Inhalt

LG Landshut, Urteil v. 06.11.2024 – J KLs 411 Js 40502/23
Titel:

Fahrerlaubnis, Angeklagte, Freiheitsstrafe, Tateinheit, Erkrankung, Arbeitslosengeld, Gesamtfreiheitsstrafe, Gutachten, Krankenhaus, Kind, Angeklagten, Verteidiger, Facharzt, Tatmehrheit, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Trunkenheit im Verkehr, Missbrauch von Kindern

Normenketten:
StGB § 176 c Abs. 1 Nr. 2 lit. a)
StGB § 176 Abs. 1 Nr. 1
StGB § 176 a Abs. 1 Nr. 2
StGB § 184b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
StGB § StGB § 184b Abs. 3
StGB § 21
StGB § 52
StGB § 53
StGB § 63
Schlagworte:
Fahrerlaubnis, Angeklagte, Freiheitsstrafe, Tateinheit, Erkrankung, Arbeitslosengeld, Gesamtfreiheitsstrafe, Gutachten, Krankenhaus, Kind, Angeklagten, Verteidiger, Facharzt, Tatmehrheit, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Trunkenheit im Verkehr, Missbrauch von Kindern
Rechtsmittelinstanzen:
LG Landshut, Beschluss vom 02.04.2025 – J KLs 411 Js 40502/23
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 06.08.2025 – 1 StR 298/25
Fundstelle:
BeckRS 2024, 49239

Tenor

1. Der Angeklagte ist schuldig des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Herstellung kinderpornografischer Inhalte, in Tatmehrheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern in 6 Fällen jeweils in Tateinheit mit Herstellung kinderpornografischer Inhalte, in Tatmehrheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind in 4 Fällen jeweils in Tateinheit mit Herstellung kinderpornografischer Inhalte, in Tatmehrheit mit Besitz kinderpornografischer Inhalte.
2. Der Angeklagte wird deswegen zur
Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren 3 Monaten
verurteilt.
3. Die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus wird angeordnet.
4. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Ferner trägt der Angeklagte die notwendigen Auslagen des Nebenklägers L.-M. D..

Entscheidungsgründe

(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)
1
Dem Urteil ist keine Verständigung gemäß § 257 c StPO vorausgegangen.
I.
Persönliche Verhältnisse
2
Der ledige deutsche Angeklagte wurde am ...1993 ehelich in K. geboren. Er hat zwei ältere Schwestern. Seine Eltern ließen sich scheiden, als er etwa 2 bis 3 Monate alt war. Nach der Trennung der Eltern lebte er zunächst bei seiner Mutter und deren neuem Partner. Mit knapp 3 ½ bis 4 Jahren wurde er von einem Nachbarn sexuell missbraucht. Im Alter von 5 ½ Jahren nahm ihn sein Vater zu sich nach Niesky in der Nähe von Görlitz. Zu seinem Vater hatte er ein gutes, zu dessen Partnerin, die drei eigene Kinder hatte, die sie ihm vorzog, kein gutes Verhältnis. Etwa 2001 zog er mit dieser Familie nach Bayern, zunächst nach Ergoldsbach. Er wohnte bis zu einem Alter von knapp 20 Jahren bei seinem Vater und der Stiefmutter.
3
Der Angeklagte wurde mit 6 Jahren eingeschult. In der 3. Klasse besuchte er die Sonderschule, ab der 4. Klasse war er wieder in der Grundschule und später in der Hauptschule. Den qualifizierenden Abschluss schaffte er wegen Mathematik nicht. Nach seinem Schulabschluss machte er 3 Monate eine Malerlehre, die ihm aber nicht gefiel. Nach deren Abbruch arbeitete er ab etwa 2009 durchgängig bis September 2023 bei seinem Vater in dessen Gerüstbaufirma. Im September 2023 kündigte er, weil er im Monat nur 400,- EUR bis 500,- EUR an Gehalt ausbezahlt bekam. Der Plan, mit seiner Lebensgefährtin zu deren Tochter S. D1. nach Sachsen-Anhalt zu ziehen, scheiterte, da es am 19.11.2023 im Zusammenhang mit den Tatvorwürfen zu einem Streit kam. Der Angeklagte war zuletzt auf Arbeitssuche. Er bezog Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 400,- EUR bis 500,- EUR.
4
Der Angeklagte verfügt über kein Vermögen. Er hat etwa 9.000,- EUR Steuerschulden sowie erhebliche Schulden bei der Krankenversicherung.
5
Der Angeklagte hatte 2021 im Rahmen seiner Tätigkeit als Gerüstbauer eine Verletzung an der linken Bizepssehne mit entsprechender Schulteroperation im Krankenhaus. Er war dann ein knappes Jahr krankgeschrieben und hat seither auch Beschwerden. Er nimmt keine Medikamente ein.
6
Der Angeklagte hatte nie Depressionen. Im Alter von 14 und 17 Jahren ritzte er sich mehrfach am rechten Arm. Ende November 2023 war er für 3 Tage im Bezirkskrankenhaus Landshut.
7
Alkohol konsumiert der Angeklagte seit dem Alter von 16 Jahren. Ab dem Alter von etwa 25 Jahren trank er im Schnitt 10 bis 11 Halbe Bier pro Tag. Schnaps oder Wein konsumierte er nur selten. Er versuchte zwei- bis dreimal mit dem Alkoholkonsum aufzuhören, schaffte dies aber nicht. Er litt an Entzugserscheinungen wie Zittern, Kopfschmerzen und verstärktem Schlafbedürfnis. Zuletzt trank er durchgängig 10 bis 15 Halbe Bier pro Tag.
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Marihuana probierte er lediglich einmal im Alter von 16 Jahren und dann nochmals mit 30 Jahren. Ansonsten konsumierte er nie irgendwelche Drogen, auch keine Medikamente mit Suchtmittelpotential.
9
In einer ambulanten nervenärztlichen oder psychologischen Behandlung war er mit Ausnahme seines kurzen Bezirkskrankenhausaufenthalts im November 2023 nie.
10
Der Angeklagte lernte seine Lebensgefährtin im Alter von knapp 18 Jahren über ein Computerspiel im Internet kennen. Etwa 1 ½ Jahre später kam er mit ihr zusammen. Sie lebten in einer gemeinsamen Wohnung. Mit seiner Lebensgefährtin hatte er nie Sex, auch mit seinen Kinderfreundschaften ab der 6. Klasse hatte er keine sexuelle Beziehung. Ab und zu befriedigte der Angeklagte sich selbst, etwa so alle 3 Monate. Er sah sich auch keine pornographischen Schriften an. Der Angeklagte und seine Lebensgefährtin versuchten den gemeinsamen Kinderwunsch ohne Sexualverkehr durch In-Vitro-Fertilisation vergeblich zu erfüllen. Zu dem Sohn der Tochter seiner Lebensgefährtin L. baute er eine besonders enge Bindung auf und war mit diesem so oft wie möglich zusammen.
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Bei dem Angeklagten liegt eine Kernpädophilie, eine ausgeprägte kombinierte Persönlichkeitsstörung mit vermeidend selbstunsicheren, zwanghaften, paranoiden und schizoiden, andererseits jedoch auch narzisstischen, emotional-instabilen und antisozialen Persönlichkeitszügen sowie eine Alkoholabhängigkeit vor.
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Gegen den Angeklagten liegen folgende Straferkenntnisse vor:
1. 27.01.2015 AG Landshut (D2404) -06 Cs 310 Js 26745/14 – Rechtskräftig seit 13.02.2015 Tatbezeichnung: Sachbeschädigung Datum der (letzten) Tat: 13.08.2014 Angewandte Vorschriften: StGB § 303 Abs. 1, § 303 c 10 Tagessätze zu je 40,00 EUR Geldstrafe.
2. 16.10.2015 AG Landshut (D2404) -11 Cs 301 Js 30997/15 – Rechtskräftig seit 04.11.2015 Tatbezeichnung: Volksverhetzung Datum der (letzten) Tat: 03.08.2015 Angewandte Vorschriften: StGB § 130 Abs. 1 Nr. 1, § 47 Abs. 2 90 Tagessätze zu je 20,00 EUR Geldstrafe.
3. 13.09.2017 AG Landshut (D2404) -11 Cs 409 Js 25298/17 – Rechtskräftig seit 30.09.2017 Tatbezeichnung: Vorsätzl. Fahren ohne Fahrerlaubnis Datum der (letzten) Tat: 19.05.2017 Angewandte Vorschriften: StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1 30 Tagessätze zu je 50,00 EUR Geldstrafe.
4. 01.07.2019 AG Landshut (D2404) -07 Ds 409 Js 14638/19 – Rechtskräftig seit 09.07.2019 Tatbezeichnung: Fahrl. Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit vorsätzl.
Fahren ohne Fahrerlaubnis in Tatmehrheit mit unerl. Entfernen vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzl. Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzl. Fahren ohne Fahrerlaubnis Datum der (letzten) Tat: 03.02.2019 Angewandte Vorschriften: StGB § 315 c Abs. 1 Nr. 1 a, § 315 c Abs. 3 Nr. 2, § 53, § 52, § 69, § 69 a, § 56, § 142 Abs. 1 Nr. 1, § 316 Abs. 1, § 316 Abs. 2, StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1
6 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Sperre für die Fahrerlaubnis bis 08.07.2020.
Bewährungszeit 2 Jahr(e) .
Bewährungszeit verlängert bis 08.07.2022.
Strafe erlassen mit Wirkung vom 03.08.2022.
13
Der Angeklagte wurde am 27.11.2023 vorläufig festgenommen, der Untersuchungshaftbefehl des Amtsgerichts Landshut vom 28.11.2023 wurde noch am selben Tag außer Vollzug gesetzt. Aufgrund neuen Haftbefehls des Amtsgerichts Landshut vom 17.04.2024 befand sich der Angeklagte seit 25.04.2024 in Untersuchungshaft. Am 30.07.2024 wurde der Haftbefehl durch das Landgericht in einen Unterbringungsbefehl umgewandelt. Seit 01.08.2024 befindet sich der Angeklagte im Bezirkskrankenhaus Straubing.
II.
Festgestellter Sachverhalt
14
1. Am 21.10.2023 gegen 15:03 Uhr urinierte der Geschädigte L1. D2., geboren am 12.04.2018, an einem nicht mehr näher bestimmbaren Ort, vermutlich an der Wohnanschrift des Angeklagten am K.platz 1 in 8... B. oder an der Anschrift des Geschädigten in der G. straße 17 in 0... M., im Beisein des Angeklagten auf eine Stoffpuppe. Die Puppe befand sich dabei in einer Plastikbox, die vom Angeklagten gehalten wurde. Dabei trug der Geschädigte lediglich ein Oberteil, während der Intimbereich unbekleidet war. Anschließend führte der Angeklagte sein Gesicht an den nackten Penis des Geschädigten und rieb seine Nase an dem unbekleideten Glied, um sich sexuell zu erregen. Sodann nahm der Angeklagte die Spitze des Penis des Geschädigten in den Mund. Der Angeklagte fertigte mittels seines Mobiltelefons Samsung Galaxy A51, IM…19 (ÜL.Nr. 1314/24, Asservat 1.1) hiervon eine Videoaufnahme mit einer Abspieldauer von 42 Sekunden (vgl. Datei 72, S. 72 der Anhänge zum ITforensischem Gutachten).
15
Bei dem Geschädigten handelt es sich um den Enkel der Lebensgefährtin des Angeklagten, mit dem der Angeklagte regelmäßig Zeit verbrachte. Das Alter des Kindes war dem Angeklagten bei Vornahme der Handlung daher bekannt.
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2. Zu den nach benannten Zeitpunkten nahm der Angeklagte mehrere sexuelle Handlungen an dem Geschädigten vor und ließ an sich solche Handlungen von dem Geschädigten vornehmen. Dabei fertigte der Angeklagte jeweils mit dem bereits genannten Mobiltelefon Videoaufnahmen mit jeweils kinderpornografischen Inhalten an.
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Im Einzelnen handelt es sich um folgende Fälle:
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a) Am 28.04.2023 gegen 16:59 Uhr ließ der Angeklagte den Geschädigten auf einer Wiese an einem nicht näher bestimmten Ort in sein Gesicht urinieren, um sich sexuell zu erregen. Dabei fertigte er mit dem oben benannten Mobiltelefon eine Videoaufnahme mit einer Abspieldauer von 19 Sekunden (vgl. Datei 39, S. 39 der Anhänge zum ITforensischem Gutachten).
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b) Am 30.06.2023 gegen 03:08 Uhr führte der Angeklagte an einem nicht näher bestimmbaren Ort, vermutlich an seiner Wohnanschrift oder der Wohnadresse des Geschädigten, sein Gesicht an den nackten Penis des Geschädigten, der diesen zunächst durch das Herunterziehen seiner Unterhose entblößte, und berührte mit seiner Nase gezielt das entkleidete Glied des Geschädigten, um sich sexuell zu erregen. Dabei fertigte der Angeklagte mit seinem Mobiltelefon eine Videoaufnahme mit einer Abspieldauer von 23 Sekunden (vgl. Datei 41, S. 41 der Anhänge zum ITforensischem Gutachten).
20
c) Am 28.07.2023 gegen 14:06 Uhr berührte der Angeklagte an einem nicht näher bestimmbaren Ort, vermutlich an seiner Wohnanschrift oder der Wohnadresse des Geschädigten, mehrfach mit seiner Nase den nackten Penis des Geschädigten, um sich sexuell zu erregen. Dabei fertigte der Angeklagte mit seinem Mobiltelefon eine Videoaufnahme von den Geschehnissen mit einer Abspieldauer von 1 Minute und 12 Sekunden (vgl. Datei 51, S. 51 der Anhänge zum ITforensischem Gutachten).
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d) Am 29.07.2023 gegen 15:02 Uhr führte der Angeklagte an einem nicht näher bestimmbaren Ort, vermutlich an seiner Wohnanschrift oder an der Wohnadresse des Geschädigten, sein Gesicht an den nackten Intimbereich des Geschädigten, der zu diesem Zeitpunkt lediglich mit einem T-Shirt bekleidet war, und ließ den Geschädigten dessen nackten Penis an der Nase des Angeklagten reiben. Dabei fertigte der Angeklagte mit seinem Mobiltelefon eine Videoaufnahme mit einer Abspieldauer von 1 Minute und 54 Sekunden (vgl. Datei 52, S. 52 der Anhänge zum ITforensischem Gutachten).
22
e) Am 02.08.2023 gegen 17:15 Uhr ließ der Angeklagte den Geschädigten an einem nicht näher bestimmten Ort im Freien in sein Gesicht urinieren, um sich sexuell zu erregen. Dabei führte er zudem seine Nase an den nackten Penis des Geschädigten heran und berührte diesen. Der Angeklagte fertigte er mit dem oben benannten Mobiltelefon eine Videoaufnahme mit einer Abspieldauer von 30 Sekunden (vgl. Datei 53, S. 53 der Anhänge zum ITforensischem Gutachten).
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f) Am 28.08.2023 gegen 14:54 Uhr führte der Angeklagte an einem nicht näher bestimmbaren Ort sein Gesicht an den unbekleideten Intimbereich des Geschädigten und rieb seine Nase an dem nackten Penis des geschädigten Kindes, um sich sexuell zu erregen. Im weiteren Verlauf forderte der Angeklagte den Geschädigten mit den Worten „mach mal auf, die Eichel“ auf, woraufhin der Geschädigte die Vorhaut seines Penis zurückzog. Dabei fertigte der Angeklagte mit seinem Mobiltelefon eine Videoaufnahme mit einer Abspieldauer von 1 Minute und 56 Sekunden (vgl. Datei 65, S. 65 der Anhänge zum ITforensischem Gutachten).
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Das Alter des Kindes war dem Angeklagten bei Vornahme der jeweiligen Handlungen bekannt.
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3. Zu den nach benannten Zeitpunkten bestimmte der Angeklagte den Geschädigten zur Vornahme sexueller Handlungen und fertigte hierbei mit dem bereits genannten Mobiltelefon sowohl Video- als auch Bildaufnahmen mit jeweils kinderpornografischem Inhalt.
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a) Am 14.05.2022 gegen 08:13 Uhr entkleidete sich der Geschädigte an einem unbekannt Ort, vermutlich an der Wohnanschrift des Angeklagten oder an der Wohnadresse des Geschädigten, vollständig, wobei die ausgezogene Windel mit Urin und Kot verdreckt war. Der Angeklagte forderte den Geschädigten sodann auf, seine Stoffpuppe in die Windel zu legen. Da sich der Geschädigte vor der Windel zu ekeln schien, kommt er der mehrfachen Aufforderung nicht nach. Der Angeklagte hielt anschließend die Windel auf, wobei es dem Geschädigten erneut nicht gelang, die Puppe in die Windel zu legen. Nach ausdrücklicher Aufforderung des Angeklagten, dass der Geschädigte der Puppe einen Kuss geben solle, kommt der Geschädigte dieser Aufforderung nach. Der Angeklagte handelte dabei in der Absicht, sich sexuell zu erregen und seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Der Angeklagte fertigte hiervon mit dem oben benannten Mobiltelefon eine Videoaufnahme mit einer Abspieldauer von 1 Minute und 31 Sekunden (vgl. Datei 22, S. 22 der Anhänge zum ITforensischem Gutachten).
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b) Am 30.06.2023 gegen 02:28 Uhr entkleidete sich der Geschädigte zunächst vor dem Angeklagten in einem Badezimmer an einem nicht näher bestimmbaren Ort, vermutlich an der Wohnanschrift des Angeklagten oder der des Geschädigten, vollständig und urinierte anschließend auf vorhergehende entsprechende Aufforderung des Angeklagten hin auf eine Stoffpuppe. Die Puppe befand sich dabei in einer Plastikbox, die vom Angeklagten gehalten wurde. Der Angeklagte handelte dabei in der Absicht, sich sexuell zu erregen und seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Der Angeklagte fertigte hiervon mit dem oben benannten Mobiltelefon eine Videoaufnahme mit einer Abspieldauer von 22 Sekunden (vgl. Datei 40, S. 40 der Anhänge zum ITforensischem Gutachten).
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c) Am 01.07.2023 gegen 14:10 Uhr urinierte der Geschädigte auf entsprechende Aufforderung des Angeklagten an einem nicht näher bestimmbaren Ort, vermutlich an der Wohnanschrift des Angeklagten oder der Adresse des Geschädigten, auf entsprechende Aufforderung des Angeklagten erneut auf die Stoffpuppe, die sich in einer Plastikbox befand. In der Box, die vom Angeklagten vor den Geschädigten gehalten wurde, befindet sich bereits Urin. Der Angeklagte handelte dabei in der Absicht, sich sexuell zu erregen und seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Der Angeklagte fertigte mit dem oben benannten Mobiltelefon hiervon eine Videoaufnahme mit einer Abspieldauer von 27 Sekunden (vgl. Datei 44, S. 44 der Anhänge zum ITforensischem Gutachten).
29
d) Am 24.10.2023 gegen 22:58 Uhr führte der Angeklagte selbst oder der Geschädigte auf entsprechende Aufforderung des Angeklagten hin an einem nicht mehr näher bestimmbaren Ort, vermutlich an der Wohnanschrift des Angeklagten oder an der des Geschädigten, den Kopf eines Kuscheltiers an den vollständig entkleideten Penis des Geschädigten und drückte diesen gegen den Penis. Der Angeklagte handelte dabei in der Absicht, sich sexuell zu erregen und seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Der Angeklagte fertigte mit dem oben benannten Mobiltelefon hiervon eine Bildaufnahme (vgl. Datei 75, S. 75 der Anhänge zum ITforensischem Gutachten).
30
Das Alter des Kindes war dem Angeklagten bei Vornahme der jeweiligen Handlungen bekannt.
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4. Am 27.11.2023 war der Angeklagte an seiner oben genannten Wohnanschrift in 8... B. im Besitz des von ihm genutzten Samsung Galaxy A51, IM…19, ÜL.Nr. 1314/24, Lfd. Nr. 1), Asservat 1.1 sowie des Laptops Acer, Farbe silber, ÜL.Nr. 1469/24, Lfd. Nr. 1), Asservat 1.2. Auf diesen Geräten waren, wie der Angeklagte wusste, zahlreiche kinderpornographische Bild- und Videodateien ungelöscht im Dateisystem gespeichert.
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a) Ausgenommen der bereits unter Ziffer 1. – 3. der Anklage dargestellten Aufnahmen befanden sich weitere 78 Aufnahmen mit kinderpornografischem Inhalt auf den Speichergeräten.
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b) Die Aufnahmen zeigen insbesondere den Geschädigten nackt in geschlechtsbetonten Posen und in sexuell aufreizender Weise, wobei der unbekleidete Intimbereich – teils auch durch Nahaufnahmen – im Fokus liegt. Zudem zeigt das Bild- und Videomaterial vor allem Ausschnitte, wie der Angeklagte an dem nackten Penis des Geschädigten riecht und der Geschädigte auf etwaige Gegenstände, wie beispielsweise Spielkarten und Turnschuhe, uriniert.
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Das Alter des Kindes war dem Angeklagten bei Vornahme der jeweiligen Handlungen bekannt.
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Als Folge der Taten kapselte sich das Kind L1. D2. im Tatzeitraum ab, fasste sich ständig an den Penis und spielte damit herum. Er hatte Albträume und wollte nicht mehr schlafen. Von Ende November 2023 bis Februar 2024 wollte er nicht mehr in seinem Kinderzimmer sein und schlief bei seiner Mutter. Derzeit zeigt er keine Beeinträchtigungen mehr.
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Die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten war bei Begehung der Taten aufgrund einer schweren anderen seelischen Störung, nämlich einer Kernpädophilie mit einer ausgeprägten kombinierten Persönlichkeitsstörung mit vermeidend selbstunsicheren zwanghaften paranoiden und schizoiden, andererseits jedoch auch narzisstischen, emotional-instabilen und antisozialen Persönlichkeitszügen, begünstigt durch eine zusätzlich bestehende Alkoholproblematik, bei erhaltener Unrechtseinsichtsfähigkeit erheblich vermindert im Sinne des § 21 StGB. Eine vollständige Aufhebung der Steuerungsfähigkeit war nicht gegeben. Der Angeklagte beging die Taten aufgrund dieser psychischen Erkrankung. Dieser psychische Zustand des Angeklagten besteht auch fort. Es besteht daher eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass der Angeklagte ähnliche Taten auch künftig begehen wird. Er ist daher für die Allgemeinheit gefährlich. Diese Gefahr kann derzeit nicht anders, als durch die geschlossene Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus entscheidend verringert werden.
III.
Beweiswürdigung
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1. Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen unter I. beruhen auf den Angaben des Sachverständigen Dr. O., die der Angeklagte als zutreffend bestätigte und bezüglich seiner finanziellen Verhältnisse ergänzte sowie der Auskunft aus dem Bundeszentralregister.
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2. Die Sachverhaltsfeststellungen unter II. beruhen auf dem vollumfänglichen Geständnis des Angeklagten, der über seinen Verteidiger den angeklagten Sachverhalt in objektiver und subjektiver Hinsicht vollumfänglich einräumte.
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Das Geständnis wurde durch die Beweisaufnahme verifiziert.
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Der die Ermittlungen führende KOK Hopfensperger schilderte glaubhaft, dass anlässlich der in der Wohnung des Angeklagten und seiner Lebensgefährtin am 27.11.2023 erfolgten Durchsuchung dessen Mobiltelefon sichergestellt worden sei. Bereits bei einer Erstsichtung seien Bilder bzw. Videos mit kinderpornographischem Inhalt betreffend den Geschädigten L1. D2. festgestellt worden. Das Kind L1. sei zum Zeitpunkt der Durchsuchung nicht zu Besuch beim Angeklagten gewesen. Das Zimmer des Angeklagten sei wie ein Schrein für ein Kind gewesen, es hätten sich darin gebrauchte Windeln befunden und es habe beißend nach Urin gestunken. Der Angeklagte habe zu den Videos gesagt, dass diese ihm einen Adrenalinkick gäben. Der Angeklagte habe bei Sicherstellung des Handys gesagt, dass sich auf diesem Sachen befinden würden, die nicht o.k. seien. Andere Kinder als L.-M. seien auf dem Datenträger nicht zu sehen gewesen. Er, der Zeuge, habe bereits im Vorfeld einmal mit dem Angeklagten zu tun gehabt. Damals habe der Angeklagte zwei glaublich 8 bis 10 Jahre alte Jungen angesprochen. Er habe von ihnen ein TikTok-Video anfertigen wollen, wie sie auf ein Spielzeug treten. Bei den Ermittlungen sei damals kein strafbares Verhalten festgestellt worden.
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Dem verlesenen Aktenvermerk von KHK S. vom 28.11.2023 ist zu entnehmen, dass der Angeklagte nach der damaligen Haftvorführung auf eigenen Wunsch unmittelbar im Anschluss ins Bezirkskrankenhaus Landshut verbracht wurde. Während der Fahrt zum Bezirkskrankenhaus weinte der Angeklagte und gab eigeninitiativ an, er sei „kein Pädophiler“, er „wisse nicht, was mit ihm los sei“, „seit der Junge (Anmerkung: Der Geschädigte L2. D2.) ca. 4 Jahre alt sei, würde er Neigungen verspüren“. Diese Neigungen würden sich stark auf Urinspiele konzentrieren („pullern“), erstmals habe er dies bemerkt, als der kleine L. bei einem Besuch auf den Boden uriniert habe. Er habe damals zu dem Kind sinngemäß gesagt, er könne ihm „ja gleich in die Fresse pullern“. „Vergewaltigen“ würde und könnte er ein Kind allerdings nie. Die gesamte Entwicklung habe sich seiner Meinung nach „nur wegen dem scheiß Alkohol“ zugetragen, dieser würde „sein Leben ruinieren“.
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Die im Sachverhalt aufgeführten Bilder/Videos mit kinderpornographischem Inhalt wurden in Augenschein genommen.
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3. Die Feststellungen zu den Tatfolgen beruhen auf der glaubhaften Aussage der Zeugin S. D2., der Mutter des geschädigten Kindes. Diese schilderte die Tatfolgen so wie festgestellt. Darüber hinaus gab sie an, dass L. froh sei, dass es vorbei sei. Er habe erst danach angefangen stückchenweise zu erzählen und sei froh, dass der Angeklagte weg sei. Er habe vor etwa zwei Wochen ihr gegenüber angegeben, dass er sich, wenn er beim Angeklagten gewesen sei, teilweise absichtlich schlecht verhalten habe, damit er nach Hause gefahren werde. Sie habe sich beim Weißen Ring beraten lassen und habe daraufhin das Kinderzimmer umgeräumt. L. mache keine Therapie, es gehe ihm derzeit gut. Ihren anderen Kindern sei nichts passiert. Bei ihrem Sohn J. habe es früher auch eine Fixierung des Angeklagten auf diesen gegeben. J. könne sich an keine Übergriffe durch den Angeklagten erinnern.
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Sie habe den Angeklagten Ende 2014 kennengelernt. Dieser habe erzählt, dass er ein Kind namens Louis habe. Bei Telefonaten mit ihm sei im Hintergrund zum Teil Kindermusik gelaufen und er habe mit einem Kind gesprochen. Das Kind selbst habe sie allerdings nie gehört. Eine Freundin habe sie darauf aufmerksam gemacht, dass der Angeklagte kein Kind habe. Als sie ihn darauf angesprochen habe, habe er geantwortet, dass das Kind bei der Geburt gestorben sei. Er habe auch einmal ein Bild von dem Kind gehabt. Der Angeklagte habe auch L. erzählt, dass er einen Sohn habe. L. habe ihr, der Zeugin, erzählt, dass der Angeklagte in seinem Zimmer eine Gedenkstätte für sein verstorbenes Kind habe und dessen Lieblingsmusik gespielt habe.
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Der Angeklagte sei vor dem Streit am 19.11.2023 häufig erheblich betrunken gewesen.
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4. Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten, zum Zusammenhang seines psychischen Zustands mit den Taten und zu seiner Gefährlichkeit beruhen auf dem sorgfältigen und ausführlichen Gutachten des Sachverständigen Dr. O., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, das die Kammer für widerspruchsfrei und überzeugend erachtet.
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Der Sachverständige führte insbesondere aus:
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Hinweise auf eine bedeutsame intellektuelle Minderbegabung würden sich nicht ergeben. Bei dem Angeklagten liege eine ausgeprägte kombinierte Persönlichkeitsstörung vor. Aus seinen Antworten im Rahmen des strukturierten klinischen Interviews für DSM-V Persönlichkeitsstörungen hätten sich Hinweise auf vermeidend selbstunsichere Persönlichkeitszüge, zwanghafte Persönlichkeitsanteile, paranoide Persönlichkeitsanteile, schizoide Züge, narzisstische sowie emotional-instabile Persönlichkeitsanteile und antisoziale Persönlichkeitszüge ergeben. Darüber hinaus sei eine Alkoholabhängigkeit mit gegenwärtigem Substanzgebrauch vor der Inhaftierung gegeben gewesen. Die Angaben des Angeklagten über einen langfristig erhöhten Alkoholkonsum seien glaubhaft. So habe auch die Zeugin D2. glaubhaft bestätigt, dass der Angeklagte zuletzt vor dem Streit am 19.11.2023 häufig im erheblichen Maße betrunken gewesen sei. Auch das Ergebnis der Blutuntersuchung vom 25.04.2024 mit mässiggradig erhöhten Leberwerten spreche für einen erhöhten Alkoholkonsum zumindest im Verlaufe der zurückliegenden Wochen vor der Inhaftierung. Es sei aufgrund dieser Anknüpfungstatsachen von einem erheblichen Alkoholcraving auszugehen und auch von einer verminderten Kontrollfähigkeit, zumindest hinsichtlich der Menge des Konsums und auch einer ausgeprägten Alkoholtoleranz und einem anhaltenden Substanzkonsum trotz des Nachweises eindeutig schädlicher Folgen, der sich der Angeklagte auch durchaus bewusst gewesen sei. Eine Alkoholabhängigkeit mit gegenwärtigem Substanzgebrauch vor der Inhaftierung sei somit durchaus gegeben, wenn sich bei dem Angeklagten auch noch mit Ausnahme der Hinweise auf das Vorliegen einer alkoholtoxisch bedingten Hepatopathie noch keine Hinweise auf das Vorliegen weitergehender anhaltender körperlich oder psychischer Folgekomplikationen ergäben..
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Hinsichtlich der komplexen kombinierten Persönlichkeitsstörung sei von keiner solchen Ausprägung des Störungsbildes auszugehen, dass der Angeklagte dadurch zu keiner allgemein gültigen sozialnormentsprechenden Verhaltenskontrolle mehr in der Lage wäre.
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Der Angeklagte leide an einer Pädophilie (ICD-10: F65.4). Im Falle des Angeklagten handele es sich bei dem Geschädigten um einen 5-jährigen Jungen, d.h. ein Kind weit vor dem vorpubertären Alter, der dem Angeklagten langfristig bekannt gewesen sei. Weiter habe der Angeklagte auch eine Kontaktaufnahme zu pubertierenden Buben versucht. Würdige man die Sexualanamnese so ergäben sich dringende Hinweise auf eine im hohen Maße beeinträchtigte sexuelle Entwicklung hin zu einer reifen Sexualität, als der Angeklagte angegeben habe, sich bereits in der Pubertät vor körperlich sexuellem Kontakt gescheut zu haben bis hin zum Empfinden von Ekel und dass es nach seinem Dafürhalten bis zuletzt noch nie zu wie auch immer gearteten sexuellen Handlungen mit anderen Personen, auch nicht mit der Lebensgefährtin gekommen sei. Aufgrund der vorliegenden Anknüpfungstatsachen sei von einer Kernpädophilie auszugehen mit einer ansonsten weitgehenden Unfähigkeit zur Aufnahme einer reifen sexuellen Aktivität. Der Umstand, dass es sich bei dem Geschädigten um ein 5-jähriges Kind handle, könne als Parameter für eine zumindest erheblich beeinträchtigte Persönlichkeitsreifung und sexuelle Entwicklung gewertet werden. Es sei beim Angeklagten von einer ausschließlich pädophilen Fixierung ohne Hinweise auf eine reife und ausdifferenzierte Sexualität mit Erwachsenen auszugehen. Unter diesen Umständen sei auch von keiner Pädophilie im Sinne einer pädophilen Nebenströmung auszugehen, sondern von einer Kernpädophilie. Grundsätzlich sei eine Pädophilie unter das rechtliche Kriterium einer „schweren anderen seelischen Störung“ einzuordnen, wobei dies jedoch nur dann gelten könne, wenn es dem Betroffenen selbst bei Aufbietung aller ihm eigenen Willenskräfte nicht mehr möglich sei, seinen Neigungen ausreichend zu widerstehen oder wenn die Neigungen infolge der Abartigkeit den Betroffenen in seiner gesamten inneren Grundlage und damit im Wesen seiner Persönlichkeit so verändern, dass er zur Bekämpfung seiner Neigung nicht mehr die erforderlichen Hemmungen aufbringen kann oder wenn die abweichende Sexualität Suchtcharakter annimmt und die Persönlichkeit des Täters insgesamt verändert.
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Beim Angeklagten würden Hinweise auf einen langfristigen erheblichen Alkoholkonsum bestehen, der gerade auch eigenanamnestisch, aber auch fremdanamnestisch bei der Begehung zumindest einzelner Tatvorwürfe bekannt geworden sei. Darüber hinaus imponiere bei dem Angeklagten eine ausgeprägte psychosoziale Fehlentwicklung vor dem Hintergrund einer Broken-Home-Situation mit erheblicher Gewalterfahrung und auch gewalttätigem sexuellen Missbrauch, woraus sich eine komplexe Persönlichkeitsstörung entwickelt habe mit bereits in der Jugendzeit ausgeprägten dissozialen und emotional instabilen Verhalten, wobei sich aber auch ausgeprägte vermeidend selbstunsichere, zwanghafte paranoide und schizoide Persönlichkeitszüge feststellen ließen und damit eine Persönlichkeitsstruktur, die die soziale Kontaktfähigkeit und auch die sexuelle Entwicklung im erheblichen Maße behindert habe. Bei dem Angeklagten sei ein starker Wunsch nach Geborgenheit deutlich geworden wie dies seine Hinwendung zu einer deutlich älteren Partnerin und die Haltung gegenüber dem Geschädigten deutlich machen, den er idealisiere. Ein ausgeprägtes Wunschdenken weise auch auf die Ausführungen hin, einen Sohn zu haben, der verstorben sei. Es werde hier nicht nur eine deviante Reaktion als habituelles Konfliktlösungsmuster deutlich, sondern auch eine außerhalb der pädophilen Handlungen nicht erlebbare Sexualität, wobei die Paraphilie nach den vorliegenden Erkenntnissen bei dem Angeklagten den überragenden Anteil an der Sexualstruktur besitze und zudem eine ausgeprägte ich-dystone Verarbeitung auch der Tatvorwürfe insgesamt zu einer Ausblendung der Paraphilie führe. Im Hinblick auf die Beziehung zu seiner langjährigen Lebensgefährtin werde im hohen Maße deutlich, dass der Angeklagte zu einer reifen sexuellen Betätigung offensichtlich nicht in der Lage sei. Würdige man die Tathandlungen im einzelnen, so werde hier eine ausgeprägte Ritualisierung deutlich, wobei sich auch koprophile und fetischistische Aspekte der sexuellen Betätigung erkennen ließen und sich Hinweise auf eine Ausblendung von Außenreizen ergäben. Weiter bestünden bei dem Angeklagten eine erhebliche Komorbidität in Form einer Alkoholabhängigkeit und einer kombinierten Persönlichkeitsstörung als tatbegünstigende Faktoren.
52
Der Sachverständige kommt daher zu dem Ergebnis, dass beim Angeklagten von dem Vorliegen einer „schweren anderen seelischen Störung“ im rechtlichen Sinne auszugehen sei, die auch eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB im Zuge der ihm vorgeworfenen Taten annehmen lasse. Hinweise auf eine gänzlich aufgehobene Steuerungsfähigkeit oder gar aufgehobene Einsichtsfähigkeit hätten sich dagegen nicht ergeben.
53
Die Kammer schließt sich der Einschätzung des Sachverständigen aus eigener Überzeugung an.
IV.
Rechtliche Würdigung
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Der Angeklagte hat sich des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Herstellung kinderpornographischer Inhalte in Tatmehrheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern in 6 Fällen jeweils in Tateinheit mit Herstellung kinderpornographischer Inhalte in Tatmehrheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind in 4 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Herstellung kinderpornographischer Inhalte in Tatmehrheit mit Besitz kinderpornographischer Inhalte gemäß §§ 176c Abs. 1 Nr. 2 lit. a), 176 Abs. 1 Nr. 1, 176a Abs. 1 Nr. 2, 184b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3, 21, 52, 53 StGB schuldig gemacht.
V.
Strafzumessung
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Bei der Bemessung der Einzelstrafen war zunächst von folgenden Normalstrafrahmen auszugehen:
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Bezüglich Fall II. 1. vom Normalstrafrahmen des § 176c Abs. 1 Nr. 2 StGB, bezüglich Fälle II.2. a) bis f) vom Normalstrafrahmen des § 176 Abs. 1 Nr. 1 StGB, bezüglich der Fälle II. 3. a) bis d) vom Normalstrafrahmen des § 176a Abs. 1 Nr. 2 StGB und bezüglich Fall II. 4. vom Normalstrafrahmen des § 184b Abs. 3 StGB.
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In sämtlichen Fällen war der Normalstrafrahmen gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zu mildern.
58
Innerhalb der danach zugrundezulegenden Strafrahmen war jeweils strafmildernd das vollumfängliche Geständnis des Angeklagten zu werten. Zwar war die Beweislage erdrückend, durch sein Geständnis hat der Angeklagte allerdings Verantwortung für seine Taten übernommen und wurde die Beweisaufnahme erheblich abgekürzt. Die Intensität der jeweiligen Tathandlungen bewegt sich jeweils am unteren Bereich. Auch sind derzeit keine gravierenden Folgen für das geschädigte Kind festzustellen.
59
Zu Lasten des Angeklagten geht dagegen, dass dieser bereits vorbestraft ist und das geschädigte Kind zunächst durchaus darunter gelitten hat. Strafschärfend ist außerdem zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bezüglich der Taten Ziffer II. 1. bis 3. Jeweils zwei Tatbestände erfüllt hat, indem er die Taten filmte. Er hat darüber hinaus das ihm entgegengebrachte Vertrauen missbraucht.
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Bei Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände erachtete die Kammer folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen:

Fall II. 1.:

2 Jahre Freiheitsstrafe,

Fall II. 2. a) bis f):

jeweils 1 Jahr Freiheitsstrafe,

Fall II. 3. a) bis d):

jeweils 7 Monate Freiheitsstrafe,

Fall II. 4.:

1 Jahr Freiheitsstrafe.

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Aus diesen Einzelstrafen war unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 2 Jahren eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden.
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Dabei hat die Kammer die oben genannten für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte berücksichtigt.
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Darüber hinaus wurde zu Gunsten des Angeklagten gewertet, dass die Taten in einem engen örtlichen, situativen und motivatorischen Zusammenhang stehen und lediglich ein Kind geschädigt wurde sowie, dass im Moment keine gravierenden Folgen infolge der Taten bei dem geschädigten Kind bestehen.
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Zu Lasten des Angeklagten war dagegen die Vielzahl der Taten und die erhebliche Dauer des Tatzeitraums zu berücksichtigen sowie, dass das geschädigte Kind durch die Taten zunächst durchaus so belastet war, dass sein Kinderzimmer umstrukturiert werden musste.
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Die Kammer hält daher eine Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von 3 Jahren 3 Monaten für schuld- und tatangemessen:
VI.
Maßregel der Besserung und Sicherung
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Die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus war gemäß § 63 StGB anzuordnen, weil die Voraussetzungen hierfür vorliegen.
67
Der Angeklagte hat rechtswidrige Taten, nämlich einen schweren sexuellen Missbrauch von Kindern, einen sexuellen Missbrauch von Kindern in 6 Fällen und einen sexuellen Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind in 4 Fällen jeweils in Tateinheit mit Herstellung kinderpornographischer Inhalte sowie Besitz kinderpornographischer Inhalte begangen. Zum Zeitpunkt der Tatbegehungen war seine Fähigkeit zum normgemäßen Verhalten aufgrund einer ausgeprägten Kernpädophilie und der ausgeprägten kombinierten Persönlichkeitsstörung erheblich vermindert. Infolge dieser krankhaften seelischen Störung im Sinne der §§ 20, 21 StGB besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Angeklagte erneut ähnliche Straftaten begehen würde, wenn nicht seine Unterbringung angeordnet wird. Die zu erwartenden Taten lassen auch schwere Störungen des Rechtsfriedens besorgen und sind geeignet, das Gefühl der Rechtssicherheit erheblich zu beeinträchtigen. Mit Ausnahme des bloßen Besitzes von Kinderpornographie (Fall II. 4.) handelt es sich bei sämtlichen Taten um Verbrechen, die mindestens dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzuordnen sind.
68
Dies steht fest aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. O., denen sich die Kammer aus eigener Überzeugung anschließt.
69
Zunächst wird auf die Ausführungen unter III.4. Bezug genommen.
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Der Sachverständige ist auch von einer erheblichen Wiederholungsgefahr ausgegangen. Bei dem Angeklagten liege eine Störung vor, deren Wurzeln lange zurückreichten und tief in dessen Persönlichkeit eingeschliffen seien. Die Handlungsweisen des Angeklagten seien durchaus als Gewalt einzustufen, zumal der Angeklagte das geschädigte Kind durchaus zur Mitwirkung an den inkriminierten Handlungen überredet habe. Bei dem Angeklagten lägen folgende prognoserelevante Risikofaktoren vor: Vorliegen einer sexuellen Deviation, Erfahrung von schwerer sexuell getönter Misshandlung, mäßiggradige Psychopathy, langfristiger Konsum von Alkohol im erheblichen Maße, Selbsttötungsgedanken, ausgeprägte Beeinträchtigungen der Intimbeziehung zur Lebensgefährtin, Beschäftigungsprobleme dahingehend, dass der Angeklagte seinen Arbeitsplatz gekündigt habe und seither arbeitslos gewesen sei, Vordelinquenz, hohe Tatfrequenz, multiple Formen der Sexualdelinquenz – neben Berührungen auch ausgeprägte koprophile und fetischistische Aspekte sowie extremes Bagatellisieren der Taten. Insoweit müsse – so der Sachverständige – im Zusammenhang mit der ausgeprägten Verleugnungstendenz der Umstand gewürdigt werden, dass der Angeklagte sein Verhältnis zu dem Geschädigten als liebevoll und beschützend und die Tathandlungen auch als notwendige Pflegemaßnahmen des Geschädigten oder als durch den Geschädigten iniziiert dargestellt und gemeint habe, dass dem L. ja nichts passiert sei. Weiterhin müsse in diesem Zusammenhang auch eine Äußerung des Angeklagten bezüglich der Wiedereinführung von einem Konzentrationslager gewürdigt werden, was auf eine menschenverachtende und gewaltbereite Grundeinstellung hinweise. In diesem Zusammenhang müssten auch die ausgeprägt dissozialen Verhaltens- und Reaktionsweisen mitgewürdigt werden. Der Angeklagte habe sich zwar in der Vorgeschichte zu einer therapeutischen Intervention bereit erklärt, habe sich auch im Bezirkskrankenhaus Landshut vorgestellt, sei jedoch bereits nach einem Tag wieder entlassen worden. Im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung habe er sich zwar mit einer Behandlung seiner Alkoholproblematik einverstanden erklärt, habe jedoch entschieden betont, an keiner sexuellen Deviation zu leiden. Auch wenn er angegeben habe, dass er eine Sexualtherapie machen würde, wenn er müsste, sei insoweit keine intrinsische Motivation vorhanden.
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Würdige man die dargelegten Risikofaktoren in ihrer Gesamtheit, so ergebe sich im Falle des Angeklagten eine erhebliche Risikokonstellation, dass er auch weiterhin Taten begehen werde, die durch seine pädophilen Neigungen motiviert seien. Es handle sich um eine überdauernde schwere Störung, die dann irgendwann ein Opfer finde. Auch wenn vorliegend sich die Taten nur auf einen Geschädigten bezogen hätten, bestehe die Gefahr, dass es auch zu anderweitigen gleichgelagerten Taten mit anderen Opfern komme. Der Angeklagte habe in der Vergangenheit auch zum Bruder des L.-M., J., ein näheres Verhältnis gehabt und zwei Kinder angesprochen, um mit ihnen auf TikTok Videoaufnahmen zu machen. Eine sexuelle Grundenergie sei bei ihm in seinem Alter vorhanden. Der Angeklagte lebe in der Welt des Kindes – das Tatopfer sei mit 5 Jahren sehr jung gewesen, es sei sehr gefährlich, dass diese Neigung auf jemanden überspringe. Die Wahrscheinlichkeit hierfür sei sehr hoch.
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Der Sachverständige kommt daher zu dem Ergebnis, dass von einem hohen Risiko auszugehen sei, dass der Angeklagte vergleichbare Taten auch weiterhin begehen werde, wobei vor dem Hintergrund der im hohen Maße fixierten und ritualisierten Beziehung des Angeklagten zu dem tatgegenständlich Geschädigten, vor allem den aktuellen Tatvorwürfen vergleichbare Tathandlungen zu erwarten seien. Dass der Angeklagte zu den Tatzeitpunkten alkoholisiert gewesen sei, habe zwar sicherlich die Hemmschwelle weiter reduziert. Nachdem der Angeklagte in einem Kinderzimmer mit verkoteten/urinierten Windeln gelebt und einen Altar für den fiktiven toten Sohn gebaut habe, wäre es jedoch auch sehr sicher ohne den Konsum von Alkohol zu den verfahrensgegenständlichen Taten gekommen. Die überdauernde schwere Störung sei für diese ursächlich gewesen. Der Alkoholkonsum bedeute lediglich einen zusätzlich tatbegünstigenden Faktor, zumal der Angeklagte bis September 2023 als Gerüstbauer berufstätig war und daher seine Alkoholabhängigkeit nicht so ausgeprägt gewesen sein könne.
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Eine Eindämmung des vom Angeklagten ausgehenden Risikos könne in erster Linie durch eine umfassende psychiatrische und sexualtherapeutische Behandlung des Angeklagten erreicht werden, die vor allem auch aus einer Bearbeitung der traumatischen Kindheits- und Jugendentwicklung des Angeklagten und die Behandlung der nicht zuletzt daraus hervorgegangenen ausgeprägten gemischten Persönlichkeitsstörung und der Alkoholabhängigkeit bestehen müsse. Eine komplexe und im Hinblick auf die langjährige Krankheitsentwicklung auch langfristige stationäre Therapie sei dringend geboten. Andere Therapiemöglichkeiten außer einer stationär klinischen Behandlung seien aufgrund der Komplexität und Schwere des Krankheitsbildes nicht erkennbar.
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Vor diesem Hintergrund kann bei Beachtung des Übermaßverbots der Vollzug der Unterbringung auch nicht nach § 67b Abs. 1 Satz 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden.
75
Die hierzu vom Gesetz geforderten besonderen Umstände liegen nicht vor.
VII.
Kostenentscheidung:
76
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465 Abs. 1, 472 Abs. 1 StPO.