Titel:
Obdachlosenunterbringung, Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt, Unterbringungsfähigkeit
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 2
LStVG Art. 7
Schlagworte:
Obdachlosenunterbringung, Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt, Unterbringungsfähigkeit
Fundstelle:
BeckRS 2024, 49695
Tenor
I. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. Oktober 2024 wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Aufhebung seiner Zuweisung in eine Obdachlosenunterkunft der Antragsgegnerin.
2
Der Antragsteller war aufgrund von Obdachlosigkeit in den Zeiträumen vom 19. Dezember 2022 bis 12. Januar 2023 sowie von 13. März 2023 bis 1. April 2023 in der städtischen Notunterkunft der Antragsgegnerin untergebracht. Nach den Feststellungen der Antragsgegnerin wurde der Antragsteller bei seinen damaligen Aufenthalten regelmäßig stark alkoholisiert sowie unter Konsum von Rasierwasser mit Wodka angetroffen. Die Aufenthalte wurden jeweils durch einen Aufenthalt in einer psychiatrischen Einrichtung unterbrochen. Mit Anordnung vom 17. März 2023 wurde der Antragsteller durch das zuständige Landratsamt vorläufig im Bezirkskrankenhaus untergebracht.
3
Am 2. Juli 2024 wurde der Antragsteller bei der Antragsgegnerin vorstellig und teilte mit, dass er obdachlos sei. Mit Bescheid vom 17. Juli 2024 wurde der Antragsteller aufgrund der festgestellten Obdachlosigkeit in eine Obdachloseneinrichtung der Antragsgegnerin zeitlich befristet bis 31. Dezember 2024 untergebracht. Dem Bescheid beigefügt war die Satzung über die Benutzung der Obdachlosenunterkünfte der Antragsgegnerin vom 22. Dezember 2023 verbunden mit dem Hinweis, sich bei Verstößen eine Aufhebung der Zuweisung vorzubehalten.
4
Nach den Feststellungen der Antragsgegnerin kam es am 16. August 2024 abends zu einem Polizei- und Feuerwehreinsatz. Grund hierfür war, dass der Antragsteller in dem ihm zugewiesenen Zimmer in einem Topf Gegenstände verbrannt hatte. Der Topf wurde durch die Feuerwehr gelöscht, alle Bewohner evakuiert und die Unterkunft gelüftet. Ausweislich des betreffenden Polizeiberichts war der Antragsteller während des Einsatzes nicht mehr vor Ort. Aufgrund des Vorfalls wurde gegen den Antragsteller ein Verfahren wegen Sachbeschädigung durch Brandlegung eingeleitet.
5
Bei einem Besuch der zuständigen Mitarbeiterin der Antragsgegnerin am 20. August 2024 fand diese den Antragsteller mit nacktem Oberkörper und einem „Gasbeutel“ schreiend vor der Unterkunft vor. Das Zimmer war verdreckt und vermüllt sowie die Zimmerdecke voller Farbe und Ruß. Durch Anordnung des zuständigen Landratsamtes vom 20. August 2024 wurde die sofortige vorläufige Unterbringung des Antragstellers in eine psychiatrische Einrichtung angeordnet.
6
Vom 13. bis zum 16. September 2024 befand sich der Antragsteller auf freiwilliger Basis in stationär-psychiatrischer Behandlung.
7
Der Antragsteller befand sich sowohl vom 20. September bis zum 9. Oktober 2024 sowie vom 25. Oktober bis zum 5. November 2024 in stationär-psychiatrischer Behandlung. Als Diagnosen wurden Alkoholabhängigkeit, die Abhängigkeit von flüchtigen Lösungsmitteln sowie ADHS festgestellt. Ausweislich des klinischen Befundes vom 5. November 2024 wurde der Antragsteller stabilisiert entlassen. Zum Zeitpunkt der Entlassung habe kein Hinweis auf eine Eigen- oder Fremdgefährdung bestanden. Empfohlen wurde die Fortführung der ambulanten psychiatrischen Behandlung in der örtlichen Tagesklinik sowie die Förderung einer langfristigen Abstinenzmotivation.
8
Mit Bescheid vom 18. September 2024 hob die Antragsgegnerin die Zuweisungsverfügung vom 17. Juli 2024 zum 20. August 2024 auf. Gegen diesen Bescheid wurde im Verfahren Au 8 K 24.2575 Klage erhoben. Mangels Anordnung des Sofortvollzugs widerrief die Antragsgegnerin jedoch zwischenzeitlich den Bescheid vom 18. September 2024 mit Bescheid vom 25. Oktober 2024. Das Klageverfahren wurde mit Beschluss vom 12. November 2024 eingestellt.
9
Mit weiterem Bescheid vom 25. Oktober 2024 hob die Antragsgegnerin die Zuweisungsverfügung vom 17. Juli 2024 für die Unterkunft ... Straße ... in ... zum 20. August 2024 auf (Ziffer 1). Die Nutzungsentschädigung für die in Ziffer 1 genannte Unterbringung wird bis zum 20. August 2024 erhoben, beträgt anteilig 215,48 EUR und ist durch den Antragsteller zu tragen (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehung der Verfügung wurde angeordnet (Ziffer 3).
10
Nach § 9 Abs. 2 der Satzung über die Benutzung der Obdachlosenunterkünfte der Antragsgegnerin könne diese das Bundesnutzungsverhältnis aufheben, wenn der Benutzer in einem schwerwiegenden Fall oder wiederholt gegen Vorschriften dieser Satzung verstoßen habe und der Hausfrieden durch den Benutzer nachhaltig gestört werde. Darüber hinaus ende das Benutzungsverhältnis, wenn die Unterkunft über vier Wochen nicht bewohnt werde. Der Antragsteller habe sich zum Sachverhalt äußern können. Aufgrund der Gesamtumstände sei davon auszugehen, dass die erforderliche Unterbringung nach Sicherheitsrecht nicht mehr zu bewältigen sei. Der Antragsteller habe massiv die Ruhe und Ordnung der Unterkunft gestört. Zudem sei durch ihn eine erhebliche Gefahr für das Leben und die körperliche Unversehrtheit anderer Bewohner ausgegangen. Das Verhalten des Antragstellers sei bereits mehrfach als fremdgefährdend bezeichnet worden, weshalb er am 20. August 2024 erneut zwangsweise in ein Bezirkskrankenhaus eingewiesen worden sei. Die Antragsgegnerin sei ihrer Pflicht zur Unterbringung von Obdachlosen mehr als nachgekommen. Die in Rede stehende Unterkunft könne den Bedürfnissen des Antragstellers nicht gerecht werden, dieser benötige therapeutische Hilfe. Das Interesse des Antragstellers müsse hinter den gesundheitlichen und körperlichen Interessen der Bewohner sowie der Einhaltung der Regeln und des Hausfriedens der städtischen Notunterkunft zurückstehen. Die Verfügung sei verhältnismäßig. Mit der Anordnung des Sofortvollzugs erhalte die Antragsgegnerin die Möglichkeit, die Aufhebungsverfügung zeitig durchzusetzen. Die Situation bringe Risiken für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die Vorfälle hätten gezeigt, dass das bekannte Drogen- und Alkoholproblem des Antragstellers sowie die wiederholten abgebrochenen medizinischen Behandlungen zu gefährlichem Verhalten führen könnten. Ein Fortbestehen des Benutzungsverhältnisses im Rahmen einer aufschiebenden Wirkung der Klage könne nicht hingenommen werden.
11
Auf den Bescheid wird im Einzelnen verwiesen.
12
Am 8. November 2024 ließ der Antragsteller hiergegen Klage erheben (Au 8 K 24.2768). Über die Klage ist noch nicht entschieden. Ferner stellte er für das Klageverfahren einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe.
13
Mit weiterem Schreiben vom 8. November 2024 wird im vorliegenden Verfahren die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes verfolgt.
14
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klage ergeben werde, dass der streitgegenständliche Bescheid aufzuheben sei. Im Rahmen der im vorläufigen Rechtsschutz zu treffenden Abwägung sei zu berücksichtigen, dass jahreszeitlich sowie witterungsbedingt bereits jetzt erhebliche Gefahren bei einem Leben „auf der Straße“ drohen würden. Verschärft werde dies durch die psychischen sowie physischen Erkrankungen des Klägers. Dieser habe sich in der Vergangenheit bereits mehrfach in hilfloser Lage befunden. Es werde auf die Entlassungsberichte des Bezirkskrankenhauses sowie auf die Berichte über die letzten stationären Aufenthalte des Antragstellers hingewiesen. Der Antragsteller habe keine Ressourcen, allein, ohne Unterkunft zu überleben. Im Falle der Durchsetzung des Sofortvollzugs bestehe akute Lebensgefahr für den Antragsteller. Der Antragsteller schädige vorwiegend sich selbst, weshalb die Gefahr für Rechtsgüter Dritter deutlich untergeordnet sei. Bei der „Brandstiftung“ handle es sich um einen vergessenen Topf. Momentan sei der Antragsteller bei einem tatsächlichen Aufenthalt in der Obdachlosenunterkunft an die psychiatrische Tagesklinik angebunden. Nach Auskunft seines Betreuers habe der Antragsteller bereits die ersten Termine dort wahrgenommen sowie seine Medikation eingenommen. Hierdurch sei eine weitere Stabilisierung des Antragstellers zu erwarten. Bis zur endgültigen Klärung sei wenigstens über den Winter ein Aufenthalt in der Obdachlosenunterkunft zu ermöglichen.
15
Der Antragsteller lässt beantragen,
16
die Anordnung des Sofortvollzugs im angefochtenen Bescheid vom 25. Oktober 2024 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen diesen Bescheid wiederherzustellen.
17
Die Antragsgegnerin beantragt,
18
den Antrag abzulehnen.
19
Es werde auf den Vortrag im Schreiben der Antragsgegnerin vom 25. Oktober 2024 im Verfahren Au 8 K 24.2575 verwiesen. Dieser werde vollumfänglich zum Gegenstand der Antragserwiderung gemacht. Der Antrag sei unbegründet, da die Anordnung eines Sofortvollzugs im überwiegenden Interesse liege. Es sei dringend notwendig, dass die Aufhebung der Zuweisungsverfügung aufgrund von Fremdsowie Eigenschutz sofort in Kraft trete. Ein Sofortvollzug sei zur Risikominimierung sowie dem Ergreifen von zügigen Maßnahmen sinnvoll, da der Antragsteller adäquate Unterstützung benötige, welche die Antragsgegnerin als Obdachlosenbehörde nicht zu leisten vermöge. Der Antragsteller sei nicht unterbringungsfähig. Auf die einschlägige Rechtsprechung hierzu werde verwiesen. Mehrfach habe die Antragsgegnerin den Antragsteller untergebracht und im Sinne der Rechtsprechung eben nicht „kleinlich“ reagiert. Zudem lebe die Pflicht zur Unterbringung bei fehlender Unterbringungsfähigkeit nicht von selbst wieder auf. Der zuständige Betreuer müsse sich vielmehr intensiv um andere, geeignete Unterbringungsmöglichkeiten bemühen. Eine auf ein Fachgutachten gestützte positive Unterbringungsprognose liege nicht vor. Es werde insbesondere auf den Beschluss des VG Bayreuth (B 1 K 22.801) Bezug genommen. Faktisch werde bis zur Entscheidung im Eilverfahren der Aufenthalt des Antragstellers dennoch geduldet. Zudem werde darauf hingewiesen, dass der Antragsteller nicht einen Topf auf dem Herd vergessen habe, sondern vielmehr in einem Topf Gegenstände angezündet habe. Dies sei der Mitteilung der zuständigen Polizeiinspektion vom 22. Oktober 2024 zu entnehmen.
20
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch in den Verfahren Au 8 K 24.2575 und Au 8 K 24.2768, sowie der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.
21
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
22
Nach sachgerechter Auslegung (§ 122 Abs. 1 i.V.m. § 88 VwGO) ist der Antrag des anwaltlich vertretenen Antragstellers, welcher sich gegen die Aufhebung der Zuweisungsverfügung wendet und explizit einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung stellt, dahingehend zu verstehen, dass einstweiliger Rechtsschutz hinsichtlich dieses Aufhebungsbescheids, mithin ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, begehrt wird. Weder aus der Klageeinreichung noch aus dem Schreiben über den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ergibt sich ein Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz, sondern lediglich für das noch anhängige Klageverfahren, §§ 122, 88 VwGO.
23
Ein darüber hinaus gehendes Rechtsschutzbegehren hinsichtlich einer einstweiligen Anordnung im Sinne von § 123 VwGO, gerichtet auf die weitere vorläufige Unterbringung, kann dem explizit gestellten Antrag des anwaltlich vertretenen Antragstellers im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes darüber hinaus nicht entnommen werden.
24
1. Der Antrag ist zulässig. Der zugrundeliegende Bescheid vom 25. Oktober 2024 ist aufgrund behördlicher Vollzugsanordnung sofort vollziehbar, weshalb ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage grundsätzlich statthaft ist, § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Bei der Aufhebung der ursprünglichen Zuweisungsentscheidung handelt es sich, im Gegensatz zu einer Zuweisung aufgrund eines gestellten Antrags, um einen belastenden Verwaltungsakt.
25
2. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist jedoch unbegründet.
26
Das Gericht hat bei seiner Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes und das Interesse des Betroffenen, vom sofortigen Vollzug bis zur Entscheidung in der Hauptsache zunächst verschont zu bleiben, gegeneinander abzuwägen. Hierbei hat das Gericht die Erfolgsaussichten der Klage, soweit sie im Rahmen der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung überschaubar sind, zu berücksichtigen. Stellen sich die Erfolgsaussichten als offen dar, hat eine reine Interessenabwägung stattzufinden. Maßgeblich für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist dabei die sich im Zeitpunkt der Entscheidung darbietende Sach- und Rechtslage.
27
a) Die im streitgegenständlichen Bescheid angegebene Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Antragsgegnerin hat eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Abwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers am Fortbestehen des Benutzungsverhältnisses und dem besonderen öffentlichen Interesse am Schutz der übrigen Bewohner vorgenommen. Hierbei ist seitens der Antragsgegnerin auf das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung einer Klage ausführlich eingegangen worden. Aufgrund des bislang in der Obdachlosenunterkunft gezeigten Verhaltens ist die Antragsgegnerin von einem Überwiegen der Interessen der übrigen Bewohner ausgegangen.
28
b) Im Rahmen der im Eilverfahren möglichen summarischen Prüfung erweist sich der streitgegenständliche Bescheid vom 25. Oktober 2024 anhand der Sach- und Rechtslage zum maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung, als voraussichtlich rechtmäßig.
29
Nach § 9 Abs. 2 der Satzung über die Benutzung der Obdachlosenunterkünfte der Antragsgegnerin kann diese das Benutzungsverhältnis durch schriftliche Verfügung aufheben, wenn der Benutzer in einem schwerwiegenden Fall oder wiederholt gegen Vorschriften dieser Satzung verstoßen hat (Nr. 7) und der Hausfrieden durch den Benutzer nachhaltig gestört wird (Nr. 8). Diese Aufhebung steht im Ermessen der Antragsgegnerin, Art. 40 BayVwVfG.
30
Ausweislich der Feststellungen der Antragsgegnerin nahm der Antragsteller im Rahmen der dem Bescheid vorausgegangenen Begegnungen die Möglichkeit wahr, sich zum Sachverhalt zu äußern, weshalb von einer ordnungsgemäßen Anhörung ausgegangen wird, Art. 28 BayVwVfG.
31
Nach Art. 6 und 7 Abs. 2 Nr. 3 des Bayerischen Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) sind die Gemeinden als Sicherheitsbehörden verpflichtet, Gefahren abzuwehren und Störungen zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen bedrohen oder verletzen. Dazu gehört auch die Unterbringung Obdachloser. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs haben Obdachlose grundsätzlich Anspruch auf ganztägige Unterbringung. Dabei kommen auch Unterkünfte einfachster Art in Frage, soweit eine menschenwürdige Unterbringung gewährleistet ist. Auch die aus einem unangepassten, sozialschädlichen Verhalten des Obdachlosen folgende „Unterbringungsunfähigkeit“ in einer Gemeinschaftseinrichtung ändert an der grundsätzlichen Verpflichtung der Sicherheitsbehörde zur Gefahrenabwehr nichts, so dass dem Obdachlosen aufgrund einer ersichtlich fortbestehenden Obdachlosigkeit die erneute Unterbringung nicht generell verweigert werden darf (vgl. BayVGH, B.v. 27.12.2017 – 4 CS 17.1450 – juris Rn. 13 f.). Von einer Obdachlosigkeit im rechtlichen Sinne ist erst dann nicht mehr auszugehen, wenn sich der Obdachlose durch eigenes Verhalten der Nutzungsmöglichkeit der Obdachlosenunterkunft entzieht, in dem er beharrlich gegen die innere Ordnung der ihm zugewiesenen Einrichtung verstößt und deshalb im Interesse der Aufrechterhaltung der Ordnung der Unterkunft verwiesen werden muss. Daher geht die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung davon aus, dass die Unterbringung eines Obdachlosen nach dem Obdachlosenrecht sowohl dessen Unterbringungsfähigkeit als auch dessen Unterbringungswilligkeit voraussetzt. Erst dann, wenn aufgrund der aktenkundigen Gesamtumstände des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die erforderliche Unterbringung des Obdachlosen nach den einfachen sicherheitsrechtlichen Maßstäben und Anforderungen des Obdachlosenrechts nicht mehr zu bewältigen ist, ist eine Zuständigkeit der Obdachlosenbehörde nicht mehr gegeben. Der bei der Prüfung der Frage, ob der Obdachlose unterbringungsunfähig und unterbringungsunwillig ist, anzulegende Maßstab darf vor dem Hintergrund, dass die für die Unterbringung Obdachloser zuständigen Behörden auch oftmals mit schwierigen Persönlichkeiten umgehen müssen, kein kleinlicher sein (BayVGH, B.v. 6.8.2015 – 4 C 15.1578 – juris Rn. 13 ff.). Es ist jedoch nicht die Aufgabe von Sicherheitsbehörden, für eine Unterbringung Rechnung zu tragen, die über die einfachen sicherheitsrechtlichen Maßstäbe nach Obdachlosenrecht hinaus eines besonderen Betreuungsbedarfes bedürfen (VG Bayreuth, B.v. 13.9.2023 – B 1 K 22.801 – juris Rn. 24; vgl. auch VG Regensburg, B.v. 1.12.2016 – RO 4 S 16.1812, zitiert nach VG Regensburg, B.v. 30.12.2016 – RO 4 E 16.2028 – juris Rn. 8 f.).
32
Nach den gegenwärtig vorliegenden Informationen droht dem Antragsteller, sofern er nicht mehr der Obdachlosenunterkunft der Antragsgegnerin zugewiesen ist, die Obdachlosigkeit. Dann müsste die Antragsgegnerin erneut sicherheitsrechtlich gegen die eintretende Obdachlosigkeit des Antragstellers einschreiten. Es ist nach der dem Gericht vorliegenden Informationen nicht davon auszugehen, dass es dem Antragsteller zeitnah aus eigener Kraft möglich sein wird, die Wohnungslosigkeit zu beseitigen.
33
Unter Berücksichtigung des genannten Maßstabs und unter Zugrundelegung des maßgeblichen Zeitpunkts der letzten Behördenentscheidung – 25. Oktober 2024 – ist jedoch davon auszugehen, dass die seitens der Antragsgegnerin verfügte Aufhebungsentscheidung zumindest im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids aufgrund des aktenkundigen Verhaltens des Antragstellers, insbesondere dem Vorfall am 16. August 2024, zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Gemeinschaftsobdachlosenunterkunft rechtlich tragfähig ist (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 6.8.2015 – 4 C 15.1578 – juris Rn. 13). Die Gründe für die seitens der Antragsgegnerin veranlasste Aufhebungsentscheidung ergeben sich nachvollziehbar aus dem streitgegenständlichen Bescheid. Der Antragsteller hat mehrfach die Ruhe und Ordnung innerhalb der Obdachlosenunterkunft gestört, Einrichtungsgegenstände beschädigt sowie nach der dem Gericht vorliegenden polizeilichen Erkenntnisse durch Verbrennen von Gegenständen in einem Topf einen Feuerwehr- und Polizeieinsatz ausgelöst.
34
Zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids – dem 25. Oktober 2024 – musste die Antragsgegnerin mangels zu diesem Zeitpunkt vorliegender Informationen über die zwischenzeitliche Stabilisierung des Antragstellers bzw. dessen Anbindung an die örtliche Tagesklinik aufgrund des bisherigen gezeigten Verhaltens mit einer Fortsetzung dieser Verhaltensweisen mit entsprechender Fremd- und einer möglichen Eigengefährdung rechnen (vgl. VG Bayreuth, B.v. 13.9.2023 – B 1 K 22.801 – juris Rn. 23). Die Aufhebungsverfügung war aus diesem Grund auch verhältnismäßig im Hinblick auf den Schutz der Interessen der übrigen Bewohner der Obdachlosenunterkunft.
35
Soweit seitens des Bevollmächtigten des Antragstellers vorgetragen worden ist, dass zwischenzeitlich eine Stabilisierung des Antragstellers eingetreten ist sowie unter Einnahme der verschriebenen Medikation ein täglicher Besuch der örtlichen Klinik erfolgt, so bleibt es dem Antragsteller im Hinblick hierauf unbenommen, unter Vorlage dieser neuen Entwicklungen der Antragsgegnerin gegenüber eine positive Unterbringungsprognose nachzuweisen und erneut an diese heranzutreten.
36
3. Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG (vgl. BayVGH, B.v. 4.4.2017 – 4 CE 17.615 – juris Rn. 10).