demnach könnten bis zu jeweils zehn erlaubnispflichtige Kurzwaffen in einem Sicherheitsbehältnis der Sicherheitsstufe B aufbewahrt werden. Den B-Würfel habe der Antragsteller vom Vater geschenkt bekommen schon vor seinem Umzug nach … im Jahr 2010.
22
Hinsichtlich der fehlerhaften Lagerung von vier Kurzwaffen nebst zugehöriger Munition würden entlastende Momente zugunsten des Antragstellers gelten, so dass von einer einmaligen, situativ bedingten Fehlleistung des Antragstelles auszugehen sei, ohne dass eine negative Zukunftsperspektive wertend angeschlossen werden könne. Der Antragsteller habe nach zahl-reichen Emails und Telefonaten mit dem Landratsamt versucht, alles richtig zu machen. Der Antragsteller habe nach seiner Rückkehr am späten Abend des 29. April 2024 die drei Kurzwaffen auf dem aus seiner Sicht sichersten Platz abgelegt, nämlich in dem schwergewichtigen B-Würfel, ohne dass seine Frau gewusst hätte, dass in dem B-Würfel nun auch Munition für die Kurzwaffen des Antragstellers abgelegt sei. Weil in dem in … vorhandenen A-Schrank kein B-Innenfach vorhanden gewesen sei, habe der Antragsteller die zu seinen Pistolen gehö-rende Munition ebenfalls abgelegt in dem B-Würfel, der aus seiner Sicht der sicherste Platz darstellte.
23
Der Antragsteller beantragt,
1.
Die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels gegen den Bescheid des Landratsamtes … vom 13. Juni 2024 (* …*) wird angeordnet im Hinblick auf Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids.
2.
Die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels gegen den Bescheid des Landratsamtes … vom 13. Juni 2024 (* …*) wird wiederhergestellt im Hinblick auf die in Ziffer 7 des Bescheids genannten Ziffern 2, 3, 4, 5.
24
Der Antragsgegner beantragt,
die Anträge abzulehnen.
25
Zur Erwiderung führt der Antragsgegner im Wesentlichen aus, dass bereits die Tatsache, dass der Antragsteller in einem Tresor der Sicherheitsstufe B Munition und die dazugehörigen Kurzwaffen zusammen gelagert habe, zu einer unsachgemäßen Aufbewahrung der Waffen und Munition führe. Dies hätte der Antragsteller auch auf dem grünen Merkblatt auf der Homepage des Landratsamtes … lesen können. Bei der Tresorkontrolle am 3. Mai 2024 hätten auf Grund der begrenzten Ausstattung vor Ort (keine Waagen bzw. sonstige Messgeräte) die Pulverarten nicht abgemessen werden können. Eine physikalisch oder chemisch korrekte eindeutige Zuordnung Schwarzpulver/NC-Pulver sei nicht möglich gewesen. Deshalb sei das Pulver nicht herausgenommen, getestet worden etc.. Dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Tresorkontrolle nicht an seinem Wohnsitz vor Ort anwesend gewesen war, sei irrelevant, da die gemeinsame Lagerung von seinen Waffen und seiner Munition mit den Waffen und der Munition seiner Frau vorliege. Die unsachgemäße Lagerung der Munition und der Waffen hätten auch vorgelegen, wenn der bei der Waffenkontrolle vorhandene weißgraue B-Tresor dem Antragsteller tatsächlich geschenkt worden wäre. Durch die zahlreichen Email-Anfragen zur Waffen- und Munitionsaufbewahrung seitens des Antragstellers müsse sich dieser umso mehr über die Falschlagerung bewusst gewesen sein.
26
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die beigezogene Behördenakte sowie die Gerichtsakten in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sowie der Hauptsacheverfahren.
II.
27
Die Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen den Bescheid vom 13. Juni 2024 wiederherzustellen bzw. anzuordnen, sind zulässig, jedoch nicht begründet und daher abzulehnen.
28
1. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 1 des Bescheides getroffene Verfügung anzuordnen, ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO statthaft, da der Widerruf von Erlaubnissen nach dem Waffengesetz in den Fällen der Unzuverlässigkeit gemäß § 45 Abs. 5 WaffG qua Gesetz sofort vollziehbar ist (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO).
29
In diesem Sinne ist der Antrag nach § 80 VwGO ebenfalls statthaft hinsichtlich des vorliegenden Widerrufs der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis nach § 27 SprengG, gestützt auf § 34 Abs. 2 Satz 1 SprengG. Da sich vorliegend der Widerruf auf die Unzuverlässigkeit des Antragstellers gemäß § 8a Abs. 1 Nr. 2b) SprengG stützt, hat die vorliegende Anfechtungsklage gemäß § 34 Abs. 5 SprengG keine aufschiebende Wirkung. Dass vorliegend der Antragsgegner den Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids in Ziffer 7 für sofort vollziehbar erklärt hat, ist vor dem Hintergrund des Umstandes, dass sich der Sofortvollzug bereits aus dem Gesetz ergibt, unnötig, aus rechtlicher Sicht jedoch auch unschädlich.
30
Die Statthaftigkeit des vorliegenden Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Ungültigerklärung und des Entziehens der jagdrechtlichen Erlaubnis in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides ergibt sich vorliegend aus der Anordnung des Sofortvollzugs in Ziffer 7 des Bescheides vom 13. Juni 2024. Gleiches gilt für die weiteren Anordnungen in den Ziffern 4 und 5 des Bescheides.
31
2. Die zulässigen Anträge sind jedoch nicht begründet.
32
Entfaltet ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen bzw. wieder-herstellen. Bei der vom Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu treffenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbefehls kann das Gericht neben einer etwaigen gesetzlichen Wertung (vgl. vorliegend § 45 Abs. 5 WaffG, § 34 Abs. 5 SprengG) und der Bewertung eintretender Folgen für den Fall der Anordnung und den Fall der Nichtanordnung der aufschiebenden Wirkung für den Betroffenen und für das öffentliche Interesse auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens berücksichtigen. Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten, dass der Rechtsbehelf offen-sichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Sind die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren als offen anzusehen, findet eine reine Interessenabwägung statt.
33
In Anwendung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des streitgegenständlichen Bescheides der Vorrang gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers, vorläufig von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, einzu-räumen. Der Bescheid vom 13. Juni 2024 erweist sich nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung als recht-mäßig und verletzt den Antragsteller insoweit nicht in seinen Rechten. Selbst wenn man die Erfolgsaussichten in der Hauptsache in dieser Hinsicht als offen ansehen wollte, haben die Anträge im Hinblick auf die dann vorzunehmende Interessenabwägung keinen Erfolg.
34
2.1 Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziffer 7 des Bescheides genügt gerade noch den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, da es sich dabei um eine nicht lediglich formelhafte schriftliche Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes handelt. Im Bereich des Sicherheitsrechts sind die Anforderungen an die Begründung der Anordnung eines Sofortvollzugs gering, weil es um den Schutz um Leben und Gesundheit geht und deshalb der Sofortvollzug in der Regel bereits aus der Natur der Sache begründet ist (vgl. BayVGH, B.v. 15.8.2008 – 19 CS 08.1471 – juris Rn. 3, B.v. 23.3.2006 – 19 CS 06.456 – juris Rn. 12). § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verpflichtet die Behörde nicht, eine Begründung zu geben, die ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zutrifft oder eine im Einzelfall bestehende konkrete Gefahr darlegt. Gerade dann, wenn, wie insbe-sondere im Sicherheitsrecht, immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung vielmehr darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt (vgl. OVG Münster, B.v. 25.8.2010 – 20 B 613/10 – juris Rn. 5).
35
Vorliegend hat das Landratsamt zwar sehr knapp, jedoch noch ausreichend dargelegt, dass der Sofortvollzug angeordnet werde, um zu verhindern, dass der Antragsteller als eine Person, die im waffenrechtlichen Sinne als unzuverlässig anzusehen sei, bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheides ungehindert Waffen und Munition besitzen und erwerben könne. Zugleich sei der hohe Stellenwert des Schutzes von Leben und Gesundheit in den Blick zu nehmen.
36
2.2 Die Führung der vorgelegten Behördenakte führt nicht zur Rechtswidrigkeit des streitgegen-ständlichen Bescheides.
37
Der Antragsteller rügt insoweit die vorgelegte Behördenakte als unvollständig und einer ordnungsgemäßen Aktenführung nicht entsprechend.
38
Die grundsätzliche Pflicht zur Aktenführung, mithin das Gebot der Aktenmäßigkeit auch des nichtförmlichen Verwaltungsverfahrens als Voraussetzung eines geordneten Gesetzesvollzugs und einer effektiven Kontrolle durch Gerichte, Parlamente und Aufsichtsbehörden, ist eine all-gemein anerkannte Ausprägung des Rechtsstaatsprinzip; hierzu zählen auch das Gebot der Vollständigkeit der Akte, mithin des Umstandes, dass alle wesentlichen Verfahrenshandlungen vollständig und nachvollziehbar sowie ohne Verzögerung abzubilden sind (vgl. Schneider, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 4. EL November 2023, § 29 VwVfG, Rn. 46, 47).
39
Darüber hinaus ist Sinn und Zweck der Aktenführung, dem Betroffenen die Möglichkeit zu gegeben, sich effektiv gegen die behördliche Entscheidung zu verteidigen sowie das ange-rufene Gericht in die Lage zu versetzen, das behördliche Handeln und die angefochtene Entscheidung vollständig nachzuvollziehen.
40
Hinsichtlich der Kritik des Antragstellers an der behördlichen Aktenführung ist festzuhalten, dass kein substantiierter Vortrag dazu erfolgt, inwieweit die behaupteten Unvollständigkeiten der vorgelegten Akte dazu führen könnten, dass der Antragsteller in seiner Rechtsverteidigung eingeschränkt ist. Beispielsweise wird nicht näher dargelegt, inwiefern fehlende Vermerke über Telefonate zwischen dem Landratsamt und dem Antragsteller vorliegend dazu führen könnten, dass die angefochtene Entscheidung rechtswidrig ist.
41
Zudem sind in einer Behördenakte die wesentlichen und insbesondere auch die entscheidungserheblichen Umstände festzuhalten. Selbst wenn man vorliegend unterstellt, dass in den Telefonaten zwischen dem Landratsamt und dem Antragsteller, wie auch in den Emails, über die Frage diskutiert worden wäre, welche Waffen in welchen Sicherheitsbehältnissen zu lagern wären, die sich an welchem Ort zu befinden hätten, so würde das Fehlen von Vermerken über solche Telefonate vorliegend zu keinem anderen Ergebnis führen, da sie für das Gericht nicht entscheidungserheblich wären; denn es wurde antragstellerseits nicht substantiitert vorgetragen, dass das Landratsamt telefonisch zugesagt hätte, dass die gemeinsame Lagerung von Waffen und dazugehöriger Munition zulässig wäre (vgl. hierzu nachfolgend: Ziffer 2.3).
42
Es bleibt demnach festzuhalten, dass insgesamt kein substantiierter Vortrag dazu erfolgt, inwieweit die vorgelegte Behördenakte den Antragsteller in seiner Verteidigungsmöglichkeit beschränkt bzw. der Verwaltungsvorgang derart falsch abgebildet ist, dass er die angefochtene Entscheidung nicht trägt bzw. Einfluss auf diese hat.
43
Soweit der Antragsteller rügt, dass es vorliegend kein ordnungsgemäßes Protokoll über die Aufbewahrungskontrolle am 3. Mai 2024 gegeben hat, so ist dies zwar unüblich, jedoch ohne Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Denn sollte sich heraus-stellen, dass Verstöße mangels Protokollierung unnachweislich sind, so geht dies zu Lasten der Behörde, die insoweit das Darlegungs- bzw. Beweiserfordernis trifft.
44
2.3 Der unter Ziffer 1 verfügte Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis Nr. … ist aller Voraussicht nach rechtlich nicht zu beanstanden.
45
Rechtsgrundlage für den Widerruf ist vorliegend § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Demnach ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne von § 5 WaffG besitzt.
46
a) Der Antragsteller dürfte vorliegend nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2b) WaffG verfügen. Die anlässlich der Aufbewahrungskontrolle am 3. Mai 2024 vorgefundene gesetzeswidrige Aufbewahrungssituation ist eine nachträglich einge-tretene Tatsache, die die Annahme fehlender waffenrechtlicher Zuverlässigkeit des Antragstellers rechtfertigen dürfte.
47
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2b) WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.
48
Maßgeblich für die Beurteilung, ob die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht gegeben ist, ist eine auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezi-fisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert (vgl. BT-Drs. 14/7758, Seite 54). Diese Prognose ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellen. Dabei ist der allgemeine Zweck des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 WaffG, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren, zu berücksichtigen. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen (st. Rspr. BVerwG, B.v. 2.11.1994 – 1 B 215/93 – juris Rn. 10, B.v. 31.1.2008 – 6 B 4/08 – juris Rn. 5; st. Rspr. BayVGH, B.v. 5.10.2017 – 21 CS 17.1300 – juris Rn. 11, B.v. 21.11.2019 – 21 CS 18.2523 – juris Rn. 15). Dabei wird nicht der Nachweis verlangt, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen wird, sondern es genügt vielmehr allgemein nach tatrichterlicher Würdigung aller Umstände des Einzelfalles eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, B.v. 2.11.1994 – 1 B 215/93 – juris Rn. 10, B.v. 31.1.2008 – 6 B 4/08 – juris Rn. 5). Im Bereich des Waffenrechts kann angesichts der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit ausgehen, ein Restrisiko nicht hingenommen werden. Bereits ein einmaliger Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten rechtfertigt die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit (vgl. BayVGH, B.v. 2.10.2013 – 21 CS 13.1564 – juris Rn. 12 m.w.N.). Hat ein Waffenbesitzer in diesem Sinne bereits einmal versagt, ist allein dies ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient. Eine dahingehende Lebenserfahrung oder ein entsprechender Rechtssatz, dass erst ab einem weiteren Verstoß eine negative Zukunftsprognose gerechtfertigt ist, besteht nicht (st. Rspr. BayVGH, B.v. 28.11.2013 – 21 CS 13.1758 – juris Rn. 12, B.v. 22.12.2014 – 21 ZB 14.1512 – juris Rn. 12, B.v. 4.11.2015 – 21 CS 15.2023 – juris Rn. 15, B.v. 14.11.2016 – 21 ZB 15.648 – juris Rn. 17).
49
b) Die am 3. Mai 2024 in der Wohnung des Antragstellers durch die Kontrolleure festgestellte Aufbewahrungssituation in Bezug auf die erlaubnispflichtigen Kurzwaffen und die Zusammenlagerung mit dazugehöriger passender Munition in demselben Sicherheitsbehältnis der Sicherheitsstufe B dürfte die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller seine Waffen und Munition nicht sorgfältig verwahrt und auf Grund dessen nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2b) WaffG verfügt.
50
Eine sorgfältige Aufbewahrung im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2b) WaffG liegt nur dann vor, wenn die gesetzlichen Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffen oder Munition beachtet sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2016 – 21 ZB 15.1949 – juris Rn. 16). Dabei dienen die waffenrecht-lichen Aufbewahrungsvorschriften und hierbei insbesondere § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG der Umsetzung eines der vordringlichsten und wichtigsten Ziele des Waffengesetzes, nämlich das Abhandenkommen oder die unbefugte Ansichnahme von Waffen durch Dritte zu verhindern (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2015 – 21 ZB 15.2418 – juris Rn. 12).
51
Gemäß § 36 Abs. 1 WaffG hat derjenige, der Waffen oder Munition besitzt, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhanden kommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen.
52
Gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG a.F. durften Schusswaffen nur getrennt von Munition aufbe-wahrt werden. § 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG a.F. ist inzwischen gestrichen worden. In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt, dass diese Anhebung der Aufbewahrungsstandards eine Vereinfachung der Aufbewahrungsregelungen dahingehend ermögliche, dass die getrennte Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition, die bislang bei der Verwendung bestimmter Sicherheitsbehältnisse für erforderlich angesehen worden sei, entfallen könne; die Regelungen zur Aufbewahrung würden damit insgesamt einfacher und anwenderfreundlicher gestaltet; das Risiko einer absichtslosen fehlerhaften Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition, welches in der Vergangenheit mehrfach zu Verstößen gegen das Waffengesetz und in der Folge zur Entziehung waffenrechtlicher Erlaubnisse wegen Zweifel an der Zuverlässigkeit der Erlaubnisinhaber geführt habe, sinke dadurch (vgl. BT-Drs. 18/11239, Seite 1, 46; s. auch BayVGH, B.v. 24.11.2017 – 21 CS 17.1531 – juris Rn. 19). Grundsätzlich richten sich nunmehr die Fragen, ob Waffen und dazugehörige Munition in demselben Sicherheitsbehältnis gelagert werden dürfen und welche Qualität dieses Behältnis aufweisen muss nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 AWaffV, wonach im Grundsatz für eine solche Aufbewahrung ein Sicherheitsbehältnis der Norm DIN 1143-2 Widerstandsgrad 0 bzw. I erforderlich ist.
53
Diesbezüglich ist jedoch zu beachten, dass eine Besitzstandswahrung besteht für Sicherheitsbehältnisse, die vor der entsprechenden waffenrechtlichen Reform im Jahr 2017 angeschafft wurden. Diese alten Waffenschränke dürfen entsprechend weitergenutzt werden. Nach der alten Rechtslage war – anders als nach der aktuellen Rechtslage in § 13 Abs. 2 Nrn. 3 bis 5 AWaffV – ein Sicherheitsbehältnis der Sicherheitsstufe A oder B nach VDMA 24992 ausreichend, wenn die Munitionslagerung in einem Innenfach aus Stahlblech ohne Klassifizierung mit Schwenkriegelschloss oder einer gleichwertigen Verschlussvorrichtung erfolgt (vgl. § 13 Abs. 4 Satz 2 AWaffV i.d.F. vom 1.4.2008 bis 5.7.2017).
54
Der Antragsgegner macht vorliegend dem Antragsteller zum Vorwurf, dass er die Pistole Kaliber 10 mmAuto und den Revolver .357Mag jeweils zusammen mit der dazugehörigen Munition im weißgrauen Waffenschrank der Sicherheitsstufe B gelagert hat und die ent-sprechende Munition sich nicht im abgeschlossenen Innenfach befand.
55
Dies stellt einen entsprechenden Verstoß gegen die geltenden Aufbewahrungsvorschriften dar.
56
Dieses Sicherheitsbehältnis ist gemäß Lieferschein vom 25. November 1995 ein Tresor der Sicherheitsstufe B nach VDMA 24992. Unabhängig von der Frage, ob dieser Tresor dem Vater des Antragstellers gehört oder dem Antragsteller geschenkt worden ist, liegt jedenfalls ein Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften vor. Denn nach aktueller Rechtslage hätten die Kurzwaffen und die dazugehörige Munition nicht in dem Schrank gelagert werden dürfen, da der Tresor nicht den Vorgaben des § 13 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 AWaffV entspricht, da er nicht die Norm DIN/EN 1143-1 erfüllt. Bei einem Abstellen auf die alte Rechtslage – die vorliegend für den Antragsteller gelten dürfte – hätte die Munition in einem entsprechenden im Sicherheitsbehältnis befindlichen eigenen Fach gelagert werden müssen.
57
Dieser Verstoß wurde insoweit vom Landratsamt auch in der Akte vermerkt und ist auch vom Antragsteller unbestritten.
58
Da bereits dieser Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften für den vorliegenden Widerruf ausreichend ist, kommt es auf die Frage, ob weitere Verstöße vorliegen, nicht an.
59
Im Rahmen des festgestellten Verstoßes kommt es nicht maßgeblich darauf an, ob der Antragsteller seine übrigen Kurzwaffen oder Langwaffen ansonsten entsprechend der einschlä-gigen Vorschriften sicher verwahrt hat oder seine Waffen künftig vorschriftsmäßig verwahren will; denn unabhängig davon, wie lange der Antragsteller die Waffen tatsächlich schon zu-sammen mit der dazugehörigen Munition aufbewahrt hat, steht unstreitig fest, dass er sie im Zeitpunkt der Waffenaufbewahrungskontrolle jedenfalls nicht vorschriftsmäßig verwahrt hat (vgl. VG München, B.v. 10.1.2023 – M 7 S 22.3213 – juris Rn. 32 ff.).
60
Auch ist nicht erheblich, ob es vorliegend zu einer konkreten Gefährdungssituation der Allgemeinheit gekommen ist, da jedenfalls eine abstrakte Gefährdung ausreichend ist (vgl. BayVGH, B.v. 7.7.2015 – 21 ZB 14.2690 – juris Rn. 15).
61
Mit der nicht den Vorschriften entsprechenden Aufbewahrung der beiden Kurzwaffen zusam-men mit der dazugehörigen Munition dürfte der Antragsteller gegen § 36 Abs. 1 WaffG ver-stoßen haben. Dies dürfte die Annahme rechtfertigen, dass er seine Waffen nicht sorgfältig verwahrt und auf Grund dessen nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2b) WaffG verfügt. Vor dem Hintergrund, dass eine unsorgfältige und gesetzeswidrige Aufbewahrung den Übergang von der legalen zur illegalen Schusswaffe erleichtert, schlagen Aufbewahrungsmängel insbesondere auf die waffenrechtliche Zuverlässigkeit durch. Im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 2b) WaffG kann damit schon ein einziger Verstoß gegen die in § 36 Abs. 1 WaffG normierten Aufbewahrungspflichten die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen (vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2017 – 21 CS 17.1531 – juris Rn. 16).
62
c) Es dürfte sich bei dem konkreten Verstoß gegen die dem Antragsteller als Waffenbesitzer obliegenden Aufbewahrungspflichten angesichts der Gesamtumstände auch nicht lediglich um eine situative Nachlässigkeit minderen Gewichts handeln, die bei nur einmaligem Auftreten noch toleriert werden könnte (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2014 – 6 C 30/13 – juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 31.7.2015 – 21 CS 15.1156 – juris Rn. 12).
63
Die Prognose, dass der Antragsteller Munition und Waffen auch künftig nicht sorgfältig, d.h. entsprechend den gesetzlichen Vorschriften verwahren wird, ist gerechtfertigt. Bei den Aufbewahrungsvorschriften handelt es sich um zentrale waffenrechtliche Vorschriften, welche der Umsetzung eines der vordringlichsten und wichtigsten Ziele des Waffengesetzes dienen, nämlich das Abhandenkommen, das unbefugte Ansichnehmen von Waffen und Munition durch unbefugte Dritte zu verhindern. Hat ein Waffenbesitzer in diesem Sinne bereits einmal versagt, ist schon allein dies schon ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient. Eine dahingehende Lebenserfahrung oder aber ein entsprechender Rechtssatz, dass erst ab einem weiteren Verstoß eine negative Zukunftsprognose angestellt werden kann, existiert nicht (vgl. BayVGH, B.v. 2.10.2013 – 21 CS 13.1564 – juris Rn. 14). Da für die Bildung einer zukunftsbezogenen Erwartung individuellen Verhaltens in der Regel be-lastbare wissenschaftliche Erfahrungssätze über Zusammenhänge zwischen Tatsachen und zukünftigem Verhalten fehlen, genügt es als Prognosemethode heuristisch auf die Erfahrung abzustellen, dass Wiederholung den Verhaltenskanon des Menschen prägt. Gleichwohl darf nicht verkannt werden, dass hierdurch kein Erfahrungssatz im strengen Sinne begründet wird, der unzweifelhaft gilt und keine Ausnahmen kennt. Es besteht kein Automatismus in dem Sinne, dass ein nachgewiesener Verstoß unweigerlich eine negative Prognose ergibt (vgl. BayVGH, B.v. 24.4.2023 – 24 CS 23.412 – juris Rn. 16, B.v. 20.4.2023 – 24 CS 23.495 – juris Rn. 24 f.).
64
Der Antragsteller hat vorliegend zum Umstand der nicht vorschriftsmäßigen Aufbewahrung der Kurzwaffen mit der dazugehörigen Munition keine Gründe vorgetragen, die eine situative Nachlässigkeit minderen Gewichts oder ein Augenblicksversagen nahelegen würden. Seinem Vortrag kann nicht substantiiert entnommen werden, unter welchen Umständen es überhaupt zu der Aufbewahrung der Waffen mit der dazugehörigen Munition gekommen ist.
65
Soweit der Antragsteller diesbezüglich vorträgt, dass er auf Grund des Email-Verkehrs mit dem Landratsamt über die Aufbewahrung der Waffen verwirrt gewesen sei und dies eine Entschuldigung für dieses Augenblicksversagen darstellen würde, so ist dem nicht zu folgen. Der dem Antragsteller gemachte Vorwurf, den das Gericht für entscheidungserheblich hält, ist die Zusammenlagerung der Kurzwaffen mit dazugehöriger Munition. In dem gesamten Email-Verkehr, der sich in der Behördenakte befindet und auch vom Antragsteller im gerichtlichen Verfahren vorgetragen wurde, geht es jedoch nicht um die Frage, ob Waffen mit der dazugehörigen Munition zusammen gelagert werden dürfen. Vielmehr hatten diese Emails zwischen Antragsteller und dem Landratsamt die Frage zum Inhalt, welche Waffen in welchem Tresor gelagert werden könnten, wo die verschiedenen Sicherheitsbehältnisse zu stehen haben und ob Zusammenaufbewahrungen von Berechtigten, insbesondere der Waffen des Antragstellers sowie seiner Ehefrau, möglich sind. Dem vorgelegten Email-Verkehr und auch dem Vortrag des Antragstellers im gerichtlichen Verfahren lässt sich nicht im Ansatz entnehmen, dass das Landratsamt in irgendeiner Weise zugesagt hätte, dass in den vorhandenen Behältnissen Kurzwaffen mit der dazugehörigen Munition, auch nicht vorübergehend, gelagert werden dürfen. Eine Verwirrtheit des Antragstellers, wie dieser vorträgt, über das Verbot der Zusammenlagerung von Waffen und Munition kann hieraus nicht entstanden sein.
66
Soweit der Antragsteller vorträgt, seine Rechtstreue hinsichtlich der Aufbewahrungsvorschriften würde sich daraus ergeben, dass er ein Merkblatt auf der Website des Landratsamtes … durchgesehen hätte, so führt auch dies nicht zu einer entsprechenden negativen Prognose für den Antragsteller. Denn dem vorgelegten Merkblatt ist eindeutig zu entnehmen, dass bei der Aufbewahrung von Waffen und Munition in einem Tresor mit der Sicherheitsstufe A bzw. B, die Munition nicht mit der zur Waffe passenden Munition aufbewahrt werden dürfe. Inwieweit der Antragsteller nun für sich zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Zusammenaufbewahrung möglich ist, erschließt sich dem Gericht nicht.
67
Insgesamt erfolgte antragstellerseits kein Vortrag dazu, weshalb er die zu den Kurzwaffen gehörende Munition nicht in das Innenfach seines B-Tresors gelagert hat. Es ist nicht zu be-anstanden, dass der Antragsgegner ihm dies als Verstoß vorwirft, der einen Widerruf recht-fertigt, da nicht erkennbar ist, dass eine situative Nachlässigkeit vorliegt, die toleriert werden könnte. Es ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass beim Antragsteller eine gewisse Unsicherheit über die rechtmäßige Aufbewahrung seiner Waffen und Munition besteht, insbesondere hinsichtlich der Fragen, wie viele und welche Waffen in welchem Behältnis aufzubewahren sind, und wo sich die Behältnisse zu befinden haben.
68
Nach alledem erweist sich der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis voraussichtlich als rechtmäßig.
69
2.4 Die Ungültigerklärung und Einziehung der jagdrechtlichen Erlaubnis Nr. … in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides erweist sich voraussichtlich als rechtmäßig.
70
Nach § 18 Satz 1 BJagdG ist die zuständige Behörde in den Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheins begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheins eintreten oder der Behörde, die den Jagdschein erteilt hat, bekannt werden. Gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 BJagdG ist der Jagdschein Personen zu versagen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit oder körperliche Eignung nicht besitzen. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG darf nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (Falknerjagdschein) erteilt werden, wenn die Zuverlässigkeit und die persönliche Eignung im Sinne der §§ 5 und 6 WaffG fehlen.
71
Das Gericht verweist diesbezüglich auf seine obigen Ausführungen zum Widerruf der Waffenbesitzkarte.
72
2.5 Auch der Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis nach § 27 SprengG in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheides erweist sich voraussichtlich als rechtmäßig.
73
Nach der Rechtsgrundlage des § 34 Abs. 2 Satz 1 SprengG sind eine Erlaubnis, eine Zulassung und ein Befähigungsschein nach diesem Gesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen.
74
Dem Landratsamt ist es vorliegend versagt, den Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis auf § 8a Abs. 1 Nr. 2c) SprengG zu stützen (vgl. nachfolgend lit. a)). Jedoch kann vorliegend in rechtmäßiger Weise der Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis auf den Verstoß gegen die waffenrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften gestützt werden (vgl. nachfolgend lit. b)).
75
a) Zu Unrecht hat das Landratsamt vorliegend den Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis (dass das Landratsamt in dem Bescheid von „Ungültigerklärung und Einziehung“ spricht, ist rechtlich unschädlich, da die korrekte Rechtsgrundlage des § 34 Abs. 2 SprengG genannt ist) auf § 8a Abs. 1 Nr. 2c) SprengG gestützt.
76
Gemäß dieser Norm besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie explosionsgefährliche Stoffe Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese nicht berechtigt sind. Das Landratsamt erhebt insoweit den Vorwurf gegenüber dem Antragsteller, dass er im B-Tresor Schwarzpulver und NC-Pulver gelagert habe und die Erlaubnis sich auf ein Kilogramm NC-Pulver beschränke. Darüber hinaus besitze die Ehefrau des Antragstellers keine sprengstoffrechtliche Erlaubnis, habe jedoch auf Grund der gemeinsamen Aufbewahrung der Waffen Zugriff auf diese explosionsgefährlichen Stoffe gehabt. Der Antragsteller trägt hierzu im gerichtlichen Verfahren vor, dass die entsprechenden Dosen in dem Sicherheitsbehältnis leer gewesen seien und weder Schwarzpulver noch NC-Pulver enthalten hätten. Das Landratsamt hat in seiner Erwiderung zugegeben, dass es diese Dosen weder herausgenommen, noch hineingesehen hätte. Ein Wiegen, Messen oder Ähnliches hätte mangels technischer Ausrüstung nicht stattfinden können.
77
Inwieweit das Landratsamt daher im streitgegenständlichen Bescheid zu dem Vorwurf kommt, dass in den Dosen mehr als ein Kilogramm NC-Pulver gelagert worden sei und sich zudem Schwarzpulver in den Dosen befunden hätte, erschließt sich dem Gericht nicht. Darüber hinaus ist vorliegend festzuhalten, dass dieser vom Landratsamt behauptete Verstoß in keiner Weise dokumentiert worden ist, zumindest sind entsprechende Dokumente in der vorgelegten Behördenakte nicht vorhanden. Ein Protokoll über die Aufbewahrungskontrolle ist nicht vorhanden. Es befindet sich noch nicht einmal ein handschriftlicher Vermerk über den behaupteten Verstoß hinsichtlich NC-Pulver und Schwarzpulver in der vorgelegten Akte. Auch entsprechende Lichtbilder sind nicht mit der Akte vorgelegt worden. Da die Behörde insoweit das Darlegungs- bzw. Beweiserfordernis trifft, ist damit vorliegend nicht davon auszugehen, dass ein Verstoß insoweit tatsächlich begangen wurde.
78
Es sei noch angemerkt, dass es an sich schon unüblich ist, dass weder ein Protokoll noch Lichtbilder bei festgestellten Verstößen im Rahmen einer Aufbewahrungskontrolle angefertigt werden. Der Umstand, dass dann behauptete und nicht-dokumentierte Verstöße zur Grundlage eines Widerrufsbescheides gemacht werden, zeigt eine praktische Handhabung des Waffen- und Sprengstoffrechts, die dringend einder Änderung bedarf.
79
b) Der Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis erweist sich dennoch als voraussichtlich rechtmäßig, da er auf den Verstoß gegen die waffenrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften gestützt werden kann. Der Antragsteller hat vorliegend gegen waffenrechtliche Aufbewahrungsvorschriften verstoßen, die zu seiner waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit führen. Diesbezüglich wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
80
Von der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit kann auf die sprengstoffrechtliche Unzuverlässigkeit geschlossen werden. Festgestellte Verstöße gegen waffenrechtliche Aufbewahrungsvorschriften begründen solche Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller auch explosionsgefährliche Stoffe nicht sorgfältig aufbewahren wird (vgl. BVerwG, B.v. 17.8.1994 – 1 B 134/94 – juris Rn. 5; VG Köln, U.v. 29.4.2010 – 20 K 567/09 – juris Rn. 24; VG Bayreuth, U.v. 27.9.2022 – B 1 K 21.1057 – juris Rn. 33).
81
Anders als das Landratsamt im streitgegenständlichen Bescheid ausführt, ergibt sich die Unzuverlässigkeit des Antragstellers im Rahmen des Widerrufs der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis vorliegend daher nicht aus § 8a Abs. 1 Nr. 2c) SprengG, sondern aus § 8a Abs. 1 Nr. 2b) SprengG.
82
Der Austausch der Rechtsgrundlage ist vorliegend möglich, auch wenn § 8a Abs. 1 Nr. 2b) SprengG vom Antragsgegner im Bescheid nicht ausdrücklich angesprochen wurde. Die Auswechslung der Rechtsgrundlage führt weder zu einer unzulässigen Wesensveränderung der Anordnung noch zu einer Veränderung des Ermessensrahmens (vgl. BVerwG, U.v. 19.5.1992 – 9 C 54/91 – juris Rn. 21). Abs. 1 des § 8a SprengG eröffnet der Behörde kein Ermessen, im Gegensatz zu den Tatbeständen der Regel-Unzuverlässigkeit des § 8a Abs. 2 SprengG. Im Rahmen einer Prüfung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO berücksichtigt das Gericht sämtliche Gründe und Tatsachen, die den angefochtenen Verwaltungsakt zu rechtfertigen vermögen, einschließlich derjenigen, die die Verwaltungsbehörde nicht (ausdrücklich) angeführt hat (vgl. BVerwG, U.v. 27.1.1982 – 8 C 12/81 – juris Rn. 12) und prüft gegebenenfalls auch, ob der angefochtene Bescheid kraft einer anderen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist (vgl. BVerwG, U.v. 3.6.1988 – 8 C 114/86 – juris Rn. 22). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die dem sog. Nachschieben von Gründen gesetzte Schranke eingreift, d.h., wenn die anderweitige rechtliche Begründung oder das Zugrundelegen anderer Tatsachen zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Bescheides führen würde (vgl. BVerwG, U.v. 27.1.1982 – 8 C 12/81 – juris Rn. 12; VG München, U.v. 18.7.2012 – M 7 K 11.5750 – juris Rn. 24; VG Berlin, B.v. 16.3.2020 – VG 1 L 14/20 – juris Rn. 13; VG Regensburg, U.v. 13.11.2014 – RN 5 K 14.1125 – juris).
83
Vorliegend kann daher in zulässigerweise die Rechtsgrundlage, auf die die Unzuverlässigkeit des Antragstellers gestützt wird, ausgetauscht werden, da der Behörde insoweit kein Ermessen zusteht und der Bescheid auch nicht durch weitere Tatsachen ergänzt wird. Vielmehr ist der Sachverhalt, auf den die Unzuverlässigkeit nach § 8a Abs. 1 Nr. 2b) SprengG gestützt wird, bereits in dem streitgegenständlichen Bescheid angelegt.
84
Inwieweit der Antragsteller vorliegend nach dem Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis und der Entziehung des Jagdscheines überhaupt noch ein Bedürfnis für das Laden und Wiederladen von Patronenhülsen und damit für seine Erlaubnis nach § 27 SprengG besitzt, kann vorliegend offenbleiben (vgl. § 27 Abs. 3 Nr. 2 SprengG; VG Köln, U.v. 29.4.2010 – 20 K 567/09 – juris).
85
2.6 Rechtsgrundlagen für die dem Antragsteller aufgegebene Verpflichtung, seine Waffenbesitzkarte, seinen Jagdschein und die sprengstoffrechtliche Erlaubnis spätestens vier Wochen nach Zustellung des Bescheides bei dem Antragsgegner abzugeben, sind § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG, § 18 BJagdG und § 32 Abs. 5 SprengG.
86
Insoweit wird auf obige Ausführungen verwiesen. Die Verfügung in Ziffer 5 des streitgegen-ständlichen Bescheides, die Waffen und Munition spätestens vier Wochen nach Zustellung des Bescheides einem Berechtigten zu übergeben oder diese durch einen Berechtigten dauerhaft unbrauchbar machen zu lassen, ist rechtmäßig und stützt sich auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Bedenken hinsichtlich der Ausübung des eingeräumten Ermessensspielraums bestehen insoweit nicht.
87
Diese Folgeentscheidungen dienen der Umsetzung des Widerrufs bzw. Entzugs der waffen-, jagd- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse und stellen die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der formellen Erlaubnisberechtigung durch sofortige Abgabe der Erlaubnisurkunden sicher. Soweit der Behörde in diesen Folgeentscheidungen Ermessen eingeräumt ist, sind Ermessensfehler nicht ersichtlich.
88
2.7 Rechtliche Bedenken gegen die weiteren Ziffern des streitgegenständlichen Bescheides be-stehen nicht.
89
2.8 Im Übrigen wird auch unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage bei einer reinen Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der streit-gegenständlichen Anordnungen das Interesse des Antragstellers überwiegen.
90
§ 45 Abs. 5 WaffG bzw. § 34 Abs. 5 SprengG beseitigen von Gesetzes wegen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage gegen den Widerruf einer waffenrechtlichen oder sprengstoffrechtlichen Erlaubnis wegen nachträglichen Wegfalls der Zuverlässigkeit. Der Gesetzgeber hielt in dieser Fallgruppe die Anordnung der sofortigen Vollziehung für dringend angezeigt. In derartigen Fällen sei im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung immer eine umgehende Beendigung des Waffenbesitzes geboten bzw. ein höherwertiges, legitimes, privates Interesse an einem weiteren Besitz von Waffen und Sprengmitteln bis zum Eintritt von Bestands- oder Rechtskraft überhaupt nicht zu erkennen. Den berechtigten Belangen der Betroffenen könnte in Ausnahmefällen durch eine abweichende (Eil-)Anordnung der Verwaltungsgerichte Rechnung getragen werden (vgl. BT-Drs. 16/7717, Seite 33). In Fällen der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung unterscheidet sich die Interessenabwägung von derjenigen, die in den Fällen einer behördlichen Anordnung stattfindet. Während im Anwendungsbereich von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei der Interessenabwägung die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen bedeutsam wird, ist in den Fällen von Nrn. 1 bis 3 zu beachten, dass hier der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollzugsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Hat sich schon der Gesetzgeber für den Sofortvollzug entschieden, sind die Gerichte, neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache, zu einer Einzelfallbetrachtung grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. BVerfG, B.v. 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 – juris Rn. 21 f.; BayVGH, B.v. 4.3.2016 – 21 CS 15.2718 – juris Rn. 16).
91
Der Antragsteller hat vorliegend keine Gründe vorgetragen, die auf besondere, über die im Regelfall mit der Anordnung sofortiger Vollziehung verbundenen Umstände hingewiesen hätten, auf Grund derer eine Abwägung zugunsten seiner Privatinteressen ausfallen müsste.
92
Bezogen auf die Einziehung des Jagdscheines besteht bei der vorzunehmenden Abwägung ebenfalls ein Vorrang des öffentlichen Vollzugsinteresses. Insoweit ist die sofortige Vollziehung, anders als im Waffen- und Sprengstoffrecht, zwar nicht schon gesetzlich angeordnet. Allerdings ist das öffentliche Vollzugsinteresse bei einer Entziehung des Jagdscheines wegen Unzuverlässigkeit inhaltlich deckungsgleich mit demjenigen des waffenrechtlichen Widerrufs. Denn der Jagdschein berechtigt unter den in § 13 Abs. 3 bis 6 WaffG erfassten Umständen ebenfalls zum Umgang mit Waffen. Mithin besteht auch hier ein öffentliches Interesse, nach einer Entziehung wegen Unzuverlässigkeit den weiteren Umgang mit Waffen nicht bis zu einem bestands- bzw. rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens hinzunehmen, sondern diesen aus Gründen der Sicherheit und Ordnung, die in § 45 Abs. 5 WaffG die Grundlage des gesetzlichen Sofortvollzugs bilden, sofort zu unterbinden (vgl. BayVGH, B.v. 25.8.2020 – 24 CS 20.1596 – juris Rn. 27; vgl. insgesamt hierzu: VG München, B.v. 10.1.2023 – M 7 S 22.3213 – juris Rn. 40 ff.).
93
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
94
4. Der Streitwert für das waffen- und sprengstoffrechtliche Verfahren (AN 16 S 24.1697) ergibt sich vorliegend zum einen aus Ziffer 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wonach für den Widerruf von Waffenbesitzkarten, unabhängig von der Zahl der widerrufenen Karten, der Auffangstreitwert anzusetzen ist, wobei hierin zugleich die erste eingetragene Waffe mitenthalten ist (vgl. auch BVerwG, B.v. 12.6.2023 – 6 B 37.22 – juris). Demnach sind zum Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR die Anzahl der weiteren Waffen in Höhe von jeweils 750,00 EUR abzüglich einer bereits eingetragenen Waffe hinzuzurechnen. Vorliegend sind in der Waffenbesitzkarte des Antragstellers sechs Waffen eingetragen, so dass zum Auffangstreitwert ein Wert von 3.750,00 EUR (5x750,00 EUR) zu addieren ist. Hinzu kommt der Streitwert hinsichtlich der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis, der sich vorliegend auf Grund der Vergleichbarkeit mit einer Munitionserwerbsberechtigung (vgl. Nr. 50.3 des Streitwertkatalogs; SächsOVG, B.v. 13.9.2022 – 6 B 183/22 – juris Rn. 16; vgl. auch BayVGH, B.v. 9.3.2020 – 24 ZB 16.663 – juris) auf 1.500,00 EUR beläuft. Der sich daraus ergebende Streitwert in Höhe von 10.250,00 EUR ist gemäß Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, wie vorliegend, zu halbieren, so dass insgesamt für dieses Verfahren ein Streitwert in Höhe von 5.125,00 EUR festzusetzen war.
95
Der Streitwert für das jagdrechtliche Verfahren (AN 16 S 24.1708) ergibt sich vorliegend aus Ziffer 20.3 i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Demnach waren für dieses Verfahren 4.000,00 EUR festzusetzen. Nach Verbindung der Verfahren ist vorliegend ein Gesamtstreitwert in Höhe von 9.125,00 EUR festzusetzen.