Titel:
öffentlich-rechtliche Namensänderung, Änderung des Vornamens in Schreibweise ohne Zirkumflex, Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, Vorrang des Verfahrens nach dem Personenstandsgesetz für eine Feststellung der Unrichtigkeit bzw. Berichtigung der Beurkundung im Personenstandsregister, nur unwesentliche Behinderung durch Probleme bei der Schreibweise, keine Namensänderung wegen fremdsprachigen Ursprungs, keine Schutzwürdigkeit des eigenmächtigen Auftretens im Rechts- und Geschäftsverkehr unter dem begehrten Namen, Auswirkungen des sog. Selbstbestimmungsgesetzes
Normenketten:
NamÄndG § 3 Abs. 1
NamÄndG § 11
PStG § 46
PStG § 47
SBGG § 2 Abs. 3
Schlagworte:
öffentlich-rechtliche Namensänderung, Änderung des Vornamens in Schreibweise ohne Zirkumflex, Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, Vorrang des Verfahrens nach dem Personenstandsgesetz für eine Feststellung der Unrichtigkeit bzw. Berichtigung der Beurkundung im Personenstandsregister, nur unwesentliche Behinderung durch Probleme bei der Schreibweise, keine Namensänderung wegen fremdsprachigen Ursprungs, keine Schutzwürdigkeit des eigenmächtigen Auftretens im Rechts- und Geschäftsverkehr unter dem begehrten Namen, Auswirkungen des sog. Selbstbestimmungsgesetzes
Fundstellen:
StAZ 2025, 345
BeckRS 2024, 49308
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Änderung der Schreibweise seines Vornamens.
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Mit am 13. April 2022 beim Landratsamt R. (im Folgenden: Landratsamt) eingegangenem Schreiben vom 25. März 2022 beantragte der Kläger die Änderung seines Vornamens von „J1. “ in „J2. “. Ziel sei die Entfernung des Zirkumflexes über dem … seines Vornamens. Der Zirkumflex sei schon auf der Geburtsurkunde nicht vorhanden und von seinen Eltern, was diese auch durch eine Versicherung an Eides statt bestätigen würden, auch nie so angegeben worden. Jahrzehntelang seien ihm auch alle Ausweisdokumente ohne Zirkumflex ausgestellt worden, z.B. von der Landeshauptstadt … ein Reisepass und vom Landratsamt ein Führerschein.
3
Dem Antrag beigefügt waren Kopien einer Geburtsanzeige an das Standesamt M. vom … 1987, von Geburtenregisterauszügen, einer Geburtsbescheinigung vom … 1987, eines von der Landeshauptstadt … ausgestellten Reisepasses (gültig vom 21. April 2009 bis 20. April 2015) und des zum Zeitpunkt der Antragstellung gültigen Personalausweises des Klägers. In der vorgelegten Behördenakte befinden sich außerdem eine Meldebescheinigung der Stadt Z. vom 12. April 2022, ein Handelsregisterauszug vom 23. Februar 2022 bezüglich des vom Kläger unter der Firma „Schreibwaren W. , Inh. J2. M. e.K.“ betriebenen Schreibwarenhandels sowie zwei unter Verwendung eines Formulars gestellte Anträge, mit denen der Kläger das von ihm betriebene Gewerbe an- bzw. umgemeldet hat. In der Geburtsanzeige, in den Geburtenregisterauszügen, in der Geburtsbescheinigung, in der Meldebescheinigung und im Personalausweis wird der Vorname des Klägers mit Zirkumflex angegeben („J1. “), in den anderen vorgelegten Unterlagen ohne Zirkumflex („J2. “).
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Ein sich ebenfalls in der Behördenakte befindliches, am 12. April 2022 von der Stadt Z. angefordertes Führungszeugnis weist für den Kläger keine Eintragungen auf. Der Vorname des Klägers wird im Führungszeugnis ohne, im Antrag mit Zirkumflex geschrieben.
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Mit Schreiben vom 14. April 2024 teilte das Landratsamt dem Kläger mit, dass sein Vorname mit der Eintragung in das Geburtenregister öffentlich-rechtlich verfestigt und unabänderlich geworden sei. Im Hinblick auf das Prinzip der Namenskontinuität könne ein einmal erworbener Name nicht mehr beliebig geändert werden. Eine Berichtigung nach § 47 Personenstandsgesetz scheide im Fall des Klägers aus, da in der von seiner Mutter unterschriebenen Geburtsanzeige das Zirkumflex eindeutig ersichtlich und die Geburtsbeurkundung somit fehlerfrei abgeschlossen worden sei. Weitere zivilrechtliche Möglichkeiten einer Streichung von Bestandteilen des Vornamens kenne das BGB nicht, weshalb dieses ebenfalls keine Anwendung finde. Die Streichung von Sonderzeichen in einem bereits abgeschlossenen Personenstandseintrag könne lediglich durch das NamÄndG erfolgen. Gemäß § 3 Abs. 1 NamÄndG, der gemäß § 11 NamÄndG auch bei der Änderung von Vornamen Anwendung finde, dürfe eine Änderung nur vorgenommen werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertige. Aus der Begründung des Klägers sei kein wichtiger Grund ersichtlich. Nach Nr. 36 NamÄndVwV stellten Schwierigkeiten in der Schreibweise zwar einen wichtigen Grund i.S.d. § 3 Abs. 1 NamÄndG dar, allerdings nur, wenn sie zu nicht nur unwesentlicher Behinderung führten. Von einer derartigen Belastung sei im Fall des Klägers jedoch nicht auszugehen, da gerade dies nicht geltend gemacht worden sei und insbesondere auch nicht belegbar sei, dass der Vorname des Klägers immer ohne Zirkumflex geschrieben worden sei. Im aktuell gültigen Personalausweis werde der Name gerade mit Zirkumflex geschrieben. Dass ein früherer Reisepass ohne Zirkumflex ausgestellt worden sei, sei unerheblich. Vielmehr hätte der Kläger sofort mitteilen müssen, dass die Ausweisdokumente unterschiedliche Schreibweisen aufweisen. Auch eine falsche Aussprache im Zuge der falschen Schreibweise stelle keinen ausreichenden Grund für eine Namensänderung dar, da ein Hinweis dies verhindern würde. Demzufolge könne kein wichtiger Grund erkannt werden, der eine Namensänderung nach dem Namensänderungsgesetz rechtfertige. Eine Namensänderung könne nur in Ausnahmefällen aus einem wichtigen Grund erfolgen. Ein solcher wichtiger Grund sei jedoch nicht nachgewiesen, sondern die begehrte Namensänderung beruhe wohl alleinig auf dem Wunsch des Klägers.
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Der Kläger nahm hierzu mit Schreiben vom 16. April 2024 im Rahmen der ihm zur Äußerung gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG eingeräumten Frist dahingehend Stellung, dass der Zirkumflex in der Geburtsanzeige eben nicht eindeutig ersichtlich sei und Versicherungen an Eides statt vorlägen, dass damals kein Zirkumflex über dem … gewesen sei. Vielmehr sei über dem … ein vermutlich nachträglich hinzugekommener Tintenklecks. Bei der Ausstellung seines Führerscheins habe dies das Landratsamt sogar selbst so gesehen und bei seinem Namen über dem … weder einen Zirkumflex noch einen Apostroph eingetragen.
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Mit Bescheid vom 20. Juni 2022, dem Kläger laut Postzustellungsurkunde zugestellt am 21. Juni 2022, lehnte das Landratsamt den Antrag auf Namensänderung ab. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Kläger auferlegt und Gebühren in Höhe von 250,00 EUR sowie Auslagen in Höhe von 4,11 EUR festgesetzt. Zur Begründung wird im Bescheid u.a. ausgeführt, dass der den Kläger betreffenden Geburtsanzeige vom … 1987, die dem zuständigen Standesamt M. am … 1987 zugeleitet worden und von der ledigen Mutter des Klägers unterschrieben worden sei, die Vornamen „J1. A. “ entnommen werden könnten. Der Zirkumflex über dem … sei deutlich erkennbar. Die Geburtsanzeige sei, wie damals üblich, mittels Schreibmaschine erstellt worden. Da mit Schreibmaschinen keine entsprechenden Sonderzeichen dargestellt werden könnten, seien diese handschriftlich ergänzt worden, so auch der Zirkumflex über dem … Dass dieses Zeichen evtl. nur versehentlich aufgenommen worden sei, werde durch die wiederholte handschriftliche Eintragung des Vornamens mit Zirkumflex auf der Rückseite der Geburtsanzeige widerlegt. Der Vorname sei sodann im Geburtenregister richtigerweise mit Zirkumflex eingetragen worden. Wegen der Unterschrift der Mutter könnte auch einer eidesstaatlichen Versicherung, die im Antrag angeboten worden sei, keinerlei Beweiskraft zuerkannt werden. Dem Vorbringen des Antragstellers, dass in allen Ausweispapieren seit Jahrzenten der Name ohne Zirkumflex dargestellt werde, könne entgegengehalten werden, dass der vorgelegte Personalausweis einen Zirkumflex aufweise. Dass ein früherer Reisepass ohne dieses Zeichen ausgestellt worden sei, sei unerheblich. Der Kläger sei mindestens zehn Jahre in Besitz eines Personalausweises mit der seiner Ansicht nach falschen Schreibweise gewesen. Nach über jahrzehntelanger Hinnahme des bisherigen Vornamens ohne jegliche Beanstandung könne im Vorbringen des Klägers kein wichtiger, die Namensänderung rechtfertigender Grund gesehen werden. Auch eine möglicherweise falsche Aussprache im Zuge der falschen Schreibweise könne keinen ausreichenden Grund darstellen, da ein Hinweis auf eine Abweichung bei der Aussprache einen solchen Fehler verhindern würde. Aus dem Vorbringen sei auch sonst kein wichtiger Grund erkennbar, der das Interesse des Namensträgers an der Änderung des Vornamens nach allgemeiner Verkehrsauffassung als schutzwürdig einstufen würde. Infolge dessen sei kein wichtiger Grund i.S.d. Namensänderungsgesetzes erkennbar, der eine behördliche Namensänderung rechtfertigen würde, sodass das öffentliche Interesse an der Namenskontinuität durch die vorgebrachten Gründe des Klägers nicht verdrängt werde. Im Übrigen könne auch die falsche Schreibweise auf dem gültigen Führerschein keine Berücksichtigung finden, da ein Führerschein gerade keine Aussagekraft über den Namen entfalte und nicht als gültiges Ausweisdokument anerkannt sei.
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Mit am 5. Juli 2022 bei Gericht eingegangenem Schreiben seines Bevollmächtigten vom selben Tag hat der Kläger Klage gegen den Bescheid zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg erheben lassen.
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Der Kläger macht zur Begründung geltend, er begehre die Änderung bzw. Klarstellung hinsichtlich der Schreibweise seines Namens dahingehend, dass sein Vorname „J2. “ ohne Zirkumflex oder andere Zusätze geschrieben werde, da zwischenzeitlich diesbezüglich in einer Vielzahl von Unterlagen und behördlichen Vorgängen erhebliche Verwirrung eingetreten sei. Es sei zu keiner Zeit ein Vorname mit Zirkumflex geschaffen worden, jedenfalls aber sei die Änderung des Vornamens gemäß § 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 NamÄndG gerechtfertigt. Denn er nehme mittlerweile umfangreich am Geschäftsleben teil und werde sowohl in öffentlichen Registern als auch bei Pass- und Führerscheinbehörden mit dem Namen „J2. “ ohne Zirkumflex geführt. Zudem sei er deutscher Staatsangehöriger, sodass die Schreibweise seines Vornamens mit Zirkumflex vollkommen ungebräuchlich sei und sich auch im täglichen Leben und im Geschäftsleben nicht verbreitet habe. Regelmäßig gerate er in Erklärungsnot, wenn er die ausländische Schreibweise seines Vornamens nicht erklären könne. In der Geburtsanzeige vom … 1987 sei der Vorname zwar mit Zirkumflex geschrieben worden. Der Zirkumflex sei jedoch nur handschriftlich eingefügt worden und in der Erklärung seien Ausbesserungen zu erkennen, nämlich das „J“ und das Zirkumflex über dem „…“ dick geschrieben. Des Weiteren fehle eine Unterschrift des Vaters, sodass diesbezüglich bereits eine Rechtsbindung zweifelhaft sei. Seine Mutter habe außerdem erklärt, zu keiner Zeit einen Namen mit Zirkumflex gewollt zu haben. Dies sei zu berücksichtigen, weil es bei der Namensvergabe in erster Linie auf den Willen der Mutter ankomme. Bereits im Geburtenregister sei der Zirkumflex nicht mehr erkennbar, sondern er erscheine allenfalls als Kringel. In der Geburtsbescheinigung vom … 1987 sei der Zirkumflex nicht mehr erkennbar. Infolgedessen habe er 23 Jahre mit dem Vornamen „J2. “ gelebt. Alle Ausweis- und Behördendokumente sowie offizielle Schriftsätze usw. hätten immer den Namen „J2. “ getragen. Beispielhaft sei der von der Landeshauptstadt … ausgestellte, bis 21. April 2009 gültige Reisepass zu nennen. Auch in dem von der Gemeinde F. ausgestellten Personalausweis sei der Zirkumflex nicht eindeutig erkennbar, sondern der Name „J2. “ sei lediglich mit einem Strich über dem … geschrieben worden. Der Kläger sei immer von der Schreibweise seines Namens ohne Zirkumflex ausgegangen. Erst die Stadt Z. beharre nunmehr darauf, lediglich einen Personalausweis mit Zirkumflex auszustellen. Auch ein von der Stadt Z. beantragtes Führungszeugnis sei vom Bundesamt für Justiz unter dem Namen „J2. A. M. “ ohne Zirkumflex ausgestellt worden. Am Geschäftsleben nehme der Kläger ebenfalls unter dem Vornamen „J2. “ ohne Zirkumflex teil. Als Unternehmer sei er ohne Zirkumflex eingetragen und seine Firmenbezeichnung „Schreibwaren W. , Inhaber J2. M. e.K.“ werde ebenfalls ohne Zirkumflex beim Vornamen geführt. Auch die Gewerbeanmeldung sei ohne Zirkumflex erfolgt. Das Landratsamt habe ihm einen Führerschein ohne Zirkumflex ausgestellt und auch bei Banken und Krankenkassen sowie selbst in gerichtlichen Verfahren und im behördlichen Schriftverkehr werde er als „J2. M. “ ohne Zirkumflex geführt. Lediglich die Stadt Z. und das Landratsamt R. versuchten nun, den Zirkumflex zu verwenden, obwohl er bis auf den letzten Personalausweis, den die Gemeinde F. falsch ausgestellt habe, sein ganzes Leben immer und überall „J2. “ geschrieben worden sei. Für den Kläger ergäben sich massive Problem, dass ein in der Öffentlichkeit bekannter und gewerblich genutzter und auch in öffentlichen Registern etablierte Vorname nicht mit dem Vornamen übereinstimme, den die Stadt Z. und der Beklagte verwenden wollten. Ihm sei nicht zuzumuten, dass er in öffentlichen Registern und behördlichen Verfahren unterschiedlich bezeichnet werde. Es sei daher ein wichtiger Grund gegeben, eine einheitliche Schreibweise entsprechend den vorhandenen Einträgen in den öffentlichen Registern herbeizuführen. Zu beachten sei dabei auch, dass ein Zirkumflex in Deutschland ungebräuchlich sei und auch das in Deutschland gebräuchliche Tastaturformat zwar ein entsprechendes Zeichen aufweise, der weniger versierte Nutzer aber nicht wisse, wie über die Tastatur ein Zirkumflex eingefügt werde. Selbst wenn man also nun im Personalausweis seinen Namen mit Zirkumflex eintrage, werde der Zirkumflex mit der Zeit wieder verschwinden und nur zu erheblichen Problemen führen. Es sei für ihn kaum möglich, die Umsetzung der Schreibweise seines Namens mit Zirkumflex im Alltag oder behördlichen Schriftverkehr umzusetzen und auch wesentlich einfacher, die Eintragungen in Registern so zu belassen, wie sie derzeit seien. Damit liege ein wichtiger Grund vor, da schutzwürdige Interessen an der Namensänderung Vorrang gegenüber dem Festhalten an einer von Anfang an nicht gewollten Namensgebung hätten. Die soziale Ordnungsfunktion sei ohne Zirkumflex bereits gegeben, da dies der eingebürgerte Name des Klägers sei. Er sei während seines gesamten Lebens sowohl im privaten Bereich als auch im Geschäftsverkehr stets als J2. ohne Zirkumflex bezeichnet worden. Ein Beharren auf der Nutzung des Vornamens mit Zirkumflex widerspräche gerade der sozialen Ordnungsfunktion. Vielmehr gebiete es die Identifizierungsfunktion des Vornamens gerade, den Vornamen des Klägers ohne Zirkumflex zu schreiben. Dies zeige auch das Führungszeugnis, das anderenfalls gar nicht hätte erteilt werden dürfen, wenn eine Person namens „J2. “ ohne Zirkumflex gar nicht existent wäre.
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Außerdem sei sein Vorname auch in sämtlichen Wirtschaftsauskunftsdatenbanken ohne Zirkumflex gespeichert, was zukünftig zu erheblichen Problemen beim Erhalt von Krediten führen könne. Wenn eine Person, wie der Kläger, mannigfache Kontakte im sozialen und wirtschaftlichen Umfeld habe, solle er mit dem Namen auftreten können, der gebräuchlich und eingeführt sowie über Jahrzehnte genutzt worden sei. Eine Identifikation mit dem mit Zirkumflex geschriebenen Namen sei ihm nicht möglich, zumal er zu dem Kulturkreis, in dem die Schreibweise mit Zirkumflex gebräuchlich sei, keinerlei Verbindung habe. Schließlich müsse sich auch das Selbstbestimmungsrecht gegenüber dem gegebenenfalls durch die Geburtsanzeige geschaffenen Formalismus durchsetzen. Mit dem sog. Selbstbestimmungsgesetz habe der Gesetzgeber auch zu erkennen gegeben, dass der Vorname im Wesentlichen keine Bedeutung mehr habe und jederzeit durch Erklärung ohne Begründung gegenüber der Behörde und beliebig geändert werden könne, wenn gleichzeitig der Geschlechtseintrag geändert werde. Damit würden die Bedeutung des Vornamens und der Kontinuitätsgrundsatz relativiert.
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Der Kläger legte Kopien einer Vielzahl weiterer Dokumente vor, in denen sein Vorname ohne Zirkumflex geführt wird. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Dokumente, auf deren Inhalt Bezug genommen wird:
- EC-Karte der VR GenoBank D. e.g., gültig bis 2025
– Krankenversichertenkarte der Techniker Krankenkasse
- Hinweisbeschluss des Amtsgerichts M. vom 15. Februar 2023
– Schreiben des Landratsamtes R. vom 1. Februar 2023 bezüglich einer Betriebskontrolle am 31. Januar 2023
– Prüfungszeugnis der IHK K. vom 17. Oktober 2006
– Auskunft aus dem Verkehrszentralregister vom 11. Juni 2013
– Zeugnis der IHK für M. und Oberbayern vom 22. Dezember 2011
– Urkunde des Blutspendedienstes vom 5. November 2007 (Ehrenzeichen für 5 Blutspenden)
- Bescheinigung des Zentrum Bayern für Familie und Soziales vom 30. März 2015
– Abschlusszeugnis der Landeshauptstadt … vom 19. Juni 2006
– Schreiben der Polizeiinspektion Z. vom 28. Februar 2013
– Sorgerechtserklärungen vom 28. Oktober 2013
– Vaterschaftsanerkennungen vom 28. Oktober 2013
– Notariell beurkundete Erklärung einer Erbausschlagung vom 21. März 2023
– Schreiben der LMU M. vom 3. Mai 2023
– Schreiben des Amtsgerichts V. vom 22. Juni 2023
– Beschluss des Amtsgerichts V. vom 15. Juni 2023
– Führungszeugnis vom 24. April 2024
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Der Kläger lässt beantragen,
Der Bescheid des Beklagten vom 20.06.2022, Az.: 15/1160 wird aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, die Änderung des Vornamens des Klägers in J2. vorzunehmen.
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Der Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
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Zur Begründung wird auf den angefochtenen Bescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass der Name „J1. “ rechtmäßig zustande gekommen sei. Sowohl auf der Geburtsbescheinigung als auch im Geburtenregister und in der Geburtsanzeige sei der Zirkumflex eindeutig zu erkennen. Dass der Zirkumflex handschriftlich ergänzt worden sei, habe technische Gründe, weil ein entsprechendes Zeichen auf damaligen Schreibmaschinen nicht existiert habe. Unerheblich sei auch, dass die Geburtsanzeige nur von der Mutter unterschrieben worden sei, weil es zum Zeitpunkt der Geburt keinen rechtlichen Vater gegeben habe, sondern die Vaterschaftsanerkennung erst sechs Monate später erfolgt und eine nachträgliche Mitzeichnung der Geburtsanzeige nach Vaterschaftsanerkennung nicht vorgesehen sei. Aufgrund der vorgelegten Dokumente sei eine Erklärung der Mutter zum Zirkumflex nunmehr unbeachtlich. Der wirksam zustande gekommene Name dürfe demnach nur aus wichtigem Grund geändert werden, § 11 i.V.m. § 3 Abs. 1 NamÄndG. Ein solcher liege jedoch nicht vor. Dass der Kläger in öffentlichen Registern mit der gewünschten Schreibweise seines Namens geführt werde, sei allein darauf zurückzuführen, dass diese Schreibweise den Registern auch so übermittelt worden sei. Eine Übermittlung an öffentliche Register sei jedoch eine Privatangelegenheit, sodass Eintragungen genauso vorgenommen würden wie vom Kläger angegeben. Bei den angesprochenen öffentlichen Registern werde die Schreibweise nicht vom Pass- bzw. Meldeamt abgerufen, sondern vielmehr aus den vorgelegten Dokumenten übernommen. Ähnlich sei das Verfahren bei Banken bzw. Krankenkassen. Hier spiele eine genaue Namenswiedergabe unter Umständen auch gar keine Rolle, weil bei der Krankenkasse zum Beispiel der zweite Vorname gar nicht berücksichtigt werde. Bank- bzw. Krankenkassenkarten dienten auch nicht zu Identifizierungszwecken. Dass im Führerschein der Zirkumflex fehle, habe technische Gründe. Bei der Bestellung eines EU-Kartenführerscheins könnten Sonderzeichen Anwendung finden, eine Verpflichtung für die Behörde bestehe aber nicht. Außerdem sei auch mittels eines Führerscheins eine Identifizierung nicht möglich, sondern der Führerschein treffe lediglich eine Aussage darüber, welche Fahrerlaubnisklassen der Inhaber besitze. Auch die Eintragung des Vornamens ohne Zirkumflex bei der Gewerbeanmeldung müsse als privater Grund zurückstehen. Eine ungebräuchliche Schreibweise könne ebenfalls keine ausreichende Begründung darstellen, da durch den Zirkumflex gerade auch die Aussprache verändert werde und der Vokal, auf den sich der Zirkumflex beziehe, lange gesprochen werde. Auch das Argument, dass der Kläger deutscher Staatsangehöriger und die Schreibweise seines Namens mit Zirkumflex ungebräuchlich sei, führe nicht zu einer anderen Sichtweise. Die öffentlich-rechtlich Namensänderung diene zwar dazu, Unzulänglichkeiten auszugleichen, nicht aber dazu, vermeidbar Versäumtes nachzubessern. Die Wahl des Vornamens im ersten Monat nach der Geburt des Kindes sei insoweit bindend, dass eine Änderung des Vornamens zu einem späteren Zeitpunkt nicht aus reinen Vereinfachungsgründen und auf Wunsch möglich sei. Zurückgewiesen werden müsse auch, dass alle Ausweisdokumente immer den Namen ohne Zirkumflex getragen hätten. Zwar sei von der Landeshauptstadt … ein entsprechender Reisepass ausgestellt worden. Dieser sei jedoch von Anfang an ungültig gewesen, da ein Pass ungültig sei, wenn Eintragungen fehlten oder unzutreffend seien. Das Fehlen eines Zirkumflexes sei eindeutig falsch und somit als unzutreffend zu werten. Namen müssten entsprechend der Eintragung im Melderegister eingetragen werden. Der Eintrag im Melderegister sei jedoch nur dann maßgeblich, wenn er mit dem Personenstandsregister übereinstimme. Dass die Landeshauptstadt … die Schreibweise des Vornamens falsch übernommen habe, begründe keinen wichtigen Grund, da selbst eine fälschliche Weitergabe einer „eigenmächtigen Namensänderung“ keine amtliche Anerkennung zur Folge habe. Die fehlerhafte Übernahme von Daten aus der Melderegisterstelle stelle lediglich einen geschwächten Vertrauenstatbestand dar, der jedoch keinen derartigen Vertrauensschutz begründe, welcher einen wichtigen Grund im Sinne des Namensänderungsgesetzes darstelle, da sich insoweit die Aussagen zweier staatlicher Stellen widersprechen würden. Noch während des Gültigkeitszeitraums sei außerdem durch die Gemeinde Feldkirchen ein Personalausweis ausgestellt worden, in dem der Zirkumflex eindeutig zu erkennen gewesen sei. Da die unterschiedlichen Schreibweisen zu keiner Zeit beanstandet worden seien, erwecke dies den Eindruck, dass der Kläger die unterschiedlichen Dokumente jeweils zu seinen Gunsten genutzt habe. So habe er auch zu keiner Zeit moniert, dass sein Name auf dem Stimmzettel zur Stadtratswahl am 15. März 2020 gerade mit Zirkumflex geschrieben worden sei. Soweit der Kläger die richtige Schreibweise seines Vornamens im Alltag als zu schwierig erachte, sei zu entgegnen, dass die „technische Umsetzung“ nicht mehr Mühe mache als einen Apostroph zu setzen. Selbst wenn hier ein persönliches schutzwürdiges Interesse des Klägers erkannt werde, müsse dieses gegenüber dem öffentlichen Interesse der Allgemeinheit zurücktreten. Ein wichtiger Grund für die Namensänderung könne grundsätzlich auch nicht aus Umständen abgeleitet werden, denen bereits bei der ursprünglichen Namenswahl hätte Rechnung getragen werden können.
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In der mündlichen Verhandlung am 18. Dezember 2024 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Der Kläger legte außerdem ergänzend noch einen von der Landeshauptstadt … am 11. April 2003 ausgestellten Reisepass (gültig bis 10. April 2008) und einen von der Landeshauptstadt … am 21. Juni 2002 ausgestellten Personalausweis (gültig bis 20. Juni 2007) vor.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere das Protokoll über die mündliche Verhandlung am 18. Dezember 2024 und auf die vom Beklagten vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die gegenständliche Klage, die, wie der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich klargestellt hat und wie es sich auch nach der gemäß § 88 Verwaltungsgerichtordnung (VwGO) gebotenen Auslegung des klägerischen Begehrens ergibt, auf eine öffentlich-rechtliche Namensänderung gerichtet ist, hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
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Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage zulässig und der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet.
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Zwar hat der Kläger zur Begründung der von ihm begehrten Änderung seines Vornamens von „J1. “ in „J2. “ schriftsätzlich und im behördlichen Verfahren auch darauf verwiesen, dass die im Geburtenregister aufgrund der von seiner Mutter unterzeichneten Geburtsanzeige vom … 1987 erfasste Schreibweise seines Namens mit Zirkumflex („J1. “) eigentlich von seiner Mutter nicht gewollt gewesen sei. Sollte der Kläger mithin – jedenfalls mittelbar – auch die Feststellung der Unrichtigkeit bzw. Berichtigung der Beurkundung im Geburtenregister und der Geburtsanzeige begehren, wäre er insoweit auf das in den §§ 46, 47 Personenstandgesetz (PStG) geregelte Verfahren zu verweisen, das gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 PStG den Amtsgerichten und damit dem Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zugewiesen ist. Der Klägerbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung jedoch ausdrücklich bestätigt und auch mit seiner Antragstellung zum Ausdruck gebracht, dass verfahrensgegenständlich eine Namensänderung nach dem öffentlich-rechtlichen Namensänderungsgesetz sei und der Vorname des Klägers, wenn auch ggf. von der Mutter des Klägers nicht gewollt, mit Zirkumflex („J1. “) wirksam entstanden sei, weil er – wovon sich auch das Gericht und die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung durch eine Inaugenscheinnahme des sich in der Behördenakte befindlichen Auszugs aus dem Geburtenregister überzeugt haben – im Geburtenregister als dem maßgeblichen Personenstandsregister mit Zirkumflex („J1. “) eingetragen sei. Für eine öffentlich-rechtliche Namensänderung gemäß dem Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (Namensänderungsgesetz – NamÄndG) und eine Versagungsgegenklage gegen einen Bescheid, der, wie der mit der vorliegenden Klage angegriffene Bescheid des Beklagten vom 20. Juni 2022, auf dem Namensänderungsgesetz beruht, ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet. Somit bedurfte es vorliegend keiner (teilweisen) Verweisung des Rechtsstreits gemäß § 17a Gerichtsverfassungsgesetz (GVG).
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Im Übrigen bestehen gegen die Zulässigkeit der Klage keine Bedenken.
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Die Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 20. Juni 2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Änderung seines Vornamens von „J1. “ in „J2. “ hat.
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1. Die Voraussetzungen für die vom Kläger begehrte öffentlich-rechtliche Namensänderung sind im Namensänderungsgesetz (NamÄndG) geregelt. Dieses findet auf das Begehren des Klägers gemäß § 1 NamÄndG Anwendung, weil der Kläger deutscher Staatsangehöriger ist. Das Landratsamt R. ist als Kreisverwaltungsbehörde gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 NamÄndG i.V.m. § 6 Nr. 2 Buchst. a Zuständigkeitsverordnung (ZustV) sachlich und gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) örtlich zuständig, weil der Kläger seinen Wohnsitz und damit seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Landkreis R. und damit im Zuständigkeitsbereich des Landratsamts R. hat.
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2. Gemäß § 3 Abs. 1 NamÄndG darf ein Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Dies gilt gemäß § 11 NamÄndG auch für die Änderung von Vornamen und deshalb auch für die vom Kläger begehrte Änderung seines Vornamens von „J1. “ in „J2. “.
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Bei dem Begriff des wichtigen Grundes i.S.d. § 3 Abs. 1 NamÄndG handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Anwendung in vollem Umfang gerichtlich nachprüfbar ist (BVerwG, U.v. 2.10.1970 – VII C 38/69 – juris Rn. 12). Ob ein die Namensänderung rechtfertigender wichtiger Grund vorliegt, ist durch Abwägung aller für und gegen die Namensänderung sprechenden Interessen festzustellen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass ein wichtiger Grund für eine Änderung des Familiennamens gegeben ist, wenn das schutzwürdige Interesse des Namensträgers, seinen bisherigen Namen abzulegen und den neuen Namen zu führen, einerseits Vorrang hat vor dem schutzwürdigen Interesse der Träger des bisherigen und des neuen Namens, die durch eine Namensänderung betroffen sind, und andererseits vor den Grundsätzen der Namensführung, die in den gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck gekommen sind und zu denen auch die Ordnungsfunktion des Namens (v.a. die Identifizierung und Individualisierung des Namensträgers) sowie sicherheitspolizeiliche Interessen an der Beibehaltung des bisherigen Namens gehören (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, B.v. 11.1.2011 – 6 B 65/10 – juris Rn. 5; BVerwG, B.v. 17.5.2001 – 6 B 23/01 – juris Rn. 5). Dabei ist es auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn bei der Auslegung des wichtigen Grundes das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Namens mit dem privaten Interesse an einer Namensänderung abgewogen und ein bloß vernünftiger Grund für die Namensänderung als nicht ausreichend erachtet wird (BVerfG, B.v. 10.10.1989 – 1 BvR 358/89 – juris).
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Soll ein Vorname geändert werden, ist im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Vornamens zwar geringer zu bewerten als bei der Änderung des Familiennamens, der in weitergehendem Umfang als Unterscheidungs- und Zuordnungsmerkmal dient. Das folgt daraus, dass die soziale Ordnungsfunktion des Nachnamens stärker hervortritt als diejenige des Vornamens. Letzterer dient in erster Linie der Unterscheidung mehrerer Träger desselben Nachnamens insbesondere in der Familie und hat eine stärker auf die Individualität der Person bezogene Bedeutung (BVerwG, U.v. 26.3.2003 – 6 C 26/02 – juris Rn. 12). Ein öffentliches Interesse an der Namenskontinuität ist allerdings gleichwohl der Rechtsordnung auch in Bezug auf den Vornamen zu entnehmen. Nach § 21 Abs. 1 Nr. 4 PStG sind die Vornamen in das Geburtenbuch einzutragen. Mit der Eintragung ist der Vorname grundsätzlich unabänderlich geworden und kann nur nach Maßgabe des öffentlich-rechtlichen Namensänderungsrechts geändert werden. Das Interesse an der Namenskontinuität besteht vornehmlich darin, den Namensträger zu kennzeichnen und sein Verhalten diesem auch in Zukunft ohne weitere Nachforschung zurechnen zu können. Dieses Interesse wird in § 111 OWiG auch in Bezug auf den Vornamen zum Ausdruck gebracht (BVerwG, U.v. 26.3.2003 – 6 C 26/02 – juris Rn. 13).
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Außerdem kommt bei der Prüfung, ob ein wichtiger Grund i.S.d. § 3 Abs. 1 NamÄndG vorliegt, auch den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Namensänderungsgesetz (NamÄndVwV) Bedeutung zu. Diese Verwaltungsvorschriften haben zwar als Verwaltungsanweisung keine Rechtsnormqualität. In der Rechtsprechung ist jedoch seit Jahrzehnten anerkannt, dass den Verwaltungsvorschriften die Bedeutung eines Maßstabes zukommt, der bei der Prüfung der Frage nach dem Vorliegen eines wichtigen Grundes mit in Betracht gezogen werden muss, weil er Ausdruck der im Geltungsbereich des Namensänderungsgesetzes bestehenden allgemeinen Anschauung ist (statt aller NdsOVG, U.v. 16.11.2021 – 11 LB 252/20 – juris Rn. 29 m.w.N.).
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3. Ausgehend von diesen Maßstäben liegt nach Auffassung des Gerichts kein wichtiger Grund i.S.d. § 3 Abs. 1 i.V.m. § 11 NamÄndG vor, der die vom Kläger begehrte Änderung seines Vornamens rechtfertigt. Der Kläger hat dem öffentlichen Interesse an der (Vor) Namenskontinuität keine privaten Interessen entgegengesetzt, die so gewichtig wären, dass die gebotene Abwägung der maßgeblichen Umstände zugunsten des Klägers ausfällt.
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a. Wesentliche Grundlage für das im vorliegenden Fall bestehende öffentliche Interesse an der Beibehaltung des Vornamens mit Zirkumflex („J1. “) ist der – in der mündlichen Verhandlung auch klägerseits nicht mehr in Abrede gestellte – Umstand, dass der Vorname des Klägers mit Zirkumflex im Geburtenregister als maßgeblichem Personenstandsregister beurkundet wurde und der Kläger daher in öffentlichen Registern und von Behörden unter der entsprechenden Schreibweise seines Namens („J1. “) geführt wird bzw. jedenfalls zu führen wäre. Zwar hat der Kläger verschiedene von Behörden erstellte Dokumente und Unterlagen vorgelegt, in denen sein Name in der von ihm begehrten Schreibweise ohne Zirkumflex („J2. “) geführt wird. Gleichwohl ist festzuhalten, dass dem Kläger auch Ausweisdokumente ausgestellt wurden, in denen sein Name mit Zirkumflex geschrieben wird. Auch auf dem Stimmzettel zur Wahl des Stadtrates der Stadt Z. am 15. März 2020 wird der Vorname des Klägers mit Zirkumflex geschrieben. Diese Schreibweise findet nach eigenen Angaben des Klägers auch im Zusammenhang mit seiner Stadtratstätigkeit jedenfalls teilweise Verwendung. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger außerdem angegeben, dass zumindest das Landratsamt R. und die Stadt Z. jedenfalls mittlerweile genau auf die korrekte Schreibweise seines Namens mit Zirkumflex achten. Es ist daher nicht ersichtlich, dass der Kläger in keinerlei Lebensbereichen mit der mit Zirkumflex geschriebenen Schreibweise seines Vornamens auftreten würde, sondern gerade im Kontakt mit den für ihn aufgrund seines Wohnortes maßgeblichen Behörden sowie im personenstandsrechtlichen Kontext wird der Kläger mit dem Vornamen „J1. “ geführt, was für das öffentliche Interesse an der Beibehaltung seines Namens spricht.
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b. Schutzwürdige individuelle Interessen an der Änderung seines Vornamens von „J1. “ in „J2. “, die für sich oder in der Gesamtschau dem öffentlichen Interesse an der Beibehaltung seines Namens „J1. “ überwiegen, hat der Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts geltend gemacht und sind für das Gericht auch nicht anderweitig ersichtlich.
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(1) Ein wichtiger Grund ergibt sich nicht daraus, dass der Kläger zum einen im Wesentlichen geltend macht, die Schreibweise seines Vornamens mit Zirkumflex sei hierzulande ungebräuchlich, weshalb er als deutscher Staatsangehöriger häufig in Erklärungsnot wegen des ausländischen Ursprungs seines Namens gerate und weshalb es regelmäßig Schwierigkeiten bei der korrekten Schreibweise seines Namens gebe, v.a. im Bereich der EDV.
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Allgemein ist der Kläger diesbezüglich darauf zu verweisen, dass angesichts einer seit Jahrzehnten erfolgenden Migration fremdklingende und ggf. in der deutschen Sprache schwer auszusprechende oder zu schreibende Namen nichts Ungewöhnliches sind (vgl. BVerwG, B.v. 17.5.2001 – 6 B 23/01 – juris Rn. 6; VGH BW, U.v. 19.2.2014 – 1 S 1335/13 – juris Rn. 19). Dementsprechend konkretisiert auch Nr. 37 Abs. 1 Halbs. 1 NamÄndVwV zutreffend, dass allein aus der Tatsache, dass ein Familienname fremdsprachigen Ursprungs ist oder nicht deutsch klingt, ein wichtiger Grund für eine Namensänderung im Allgemeinen nicht abgeleitet werden kann (vgl. Nr. 37 Abs. 1 Halbs. 1 NamÄndVwV). Ebenso wenig stellen Schwierigkeiten bei der Aussprache, der akustischen Wahrnehmung oder der Schreibweise eines ausländischen Namens für sich gesehen einen wichtigen Grund für eine Namensänderung dar (vgl. VGH BW, U.v. 19.2.2014 – 1 S 1335/13 – juris Rn. 19; VG München, U.v. 21.3.2019 – M 30 K 18.174 – juris Rn. 16).
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Hinsichtlich der Aussprache misst der Kläger nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung schon selbst dem Zirkumflex keine entscheidende Bedeutung bei. Selbst wenn aber ein Zirkumflex hinsichtlich der Aussprache, wie der Beklagte meint, zur Folge haben sollte, dass der davon betroffene Vokal lang ausgesprochen wird, ist nicht ersichtlich, dass dies im Allgemeinen besondere Schwierigkeiten bei der Aussprache bereiten würde, die ein Bedürfnis für eine vom Kläger begehrte Namensänderung begründen könnten. Es ist auch weder ersichtlich noch vom Kläger substantiiert vorgetragen worden, dass Probleme Dritter mit der Schreibweise seines Namens dem Kläger in seinem beruflichen oder sozialen Umfeld erhebliche Schwierigkeiten oder Hindernisse von solchem Gewicht bereiten, dass sie einen wichtigen Grund i.S.d. § 3 NamÄndG darstellen könnten. Für das Gericht ist nicht erkennbar, dass der Zirkumflex über dem … die Schreibweise oder die Aussprache des Vornamens so erheblich erschweren würde, dass dies dem Kläger Probleme bereitet, die nicht nur unwesentliche Behinderungen darstellen und damit von solchem Gewicht sind, dass sie einen – auch nach der Konkretisierung in Nr. 36 NamÄndVwV – gewichtigen Grund für eine Namensänderung i.S.d. § 3 NamÄndG darstellen können. Anders als der Kläger meint, dürfte es nach Auffassung des Gerichts selbst im Umgang mit EDV weniger versierten Nutzern ohne größeren Aufwand möglich sein, sich über die erforderliche Tastaturfunktion, mit welcher ein Zirkumflex produziert werden kann, kundig zu machen und dies umzusetzen. Erst recht unproblematisch dürfte es sein, bei handschriftlichen Aufzeichnungen den Zirkumflex korrekt darzustellen. Unschädlich ist auch, dass der Name des Klägers u.U. nicht automatisch mit Zirkumflex geschrieben wird, wenn er nur akustisch wahrgenommen wird. Denn es ist dem Kläger möglich und zumutbar, Dritte über die korrekte Schreibweise und Aussprache seines Namens aufzuklären und sie damit in die Lage zu versetzen, seinen Nachnamen im Schriftverkehr korrekt zu erfassen und im persönlichen oder fernmündlichen Kontakt adäquat auszusprechen, zumal Nachnamen ausländischen Ursprungs mittlerweile hierzulande nicht mehr selten sind und es auch eine Vielzahl traditioneller Namen gibt, die von ihren Trägern häufig buchstabiert oder erläutert werden müssen. Ebenso ist es dem Kläger möglich und zumutbar, bei entsprechendem Aufklärungsbedarf und -wunsch darauf hinzuweisen, dass er trotz der hierzulande vielleicht unüblichen Schreibweise seines Namens deutscher Staatsangehöriger ist. Auch insoweit ist zudem zu berücksichtigen, dass ein ausländisch klingender Name allein mittlerweile von der Mehrheit der Gesellschaft nicht mehr als Umstand wahrgenommen werden dürfte, der der Annahme, jemand könne deutscher Staatsangehöriger sein, entgegensteht. Daraus, dass ein Zirkumflex in der deutschen Sprache unüblich sein mag und Dritte beim Vornamen des Klägers u.U. nicht intuitiv an die Verwendung des Zirkumflexes denken, ergeben sich für den Kläger nach Auffassung des Gerichts daher allenfalls alltägliche Unannehmlichkeiten, die aber kein solches Gewicht haben, dass sie einen eine Namensänderung rechtfertigenden wichtigen Grund i.S.d. § 3 Abs. 1 NamÄndG darstellen (so auch VG Gießen, U.v. 11.1. 2021 – 4 K 3074/20.GI – juris Rn. 26 m.w.N.).
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(2) Auch der vom Kläger für die begehrte Namensänderung vorrangig geltend gemacht Umstand, dass er immer schon im Rechts- und Geschäftsverkehr mit seinem Vornamen ohne Zirkumflex („J2. “) auftrete, begründet keinen wichtigen Grund i.S.d. § 3 Abs. 1 NamÄndG.
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Es ist dem Kläger nicht gelungen, dem Gericht überzeugend zu veranschaulichen, inwiefern ihm aus dem Umstand, dass er im Rechts- und Geschäftsverkehr unter einer Schreibweise seines Vornamens auftritt, die von der (personenstands) rechtlich entstandenen und geltenden Schreibweise seines Vornamens abweicht, Probleme erwachsen, die es erforderlich machen und daher rechtfertigen könnten, seinen Namen in dem von ihm begehrten Sinne zu ändern. Aus den auch in diesem Zusammenhang insgesamt pauschal und vage gebliebenen Ausführungen des Klägers ergibt sich allenfalls, dass etwaige Probleme im Rechts- und Geschäftsverkehr darin gründen, dass sein Vorname uneinheitlich, d.h. zum Teil mit, zum Teil ohne Zirkumflex geschrieben wird. Auch in dem einzigen von ihm in der mündlichen Verhandlung genannten konkreten Beispiel, das er aber ebenfalls nur sehr detailarm geschildert hat, scheiterte die zeitnahe Vergabe eines Kredits nach eigenen Angaben des Klägers daran, dass die Schreibweise seines Namens in verschiedenen Dokumenten uneinheitlich war. Der maßgebliche Grund für die vom Kläger begehrte Namensänderung ist daher sein Bestreben, künftig eine in allen Bereichen einheitliche Schreibweise seines Vornamens zu gewährleisten, ohne dass speziell und isoliert betrachtet schon der Zirkumflex über dem … in seinem Vornamen als solcher Probleme bereiten würde. Damit aber ergibt sich schon auf Grundlage der eigenen Angaben des Klägers nicht die – für eine entsprechende Namensänderung erforderliche – Notwendigkeit, im Wege einer Namensänderung den Zirkumflex über dem … seines Vornamens zu streichen. Denn die vom Kläger in erster Linie begehrte Beseitigung der Uneinheitlichkeit bei der Schreibweise seines Namens in unterschiedlichen Dokumenten und durch unterschiedliche Stellen könnte er gleichermaßen dadurch erreichen, dass er künftig im Rechts- und Geschäftsverkehr auf die korrekte Schreibweise seines Vornamens mit Zirkumflex („J1. “) hinwirkt und bei Stellen, die seinen Namen derzeit fälschlicherweise ohne Zirkumflex („J2. “) erfasst haben, eine entsprechende Änderung veranlasst.
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Das Hinwirken auf eine korrekte Schreibweise bzw. die Korrektur der Schreibweise seines Vornamens bei Stellen, bei denen diese u.U. bereits falsch erfasst ist, ist dem Kläger auch zumutbar und aus Sicht des Gerichts mit vertretbarem Aufwand praktisch umsetzbar. Jede Adressänderung infolge eines Umzugs, aber auch Namensänderungen, z.B. nach einer Heirat oder Adoption, machen es für Betroffene erforderlich, bei einer Vielzahl öffentlicher und nichtöffentlicher Stellen dort gespeicherte Personen- und Adressdaten berichtigen zu lassen. Unternehmen, Banken, Versicherung und andere öffentliche und nichtöffentliche Stellen sind daher auch darauf eingestellt, Änderungen von Adress- und Personendaten entgegenzunehmen und zu verarbeiten. Es würde daher auch für den Kläger keinen so hohen Aufwand darstellen, bei den notwendigen Stellen eine Richtigstellung der Schreibweise seines Namens herbeizuführen, dass das öffentliche Interesse an der Namenskontinuität zurückstehen müsste, zumal ein etwaiges Interesse des Klägers, weiterhin im Rechts- und Geschäftsverkehr in dem Maße wie bisher ohne Zirkumflex in seinem Vornamen aufzutreten, nicht besonders schutzwürdig erscheint. Denn soweit der Vorname des Klägers bei unterschiedlichen Stellen, wie er durch die Vorlage unterschiedlichster Dokumente dargestellt hat, ohne Zirkumflex geführt wird, beruht dies überwiegend darauf, dass der Kläger den Namen dort selbst so angegeben haben dürfte, weil diese Stellen regelmäßig keine Abgleiche mit Personenstandsregistern durchführen und es für sie teilweise sogar überhaupt nicht von Belang sein dürfte, ob die bei ihnen geführte Schreibweise exakt mit der personenstandsrechtlich geltenden Schreibweise übereinstimmt. Dies gilt selbst für die meisten der von öffentlichen Stellen stammenden Unterlagen, die der Kläger vorgelegt hat und in denen er ohne Zirkumflex in seinem Vornamen geführt wird. Jedenfalls können auch die von Behörden und öffentlichen Stellen stammenden Dokumente, in denen der Vorname des Klägers ohne Zirkumflex geschrieben wird, keinen hinreichend gewichtigen Vertrauenstatbestand begründen, da in diesen Dokumenten teilweise eine Darstellung von Sonderzeichen schon aus technischen Gründen unterbleibt oder zumindest unterbleiben kann und diesen Dokumenten auch keine personenstandsrechtliche oder dem Identitätsnachweis dienende Funktion zukommt, welche die maßgebliche Eintragung im Personenstandsregister überlagern könnte. Hinzu kommt, dass dem Kläger bereits seit Längerem klar sein musste, dass in maßgeblichen behördlichen Dokumenten oder Registern sein Name mit Zirkumflex über dem … verzeichnet ist. Denn er hat selbst eingeräumt, dass ihm der Zirkumflex, der sich, wie eine Inaugenscheinnahme in der mündlichen Verhandlung gezeigt hat, unstreitig über dem … in seinem Namen in dem Personalausweis befindet, den die Gemeinde F. ihm im Jahr 2012 ausgestellt, selbst schon kurz nach Erhalt des Personalausweises aufgefallen ist. Auch im Zusammenhang mit der Wahl für den Stadtrat der Stadt Z. muss ihm aufgefallen sein, dass sein Vorname auf dem Stimmzettel mit Zirkumflex geschrieben wird. Auf dem von der Landeshauptstadt … im Jahr 2002 ausgestellten Personalausweis, den der Kläger in der mündlichen Verhandlung selbst vorgelegt hat, findet sich in der eigenhändig geleisteten Unterschrift des Klägers über dem … in seinem Vornamen jedenfalls andeutungsweise ein Zirkumflex. Trotz der Unsicherheiten über die offiziell geführte Schreibweise seines Namens, die sich ihm vor diesem Hintergrund schon seit Längerem aufdrängen mussten, hat es der Kläger unterlassen, etwaige Unklarheiten aufzuklären, sondern ist weiterhin ohne dem Zirkumflex über dem … seines Vornamens im Rechts- und Geschäftsverkehr aufgetreten. Ein dadurch entstandener Rechtsschein, dass sein Vorname ohne Zirkumflex über dem … korrekt sei, ist auch deshalb jedenfalls nicht besonders schutzwürdig und muss in der Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Namenskontinuität folglich zurücktreten.
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(3) Auch die vom Kläger geltend gemachte nervliche Belastung begründet keinen wichtigen Grund für die von ihm begehrte Namensänderung. Zwar kann grundsätzlich auch eine seelische Belastung durch einen bestimmen Namen einen wichtigen Grund i.S.d. § 3 NamÄndG darstellen. Voraussetzung ist hierbei nicht, dass eine seelische Belastung bereits den Grad einer behandlungsbedürftigen Krankheit oder Krise erreicht hat, sondern die Namensänderung muss einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Risikofaktoren für den Eintritt einer behandlungsbedürftigen Krise zu reduzieren. Maßgeblich ist insoweit aber ein objektiver Maßstab, d.h. eine seelische Belastung kann nur dann als wichtiger Grund für eine Namensänderung angesehen werden, wenn sie unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände nach allgemeiner Verkehrsauffassung verständlich und begründet ist und nicht nur als übertriebene Empfindlichkeit zu werten ist (BVerwG, B.v. 11.1.2011 – 6 B 65/10 – juris Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 8.1.2019 – 5 ZB 18.1912 – juris Rn. 14). Um eine Namensänderung zu rechtfertigen, muss die geltend gemachte seelische Belastung aber gerade ihre Ursache in dem Namen haben, dessen Änderung begehrt wird. Dies ist beim Kläger nicht der Fall. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, ihn belaste das behördliche und gerichtliche Namensänderungsverfahren als solches, fehlt es an einem spezifischen Bezug zu seinem Vornamen und hat die Belastung ihre Ursache darin, dass er ein langwieriges gerichtliches Verfahren führt, was für einen Laien zwar eine Belastung darstellen mag, die aber unabhängig vom Gegenstand des Verfahrens – hier das Namensänderungsbegehren – ist. Daneben gilt auch in diesem Zusammenhang, dass die Belastung für den Kläger gerade darin besteht, dass sein Vorname uneinheitlich geschrieben wird. Dem könnte aber, wie ausgeführt, auch dadurch abgeholfen werden, dass der Kläger dort auf eine ihm zumutbare und mögliche Berichtigung der Schreibweise hinwirkt, wo sein Vorname derzeit noch nicht in der richtige Schreibweise mit Zirkumflex geführt wird. Anhaltspunkte für eine über bloße Unannehmlichkeiten hinausgehende seelische Belastung, die ihre Ursache spezifisch im Zirkumflex über dem … in seinem Vornamen hat, sind daher weder vom Kläger substantiiert geltend gemacht worden noch anderweitig ersichtlich, sodass es auf die Frage, ob die vom Kläger angeführte nervliche Belastung nach allgemeiner Verkehrsauffassung verständlich ist, für sein vorliegend gegenständliches Namensänderungsbegehren gar nicht mehr ankommt.
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(4) Soweit der Kläger geltend macht, sein Vorname sei bei seiner Geburt in einer von seiner Mutter nicht gewollten Schreibweise beurkundet worden, ist dies von vornherein nicht geeignet, einen wichtigen Grund für eine Namensänderung i.S.d. § 3 Abs. 1 NamÄndG zu begründen. Für die Korrektur einer nicht gewollten Beurkundung in einem Personenstandsregister wäre der Kläger, wie dargelegt, auf das in den §§ 46, 47 PStG geregelte Verfahren zu verweisen. Um die hierfür geltenden Voraussetzungen nicht zu unterlaufen, kann dieses Ziel nicht zugleich im Wege einer öffentlich-rechtlichen Namensänderung verfolgt werden (vgl. auch VG München U.v. 19.4.2018 – M 30 K 17.1780 – BeckRS 2018, 20431 Rn. 17).
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(5) Schutzwürdige individuelle Interessen an der von ihm begehrten Namensänderung hat der Kläger nach alledem nicht hinreichend substantiiert geltend gemacht, jedenfalls aber überwiegen die vorgetragenen Gründe – auch in der Gesamtschau – nach Auffassung des Gerichts nicht dem öffentlichen Interesse an der Namenskontinuität. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die vom Kläger begehrte Namensänderung mit dem Zirkumflex nur ein Sonderzeichen betreffen würde und sein Vorname im Übrigen unverändert bliebe. Gerade bei Nutzung von Systemen der elektronischen Datenverarbeitung besteht aber ein Bedürfnis, dass an dem personenstandsrechtlich geltenden Namen mit Blick auf seine Identifikationsfunktion exakt festgehalten wird.
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Soweit der Klägerbevollmächtigte im Hinblick auf die für eine Vornamensänderung zu beachtenden Maßstäbe geltend gemacht hat, in Folge des zum 1. November 2024 in Kraft getretenen Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (Selbstbestimmungsgesetz – SBGG), welches es ermögliche, jederzeit ohne Begründung und beliebig seinen Vornamen zu ändern, wenn gleichzeitig der Geschlechtseintrag geändert werde, würden die Bedeutung des Vornamens und der Kontinuitätsgrundsatz relativiert, sodass die Hürden für eine öffentlich-rechtliche Vornamensänderung jedenfalls deutlich gesenkt werden müssten, vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen. Denn der Klägerbevollmächtigte verkennt, dass eine Vornamensänderung auf Grundlage des Selbstbestimmungsgesetzes nicht ins Belieben des Namensträgers gestellt ist, sondern eine Annexentscheidung zu einer Änderung des Geschlechtseintrags darstellt, die nicht voraussetzungslos und jederzeit möglich ist und in der Regel wohl am Ende eines langwierigen, gegenüber der Vornamensänderung im Vordergrund stehenden inneren Prozesses der Auseinandersetzung mit der eigenen Geschlechtsidentität ist.
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Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).